URTEIL DES GERICHTS (Zweite Kammer)

5. Februar 2018 ( *1 )

„Forschung und technologische Entwicklung – Aufrufe zur Einreichung von Anträgen und verbundenen Tätigkeiten gemäß dem ERC‑Arbeitsprogramm 2015 – Rahmenprogramm für Forschung und Innovation (2014–2020) – Horizont 2020 – Beschluss der ERCEA, mit dem der Vorschlag des Klägers für nicht förderfähig erklärt wird – Projekt betreffend die Identifizierung der mathematischen Algorithmen zur Erleichterung des Lesens und Analysierens bestimmter alter Manuskripte – Ermessensmissbrauch – Sachverhaltsirrtum – Rechtsfehler – Offensichtlicher Beurteilungsfehler“

In der Rechtssache T‑208/16

Graziano Ranocchia, wohnhaft in Rom (Italien), Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt C. Intino,

Kläger,

gegen

Exekutivagentur des Europäischen Forschungsrats (ERCEA), vertreten zunächst durch M. E. Chacon Mohedano, R. Maggio Panizza und L. Moreau, dann durch M. E. Chacon Mohedano, R. Maggio Panizza und F. Sgritta als Bevollmächtigte,

Beklagte,

betreffend eine Klage nach Art. 263 AEUV auf Nichtigerklärung erstens des Beschlusses Ares(2016) 1020667 der ERCEA vom 26. Februar 2016, mit dem der Antrag des Klägers auf Überprüfung des Beschlusses, mit dem die Finanzhilfe für den Forschungsvorschlag Nr. 682937 („PHercSchools2 – The Hellenistic Philosophical Schools in the Herculaneum Papyri“) abgelehnt wurde, zurückgewiesen wurde, zweitens des Beschlusses Ares(2015) 5922529 der ERCEA vom 17. Dezember 2015, mit dem die Finanzhilfe für diesen Forschungsvorschlag abgelehnt wurde, und drittens jedes vorausgehenden, nachfolgenden oder damit zusammenhängenden Rechtsakts, insbesondere der mit Pressemitteilung der ERCEA vom 12. Februar 2016 veröffentlichten Liste der für das Förderprogramm „ERC‑Consolidator Grant“ genehmigten Projekte,

erlässt

DAS GERICHT (Zweite Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten M. Prek sowie der Richter E. Buttigieg und B. Berke (Berichterstatter),

Kanzler: E. Coulon,

folgendes

Urteil

Sachverhalt

Rahmenprogramm für Forschung und Innovation „Horizont 2020“

1

Das Rahmenprogramm für Forschung und Innovation „Horizont 2020“ wurde auf der Grundlage der Art. 173 und 182 AEUV durch die Verordnung (EU) Nr. 1291/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2013 über das Rahmenprogramm für Forschung und Innovation Horizont 2020 (2014–2020) und zur Aufhebung des Beschlusses Nr. 1982/2006/EG (ABl. 2013, L 347, S. 104) und die Verordnung (EU) Nr. 1290/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2013 über die Regeln für die Beteiligung am Rahmenprogramm für Forschung und Innovation „Horizont 2020“ (2014–2020) sowie für die Verbreitung der Ergebnisse und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1906/2006 (ABl. 2013, L 347, S. 81) eingerichtet.

2

Dieses Programm sieht insbesondere vor, dass der Europäische Forschungsrat (ERC) Forschungsprojekte durch Aufforderungen zur Einreichung von Vorschlägen koordiniert und finanziert.

3

Art. 11 („Aufforderungen zur Einreichung von Vorschlägen“) der Verordnung Nr. 1290/2013 bestimmt in Abs. 1:

„Aufforderungen zur Einreichung von Vorschlägen werden … veröffentlicht, wobei insbesondere der notwendigen Transparenz und Nichtdiskriminierung sowie der angesichts der vielfältigen Art der Forschungs- und Innovationssektoren angemessenen Flexibilität Rechnung getragen wird.“

4

In Art. 15 („Auswahl- und Gewährungskriterien“) der Verordnung Nr. 1290/2013 heißt es:

„(1)   Die eingereichten Vorschläge werden auf der Grundlage der folgenden Gewährungskriterien bewertet:

a)

Exzellenz

b)

Wirkung

c)

Qualität und Effizienz der Durchführung.

(2)   Vorschläge für ERC‑Pionierforschungsmaßnahmen werden ausschließlich auf der Grundlage des Kriteriums nach Absatz 1 Buchstabe a bewertet.

(6)   Die Vorschläge werden entsprechend den Bewertungsergebnissen in eine Rangfolge gebracht. Die Auswahl erfolgt anhand dieser Rangfolge.

(7)   Die Bewertung wird von unabhängigen Sachverständigen durchgeführt.

…“

5

Art. 16 der Verordnung Nr. 1290/2013 regelt das Verfahren zur Überprüfung der Bewertung. Er lautet:

„(1)   Die Kommission oder die jeweilige Fördereinrichtung sieht ein transparentes Verfahren zur Überprüfung der Bewertung für Antragsteller vor, die die Auffassung vertreten, dass die Bewertung ihres Vorschlags nicht gemäß den in dieser Verordnung, dem einschlägigen Arbeitsprogramm oder Arbeitsplan oder den Aufforderungen zur Einreichung von Vorschlägen festgelegten Verfahren durchgeführt wurde.

(2)   Der Antrag auf Überprüfung muss sich auf einen speziellen Vorschlag beziehen und vom Koordinator des Vorschlags innerhalb von 30 Tagen nach dem Tag eingereicht werden, an dem die Kommission oder die jeweilige Fördereinrichtung den Koordinator über die Bewertungsergebnisse unterrichtet.

(3)   Die Kommission oder die jeweilige Fördereinrichtung ist für die Prüfung des Antrags nach Absatz 2 zuständig. Diese Prüfungen beziehen sich lediglich auf die Verfahrensaspekte der Bewertung, nicht auf den inhaltlichen Wert des Vorschlags.

(4)   Ein Überprüfungsausschuss für die Bewertung, der sich aus Mitarbeitern der Kommission oder der jeweiligen Fördereinrichtung zusammensetzt, gibt eine Stellungnahme zu den Verfahrensaspekten der Bewertung ab. Den Vorsitz führt ein Bediensteter der Kommission oder der jeweiligen Fördereinrichtung aus einer anderen Abteilung als der für die Aufforderung zuständigen Abteilung. Der Ausschuss kann eine der folgenden Empfehlungen abgeben:

a)

erneute Bewertung des Vorschlags, in erster Linie durch Gutachter, die an der vorherigen Bewertung nicht beteiligt waren;

b)

Bestätigung der ursprünglichen Überprüfung.

(5)   Auf der Grundlage der Empfehlung nach Absatz 4 erlässt die Kommission oder die jeweilige Fördereinrichtung einen Beschluss und unterrichtet den Koordinator des Vorschlags. Die Kommission oder die jeweilige Fördereinrichtung erlässt den Beschluss ohne unangemessene Verzögerung.

(6)   Durch das Überprüfungsverfahren verzögert sich das Auswahlverfahren für Vorschläge, bei denen keine Überprüfung beantragt worden ist, nicht.

(7)   Das Überprüfungsverfahren schließt nicht aus, dass der Teilnehmer sonstige Maßnahmen im Einklang mit dem Unionsrecht ergreifen kann.“

6

Art. 17 („Anfragen und Beschwerden“) der Verordnung Nr. 1290/2013 bestimmt:

„(1)   Die Kommission stellt sicher, dass ein Verfahren für Fragen oder Beschwerden der Teilnehmer in Bezug auf ihre Beteiligung an Horizont 2020 zur Verfügung steht.

(2)   Die Kommission stellt sicher, dass allen Teilnehmern Informationen darüber zur Verfügung stehen, wie sie Bedenken, Fragen oder Beschwerden vorbringen können, und diese Informationen online veröffentlicht werden.“

7

Art. 20 („Zeit bis zur Gewährung“) der Verordnung Nr. 1290/2013 sieht in Abs. 2 Buchst. a vor, dass die Antragsteller innerhalb eines Zeitraums von höchstens fünf Monaten ab dem Schlusstermin für die Einreichung vollständiger Vorschläge benachrichtigt werden müssen.

8

Die Europäische Kommission hat Aufgaben zur Verwaltung des Rahmenprogramms Horizont 2020 auf die ERC‑Exekutivagentur (ERCEA) übertragen.

9

Der rechtliche Rahmen für die Verwaltung durch die Exekutivagenturen ist in der Verordnung (EG) Nr. 58/2003 des Rates vom 19. Dezember 2002 zur Festlegung des Statuts der Exekutivagenturen, die mit bestimmten Aufgaben bei der Verwaltung von Gemeinschaftsprogrammen beauftragt werden (ABl. 2003, L 11, S. 1), festgelegt.

10

Art. 22 der Verordnung Nr. 58/2003 sieht vor, dass Verwaltungsbeschwerde eingelegt werden kann, um eine Prüfung der Rechtmäßigkeit durch die Kommission herbeizuführen.

Auswahlkriterien und Bewertungsverfahren für die Aufforderungen zur Einreichung von Vorschlägen von 2015

11

Für die Aufforderungen zur Einreichung von Vorschlägen des Jahres 2015 wurden die Auswahlkriterien und die Bewertungsverfahren im Arbeitsprogramm 2015 des ERC und in den Regeln für die Einreichung von Vorschlägen und die damit verbundenen Verfahren zur Bewertung, Auswahl und Gewährung von Finanzhilfen im Zusammenhang mit dem Spezifischen Programm Horizont 2020 (im Folgenden: ERC‑Regeln) festgelegt und mit dem Beschluss C(2014) 2454 endg. der Kommission vom 15. April 2014 über die ERC‑Regeln angenommen.

12

Den Aufforderungen zur Einreichung von Vorschlägen sind ferner Informationen für Antragsteller beigefügt, die sich an den Aufforderungen zur Einreichung von Vorschlägen zwecks Bewilligung von Finanzhilfen beteiligen (im Folgenden: Informationen für Antragsteller).

13

Im Arbeitsprogramm des ERC heißt es, dass bei allen Finanzhilfen für die Pionierforschung des ERC die Exzellenz das alleinige Kriterium ist, anhand dessen Innovationskraft, Anspruch und Durchführbarkeit des Forschungsprojekts, aber auch Kompetenz, Kreativität und Engagement des wissenschaftlichen Projektleiters bewertet werden.

14

Das Bewertungsverfahren ist in den Nrn. 3.6 bis 3.8 der ERC‑Regeln im Einzelnen beschrieben und umfasst zwei Stufen. Nur die Anträge, die die erste Stufe erfolgreich passieren, werden zur zweiten Stufe zugelassen. In der ersten Stufe wird das Projekt in seiner Kurzfassung – d. h. die Projektbeschreibung (extended synopsis) sowie die Leistungsbilanz und der Lebenslauf des wissenschaftlichen Projektleiters – bewertet. Erst auf der zweiten Stufe wird der gesamte Antrag, d. h. das detaillierte Forschungsprojekt (scientific proposal), geprüft und bewertet. Diese Informationen sind zudem in den Informationen für Antragsteller zusammengefasst, die der Aufforderung zur Einreichung von Vorschlägen beigefügt sind.

15

In Nr. 3.6.1 Abs. 12 der ERC‑Regeln heißt es ferner:

„Das Urteil eines Expertengremiums über einen Vorschlag und dessen Einstufung in die Rangliste wird auf die Einzelbewertungen und die Erörterung im Gremium gestützt und per Mehrheitsvotum angenommen. Das Ergebnis der Begutachtung durch das Gremium ist eine Rangliste. Im letzten Schritt der Begutachtung benennt das Gremium die Vorschläge, die zur Förderung empfohlen werden, falls ausreichende Mittel vorhanden sind.“

16

Aus Nr. 3.6.2 der ERC‑Regeln ergibt sich außerdem, dass, sofern dies im Arbeitsprogramm des ERC vorgesehen ist, die Bewertung durch das Gremium auch Gespräche mit dem wissenschaftlichen Projektleiter beinhalten kann.

17

Nr. 1.2.5 der Informationen für Antragsteller sieht vor:

„… Bitte beachten Sie, dass die Anmerkungen der Einzelgutachter möglicherweise nicht unbedingt übereinstimmen – Kontroversen und Meinungsverschiedenheiten über den Wert eines Vorschlags gehören zur ‚wissenschaftlichen Methode‘ und sind legitim.

Das Expertengremium des ERC kann eine andere Auffassung vertreten als die, die sich aus den Anmerkungen der Einzelgutachter ergibt. Dies ist z. B. der Fall, wenn die Erörterung im Gremium eine erhebliche Schwachstelle des Vorschlags aufzeigt, die von den Einzelgutachtern nicht festgestellt wurde. Die Anmerkungen des Gremiums geben die Entscheidung wieder, die das Gremium als Ganzes auf der Grundlage der zuvor von unabhängigen Gutachtern, die unentgeltlich tätige Experten oder Mitglieder des Gremiums sein können, im Fernverfahren abgegebenen Einzelbewertungen sowie auf der Grundlage einer eingehenden Erörterung und der Reihung gegenüber den anderen Vorschlägen in seiner Sitzung einvernehmlich getroffen hat.“

18

Im Anschluss an die Begutachtung teilt die ERCEA den Antragstellern gemäß Nr. 3.8 der ERC‑Regeln das Ergebnis der Begutachtung in einem an den wissenschaftlichen Projektleiter und die antragstellende Rechtsperson gerichteten „Informationsschreiben“ mit.

Verfahren zur Überprüfung der Bewertung

19

Gemäß Nr. 3.9 der ERC‑Regeln kann bei einem internen Überprüfungsausschuss ein Antrag auf Überprüfung der Bewertung gestellt werden.

20

In Nr. 3.9 Abs. 5 der ERC‑Regeln heißt es:

„… Der Überprüfungsausschuss soll eine einheitliche rechtliche Würdigung dieser Art von Beschwerden sowie die Gleichbehandlung der Antragsteller sicherstellen. Er äußert sich zur Durchführung des Bewertungsverfahrens auf der Grundlage sämtlicher Informationen, die zu dem Vorschlag und seiner Bewertung vorliegen. Er arbeitet unabhängig. Der Ausschuss selbst nimmt jedoch keine Bewertung des Vorschlags vor. Gelangt der Ausschuss zu der Auffassung, dass es bei der Bewertung Unzulänglichkeiten gab, die sich auf die Entscheidung, den Vorschlag nicht zu fördern, auswirken konnten, kann er eine erneute Bewertung des gesamten Vorschlags oder von Teilen des Vorschlags durch unabhängige Experten vorschlagen. Je nach Art der Beschwerde kann der Ausschuss den Lebenslauf der unabhängigen Experten, ihre Einzelkommentare und den Bewertungsbericht überprüfen. Der Ausschuss stellt das wissenschaftliche Urteil angemessen qualifizierter Expertengremien nicht in Frage.

Vor dem Hintergrund seiner Überprüfung empfiehlt der Ausschuss dem für die Aufforderung zuständigen Anweisungsbefugten die weitere Vorgehensweise. Gibt es nach Ansicht des Ausschusses Belege, die die Beschwerde untermauern, kann er eine vollständige oder partielle Neubegutachtung des Vorschlags durch unabhängige Experten oder die Aufrechterhaltung des ursprünglichen Ergebnisses vorschlagen. Der Überprüfungsausschuss kann weitere Kommentare oder Empfehlungen abgeben …“

21

Nr. 1.2.5.1 Abs. 2 der Informationen für Antragsteller bestimmt, dass sich das Verfahren zur Überprüfung der Bewertung auf Unzulänglichkeiten des Bewertungsverfahrens und in seltenen Fällen auf sachliche Irrtümer bezieht.

22

Nach Nr. 3.9 Abs. 8 der ERC‑Regeln schließt das Verfahren zur Überprüfung der Bewertung die Einlegung eines sonstigen Rechtsbehelfs durch den Antragsteller wie z. B. die Erhebung einer Klage beim Gerichtshof der Europäischen Union nicht aus.

Verwaltungsverfahren

23

Nach der Annahme ihres Beschlusses C(2014) 5008 vom 22. Juli 2014 veröffentlichte die Kommission am 30. Juli 2014 im Amtsblatt der Europäischen Union die Aufrufe zur Einreichung von Anträgen und verbundenen Tätigkeiten gemäß dem ERC‑Arbeitsprogramm 2015 des Rahmenprogramms für Forschung und Innovation (2014-2020) „Horizont 2020“ (ABl. 2014, C 248, S. 6).

24

Am 12. März 2015 stellte der Kläger, Herr Graziano Ranocchia, bei der ERCEA im Rahmen der Aufforderung zur Einreichung von Vorschlägen für das Förderprogramm „ERC Consolidator Grant 2015“ einen an das Gremium SH5 – Cultures and Cultural Production (im Folgenden: SH5‑Gremium) gerichteten Antrag auf Finanzhilfe in Form eines „ERC Consolidator Grant“ für ein Forschungsprojekt zur Anwendung der Phasenkontrast-Röntgentomographie auf Herculanensische Papyri. Die beantragte Finanzhilfe belief sich auf 2 Mio. Euro und entsprach dem Höchstbetrag, der gewährt werden konnte, zuzüglich eines Betrags von 749226 Euro für den Ankauf wichtiger Ausrüstung.

25

Das SH5‑Gremium beurteilte den Forschungsvorschlag des Klägers in der ersten Bewertungsphase positiv. Diese Beurteilung wurde dem Kläger mit Schreiben vom 3. und 22. Juli 2015 mitgeteilt, und er wurde zu einem Gespräch eingeladen.

26

Am 5. Oktober 2015 ging bei der ERCEA bezüglich des Forschungsvorschlags des Klägers eine Beschwerde wegen eines möglichen wissenschaftlichen Fehlverhaltens ein, in der es hieß, dass der Kläger in seinem Vorschlag nicht veröffentlichte Forschungsarbeiten verwendet habe, die in einem anderen Institut von einem anderen Forschungsteam durchgeführt worden seien, und zwar insbesondere mit Unterstützung eines seiner Mitarbeiter, der für das betreffende Institut gearbeitet habe.

27

Nach Prüfung der Beschwerde durch den zuständigen internen Ausschuss der ERCEA wurde der Kläger mit E‑Mail vom 30. Oktober 2015 aufgefordert, zu diesen Vorwürfen Stellung zu nehmen.

28

Am 5. November 2015 erteilte der Kläger die erbetenen Auskünfte und stellte klar, dass sein Mitarbeiter zu keiner Zeit von dem konkurrierenden Forschungsteam über die nicht veröffentlichten Forschungsarbeiten informiert worden sei.

29

Unter Berücksichtigung der Prüfung des behaupteten wissenschaftlichen Fehlverhaltens beschloss der zuständige Anweisungsbefugte der ERCEA auf Empfehlung des Ausschusses „Interessenkonflikte, berufliches Fehlverhalten und ethische Fragen“ des Wissenschaftlichen Rates, die Bewertung eines der im Fernverfahren beteiligten Gutachter unberücksichtigt zu lassen, da dieser sich aufgrund seiner engen Zusammenarbeit mit dem Verfasser der wegen wissenschaftlichem Fehlverhaltens eingelegten Beschwerde potenziell im Interessenkonflikt befinde.

30

Am Ende der ersten Bewertungsphase nahm der Kläger in seiner Eigenschaft als wissenschaftlicher Projektleiter am 12. November 2015 am Abschlussgespräch mit dem SH5‑Gremium teil.

31

Mit Schreiben vom 17. Dezember 2015 übermittelte die ERCEA dem Kläger ihren Beschluss Ares(2015) 5922529, mit dem die Aufnahme seines Forschungsvorschlags in die Liste der angenommenen Vorschläge abgelehnt wurde (im Folgenden: Beschluss, mit dem die Finanzhilfe abgelehnt wurde), weil das SH5‑Gremium auf der Grundlage der Bewertungen der in der Anlage zu dem Schreiben aufgeführten Einzelgutachter entschieden habe, dass sein Vorschlag einige, aber nicht alle Bewertungskriterien des ERC erfülle. In diesem Schreiben stellte die ERCEA fest, dass das SH5‑Gremium sein Urteil auf die im Fernverfahren abgegebenen Bewertungen sowie auf die Erörterung zwischen seinen Mitgliedern gestützt habe.

32

Auf der Grundlage der Einzelbewertungen von sechs externen Prüfern und des Abschlussgesprächs mit dem Kläger und des Vergleichs mit den anderen Forschungsvorschlägen entschied das SH5‑Gremium daher, für den Forschungsvorschlag des Klägers keine Empfehlung auszusprechen.

33

Die Einwände, die das SH5‑Gremium gegen den Kläger und seinen Forschungsvorschlag erhob, betrafen im Wesentlichen seine Fähigkeit, die technologischen und finanziellen Aspekte des Projekts zu überwachen, sowie die relativ unbedeutende Rolle, die den Postdoktoranden zugewiesen wurde.

34

Am 21. Dezember 2015 wurde dem Kläger mitgeteilt, dass die Beschwerde wegen seines angeblichen wissenschaftlichen Fehlverhaltens vom zuständigen internen Ausschuss in Absprache mit dem Ausschuss „Interessenkonflikte, berufliches Fehlverhalten und ethische Fragen“ des Wissenschaftlichen Rates zurückgewiesen worden sei.

35

Am 22. Dezember 2015 stellte der Kläger über ein elektronisches Portal, das den Teilnehmern im Rahmen des Programms Horizont 2020 zur Verfügung gestellt worden war, einen Antrag auf Überprüfung der Bewertung gemäß Nr. 3.9 der ERC‑Regeln.

36

In diesem Antrag machte der Kläger erstens geltend, dass die Empfehlungen, die die ERCEA ihm bei seinem vorangegangenen Antrag des Jahres 2014 übermittelt habe, in seinem Vorschlag des Jahres 2015 befolgt worden seien.

37

Zweitens wandte er sich gegen den Vorwurf, er verfüge nicht über die Fähigkeit, die technologischen Aspekte des Projekts zu überwachen. Dieser Vorwurf stütze sich nicht auf seinen schriftlichen Vorschlag, sondern auf die während des Gesprächs gestellten Fragen, von denen er eine Frage nicht habe beantworten wollen. Diese Frage habe ihm nicht gestellt werden dürfen, weil sie die Physik betroffen habe, er aber Historiker und Philosoph sei. Ein Erfordernis, dass der wissenschaftliche Projektleiter mit allen technischen Aspekten eines Projekts, also auch denen, die nicht zu seinem Fachgebiet gehörten, vertraut sei, verstoße gegen die Politik des ERC, interdisziplinäre Projekte zu fördern. Die beiden anderen Fragen habe er sehr gut beantwortet.

38

Drittens wandte er sich gegen die Kritik an der unbedeutenden Rolle der Postdoktoranden und betonte, dass die diesen jungen Forschern zugewiesene Rolle das Herzstück des Projekts sei.

39

Viertens sei die Beurteilung des SH5‑Gremiums unverhältnismäßig und habe die schlechteste Einzelbewertung, der er widerspreche, zu stark gewichtet, wohingegen die fünf anderen Bewertungen positiv gewesen seien. Die negative Bewertung stamme zweifellos von einem konkurrierenden Forscher, der sich in einem Interessenkonflikt befunden habe, und hätte daher nicht berücksichtigt werden dürfen.

40

Fünftens machte er im Wesentlichen geltend, dass der Beschluss des SH5‑Gremiums zweifellos durch das gegen ihn geführte Verfahren wegen wissenschaftlichen Fehlverhaltens, das erfolglos geblieben sei, beeinflusst worden sei. Er glaube, dass die Mitglieder des SH5‑Gremiums über das Verfahren informiert worden seien.

41

Am 12. Februar 2016 veröffentlichte die ERCEA eine Pressemitteilung mit einer Liste der vom SH5‑Gremium für 2015 genehmigten Projekte (im Folgenden: Liste der genehmigten Projekte).

42

Mit Schreiben vom 26. Februar 2016 teilte die ERCEA dem Kläger mit, dass der Beschluss Ares(2016) 1020667 über das Ergebnis der Überprüfung der Bewertung (im Folgenden: Beschluss vom 26. Februar 2016) ergangen sei.

43

Mit diesem Schreiben wurde dem Kläger mitgeteilt, dass der Überprüfungsausschuss seine Beschwerde geprüft und sich vergewissert habe, dass das Bewertungsverfahren des ERC voll und ganz den ERC‑Regeln und dem Arbeitsprogramm entsprochen habe.

44

Die ERCEA gab in dem Schreiben die abschließenden Feststellungen des Überprüfungsausschusses wieder, aus denen sich ergibt, dass dieser der Auffassung war, dass der Vorschlag des Klägers von unabhängigen Experten geprüft worden sei, die sämtlich Spezialisten des betreffenden Fachgebiets gewesen seien.

45

Der Ausschuss stellte außerdem fest, dass der Beschluss, mit dem die Finanzhilfe abgelehnt worden sei, nicht nur aufgrund der Anmerkungen der Einzelgutachter, sondern auch aufgrund der Erörterung im SH5‑Gremium und der Reihung des Vorschlags im Verhältnis zu den anderen Vorschlägen gefasst worden sei.

46

Ferner spiegelten die Ergebnisse der abschließenden Bewertung des Forschungsvorschlags eine einvernehmlich getroffene Entscheidung des SH5‑Gremiums wider, ohne zwangsläufig den Stellungnahmen der Einzelgutachter zu folgen.

47

Die Ausführungen des Klägers zielten darauf ab, die wissenschaftliche Bewertung der Gutachter oder des SH5‑Gremiums in Frage zu stellen, obwohl diese Bewertung nicht in die Zuständigkeit des Ausschusses falle.

48

Schließlich stellte der Überprüfungsausschuss fest, dass die ERC‑Regeln bezüglich der Interessenkonflikte eingehalten worden seien und dass es keinen Hinweis auf einen Interessenkonflikt auf Seiten der Gutachter gegeben habe.

49

Er hat daraus gefolgert, dass in dem Bewertungsverfahren keine Verfahrensfehler begangen worden seien.

50

Auf der Grundlage dieser Schlussfolgerungen des Überprüfungsausschusses teilte die ERCEA dem Kläger mit, dass der Beschluss, mit dem die Finanzhilfe abgelehnt worden sei, aufrechterhalten werde.

Verfahren und Anträge der Parteien

51

Mit Klageschrift, die am 29. April 2016 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat der Kläger die vorliegende Klage erhoben.

52

Die ERCEA hat am 19. Juli 2016 die Klagebeantwortung eingereicht.

53

Am 6. September 2016 hat der Kläger die Erwiderung eingereicht. Die ERCEA hat die Gegenerwiderung am 28. Oktober 2016 eingereicht.

54

Am 13. Juli 2017 hat das Gericht die Parteien um Stellungnahme zur Zulässigkeit der Klage in zeitlicher Hinsicht bezüglich bestimmter Handlungen ersucht, die Gegenstand des Rechtsstreits sind. Die ERCEA und der Kläger haben die Frage des Gerichts am 19. bzw. 28. Juli 2017 beantwortet.

55

Der Kläger beantragt,

den Beschluss vom 26. Februar 2016 für nichtig zu erklären;

den Beschluss, mit dem die Finanzhilfe abgelehnt wurde, für nichtig zu erklären;

jeden vorausgehenden, nachfolgenden oder damit zusammenhängenden Rechtsakt, insbesondere die Liste der genehmigten Projekte, für nichtig zu erklären;

die Aufnahme seines Forschungsvorschlags in die Rangliste der genehmigten und im Rahmen der Aufforderung zur Einreichung von Vorschlägen des Jahres 2015 finanzierten Projekte anzuordnen;

die Vorlage bestimmter Dokumente anzuordnen;

der ERCEA die Kosten aufzuerlegen.

56

Die ERCEA beantragt,

die Klage als unbegründet abzuweisen;

den Antrag auf Vorlage von Dokumenten als unerheblich zurückzuweisen;

dem Kläger die Kosten aufzuerlegen.

Rechtliche Würdigung

57

Im Interesse der Verfahrensökonomie kann der Richter unter Wahrung des Grundsatzes einer geordneten Rechtspflege über eine Klage entscheiden, ohne sich zwangsläufig zu allen Klagegründen und Argumenten der Parteien äußern zu müssen (vgl. entsprechend Urteil vom 26. Februar 2002, Rat/Boehringer, C‑23/00 P, EU:C:2002:118, Rn. 52). Im vorliegenden Fall ist das Gericht der Auffassung, dass die Begründetheit der Klage geprüft werden kann, ohne dass über die Zulässigkeit entschieden zu werden braucht.

Zu den Anträgen auf Nichtigerklärung des Beschlusses, mit dem die Finanzhilfe abgelehnt wurde, und des Beschlusses vom 26. Februar 2016

58

Zur Begründung seiner Klage stützt sich der Kläger auf drei Klagegründe, mit denen er erstens einen Ermessensmissbrauch aufgrund offenkundiger Irrationalität der Beurteilung seines Forschungsvorschlags, zweitens einen Ermessensmissbrauch aufgrund Verfälschung der Tatsachen und drittens einen Ermessensmissbrauch aufgrund Verstoßes gegen die Regeln der ERCEA bei der Bewertung der Forschungsvorschläge geltend macht.

Zum ersten Klagegrund: Ermessensmissbrauch aufgrund offenkundiger Irrationalität der Beurteilung des Forschungsvorschlags

59

Erstens ist der Kläger im Wesentlichen der Auffassung, dass der Beschluss, mit dem die Finanzhilfe abgelehnt wurde, ermessensmissbräuchlich sei. Die Gründe, die das SH5‑Gremium zur Ablehnung seines Forschungsvorschlags veranlasst hätten, seien durch die vorgelegte Dokumentation entkräftet worden und gehörten nicht zum Verfahren der wissenschaftlichen Bewertung. Er kenne sich in Bezug auf den Vorschlag und die betreffenden Gebiete bestens aus und habe alle Fragen bis auf eine beantwortet.

60

Zweitens beschränke sich der Ermessensmissbrauch nicht nur auf den Gegenstand der Bewertung, sondern betreffe auch die ordnungsgemäße Übernahme der Einzelbeurteilungen der im Fernverfahren beteiligten Prüfer im Rahmen der abschließenden Gesamtbewertung durch das SH5‑Gremium.

61

Diese Abschlussbewertung sei irrational und unverhältnismäßig, da die Zusammenfassung von fünf äußerst positiven Bewertungen und einer teilweise negativen Bewertung eine optimale Gesamtbeurteilung hätte ergeben und zur Billigung seines Forschungsvorschlags hätte führen müssen.

62

Es liege ein Verstoß gegen die ERC‑Regeln vor, da die Beurteilung des SH5‑Gremiums nur in der Wiedergabe der schlechtesten Einzelbewertung bestanden habe, was sich daran zeige, dass die zentrale Begründung des ablehnenden Beschlusses des SH5‑Gremiums und die Ausführungen des fünften Prüfers maßgeblich übereinstimmten.

63

Drittens habe der Überprüfungsausschuss „die offensichtliche Verzerrung des Kriteriums der wissenschaftlichen Exzellenz außer Acht gelassen“ und einen Interessenkonflikt auf Seiten des fünften Prüfers, der nicht ausgeschlossen worden sei, verneint.

64

Die geltend gemachten Rügen beträfen entgegen der Auffassung des Überprüfungsausschusses Fragen des Verfahrens und der Methode, für die dieser Ausschuss zuständig sei, und nicht die wissenschaftliche Beurteilung des Projekts.

65

Die ERCEA tritt diesem Vorbringen entgegen.

66

Im Rahmen des vorliegenden Klagegrundes wirft der Kläger der ERCEA im Kern vor, seinen Forschungsvorschlag auf irrationelle Weise beurteilt und damit einen Ermessensmissbrauch begangen zu haben und die ERC‑Regeln über die Bewertungsmethoden nicht eingehalten zu haben.

67

Dies begründet er im Wesentlichen damit, dass das SH5‑Gremium einen Fehler begangen habe, da die Gründe des Beschlusses, mit dem die Finanzhilfe abgelehnt wurde, durch die vorgelegte Dokumentation entkräftet worden seien und es die Beurteilungen der Einzelgutachter nicht ordnungsgemäß übernommen habe, wie sich an der Divergenz zwischen diesen Beurteilungen und der abschließenden Bewertung des Gremiums zeige. Dieses habe daher ein Ziel verfolgt, das nicht das Ziel einer wissenschaftlichen Bewertung gewesen sei.

68

Der Überprüfungsausschuss habe ferner zu Unrecht die „offensichtliche Verzerrung des Kriteriums der wissenschaftlichen Exzellenz“ außer Acht gelassen, die darin bestanden habe, dass das SH5‑Gremium ausschließlich die einzige negative Einzelbewertung berücksichtigt habe, und einen Interessenkonflikt verneint.

69

Nach der Rechtsprechung ist eine Maßnahme nur dann ermessensmissbräuchlich, wenn aufgrund objektiver, schlüssiger und übereinstimmender Indizien anzunehmen ist, dass sie ausschließlich oder zumindest hauptsächlich zu anderen als den angegebenen Zwecken oder mit dem Ziel erlassen worden ist, ein Verfahren zu umgehen, das der Vertrag speziell vorsieht, um die konkrete Sachlage zu bewältigen (Urteil vom 10. März 2005, Spanien/Rat, C‑342/03, EU:C:2005:151, Rn. 64).

70

Außerdem verfügen die Behörden der Europäischen Union nach ständiger Rechtsprechung bei der Würdigung komplexer Gegebenheiten in bestimmten Bereichen des Unionsrechts über ein weites Ermessen, so dass sich die Kontrolle des Unionsrichters insoweit auf die Prüfung beschränken muss, ob die Vorschriften über das Verfahren und die Begründung eingehalten wurden, ob der Sachverhalt, der der beanstandeten Entscheidung zugrunde gelegt wurde, zutreffend festgestellt wurde und ob keine offensichtlich fehlerhafte Würdigung dieses Sachverhalts oder ein Ermessensmissbrauch vorliegt (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 2. September 2010, Kommission/Deutsche Post, C‑399/08 P, EU:C:2010:481, Rn. 97, und vom 28. Januar 2016, Heli-Flight/AESA, C‑61/15 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2016:59, Rn. 101).

71

Die Beurteilung der wissenschaftlichen Exzellenz eines Forschungsvorschlags durch ein Expertengremium und durch Einzelgutachter der betreffenden Disziplinen fällt in die Kategorie der Würdigung komplexer Gegebenheiten im Sinne der oben in Rn. 70 angeführten Rechtsprechung.

72

Das Gericht hat somit einerseits festzustellen, ob objektive, schlüssige und übereinstimmende Indizien belegen, dass der Beschluss, mit dem die Finanzhilfe abgelehnt wurde, zu einem anderen Zweck als der Finanzierung von Forschungsvorschlägen von herausragender wissenschaftlicher Qualität gefasst wurde, so dass ein Ermessensmissbrauch nachgewiesen wäre, und andererseits zu prüfen, ob, wie der Kläger im Wesentlichen vorträgt, der ERCEA sachliche Irrtümer oder offensichtliche Beurteilungsfehler unterlaufen sind oder sie gegen die ERC‑Regeln verstoßen hat.

73

Insoweit ergibt sich erstens aus Nr. 3.6.1 Abs. 12 der ERC‑Regeln, dass die Beschlüsse des Gremiums nicht nur auf die Stellungnahmen der Einzelgutachter, die vor dem Gespräch mit den Antragstellern abgegeben werden, sondern auch auf die Erörterungen im Gremium gestützt werden.

74

Nr. 1.2.5 der Informationen für Antragsteller stellt ferner zum einen klar, dass das Expertengremium des ERC eine andere Auffassung vertreten kann als die, die sich aus den Anmerkungen der Einzelgutachter ergibt, insbesondere wenn die Erörterungen im Gremium eine erhebliche Schwachstelle des Vorschlags aufzeigen, die von den anderen Einzelgutachtern nicht festgestellt wurde, und zum anderen, dass sich der Beschluss des Gremiums nicht nur auf die Einzelbewertungen, sondern auch auf eine eingehende Erörterung stützt und von der Reihung der anderen Vorschläge abhängt.

75

Somit hat ein Gremium bei der Erörterung eines Forschungsvorschlags zwar alle Einzelbewertungen zu berücksichtigen, doch kann es wegen seines Ermessens sein, dass seine abschließende Bewertung nicht den Standpunkt widerspiegelt, der sich aus den Anmerkungen der Einzelgutachter zu ergeben scheint.

76

Insoweit gehört eine etwaige Divergenz zwischen der Mehrheitsmeinung der Einzelgutachter und der Entscheidung des Gremiums zum ordnungsgemäßen Ablauf eines Verfahrens zur Bewertung des Interesses und des wissenschaftlichen Wertes eines Forschungsvorschlags.

77

Sofern daher nicht sachliche Irrtümer oder offensichtliche Beurteilungsfehler nachgewiesen werden, gehört die Möglichkeit, dass das Gremium bei seiner Erörterung durch einen Umstand überzeugt wird, der nur in einer Einzelbewertung angesprochen wurde, zum ordnungsgemäßen Ablauf des Verfahrens der wissenschaftlichen Bewertung und widerspricht nicht den ERC‑Regeln. Im Übrigen wird sie in den Informationen für Antragsteller ausdrücklich in Betracht gezogen.

78

Zudem beruht die Bewertung der Vorschläge auch auf der Erörterung im Gremium und auf dem Vergleich der verschiedenen Forschungsvorschläge.

79

Der Kläger legt jedoch nicht dar, dass dem SH5‑Gremium ein Sachverhaltsirrtum oder ein offensichtlicher Beurteilungsfehler unterlaufen sei, sondern beanstandet lediglich die angewandten Beurteilungskriterien und die Beurteilung seines Vorschlags, die nach seinem Vorbringen, für das er allerdings keinen Nachweis erbringt, durch die vorgelegte Dokumentation widerlegt wird.

80

Eine Divergenz zwischen der Summe der Einzelbewertungen und der abschließenden Entscheidung des SH5‑Gremiums kann daher kein Beweis dafür sein, dass ein anderes Ziel als die wissenschaftliche Exzellenz verfolgt wurde, dass gegen die ERC‑Regeln verstoßen wurde oder dass ein offensichtlicher Beurteilungsfehler seitens des SH5‑Gremiums vorlag.

81

Aus denselben Gründen wäre auch im Erlass einer Entscheidung, die mit einer der Einzelbewertungen übereinstimmt, selbst wenn dies erwiesen wäre, für sich genommen kein Ermessensmissbrauch, offensichtlicher Beurteilungsfehler oder Verstoß gegen die ERC‑Regeln zu sehen.

82

Zweitens unterliegt die Beurteilung der im Rahmen des Forschungsvorschlags vorgelegten Dokumentation ebenso wie die Beurteilung der Relevanz der dem wissenschaftlichen Projektleiter vom SH5‑Gremium in dem Gespräch gestellten Fragen und der Antworten auf diese Fragen dem Ermessen des SH5‑Gremiums.

83

In Ermangelung eines Sachverhaltsirrtums oder eines offensichtlichen Beurteilungsfehlers kann daher die Infragestellung dieser Gesichtspunkte auf wissenschaftlicher Ebene keine Rechtswidrigkeit begründen.

84

Drittens können mangels objektiver, schlüssiger und übereinstimmender Indizien, mit denen sich beweisen ließe, dass die angewandten Bewertungskriterien sowie die Bewertung des Vorschlags und des Gesprächs mit dem Kläger ein anderes Ziel als die Bewertung der wissenschaftlichen Qualität seines Vorschlags verfolgten, die vom Kläger vorgetragenen Gesichtspunkte auch keinen Ermessensmissbrauch begründen.

85

Der Beschluss, mit dem die Finanzhilfe abgelehnt wurde, ist daher weder mit einem offensichtlichen Beurteilungsfehler noch mit einem Sachverhaltsirrtum, einem Verstoß gegen die ERC‑Regeln oder einem Ermessensmissbrauch behaftet.

86

Demnach weist der Beschluss vom 26. Februar 2016, soweit in ihm festgestellt wurde, dass die ERC‑Regeln eingehalten wurden, nicht die geltend gemachten Rechtsverstöße auf.

87

Was den Einwand gegen die Feststellung des Überprüfungsausschusses betrifft, dass kein Interessenkonflikt vorliege, ist darauf hinzuweisen, dass der Kläger keinen Nachweis dafür beibringt, dass beim fünften Gutachter ein Interessenkonflikt besteht.

88

Er trägt nämlich vor, dass zwischen den Gründen für das gegen ihn eingeleitete Verfahren wegen wissenschaftlichen Fehlverhaltens – das zum Ausschluss eines Einzelgutachters wegen Interessenkonflikts geführt habe – und den Anmerkungen des fünften Gutachters eine Übereinstimmung bestehe, aus der sich ein Interessenkonflikt ableiten lasse.

89

Diese Übereinstimmung kann jedoch, selbst wenn sie erwiesen wäre, als solche und ohne weitere Beweise kein ausreichender Grund für die Feststellung sein, dass ein Interessenkonflikt vorliegt.

90

Ferner kann ein Interessenkonflikt nicht ohne weitere Beweise aus der bloßen Äußerung einer wissenschaftlichen Beurteilung abgeleitet werden, mit der der Forschungsvorschlag des Klägers kritisiert wird.

91

Die vom Kläger vorgetragenen Gesichtspunkte beweisen folglich nicht, dass der Beschluss vom 26. Februar 2016, soweit in ihm festgestellt wird, dass sich keiner der Gutachter in einem Interessenkonflikt befand, Rechtsverstöße aufweist.

92

Im Übrigen soll das sonstige Vorbringen des Klägers, insbesondere jenes, das sich auf den Vergleich mit den angenommenen Forschungsvorschlägen bezieht, ausschließlich die wissenschaftliche Beurteilung seines Vorschlags in Frage stellen und kann keinen Sachverhaltsirrtum oder offensichtlichen Beurteilungsfehler belegen, so dass es zurückzuweisen ist.

93

Der erste Klagegrund ist somit unbegründet.

Zum zweiten Klagegrund: Ermessensmissbrauch aufgrund Verfälschung der Tatsachen

94

Der Kläger macht geltend, der Ermessensmissbrauch sei durch die fragwürdige Beurteilung des fünften Gutachters bewiesen, die maßgebend für die Abschlussentscheidung des SH5‑Gremiums gewesen sei.

95

Er wendet sich im Wesentlichen gegen die Bewertung seines Forschungsvorschlags und seiner persönlichen Erfahrung durch diesen Gutachter und leitet hieraus ab, dass der Beschluss des SH5‑Gremiums rechtswidrig sei, weil der fünften Bewertung, die auf unzutreffenden Tatsachen beruhe, eine zu große Bedeutung beigemessen worden sei.

96

Eine Bewertung, die nicht den Tatsachen entspreche, komme einem Ermessensmissbrauch gleich.

97

In der Erwiderung macht der Kläger außerdem geltend, der Beschluss, mit dem die Finanzhilfe abgelehnt wurde, sei insoweit ermessensmissbräuchlich, als er mit einem anderen Ziel als der Bewertung der wissenschaftlichen Exzellenz seines Forschungsvorschlags erlassen worden sei.

98

Dafür führt er im Wesentlichen an, dass die Bewertung des fünften Gutachters, die keine wissenschaftliche Grundlage habe, ein Beleg dafür sei, dass das ethische Kriterium Vorrang vor dem Kriterium der Exzellenz gehabt habe und dass das Verfahren wegen wissenschaftlichen Fehlverhaltens die Bewertung seines Forschungsvorschlags beeinflusst habe. In diesem Zusammenhang sei auf die Übereinstimmung zwischen der gegen ihn eingelegten und später zurückgewiesenen Beschwerde wegen wissenschaftlichem Fehlverhaltens und der Bewertung des fünften Gutachters sowie auf die Anwesenheit von zwei Mitgliedern des Ethikausschusses bei seinem Gespräch mit dem SH5‑Gremium hinzuweisen. Diese Beeinflussung habe sich auch an der Feindseligkeit eines Mitglieds des SH5‑Gremiums und seinem inquisitorischen Ton gezeigt.

99

Schließlich lasse der Umstand, dass die Exzellenz seines Projekts 2014 anerkannt worden sei, erkennen, dass sein verbessertes Projekt von 2015 nicht hätte abgelehnt werden dürfen.

100

Die ERCEA tritt diesem Vorbringen entgegen.

101

Im Rahmen des zweiten Klagegrundes rügt der Kläger gegenüber der ERCEA im Wesentlichen einen Ermessensmissbrauch, der sich daraus ergebe, dass das SH5‑Gremium bei seiner Entscheidung die Beurteilung des fünften Gutachters zu stark berücksichtigt habe, einen offensichtlichen Beurteilungsfehler des SH5‑Gremiums, da die Beurteilung dieses fünften Gutachters auf unzutreffenden Tatsachen beruhe, eine Berücksichtigung ethisch begründeter Umstände anstelle ausschließlich wissenschaftlicher Faktoren und einen Verstoß gegen die ERC‑Regeln.

102

Er beanstandet außerdem die durch den fünften Gutachter vorgenommene Bewertung seines Forschungsvorschlags und seiner Fähigkeit, die technischen Aspekte zu überwachen, und macht geltend, dass die Bewertung auf unzutreffenden Tatsachen beruhe.

103

Erstens ist, wie sich aus den Rn. 73 bis 78 des vorliegenden Urteils ergibt, der Umstand, dass die Bewertung des fünften Gutachters – in welchem Umfang auch immer – berücksichtigt wurde, mangels Nachweises eines Ermessensmissbrauchs, eines sachlichen Irrtums bzw. eines offensichtlichen Beurteilungsfehlers oder eines Verstoßes gegen die ERC‑Regeln nicht geeignet, zu beweisen, dass der Beschluss, mit dem die Finanzhilfe abgelehnt wurde, Rechtsverstöße aufweist.

104

Zweitens wies das SH5‑Gremium in der Begründung des Beschlusses, mit dem die Finanzhilfe abgelehnt wurde, darauf hin, dass angesichts des ehrgeizigen Ziels des Forschungsvorschlags, das sich aus der ins Auge gefassten Bildgebungstechnologie zur Entschlüsselung der Papyri ergebe, während des Gesprächs mit dem wissenschaftlichen Projektleiter Zweifel an dessen Fähigkeit, die technischen und finanziellen Aspekte des Projekts zu beherrschen, aufgetreten seien.

105

Zum einen ist somit festzustellen, dass bestimmte tatsächliche Gesichtspunkte, auf die der fünfte Gutachter hingewiesen hatte und die der Kläger bestreitet, in den Gründen des Beschlusses des SH5‑Gremiums nicht enthalten sind. Dies gilt insbesondere für die Anmerkung, dass die Technologie der Phasenkontrast-Röntgentomographie bereits von Universitätslehrern angewandt worden sei, die im Rahmen des Vorschlags nicht ausgewiesen worden seien, für die Anmerkung, dass die Beförderung der Manuskripte von Italien nach Frankreich unmöglich sei, und für die Behauptung, dass die Rekonstruktion der in Frage kommenden Texte unter Verwendung dieser Technologie Jahrzehnte dauern würde.

106

Der Bewertungsbericht des fünften Gutachters ist zudem nur ein Faktor unter mehreren, die vom SH5‑Gremium berücksichtigt wurden.

107

Das Bestreiten dieser tatsächlichen Gesichtspunkte ist daher nicht geeignet, einen offensichtlichen Beurteilungsfehler des SH5‑Gremiums zu belegen.

108

Zum anderen trägt der Kläger vor, die Feststellung des fünften Gutachters, er verfüge nicht über ausreichende Erfahrung bei der Anwendung der Phasenkontrast-Röntgentomographie auf Herculanensische Papyri, um den technologischen Teil des Forschungsvorschlags vollständig zu beherrschen, sei fehlerhaft, da die Veröffentlichung eines wissenschaftlichen Artikels, den er zusammen mit seinem Team verfasst habe, diese Beherrschung belege und sein Team über die Fähigkeit verfüge, den technologischen Teil dieses Vorschlags zu verwalten und zu überwachen.

109

Die Bewertung der Beherrschung des technologischen Teils des Forschungsvorschlags durch den Kläger, des Maßes der erforderlichen Beherrschung und des Grades der Bedeutung der technologischen Aspekte unterliegen jedoch der wissenschaftlichen Beurteilung des SH5‑Gremiums.

110

Insoweit sind die Veröffentlichung eines gemeinsam verfassten wissenschaftlichen Artikels und die Anwesenheit von Spezialisten für diese Technologie in dem Forschungsteam nicht geeignet, einen offensichtlichen Beurteilungsfehler des SH5‑Gremiums zu belegen.

111

Denn wie oben in Rn. 104 festgestellt, äußerte das SH5‑Gremium keine Zweifel an der wissenschaftlichen Kompetenz der Mitglieder des Forschungsteams, sondern nur an der Fähigkeit des Klägers, in seiner Eigenschaft als wissenschaftlicher Projektleiter den technologischen Teil des Projekts zu beherrschen.

112

Im Übrigen räumt der Kläger ein, dass er die Antwort auf eine Frage nach den Einzelteilen des für das Projekt vorgesehenen tragbaren Labortisches für Phasenkontrast-Röntgentomographie verweigert habe, da die Frage nicht in sein Fachgebiet falle. Er trägt auch vor, dass die technologischen Einzelheiten im Rahmen des Projekts von zweitrangiger Bedeutung seien und dass sie ohnehin von anderen Mitgliedern des Forschungsteams verwaltet würden.

113

Darüber hinaus ist keiner der vom Kläger vorgebrachten Gesichtspunkte – für sich allein oder gemeinsam mit den anderen – zum Nachweis dafür geeignet, dass das SH5‑Gremium einen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen hat.

114

Drittens ist die Zulassung des Projekts des Klägers im Jahr 2014 keine Garantie für die Zulassung eines späteren ähnlichen Projekts, da die Expertengremien bei jeder Aufforderung zur Einreichung von Vorschlägen eine eigenständige Entscheidung treffen.

115

Das SH5‑Gremium hat daher keinen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen, als es feststellte, dass Zweifel bestünden, ob der Kläger den technologischen Teil des Forschungsvorschlags beherrschen würde.

116

Viertens macht der Kläger geltend, dass der Beschluss, mit dem die Finanzhilfe abgelehnt wurde, durch das zeitgleich gegen ihn geführte Verfahren wegen wissenschaftlichen Fehlverhaltens beeinflusst worden sei und das SH5‑Gremium das ethische Kriterium zulasten des Kriteriums der wissenschaftlichen Exzellenz berücksichtigt habe, was sich aus der Bewertung des fünften Gutachters, aus der Anwesenheit von zwei Mitgliedern des Ethikausschusses bei seinem Gespräch mit dem SH5‑Gremium sowie aus dem inquisitorischen Ton und der Feindseligkeit eines Experten dieses Gremiums ableiten lasse.

117

Wie sich insoweit aus den Rn. 73 bis 78 des vorliegenden Urteils ergibt, ist die Bewertung des fünften Gutachters nur ein Faktor unter mehreren, die vom SH5‑Gremium berücksichtigt wurden.

118

Im Übrigen geht entgegen dem Vorbringen des Klägers aus der Begründung des Beschlusses, mit dem die Finanzhilfe abgelehnt wurde, nicht hervor, dass das SH5‑Gremium die Bewertung des fünften Gutachters uneingeschränkt übernommen hat.

119

Was das Vorbringen betrifft, das SH5‑Gremium sei beim Erlass des Beschlusses, mit dem die Finanzhilfe abgelehnt wurde, von dem zunächst gegen den Kläger eingeleiteten, dann eingestellten Verfahren wegen wissenschaftlichen Fehlverhaltens beeinflusst worden, legt der Kläger keine Beweise vor, die einen solchen Einfluss belegen könnten.

120

Als Erstes lässt sich der Einfluss des gegen den Kläger eingeleiteten Verfahrens wegen wissenschaftlichen Fehlverhaltens nicht einfach aus der vermeintlichen Analogie zwischen den Beanstandungen des fünften Gutachters und den Vorwürfen ableiten, die in diesem Verfahren gegen den Kläger erhoben wurden. Ebenso wenig kann er aus dem angeblich inquisitorischen Ton dieses Gutachters im Gespräch mit dem Kläger abgeleitet werden.

121

Zum einen ist die Bewertung des fünften Gutachters nämlich nur ein Faktor unter mehreren, die vom SH5‑Gremium berücksichtigt wurden, und zum anderen ergibt sich aus der Begründung des Beschlusses, mit dem die Finanzhilfe abgelehnt wurde, nicht, dass das SH5‑Gremium seinen Beschluss auf den Vorwurf der Verwendung von Arbeiten anderer Forscher gestützt hätte.

122

Als Zweites wäre die angebliche Anwesenheit von Mitgliedern des Ethikausschusses bei dem Gespräch des Klägers, selbst wenn sie erwiesen wäre, mangels anderer Beweismittel allein nicht zum Nachweis dafür geeignet, dass das Gremium die Vorschläge auf einer anderen Grundlage als der der wissenschaftlichen Exzellenz ausgewählt hat. Im Übrigen bestreitet die ERCEA, dass Mitglieder des Ethikausschusses bei dem Gespräch mit dem Kläger anwesend waren. Der Kläger hat insoweit keinen Beweis erbracht.

123

Als Drittes ist auch der Umstand, dass der Vorsitzende des SH5‑Gremiums über das gegen den Kläger laufende Verfahren wegen wissenschaftlichen Fehlverhaltens informiert worden war, mangels anderer Beweismittel nicht zum Nachweis dafür geeignet, dass dieses Verfahren das Gremium beeinflusst hat.

124

Folglich hat der Kläger nicht nachgewiesen, dass dem SH5‑Gremium ein Sachverhaltsirrtum oder ein offensichtlicher Beurteilungsfehler unterlaufen ist, als es den Beschluss erließ, mit dem die Finanzhilfe abgelehnt wurde.

125

Ferner können mangels objektiver, schlüssiger und übereinstimmender Indizien, mit denen sich beweisen ließe, dass die angewandten Bewertungskriterien sowie die Bewertung des Vorschlags und des Gesprächs mit dem Kläger ein anderes Ziel als die Bewertung der Wissenschaftlichkeit seines Vorschlags verfolgten, die vom Kläger vorgetragenen Gesichtspunkte auch keinen Ermessensmissbrauch begründen.

126

Der Kläger konnte somit nicht nachweisen, dass der Beschluss, mit dem die Finanzhilfe abgelehnt wurde, rechtswidrig war.

127

Folglich weist der Beschluss vom 26. Februar 2016, soweit in ihm festgestellt wird, dass die ERC‑Regeln eingehalten wurden, nicht die geltend gemachten Rechtsverstöße auf.

128

Der zweite Klagegrund ist somit unbegründet.

Zum dritten Klagegrund: Ermessensmissbrauch aufgrund eines Verstoßes gegen die ERC‑Regeln bei der Bewertung der Forschungsvorschläge

129

Der Kläger macht zunächst im Wesentlichen geltend, dass sein Forschungsvorschlag nicht anhand des Kriteriums der wissenschaftlichen Exzellenz bewertet worden sei, und rügt die Beurteilung der Vorzüge seines Vorschlags, des vom SH5‑Gremium geforderten Maßes der Beherrschung des technologischen Aspekts des Vorschlags und seines Lebenslaufs.

130

Sodann wirft er dem SH5‑Gremium vor, eine oberflächliche Prüfung durchgeführt und sich dabei auf widerlegte Tatsachen gestützt zu haben.

131

Außerdem habe das SH5‑Gremium die Innovationskraft seines Forschungsvorschlags unzutreffend bewertet. Es habe seine Bewertung nicht darauf stützen dürfen, welche Kenntnis der wissenschaftliche Projektleiter von einem zweitrangigen technischen Merkmal habe.

132

Die Verwandlung von fünf äußerst positiven Bewertungen in ein einheitlich negatives Urteil verstoße gegen den Grundgedanken des Leistungsprinzips und sei widersprüchlich.

133

Die ERCEA tritt diesem Vorbringen entgegen.

134

Im Rahmen des dritten Klagegrundes wendet sich der Kläger im Wesentlichen gegen die wissenschaftliche Beurteilung seines Forschungsvorschlags, des vom SH5‑Gremium geforderten Maßes der Beherrschung des technologischen Aspekts des Vorschlags – insbesondere die Berücksichtigung einer von ihm für nachrangig gehaltenen technischen Frage – und seines Lebenslaufs. Er wirft dem SH5‑Gremium außerdem vor, oberflächliche Prüfungen durchgeführt zu haben und sich dabei auf widerlegte Tatsachen gestützt zu haben, und macht geltend, die Verwandlung von fünf positiven Bewertungen in ein negatives Urteil verstoße gegen die ERC‑Regeln und sei ermessensmissbräuchlich.

135

Wie aus der Prüfung der ersten beiden Klagegründe folgt, kann das Vorbringen des Klägers zur wissenschaftlichen Beurteilung seines Forschungsvorschlags, zu dem vom SH5‑Gremium geforderten Maß der Beherrschung des technologischen Aspekts des Vorschlags – insbesondere die Berücksichtigung einer von ihm für nachrangig gehaltenen technischen Frage – sowie zu einem Sachverhaltsirrtum und der angeblichen Divergenz zwischen den Ergebnissen der Einzelbewertungen und dem Beschluss, mit dem die Finanzhilfe abgelehnt wurde, weder einen Sachverhaltsirrtum noch einen offensichtlichen Beurteilungsfehler, einen Ermessensmissbrauch oder einen Verstoß gegen die ERC‑Regeln belegen.

136

Der Kläger konnte somit nicht nachweisen, dass der Beschluss, mit dem die Finanzhilfe abgelehnt wurde, rechtswidrig war.

137

Folglich weist der Beschluss vom 26. Februar 2016, soweit in ihm festgestellt wird, dass die ERC‑Regeln eingehalten wurden, nicht die geltend gemachten Rechtsverstöße auf.

138

Der dritte Klagegrund ist somit unbegründet.

139

Nach alledem sind die im ersten und im zweiten Klageantrag enthaltenen Anträge auf Nichtigerklärung des Beschlusses, mit dem die Finanzhilfe abgelehnt wurde, und des Beschlusses vom 26. Februar 2016, zurückzuweisen.

140

Der Kläger stützt seinen Antrag auf Nichtigerklärung der vorausgehenden, nachfolgenden und mit den angefochtenen Handlungen zusammenhängenden Rechtsakte, darunter die Liste der genehmigten finanzierten Projekte, und seinen Antrag, die ERCEA zur Aufnahme seines Forschungsvorschlags in die Liste der finanzierten Projekte zu verpflichten, auf die geltend gemachte Rechtswidrigkeit des Beschlusses, mit dem die Finanzhilfe abgelehnt wurde, und des Beschlusses vom 26. Februar 2016.

141

Da die Klagegründe bezüglich des Beschlusses, mit dem die Finanzhilfe abgelehnt wurde, und des Beschlusses vom 26. Februar 2016 zurückgewiesen worden sind, sind der Antrag auf Nichtigerklärung der vorausgehenden, nachfolgenden und mit den angefochtenen Handlungen zusammenhängenden Rechtsakte, der Antrag auf Nichtigerklärung der Liste der genehmigten Projekte und der Antrag, die ERCEA zur Aufnahme seines Forschungsvorschlags in die Liste der finanzierten Projekte zu verpflichten, ebenfalls zurückzuweisen.

Zu den Anträgen auf Vorlage von Dokumenten

142

Der Kläger beantragt, die Vorlage erstens der Rangliste der genehmigten, vom SH5‑Gremium finanzierten Projekte, zweitens der abschließenden Beurteilungen, der Einzelbewertungen und der Benotungen für die genehmigten und vom SH5‑Gremium finanzierten Projekte, drittens der gegen seinen Forschungsvorschlag eingelegten Beschwerde wegen wissenschaftlichen Fehlverhaltens, viertens des Namens des anonymen fünften Prüfers seines Forschungsvorschlags und fünftens der Aufzeichnung seines Gesprächs mit dem SH5‑Gremium vom 12. November 2015 anzuordnen.

143

Nach der Rechtsprechung muss die antragstellende Partei, damit das Gericht feststellen kann, ob die Anordnung der Vorlage bestimmter Unterlagen dem ordnungsgemäßen Ablauf des Verfahrens dienlich wäre, die erbetenen Dokumente bezeichnen und dem Gericht zumindest einen Anhaltspunkt dafür geben, dass diese Dokumente für das Verfahren zweckdienlich sind (Urteile vom 17. Dezember 1998, Baustahlgewebe/Kommission, C‑185/95 P, EU:C:1998:608, Rn. 93, und vom 8. Oktober 2008, Sogelma/EAR, T‑411/06, EU:T:2008:419, Rn. 152).

144

Zunächst wären die Rangliste der genehmigten und vom SH5‑Gremium finanzierten Projekte sowie die abschließenden Beurteilungen, die Einzelbewertungen und die Benotungen für diese Projekte nur dann zweckdienlich, wenn der Vergleich des Forschungsvorschlags des Klägers mit diesen Projekten einen offensichtlichen Beurteilungsfehler oder einen Verstoß des SH5‑Gremiums gegen die ERC‑Regeln belegen könnte.

145

Dieser Vergleich fällt jedoch unter die wissenschaftliche Beurteilung der Forschungsvorschläge.

146

Wenn jedoch Beweise für einen Beurteilungsfehler bezüglich des Forschungsvorschlags des Antragstellers fehlen, lässt sich mit dem genannten Vergleich für sich genommen kein offensichtlicher Beurteilungsfehler oder Verstoß gegen die ERC‑Regeln nachweisen.

147

Die Rangliste der genehmigten Projekte, die abschließenden Beurteilungen, die Einzelbewertungen und die Benotungen für diese Projekte sind daher für das Verfahren nicht zweckdienlich.

148

Sodann ist, wie sich aus den Rn. 87 bis 90 und 121 bis 123 des vorliegenden Urteils ergibt, die Beschwerde wegen wissenschaftlichen Fehlverhaltens, die gegen den Forschungsvorschlag des Klägers eingelegt wurde, für das Verfahren nicht zweckdienlich, da sie ohne andere Beweismittel und ohne den Nachweis, dass sich das SH5‑Gremium bei der Bewertung des Vorschlags von dieser Beschwerde beeinflussen ließ, nicht geeignet, einen Ermessensmissbrauch, einen offensichtlichen Beurteilungsfehler oder einen Verstoß gegen die ERC‑Regeln zu belegen.

149

Das Gleiche gilt für den Namen des anonymen fünften Gutachters.

150

Da der Inhalt des Gesprächs des Klägers von den Parteien nicht bestritten wird und nicht geeignet ist, einen Ermessensmissbrauch, einen offensichtlichen Beurteilungsfehler oder einen Verstoß gegen die ERC‑Regeln zu belegen, ist die Aufzeichnung des Gesprächs für das Verfahren nicht zweckdienlich.

151

Es besteht somit kein Anlass, die Vorlage dieser Dokumente anzuordnen.

152

Nach alledem ist die Klage insgesamt abzuweisen.

Kosten

153

Nach Art. 134 Abs. 1 der Verfahrensordnung des Gerichts ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da der Kläger unterlegen ist, sind ihm gemäß dem Antrag der ERCEA seine eigenen Kosten und die Kosten der ERCEA aufzuerlegen.

 

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Zweite Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

 

1.

Die Klage wird abgewiesen.

 

2.

Herr Graziano Ranocchia trägt die Kosten.

 

Prek

Buttigieg

Berke

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 5. Februar 2018.

Unterschriften


( *1 ) Verfahrenssprache: Italienisch.