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EU-Vorschriften zu außerbörslichen Derivatekontrakten, zentralen Gegenparteien und Transaktionsregistern

EU-Vorschriften zu außerbörslichen Derivatekontrakten, zentralen Gegenparteien und Transaktionsregistern

 

ZUSAMMENFASSUNG DES DOKUMENTS:

Verordnung (EU) Nr. 648/2012 über außerbörslich (over-the-counter („OTC“)) gehandelte Derivate, zentrale Gegenparteien und Transaktionsregister

WAS IST DER ZWECK DER VERORDNUNG?

  • Die Verordnung über europäische Marktinfrastrukturen (EMIR) legt Bestimmungen in Bezug auf außerbörslich (over-the-counter („OTC“)) gehandelte Derivate* fest Derivatekontrakte, zentrale Gegenparteien (central counterparty (CCP))* und Transaktionsregister* gemäß den im September 2009 in Pittsburgh in den Vereinigten Staaten eingegangenen Verpflichtungen der G20 fest.
  • Die EMIR zielt darauf ab, Systemrisiken zu mindern, die Transparenz an den OTC-Märkten zu erhöhen und die Finanzstabilität zu erhalten.
  • EMIR wurde mehrfach geändert, zuletzt durch die Verordnung (EU) 2022/2554 über die digitale operationale Resilienz. Die Verordnung, bekannt als Digital Operational Resilience Act (DORA), soll sicherstellen, dass der Finanzsektor eine schwere Betriebsstörung überstehen kann (siehe Zusammenfassung).

WICHTIGE ECKPUNKTE

  • Zur Erhöhung der Transparenz sieht die EMIR vor, dass sämtliche Informationen zu allen europäischen OTC-Derivatekontrakten an Transaktionsregister gemeldet und den Aufsichtsbehörden, einschließlich der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA), zugänglich gemacht werden.
  • Zur Senkung von Gegenparteiausfallrisiken* legt die EMIR strenge organisatorische Anforderungen sowie Wohlverhaltensregeln für CCP fest. Ferner müssen standardisierte OTC-Derivatekontrakte über eine CCP gecleart werden (siehe Clearing*).
  • Zur Stärkung der digitalen operationalen Resilienz des Finanzsektors der Europäischen Union (EU) werden in der Verordnung (EU) 2022/2554 zur Änderung Anforderungen an die Widerstandsfähigkeit der Netz- und Informationssysteme von CCP und Transaktionsregistern festgelegt, um sicherzustellen, dass sie allen Arten von IKT-bezogenen Störungen und Bedrohungen standhalten, darauf reagieren und sich davon erholen können.
  • Zur Senkung von operativen Risiken* für nicht zentral geclearte OTC-Derivatekontrakte sieht die EMIR vor, dass die Gegenparteien über belastbare Verfahren zur rechtzeitigen Bestätigung der Vertragsbedingungen verfügen, um Meinungsverschiedenheiten frühzeitig zu erkennen und auszuräumen und um täglich auf der Basis der aktuellen Kurse* den Wert ausstehender Kontrakte zu ermitteln. Die Gegenparteien müssen außerdem Sicherheiten austauschen und sicherstellen, dass sie über ausreichend Kapital zur Absicherung der Risiken verfügen, die nicht durch die Sicherheiten gedeckt sind.
  • Die Clearing- und die Meldepflicht gelten für Unternehmen mit hohen Beteiligungen an OTC-Derivaten, einschließlich:
    • Finanzunternehmen, z. B. Banken und Versicherungsunternehmen;
    • Nichtfinanzunternehmen, z. B. Energieversorgungsunternehmen und Fluggesellschaften.

Ausnahmen

  • Gruppeninterne Geschäfte sind unter bestimmten Bedingungen von der zentralen Clearing- und der Meldepflicht sowie der Pflicht, Einschusszahlungen für nicht zentral geclearte OTC-Derivate auszutauschen, befreit.
  • Altersversorgungssysteme sind zeitlich begrenzt befreit, da bisher keine tragfähige Lösung entwickelt wurde, um die Beteiligung von Altersversorgungssystemen am zentralen Clearing zu ermöglichen.
  • Bestimmte öffentliche Stellen und internationale Einrichtungen sind vom Geltungsbereich der EMIR befreit (je nach Stelle mit Ausnahme der Meldepflicht).
  • Eine Aussetzung der Clearingpflicht für bestimmte OTC-Derivatekontrakte oder bestimmte Gegenparteien ist unter bestimmten Umständen möglich.

Pflichten der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde

  • Die ESMA ist zuständig für die Bestimmung von Kontrakten, die der Clearingpflicht unterliegen sollten, sprich von standardisierten Derivatekontrakten, die durch eine CCP gecleart werden müssen.
  • Die ESMA spielt eine wichtige Rolle bei der weiteren Harmonisierung in der EU und der Zusammenarbeit zwischen den für die Kontrolle der EU-CCP zuständigen Behörden der EU-Mitgliedstaaten.
  • Die ESMA ist zuständig für die Anerkennung von CCP aus Nicht-EU-Ländern, die in der EU Clearingdienste anbieten wollen. Sie überwacht außerdem CCP aus Nicht-EU-Ländern, die für die Finanzstabilität in der EU oder einem oder mehreren ihrer Mitgliedstaaten systemisch von Bedeutung sind (Tier 2 CCP).
  • Die ESMA überwacht zudem Transaktionsregister.
  • In der Änderungsverordnung (EU) 2022/2554 wird die ESMA aufgefordert, Entwürfe technischer Regulierungsstandards zu entwickeln, um den Mindestinhalt und die Mindestanforderungen an die Notfallplan-Strategie zur Aufrechterhaltung und Wiederherstellung des Betriebs zu spezifizieren, mit Ausnahme der IKT-Notfallplan-Strategie zur Aufrechterhaltung und Wiederherstellung des Betriebs.

Zuständigkeiten

  • Die EMIR legt die Zuständigkeiten fest für:
    • nationale zuständige Behörden, Kollegien der Aufsichtsbehörden und die ESMA – für die Zulassung und Beaufsichtigung von in der EU niedergelassenen CCP;
    • die ESMA, das Kollegium der CCP aus Nicht-EU-Ländern und die Zentralbanken, die EU-Währungen emittieren – für die Anerkennung von CCP aus Nicht-EU-Ländern und die laufende Beaufsichtigung der Einhaltung der EMIR durch Tier-2-CCP.
  • Die Europäische Kommission hat eine Reihe von delegierten Verordnungen verabschiedet, darunter technische Standards auf der Grundlage von ESMA-Entwürfen zur Ergänzung der in der Verordnung dargelegten Bedingungen. Die von der ESMA erarbeiteten technischen Standards decken verschiedene Themen ab, darunter:
    • Eigenkapitalanforderungen von CCP;
    • das Mindestmaß an Daten, die an die Transaktionsregister gemeldet werden müssen;
    • Aufsichtsmeldungen der Einrichtungen über die Liquiditätsdeckungsanforderung.
  • Sie hat außerdem die Befugnis, delegierte Verordnungen zu verschiedenen Aspekten zu verabschieden, darunter:
    • Änderungen der Liste der von dieser Verordnung ausgenommenen Einrichtungen;
    • Verfahrensvorschriften für die Verhängung von Geldbußen oder Zwangsgeldern;
    • Maßnahmen für eine Änderung des Anhangs II entsprechend den Entwicklungen auf den Finanzmärkten;
    • die genauere Festlegung der einzelnen Gebührenarten, Tatbestände, für die Gebühren zu entrichten sind, die Höhe der Gebühren und die Art und Weise der Gebührenentrichtung.
  • Sie hat Durchführungs-Beschlüsse über verschiedene Aspekte einschließlich der Gleichwertigkeit der Aufsichtssysteme für CCP in bestimmten Nicht-EU-Ländern angenommen.

WANN TRITT DIE VERORDNUNG IN KRAFT?

Sie ist am 16. August 2012 in Kraft getreten.

HINTERGRUND

OTC-Derivate werden in der Regel privat ausgehandelt. Demzufolge sind die Informationen nur für die Vertragsparteien zugänglich, was die Bewertung der Art und Höhe der damit einhergehenden Risiken erschwert.

Weiterführende Informationen:

SCHLÜSSELBEGRIFFE

Außerbörslich (over-the-counter („OTC“)) gehandelte Derivate. Ein Derivat ist ein Finanzvertrag, der mit dem künftigen Wert oder Status eines zugrundeliegenden Basiswerts verknüpft ist, zum Beispiel einem Vermögenswert, einem Index oder einem Zinssatz. Ein OTC-Derivat wird nicht an einer Börse oder einem gleichwertigen Nicht-EU-Markt gehandelt, sondern privat zwischen zwei Gegenparteien, beispielsweise einer Bank und einem Hersteller, ausgehandelt.
Zentrale Gegenpartei (central counterparty („CCP“). Eine Stelle, die zwischen die beiden Gegenparteien der Transaktion tritt und somit als Käufer für jeden Verkäufer bzw. als Verkäufer für jeden Käufer fungiert. Die Hauptaufgabe einer CCP ist das Management des Risikos, dass eine Gegenpartei der geforderten Zahlung bei Fälligkeit nicht nachkommt (Ausfall der Gegenpartei eines Geschäfts).
Transaktionsregister. Ein zentrales Datenzentrum, an das Informationen zu Derivate-Geschäften gemeldet werden. Bei den Transaktionsregistern handelt es sich um Handelsunternehmen. Es gibt globale Transaktionsregister für außerbörslich gehandelte Kredit-, Zins- und Aktienderivate (eine bestimmte Kategorie von Derivaten, beispielsweise Optionen oder Termingeschäfte).
Gegenparteiausfallrisiko. Das Risiko des Zahlungsverzugs der Gegenpartei, d. h. der an einer Finanztransaktion beteiligten anderen Partei.
Clearing. Alle Tätigkeiten vom Zeitpunkt der Eingehung einer Verpflichtung bis hin zum Abschluss der Transaktion.
Operatives Risiko. Das Risiko eines Verlusts infolge unzureichender oder fehlgeschlagener interner Vorgänge oder externer Ereignisse, z. B. Betrug, menschliches Versagen, Terrorismus.
Bewertung zu Marktpreisen. Ermittlung eines Wertes zu einer Anlage, der dem aktuellen Marktpreis entspricht oder einem kalkulierten Preis basierend auf ähnlichen standardisierten Anlagen auf dem Markt.

HAUPTDOKUMENT

Verordnung (EU) Nr. 648/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Juli 2012 über OTC-Derivate, zentrale Gegenparteien und Transaktionsregister (ABl. L 201 vom 27.7.2012, S. 1-59).

Nachfolgende Änderungen der Verordnung (EG) Nr. 648/2012 wurden in den Originaltext eingefügt. Diese konsolidierte Fassung hat ausschließlich dokumentarischen Charakter.

VERBUNDENE DOKUMENTE

Verordnung (EU) 2022/2554 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Dezember 2022 über die digitale operationale Resilienz im Finanzsektor und zur Änderung der Verordnungen (EG) Nr. 1060/2009, (EU) Nr. 648/2012, (EU) Nr. 600/2014, (EU) Nr. 909/2014 und (EU) 2016/1011 (ABl. L 333 vom 27.12.2022, S. 1-79).

Letzte Aktualisierung: 25.10.2023

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