URTEIL DES GERICHTSHOFS (Zweite Kammer)

21. Dezember 2016 ( *1 )

„Vorlage zur Vorabentscheidung — Unionsmarke — Verordnung (EG) Nr. 207/2009 — Art. 9 Abs. 1 Buchst. b — Art. 15 Abs. 1 — Art. 51 Abs. 1 Buchst. a — Umfang des ausschließlichen Rechts des Inhabers — Fünfjahreszeitraum nach der Eintragung“

In der Rechtssache C‑654/15

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Högsta domstol (Oberster Gerichtshof, Schweden) mit Entscheidung vom 3. Dezember 2015, beim Gerichtshof eingegangen am 7. Dezember 2015, in dem Verfahren

Länsförsäkringar AB

gegen

Matek A/S

erlässt

DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten M. Ilešič (Berichterstatter), der Richterin A. Prechal, des Richters A. Rosas, der Richterin C. Toader und des Richters E. Jarašiūnas,

Generalanwalt: M. Campos Sánchez-Bordona,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

der Matek A/S, vertreten durch S. Wendén und M. Yngner, advokater,

der Europäischen Kommission, vertreten durch T. Scharf und K. Simonsson als Bevollmächtigte,

aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 9 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 des Rates vom 26. Februar 2009 über die [Unionsmarke] (ABl. 2009, L 78, S. 1).

2

Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Länsförsäkringar AB und der Matek A/S betreffend eine mutmaßliche Verletzung des ausschließlichen Rechts von Länsförsäkringar als Inhaberin einer Unionsmarke durch Matek.

Rechtlicher Rahmen

3

Der zehnte Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 207/2009 lautet:

„Der Schutz der [Unionsmarke] sowie jeder eingetragenen älteren Marke, die ihr entgegensteht, ist nur insoweit berechtigt, als diese Marken tatsächlich benutzt werden.“

4

Art. 9 („Recht aus der [Unionsmarke]“) Abs. 1 der Verordnung Nr. 207/2009 sieht vor:

„Die [Unionsmarke] gewährt ihrem Inhaber ein ausschließliches Recht. Dieses Recht gestattet es dem Inhaber, Dritten zu verbieten, ohne seine Zustimmung im geschäftlichen Verkehr

b)

ein Zeichen zu benutzen, wenn wegen der Identität oder Ähnlichkeit des Zeichens mit der [Unionsmarke] und der Identität oder Ähnlichkeit der durch die [Unionsmarke] und das Zeichen erfassten Waren oder Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen besteht; dabei schließt die Gefahr von Verwechslungen die Gefahr ein, dass das Zeichen mit der Marke gedanklich in Verbindung gebracht wird;

…“

5

Art. 15 („Benutzung der [Unionsmarke]“) Abs. 1 der Verordnung Nr. 207/2009 bestimmt:

„Hat der Inhaber die [Unionsmarke] für die Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen ist, innerhalb von fünf Jahren, gerechnet von der Eintragung an, nicht ernsthaft in der [Union] benutzt, oder hat er eine solche Benutzung während eines ununterbrochenen Zeitraums von fünf Jahren ausgesetzt, so unterliegt die [Unionsmarke] den in dieser Verordnung vorgesehenen Sanktionen, es sei denn, dass berechtigte Gründe für die Nichtbenutzung vorliegen.

…“

6

Art. 51 („Verfallsgründe“) der Verordnung Nr. 207/2009 sieht vor:

(1)   Die [Unionsmarke] wird auf Antrag beim Amt [der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO)] oder auf Widerklage im Verletzungsverfahren für verfallen erklärt,

a)

wenn die Marke innerhalb eines ununterbrochenen Zeitraums von fünf Jahren in der [Union] für die Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen ist, nicht ernsthaft benutzt worden ist und keine berechtigten Gründe für die Nichtbenutzung vorliegen; der Verfall der Rechte des Inhabers kann jedoch nicht geltend gemacht werden, wenn nach Ende dieses Zeitraums und vor Antragstellung oder vor Erhebung der Widerklage die Benutzung der Marke ernsthaft begonnen oder wieder aufgenommen worden ist; wird die Benutzung jedoch innerhalb eines nicht vor Ablauf des ununterbrochenen Zeitraums von fünf Jahren der Nichtbenutzung beginnenden Zeitraums von drei Monaten vor Antragstellung oder vor Erhebung der Widerklage begonnen oder wieder aufgenommen, so bleibt sie unberücksichtigt, sofern die Vorbereitungen für die erstmalige oder die erneute Benutzung erst stattgefunden haben, nachdem der Inhaber Kenntnis davon erhalten hat, dass der Antrag gestellt oder die Widerklage erhoben werden könnte;

(2)   Liegt ein Verfallsgrund nur für einen Teil der Waren oder Dienstleistungen vor, für die die [Unionsmarke] eingetragen ist, so wird sie nur für diese Waren oder Dienstleistungen für verfallen erklärt.“

7

Art. 55 („Wirkungen des Verfalls und der Nichtigkeit“) Abs. 1 der Verordnung Nr. 207/2009 lautet:

„Die in dieser Verordnung vorgesehenen Wirkungen der [Unionsmarke] gelten in dem Umfang, in dem die Marke für verfallen erklärt wird, als von dem Zeitpunkt der Antragstellung oder der Erhebung der Widerklage an nicht eingetreten. In der Entscheidung kann auf Antrag einer Partei ein früherer Zeitpunkt, zu dem einer der Verfallsgründe eingetreten ist, festgesetzt werden.“

8

In Art. 99 („Vermutung der Rechtsgültigkeit; Einreden“) der Verordnung Nr. 207/2009 heißt es:

„(1)   Die [Unionsmarkengerichte] haben von der Rechtsgültigkeit der [Unionsmarke] auszugehen, sofern diese nicht durch den Beklagten mit einer Widerklage auf Erklärung des Verfalls oder der Nichtigkeit angefochten wird.

(3)   Gegen Klagen gemäß Artikel 96 Buchstaben a und c ist der Einwand des Verfalls oder der Nichtigkeit der [Unionsmarke], der nicht im Wege der Widerklage erhoben wird, insoweit zulässig, als sich der Beklagte darauf beruft, dass die [Unionsmarke] wegen mangelnder Benutzung für verfallen oder wegen eines älteren Rechts des Beklagten für nichtig erklärt werden könnte.“

9

Die Verordnung Nr. 207/2009 wurde durch die Verordnung (EU) 2015/2424 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2015 (ABl. 2015, L 341, S. 21) geändert, die am 23. März 2016 in Kraft getreten ist.

10

Nach der letztgenannten Verordnung erhielt Art. 99 Abs. 3 der Verordnung Nr. 207/2009 folgende Fassung:

„Gegen Klagen gemäß Artikel 96 Buchstaben a und c ist der Einwand des Verfalls der Unionsmarke, der nicht im Wege der Widerklage erhoben wird, insoweit zulässig, als sich der Beklagte darauf beruft, dass die Unionsmarke wegen mangelnder ernsthafter Benutzung zum Zeitpunkt der Verletzungsklage für verfallen erklärt werden könnte.“

Ausgangsverfahren und Vorlagefragen

11

Länsförsäkringar ist im Bereich Bankwesen, Fondsplatzierung und Versicherungen tätig und Inhaberin der Unionsbildmarke Nr. 005423116. Diese Marke wurde am 4. Januar 2008 u. a. für Dienstleistungen der Klassen 36 und 37 im Sinne des Abkommens von Nizza über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken vom 15. Juni 1957 in revidierter und geänderter Fassung (im Folgenden: Abkommen von Nizza) eingetragen. Die Eintragung umfasst in der Klasse 36 u. a. Immobilienwesen, Bewertung von Immobilien, Vermietung von Wohnungen und Geschäftsräumen sowie Immobilienverwaltung und in der Klasse 37 Bauwesen, Reparaturwesen sowie Installationsarbeiten.

12

Die Haupttätigkeit von Matek besteht in der Herstellung und Montage von Holzhäusern. Im Rahmen dieser Tätigkeit begann diese Gesellschaft im Laufe des Jahres 2007, ein Logo zu verwenden, das sie im Laufe des Jahres 2009 für Waren der Klasse 19 im Sinne des Abkommens von Nizza – die „Baumaterialien (nicht aus Metall); Rohre (nicht aus Metall) für Bauzwecke; Asphalt, Pech und Bitumen; transportable Bauten (nicht aus Metall); Denkmäler (nicht aus Metall)“ umfasst – eintragen ließ.

13

Länsförsäkringar war der Auffassung, dass Matek mit der Verwendung dieses Logos in den Jahren 2008 bis 2011 das ausschließliche Recht aus ihrer Unionsmarke verletzt habe, und beantragte deshalb beim Stockholms tingsrätt (Gericht erster Instanz Stockholm, Schweden) gestützt auf Art. 9 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009, Matek unter Androhung von Ordnungsgeld zu untersagen, in Schweden im geschäftlichen Verkehr Zeichen zu benutzen, die dieser Marke ähnlich sind. Diesem Antrag gab das Stockholms tingsrätt (Gericht erster Instanz Stockholm) statt.

14

Das Svea hovrätt (Berufungsgericht Svea, Schweden) hob diese Entscheidung auf. Denn es war zwar der Ansicht, dass das von Matek benutzte Logo der für Länsförsäkringar eingetragenen Unionsmarke ähnlich sei, nahm aber – im Gegensatz zum Stockholms tingsrätt (Gericht erster Instanz Stockholm) – den Standpunkt ein, dass die Prüfung der Ähnlichkeit der betreffenden Waren und Dienstleistungen nicht auf der Grundlage der formellen Eintragung dieser Marke durchzuführen sei, sondern auf der Grundlage der von der Inhaberin tatsächlich ausgeübten Tätigkeit. Das Svea hovrätt (Berufungsgericht Svea) gelangte daher zu dem Schluss, dass im Rahmen einer Gesamtbeurteilung im vorliegenden Fall keine Verwechslungsgefahr festgestellt werden könne.

15

Länsförsäkringar legte bei dem vorlegenden Gericht, dem Högsta domstol (Oberster Gerichtshof, Schweden), Rechtsmittel ein und machte geltend, dass die Beurteilung der Verwechslungsgefahr im Sinne von Art. 9 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 während der fünf Jahre nach der Eintragung einer Unionsmarke nur anhand dieser Eintragung und nicht anhand der tatsächlichen Benutzung der betreffenden Marke zu erfolgen habe.

16

Nach Auffassung des vorlegenden Gerichts gibt die Rechtsprechung des Gerichtshofs keinen Aufschluss darüber, welche Bedeutung die Eintragung im Verhältnis zur tatsächlichen Benutzung einer Unionsmarke für die Anwendung von Art. 9 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 in Fällen hat, in denen ein Dritter ein der Marke ähnliches Zeichen innerhalb des Zeitraums von fünf Jahren nach ihrer Eintragung ohne Zustimmung im geschäftlichen Verkehr benutzt.

17

Unter diesen Umständen hat der Högsta domstol (Oberster Gerichtshof) beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

1.

Ist es von Bedeutung für das ausschließliche Recht des Markeninhabers, dass er die Unionsmarke für Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen ist, innerhalb von fünf Jahren ab ihrer Eintragung in der Union nicht ernsthaft benutzt hat?

2.

Falls Frage 1 zu bejahen ist: Unter welchen Voraussetzungen und wie wirkt sich dieser Umstand auf das ausschließliche Recht aus?

Zu den Vorlagefragen

18

Mit seinen Fragen, die zusammen zu prüfen sind, möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 9 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 dahin auszulegen ist, dass der Markeninhaber während des Zeitraums von fünf Jahren nach der Eintragung einer Unionsmarke Dritten im Fall einer Verwechslungsgefahr verbieten kann, im geschäftlichen Verkehr ein mit seiner Marke identisches oder ihr ähnliches Zeichen für alle Waren und Dienstleistungen zu benutzen, die mit denen, für die diese Marke eingetragen ist, identisch oder ihnen ähnlich sind, ohne eine ernsthafte Benutzung der Marke für diese Waren oder Dienstleistungen belegen zu müssen.

19

Matek ist der Auffassung, dass Art. 9 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 nur dann anzuwenden sei, wenn die fragliche Unionsmarke tatsächlich benutzt werde.

20

Demgegenüber ist die Europäische Kommission der Ansicht, dass sich aus einer Zusammenschau dieser Bestimmung mit Art. 15 Abs. 1 und Art. 51 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 207/2009 ergebe, dass das ausschließliche Recht des Inhabers innerhalb eines Zeitraums von fünf Jahren ab der Eintragung der betreffenden Marke für alle Waren und Dienstleistungen gelte, für die sie eingetragen sei, unabhängig davon, ob sie für diese Waren oder Dienstleistungen in der Union ernsthaft benutzt worden sei. Nach dem Ende dieses Zeitraums obliege es demjenigen, gegen den eine Verletzungsklage erhoben werde, gemäß Art. 99 Abs. 3 dieser Verordnung geltend zu machen, dass die Marke wegen mangelnder Benutzung für verfallen erklärt werden könnte.

21

Wie sich aus den dem Gerichtshof vorliegenden Akten ergibt, stellt sich dem vorlegenden Gericht insbesondere die Frage, ob in dem Zeitraum von fünf Jahren nach der Eintragung einer Unionsmarke die Ähnlichkeit der betreffenden Waren und Dienstleistungen und somit das Bestehen einer Verwechslungsgefahr im Sinne von Art. 9 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 unter Berücksichtigung aller Waren und Dienstleistungen, für die die Marke eingetragen ist, zu beurteilen ist oder aber nur auf der Grundlage der Waren und Dienstleistungen, für die der Inhaber bereits eine ernsthafte Benutzung der Marke begonnen hat.

22

Nach Art. 9 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 kann der Inhaber einer Unionsmarke Dritten verbieten, ohne seine Zustimmung im geschäftlichen Verkehr ein Zeichen zu benutzen, wenn wegen seiner Identität oder seiner Ähnlichkeit mit dieser Marke und der Identität oder Ähnlichkeit der durch diese Marke und das Zeichen erfassten Waren oder Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen besteht.

23

Während diese Bestimmung nicht näher regelt, inwieweit der Inhaber einer Unionsmarke diese benutzt haben muss, um sein ausschließliches Recht aus der Marke geltend machen zu können, sieht Art. 15 Abs. 1 der Verordnung Nr. 207/2009 demgegenüber vor, dass die Unionsmarke den in dieser Verordnung vorgesehenen Sanktionen unterliegt, wenn der Inhaber die Marke für die Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen ist, innerhalb von fünf Jahren, gerechnet von der Eintragung an, nicht ernsthaft in der Union benutzt hat oder er eine solche Benutzung während eines ununterbrochenen Zeitraums von fünf Jahren ausgesetzt hat, es sei denn, dass berechtigte Gründe für die Nichtbenutzung vorliegen.

24

Insoweit bestimmt Art. 51 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 207/2009, dass die Unionsmarke unter diesen Umständen und vorbehaltlich der in dieser Bestimmung vorgesehenen weiteren Präzisierungen auf Antrag beim EUIPO oder auf Widerklage im Verletzungsverfahren für verfallen erklärt wird. In Art. 51 Abs. 2 dieser Verordnung ist ferner festgelegt, dass dann, wenn ein Verfallsgrund nur für einen Teil der Waren oder Dienstleistungen vorliegt, für die die Unionsmarke eingetragen ist, sie nur für diese Waren oder Dienstleistungen für verfallen erklärt wird.

25

Indem der Unionsgesetzgeber in Art. 15 Abs. 1 und Art. 51 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 207/2009 eine Regel für den Verfall der Unionsmarke wegen mangelnder Benutzung während eines Zeitraums von fünf Jahren geschaffen hat, beabsichtigte er, wie insbesondere aus dem zehnten Erwägungsgrund dieser Verordnung hervorgeht, die Aufrechterhaltung der an die Unionsmarke anknüpfenden Rechte davon abhängig zu machen, dass die Marke tatsächlich benutzt wird. Grund für diese Voraussetzung ist die Überlegung, dass es nicht gerechtfertigt wäre, dass eine Marke, die nicht benutzt wird, den Wettbewerb dadurch behindert, dass das Spektrum der Zeichen, die andere Marktteilnehmer als Marke eintragen lassen können, beschränkt und den Mitbewerbern die Möglichkeit zur Verwendung eines mit dieser Marke identischen oder ihr ähnlichen Zeichens genommen wird, wenn sie im Binnenmarkt Waren oder Dienstleistungen anbieten, die mit den durch die fragliche Marke geschützten identisch oder ihnen ähnlich sind (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 19. Dezember 2012, Leno Merken, C‑149/11, EU:C:2012:816, Rn. 32, und vom 26. September 2013, Centrotherm Systemtechnik/HABM und centrotherm Clean Solutions, C‑610/11 P, EU:C:2013:593, Rn. 54).

26

Aus Wortlaut und Zweck von Art. 15 Abs. 1 sowie von Art. 51 Abs. 1 Buchst. a und Abs. 2 der Verordnung Nr. 207/2009 folgt, dass eine Unionsmarke bis zum Ablauf der Frist von fünf Jahren ab dem Zeitpunkt ihrer Eintragung weder für einen Teil der Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen ist, noch für alle diese Waren oder Dienstleistungen für verfallen erklärt werden kann. Dem Inhaber wird so mit diesen Bestimmungen für den Beginn der ernsthaften Benutzung seiner Marke eine Schonfrist gewährt, während der er sein ausschließliches Recht aus der Marke gemäß Art. 9 Abs. 1 dieser Verordnung für alle diese Waren und Dienstleistungen geltend machen kann, ohne eine ernsthafte Benutzung belegen zu müssen.

27

Um daher gemäß Art. 9 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 festzustellen, ob die Waren oder Dienstleistungen des mutmaßlichen Rechtsverletzers mit den durch die fragliche Unionsmarke erfassten Waren oder Dienstleistungen identisch oder ihnen ähnlich sind, ist daher der Umfang des durch diese Bestimmung verliehenen ausschließlichen Rechts innerhalb des Zeitraums von fünf Jahren ab der Eintragung der Unionsmarke in Bezug auf die Waren und Dienstleistungen zu beurteilen, für die die Marke eingetragen ist, und nicht in Bezug auf die Benutzung der Marke, die der Inhaber während dieses Zeitraums vornehmen konnte.

28

Wenn schließlich ab dem Moment des Ablaufs der Frist von fünf Jahren ab der Eintragung der Unionsmarke der Umfang dieses ausschließlichen Rechts dadurch beeinflusst werden kann, dass infolge einer Widerklage oder einer von dem Dritten im Rahmen eines Verletzungsverfahrens in der Sache vorgebrachten Verteidigung festgestellt wird, dass der Inhaber zu diesem Zeitpunkt für einen Teil oder die Gesamtheit der Waren und Dienstleistungen, für die seine Marke eingetragen ist, noch keine ernsthafte Benutzung dieser Marke begonnen hat, ist jedoch festzustellen, dass aus dem Vorlagebeschluss nicht hervorgeht, dass es sich im vorliegenden Fall so verhält und das vorlegende Gericht hierzu Klärung sucht.

29

Nach alledem ist auf die vorgelegten Fragen zu antworten, dass Art. 9 Abs. 1 Buchst. b in Verbindung mit Art. 15 Abs. 1 und Art. 51 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 207/2009 dahin auszulegen ist, dass der Markeninhaber während des Zeitraums von fünf Jahren nach der Eintragung einer Unionsmarke Dritten im Fall einer Verwechslungsgefahr verbieten kann, im geschäftlichen Verkehr ein mit seiner Marke identisches oder ihr ähnliches Zeichen für alle Waren und Dienstleistungen zu benutzen, die mit denen, für die diese Marke eingetragen ist, identisch oder ihnen ähnlich sind, ohne eine ernsthafte Benutzung der Marke für diese Waren oder Dienstleistungen belegen zu müssen.

Kosten

30

Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

 

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Zweite Kammer) für Recht erkannt:

 

Art. 9 Abs. 1 Buchst. b in Verbindung mit Art. 15 Abs. 1 und Art. 51 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 des Rates vom 26. Februar 2009 über die [Unionsmarke] ist dahin auszulegen, dass der Markeninhaber während des Zeitraums von fünf Jahren nach der Eintragung einer Unionsmarke Dritten im Fall einer Verwechslungsgefahr verbieten kann, im geschäftlichen Verkehr ein mit seiner Marke identisches oder ihr ähnliches Zeichen für alle Waren und Dienstleistungen zu benutzen, die mit denen, für die diese Marke eingetragen ist, identisch oder ihnen ähnlich sind, ohne eine ernsthafte Benutzung der Marke für diese Waren oder Dienstleistungen belegen zu müssen.

 

Unterschriften


( *1 ) Verfahrenssprache: Schwedisch.