URTEIL DES GERICHTSHOFS (Fünfte Kammer)

23. November 2016 ( *1 )

„Vorlage zur Vorabentscheidung — Umwelt — Übereinkommen von Århus — Richtlinie 2003/4/EG — Art. 4 Abs. 2 — Zugang der Öffentlichkeit zu Informationen — Begriff ‚Informationen über Emissionen in die Umwelt‘ — Richtlinie 91/414/EWG — Richtlinie 98/8/EG — Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 — Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln und Biozid-Produkten — Vertraulichkeit — Schutz betrieblicher und kommerzieller Interessen“

In der Rechtssache C‑442/14

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom College van Beroep voor het bedrijfsleven (Berufungsverwaltungsgericht für Wirtschaftssachen, Niederlande) mit Entscheidung vom 12. September 2014, beim Gerichtshof eingegangen am 24. September 2014, in dem Verfahren

Bayer CropScience SA-NV,

Stichting De Bijenstichting

gegen

College voor de toelating van gewasbeschermingsmiddelen en biociden,

Beteiligte:

Makhtesim-Agan Holland BV,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten J. L. da Cruz Vilaça, des Vizepräsidenten A. Tizzano (Berichterstatter), der Richterin M. Berger sowie der Richter E. Levits und F. Biltgen,

Generalanwältin: J. Kokott,

Kanzler: M. Ferreira, Hauptverwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 4. Februar 2016,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

der Bayer CropScience SA-NV, vertreten durch E. Broeren und A. Freriks, advocaten,

der Stichting De Bijenstichting, vertreten durch L. Smale, advocaat,

des College voor de toelating van gewasbeschermingsmiddelen en biociden, vertreten durch J. Geerdink und D. Roelands-Fransen, advocaten,

der niederländischen Regierung, vertreten durch B. Koopman und M. Bulterman als Bevollmächtigte,

der deutschen Regierung, vertreten durch T. Henze und A. Lippstreu als Bevollmächtigte,

der griechischen Regierung, vertreten durch I. Chalkias, O. Tsirkinidou und A. Vasilopoulou als Bevollmächtigte,

der schwedischen Regierung, vertreten durch L. Swedenborg, E. Karlsson, A. Falk, C. Meyer-Seitz, U. Persson und N. Otte Widgren als Bevollmächtigte,

der Europäischen Kommission, vertreten durch L. Pignataro-Nolin, F. Ronkes Agerbeek, P. Ondrusek und H. Kranenborg als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 7. April 2016

folgendes

Urteil

1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung des Art. 14 der Richtlinie 91/414/EWG des Rates vom 15. Juli 1991 über das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln (ABl. 1991, L 230, S. 1), des Art. 19 der Richtlinie 98/8/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Februar 1998 über das Inverkehrbringen von Biozid-Produkten (ABl. 1998, L 123, S. 1), der Art. 59 und 63 der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Oktober 2009 über das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln und zur Aufhebung der Richtlinien 79/117/EWG und 91/414/EWG des Rates (ABl. 2009, L 309, S. 1) sowie des Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 2003/4/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2003 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Umweltinformationen und zur Aufhebung der Richtlinie 90/313/EWG des Rates (ABl. 2003, L 41, S. 26).

2

Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Bayer CropScience BV (im Folgenden: Bayer) und der Stichting De Bijenstichting (im Folgenden: Bijenstichting) auf der einen und dem College voor de toelating van gewasbeschermingsmiddelen en biociden (Ausschuss für die Zulassung von Pflanzenschutzmitteln und Bioziden, im Folgenden: Zulassungsausschuss) auf der anderen Seite über den Beschluss vom 18. März 2013, mit dem dieser Ausschuss dem Antrag der Bijenstichting (Bienenstiftung) auf Offenlegung von Dokumenten, die Bayer in Verfahren über die Genehmigung für das Inverkehrbringen bestimmter Pflanzenschutzmittel und Biozid-Produkte auf der Grundlage des Wirkstoffs Imidacloprid auf dem niederländischen Markt eingereicht hatte, teilweise stattgegeben hat.

Rechtlicher Rahmen

Internationales Recht

3

Art. 39 Abs. 3 des Agreement on Trade-Related Aspects of Intellectual Property Rights (Übereinkommen über handelsbezogene Aspekte der Rechte des geistigen Eigentums, im Folgenden: TRIPS-Übereinkommen), das den Anhang 1 C des Übereinkommens zur Errichtung der Welthandelsorganisation (WTO) bildet, das am 15. April 1994 in Marrakesch unterzeichnet und mit dem Beschluss 94/800/EG des Rates vom 22. Dezember 1994 über den Abschluss der Übereinkünfte im Rahmen der multilateralen Verhandlungen der Uruguay-Runde (1986–1994) im Namen der Europäischen Gemeinschaft in Bezug auf die in ihre Zuständigkeiten fallenden Bereiche (ABl. 1994, L 336, S. 1) genehmigt wurde, bestimmt:

„Mitglieder, in denen die Vorlage nicht offenbarter Test- oder sonstiger Daten, deren Erstellung beträchtlichen Aufwand verursacht, Voraussetzung für die Marktzulassung pharmazeutischer oder agrochemischer Erzeugnisse ist, in denen neue chemische Stoffe verwendet werden, schützen diese Daten vor unlauterem gewerblichen Gebrauch. Darüber hinaus schützen die Mitglieder solche Daten vor Offenbarung, es sei denn, dass diese zum Schutz der Öffentlichkeit notwendig ist oder dass Maßnahmen ergriffen werden, um sicherzustellen, dass die Daten vor unlauterem gewerblichen Gebrauch geschützt werden.“

4

Art. 4 („Zugang zu Informationen über die Umwelt“) des mit dem Beschluss 2005/370/EG des Rates vom 17. Februar 2005 (ABl. 2005, L 124, S. 1) im Namen der Europäischen Gemeinschaft genehmigten Übereinkommens über den Zugang zu Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten (im Folgenden: Übereinkommen von Århus) sieht vor:

„(1)   Jede Vertragspartei stellt sicher, dass die Behörden nach Maßgabe der folgenden Absätze dieses Artikels und im Rahmen der innerstaatlichen Rechtsvorschriften der Öffentlichkeit Informationen über die Umwelt auf Antrag zur Verfügung stellen; …

(4)   Ein Antrag auf Informationen über die Umwelt kann abgelehnt werden, wenn die Bekanntgabe negative Auswirkungen hätte auf

d)

Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse, sofern diese rechtlich geschützt sind, um berechtigte wirtschaftliche Interessen zu schützen. In diesem Rahmen sind Informationen über Emissionen, die für den Schutz der Umwelt von Bedeutung sind, bekannt zu geben;

Die genannten Ablehnungsgründe sind eng auszulegen, wobei das öffentliche Interesse an der Bekanntgabe sowie ein etwaiger Bezug der beantragten Informationen zu Emissionen in die Umwelt zu berücksichtigen sind.

…“

Unionsrecht

Regelung der Genehmigung für das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln und Biozid-Produkten

5

Art. 2 Nr. 2 der Richtlinie 91/414 bestimmt den Begriff „Rückstände von Pflanzenschutzmitteln“ wie folgt:

„[e]in Stoff oder mehrere Stoffe, die in oder auf Pflanzen oder Pflanzenerzeugnissen, essbaren Erzeugnissen tierischer Herkunft oder anderweitig in der Umwelt vorhanden sind und deren Vorhandensein von der Anwendung von Pflanzenschutzmitteln herrührt, einschließlich ihrer Metaboliten und Abbau- oder Reaktionsprodukte“.

6

Art. 14 der Richtlinie 91/414 sieht vor:

„Unbeschadet der Richtlinie [2003/4] sorgen die Mitgliedstaaten und die Kommission dafür, dass von den Antragstellern vorgelegte Informationen, die Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse beinhalten, vertraulich behandelt werden, sofern der die Aufnahme eines Wirkstoffes in Anhang I betreibende Antragsteller oder die Person, die einen Antrag auf Zulassung eines Pflanzenschutzmittels stellt, dies beantragen und der Mitgliedstaat bzw. die Kommission die Begründung des Antragstellers akzeptiert.

…“

7

Art. 2 Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie 98/8 definiert den Begriff „Rückstände“ wie folgt:

„[e]in Stoff oder mehrere Stoffe, die in einem Biozid-Produkt vorhanden sind und als Folge seiner Verwendung zurückbleiben, einschließlich ihrer Metaboliten und Abbau- oder Reaktionsprodukte“.

8

In Art. 19 („Vertraulichkeit“) der Richtlinie 98/8 heißt es:

„(1)   Unbeschadet der Richtlinie [2003/4] kann ein Antragsteller der zuständigen Behörde die Informationen angeben, die seines Erachtens unter das Geschäftsgeheimnis fallen, deren Bekanntgabe ihm betrieblich und geschäftlich schaden könnte und deren Geheimhaltung gegenüber jedermann, ausgenommen den zuständigen Behörden und der Kommission, er deshalb erfragt. In jedem Fall ist eine umfassende Rechtfertigung zu erbringen. …

(2)   Die zuständige Behörde, bei der der Antrag gestellt wurde, beschließt anhand von Nachweisen, die der Antragsteller erbringt, welche Informationen im Sinne von Absatz 1 vertraulich sind.

…“

9

Nach Art. 3 Nr. 1 der Verordnung Nr. 1107/2009 bezeichnet der Begriff „Rückstände“:

„einen oder mehrere Stoffe, die in oder auf Pflanzen oder Pflanzenerzeugnissen, essbaren Erzeugnissen tierischer Herkunft, im Trinkwasser oder anderweitig in der Umwelt vorhanden sind und deren Vorhandensein von der Verwendung von Pflanzenschutzmitteln herrührt, einschließlich ihrer Metaboliten und Abbau- oder Reaktionsprodukte“.

10

Art. 33 („Antrag auf Zulassung oder Änderung einer Zulassung“) der Verordnung Nr. 1107/2009 sieht vor:

„(1)   Ein Antragsteller, der ein Pflanzenschutzmittel in Verkehr bringen möchte, beantragt entweder selbst oder durch einen Vertreter eine Zulassung oder eine Änderung einer Zulassung in jedem einzelnen Mitgliedstaat, in dem das Pflanzenschutzmittel in Verkehr gebracht werden soll.

(4)   Bei Vorlage des Antrags kann der Antragsteller gemäß Artikel 63 beantragen, dass bestimmte Informationen, einschließlich bestimmter Teile des Dossiers, vertraulich behandelt werden; diese Informationen sind gesondert vorzulegen.

Wird ein Antrag auf Zugang zu Informationen gestellt, so entscheidet der den Antrag prüfende Mitgliedstaat darüber, welche Informationen er vertraulich behandelt.

…“

11

Art. 63 („Vertraulichkeit“) der Verordnung Nr. 1107/2009 lautet:

„(1)   Eine Person, die beantragt, dass gemäß dieser Verordnung vorgelegte Informationen vertraulich behandelt werden sollen, legt einen nachprüfbaren Beweis vor, aus dem hervorgeht, dass die Offenlegung dieser Informationen ihre kommerziellen Interessen … beeinträchtigen könnte.

(2)   Bei folgenden Informationen ist in der Regel davon auszugehen, dass ihre Offenlegung den Schutz der wirtschaftlichen Interessen oder der Privatsphäre und die Integrität der betroffenen Personen beeinträchtigt:

a)

dem Herstellungsverfahren;

b)

den Angaben zu Verunreinigungen des Wirkstoffs, mit Ausnahme von Verunreinigungen, die als toxikologisch, ökotoxikologisch oder ökologisch relevant angesehen werden;

c)

Ergebnissen zu hergestellten Wirkstoffchargen, einschließlich Verunreinigungen;

d)

Analysenmethoden für Verunreinigungen in dem Wirkstoff[,] so wie er hergestellt wird, mit Ausnahme von Analysenmethoden für Verunreinigungen, die als toxikologisch, ökotoxikologisch oder ökologisch relevant angesehen werden;

e)

Beziehungen zwischen einem Hersteller oder Importeur und dem Antragsteller oder dem Zulassungsinhaber;

f)

Angaben zur vollständigen Zusammensetzung eines Pflanzenschutzmittels;

g)

Namen und Anschriften der Personen, die an den Versuchen mit Wirbeltieren beteiligt sind.

(3)   Dieser Artikel gilt unbeschadet der Richtlinie [2003/4].“

Regelung des Zugangs zu Umweltinformationen

12

In den Erwägungsgründen 1, 5, 9 und 16 der Richtlinie 2003/4 heißt es:

„(1)

Der erweiterte Zugang der Öffentlichkeit zu umweltbezogenen Informationen und die Verbreitung dieser Informationen tragen dazu bei, das Umweltbewusstsein zu schärfen, einen freien Meinungsaustausch und eine wirksamere Teilnahme der Öffentlichkeit an Entscheidungsverfahren in Umweltfragen zu ermöglichen und letztendlich so den Umweltschutz zu verbessern.

(5)

Am 25. Juni 1998 unterzeichnete die Europäische Gemeinschaft das … Übereinkommen von [Århus]. Die Bestimmungen des Gemeinschaftsrechts müssen im Hinblick auf den Abschluss des Übereinkommens durch die Europäische Gemeinschaft mit dem Übereinkommen übereinstimmen.

(9)

Ferner ist es notwendig, dass Behörden Umweltinformationen insbesondere unter Verwendung von Informations- und Kommunikationstechnologien so umfassend wie möglich öffentlich zugänglich machen und verbreiten. …

(16)

Das Recht auf Information beinhaltet, dass die Bekanntgabe von Informationen die allgemeine Regel sein sollte und dass Behörden befugt sein sollten, Anträge auf Zugang zu Umweltinformationen in bestimmten, genau festgelegten Fällen abzulehnen. Die Gründe für die Verweigerung der Bekanntgabe sollten eng ausgelegt werden, wobei das öffentliche Interesse an der Bekanntgabe gegen das Interesse an der Verweigerung der Bekanntgabe abgewogen werden sollte. …“

13

Art. 1 der Richtlinie 2003/4 bestimmt:

„Mit dieser Richtlinie werden folgende Ziele verfolgt:

a)

die Gewährleistung des Rechts auf Zugang zu Umweltinformationen, die bei Behörden vorhanden sind oder für sie bereitgehalten werden, und die Festlegung der grundlegenden Voraussetzungen und praktischer Vorkehrungen für die Ausübung dieses Rechts sowie

b)

die Sicherstellung, dass Umweltinformationen selbstverständlich zunehmend öffentlich zugänglich gemacht und verbreitet werden, um eine möglichst umfassende und systematische Verfügbarkeit und Verbreitung von Umweltinformationen in der Öffentlichkeit zu erreichen. Dafür wird die Verwendung insbesondere von Computer-Telekommunikation und/oder elektronischen Technologien gefördert, soweit diese verfügbar sind.“

14

Art. 2 („Begriffsbestimmungen“) der Richtlinie 2003/4 sieht vor:

„Im Sinne dieser Richtlinie bezeichnet der Ausdruck:

1.

‚Umweltinformationen‘ sämtliche Informationen in schriftlicher, visueller, akustischer, elektronischer oder sonstiger materieller Form über

a)

den Zustand von Umweltbestandteilen wie Luft und Atmosphäre, Wasser, Boden, Land, Landschaft und natürliche Lebensräume einschließlich Feuchtgebiete, Küsten- und Meeresgebiete, die Artenvielfalt und ihre Bestandteile, einschließlich genetisch veränderter Organismen, sowie die Wechselwirkungen zwischen diesen Bestandteilen,

b)

Faktoren wie Stoffe, Energie, Lärm und Strahlung oder Abfall einschließlich radioaktiven Abfalls, Emissionen, Ableitungen oder sonstiges Freisetzen von Stoffen in die Umwelt, die sich auf die unter Buchstabe a) genannten Umweltbestandteile auswirken oder wahrscheinlich auswirken,

…“

15

Art. 3 („Zugang zu Umweltinformationen auf Antrag“) Abs. 1 der Richtlinie 2003/4 lautet:

„Die Mitgliedstaaten gewährleisten, dass Behörden gemäß den Bestimmungen dieser Richtlinie verpflichtet sind, die bei ihnen vorhandenen oder für sie bereitgehaltenen Umweltinformationen allen Antragstellern auf Antrag zugänglich zu machen, ohne dass diese ein Interesse geltend zu machen brauchen.“

16

Art. 4 („Ausnahmen“) Abs. 2 der Richtlinie 2003/4 bestimmt:

„Die Mitgliedstaaten können vorsehen, dass ein Antrag auf Zugang zu Umweltinformationen abgelehnt wird, wenn die Bekanntgabe negative Auswirkungen hätte auf:

d)

Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse, sofern diese durch einzelstaatliches oder gemeinschaftliches Recht geschützt sind, um berechtigte wirtschaftliche Interessen, einschließlich des öffentlichen Interesses an der Wahrung der Geheimhaltung von statistischen Daten und des Steuergeheimnisses, zu schützen;

Die in den Absätzen 1 und 2 genannten Ablehnungsgründe sind eng auszulegen, wobei im Einzelfall das öffentliche Interesse an der Bekanntgabe zu berücksichtigen ist. In jedem Einzelfall wird das öffentliche Interesse an der Bekanntgabe gegen das Interesse an der Verweigerung der Bekanntgabe abgewogen. Die Mitgliedstaaten dürfen aufgrund des Absatzes 2 Buchstaben a), d), f), g) und h) nicht vorsehen, dass ein Antrag abgelehnt werden kann, wenn er sich auf Informationen über Emissionen in die Umwelt bezieht.

…“

Für Industrieemissionen geltende Regelung

17

Art. 2 Nrn. 3 und 5 der Richtlinie 96/61/EG des Rates vom 24. September 1996 über die integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung (ABl. 1996, L 257, S. 26) sieht vor:

„Im Sinne dieser Richtlinie bezeichnet der Ausdruck

3.

‚Anlage‘ eine ortsfeste technische Einheit, in der eine oder mehrere der in Anhang I genannten Tätigkeiten sowie andere unmittelbar damit verbundene Tätigkeiten durchgeführt werden, die mit den an diesem Standort durchgeführten Tätigkeiten in einem technischen Zusammenhang stehen und Auswirkungen auf Emissionen und Umweltverschmutzung haben können;

5.

‚Emission‘ die von Punktquellen oder diffusen Quellen der Anlage ausgehende direkte oder indirekte Freisetzung von Stoffen, Erschütterungen, Wärme oder Lärm in die Luft, das Wasser oder den Boden“.

18

Art. 3 Nrn. 3 und 4 der Richtlinie 2010/75/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 über Industrieemissionen (integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung) (ABl. 2010, L 334, S. 17) bestimmt:

„Im Sinne dieser Richtlinie bezeichnet der Ausdruck:

3.

‚Anlage‘ eine ortsfeste technische Einheit, in der eine oder mehrere der in Anhang I oder Anhang VII Teil 1 genannten Tätigkeiten sowie andere unmittelbar damit verbundene Tätigkeiten am selben Standort durchgeführt werden, die mit den in den genannten Anhängen aufgeführten Tätigkeiten in einem technischen Zusammenhang stehen und die Auswirkungen auf die Emissionen und die Umweltverschmutzung haben können;

4.

‚Emission‘ die von Punktquellen oder diffusen Quellen der Anlage ausgehende direkte oder indirekte Freisetzung von Stoffen, Erschütterungen, Wärme oder Lärm in die Luft, das Wasser oder den Boden“.

Ausgangsrechtsstreit und Vorlagefragen

19

Mit Entscheidungen vom 28. April und 8. Juli 2011 beschloss der Zulassungsausschuss, die für die Erteilung und Änderung von Genehmigungen für das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln und Biozid-Produkten zuständige niederländische Behörde, die Zulassungen mehrerer Pflanzenschutzmittel und eines Biozidprodukts auf der Grundlage des Wirkstoffs Imidacloprid, der u. a. eine insektizide Wirkung hat, zu ändern.

20

Mit Schreiben vom 11. Mai, 24. August und 25. Oktober 2011 beantragte die Bijenstichting, eine niederländische Stiftung zum Schutz der Bienen, auf der Grundlage der Richtlinie 2003/4 beim Zulassungsausschuss die Bekanntgabe von 84 diese Zulassungen betreffenden Dokumenten.

21

Bayer, eine u. a. in den Bereichen des Pflanzenschutzes und der Parasitenbekämpfung tätige Gesellschaft und Inhaberin einer großen Zahl dieser Zulassungen, widersprach dieser Bekanntgabe, weil sie das Urheberrecht und die Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse verletze und zudem das Recht auf Datenschutz aushöhle.

22

Mit Bescheid vom 9. Juli 2012 lehnte der Zulassungsausschuss die Offenlegungsanträge der Bijenstichting zunächst vollumfänglich ab. Er begründete den ablehnenden Bescheid insbesondere damit, dass sich die Anträge nicht auf „Informationen über Emissionen in die Umwelt“ im Sinne von Art. 4 Abs. 2 Unterabs. 2 der Richtlinie 2003/4 bezögen. Daher könne diesen Anträgen nur stattgegeben werden, wenn die Abwägung des Allgemeininteresses an der Bekanntgabe gegen das besondere Interesse des Inhabers der Genehmigung für das Inverkehrbringen an der Vertraulichkeit der betreffenden Daten deren Offenlegung rechtfertige, was vorliegend jedoch nicht der Fall sei.

23

Nachdem die Bijenstichting Widerspruch gegen diesen Ablehnungsbescheid eingelegt hatte, änderte ihn der Zulassungsausschuss teilweise ab und erklärte mit Bescheid vom 18. März 2013 den Widerspruch für teilweise begründet.

24

Im Widerspruchsbescheid vertrat der Zulassungsausschuss die Ansicht, dass die Sachinformationen über die tatsächliche Freisetzung von Pflanzenschutzmitteln oder Biozid-Produkten in die Umwelt als „Informationen über Emissionen in die Umwelt“ im Sinne von Art. 4 Abs. 2 Unterabs. 2 der Richtlinie 2003/4 anzusehen seien.

25

Im vorliegenden Fall enthielten jedoch 35 der Dokumente, deren Offenlegung beantragt worden sei, solche Informationen. Deshalb seien den Gründen, die für die Ablehnung einer solchen Offenlegung angeführt werden könnten, sehr enge Grenzen gesetzt. Zu ihnen gehöre der Schutz der Rechte des geistigen Eigentums des Inhabers der Genehmigung für das Inverkehrbringen des fraglichen Produkts. Nach einer Abwägung des Allgemeininteresses an der Offenlegung gegen den Schutz dieser Rechte war der Zulassungsausschuss jedoch der Ansicht, dass das Allgemeininteresse überwiege. Infolgedessen ordnete er die Bekanntgabe dieser Dokumente an.

26

Zu diesen 35 Dokumenten gehörten u. a. Laboruntersuchungen über die Auswirkungen von Imidacloprid auf Bienen und Semi-Feldstudien zur Messung der Rückstände der Pflanzenschutzmittel und der Biozid-Produkte sowie ihrer Wirkstoffe, die nach der Verwendung dieser Produkte in der Luft oder im Boden, im Saatgut, in den Blättern, im Pollen oder im Nektar der behandelten Pflanze sowie im Honig und auf den Bienen vorhanden waren. Diese Dokumente enthielten auch eine Zusammenfassung einer Studie über die Migration von Imidacloprid innerhalb der Pflanzen und über die Guttation, d. h. die Wassertropfensekretion einer Pflanze, sowie zwei Präsentationen.

27

Die übrigen 49 Dokumente betrafen nach Ansicht des Zulassungsausschusses hingegen keine „Informationen über Emissionen in die Umwelt“ im Sinne von Art. 4 Abs. 2 Unterabs. 2 der Richtlinie 2003/4. Folglich könne der Zugang zu diesen 49 Dokumenten nicht nur aufgrund des Schutzes der Rechte des geistigen Eigentums, sondern auch aufgrund der Vertraulichkeit der Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse abgelehnt werden. Nach einer Abwägung der bestehenden Interessen gemäß dieser Vorschrift lehnte der Zulassungsausschuss die Bekanntgabe dieser Dokumente ab.

28

Sowohl die Bijenstichting als auch Bayer fochten den Bescheid des Zulassungsausschusses vom 18. März 2013 vor dem vorlegenden Gericht, dem College van Beroep voor het bedrijfsleven (Berufungsverwaltungsgericht für Wirtschaftssachen, Niederlande), an.

29

Bei der Entscheidung über den bei ihm anhängigen Rechtsstreit stellt sich dem vorlegenden Gericht u. a. die Frage nach dem Verhältnis zwischen den von den Sondervorschriften für das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln und Biozid-Produkten vorgesehenen Vertraulichkeitsregelungen, d. h. – zur Zeit der für den Sachverhalt des Ausgangsverfahrens maßgebenden Ereignisse – den Richtlinien 91/414 und 98/8 sowie der Verordnung Nr. 1107/2009, auf der einen und der allgemeinen Regelung des Zugangs zu Umweltinformationen gemäß der Richtlinie 2003/4 auf der anderen Seite.

30

Es möchte insbesondere wissen, ob – wie die Bijenstichting vorträgt – der Zulassungsausschuss spätestens bei der Änderung der Zulassung des Inverkehrbringens der fraglichen Produkte auf Antrag von Bayer die von Bijenstichting begehrten Informationen als vertraulich hätte einstufen müssen oder ob – wie der Zulassungsausschuss meint – der vertrauliche Charakter dieser Informationen auch danach im Rahmen eines Widerspruchs von Bayer gegen die später von der Bijenstichting auf der Grundlage der Richtlinie 2003/4 gestellten Anträge auf Zugang zu diesen Informationen habe zuerkannt werden können, obwohl diese Anträge Informationen beträfen, deren vertrauliche Behandlung Bayer im Verfahren über die Änderung der Genehmigung für das Inverkehrbringen nicht beantragt habe.

31

Im ersten Fall hätte der Zulassungsausschuss den von der Bijenstichting gestellten Anträgen auf Offenlegung nämlich vollumfänglich stattgeben müssen, ohne diese Anträge gegebenenfalls gemäß Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 2003/4 ablehnen zu können. Im zweiten Fall habe der Zulassungsausschuss dagegen die erstmals anlässlich dieser Anträge formulierte Stellungnahme von Bayer zur Vertraulichkeit der Informationen berücksichtigen können.

32

Das vorlegende Gericht hat außerdem auch Zweifel an der Auslegung des Begriffs „Informationen über Emissionen in die Umwelt“ im Sinne von Art. 4 Abs. 2 Unterabs. 2 der Richtlinie 2003/4 und fragt sich, ob die Informationen, zu denen die Bijenstichting Zugang verlangt, unter diesen Begriff fallen.

33

Sollte dies zu bejahen sein, könnten nach dieser Vorschrift die von der Bijenstichting gestellten Anträge auf Bekanntgabe nämlich nicht mit der Begründung abgelehnt werden, dass diese Bekanntgabe negative Auswirkungen auf die von Bayer vorgelegten Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse hätte. Sollte dies dagegen zu verneinen sein, müsste eine Abwägung des Interesses an der Vertraulichkeit dieser Informationen gegen das öffentliche Interesse an der Bekanntgabe vorgenommen werden, um festzustellen, ob diese Informationen bekannt zu geben seien.

34

Unter diesen Umständen hat das College van Beroep voor het bedrijfsleven (Berufungsverwaltungsgericht für Wirtschaftssachen) beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

1.

Bringen die Bestimmungen in Art. 14 der Richtlinie 91/414 bzw. Art. 63 in Verbindung mit Art. 59 der Verordnung Nr. 1107/2009 bzw. Art. 19 der Richtlinie 98/8 es mit sich, dass über einen Vertraulichkeitsantrag im Sinne der genannten Art. 14, 63 und 19 des in diesen Artikeln genannten Antragstellers für jede einzelne Informationsquelle vor oder bei Erteilung der Zulassung bzw. vor oder bei Änderung der Zulassung durch eine für Drittbeteiligte erkennbare Entscheidung entschieden werden muss?

2.

Sofern die vorige Frage bejaht wird: Ist Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 2003/4 dahin auszulegen, dass in Ermangelung einer Entscheidung im Sinne der vorigen Frage der Beklagte als nationale Behörde die angeforderten Umweltinformationen offenlegen muss, wenn ein solcher Antrag nach Erteilung der Zulassung bzw. nach Änderung der Zulassung gestellt wird?

3.

Wie ist der Begriff „Emissionen in die Umwelt“ in Art. 4 Abs. 2 Unterabs. 2 der Richtlinie 2003/4 auszulegen, wenn man das unter Nr. 5.5 der Vorlageentscheidung vor dem Hintergrund des unter Nr. 5.2 der Vorlageentscheidung wiedergegebenen Inhalts der Dokumente angeführte Vorbringen der Parteien hierzu berücksichtigt?

4.

a)

Sind Daten, die das Freisetzen eines Mittels, seines Wirkstoffs bzw. seiner Wirkstoffe und anderer Bestandteile in die Umwelt nach Verwendung des Mittels bewerten, als „Informationen über Emissionen in die Umwelt“ anzusehen?

b)

Falls ja: Ist es in diesem Zusammenhang erheblich, ob die genannten Daten mittels (Semi‑)Feldstudien oder andersartiger Studien (wie beispielsweise Laboruntersuchungen und Translokationsstudien) gewonnen worden sind?

5.

Sind Informationen über Laboruntersuchungen, bei denen der Versuchsaufbau auf die Untersuchung isolierter Aspekte unter standardisierten Bedingungen ausgerichtet ist, als „Informationen über Emissionen in die Umwelt“ anzusehen, wenn im Rahmen dieser Untersuchungen viele Faktoren (wie beispielsweise klimatologische Einflüsse) ausgeschlossen werden und die Versuche häufig mit – im Vergleich zur tatsächlichen Verwendung – hohen Dosierungen durchgeführt werden?

6.

Sind in diesem Zusammenhang unter „Emissionen in die Umwelt“ auch Rückstände zu verstehen, die nach Anwendung des Mittels in der Versuchsanordnung beispielsweise in der Luft oder auf dem Boden, Blättern, Pollen oder Nektar einer (aus behandeltem Saatgut hervorgegangenen) Pflanze, in Honig oder auf Nichtzielorganismen vorhanden sind?

7.

Gilt dies auch für das Ausmaß der (Stoff-)Drift bei Anwendung des Mittels in der Versuchsanordnung?

8.

Hat der Begriff „Informationen über Emissionen in die Umwelt“ im Sinne von Art. 4 Abs. 2 Unterabs. 2 der Richtlinie 2003/4 zur Folge, dass, wenn es sich um Emissionen in die Umwelt handelt, die vollständige Informationsquelle offengelegt werden muss und nicht nur die (Mess-)Daten, die daraus gegebenenfalls abzuleiten sind?

9.

Ist für die Zwecke des Ausnahmegrundes für Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse im Sinne des Art. 4 Abs. 2 Unterabs. 1 Buchst. d der Richtlinie 2003/4 zwischen „Emissionen“ einerseits und „Ableitungen oder sonstige[m] Freisetzen von Stoffen in die Umwelt“ im Sinne von Art. 2 Nr. 1 Buchst. b der Richtlinie andererseits zu unterscheiden?

Zum Antrag auf Wiedereröffnung des mündlichen Verfahrens

35

Nach der Verlesung der Schlussanträge der Generalanwältin am 7. April 2016 hat Bayer mit Schriftsatz, der am 9. Mai 2016 bei der Kanzlei des Gerichtshofs eingegangen ist, die Wiedereröffnung des mündlichen Verfahrens beantragt.

36

Zur Stützung dieses Antrags hat Bayer im Wesentlichen zunächst geltend gemacht, dass es allein Sache des nationalen Gerichts sei, festzustellen, ob die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden und in den Vorlagefragen 4 bis 8 genannten Informationen „Informationen über Emissionen in die Umwelt“ im Sinne von Art. 4 Abs. 2 Unterabs. 2 der Richtlinie 2003/4 seien. Für den Fall jedoch, dass der Gerichtshof beschließen sollte, wie die Generalanwältin zu diesen Fragen Stellung zu nehmen, beantragt Bayer die Wiedereröffnung des mündlichen Verfahrens, damit der Gerichtshof von den Dokumenten, zu denen die Bijenstichting Zugang beantragt habe, Kenntnis nehmen und auf dieser Grundlage feststellen könne, ob die in diesen Dokumenten enthaltenen Informationen „Informationen über Emissionen in die Umwelt“ seien. Bei den von der Generalanwältin vorgeschlagenen Antworten auf die Vorlagefragen werde das vollständige und umfassende System der Offenlegung von Dokumenten verkannt, das durch die Richtlinien 91/414 und 98/8 sowie durch die Verordnung Nr. 1107/2009 eingeführt worden sei. Für den Fall, dass der Gerichtshof davon ausgehen sollte, dass die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Informationen Emissionen in die Umwelt beträfen, ersucht Bayer den Gerichtshof schließlich auch, die Frage zu prüfen, wie die Modalitäten des Zugangs zu diesen Informationen genau ausgestaltet seien, und insbesondere, ob eine Offenlegung in einem Lesesaal akzeptabel sei.

37

Insoweit ist zunächst darauf hinzuweisen, dass die Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union und seine Verfahrensordnung keine Möglichkeit für die Parteien vorsehen, eine Stellungnahme zu den Schlussanträgen des Generalanwalts einzureichen (vgl. u. a. Beschluss vom 4. Februar 2000, Emesa Sugar,C‑17/98, EU:C:2000:69, Rn. 2, und Urteil vom 6. September 2012, Döhler Neuenkirchen,C‑262/10, EU:C:2012:559, Rn. 29).

38

Allerdings kann der Gerichtshof gemäß Art. 83 seiner Verfahrensordnung jederzeit nach Anhörung des Generalanwalts die Wiedereröffnung des mündlichen Verfahrens beschließen, insbesondere wenn er sich für unzureichend unterrichtet hält oder wenn ein zwischen den Parteien oder den in Art. 23 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union bezeichneten Beteiligten nicht erörtertes Vorbringen entscheidungserheblich ist (vgl. u. a. Urteil vom 28. April 2016, Borealis Polyolefine u. a.,C‑191/14, C‑192/14, C‑295/14, C‑389/14 und C‑391/14 bis C‑393/14, EU:C:2016:311, Rn. 40).

39

Vorliegend ist jedoch festzustellen, dass der von Bayer gestellte Antrag auf Wiedereröffnung des mündlichen Verfahrens im Wesentlichen darauf gerichtet ist, auf die Schlussanträge der Generalanwältin einzugehen. Zudem hält sich der Gerichtshof für ausreichend unterrichtet, um eine Entscheidung zu treffen, und in der vorliegenden Rechtssache ist auch kein Vorbringen entscheidungserheblich, das zwischen den Parteien nicht erörtert worden ist.

40

Daher ist dieser Antrag zurückzuweisen.

Zu den Vorlagefragen

Zu den ersten beiden Fragen

41

Mit seinen ersten beiden Fragen, die zusammen zu prüfen sind, möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 2003/4 in Verbindung mit Art. 14 der Richtlinie 91/414, Art. 19 der Richtlinie 98/8 und Art. 33 Abs. 4 und Art. 63 der Verordnung Nr. 1107/2009 dahin auszulegen ist, dass dann, wenn die Person, die einen Antrag auf Genehmigung für das Inverkehrbringen eines Pflanzenschutzmittels oder Biozid-Produkts gestellt hat, in dem für die Erteilung dieser Genehmigung vorgesehenen Verfahren keine vertrauliche Behandlung der in diesem Verfahren eingereichten Informationen beantragt hat, die zuständige Behörde, bei der ein Dritter nach Abschluss dieses Verfahrens auf der Grundlage der Richtlinie 2003/4 Zugang zu diesen Informationen beantragt, verpflichtet ist, diesem Antrag stattzugeben, ohne den dagegen gerichteten Widerspruch der Person, die den Genehmigungsantrag gestellt hat, prüfen und gegebenenfalls den Zugangsantrag mit der Begründung ablehnen zu können, dass die Bekanntgabe der fraglichen Informationen negative Auswirkungen auf die Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse hätte.

42

Für die Antwort auf diese Fragen ist darauf hinzuweisen, dass nach Art. 14 der Richtlinie 91/414, Art. 19 der Richtlinie 98/8 und Art. 33 Abs. 4 und Art. 63 der Verordnung Nr. 1107/2009 die Person, die einen Antrag auf Genehmigung für das Inverkehrbringen eines Pflanzenschutzmittels oder Biozid-Produkts gestellt hat, in dem für die Erteilung dieser Genehmigung vorgesehenen Verfahren die vertrauliche Behandlung der Informationen beantragen kann, die Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse darstellen oder ihres Erachtens unter das Geschäftsgeheimnis fallen und deren Verbreitung ihr betrieblich und geschäftlich schaden könnte.

43

Art. 14 Abs. 1 der Richtlinie 91/414, Art. 19 Abs. 1 der Richtlinie 98/8 und Art. 63 der Verordnung Nr. 1107/2009 sehen jedoch auch vor, dass diese Bestimmungen unbeschadet der Richtlinie 2003/4 gelten.

44

Somit wollte der Unionsgesetzgeber Anträge von Dritten auf Zugang zu den Informationen, die in den Akten über die Anträge auf Genehmigung für das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln oder Biozid-Produkten enthalten sind und für die nach den genannten Bestimmungen eine vertrauliche Behandlung beantragt werden kann, offenbar den allgemeinen Bestimmungen der Richtlinie 2003/4 unterwerfen (vgl. im Umkehrschluss Urteil vom 22. Dezember 2010, Ville de Lyon,C‑524/09, EU:C:2010:822, Rn. 40).

45

Nach Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 2003/4 können die Mitgliedstaaten aber vorsehen, dass ein Antrag auf Zugang zu Umweltinformationen abgelehnt wird, wenn die Bekanntgabe negative Auswirkungen auf ein in dem Artikel genanntes Interesse hätte, insbesondere auf die Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse.

46

Diese Bestimmung macht diese Möglichkeit nicht davon abhängig, dass vor dem Antrag auf Bekanntgabe ein Antrag auf vertrauliche Behandlung gestellt wird.

47

Folglich ist die zuständige Behörde, bei der auf der Grundlage der Richtlinie 2003/4 ein Antrag auf Zugang zu Informationen gestellt worden ist, die die Person, die einen Antrag auf Genehmigung für das Inverkehrbringen eines Pflanzenschutzmittels oder Biozid-Produkts gestellt hat, in dem für die Erteilung dieser Genehmigung vorgesehenen Verfahren vorgelegt hatte, entgegen dem Vorbringen der Bijenstichting nicht verpflichtet, dem Zugangsantrag stattzugeben und die beantragten Informationen bekannt zu geben, nur weil die Person, die den Genehmigungsantrag gestellt hat, nicht zuvor in diesem Verfahren die vertrauliche Behandlung der Informationen beantragt hatte.

48

Somit muss diese Behörde gegebenenfalls auf der Grundlage des Widerspruchs der Person, die den Genehmigungsantrag gestellt hat, prüfen können, ob diese Bekanntgabe negative Auswirkungen auf die Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse hätte und ob der Zugangsantrag nicht gemäß Art. 4 Abs. 2 Unterabs. 1 Buchst. d der Richtlinie 2003/4 abzulehnen ist.

49

Nach alledem ist auf die ersten beiden Fragen zu antworten, dass Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 2003/4 dahin auszulegen ist, dass der Umstand, dass die Person, die einen Antrag auf Genehmigung für das Inverkehrbringen eines Pflanzenschutzmittels oder Biozid-Produkts gestellt hat, in dem für die Erteilung dieser Genehmigung vorgesehenen Verfahren nicht um vertrauliche Behandlung der im Rahmen dieses Verfahrens vorgelegten Informationen gemäß Art. 14 der Richtlinie 91/414, Art. 19 der Richtlinie 98/8 oder Art. 33 Abs. 4 und Art. 63 der Verordnung Nr. 1107/2009 ersucht hat, die zuständige Behörde, bei der ein Dritter nach Abschluss des Genehmigungsverfahrens Zugang zu diesen Informationen auf der Grundlage der Richtlinie 2003/4 beantragt, nicht daran hindert, den gegen diesen Zugangsantrag gerichteten Widerspruch der Person, die den Genehmigungsantrag gestellt hat, zu prüfen und gegebenenfalls den Zugangsantrag gemäß Art. 4 Abs. 2 Unterabs. 1 Buchst. d der Richtlinie 2003/4 mit der Begründung abzulehnen, dass die Bekanntgabe dieser Informationen negative Auswirkungen auf die Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse hätte.

Zu den Fragen 3 bis 7 und 9

50

Mit seinen Fragen 3 bis 7 und 9, die zusammen zu prüfen sind, möchte das vorlegende Gericht wissen, ob das Freisetzen von Pflanzenschutzmitteln oder Biozid-Produkten oder von in diesen Produkten enthaltenen Stoffen in die Umwelt unter den Begriff „Emissionen in die Umwelt“ im Sinne von Art. 4 Abs. 2 Unterabs. 2 der Richtlinie 2003/4 fällt und, falls ja, ob die Daten über die Bewertung dieses Freisetzens in die Umwelt und über die Auswirkungen dieses Freisetzens – einschließlich der Daten, die aus (Semi‑)Feldstudien stammen, der Daten, die Laboruntersuchungen oder Translokationsstudien entnommen wurden, der Informationen über die Rückstände in der Umwelt nach der Anwendung des fraglichen Produkts und der Studien zur Messung der Stoffdrift bei dieser Anwendung – als „Informationen über Emissionen in die Umwelt“ im Sinne dieser Bestimmung anzusehen sind.

51

Es ist zwar Sache des vorlegenden Gerichts, festzustellen, ob die verschiedenen Dokumente, zu denen die Bijenstichting im vorliegenden Fall Zugang beantragt, unter den Begriff „Informationen über Emissionen in die Umwelt“ im Sinne von Art. 4 Abs. 2 Unterabs. 2 der Richtlinie 2003/4 fallen, doch ist es Aufgabe des Gerichtshofs, ihm die objektiven Gesichtspunkte zu nennen, von denen diese Würdigung geleitet wird.

52

Insoweit ist vorab darauf hinzuweisen, dass die Begriffe „Emissionen in die Umwelt“ und „Informationen über Emissionen in die Umwelt“, da sie in der Richtlinie 2003/4 nicht bestimmt sind, unter Berücksichtigung des Zusammenhangs ihres Art. 4 Abs. 2 Unterabs. 2 und des mit dieser Richtlinie verfolgten Ziels auszulegen sind.

53

Wie zum einen der fünfte Erwägungsgrund der Richtlinie 2003/4 aber bestätigt, wollte der Unionsgesetzgeber mit dem Erlass dieser Richtlinie im Hinblick auf den Abschluss des Übereinkommens von Århus durch die Gemeinschaft die Vereinbarkeit des Unionsrechts mit dem Übereinkommen durch eine allgemeine Regelung sicherstellen, die gewährleistet, dass jede natürliche oder juristische Person eines Mitgliedstaats ein Recht auf Zugang zu bei Behörden vorhandenen oder für diese bereitgehaltenen Umweltinformationen hat, ohne hierfür ein Interesse geltend machen zu müssen (vgl. u. a. Urteil vom 19. Dezember 2013, Fish Legal und Shirley, C‑279/12, EU:C:2013:853, Rn. 36).

54

Demnach sind für die Auslegung der Richtlinie 2003/4 der Wortlaut und das Ziel des Übereinkommens von Århus, das mit dieser Richtlinie in das Unionsrecht umgesetzt werden soll, zu berücksichtigen (vgl. u. a. Urteil vom 19. Dezember 2013, Fish Legal und Shirley, C‑279/12,EU:C:2013:853, Rn. 37) und insbesondere Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 1 Buchst. d dieses Übereinkommens, wonach Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse der Bekanntgabe von Informationen über Emissionen, die für den Schutz der Umwelt von Bedeutung sind, nicht entgegengehalten werden können.

55

Zum anderen hat die Richtlinie 2003/4 nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs das Ziel, einen grundsätzlichen Zugang zu Umweltinformationen, die bei Behörden vorhanden sind oder für sie bereitgehalten werden, zu gewährleisten und, wie aus ihrem neunten Erwägungsgrund und ihrem Art. 1 hervorgeht, eine möglichst umfassende und systematische Verfügbarkeit und Verbreitung von Umweltinformationen in der Öffentlichkeit zu erreichen (vgl. u. a. Urteil vom 19. Dezember 2013, Fish Legal und Shirley, C‑279/12, EU:C:2013:853, Rn. 66).

56

Folglich muss die Bekanntgabe von Informationen, wie Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 2 des Übereinkommens von Århus sowie der 16. Erwägungsgrund und Art. 4 Abs. 2 Unterabs. 2 der Richtlinie 2003/4 ausdrücklich vorsehen, die allgemeine Regel sein und sind die in diesen Bestimmungen genannten Ablehnungsgründe eng auszulegen (vgl. u. a. Urteile vom 16. Dezember 2010, Stichting Natuur en Milieu u. a.,C‑266/09, EU:C:2010:779, Rn. 52, sowie vom 28. Juli 2011, Office of Communications,C‑71/10, EU:C:2011:525, Rn. 22).

57

Indem Art. 4 Abs. 2 Unterabs. 2 der Richtlinie 2003/4 vorsieht, dass Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse der Bekanntgabe von „Informationen über Emissionen in die Umwelt“ nicht entgegengehalten werden können, ermöglicht er eine konkrete Umsetzung dieser Regel und des Grundsatzes eines möglichst umfassenden Zugangs zu Umweltinformationen, die bei Behörden vorhanden sind oder für diese bereitgehalten werden.

58

Daraus ergibt sich, dass die Begriffe „Emissionen in die Umwelt“ und „Informationen über Emissionen in die Umwelt“ im Sinne von Art. 4 Abs. 2 Unterabs. 2 der Richtlinie 2003/4 entgegen dem Vorbringen insbesondere von Bayer, der deutschen Regierung und der Europäischen Kommission nicht eng auszulegen sind.

59

Die Vorlagefragen sind im Licht dieser Erwägungen zu beantworten.

– Zum Begriff „Emissionen in die Umwelt“

60

Zur Auslegung des Begriffs „Emissionen in die Umwelt“ im Sinne von Art. 4 Abs. 2 Unterabs. 2 der Richtlinie 2003/4 ist festzustellen, ob dieser Begriff – wie insbesondere Bayer, die deutsche Regierung und die Kommission vortragen – von den Begriffen „Ableitungen“ und „Freisetzen“ zu unterscheiden ist und ob er auf die von der Richtlinie 2010/75 erfassten Emissionen, d. h. auf die Emissionen bestimmter dort definierter Industrieanlagen, zu begrenzen ist oder ob dieser Begriff auch das Freisetzen von Produkten oder Stoffen wie Pflanzenschutzmitteln oder Biozid-Produkten oder von in diesen Produkten enthaltenen Stoffen in die Umwelt umfasst.

61

Als Erstes ist zur Frage, ob der Begriff „Emissionen“ von den Begriffen „Ableitungen“ und „Freisetzen“ zu unterscheiden ist, darauf hinzuweisen, dass Art. 2 Nr. 1 Buchst. b der Richtlinie 2003/4, in dem die Faktoren aufgezählt sind, die unter den Begriff „Umweltinformationen“ fallen können, auf den ersten Blick tatsächlich eine solche Unterscheidung vorzunehmen scheint.

62

Zum einen jedoch ist diese Unterscheidung dem Übereinkommen von Århus fremd, das in seinem Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 1 Buchst. d lediglich vorsieht, dass der Schutz von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen einer Bekanntgabe von „Informationen über Emissionen, die für den Schutz der Umwelt von Bedeutung sind“, nicht entgegengehalten werden kann.

63

Zum anderen hat – wie die Generalanwältin in Nr. 59 ihrer Schlussanträge ausgeführt hat – eine Unterscheidung zwischen Emissionen, Ableitungen und sonstigen Freisetzungen keine Bedeutung für das mit der Richtlinie 2003/4 verfolgte Ziel, Umweltinformationen bekannt zu geben, und wäre künstlich.

64

Denn sowohl Emissionen von Gas oder anderen Stoffen in die Atmosphäre als auch ein sonstiges Freisetzen oder sonstige Ableitungen wie das Freisetzen von Stoffen, Zubereitungen, Organismen, Mikroorganismen, Erschütterungen, Wärme oder Lärm in die Umwelt, insbesondere in die Luft, das Wasser oder den Boden, können diese verschiedenen Umweltbestandteile beeinflussen.

65

Zudem decken sich die Begriffe „Emissionen“, „Ableitungen“ und „Freisetzen“ weitgehend, wie die Verwendung des Ausdrucks „sonstiges Freisetzen“ in Art. 2 Nr. 1 Buchst. b der Richtlinie 2003/4 zeigt, woraus sich ergibt, dass Emissionen und Ableitungen ebenfalls ein Freisetzen von Stoffen in die Umwelt darstellen.

66

So stellen zahlreiche Rechtsakte der Union, wie die Richtlinie 2010/75, aber auch die Richtlinie 2004/35/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2004 über Umwelthaftung zur Vermeidung und Sanierung von Umweltschäden (ABl. 2004, L 143, S. 56) und die Verordnung (EG) Nr. 166/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Januar 2006 über die Schaffung eines Europäischen Schadstofffreisetzungs- und ‑verbringungsregisters und zur Änderung der Richtlinien 91/689/EWG und 96/61/EG des Rates (ABl. 2006, L 33, S. 1), die Begriffe „Emissionen“, „Freisetzen“ und „Ableitungen“ weitgehend gleich.

67

Folglich ist für die Auslegung des Begriffs „Emissionen in die Umwelt“ im Sinne von Art. 4 Abs. 2 Unterabs. 2 der Richtlinie 2003/4 zwischen diesem Begriff und den Begriffen „Ableitungen“ und „Freisetzen“ in die Umwelt nicht zu unterscheiden.

68

Als Zweites ist noch zu ermitteln, ob – wie Bayer, die deutsche Regierung und die Kommission vortragen – der Begriff „Emissionen in die Umwelt“ im Sinne von Art. 4 Abs. 2 Unterabs. 2 der Richtlinie 2003/4 auf diejenigen zu begrenzen ist, die von der Richtlinie 2010/75 erfasst werden, d. h. gemäß deren Art. 3 Nr. 4 auf die von Punktquellen oder diffusen Quellen bestimmter Industrieanlagen ausgehende direkte oder indirekte Freisetzung von Stoffen, Erschütterungen, Wärme oder Lärm in die Luft, das Wasser oder den Boden, unter Ausschluss von Emissionen aus anderen Quellen, wie Emissionen aufgrund der Absprühung eines Produkts in die Luft oder seiner Anwendung auf Pflanzen, im Wasser oder auf dem Boden.

69

Zwar schlug der Leitfaden zur Umsetzung des Übereinkommens von Århus in seiner Fassung aus dem Jahr 2000 für die Bestimmung des Begriffs „Emissionen“ vor, auf die in Art. 2 Nr. 5 der Richtlinie 96/61 festgelegte Definition dieses Begriffs zurückzugreifen, die wortgleich in Art. 3 Nr. 4 der Richtlinie 2010/75 übernommen wurde, und verweist in seiner Fassung aus dem Jahr 2014 nunmehr auf die Definition in der letztgenannten Vorschrift.

70

Doch sind nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs die Ausführungen in diesem Leitfaden, der zwar als ein erläuterndes Dokument betrachtet werden kann, das gegebenenfalls neben anderen relevanten Gesichtspunkten für die Auslegung des Übereinkommens von Århus herangezogen werden kann, nicht bindend und haben nicht die normative Geltung, die den Vorschriften dieses Übereinkommens zukommt (vgl. u. a. Urteil vom 19. Dezember 2013, Fish Legal und Shirley, C‑279/12, EU:C:2013:853, Rn. 38 und die dort angeführte Rechtsprechung).

71

Zum einen aber findet sich weder im Übereinkommen von Århus noch in der Richtlinie 2003/4 irgendein Anhaltspunkt für die Annahme, dass der Begriff „Emissionen in die Umwelt“ auf die Emissionen von bestimmten Industrieanlagen zu begrenzen wäre.

72

Zum anderen widerspräche eine solche Begrenzung schon dem Wortlaut von Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 1 Buchst. d dieses Übereinkommens. Denn nach dieser Bestimmung sind Informationen über Emissionen, die für den Schutz der Umwelt von Bedeutung sind, bekannt zu geben. Informationen über Emissionen aus anderen Quellen als Industrieanlagen, wie Emissionen aufgrund der Anwendung von Pflanzenschutzmitteln oder Biozid-Produkten, sind aber für den Umweltschutz ebenso bedeutend wie Informationen über Emissionen aus industriellen Quellen.

73

Zudem verstieße eine Begrenzung des Begriffs „Emissionen in die Umwelt“ im Sinne von Art. 4 Abs. 2 Unterabs. 2 der Richtlinie 2003/4 auf Emissionen von bestimmten Industrieanlagen gegen das mit dieser Richtlinie verfolgte Ziel einer möglichst umfassenden Verbreitung von Umweltinformationen.

74

Daher kann einer solchen Auslegung dieses Begriffs nicht gefolgt werden.

75

Demnach ist der Begriff „Emissionen in die Umwelt“ weder von den Begriffen „Ableitungen“ und „Freisetzen“ zu unterscheiden, noch auf die von der Richtlinie 2010/75 erfassten Emissionen, unter Ausschluss des Freisetzens von Produkten oder Stoffen aus anderen Quellen als Industrieanlagen in die Umwelt, zu begrenzen.

76

Folglich kann der Begriff „Emissionen in die Umwelt“ im Sinne von Art. 4 Abs. 2 Unterabs. 2 der Richtlinie 2003/4 das Freisetzen von Produkten und Stoffen wie Pflanzenschutzmitteln oder Biozid-Produkten und in diesen Produkten enthaltenen Stoffen in die Umwelt nicht ausschließen.

77

Dieser Begriff muss jedoch auf Emissionen beschränkt sein, die nicht nur hypothetisch sind, d. h. auf tatsächliche oder vorhersehbare Emissionen des fraglichen Produkts oder Stoffes unter normalen oder realistischen Anwendungsbedingungen.

78

Insoweit genügt das bloße Inverkehrbringen eines Produkts im Allgemeinen zwar nicht für die Annahme, dass dieses Produkt zwangsläufig in die Umwelt freigesetzt wird und die Informationen zu diesem Produkt „Informationen über Emissionen in die Umwelt“ sind. Etwas anderes gilt jedoch bei einem Produkt wie einem Pflanzenschutzmittel oder Biozid-Produkt, das im Rahmen einer normalen Anwendung schon aufgrund seiner Funktion dazu bestimmt ist, in die Umwelt freigesetzt zu werden. Somit sind die vorhersehbaren Emissionen dieses Produkts in die Umwelt in dem zuletzt genannten Fall nicht nur hypothetisch.

79

Unter den Begriff „Emissionen in die Umwelt“ fallen daher Emissionen, die bei der Anwendung des fraglichen Produkts oder Stoffes tatsächlich in die Umwelt freigesetzt werden, sowie Emissionen dieses Produkts oder Stoffes in die Umwelt, die vorhersehbar sind, wenn das Produkt oder der Stoff unter normalen oder realistischen Bedingungen angewandt wird, die denen entsprechen, für die die Genehmigung für das Inverkehrbringen des fraglichen Produkts erteilt wird, und in dem Gebiet vorherrschen, in der dieses Produkt angewandt werden soll.

80

Rein hypothetische Emissionen können dagegen, wie die Generalanwältin in den Nrn. 82 und 83 ihrer Schlussanträge ausgeführt hat, von diesem Begriff nicht erfasst werden. Aus Art. 1 der Richtlinie 2003/4 in Verbindung mit deren Art. 2 Nr. 1 geht nämlich hervor, dass es Ziel dieser Richtlinie ist, das Recht auf Zugang zu Informationen über Faktoren wie die Emissionen, die sich auf die Umweltbestandteile – insbesondere Luft, Wasser und Boden – auswirken oder wahrscheinlich auswirken, zu gewährleisten. Dies ist bei rein hypothetischen Emissionen aber definitionsgemäß nicht der Fall.

81

Nach alledem ist der Begriff „Emissionen in die Umwelt“ im Sinne von Art. 4 Abs. 2 Unterabs. 2 der Richtlinie 2003/4 dahin auszulegen, dass er u. a. das Freisetzen von Produkten oder Stoffen wie Pflanzenschutzmitteln oder Biozid-Produkten und in diesen Produkten enthaltenen Stoffen in die Umwelt erfasst, sofern dieses Freisetzen unter normalen oder realistischen Anwendungsbedingungen tatsächlich stattfindet oder vorhersehbar ist.

– Zum Begriff „Informationen über Emissionen in die Umwelt“

82

Bei der Frage, ob die in Rn. 50 des vorliegenden Urteils genannten verschiedenen Kategorien von Informationen unter den Begriff „Informationen über Emissionen in die Umwelt“ im Sinne von Art. 4 Abs. 2 Unterabs. 2 der Richtlinie 2003/4 fallen, ist als Erstes zu prüfen, ob dieser Begriff, wie die niederländische Regierung vorträgt, nur die Informationen über Emissionen des fraglichen Pflanzenschutzmittels oder Biozid-Produkts – oder der in diesem Produkt enthaltenen Stoffe – als solche erfasst, d. h. die Angaben über Art, Zusammensetzung, Menge, Zeitpunkt und Ort dieser Emissionen, oder ob auch Daten über die Auswirkungen dieser Emissionen auf die Umwelt unter diesen Begriff fallen.

83

Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass diese Bestimmung je nach Sprachfassung einen unterschiedlichen Wortlaut hat. Während ihre französische Sprachfassung auf „informations relatives à des émissions dans l’environnement“ (Informationen zu Emissionen in die Umwelt) Bezug nimmt, verwendet eine Reihe anderer Sprachfassungen die Wendung „informations sur des émissions dans l’environnement“ (Informationen über Emissionen in die Umwelt). Im Einzelnen verweist die deutsche Sprachfassung auf „Informationen über Emissionen in die Umwelt“, die italienische auf „informazioni sulle emissioni nell’ambiente“ und die englische auf „information on emissions into the environment“.

84

Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs erfordert die Notwendigkeit einer einheitlichen Auslegung einer Bestimmung des Unionsrechts, dass sie, wenn ihre verschiedenen Sprachfassungen voneinander abweichen, anhand des Kontexts und dem Zweck der Regelung ausgelegt werden muss, zu der sie gehört (vgl. u. a. Urteil vom 15. Oktober 2015, Grupo Itevelesa u. a.,C‑168/14, EU:C:2015:685, Rn. 42 und die dort angeführte Rechtsprechung).

85

Wie in Rn. 55 des vorliegenden Urteils dargelegt worden ist, hat die Richtlinie 2003/4 das Ziel, einen grundsätzlichen Zugang zu Umweltinformationen, die bei Behörden vorhanden sind oder für sie bereitgehalten werden, zu gewährleisten und eine möglichst umfassende und systematische Verfügbarkeit und Verbreitung dieser Informationen in der Öffentlichkeit zu erreichen. Wie im ersten Erwägungsgrund der Richtlinie angegeben wird, sollen ein solcher Zugang und eine solche Verbreitung u. a. dazu beitragen, das Umweltbewusstsein zu schärfen und eine wirksamere Teilnahme der Öffentlichkeit an Entscheidungsverfahren in Umweltfragen zu ermöglichen (vgl. u. a. Urteil vom 28. Juli 2011, Office of Communications,C‑71/10, EU:C:2011:525, Rn. 26).

86

Für diese Zwecke muss die Öffentlichkeit aber nicht nur Zugang zu den Informationen über Emissionen als solche haben, sondern auch zu den Informationen über die mehr oder weniger langfristigen Folgen dieser Emissionen auf den Zustand der Umwelt, wie die Auswirkungen dieser Emissionen auf Nichtzielorganismen. Das Interesse der Öffentlichkeit am Zugang zu Informationen über Emissionen in die Umwelt besteht nämlich gerade darin, nicht nur zu erfahren, was in die Umwelt freigesetzt wird oder wahrscheinlich freigesetzt werden wird, sondern auch – wie die Generalanwältin in Nr. 86 ihrer Schlussanträge ausgeführt hat – zu verstehen, wie die Umwelt von den fraglichen Emissionen beeinträchtigt zu werden droht.

87

Folglich ist der Begriff „Informationen über Emissionen in die Umwelt“ im Sinne von Art. 4 Abs. 2 Unterabs. 2 der Richtlinie 2003/4 dahin auszulegen, dass er nicht nur die Informationen über Emissionen als solche erfasst, d. h. die Angaben über Art, Zusammensetzung, Menge, Zeitpunkt und Ort dieser Emissionen, sondern auch die Daten über die mehr oder weniger langfristigen Auswirkungen dieser Emissionen auf die Umwelt.

88

Nachdem dies festgestellt worden ist, ist als Zweites zu prüfen, ob der Umstand, dass die fraglichen Daten aus (Semi‑)Feldstudien, aus Laboruntersuchungen oder auch aus Translokationsstudien stammen, d. h. aus Studien zur Analyse der Migration des fraglichen Produkts oder Stoffes in der Pflanze, eine Auswirkung auf die Qualifizierung als „Informationen über Emissionen in die Umwelt“ im Sinne von Art. 4 Abs. 2 Unterabs. 2 der Richtlinie 2003/4 hat, und insbesondere, ob Daten, die Laboruntersuchungen entnommen wurden, unter diesen Begriff fallen können.

89

Auf diese Frage ist zu antworten, dass dieser Umstand als solcher nicht entscheidend ist. Denn es ist nicht so sehr von Bedeutung, dass die fraglichen Daten aus (Semi‑)Feldstudien, aus Laboruntersuchungen oder auch aus Translokationsstudien stammen, sondern, dass diese Studien zum Ziel haben, „Emissionen in die Umwelt“ im Sinne von Art. 4 Abs. 2 Unterabs. 2 der Richtlinie 2003/4 – d. h., wie in den Rn. 77 und 78 des vorliegenden Urteils dargelegt worden ist, die tatsächlichen oder vorhersehbaren Emissionen des fraglichen Produkts oder Stoffes in die Umwelt unter Umständen, die für normale oder realistische Bedingungen der Anwendung des Produkts oder Stoffes repräsentativ sind – zu beurteilen oder die Auswirkungen dieser Emissionen zu analysieren.

90

Daher würden insbesondere Daten aus Versuchen, mit denen die Auswirkungen der Anwendung einer Dosis des fraglichen Produkts oder Stoffs, die deutlich höher als die höchste Dosis ist, für die die Genehmigung für das Inverkehrbringen erteilt wird und die in der Praxis angewandt wird, oder in einer viel höheren Konzentration untersucht werden sollen, keine „Informationen über Emissionen in die Umwelt“ darstellen, da sich solche Daten auf Emissionen beziehen, die unter normalen oder realistischen Anwendungsbedingungen nicht vorhersehbar sind.

91

Entgegen dem Vorbringen der Kommission fallen unter den Begriff „Informationen über Emissionen in die Umwelt“ dagegen Studien, mit denen die Toxizität, die Auswirkungen und andere Gesichtspunkte eines Produkts oder Stoffes unter den ungünstigsten realistischen Bedingungen, die vernünftigerweise erwartet werden können, ermittelt werden sollen, und Studien, die unter Bedingungen durchgeführt werden, die der normalen landwirtschaftlichen Praxis so nahe wie möglich kommen und in dem Gebiet vorherrschen, in dem dieses Produkt oder dieser Stoff angewandt wird.

92

Als Drittes ist in Bezug auf die Frage, ob Informationen über die Rückstände in der Umwelt nach der Anwendung des fraglichen Produkts und Studien zur Messung der Stoffdrift bei dieser Anwendung „Informationen über Emissionen in die Umwelt“ im Sinne von Art. 4 Abs. 2 Unterabs. 2 der Richtlinie 2003/4 darstellen, zum einen darauf hinzuweisen, dass gemäß Art. 2 Nr. 2 der Richtlinie 91/414, Art. 2 Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie 98/8 und Art. 3 Nr. 1 der Verordnung Nr. 1107/2009 Rückstände Stoffe sind, die insbesondere in oder auf Pflanzen oder anderweitig in der Umwelt vorhanden sind und deren Vorhandensein von der Anwendung von Pflanzenschutzmitteln oder Biozid-Produkten herrührt, einschließlich ihrer Metaboliten und Abbau- oder Reaktionsprodukte.

93

So wird das Vorhandensein von Rückständen in der Umwelt durch Emissionen des fraglichen Produkts oder der in diesem Produkt enthaltenen Stoffe in die Umwelt verursacht. Es handelt sich also um eine Folge dieser Emissionen. Dies ist nicht nur bei den Überresten der in die Luft abgesprühten oder durch das fragliche Produkt auf Pflanzen, auf den Boden oder auch auf Nichtzielorganismen abgelagerten Stoffen der Fall, sondern auch bei den Metaboliten dieser Stoffe und deren Abbau- oder Reaktionsprodukten. Auch wenn die Metaboliten das Ergebnis der Umwandlung der in dem fraglichen Produkt enthaltenen Stoffe sind, sind sie nämlich eine Folge der Emission dieses Produkts und dieser Stoffe in die Umwelt.

94

Zum anderen ist darauf hinzuweisen, dass man unter der Drift die Beförderung von Tröpfchen oder Dampf von Pflanzenschutzmitteln oder Biozid-Produkten durch die Luft aus dem Zielgebiet der Behandlung versteht. Daher handelt es sich ebenfalls um eine Folge der Emission dieser Produkte oder Stoffe in die Umwelt.

95

Folglich fallen Informationen über die Rückstände in der Umwelt nach der Anwendung des betreffenden Produkts und Studien zur Messung der Stoffdrift bei dieser Anwendung unter den Begriff „Informationen über Emissionen in die Umwelt“ im Sinne von Art. 4 Abs. 2 Unterabs. 2 der Richtlinie 2003/4.

96

Nach alledem ist festzustellen, dass die Angaben über Art, Zusammensetzung, Menge, Zeitpunkt und Ort der „Emissionen in die Umwelt“ der Pflanzenschutzmittel und Biozid-Produkte und der in diesen Produkten enthaltenen Stoffe sowie die Daten über die mehr oder weniger langfristigen Auswirkungen dieser Emissionen auf die Umwelt, insbesondere Informationen über die Rückstände in der Umwelt nach der Anwendung des betreffenden Produkts und Studien zur Messung der Stoffdrift bei dieser Anwendung, unabhängig davon, ob diese Daten aus (Semi‑)Feldstudien, aus Laboruntersuchungen oder aus Translokationsstudien stammen, unter den Begriff „Informationen über Emissionen in die Umwelt“ fallen.

97

Entgegen dem Vorbringen von Bayer und der deutschen Regierung verstößt diese Auslegung von Art. 4 Abs. 2 Unterabs. 2 der Richtlinie 2003/4 im Übrigen weder gegen die Art. 16 und 17 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden: Charta) über die unternehmerische Freiheit und das Eigentumsrecht, noch gegen Art. 39 Abs. 3 des TRIPS-Übereinkommens, der die Vertraulichkeit der nicht offengelegten Daten gewährleistet, die eine Person vorgelegt hat, die einen Antrag auf Genehmigung für das Inverkehrbringen von pharmazeutischen oder chemischen Erzeugnissen gestellt hat. Sie nimmt auch Art. 63 der Verordnung Nr. 1107/2009, in dessen Abs. 2 die Daten aufgeführt sind, bei denen in der Regel davon auszugehen ist, dass ihre Offenlegung u. a. den Schutz der wirtschaftlichen Interessen beeinträchtigt und für die jede Person gemäß Art. 63 Abs. 1 dieser Verordnung beantragen kann, dass sie vertraulich behandelt werden sollen, nicht seine praktische Wirksamkeit.

98

Was zum einen die Art. 16 und 17 der Charta und Art. 39 Abs. 3 des TRIPS-Übereinkommens anbelangt, ist nämlich darauf hinzuweisen, dass nach Art. 52 Abs. 1 der Charta die von ihr gewährleisteten Rechte gewissen Einschränkungen unterliegen können, wenn diese Einschränkungen gesetzlich vorgesehen sind, den Wesensgehalt dieser Rechte und Freiheiten achten, erforderlich sind und den von der Union anerkannten dem Gemeinwohl dienenden Zielsetzungen tatsächlich entsprechen. Außerdem gestattet Art. 39 Abs. 3 des TRIPS-Übereinkommens die Offenbarung der Daten, die eine Person, die einen Antrag auf Genehmigung für das Inverkehrbringen eines pharmazeutischen oder chemischen Erzeugnisses gestellt hat, vorgelegt hat, wenn die Offenbarung zum Schutz der Öffentlichkeit notwendig ist.

99

Im Rahmen einer Abwägung der durch die Art. 16 und 17 der Charta und durch Art. 39 Abs. 3 des TRIPS-Übereinkommens gewährleisteten Rechte gegen die Ziele des Umweltschutzes und einer möglichst umfassenden Verbreitung von Umweltinformationen hat es der Unionsgesetzgeber gemäß dem ihm zur Verfügung stehenden Ermessen zur Gewährleistung der Verwirklichung dieser Ziele aber für erforderlich gehalten, vorzusehen, dass ein Antrag auf Zugang zu „Informationen über Emissionen in die Umwelt“ in Anbetracht der Erheblichkeit und der Bedeutung dieser Informationen für den Umweltschutz nur mit der Begründung abgelehnt werden kann, dass deren Bekanntgabe negative Auswirkungen auf Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse hätte.

100

Insoweit führt die sich aus Rn. 96 des vorliegenden Urteils ergebende Auslegung des Begriffs „Informationen über Emissionen in die Umwelt“ keineswegs dazu, dass alle Daten in den Akten über eine Genehmigung für das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln oder Biozid-Produkten, insbesondere alle Daten aus den Studien, die zur Erteilung dieser Genehmigung durchgeführt wurden, unter diesen Begriff fallen und immer offenzulegen wären. Denn nur die sich auf „Emissionen in die Umwelt“ beziehenden Daten werden von diesem Begriff erfasst, was insbesondere nicht nur die Informationen ausschließt, die nicht die Emissionen des fraglichen Produkts in die Umwelt betreffen, sondern auch – wie aus den Rn. 77 bis 80 des vorliegenden Urteils hervorgeht – die Daten, die sich auf hypothetische Emissionen beziehen, d. h. Emissionen, die unter Umständen, die für normale oder realistische Anwendungsbedingungen repräsentativ sind, nicht tatsächlich stattfinden oder vorhersehbar sind. Diese Auslegung führt daher nicht zu einer unverhältnismäßigen Beeinträchtigung des Schutzes der durch die Art. 16 und 17 der Charta und durch Art. 39 Abs. 3 des TRIPS-Übereinkommens gewährleisteten Rechte.

101

Was zum anderen Art. 63 der Verordnung Nr. 1107/2009 betrifft, ist daran zu erinnern, dass dieser Artikel – wie in Rn. 43 des vorliegenden Urteils dargelegt worden ist – unbeschadet der Richtlinie 2003/4 gilt. Somit ergibt sich aus diesem Artikel keineswegs, dass die dort genannten Daten nicht als „Informationen über Emissionen in die Umwelt“ eingestuft oder gemäß dieser Richtlinie niemals offengelegt werden könnten.

102

Außerdem nimmt die sich aus Rn. 96 des vorliegenden Urteils ergebende Auslegung Art. 63 der Verordnung Nr. 1107/2009 nicht seine praktische Wirksamkeit. Die in seinem Abs. 2 aufgestellte Vermutung gestattet es der zuständigen Behörde nämlich, davon auszugehen, dass die unter diese Bestimmung fallenden Informationen, die eine Person, die den Antrag auf Genehmigung für das Inverkehrbringen gestellt hat, vorgelegt hat, grundsätzlich vertraulich sind und der Öffentlichkeit nicht zur Verfügung gestellt werden können, wenn nicht ein Antrag auf Zugang zu diesen Informationen auf der Grundlage der Richtlinie 2003/4 gestellt wurde. Diese Vermutung gewährleistet es diesem Antragsteller auch, dass die zuständige Behörde in dem Fall, dass ein Zugangsantrag gestellt wird, diese Informationen nur offenlegen kann, nachdem sie bezüglich jeder einzelnen Information geprüft hat, ob es sich um Informationen über Emissionen in die Umwelt handelt oder ob diese Offenlegung durch ein anderes überwiegendes öffentliches Interesse gerechtfertigt ist.

– Ergebnis

103

In Anbetracht der vorstehenden Erwägungen ist auf die Fragen 3 bis 7 und 9 zu antworten, dass Art. 4 Abs. 2 Unterabs. 2 der Richtlinie 2003/4 dahin auszulegen ist, dass

das Freisetzen von Produkten oder Stoffen wie Pflanzenschutzmitteln oder Biozid-Produkten und in diesen Produkten enthaltenen Stoffen in die Umwelt unter den Begriff „Emissionen in die Umwelt“ im Sinne dieser Bestimmung fällt, sofern dieses Freisetzen unter normalen oder realistischen Anwendungsbedingungen tatsächlich stattfindet oder vorhersehbar ist;

die Angaben über Art, Zusammensetzung, Menge, Zeitpunkt und Ort der „Emissionen in die Umwelt“ dieser Produkte oder Stoffe sowie die Daten über die mehr oder weniger langfristigen Auswirkungen dieser Emissionen auf die Umwelt, insbesondere Informationen über die Rückstände in der Umwelt nach der Anwendung des betreffenden Produkts und Studien zur Messung der Stoffdrift bei dieser Anwendung, unabhängig davon, ob diese Daten aus (Semi‑)Feldstudien, aus Laboruntersuchungen oder aus Translokationsstudien stammen, unter den Begriff „Informationen über Emissionen in die Umwelt“ im Sinne dieser Bestimmung fallen.

Zur achten Frage

104

Mit seiner achten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 4 Abs. 2 Unterabs. 2 der Richtlinie 2003/4 dahin auszulegen ist, dass bei einem Antrag auf Zugang zu Informationen über Emissionen in die Umwelt die Quelle dieser Informationen vollständig oder nur die aus ihr abzuleitenden einschlägigen Daten offengelegt werden müssen.

105

Aus dieser Bestimmung ergibt sich, dass einem Antrag auf Zugang zu Umweltinformationen die in Art. 4 Abs. 2 Unterabs. 1 Buchst. a, d, f bis h der Richtlinie 2003/4 genannten Gründe nicht entgegengehalten werden dürfen, sofern sich der Antrag auf Informationen über Emissionen in die Umwelt bezieht. Hätte somit die Bekanntgabe der beantragten Informationen negative Auswirkungen auf ein in dieser Bestimmung genanntes Interesse, sind daher nur die aus der Informationsquelle abzuleitenden einschlägigen Daten bekannt zu geben, die Emissionen in die Umwelt betreffen, wenn sich diese Daten von den übrigen in dieser Quelle enthaltenen Informationen trennen lassen, was das vorlegende Gericht zu prüfen hat.

106

Demnach ist auf die achte Frage zu antworten, dass Art. 4 Abs. 2 Unterabs. 2 der Richtlinie 2003/4 dahin auszulegen ist, dass bei einem Antrag auf Zugang zu Informationen über Emissionen in die Umwelt, deren Bekanntgabe negative Auswirkungen auf ein in Art. 4 Abs. 2 Unterabs. 1 Buchst. a, d, f bis h der Richtlinie genanntes Interesse hätte, nur die aus der Informationsquelle abzuleitenden einschlägigen Daten, die Emissionen in die Umwelt betreffen, bekannt zu geben sind, wenn sich diese Daten von den übrigen in dieser Quelle enthaltenen Informationen trennen lassen, was das vorlegende Gericht zu prüfen hat.

Kosten

107

Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem beim vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

 

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Fünfte Kammer) für Recht erkannt:

 

1.

Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 2003/4/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2003 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Umweltinformationen und zur Aufhebung der Richtlinie 90/313/EWG des Rates ist dahin auszulegen, dass der Umstand, dass die Person, die einen Antrag auf Genehmigung für das Inverkehrbringen eines Pflanzenschutzmittels oder Biozid-Produkts gestellt hat, in dem für die Erteilung dieser Genehmigung vorgesehenen Verfahren nicht um vertrauliche Behandlung der im Rahmen dieses Verfahrens vorgelegten Informationen gemäß Art. 14 der Richtlinie 91/414/EWG des Rates vom 15. Juli 1991 über das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln, Art. 19 der Richtlinie 98/8/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Februar 1998 über das Inverkehrbringen von Biozid-Produkten oder Art. 33 Abs. 4 und Art. 63 der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Oktober 2009 über das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln und zur Aufhebung der Richtlinien 79/117/EWG und 91/414/EWG des Rates ersucht hat, die zuständige Behörde, bei der ein Dritter nach Abschluss des Genehmigungsverfahrens Zugang zu diesen Informationen auf der Grundlage der Richtlinie 2003/4 beantragt, nicht daran hindert, den gegen diesen Zugangsantrag gerichteten Widerspruch der Person, die den Genehmigungsantrag gestellt hat, zu prüfen und gegebenenfalls den Zugangsantrag gemäß Art. 4 Abs. 2 Unterabs. 1 Buchst. d der Richtlinie 2003/4 mit der Begründung abzulehnen, dass die Bekanntgabe dieser Informationen negative Auswirkungen auf die Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse hätte.

 

2.

Art. 4 Abs. 2 Unterabs. 2 der Richtlinie 2003/4 ist dahin auszulegen, dass

das Freisetzen von Produkten oder Stoffen wie Pflanzenschutzmitteln oder Biozid-Produkten und in diesen Produkten enthaltenen Stoffen in die Umwelt unter den Begriff „Emissionen in die Umwelt“ im Sinne dieser Bestimmung fällt, sofern dieses Freisetzen unter normalen oder realistischen Anwendungsbedingungen tatsächlich stattfindet oder vorhersehbar ist;

die Angaben über Art, Zusammensetzung, Menge, Zeitpunkt und Ort der „Emissionen in die Umwelt“ dieser Produkte oder Stoffe sowie die Daten über die mehr oder weniger langfristigen Auswirkungen dieser Emissionen auf die Umwelt, insbesondere Informationen über die Rückstände in der Umwelt nach der Anwendung des betreffenden Produkts und Studien zur Messung der Stoffdrift bei dieser Anwendung, unabhängig davon, ob diese Daten aus (Semi‑)Feldstudien, aus Laboruntersuchungen oder aus Translokationsstudien stammen, unter den Begriff „Informationen über Emissionen in die Umwelt“ im Sinne dieser Bestimmung fallen.

 

3.

Art. 4 Abs. 2 Unterabs. 2 der Richtlinie 2003/4 ist dahin auszulegen, dass bei einem Antrag auf Zugang zu Informationen über Emissionen in die Umwelt, deren Bekanntgabe negative Auswirkungen auf ein in Art. 4 Abs. 2 Unterabs. 1 Buchst. a, d, f bis h der Richtlinie genanntes Interesse hätte, nur die aus der Informationsquelle abzuleitenden einschlägigen Daten, die Emissionen in die Umwelt betreffen, bekannt zu geben sind, wenn sich diese Daten von den übrigen in dieser Quelle enthaltenen Informationen trennen lassen, was das vorlegende Gericht zu prüfen hat.

 

Unterschriften


( *1 ) Verfahrenssprache: Niederländisch.