URTEIL DES GERICHTS (Achte Kammer)

7. Februar 2013 ( *1 )

„Dumping — Einfuhren von Lösungen von Harnstoff und Ammoniumnitrat mit Ursprung in Russland — Antrag auf Überprüfung vor Auslaufen der Maßnahmen — Antrag auf Interimsüberprüfung — Zulässigkeit — Normalwert — Ausfuhrpreis — Art. 1, 2 und 11 Abs. 1 bis 3 der Verordnung (EG) Nr. 384/96 (jetzt Art. 1, 2 und 11 Abs. 1 bis 3 der Verordnung [EG] Nr. 1225/2009)“

In der Rechtssache T-84/07

EuroChem Mineral and Chemical Company OAO (EuroChem MCC) mit Sitz in Moskau (Russland), Prozessbevollmächtigte: zunächst Rechtsanwälte P. Vander Schueren und B. Evtimov, dann Rechtsanwalt B. Evtimov und Solicitor D. O’Keeffe,

Klägerin,

gegen

Rat der Europäischen Union, vertreten durch J.-P. Hix und B. Driessen als Bevollmächtigte im Beistand von Rechtsanwalt G. Berrisch,

Beklagter,

unterstützt durch

Europäische Kommission, vertreten durch H. van Vliet und K. Talabér-Ritz als Bevollmächtigte,

Streithelferin,

betreffend eine Klage auf Nichtigerklärung der Verordnung (EG) Nr. 1911/2006 des Rates vom 19. Dezember 2006 zur Einführung eines endgültigen Antidumpingzolls auf die Einfuhren von Lösungen von Harnstoff und Ammoniumnitrat mit Ursprung in Algerien, Belarus, Russland und der Ukraine nach einer Überprüfung gemäß Artikel 11 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 384/96 (ABl. L 365, S. 26)

erlässt

DAS GERICHT (Achte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten L. Truchot, des Richters H. Kanninen (Berichterstatter) und der Richterin M. E. Martins Ribeiro,

Kanzler: N. Rosner, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 8. Dezember 2011

folgendes

Urteil

Rechtlicher Rahmen

1

Die Antidumping-Grundregelung wird gebildet durch die Verordnung (EG) Nr. 384/96 des Rates vom 22. Dezember 1995 über den Schutz gegen gedumpte Einfuhren aus nicht zur Europäischen Gemeinschaft gehörenden Ländern (ABl. 1996, L 56, S. 1) in geänderter Fassung (im Folgenden: Grundverordnung) (ersetzt durch die Verordnung [EG] Nr. 1225/2009 des Rates vom 30. November 2009 über den Schutz gegen gedumpte Einfuhren aus nicht zur Europäischen Gemeinschaft gehörenden Ländern [ABl. L 343, S. 51, berichtigt im ABl. 2010, L 7, S. 22]).

2

Art. 1 Abs. 1 und 2 der Grundverordnung (jetzt Art. 1 Abs. 1 und 2 der Verordnung Nr. 1225/2009) lautet:

„(1)   Ein Antidumpingzoll kann auf jede Ware erhoben werden, die Gegenstand eines Dumpings ist und deren Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr in der Gemeinschaft eine Schädigung verursacht.

(2)   Eine Ware gilt als gedumpt, wenn ihr Preis bei der Ausfuhr in die Gemeinschaft niedriger ist als der vergleichbare Preis der zum Verbrauch im Ausfuhrland bestimmten gleichartigen Ware im normalen Handelsverkehr.“

3

Art. 2 der Grundverordnung (jetzt Art. 2 der Verordnung Nr. 1225/2009) bestimmt:

„(1)   Der Normalwert stützt sich normalerweise auf die Preise, die im normalen Handelsverkehr von unabhängigen Abnehmern im Ausfuhrland gezahlt wurden oder zu zahlen sind.

Wird jedoch die gleichartige Ware von dem Ausführer im Ausfuhrland weder hergestellt noch verkauft, so kann der Normalwert anhand der Preise der anderen Verkäufer oder Hersteller ermittelt werden.

Die Preise zwischen Parteien, zwischen denen eine geschäftliche Verbindung oder eine Ausgleichsvereinbarung besteht, können nur dann als im normalen Handelsverkehr angesehen und für die Ermittlung des Normalwerts herangezogen werden, wenn festgestellt wird, dass sie durch diese Geschäftsbeziehung nicht beeinflusst werden.

(2)   Die Verkäufe der gleichartigen Ware zum Verbrauch auf dem Inlandsmarkt werden normalerweise bei der Ermittlung des Normalwerts zugrunde gelegt, wenn die verkauften Mengen 5 v. H. oder mehr der verkauften Mengen der betreffenden Ware in die Gemeinschaft ausmachen.

Ein niedrigerer Prozentsatz kann jedoch zulässig sein, wenn beispielsweise die in Rechnung gestellten Preise für den betreffenden Markt als repräsentativ angesehen werden.

(3)   Wird die gleichartige Ware im normalen Handelsverkehr nicht oder nur in unzureichenden Mengen verkauft oder lassen diese Verkäufe wegen der besonderen Marktlage keinen angemessenen Vergleich zu, so wird der Normalwert der gleichartigen Ware anhand der Herstellkosten in dem Ursprungsland zuzüglich eines angemessenen Betrags für Vertriebs-, Verwaltungs- und Gemeinkosten und für Gewinne oder anhand der Preise bestimmt, die bei der Ausfuhr in ein geeignetes Drittland im normalen Handelsverkehr gelten, sofern diese Preise repräsentativ sind. Von einer besonderen Marktlage für die betroffene Ware im Sinne des vorstehenden Satzes kann unter anderem dann ausgegangen werden, wenn die Preise künstlich niedrig sind, wenn in beträchtlichem Umfang Barterhandel betrieben wird oder wenn nichtkommerzielle Verarbeitungsvereinbarungen bestehen.

(5)   Die Kosten werden normalerweise anhand der Aufzeichnungen der Partei berechnet, sofern diese Aufzeichnungen den allgemein anerkannten Buchführungsgrundsätzen des betreffenden Landes entsprechen und nachgewiesen wird, dass diese Aufzeichnungen die mit der Produktion und dem Verkauf der betreffenden Ware verbundenen Kosten in angemessener Weise widerspiegeln. Spiegeln die Aufzeichnungen der betreffenden Partei die mit der Produktion und dem Verkauf der betreffenden Ware verbundenen Kosten nicht in angemessener Weise wider, so werden diese Kosten berichtigt oder anhand der Kosten anderer Hersteller oder Ausführer in demselben Land bzw., wenn solche Informationen nicht zur Verfügung stehen oder nicht verwendet werden können, auf einer anderen angemessenen Grundlage einschließlich Informationen aus anderen repräsentativen Märkten ermittelt.

Die für die ordnungsgemäße Kostenverteilung vorgelegten Nachweise werden berücksichtigt, sofern diese Kostenverteilungen traditionell vorgenommen wurden. In Ermangelung einer besseren Methode wird die Kostenverteilung auf Umsatzbasis bevorzugt. Sofern dies nicht bereits bei den Kostenverteilungen gemäß diesem Unterabsatz erfolgt ist, werden angemessene Berichtigungen für die nicht wiederkehrenden Kostenfaktoren vorgenommen, die der künftigen und/oder derzeitigen Produktion zugutekommen.

Werden die Kosten während eines Teils des Kostendeckungszeitraums durch die Inbetriebnahme neuer Produktionsanlagen, die erhebliche zusätzliche Investitionen erfordern, und durch niedrige Kapazitätsauslastungsraten beeinflusst, die sich aus der Produktionsaufnahme innerhalb oder während eines Teils des Untersuchungszeitraums ergeben, so werden die Kosten am Ende der Anlaufphase unter Berücksichtigung der vorgenannten Aufteilungsregeln zugrunde gelegt und auf dieser Höhe für den betreffenden Zeitraum in die in Absatz 4 Unterabsatz 2 genannten gewogenen durchschnittlichen Kosten einbezogen. Die Dauer der Anlaufphase wird unter Berücksichtigung der Umstände des betreffenden Herstellers oder Ausführers bestimmt, darf aber einen angemessenen anfänglichen Anteil an dem Kostendeckungszeitraum nicht übersteigen. Für diese Kostenberichtigung während des Untersuchungszeitraums werden die Angaben zu der Anlaufphase, die sich über den Untersuchungszeitraum hinaus erstreckt, berücksichtigt, sofern sie vor den Kontrollbesuchen und innerhalb von drei Monaten nach der Einleitung der Untersuchung vorgelegt werden.

(6)   Die Beträge für Vertriebs-, Verwaltungs- und Gemeinkosten sowie für Gewinne werden anhand der Zahlen festgesetzt, die der Ausführer oder Hersteller bei der Produktion und dem Verkauf der gleichartigen Ware im normalen Handelsverkehr tatsächlich verzeichnet. Ist dies nicht möglich, so können die Beträge festgesetzt werden

a)

anhand des gewogenen Durchschnitts der tatsächlichen Beträge, die für andere untersuchte Ausführer oder Hersteller bei der Produktion und dem Verkauf der gleichartigen Ware auf dem Inlandsmarkt des Ursprungslandes ermittelt wurden;

b)

anhand der Beträge, die der betreffende Ausführer oder Hersteller bei der Produktion und dem Verkauf von Waren der gleichen allgemeinen Warengruppe auf dem Inlandsmarkt des Ursprungslandes tatsächlich verzeichnet;

c)

anhand jeder anderen vertretbaren Methode, sofern der auf diese Weise ermittelte Gewinn nicht höher ist als der Gewinn, den andere Ausführer oder Hersteller bei Verkäufen von Waren der gleichen allgemeinen Warengruppe auf dem Inlandsmarkt des Ursprungslandes erzielen.

a)

Im Fall von Einfuhren aus Ländern ohne Marktwirtschaft … erfolgt die Ermittlung des Normalwerts auf der Grundlage des Preises oder des rechnerisch ermittelten Wertes in einem Drittland mit Marktwirtschaft oder des Preises, zu dem die Ware aus einem solchen Drittland in andere Länder sowie in die Gemeinschaft verkauft wird; falls dies nicht möglich ist, erfolgt die Ermittlung auf jeder anderen angemessenen Grundlage, einschließlich des für die gleichartige Ware in der Gemeinschaft tatsächlich gezahlten oder zu zahlenden Preises, der erforderlichenfalls um eine angemessene Gewinnspanne gebührend berichtigt wird.

Ein geeignetes Drittland mit Marktwirtschaft wird auf nicht unvertretbare Weise unter gebührender Berücksichtigung aller zum Zeitpunkt der Auswahl zur Verfügung stehenden zuverlässigen Informationen ausgewählt. Ferner werden die Terminzwänge berücksichtigt, und es wird, soweit angemessen, ein Drittland mit Marktwirtschaft herangezogen, das Gegenstand der gleichen Untersuchung ist.

(10)   Zwischen dem Ausfuhrpreis und dem Normalwert wird ein gerechter Vergleich durchgeführt. Dieser Vergleich erfolgt auf derselben Handelsstufe und unter Zugrundelegung von Verkäufen, die zu möglichst nahe beieinander liegenden Zeitpunkten getätigt werden, sowie unter gebührender Berücksichtigung anderer Unterschiede, die die Vergleichbarkeit der Preise beeinflussen. Ist die Vergleichbarkeit der ermittelten Normalwerte und Ausfuhrpreise nicht gegeben, werden, auf Antrag, jedes Mal gebührende Berichtigungen für Unterschiede bei Faktoren vorgenommen, die nachweislich die Preise und damit die Vergleichbarkeit der Preise beeinflussen. Dabei wird jede doppelte Berichtigung vermieden, insbesondere für Preisnachlässe, Rabatte, unterschiedliche Mengen und unterschiedliche Handelsstufen. …

i)

Provisionen

Eine Berichtigung wird vorgenommen für Unterschiede bei den Provisionen, die für die betreffenden Verkäufe gezahlt werden. Als ‚Provision‘ gilt auch der Aufschlag, den ein Unternehmen, das mit der Ware oder der gleichartigen Ware handelt, erhält, sofern dieser Händler ähnliche Funktionen ausübt wie ein auf Provisionsgrundlage tätiger Vertreter.

…“

4

In Art. 11 Abs. 1 bis 3 und 5 der Grundverordnung (jetzt Art. 11 Abs. 1 bis 3 und 5 der Verordnung Nr. 1225/2009) heißt es:

„(1)   Eine Antidumpingmaßnahme bleibt nur so lange und in dem Umfang in Kraft, wie dies notwendig ist, um das schädigende Dumping unwirksam zu machen.

(2)   Eine endgültige Antidumpingmaßnahme tritt fünf Jahre nach ihrer Einführung oder fünf Jahre nach dem Datum des Abschlusses der letzten Überprüfung außer Kraft, die sowohl das Dumping als auch die Schädigung betraf, außer wenn in einer Überprüfung festgestellt wird, dass das Dumping und die Schädigung bei einem Auslaufen der Maßnahme wahrscheinlich anhalten oder erneut auftreten würden. …

(3)   Die Notwendigkeit der Aufrechterhaltung der Maßnahmen kann bei Bedarf ebenfalls von der Kommission von Amts wegen oder auf Antrag eines Mitgliedstaats oder, sofern seit der Einführung der endgültigen Maßnahme eine angemessene Zeitspanne, mindestens aber ein Jahr vergangen ist, auf Antrag eines Ausführers oder Einführers oder der Gemeinschaftshersteller überprüft werden, wenn dieser Antrag ausreichende Beweise für die Notwendigkeit einer solchen Interimsüberprüfung enthält.

Eine Interimsüberprüfung wird eingeleitet, wenn der Antrag ausreichende Beweise dafür enthält, dass die Aufrechterhaltung der Maßnahme zum Ausgleich des Dumpings nicht mehr notwendig ist und/oder dass die Schädigung im Fall der Aufhebung oder Änderung der Maßnahme wahrscheinlich nicht anhalten oder erneut auftreten würde oder dass die Maßnahme nicht oder nicht mehr ausreicht, um das schädigende Dumping unwirksam zu machen.

(5)   Die einschlägigen Bestimmungen dieser Verordnung über die Verfahren und den Ablauf von Untersuchungen, abgesehen von den Bestimmungen über die Fristen, gelten für die Überprüfungen nach den Absätzen 2, 3 und 4. Diese Überprüfungen werden ohne Verzögerungen durchgeführt und normalerweise innerhalb von zwölf Monaten nach der Einleitung der Überprüfungen abgeschlossen. …“

5

Die Erwägungsgründe 3 und 4 der Verordnung (EG) Nr. 1972/2002 des Rates vom 5. November 2002 zur Änderung der Grundverordnung (ABl. L 305, S. 1) lauten:

„(3)

In Artikel 2 Absatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 384/96 ist unter anderem festgelegt, dass der Normalwert, falls die Verkäufe der gleichartigen Ware wegen einer besonderen Marktlage keinen angemessenen Vergleich zulassen, anhand der Herstellkosten in dem Ursprungsland zuzüglich eines angemessenen Betrags für Vertriebs-, Verwaltungs- und Gemeinkosten und für Gewinne oder anhand der Preise zu bestimmen ist, die bei der Ausfuhr in ein geeignetes Drittland im normalen Handelsverkehr gelten, sofern diese repräsentativ sind. Es sollte sicherheitshalber geklärt werden, welche Umstände eine besondere Marktlage begründen könnten, in der die Verkäufe der gleichartigen Ware keinen angemessenen Vergleich zulassen. Solche Umstände können beispielsweise aufgrund von Barterhandel oder anderen nichtkommerziellen Verarbeitungsvereinbarungen oder anderen Markthindernissen bestehen. Unter solchen Bedingungen spiegeln die Marktsignale möglicherweise Angebot und Nachfrage nicht angemessen wider, was sich wiederum auf die entsprechenden Kosten und Preise auswirken und dazu führen kann, dass die Inlandspreise nicht mit den Weltmarktpreisen oder den Preisen auf anderen repräsentativen Märkten im Einklang stehen. Angesichts der Vielzahl möglicher besonderer Marktlagen, die keinen angemessenen Vergleich zulassen, können diesbezügliche Erläuterungen selbstverständlich nicht erschöpfender Natur sein.

(4)

Es sollten bestimmte Verfahrensregeln für den Fall festgelegt werden, dass die Aufzeichnungen gemäß Artikel 2 Absatz 5 der Verordnung (EG) Nr. 384/96 die mit der Produktion und dem Verkauf der betreffenden Ware verbundenen Kosten nicht in angemessener Weise widerspiegeln, insbesondere dann, wenn die Verkäufe der gleichartigen Ware wegen einer besonderen Marktlage keinen angemessenen Vergleich zulassen. In diesem Fall sind die erforderlichen Informationen aus Quellen einzuholen, die von diesen Verzerrungen nicht betroffen sind. Dabei kann es sich um die Kosten anderer Hersteller oder Ausführer in demselben Land handeln oder, wenn solche Angaben nicht verfügbar sind oder nicht verwendet werden können, um jede andere angemessene Grundlage einschließlich Informationen aus anderen repräsentativen Märkten. Die entsprechenden Informationen können entweder zur Berichtigung bestimmter Posten der Aufzeichnungen der betroffenen Partei oder, wenn dies nicht möglich ist, zur Ermittlung der Kosten der betroffenen Partei herangezogen werden.“

6

Art. 2 des Übereinkommens zur Durchführung des Artikels VI des Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommens von 1994 (ABl. 1994, L 336, S. 103, im Folgenden: Antidumping-Übereinkommen von 1994), das in Anhang 1A des Übereinkommens zur Einrichtung der Welthandelsorganisation (WTO) aufgeführt ist, welches durch den Beschluss 94/800/EG des Rates vom 22. Dezember 1994 über den Abschluss der Übereinkünfte im Rahmen der multilateralen Verhandlungen der Uruguay-Runde (1986–1994) im Namen der Europäischen Gemeinschaft in Bezug auf die in ihre Zuständigkeiten fallenden Bereiche (ABl. L 336, S. 1) genehmigt worden ist, bestimmt unter 2.2.1.1:

„Für die Zwecke des Absatzes 2 werden die Kosten normalerweise anhand der Aufzeichnungen des untersuchten Ausführers oder Herstellers berechnet, sofern diese Aufzeichnungen den allgemein anerkannten Buchführungsgrundsätzen des Ausfuhrlandes entsprechen und die mit der Produktion und dem Verkauf der fraglichen Ware zusammenhängenden Kosten angemessen darstellen. Die Behörden berücksichtigen alle verfügbaren Nachweise für die ordnungsgemäße Kostenverteilung – einschließlich der Nachweise, die der Ausführer oder Hersteller während der Untersuchung vorlegt –, sofern solche Kostenverteilungen traditionell von dem Ausführer oder Hersteller vorgenommen wurden, und dies insbesondere im Hinblick auf die Festsetzung angemessener Tilgungs- und Abschreibungszeiträume sowie angemessener Berichtigungen für Investitionsausgaben und sonstige Entwicklungskosten. Sofern dies nicht bereits bei den Kostenverteilungen gemäß diesem Unterabsatz erfolgt ist, werden angemessene Berichtigungen vorgenommen für die nichtwiederkehrenden Kostenfaktoren, die der künftigen und/oder derzeitigen Produktion zugutekommen, sowie in den Fällen, in denen die Kosten im Untersuchungszeitraum durch die Produktionsaufnahme beeinflusst werden.“

Vorgeschichte des Rechtsstreits

7

Am 18. September 2000 erließ der Rat der Europäischen Union die Verordnung (EG) Nr. 1995/2000 des Rates zur Einführung eines endgültigen Antidumpingzolls und zur endgültigen Vereinnahmung der vorläufigen Zölle auf die Einfuhren von Lösungen von Harnstoff und Ammoniumnitrat mit Ursprung in Algerien, Belarus, Litauen, Russland und der Ukraine und zur Einstellung des Antidumpingverfahrens betreffend die Einfuhren mit Ursprung in der Slowakischen Republik (ABl. L 238, S. 15). Die gegenüber den Einfuhren von Harnstoff und Ammoniumnitrat (im Folgenden: HAN oder fragliche Ware) mit Ursprung in Litauen eingeführten Maßnahmen traten nach der am 1. Mai 2004 vollzogenen Erweiterung der Europäischen Union außer Kraft.

Zum Antrag auf Überprüfung wegen Auslaufens der Antidumpingmaßnahmen

8

Im Anschluss an die am 17. Dezember 2004 erfolgte Veröffentlichung einer Bekanntmachung über das bevorstehende Außerkrafttreten bestimmter Antidumpingmaßnahmen und Ausgleichsmaßnahmen (ABl. C 312, S. 5) ging bei der Kommission der Europäischen Gemeinschaften am 20. Juni 2005 ein Antrag nach Art. 11 Abs. 2 der Grundverordnung auf Überprüfung wegen dieses Auslaufens der Maßnahmen ein. Der Antrag wurde von der European Fertilizer Manufacturers Association (Verband der europäischen Düngemittelhersteller, EFMA) eingereicht.

9

Die Kommission gelangte nach Anhörung des Beratenden Ausschusses zu dem Schluss, dass genügend Beweise vorlägen, um die Einleitung einer Überprüfung wegen des bevorstehenden Außerkrafttretens der für die Einfuhren von HAN mit Ursprung in Algerien, Belarus, Russland und der Ukraine geltenden Antidumpingmaßnahmen zu rechtfertigen, und veröffentlichte am 22. September 2005 eine Bekanntmachung über die Einleitung einer Überprüfung wegen des bevorstehenden Außerkrafttretens der Maßnahmen gemäß Art. 11 Abs. 2 der Grundverordnung (ABl. C 233, S. 14).

10

Die Untersuchung der Wahrscheinlichkeit eines Anhaltens oder erneuten Auftretens von Dumping erstreckte sich über den Zeitraum vom 1. Juli 2004 bis zum 30. Juni 2005 (im Folgenden: Überprüfungszeitraum). Die Untersuchung der für die Beurteilung der Wahrscheinlichkeit eines Anhaltens oder Wiederauftretens der Schädigung relevanten Trends betraf den Zeitraum vom 1. Januar 2002 bis zum Ende des Überprüfungszeitraums.

11

Die interessierten Parteien erhielten Gelegenheit, innerhalb der in der Einleitungsbekanntmachung gesetzten Frist schriftlich Stellung zu nehmen und ihre Anhörung zu beantragen. Alle interessierten Parteien, die besondere Gründe für ihre Anhörung geltend machten, wurden auf ihren entsprechenden Antrag gehört.

12

Am 19. Dezember 2006 erließ der Rat die Verordnung (EG) Nr. 1911/2006 zur Einführung eines endgültigen Antidumpingzolls auf die Einfuhren von Lösungen von HAN mit Ursprung in Algerien, Belarus, Russland und der Ukraine nach einer Überprüfung gemäß Artikel 11 Absatz 2 der Grundverordnung (ABl. L 365, S. 26, im Folgenden: angefochtene Verordnung). Dieser Verordnung zufolge beschloss der Rat, die Antidumpingmaßnahmen für Einfuhren von HAN mit Ursprung u. a. in Russland aufrechtzuerhalten. Dazu führte er auf die Einfuhren von Mischungen von Harnstoff und Ammoniumnitrat in wässriger oder ammoniakalischer Lösung des KN-Codes 3102 80 00 mit Ursprung u. a. in Russland einen endgültigen Antidumpingzoll ein. Die Klägerin, ein russischer ausführender Hersteller, ist eines der von diesem Antidumpingzoll erfassten Unternehmen.

13

Die Erwägungsgründe 58 bis 63 der angefochtenen Verordnung lauten:

„(58)

Es wurde geprüft, ob die Angaben der betroffenen Parteien die mit der Produktion und dem Verkauf der untersuchten Ware verbundenen Kosten angemessen widerspiegeln. Hinsichtlich der Gaskosten ergab die Untersuchung, dass der von den russischen Herstellern gezahlte Gaspreis rund ein Fünftel des Preises für russische Erdgasausfuhren betrug. Alle verfügbaren Informationen deuten darauf hin, dass die russischen Inlandsgaspreise reguliert sind und weit unter den Marktpreisen liegen, die auf nichtregulierten Märkten für Erdgas gezahlt werden. Deshalb wurden die Gaskosten der russischen Hersteller gemäß Artikel 2 Absatz 5 der Grundverordnung auf der Grundlage von Informationen anderer repräsentativer Märkte berichtigt. Für die Preisberichtigung wurde der Durchschnittspreis für russisches Gas bei der Ausfuhr an der deutsch/tschechischen Grenze (Grenzübergang Waidhaus), abzüglich Transportkosten, herangezogen. Waidhaus ist der Hauptumschlagplatz für russische Gaslieferungen in die [Europäische Union], die den größten Abnehmer für russisches Erdgas darstellt und in der die Preise die Kosten angemessen widerspiegeln; daher kann dieser Markt als repräsentativ im Sinne von Artikel 2 Absatz 5 der Grundverordnung angesehen werden.

(59)

Für die Ermittlung des Normalwerts wurden die Herstellkosten für den in die Gemeinschaft ausgeführten Warentyp zugrunde gelegt, im Anschluss an die unter [dem 58. Erwägungsgrund] beschriebene Berichtigung des Gaspreises und zuzüglich eines angemessenen Betrags für VVG-Kosten [Vertriebs-, Verwaltungs- und Gemeinkosten] und Gewinne gemäß Artikel 2 Absätze 3 und 6 der Grundverordnung.

(60)

… VVG-Kosten und Gewinne gemäß Artikel 2 Absatz 6 erster Satz der Grundverordnung [konnten] nicht ermittelt werden, da die verbundenen Hersteller im normalen Handelsverkehr keine repräsentativen Inlandsverkäufe der betroffenen Ware aufwiesen. Artikel 2 Absatz 6 Buchstabe a konnte nicht angewandt werden, da nur diese beiden Hersteller untersucht werden. Artikel 2 Absatz 6 Buchstabe b konnte ebenfalls nicht angewandt werden, da die Herstellkosten für Waren, die zu derselben allgemeinen Warengruppe gehören, aus den unter [dem 58. Erwägungsgrund] genannten Gründen hinsichtlich der Gaspreise ebenfalls berichtigt werden müssten. Da es sich als unmöglich erwies, die Größenordnung der notwendigen Berichtigung für alle zu ein und derselben allgemeinen Warengruppe gehörenden Waren zu bestimmen, die auf dem Inlandsmarkt verkauft wurden, war es ebenfalls unmöglich, die Gewinnspannen nach einer solchen Berichtigung zu ermitteln. Mithin wurden VVG-Kosten und Gewinne entsprechend Artikel 2 Absatz 6 Buchstabe c der Grundverordnung festgesetzt.

(61)

… VVG-Kosten und Gewinne [wurden] anhand der gewogenen durchschnittlichen VVG-Kosten und Gewinne derselben drei nordamerikanischen Hersteller ermittelt. Der so festgesetzte Gewinn lag nicht über dem Gewinn, den die russischen Hersteller durch den Verkauf von Waren derselben allgemeinen Warengruppe auf ihrem Inlandsmarkt erzielten.

(62)

Die Untersuchung ergab, dass die Ausfuhrverkäufe der beiden kooperierenden Hersteller im Rahmen eines Handelsvertretervertrags über zwei verbundene Händler getätigt wurden, von denen der eine in der Schweiz und der andere auf den britischen Jungferninseln ansässig ist. Letzteres Unternehmen stellte seine Tätigkeit Anfang 2005 ein. Der Ausfuhrpreis wurde auf der Grundlage der Ausfuhrpreise ermittelt, die vom ersten unabhängigen Abnehmer in den USA, ihrem wichtigsten Exportmarkt, gezahlt wurden oder zu zahlen sind.

(63)

Den Angaben der beiden verbundenen Händler zufolge lagen die Preise für Ausfuhren in Drittländer unter dem für Russland rechnerisch ermittelten Normalwert. Die Untersuchung ergab, dass sich dieser Preisunterschied im [Überprüfungszeitraum] zwischen 2 % und 6 % bewegte. Dies deutet darauf hin, dass es bei einem Außerkrafttreten der Maßnahmen erneut zu gedumpten Ausfuhren in die Gemeinschaft kommen könnte.“

Zum Antrag der Klägerin auf teilweise Interimsüberprüfung

14

Am 1. August 2005 ging bei der Kommission des Weiteren ein Antrag nach Art. 11 Abs. 3 der Grundverordnung auf teilweise Interimsüberprüfung der mit der Verordnung Nr. 1995/2000 getroffenen Maßnahmen ein. Dieser Antrag wurde von zwei russischen ausführenden Herstellern, Novomoskovskiy Azot (im Folgenden: NAK) und Nevinnomyssky Azot (im Folgenden: Nevinka) – beide Tochtergesellschaften der Klägerin (im Folgenden gemeinsam: Klägerin) –, gestellt. Zur Stützung ihres Antrags berief sich die Klägerin auf zwei Ereignisse, die ihrer Ansicht nach von erheblicher Bedeutung sind, nämlich die Zuerkennung des Status einer Marktwirtschaft an die Russische Föderation im Jahr 2002 und die Erweiterung der Europäischen Union um zehn neue Mitgliedstaaten am 1. Mai 2004.

15

Die Kommission antwortete der Klägerin mit Schreiben vom 10. August 2005 und ersuchte sie, eine vollständige Dumpingberechnung auf der Grundlage von nach Einzelgeschäften aufgeschlüsselten Listen aller Inlands- und Ausfuhrverkäufe der fraglichen Ware sowie von Angaben über die entsprechenden Herstellkosten vorzulegen, was durch gebräuchliche Nachweise zu belegen sei.

16

In ihrer Antwort vom 9. September 2005 übermittelte die Klägerin eine Dumpingberechnung in Tabellenform. Am 27. Oktober 2005 reichte sie weitere Unterlagen, ergänzende Tabellen und Belege ein.

17

Mit Schreiben vom 16. Dezember 2005 rügte die Klägerin die bei der Behandlung ihres Antrags eingetretene Verzögerung, worauf die Kommission ihr mit Schreiben vom 23. Dezember 2005 erläuterte, dass diese Verzögerung auf die Unzulänglichkeit der vorgelegten Unterlagen zurückzuführen sei.

18

Mit Schreiben vom 16. März 2006 forderte die Kommission die Klägerin zur Behebung bestimmter Mängel auf.

19

Nachdem die Klägerin mit Schreiben vom 12. Mai, 31. Oktober und 23. November 2006 weitere Informationen übermittelt hatte, leitete die Kommission mit der Veröffentlichung einer Bekanntmachung im Amtsblatt der Europäischen Union (ABl. C 311, S. 51) am 19. Dezember 2006 die Interimsüberprüfung ein. Die Kommission gelangte nach Konsultierung des Beratenden Ausschusses zu der Schlussfolgerung, dass der Antrag ausreichende Anscheinsbeweise enthalte.

20

Bei der Überprüfung wurde nur das Vorliegen von Dumping im Hinblick auf die Klägerin geprüft. Die Dumpinguntersuchung betraf den Zeitraum vom 1. Oktober 2005 bis 30. September 2006.

21

Alle interessierten Parteien, die besondere Gründe für ihre Anhörung nachwiesen, wurden auf ihren entsprechenden Antrag gehört.

22

Am 10. März 2008 erließ der Rat die Verordnung (EG) Nr. 238/2008 zur Einstellung der gemäß Artikel 11 Absatz 3 der Grundverordnung durchgeführten teilweisen Interimsüberprüfung des Antidumpingzolls auf die Einfuhren von HAN mit Ursprung in Russland (ABl. L 75, S. 14). Diese Überprüfung wurde ohne Änderung der geltenden Maßnahmen geschlossen.

Verfahren und Anträge der Parteien

23

Mit Klageschrift, die am 13. März 2007 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Klägerin die vorliegende Klage erhoben.

24

Die Klägerin beantragt,

die angefochtene Verordnung, insbesondere deren Art. 1, für nichtig zu erklären, soweit sie und die im 14. Erwägungsgrund Buchst. a und b dieser Verordnung genannten mit ihr verbundenen Gesellschaften betroffen sind;

dem Rat die Kosten aufzuerlegen.

25

Der Rat beantragt,

die Klage abzuweisen;

der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

26

Auf ihren Streithilfeantrag vom 3. Juli 2007 wurde die Kommission durch Beschluss des Präsidenten der Dritten Kammer des Gerichts vom 7. September 2007 als Streithelferin zur Unterstützung der Anträge des Rates zugelassen.

27

Nach der Einreichung eines zusätzlichen Schriftstücks durch die Klägerin in der mündlichen Verhandlung hat der Rat dem Gericht am 3. Januar 2012 eine Stellungnahme übermittelt, mit der er die Erheblichkeit dieses Schriftstücks in Abrede gestellt hat.

28

Mit Schreiben vom 31. Januar 2012 hat die Kanzlei des Gerichts die Parteien über den Schluss der mündlichen Verhandlung in Kenntnis gesetzt.

Rechtliche Würdigung

29

Zur Stützung ihrer Klage macht die Klägerin zwei Klagegründe geltend, mit denen sie Verstöße gegen die Art. 1 und 2 der Grundverordnung bzw. gegen Art. 11 Abs. 1 und 3 dieser Verordnung rügt.

Zum ersten Klagegrund: Verstoß gegen die Art. 1 und 2 der Grundverordnung

30

Mit ihrem ersten Klagegrund macht die Klägerin einen Verstoß gegen die Art. 1 und 2 der Grundverordnung geltend. Sie gliedert diesen Klagegrund in drei Teile, mit denen sie im Wesentlichen rügt, erstens sei bei der Berechnung des Normalwerts zu Unrecht davon ausgegangen worden, dass die mit der Produktion und dem Verkauf der fraglichen Ware verbundenen Kosten die Buchungsaufzeichnungen nicht angemessen widerspiegelten, so dass insoweit eine Berichtigung vorzunehmen sei. Zweitens sei bei der Berechnung des Preises für russisches Gas zu Unrecht von dem in Waidhaus (Deutschland) zu zahlenden Preis ausgegangen und die auf das russische Gas anwendbare Ausfuhrabgabe von 30 % nicht vom berichtigten Betrag abgezogen worden. Drittens seien die Provisionen der verbundenen Gesellschaften, die der von der Klägerin gebildeten wirtschaftlichen Einheit angehörten, zu Unrecht von dem Ausfuhrpreis abgezogen worden, den sie dem ersten unabhängigen Abnehmer in Rechnung gestellt habe.

31

Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass der Rat und die Kommission (im Folgenden: Organe), wenn sie in Anwendung der Grundverordnung konkrete Schutzmaßnahmen gegen Dumping treffen, wegen der Komplexität der von ihnen zu prüfenden wirtschaftlichen, politischen und rechtlichen Sachverhalte über ein weites Ermessen verfügen (Urteile des Gerichtshofs vom 7. Mai 1991, Nakajima/Rat, C-69/89, Slg. 1991, I-2069, Randnr. 86, und vom 29. Mai 1997, Rotexchemie, C-26/96, Slg. 1997, I-2817, Randnr. 10; Urteile des Gerichts vom 28. September 1995, Ferchimex/Rat, T-164/94, Slg. 1995, II-2681, Randnr. 131, vom 5. Juni 1996, NMB France u. a./Kommission, T-162/94, Slg. 1996, II-427, Randnr. 72, vom 18. September 1996, Climax Paper/Rat, T-155/94, Slg. 1996, II-873, Randnr. 98, vom 25. September 1997, Shanghai Bicycle/Rat, T-170/94, Slg. 1997, II-1383, Randnr. 63, und vom 17. Juli 1998, Thai Bicycle/Rat, T-118/96, Slg. 1998, II-2991, Randnr. 32).

32

Daraus folgt, dass die Kontrolle dieser Wertungen durch den Unionsrichter auf die Prüfung zu beschränken ist, ob die Verfahrensvorschriften eingehalten wurden, ob der der angefochtenen Verordnung zugrunde gelegte Sachverhalt zutreffend festgestellt wurde und ob keine offensichtlich fehlerhafte Beurteilung dieses Sachverhalts und kein Ermessensmissbrauch vorliegen (Urteile des Gerichtshofs vom 7. Mai 1987, NTN Toyo Bearing u. a./Rat, 240/84, Slg. 1987, 1809, Randnr. 19, vom 7. Mai 1987, Nippon Seiko/Rat, 258/84, Slg. 1987, 1923, Randnr. 21, vom 14. März 1990, Gestetner Holdings/Rat und Kommission, C-156/87, Slg. 1990, I-781, Randnr. 63, Rotexchemie, oben in Randnr. 31 angeführt, Randnr. 11, Climax Paper/Rat, oben in Randnr. 31 angeführt, Randnr. 98, Shanghai Bicycle/Rat, oben in Randnr. 31 angeführt, Randnr. 64, und Thai Bicycle/Rat, oben in Randnr. 31 angeführt, Randnr. 33).

Zum ersten Teil des ersten Klagegrundes

33

Im Rahmen dieses ersten Teils ist die Klägerin bestrebt, darzutun, dass die Organe bei der Berechnung des Normalwerts zu Unrecht den Berichtigungsgrundsatz sowie eine für Staaten ohne Marktwirtschaft bestimmte Methode herangezogen hätten, was nicht nur in Widerspruch zum Wortlaut von Art. 2 Abs. 5 der Grundverordnung stehe, sondern auch gegen diese Bestimmung in Verbindung mit den übrigen Bestimmungen der Art. 1 und 2 der Grundverordnung (erste Rüge) sowie gegen die Bestimmungen des Antidumping-Übereinkommens von 1994 verstoße (zweite Rüge).

– Zur ersten Rüge

34

Nach Ansicht der Klägerin können die Organe nach dem Wortlaut des Art. 2 Abs. 5 der Grundverordnung prüfen, ob die wichtigsten Produktions- und Verkaufskosten in den Büchern der Hersteller ordnungsgemäß eingetragen und verbucht worden seien. Dagegen sehe er nicht vor, dass die Organe prüfen könnten, ob diese Kosten gegenüber dem auf einem anderen Markt bestehenden Preisniveau angemessen seien. Der Wortlaut des Art. 2 Abs. 5 der Grundverordnung impliziere nicht, dass die „Verlässlichkeit“ der wichtigsten Kostenelemente bei der Herstellung und dem Verkauf der fraglichen Ware anhand der Preise oder Werte gleichartiger Produktionsfaktoren zu überprüfen sei, die in die Europäische Union ausgeführt würden oder auf den nicht regulierten Märkten von Drittstaaten vorzufinden seien.

35

Auch eine Auslegung des Art. 2 Abs. 5 der Grundverordnung in Verbindung mit den übrigen Bestimmungen der Art. 1 und 2 Abs. 1 bis 6 dieser Verordnung könne im vorliegenden Fall den Rückgriff der Organe auf eine Berichtigung des Gaspreises nicht bestätigen.

36

Dazu ist zunächst festzustellen, dass die Klägerin die Entscheidung des Rates, für die Berechnung des Normalwerts der fraglichen Ware Art. 2 Abs. 3 der Grundverordnung heranzuziehen, als solche nicht beanstandet.

37

In dieser Bestimmung sind zum einen die Kriterien aufgeführt, nach denen die – auf den im Inlandsmarkt des Ausfuhrlands gezahlten Preisen beruhende – Methode zur Bestimmung des Normalwerts außer Anwendung bleibt, und zum anderen die zur Berechnung dieses Werts hilfsweise heranzuziehenden Methoden.

38

Im vorliegenden Fall haben die Organe die in Art. 2 Abs. 3 der Grundverordnung vorgesehene Methode angewandt, wonach der Normalwert der Ware anhand der Herstellkosten im Ursprungsland zuzüglich eines angemessenen Betrags für Vertriebs-, Verwaltungs- und Gemeinkosten und für Gewinne bestimmt wird (im Folgenden: rechnerisch ermittelter Normalwert).

39

Die Parteien streiten über die Ermittlung der Herstellkosten für die fragliche Ware nach Maßgabe des Art. 2 Abs. 5 Unterabs. 1 der Grundverordnung. Der Rechtsstreit betrifft konkret die Berechnung des Anteils der Gaskosten an den Herstellkosten der fraglichen Ware.

40

Unstreitig ist, dass Erdgas den wichtigsten bei der Herstellung der fraglichen Ware eingesetzten Produktionsfaktor darstellt und dass der Gaspreis, den die Klägerin bei der Herstellung dieser Ware zu zahlen hatte, in Russland reguliert war. Der von der Klägerin zu zahlende Gaspreis steht als solcher nicht im Streit, da der Rat nicht vorträgt, dass diese Kosten in anderer Höhe angefallen seien als in den Aufzeichnungen der Klägerin verbucht. Die Klägerin wirft dem Rat vielmehr vor, er habe den Normalwert der fraglichen Ware nicht anhand dieser Kosten berechnet und bei dieser Berechnung einen anderen, höheren Gaspreis herangezogen, den er einem anderen Markt als dem russischen Inlandsmarkt entnommen habe.

41

Aus Art. 2 Abs. 3 Satz 1 in Verbindung mit Abs. 5 Unterabs. 1 Satz 1 der Grundverordnung geht hervor, dass im Rahmen der Ermittlung des Normalwerts auf der Grundlage der Herstellkosten die Kosten normalerweise anhand der Buchungsaufzeichnungen des von der Untersuchung Betroffenen berechnet werden.

42

Die Organe machen geltend, die zweite dieser beiden Bestimmungen enthalte zwei Präzisierungen, die sich als zwei Bedingungen in dem Sinne darstellten, dass die Aufzeichnungen zum einen den allgemein anerkannten Buchführungsgrundsätzen des betreffenden Landes entsprechen und zum anderen die mit der Produktion und dem Verkauf der betreffenden Ware verbundenen Kosten in angemessener Weise widerspiegeln müssten. Die zweite Bedingung erlaube es den Organen, zu überprüfen, ob die Kosten, wiewohl die allgemein anerkannten Buchführungsgrundsätze des betreffenden Landes beachtet worden seien, in den Aufzeichnungen auch „angemessen“ berücksichtigt worden seien, und gegebenenfalls nach Art. 2 Abs. 5 Unterabs. 1 Satz 2 der Grundverordnung Berichtigungen auf der Grundlage anderer Informationsquellen als der Buchungsaufzeichnungen vorzunehmen.

43

Der Rat trägt nicht vor, dass die erste Bedingung im vorliegenden Fall nicht erfüllt sei. Er meint aber, dass die Buchungsaufzeichnungen der Klägerin die mit der Produktion der fraglichen Ware verbundenen Kosten nicht angemessen widerspiegelten, da der Gaspreis künstlich niedrig sei und deutlich unter den Gaspreisen der nicht regulierten Märkte liege. Der Rat sei daher nach Art. 2 Abs. 5 Unterabs. 1 der Grundverordnung befugt gewesen, den Gaspreis anhand von Informationen aus anderen repräsentativen Märkten zu berichtigen.

44

Zu prüfen ist daher, ob der Rat die in den Buchungsunterlagen der Klägerin als ihr für die Herstellung der fraglichen Ware tatsächlich entstanden ausgewiesenen Gaskosten außer Betracht lassen durfte, weil sie seiner Ansicht nach wegen der Regulierung des Gaspreises in Russland künstlich niedrig waren, und diese Kosten daher nach oben berichtigen durfte, indem er den Gaspreis eines Marktes heranzog, der von ihm als repräsentativ angesehen wurde.

45

Hierzu ist zunächst festzustellen, dass Art. 2 Abs. 3 Satz 1 der Grundverordnung für die Ermittlung des Normalwerts die Methode vorsieht, die für den Fall gilt, dass die gleichartige Ware im normalen Handelsverkehr nicht oder nur in unzureichenden Mengen verkauft wird oder dass diese Verkäufe wegen der besonderen Marktlage keinen angemessenen Vergleich zulassen.

46

Art. 2 Abs. 3 Satz 2 der Grundverordnung, der die Fälle einer besonderen Marktlage definiert, ist durch die Verordnung Nr. 1972/2002 eingefügt worden. Danach besteht eine besondere Marktlage u. a. dann, wenn die Preise künstlich niedrig sind, wenn in beträchtlichem Umfang Barterhandel betrieben wird oder wenn nichtkommerzielle Verarbeitungsvereinbarungen bestehen.

47

Wie sich aus dem dritten Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 1972/2002 ergibt, wird mit der Einfügung des Art. 2 Abs. 3 Satz 2 der Grundverordnung bezweckt, zu klären, welche Umstände eine besondere Marktlage begründen könnten, in der die Verkäufe der gleichartigen Ware keinen angemessenen Vergleich zulassen. Nach diesem Erwägungsgrund können solche Umstände beispielsweise aufgrund von künstlich niedrigen Preisen, Barterhandel, anderen nichtkommerziellen Verarbeitungsvereinbarungen oder anderen Markthindernissen bestehen. Es ist daher möglich, dass die Marktsignale Angebot und Nachfrage nicht angemessen widerspiegeln, was sich auf die entsprechenden Kosten und Preise auswirken und dazu führen kann, dass die Inlandspreise nicht mit den Weltmarktpreisen oder den Preisen auf anderen repräsentativen Märkten im Einklang stehen.

48

Art. 2 Abs. 3 Satz 2 der Grundverordnung sieht vor, dass eine besondere Marktlage u. a. dann besteht, wenn die Preise auf dem Markt des Ausfuhrlands künstlich niedrig sind.

49

Der Rat hat in der mündlichen Verhandlung vorgetragen, dass auf die Methode des rechnerisch ermittelten Normalwerts deshalb zurückgegriffen worden sei, weil es in Russland nicht genug vergleichbare normale Handelsgeschäfte gebe. Folgerichtig habe auch davon ausgegangen werden dürfen, dass eine besondere Marktlage schon dann bestehe, wenn die Kosten des Gases als des wichtigsten bei der Herstellung der fraglichen Ware eingesetzten Produktionsfaktors reguliert würden und der Erdgaspreis auf dem Inlandsmarkt künstlich niedrig festgesetzt werde.

50

Es ist festzustellen, dass Art. 2 Abs. 3 der Grundverordnung nur angibt, nach welchen Kriterien die Methoden zur Ermittlung des Normalwerts anhand des Warenpreises auf dem Inlandsmarkt des Ausfuhrlands nicht heranzuziehen sind. Er regelt nicht die Modalitäten zur Berechnung der Herstellkosten im Rahmen der Bestimmung des rechnerisch ermittelten Normalwerts; diese Berechnung ist vielmehr in Abs. 5 dieses Artikels geregelt.

51

Nach Art. 2 Abs. 5 Unterabs. 1 der Grundverordnung werden die Herstellkosten normalerweise anhand der Aufzeichnungen des von der Untersuchung Betroffenen berechnet. Die rechnerische Ermittlung des Normalwerts erfolgt somit normalerweise unter Verwendung der in diesen Aufzeichnungen enthaltenen Informationen.

52

Art. 2 Abs. 5 Unterabs. 2 und 3 der Grundverordnung enthält besondere Bestimmungen zur Verteilung der Kosten einschließlich der Kosten in der Anlaufphase. Diese Bestimmungen sehen Möglichkeiten zur Berichtigung der in die Aufzeichnungen übertragenen Kosten vor, die unter bestimmten Voraussetzungen angepasst oder anders verteilt werden können.

53

Aus Art. 2 Abs. 5 Unterabs. 1 der Grundverordnung ergibt sich ferner, dass die Aufzeichnungen des Betreffenden dann nicht als Grundlage für die Berechnung des Normalwerts herangezogen werden, wenn sie die mit der Produktion der von einer Untersuchung betroffenen Ware verbundenen Kosten nicht in angemessener Weise widerspiegeln. In diesem Fall werden die Kosten nach Unterabs. 1 Satz 2 anhand anderer Informationsquellen als dieser Aufzeichnungen berichtigt bzw. ermittelt. Diese Informationen können auf den Kosten anderer Hersteller oder Ausführer oder, wenn solche Informationen nicht zur Verfügung stehen oder nicht verwendet werden können, auf jeder anderen angemessenen Informationsquelle einschließlich Informationen aus anderen repräsentativen Märkten beruhen.

54

Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass Satz 2 von Art. 2 Abs. 5 Unterabs. 1 der Grundverordnung, der die Methode zur Berechnung des genannten Werts betrifft, durch die Verordnung Nr. 1972/2002 eingefügt wurde.

55

Aus dem vierten Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 1972/2002 geht hervor, dass mit der Einfügung des genannten Satzes 2 bezweckt wurde, bestimmte Verfahrensregeln für den Fall festzulegen, dass die Aufzeichnungen die mit der Produktion und dem Verkauf der betreffenden Ware verbundenen Kosten, insbesondere bei Bestehen einer besonderen Marktlage, in der die Verkäufe der gleichartigen Ware keinen angemessenen Vergleich zulassen, nicht in angemessener Weise widerspiegeln. In solchen Fällen müssen die Informationen diesem Erwägungsgrund zufolge aus Quellen stammen, die von den Verzerrungen nicht betroffen sind.

56

Weiter heißt es im vierten Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 1972/2002, dass die Kosten in demselben Land ansässiger anderer Hersteller oder Ausführer oder, wenn solche Angaben nicht verfügbar sind oder nicht verwendet werden können, jede andere angemessene Grundlage einschließlich Informationen aus anderen repräsentativen Märkten herangezogen werden können. Die entsprechenden Informationen können danach entweder zur Berichtigung bestimmter Posten der Aufzeichnungen des Betreffenden oder, wenn dies nicht möglich ist, zur Ermittlung seiner Kosten herangezogen werden.

57

Im vorliegenden Fall hat der Rat vor dem Gericht geltend gemacht, es habe eine besondere Marktlage bestanden, da der Preis des Gases als des wichtigsten Produktionsfaktors der fraglichen Ware reguliert gewesen sei, so dass dieser Preis auf dem Inlandsmarkt künstlich niedrig gewesen sei. Die Klägerin hat nicht bestritten, dass der Gaspreis auf dem russischen Markt reguliert war und einen erheblichen Teil der Kosten des fraglichen Erzeugnisses ausmachte.

58

Da der Erdgaspreis in Russland reguliert ist, ist in der Tat davon auszugehen, dass die Kosten für die Produktion der fraglichen Ware von einer Verzerrung des russischen Inlandsmarkts in Bezug auf den Gaspreis betroffen waren, da dieser Preis nicht durch die Marktkräfte gebildet wurde.

59

Im Übrigen würde die von der Klägerin vertretene Auslegung des Art. 2 Abs. 5 Satz 1 der Grundverordnung, wonach die Produktionskosten allein auf der Grundlage der Aufzeichnungen des Betreffenden zu berechnen sein sollen, letztlich dazu führen, dass der Rückgriff auf den rechnerisch ermittelten Normalwert insbesondere in den Fällen, in denen die Produktionskosten durch eine besondere Marktlage beeinflusst wären, ausgeschlossen wäre, obwohl ein solcher Rückgriff in Art. 2 Abs. 3 der Grundverordnung ausdrücklich vorgesehen ist.

60

Die Organe sind daher zu Recht zu dem Schluss gelangt, dass ein Posten der Aufzeichnungen der Klägerin nicht als angemessen angesehen werden könne und dass es deshalb angebracht sei, ihn durch Heranziehung anderer Quellen aus von ihnen als repräsentativer angesehenen Märkten zu berichtigen und infolgedessen den Gaspreis zu korrigieren.

61

Zu dem Argument, dass nur Art. 2 Abs. 7 der Grundverordnung es den Organen gestatte, den Normalwert unter Bezugnahme nicht auf die Informationen über die Preise und Kosten im Ausfuhr- oder Herkunftsland, sondern auf diejenigen über die Preise und Kosten in einem Drittland mit Marktwirtschaft zu bestimmen, führt die Klägerin aus, der Anwendungsbereich dieser Bestimmung sei auf eine erschöpfende Liste von Ländern ohne Marktwirtschaft beschränkt. Zum Zeitpunkt der Einleitung der Untersuchung hinsichtlich der Überprüfung der Maßnahmen, deren Auslaufen in der vorliegenden Rechtssache bevorgestanden habe, sei die Russische Föderation jedoch nicht in der betreffenden Liste von Staaten verzeichnet gewesen. Die Russische Föderation habe den Status einer Marktwirtschaft auf landesweiter Ebene im Jahr 2002 erlangt, und aufgrund dieses Status bestehe eine unwiderlegliche Vermutung dafür, dass die Kosten der in diesem Land ansässigen Hersteller, die Gegenstand einer Untersuchung seien, für eine Berechnung des Normalwerts insbesondere anhand von Art. 2 Abs. 3 bis 6 der Grundverordnung zuverlässig genug seien.

62

Im vorliegenden Fall wurde der Normalwert nicht auf der Grundlage des Art. 2 Abs. 7 der Grundverordnung bestimmt, weil die Russische Föderation während der im vorliegenden Fall maßgeblichen Zeit kein Land war, auf das sich diese Bestimmung bezog, so dass Art. 2 Abs. 1 bis 6 der Grundverordnung anwendbar war. In Randnr. 53 des vorliegenden Urteils ist bereits darauf hingewiesen worden, dass es Art. 2 Abs. 5 Unterabs. 1 der Grundverordnung unter bestimmten Voraussetzungen erlaubt, Informationen von anderen Märkten als dem Markt des Ausfuhr- oder Herkunftslands zu berücksichtigen.

63

Die Klägerin fügt hinzu, dass die von den Organen vertretene Auslegung des Art. 2 Abs. 5 der Grundverordnung zu mehreren inkohärenten Ergebnissen führen würde.

64

Zum einen befinde sich derjenige Hersteller, der von niedrigen Inlandspreisen für die wichtigsten Produktionsfaktoren seiner Waren profitiere, in einem Dilemma; entweder setze er seine Preise nicht herauf, laufe dann aber Gefahr, als Einführer gedumpter Waren in die Union angesehen zu werden, oder er erhöhe zur Vermeidung einer Antidumpinguntersuchung seine Preise, dann allerdings mit dem Risiko, dass sie auf dem Inlandsmarkt prohibitiv würden. Um die Antidumpinguntersuchung zu vermeiden, sähen sich diese Hersteller veranlasst, in ihre Aufzeichnungen unter Verletzung ihres nationalen Rechts nicht die tatsächlichen Kosten der für die Herstellung ihrer Waren eingesetzten Produktionsfaktoren, sondern die auf nicht regulierten ausländischen Märkten dafür anfallenden durchschnittlichen Kosten einzutragen.

65

Dazu ist zu sagen, dass die Klägerin, wie der Rat zu Recht ausführt, durch die von ihm und der Kommission gewählte Vorgehensweise nicht gezwungen würde, den Preis für ihre Verkäufe auf dem Inlandsmarkt zu erhöhen. Die in der angefochtenen Verordnung beschlossene Antidumpingmaßnahme beschränkt nicht die Möglichkeiten der Klägerin, die von ihr für richtig gehaltenen Preise auf dem russischen Markt zu praktizieren (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 18. Dezember 1997, Ajinomoto und NutraSweet/Rat, T-159/94 und T-160/94, Slg. 1997, II-2461, Randnr. 196).

66

Zum anderen trägt die Klägerin vor, die mit der Herstellung einer Ware in einem Staat mit Marktwirtschaft zusammenhängenden Kosten könnten im Vergleich zu den in der Union oder auf anderen ausländischen Märkten festgestellten Kosten eines gleichwertigen Erzeugnisses als zu niedrig angesehen werden. Die im vorliegenden Fall von den Organen durchgeführte Antidumpinguntersuchung sei ungerechtfertigterweise an die Stelle der Regelung über staatliche Beihilfen, insbesondere der Verordnung (EG) Nr. 2026/97 des Rates vom 6. Oktober 1997 über den Schutz gegen subventionierte Einfuhren aus nicht zur Europäischen Gemeinschaft gehörenden Ländern (ABl. L 288, S. 1), getreten.

67

Insoweit ist darauf zu verweisen, dass die Grundverordnung und die Verordnung Nr. 2026/97, wie sich aus deren fünftem Erwägungsgrund ergibt, bezwecken, die Voraussetzungen für die Anwendung jedes dieser beiden handelspolitischen Instrumente hinreichend genau festzulegen.

68

Nichts deutet jedoch darauf hin, dass die Frage, die sich im vorliegenden Fall stellt, der eine Regelung betrifft, nach der Gazprom verpflichtet ist, Erdgas in Russland zu einem niedrigen Preis anzubieten, ausschließlich unter dem Blickwinkel staatlicher Beihilfen zu prüfen gewesen wäre. Es ist festzustellen, dass die Klägerin dazu nichts vorgetragen hat.

69

Im Übrigen besteht auch kein Anhaltspunkt dafür, dass die Organe allein deshalb, weil diese Frage eventuell unter dem Blickwinkel der staatlichen Beihilfen geprüft werden könnte, daran gehindert gewesen wären, den vorliegenden Rechtsstreit auch unter dem Blickwinkel der Bestimmungen der Grundverordnung zu prüfen.

70

Wie der Rat in der mündlichen Verhandlung hervorgehoben hat, hatten sowohl die Kommission als auch er bereits Veranlassung, bestimmte Fälle sowohl unter dem Gesichtspunkt staatlicher Beihilfen als auch unter dem des Dumpings zu prüfen (vgl. z. B. Urteil des Gerichts vom 17. Dezember 2008, HEG und Graphite India/Rat, T-462/04, Slg. 2008, II-3685).

71

Allenfalls dürfen, wie Art. 14 Abs. 1 der Grundverordnung und Art. 24 Abs. 1 der Verordnung Nr. 2026/97 vorschreiben, auf eine Ware nicht zugleich Antidumpingzölle und Ausgleichszölle erhoben werden, um einer Situation, die sich aus Dumping oder der Gewährung einer Ausfuhrsubvention ergibt, abzuhelfen.

72

Daraus folgt, dass die erste Rüge unbegründet ist.

– Zur zweiten Rüge

73

Die Klägerin vertritt die Auffassung, Zweck der Bestimmungen der Grundverordnung sei die Durchführung der Vorschriften des Antidumping-Übereinkommens von 1994, und die Organe seien verpflichtet, die Bestimmungen der Grundverordnung im Einklang mit diesem Übereinkommen auszulegen und anzuwenden.

74

Dazu ist festzustellen, dass nach ständiger Rechtsprechung die WTO-Übereinkünfte wegen ihrer Natur und ihrer Struktur grundsätzlich nicht zu den Vorschriften gehören, an denen der Unionsrichter gemäß Art. 230 Abs. 1 EG die Rechtmäßigkeit von Handlungen der Organe misst (Urteile des Gerichtshofs vom 9. Januar 2003, Petrotub und Republica/Rat, C-76/00 P, Slg. 2003, I-79, Randnr. 53, und des Gerichts vom 24. September 2008, Reliance Industries/Rat und Kommission, T-45/06, Slg. 2008, II-2399, Randnr. 87).

75

Wollte jedoch die Union eine bestimmte im Rahmen der WTO übernommene Verpflichtung erfüllen, oder verweist die Handlung der Union ausdrücklich auf spezielle Bestimmungen der WTO-Übereinkünfte, hat der Unionsrichter die Rechtmäßigkeit der fraglichen Unionshandlung an den WTO-Vorschriften zu messen (Urteile des Gerichtshofs Petrotub und Republica/Rat, oben in Randnr. 74 angeführt, Randnr. 54, und vom 27. September 2007, Ikea Wholesale, C-351/04, Slg. 2007, I-7723, Randnr. 30, sowie Urteil Reliance Industries/Rat und Kommission, oben in Randnr. 74 angeführt, Randnr. 88).

76

Wie dem fünften Erwägungsgrund der Grundverordnung zu entnehmen ist, bezweckt diese Verordnung u. a., die im Antidumping-Übereinkommen von 1994 enthaltenen neuen und ausführlichen Regeln, zu denen insbesondere diejenigen in Bezug auf die Berechnung der Dumpingspanne gehören, so weit wie möglich in das Unionsrecht zu übertragen, um ihre angemessene und transparente Anwendung zu sichern (Urteil Petrotub und Republica/Rat, oben in Randnr. 74 angeführt, Randnr. 55).

77

Demnach hat die Gemeinschaft die Grundverordnung erlassen, um ihren völkerrechtlichen Verpflichtungen aus dem Antidumping-Übereinkommen von 1994 nachzukommen, und mit Art. 2 Abs. 5 der Grundverordnung wollte sie die speziellen Verpflichtungen aus Art. 2.2.1.1 des Antidumping-Übereinkommens von 1994 erfüllen (vgl. in diesem Sinne Urteil Petrotub und Republica/Rat, oben in Randnr. 74 angeführt, Randnr. 56).

78

Daraus folgt, dass Art. 2 Abs. 5 der Grundverordnung so weit wie möglich im Licht von Art. 2.2.1.1 des Antidumping-Übereinkommens von 1994 auszulegen ist (vgl. in diesem Sinne Urteile Petrotub und Republica/Rat, oben in Randnr. 74 angeführt, Randnr. 57, sowie Reliance Industries/Rat und Kommission, oben in Randnr. 74 angeführt, Randnr. 91 und die dort angeführte Rechtsprechung).

79

Dazu ist erstens festzustellen, dass sich die Klägerin auf einen der letzten Entwürfe des Antidumping-Übereinkommens von 1994 vor dessen Abschluss beruft, der bei den Bestimmungen, die zu Art. 2.2.1.1 des Abkommens werden sollten, vorgesehen habe, dass die „Kosten … in der Regel im Einklang mit den allgemein anerkannten Buchführungsgrundsätzen des Ausfuhrlandes zugewiesen werden [sollten], sofern diese Grundsätze die mit der Produktion und dem Verkauf der Ware zusammenhängenden Kosten angemessen darstellen“. Daraus gehe hervor, dass der ursprüngliche Zweck des Art. 2.2.1.1 des Übereinkommens und damit auch des Art. 2 Abs. 5 der Grundverordnung darin bestanden habe, sicherzustellen, dass der Hersteller, der Gegenstand einer Untersuchung sei, ordnungsgemäße Buchführungsregeln anwende, die die ihm tatsächlich entstandenen Kosten objektiv widerspiegelten, und nicht darin, nachzuprüfen, ob die vom Hersteller für die Produktionsfaktoren gezahlten Preise denjenigen der nicht regulierten Märkte entsprächen.

80

Eine Berufung auf die Entwurfsfassung einer Bestimmung genügt jedoch nicht als Beleg dafür, dass die Absicht der Verfasser dieser Bestimmung unverändert geblieben ist, insbesondere wenn sich, wie der Rat sinngemäß zutreffend hervorhebt, erweist, dass der Wortlaut der Endfassung der Bestimmung vom Wortlaut ihrer Entwurfsfassung abweicht.

81

Zweitens bestehen ersichtlich keine erheblichen Unterschiede zwischen dem Wortlaut von Art. 2.2.1.1 des Antidumping-Übereinkommens von 1994 und dem Wortlaut von Art. 2 Abs. 5 Unterabs. 1 Satz 1 der Grundverordnung, wonach die Bücher im Einklang mit den allgemein anerkannten Buchführungsgrundsätzen des Ausfuhrlands geführt werden und die mit der Produktion und dem Verkauf der betreffenden Ware verbundenen Kosten angemessen widerspiegeln müssen.

82

Wie der Rat jedoch zu Recht in der mündlichen Verhandlung hervorgehoben hat, sind die Bestimmungen des Art. 2 Abs. 5 Unterabs. 1 Satz 2 der Grundverordnung im Antidumping-Übereinkommen von 1994 nicht enthalten. Der Rückgriff auf eine Auslegung im Licht des Antidumping-Übereinkommens von 1994 erscheint somit nicht in vollem Umfang möglich, soweit es um diese Bestimmungen geht, die die Situation betreffen, in der die Aufzeichnungen die Kosten der fraglichen Ware nicht angemessen widerspiegeln.

83

Hinzuzufügen ist, dass der Ausdruck „besondere Marktlage“ im Sinne von Art. 2 Abs. 3 Satz 2 der Grundverordnung, der den Organen, wie oben in den Randnrn. 51 bis 60 festgestellt, als Grundlage für die Prüfung der Frage dienen kann, ob die Aufzeichnungen im Einklang mit Art. 2 Abs. 5 Unterabs. 1 Satz 2 der Grundverordnung die Kosten angemessen widerspiegeln, in den Vorschriften der WTO nicht definiert ist.

84

Die zweite Rüge ist daher unbegründet.

85

Nach alledem ist der erste Teil des ersten Klagegrundes unbegründet.

Zum zweiten Teil des ersten Klagegrundes

86

Die Klägerin macht einen Verstoß gegen Art. 2 Abs. 5 Unterabs. 1 Satz 2 der Grundverordnung, einen offensichtlichen Beurteilungsfehler und einen Begründungsmangel geltend, soweit der Rat mit der angefochtenen Verordnung eine Berichtigung des Gaspreises, die auf den in Waidhaus zu zahlenden Preis abstelle, zugrunde gelegt und die für russisches Gas geltende Ausfuhrabgabe von 30 % nicht vom berichtigten Betrag abgezogen habe. Insoweit beanstandet die Klägerin die letzten Sätze des 58. Erwägungsgrundes der angefochtenen Verordnung.

87

Diese lauten:

„[D]ie Gaskosten der russischen Hersteller [wurden] auf der Grundlage von Informationen anderer repräsentativer Märkte berichtigt. Für die Preisberichtigung wurde der Durchschnittspreis für russisches Gas bei der Ausfuhr an der deutsch/tschechischen Grenze (Grenzübergang Waidhaus), abzüglich Transportkosten, herangezogen. Waidhaus ist der Hauptumschlagplatz für russische Gaslieferungen in die EU, die den größten Abnehmer für russisches Erdgas darstellt und in der die Preise die Kosten angemessen widerspiegeln; daher kann dieser Markt als repräsentativ im Sinne von Artikel 2 Absatz 5 der Grundverordnung angesehen werden.“

88

Die Klägerin vertritt zum einen die Ansicht, die Dumpingspanne wäre negativ oder anders ausgefallen, wenn die Organe eine andere Grundlage, etwa den Preis für die Ausfuhr russischen Gases in die baltischen Staaten oder einen repräsentativen Markt mit einem Gaspreisniveau, das demjenigen der Klägerin am nächsten komme, gewählt hätten. Die Organe hätten anstelle des Waidhaus-Preises eine „angemessene Grundlage“ im Sinne von Art. 2 Abs. 5 Satz 2 der Grundverordnung heranziehen müssen.

89

Der offensichtliche Beurteilungsfehler resultiere zunächst daraus, dass es auf den von der Kommission als mögliche Berichtigungsgrundlagen angeführten repräsentativen Märkten (nämlich Europäische Union, Vereinigtes Königreich, Vereinigte Staaten, Kanada oder Japan) die weltweit höchsten Gaspreise gebe, die nicht in der Nähe des Gaspreisniveaus der Klägerin lägen.

90

Sodann sei die Berichtigung des Gaspreises anhand eines innergemeinschaftlichen, nämlich des an der deutsch-tschechischen Grenze geltenden, Preises vorgenommen worden, der nicht nur die Kosten für Produktion und Verkauf des Gases, sondern auch die innergemeinschaftliche Gewinnspanne des Umschlagplatzes Waidhaus widerspiegele. Das Abstellen auf diese Berichtigungsgrundlage komme letztlich der Annahme gleich, dass die Klägerin hinsichtlich des größten Teils ihrer gesamten Produktionskosten ihren Stützpunkt an der deutsch-tschechischen Grenze habe und das Gas unmittelbar auf dem Markt von Waidhaus kaufe. Von dem Sachverhalt auszugehen, dass die Klägerin die fragliche Ware in Russland herstelle und zugleich die Ausfuhrabgaben und die innergemeinschaftlichen Gewinnspannen zahle, stelle aber keine „angemessene Grundlage“ im Sinne des Art. 2 Abs. 5 der Grundverordnung dar.

91

Schließlich spiegele der Markt von Waidhaus nur die geografische Lage dieses Ortes wider, die darin bestehe, dass er sich auf der Route der wichtigsten Gasfernleitungen zwischen Russland und der Europäischen Union befinde, sowie die Zahl der Gaslieferverträge und die Menge des gehandelten Gases. Diese Faktoren seien für eine Einstufung des Gaspreises in Waidhaus als „angemessene Grundlage“ irrelevant.

92

Zum anderen führt die Klägerin aus, der Rat habe auch insoweit einen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen und die angefochtene Verordnung unzureichend begründet, als er, wie sich aus ihrem 58. Erwägungsgrund ergebe, zwar die Transportkosten, nicht aber die Ausfuhrabgaben für russisches Gas in Höhe von 30 % abgezogen habe.

93

Die angewandte Argumentation sei inkohärent und widersprüchlich, denn ebenso wie die russischen Verbraucher nichts für den Transport des Erdgases von Russland nach Waidhaus zu zahlen hätten – weshalb die Kosten für Transport und Verteilung des Gases abgezogen worden seien –, hätten auch die auf die Ausfuhr des Gases aus Russland erhobenen Abgaben von 30 % abgezogen werden müssen, mit denen die Klägerin bei der Produktion der fraglichen Ware in Russland nie belastet werde.

94

Selbst wenn die Organe die von den russischen Behörden im Erdgassektor angewandte Regelung der dualen Preise mit einer Sanktion belegen wollten, enthebe dieser Umstand sie zudem nicht von ihrer Verpflichtung, die Berichtigung hinsichtlich des Gaspreises auf eine angemessene Grundlage im Sinne des Art. 2 Abs. 5 der Grundverordnung zu stellen.

95

Was insoweit erstens die Heranziehung des in Waidhaus geltenden Preises als Referenzpreis angeht, ist festzustellen, dass die Organe zwar nicht verpflichtet sind, alle möglichen Referenzpreise im Rahmen eines Antidumpingverfahrens zu berücksichtigen, doch müssen sie bei Zweifeln hinsichtlich der Wahl des Referenzpreises etwaige Vorschläge der Beteiligten eingehend prüfen (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 22. Oktober 1991, Nölle, C-16/90, Slg. 1991, I-5163, Randnr. 32).

96

Im vorliegenden Fall ist nicht erkennbar, dass der Rat in der angefochtenen Verordnung einen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen hätte, als er auf den Waidhaus-Preis abstellte, der in mehrfacher Hinsicht angemessen erscheint.

97

Wie im 58. Erwägungsgrund der angefochtenen Verordnung ausgeführt wird, ist Waidhaus der Hauptumschlagplatz für russische Gaslieferungen in die Union. Den Akten ist zu entnehmen, dass Waidhaus ein auf der Route der wichtigsten russischen Gasfernleitungen zwischen Russland und der Union gelegener deutscher Ort und – gemessen an der Zahl der ausgehandelten Gasversorgungsverträge und der betroffenen Gasmenge – der größte Umschlagplatz für von russischen Erzeugern in die Union ausgeführtes Erdgas ist.

98

Entgegen den Ausführungen der Klägerin in der Klageschrift ist der in Waidhaus ausgehandelte Gaspreis somit der Preis, den die russischen Verkäufer ihren europäischen Kunden in Rechnung stellen, und kein innergemeinschaftlicher Preis.

99

In Anbetracht der betroffenen Gasmenge und der Zahl ausgehandelter Verträge deutet auch nichts darauf hin, dass der in Waidhaus geltende Preis für russisches Erdgas nicht das Ergebnis verzerrungsfreier Marktkräfte wäre.

100

In der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin die Entscheidung der Kommission vom 8. Juli 2009 in einem Verfahren nach Artikel 81 EG-Vertrag (Sache COMP/39.401 – E.ON/GDF) (Zusammenfassung im ABl. C 248, S. 5) vorgelegt, aus der sie ableitet, dass sich das darin mit einer Sanktion belegte Kartell auf die Daten ausgewirkt habe, die die Kommission zur Berechnung der Berichtigung in der vorliegenden Rechtssache herangezogen habe. Dieser Entscheidung sei zu entnehmen, dass der Waidhaus-Preis für russisches Erdgas nicht das Ergebnis der Marktkräfte sei.

101

Ebenfalls in der mündlichen Verhandlung hat die Kommission Zweifel daran geäußert, ob es zulässig sei, in diesem Stadium des Verfahrens ein Schriftstück einzureichen; der Rat hat dagegen lediglich die Erheblichkeit dieses Schriftstücks in Abrede gestellt.

102

Ohne dass es einer Entscheidung über die Zulässigkeit des genannten Schriftstücks bedarf, genügt der Hinweis, dass sich die nach Erlass der angefochtenen Verordnung von der Kommission getroffene Entscheidung E.ON/GDF (siehe oben, Randnr. 100) zwar auf die Verkäufe von Erdgas aus Russland bezieht, aber nur die Prüfung einer Vereinbarung über die Aufteilung der Märkte in Deutschland und Frankreich zwischen E.ON und GDF hinsichtlich der Gasverkäufe an ihre Kunden betrifft. Sie betrifft weder die Untersuchung des Marktes für die Ausfuhr großer Mengen an russischem Gas in die gesamte Union noch die Prüfung der Beziehungen von E.ON und GDF zu ihrem russischen Gaslieferanten.

103

Schließlich bestreitet die Klägerin zwar, dass der Waidhaus-Preis deutlich höher sei als der Preis des auf dem russischen Inlandsmarkt verkauften Erdgases, räumt jedoch in der Erwiderung selbst ein, dass er möglicherweise niedriger sei als der im Vereinigten Königreich, in den Vereinigten Staaten oder in Kanada ausgehandelte Gaspreis. Die Organe haben demnach nicht den höchsten Referenzpreis des Marktes herangezogen. Außerdem lässt sich nicht mit Sicherheit sagen, dass der Preis des zur Ausfuhr in die baltischen Staaten bestimmten Erdgases nicht mit dem Preis des über Waidhaus beförderten Erdgases vergleichbar sei.

104

Zweitens führt die Klägerin zu der Entscheidung, nicht die in Russland erhobenen Ausfuhrabgaben, sondern allein die Transportkosten abzuziehen, drei Rechtssachen an, die zu Verordnungen des Rates geführt hätten, welche von einer inkohärenten und fehlerhaften Entscheidungspraxis des Rates zeugten.

105

Der Rat hält dem entgegen, in den drei von der Klägerin angeführten Rechtssachen hätten die Kommission und er Abzüge nur für die Verbrauchsteuern für Inlandsverkäufe von Gas vorgenommen, nicht jedoch für Ausfuhrabgaben. Dazu weist der Rat darauf hin, dass es im 31. Erwägungsgrund der Verordnung (EG) Nr. 1891/2005 des Rates vom 14. November 2005 zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 3068/92 zur Einführung eines endgültigen Antidumpingzolls auf die Einfuhren von Kaliumchlorid mit Ursprung in Russland, der Ukraine und Weißrussland (ABl. L 302, S. 14) irrtümlich heiße, dass die Ausfuhrabgaben vom Preis des ausgeführten Erdgases abgezogen würden. Er sei von der Kommission darüber in Kenntnis gesetzt worden, dass tatsächlich keine derartige Berichtigung vorgenommen worden sei.

106

Abgesehen von der Verordnung Nr. 1891/2005, die in ihrem 31. Erwägungsgrund einen Abzug der Ausfuhrabgaben anführt, der aber in Wirklichkeit nicht vorgenommen worden sein soll, wurden diese Abgaben in den anderen Verordnungen, auf die sich die Klägerin stützt, offenbar nicht abgezogen.

107

Aus dem 97. Erwägungsgrund der von der Klägerin angeführten Verordnung (EG) Nr. 954/2006 des Rates vom 27. Juni 2006 zur Einführung endgültiger Antidumpingzölle auf die Einfuhren bestimmter nahtloser Rohre aus Eisen oder Stahl mit Ursprung in Kroatien, Rumänien, Russland und der Ukraine, zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 2320/97 des Rates und der Verordnung (EG) Nr. 348/2000 des Rates, zur Einstellung der Interimsüberprüfung und der Überprüfung wegen des bevorstehenden Außerkrafttretens der Antidumpingzölle auf die Einfuhren bestimmter nahtloser Rohre aus Eisen oder nicht legiertem Stahl mit Ursprung unter anderem in Russland und Rumänien und zur Einstellung der Interimsüberprüfungen der Antidumpingzölle auf die Einfuhren bestimmter nahtloser Rohre aus Eisen oder nicht legiertem Stahl mit Ursprung unter anderem in Russland und Rumänien und in Kroatien und der Ukraine (ABl. L 175, S. 4) ergibt sich nämlich, dass die vorgenommene Berichtigung der Gaskosten auf dem Preis für die Gasausfuhren in die Länder Westeuropas ohne Transportkosten, Mehrwertsteuer und sonstige Verbrauchsteuern beruhte.

108

Desgleichen wurde nach den Angaben im 54. Erwägungsgrund der Verordnung (EG) Nr. 1050/2006 des Rates vom 11. Juli 2006 zur Einführung eines endgültigen Antidumpingzolls auf die Einfuhren von Kaliumchlorid mit Ursprung in Belarus und Russland (ABl. L 191, S. 1) eine Berichtigung des Gaspreises auf der Grundlage von Informationen über den Preis des ausgeführten Gases ohne Transportkosten, Mehrwertsteuer und sonstige Verbrauchsteuern vorgenommen.

109

Jedenfalls rechtfertigt der Rat die Nichtvornahme des Abzugs der Ausfuhrabgaben damit, dass die Tarifgestaltung von Gazprom nicht durch die Höhe der Ausfuhrabgaben beeinflusst werde. Zur Untermauerung dieses Vorbringens hat er als Anlage B.2 zur Klagebeantwortung Daten über die Preisentwicklung bei russischem Erdgas vorgelegt, die belegen, dass dieser Preis offensichtlich weitgehend nicht von der Höhe der Ausfuhrabgaben abhängt. Der Rat hat insbesondere hinzugefügt, dass Gazprom stets versuche, den Preis für das von ihr verkaufte Erdgas so hoch wie möglich anzusetzen, und dass die Gestaltung dieses Preises nicht durch die Höhe der Ausfuhrabgaben, sondern nur durch den Preis beeinflusst werde, den die Kunden von Gazprom zu zahlen bereit seien. In der mündlichen Verhandlung hat der Rat wiederholt, dass es seines Erachtens auf den in Waidhaus gezahlten Preis ankomme, ohne dass dessen Zusammensetzung von Bedeutung sei.

110

Die Klägerin hat weder zu erläutern noch darzutun vermocht, inwiefern die Preisgestaltung von Gazprom in Waidhaus durch die Höhe der Ausfuhrabgaben beeinflusst worden sein soll. Daher ist davon auszugehen, dass der Rat keinen offensichtlichen Beurteilungsfehler beging, als er diese Abgaben nicht von dem in Waidhaus gezahlten Preis abzog.

111

Hinzuzufügen ist ferner, dass sich der Umstand, dass in zwei der von der Klägerin angeführten Rechtssachen die Verbrauchsabgaben abgezogen worden waren und dass in der vorliegenden Rechtssache daneben auch die Transportkosten abgezogen worden sind, nicht auf die Beantwortung der Frage auswirkt, ob im vorliegenden Fall, was die Nichtvornahme des Abzugs für die Ausfuhrabgaben angeht, möglicherweise ein offensichtlicher Beurteilungsfehler begangen wurde.

112

Schließlich ist auch das Vorbringen der Klägerin zurückzuweisen, dass insofern ein Begründungsmangel vorliege, als kein Abzug hinsichtlich der auf das russische Gas erhobenen Ausfuhrabgabe von 30 %, wohl aber hinsichtlich der Transportkosten vorgenommen worden sei. Die Begründung der angefochtenen Verordnung ist nämlich unter Berücksichtigung insbesondere der der Klägerin mitgeteilten Informationen und ihrer Stellungnahmen im Verwaltungsverfahren zu beurteilen (Urteil des Gerichts vom 4. März 2010, Foshan City Nanhai Golden Step Industrial/Rat, T-410/06, Slg. 2010, II-879, Randnr. 127).

113

Im vorliegenden Fall hatte die Kommission der Klägerin auf S. 5 ihres im Verwaltungsverfahren an sie gerichteten, als Anlage A.12 zur Klageschrift vorgelegten Schreibens vom 12. Dezember 2006 die Gründe mitgeteilt, aus denen kein Abzug der Abgabe in Höhe von 30 % für die Ausfuhr russischen Gases vorzunehmen sei; deshalb brauchte der Rat diese Erläuterungen im Text der angefochtenen Verordnung nicht zu wiederholen und konnte sich auf die die Grundlage dieser Verordnung bildenden tatsächlichen und rechtlichen Gründe beschränken.

114

Der zweite Teil des ersten Klagegrundes greift somit nicht durch.

Zum dritten Teil des ersten Klagegrundes

115

Die Klägerin macht einen Verstoß gegen Art. 2 Abs. 10 der Grundverordnung und einen offensichtlichen Beurteilungsfehler geltend, wobei sie rügt, dass der Rat in der angefochtenen Verordnung die Provisionen der verbundenen Gesellschaften, die zu der von ihr gebildeten wirtschaftlichen Einheit gehörten, von dem Ausfuhrpreis abgezogen habe, den sie ihrem ersten unabhängigen Abnehmer in Rechnung gestellt habe. Insoweit tritt die Klägerin dem 62. Erwägungsgrund der angefochtenen Verordnung entgegen, soweit darin die Schlussfolgerungen der Kommission vom 28. September 2006 übernommen wurden, wonach die Provisionen ihrer Tochterhandelsgesellschaften – Eurochem Moscow und Eurochem Trading GmbH – vom Ausfuhrpreis abzuziehen seien.

116

Die Klägerin trägt vor, die in Art. 2 Abs. 10 der Grundverordnung aufgezählten Berichtigungen seien weder zwingend noch automatisch vorzunehmen, und der Beteiligte, der die Berichtigung verlange, trage die entsprechende Beweislast.

117

Zunächst ist an den relevanten tatsächlichen Kontext zu erinnern, in dem die Organe im vorliegenden Fall Art. 2 Abs. 10 der Grundverordnung angewandt haben, der vorsieht, dass der Vergleich zwischen dem Normalwert und dem Ausfuhrpreis auf derselben Handelsstufe und unter Zugrundelegung von Verkäufen erfolgt, die zu möglichst nahe beieinanderliegenden Zeitpunkten getätigt werden, sowie unter gebührender Berücksichtigung anderer Unterschiede, die die Vergleichbarkeit der Preise beeinflussen.

118

Im Hinblick auf die Anwendung dieser Bestimmung hat der Rat dargelegt, dass die Klägerin und ihre Produktionsgesellschaften die fragliche Ware nicht unmittelbar an die Abnehmer in den Vereinigten Staaten geliefert hätten. Er hat die Art und Weise, in der der Verkauf vonstattengegangen sei, wie folgt erläutert: Die Produktionsgesellschaften, Tochtergesellschaften der Klägerin, hätten mit ihr einen Handelsvertretervertrag geschlossen, aufgrund dessen die Klägerin eine Provision für die Verkäufe der Ware erhalten habe. In ihrer Eigenschaft als Kommissionärin habe die Klägerin dafür gesorgt, dass die Ware durch ihre Produktionsgesellschaften an zwei Handelsgesellschaften, ebenfalls Tochtergesellschaften, verkauft worden seien, von denen die eine, die allerdings ihre Tätigkeit 2005 eingestellt habe, ihren Sitz auf den britischen Jungferninseln und die andere ihren Sitz in der Schweiz gehabt habe. Diese Handelsgesellschaften hätten die fragliche Ware mit einer Gewinnspanne an den ersten unabhängigen Abnehmer verkauft.

119

Die Klägerin hat zwar darauf verwiesen, dass sie diese Schlussfolgerungen im Verwaltungsverfahren zurückgewiesen habe; dies hat sie jedoch offensichtlich nur getan, um geltend zu machen, dass alle mit ihr verbundenen Gesellschaften einschließlich ihrer Produktionsgesellschaften und ihrer beiden Handelsgesellschaften vom selben Anteilseigner gehalten, kontrolliert und geführt worden seien, nämlich von ihr selbst. Sie trägt vor, Eurochem Moscow und Eurochem Trading hätten die gleichen Aufgaben wahrgenommen wie eine in vollem Umfang in das Unternehmen integrierte Abteilung für Ausfuhrverkäufe.

120

Den Erwägungsgründen 59 bis 62 der angefochtenen Verordnung ist zu entnehmen, dass der Normalwert und der Ausfuhrpreis auf der Ebene der ausliefernden Gesellschaft bestimmt wurden.

121

Insoweit wird, wie bereits dargelegt, im 59. Erwägungsgrund der angefochtenen Verordnung zum Normalwert ausgeführt, dass für dessen Ermittlung die Herstellkosten für den in die Gemeinschaft ausgeführten Warentyp zugrunde gelegt worden seien, und zwar im Anschluss an die im 58. Erwägungsgrund dieser Verordnung beschriebene Berichtigung des Gaspreises und zuzüglich eines angemessenen Betrags für Vertriebs-, Verwaltungs- und Gemeinkosten sowie Gewinne. Im 61. Erwägungsgrund der angefochtenen Verordnung heißt es, dass die Vertriebs-, Verwaltungs- und Gemeinkosten sowie die Gewinne anhand der gewogenen durchschnittlichen Beträge dreier nordamerikanischer Hersteller ermittelt worden seien und dass der so festgesetzte Gewinn nicht über dem Gewinn gelegen habe, den die russischen Hersteller durch den Verkauf von Waren derselben allgemeinen Warengruppe auf ihrem Inlandsmarkt erzielt hätten.

122

Zum Ausfuhrpreis heißt es im 62. Erwägungsgrund der angefochtenen Verordnung, er sei auf der Grundlage der Ausfuhrpreise ermittelt worden, die vom ersten unabhängigen Abnehmer in den Vereinigten Staaten, dem wichtigsten Exportmarkt der Klägerin, gezahlt worden oder zu zahlen gewesen seien.

123

Nach Art. 2 Abs. 10 der Grundverordnung sind Berichtigungen möglich.

124

Nach der Rechtsprechung ergibt sich jedoch sowohl aus dem Wortlaut als auch aus der Systematik des Art. 2 Abs. 10 der Grundverordnung, dass eine Berichtigung des Ausfuhrpreises oder des Normalwerts nur zur Berücksichtigung von Unterschieden bei Faktoren vorgenommen werden kann, die die Preise und damit ihre Vergleichbarkeit beeinflussen (Urteil des Gerichts vom 21. November 2002, Kundan und Tata/Rat, T-88/98, Slg. 2002, II-4897, Randnr. 94). Der Sinn und Zweck einer Berichtigung besteht mit anderen Worten darin, die Symmetrie zwischen Normalwert und Ausfuhrpreis wiederherzustellen.

125

Insoweit ist daran zu erinnern, dass nach Art. 2 Abs. 10 Buchst. i der Grundverordnung eine Berichtigung für Unterschiede bei den für die betreffenden Verkäufe gezahlten Provisionen vorgenommen wird. Nach Satz 2 dieser Bestimmung gilt als „Provision“ auch der Aufschlag, den ein Unternehmen, das mit der Ware oder der gleichartigen Ware handelt, erhält, sofern dieser Händler ähnliche Funktionen ausübt wie ein auf Provisionsgrundlage tätiger Vertreter.

126

Satz 2 von Art. 2 Abs. 10 Buchst. i der Grundverordnung geht auf Art. 1 Nr. 5 der Verordnung Nr. 1972/2002 zurück. Nach dem sechsten Erwägungsgrund dieser Verordnung sollte durch die Einfügung von Satz 2 darauf hingewiesen werden, dass im Einklang mit der üblichen Praxis der Organe solche Berichtigungen auch dann vorgenommen werden sollten, wenn die Beteiligten zwar nicht auf der Grundlage eines Auftraggeber-Vertreter-Verhältnisses tätig sind, aber als Käufer und Verkäufer dasselbe wirtschaftliche Resultat erzielen.

127

Art. 2 Abs. 10 Buchst. i der Grundverordnung lässt also eine Berichtigung nicht nur wegen Unterschieden bei den Provisionen, die für die betreffenden Verkäufe gezahlt werden, sondern auch wegen des Aufschlags zu, den Wirtschaftsteilnehmer, die mit der Ware handeln, erhalten, sofern sie ähnliche Funktionen ausüben wie ein auf Provisionsgrundlage tätiger Vertreter (Urteil des Gerichts vom 18. März 2009, Shanghai Excell M&E Enterprise und Shanghai Adeptech Precision/Rat, T-299/05, Slg. 2009, II-565, Randnr. 281).

128

Im vorliegenden Fall sind somit die jeweiligen Rollen der Klägerin, ihrer Produktions- und ihrer Handelsgesellschaften zu prüfen.

129

Die Klägerin bestreitet nicht, dass im Einklang mit dem die Ausfuhrverkäufe betreffenden Handelsvertretervertrag Provisionen gezahlt wurden. Der Rat hat hervorgehoben, dass es sich bei diesem Vertrag um einen umfassenden Handelsvertretervertrag gehandelt habe, der sogar eine Schiedsklausel enthalten habe.

130

Nach Ansicht der Klägerin haben die Organe nicht dargetan, wie sich diese Provisionen auf die Vergleichbarkeit zwischen Ausfuhrpreis und Normalwert ausgewirkt haben sollen.

131

Der Rat hat jedoch darauf hingewiesen, dass die gezahlten Provisionen einem Ausgleich für die Erfüllung von Aufgaben im Rahmen von Funktionen entsprochen hätten, die wie diejenigen eines auf Provisionsgrundlage tätigen Vertreters ausgeübt worden seien, und dass die Provisionszahlungen nicht nur eine interne Umverteilung der Gewinne ohne Auswirkung auf die Vergleichbarkeit der Preise dargestellt hätten.

132

Unstreitig wurde die fragliche Ware von der Handelsgesellschaft weiterverkauft, die einen Preis mit Gewinnspanne festsetzte und damit die Rolle eines Händlers wahrnahm. Zudem hat die Klägerin weder ihre eigene Rolle noch die jeweiligen, oben in Randnr. 118 beschriebenen Rollen ihrer Produktions- und Handelsgesellschaften in Abrede gestellt, sondern lediglich geltend gemacht, dass sie und ihre Gesellschaften eine wirtschaftliche Einheit dargestellt hätten.

133

Außerdem hat die Klägerin auf ein von der Kommission offengelegtes Dokument verwiesen, in dem es heiße, dass alle Ausfuhrverkäufe der Klägerin unmittelbar mittels verbundener Gesellschaften durchgeführt worden seien. Diese Angabe reicht jedoch nicht aus, um die Beziehungen zwischen den fraglichen Gesellschaften, wie sie vom Rat festgestellt worden sind, wirksam in Frage zu stellen.

134

Ein Verstoß gegen Art. 2 Abs. 10 Buchst. i der Grundverordnung und ein offensichtlicher Beurteilungsfehler hinsichtlich der Anwendung dieser Bestimmung sind daher im vorliegenden Fall nicht ersichtlich.

135

Mithin greift der dritte Teil des ersten Klagegrundes nicht durch.

136

Aus alledem folgt, dass der erste Klagegrund als nicht stichhaltig anzusehen und daher zurückzuweisen ist.

Zum zweiten Klagegrund: Verstoß gegen Art. 11 Abs. 1 und 3 der Grundverordnung

137

Mit ihrem zweiten Klagegrund macht die Klägerin einen Verstoß gegen Art. 11 Abs. 1 und 3 der Grundverordnung geltend.

138

Zum Verstoß gegen Art. 11 Abs. 3 der Grundverordnung führt sie aus, die Organe hätten im Zusammenhang mit der Überprüfung der auslaufenden Maßnahmen eine Interimsüberprüfung einleiten, durchführen und zum Abschluss bringen müssen. Sie habe ausreichende Beweismittel vorgelegt, als sie am 1. August 2005 ihren Antrag auf Interimsüberprüfung eingereicht habe, jedenfalls aber, als sie der Kommission am 9. September und 27. Oktober 2005 Teilantworten zur Berechnung der Dumpingspanne übermittelt habe.

139

Zum Verstoß gegen Art. 11 Abs. 1 der Grundverordnung fügt sie hinzu, die Organe hätten in Anbetracht derselben Beweismittel zu Unrecht die angefochtene Verordnung erlassen und die Geltung der Antidumpingzölle in deren ursprünglicher Höhe verlängert. Die fortgeschriebenen Antidumpingzölle seien anhand von Methoden, die für Länder ohne Marktwirtschaft bestimmt gewesen seien, und auf der Grundlage einer Unionsindustrie zwangsläufig kleineren Umfangs – da die Union damals nur aus 15 Mitgliedstaaten bestanden habe – festgesetzt worden.

140

Der Rat hält den zweiten Klagegrund für unzulässig, da die Hauptrüge der Klägerin im Rahmen dieses Klagegrundes dahin gehe, dass die Kommission und er es unterlassen hätten, rechtzeitig die Interimsüberprüfung der ursprünglichen Maßnahmen einzuleiten. Dieser Klagegrund ziele nicht darauf ab, den Antrag der Klägerin auf Nichtigerklärung der angefochtenen Verordnung zu stützen.

141

Hilfsweise macht der Rat Verfristung geltend. Er trägt vor, die Klägerin könne in diesem Stadium nicht mehr die Unterlassung oder die Verweigerung der Einleitung der Interimsüberprüfung rügen, die bestandskräftig geworden seien. Er stützt sich auf die Urteile des Gerichtshofs vom 9. März 1994, TWD Textilwerke Deggendorf (C-188/92, Slg. 1994, I-833), und vom 15. Februar 2001, Nachi Europe (C-239/99, Slg. 2001, I-1197).

142

Die Klägerin tritt der Einrede der Unzulässigkeit mit der Begründung entgegen, ihr zweiter Klagegrund betreffe nicht nur die verspätete Einleitung einer Interimsüberprüfung, sondern auch die Aufrechterhaltung der Antidumpingmaßnahmen durch die angefochtene Verordnung. Die Kommission habe eine Einleitung der Interimsüberprüfung nie abgelehnt, denn sie habe diese am 19. Dezember 2006 selbst eingeleitet, was zeige, dass die Klägerin weder die Möglichkeit gehabt habe, Untätigkeitsklage wegen der geltend gemachten Nichteinleitung einer solchen Überprüfung zu erheben, noch die Möglichkeit, Nichtigkeitsklage gegen die gleichfalls geltend gemachte Ablehnung der Einleitung dieser Überprüfung zu erheben. Überdies seien die Bekanntmachungen der Kommission, mit denen diese die Eröffnung von Untersuchungen ankündige, keine anfechtbaren Handlungen.

143

Jedenfalls sei es ihr zum Zeitpunkt der Einreichung der Klageschrift nicht möglich gewesen, eine Untätigkeitsklage zu erheben, da die Kommission zu diesem Zeitpunkt bereits tätig geworden sei. Ebenso wenig sei es ihr möglich gewesen, vor Erlass der angefochtenen Verordnung eine Nichtigkeitsklage zu erheben.

144

Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass sich die Klägerin mit ihrem zweiten Klagegrund nicht gegen die Weigerung der Kommission wendet, eine Interimsüberprüfung einzuleiten, die im Übrigen schon mit der am 19. Dezember 2006 veröffentlichten Bekanntmachung eingeleitet worden war. Die Klägerin gibt an, in erster Linie die Aufrechterhaltung des Antidumpingzolls zu rügen, da sie im Rahmen ihres Antrags auf Interimsüberprüfung ausreichende Beweise vorgelegt habe.

145

Wie der Rat jedoch zutreffend hervorhebt, war zwar die Weigerung der Kommission, rechtzeitig eine Interimsüberprüfung einzuleiten, bzw. das Unterlassen der Einleitung einer solchen Prüfung rechtswidrig, doch bedeutet dies nicht, dass dieser Rechtsfehler die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Verordnung als der einzigen Handlung, deren Nichtigerklärung in der Klageschrift beantragt wird, beeinträchtigt hätte. Mit der angefochtenen Verordnung wurde das auf einen Antrag auf Überprüfung wegen des bevorstehenden Außerkrafttretens der geltenden Maßnahmen hin eingeleitete Verfahren beendet und nicht der Antrag der Klägerin auf Interimsüberprüfung beschieden; dies geschah mit der Verordnung Nr. 238/2008.

146

Somit ist der zweite Klagegrund für unzulässig zu erklären, soweit er auf etwaige Rechtsfehler im Zusammenhang mit dem von der Klägerin gestellten Antrag auf Interimsüberprüfung abstellt.

147

Hinzu kommt, dass, selbst wenn dieser Klagegrund darauf gestützt wäre, dass die Organe den Antrag auf Überprüfung nach Art. 11 Abs. 2 der Grundverordnung und den Antrag nach Abs. 3 dieses Artikels gemeinsam hätten behandeln müssen, doch nicht dargetan wird, inwieweit das Unterbleiben einer solchen verbundenen Prüfung die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Verordnung beeinträchtigen könnte. Die Klägerin legt insbesondere nicht dar, was sich an der dem Rechtsstreit zugrunde liegenden materiellen Rechtslage geändert hätte, wenn die beiden Anträge miteinander verbunden worden wären.

148

Der zweite Klagegrund ist daher als unzulässig zurückzuweisen.

149

Nach alledem ist die Klage insgesamt abzuweisen.

Kosten

150

Nach Art. 87 § 2 der Verfahrensordnung des Gerichts ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Klägerin mit ihrem Vorbringen unterlegen ist, sind ihr gemäß dem Antrag des Rates ihre eigenen Kosten sowie die Kosten des Rates aufzuerlegen.

151

Nach Art. 87 § 4 Abs. 1 der Verfahrensordnung tragen die Organe, die dem Rechtsstreit als Streithelfer beigetreten sind, ihre eigenen Kosten. Die Kommission trägt daher ihre eigenen Kosten.

 

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Achte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

 

1.

Die Klage wird abgewiesen.

 

2.

Die EuroChem Mineral and Chemical Company OAO (EuroChem MCC) trägt ihre eigenen Kosten sowie die Kosten des Rates der Europäischen Union.

 

3.

Die Europäische Kommission trägt ihre eigenen Kosten.

 

Truchot

Kanninen

Martins Ribeiro

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 7. Februar 2013.

Unterschriften


( *1 ) Verfahrenssprache: Englisch.


Parteien
Entscheidungsgründe
Tenor

Parteien

In der Rechtssache T-84/07

EuroChem Mineral and Chemical Company OAO (EuroChem MCC) mit Sitz in Moskau (Russland), Prozessbevollmächtigte: zunächst Rechtsanwälte P. Vander Schueren und B. Evtimov, dann Rechtsanwalt B. Evtimov und Solicitor D. O’Keeffe,

Klägerin,

gegen

Rat der Europäischen Union, vertreten durch J.-P. Hix und B. Driessen als Bevollmächtigte im Beistand von Rechtsanwalt G. Berrisch,

Beklagter,

unterstützt durch

Europäische Kommission, vertreten durch H. van Vliet und K. Talabér-Ritz als Bevollmächtigte,

Streithelferin,

betreffend eine Klage auf Nichtigerklärung der Verordnung (EG) Nr. 1911/2006 des Rates vom 19. Dezember 2006 zur Einführung eines endgültigen Antidumpingzolls auf die Einfuhren von Lösungen von Harnstoff und Ammoniumnitrat mit Ursprung in Algerien, Belarus, Russland und der Ukraine nach einer Überprüfung gemäß Artikel 11 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 384/96 (ABl. L 365, S. 26)

erlässt

DAS GERICHT (Achte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten L. Truchot, des Richters H. Kanninen (Berichterstatter) und der Richterin M. E. Martins Ribeiro,

Kanzler: N. Rosner, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 8. Dezember 2011

folgendes

Urteil

Entscheidungsgründe

Rechtlicher Rahmen

1. Die Antidumping-Grundregelung wird gebildet durch die Verordnung (EG) Nr. 384/96 des Rates vom 22. Dezember 1995 über den Schutz gegen gedumpte Einfuhren aus nicht zur Europäischen Gemeinschaft gehörenden Ländern (ABl. 1996, L 56, S. 1) in geänderter Fassung (im Folgenden: Grundverordnung) (ersetzt durch die Verordnung [EG] Nr. 1225/2009 des Rates vom 30. November 2009 über den Schutz gegen gedumpte Einfuhren aus nicht zur Europäischen Gemeinschaft gehörenden Ländern [ABl. L 343, S. 51, berichtigt im ABl. 2010, L 7, S. 22]).

2. Art. 1 Abs. 1 und 2 der Grundverordnung (jetzt Art. 1 Abs. 1 und 2 der Verordnung Nr. 1225/2009) lautet:

„(1) Ein Antidumpingzoll kann auf jede Ware erhoben werden, die Gegenstand eines Dumpings ist und deren Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr in der Gemeinschaft eine Schädigung verursacht.

(2) Eine Ware gilt als gedumpt, wenn ihr Preis bei der Ausfuhr in die Gemeinschaft niedriger ist als der vergleichbare Preis der zum Verbrauch im Ausfuhrland bestimmten gleichartigen Ware im normalen Handelsverkehr.“

3. Art. 2 der Grundverordnung (jetzt Art. 2 der Verordnung Nr. 1225/2009) bestimmt:

„(1) Der Normalwert stützt sich normalerweise auf die Preise, die im normalen Handelsverkehr von unabhängigen Abnehmern im Ausfuhrland gezahlt wurden oder zu zahlen sind.

Wird jedoch die gleichartige Ware von dem Ausführer im Ausfuhrland weder hergestellt noch verkauft, so kann der Normalwert anhand der Preise der anderen Verkäufer oder Hersteller ermittelt werden.

Die Preise zwischen Parteien, zwischen denen eine geschäftliche Verbindung oder eine Ausgleichsvereinbarung besteht, können nur dann als im normalen Handelsverkehr angesehen und für die Ermittlung des Normalwerts herangezogen werden, wenn festgestellt wird, dass sie durch diese Geschäftsbeziehung nicht beeinflusst werden.

(2) Die Verkäufe der gleichartigen Ware zum Verbrauch auf dem Inlandsmarkt werden normalerweise bei der Ermittlung des Normalwerts zugrunde gelegt, wenn die verkauften Mengen 5 v. H. oder mehr der verkauften Mengen der betreffenden Ware in die Gemeinschaft ausmachen.

Ein niedrigerer Prozentsatz kann jedoch zulässig sein, wenn beispielsweise die in Rechnung gestellten Preise für den betreffenden Markt als repräsentativ angesehen werden.

(3) Wird die gleichartige Ware im normalen Handelsverkehr nicht oder nur in unzureichenden Mengen verkauft oder lassen diese Verkäufe wegen der besonderen Marktlage keinen angemessenen Vergleich zu, so wird der Normalwert der gleichartigen Ware anhand der Herstellkosten in dem Ursprungsland zuzüglich eines angemessenen Betrags für Vertriebs-, Verwaltungs- und Gemeinkosten und für Gewinne oder anhand der Preise bestimmt, die bei der Ausfuhr in ein geeignetes Drittland im normalen Handelsverkehr gelten, sofern diese Preise repräsentativ sind. Von einer besonderen Marktlage für die betroffene Ware im Sinne des vorstehenden Satzes kann unter anderem dann ausgegangen werden, wenn die Preise künstlich niedrig sind, wenn in beträchtlichem Umfang Barterhandel betrieben wird oder wenn nichtkommerzielle Verarbeitungsvereinbarungen bestehen.

(5) Die Kosten werden normalerweise anhand der Aufzeichnungen der Partei berechnet, sofern diese Aufzeichnungen den allgemein anerkannten Buchführungsgrundsätzen des betreffenden Landes entsprechen und nachgewiesen wird, dass diese Aufzeichnungen die mit der Produktion und dem Verkauf der betreffenden Ware verbundenen Kosten in angemessener Weise widerspiegeln. Spiegeln die Aufzeichnungen der betreffenden Partei die mit der Produktion und dem Verkauf der betreffenden Ware verbundenen Kosten nicht in angemessener Weise wider, so werden diese Kosten berichtigt oder anhand der Kosten anderer Hersteller oder Ausführer in demselben Land bzw., wenn solche Informationen nicht zur Verfügung stehen oder nicht verwendet werden können, auf einer anderen angemessenen Grundlage einschließlich Informationen aus anderen repräsentativen Märkten ermittelt.

Die für die ordnungsgemäße Kostenverteilung vorgelegten Nachweise werden berücksichtigt, sofern diese Kostenverteilungen traditionell vorgenommen wurden. In Ermangelung einer besseren Methode wird die Kostenverteilung auf Umsatzbasis bevorzugt. Sofern dies nicht bereits bei den Kostenverteilungen gemäß diesem Unterabsatz erfolgt ist, werden angemessene Berichtigungen für die nicht wiederkehrenden Kostenfaktoren vorgenommen, die der künftigen und/oder derzeitigen Produktion zugutekommen.

Werden die Kosten während eines Teils des Kostendeckungszeitraums durch die Inbetriebnahme neuer Produktionsanlagen, die erhebliche zusätzliche Investitionen erfordern, und durch niedrige Kapazitätsauslastungsraten beeinflusst, die sich aus der Produktionsaufnahme innerhalb oder während eines Teils des Untersuchungszeitraums ergeben, so werden die Kosten am Ende der Anlaufphase unter Berücksichtigung der vorgenannten Aufteilungsregeln zugrunde gelegt und auf dieser Höhe für den betreffenden Zeitraum in die in Absatz 4 Unterabsatz 2 genannten gewogenen durchschnittlichen Kosten einbezogen. Die Dauer der Anlaufphase wird unter Berücksichtigung der Umstände des betreffenden Herstellers oder Ausführers bestimmt, darf aber einen angemessenen anfänglichen Anteil an dem Kostendeckungszeitraum nicht übersteigen. Für diese Kostenberichtigung während des Untersuchungszeitraums werden die Angaben zu der Anlaufphase, die sich über den Untersuchungszeitraum hinaus erstreckt, berücksichtigt, sofern sie vor den Kontrollbesuchen und innerhalb von drei Monaten nach der Einleitung der Untersuchung vorgelegt werden.

(6) Die Beträge für Vertriebs-, Verwaltungs- und Gemeinkosten sowie für Gewinne werden anhand der Zahlen festgesetzt, die der Ausführer oder Hersteller bei der Produktion und dem Verkauf der gleichartigen Ware im normalen Handelsverkehr tatsächlich verzeichnet. Ist dies nicht möglich, so können die Beträge festgesetzt werden

a) anhand des gewogenen Durchschnitts der tatsächlichen Beträge, die für andere untersuchte Ausführer oder Hersteller bei der Produktion und dem Verkauf der gleichartigen Ware auf dem Inlandsmarkt des Ursprungslandes ermittelt wurden;

b) anhand der Beträge, die der betreffende Ausführer oder Hersteller bei der Produktion und dem Verkauf von Waren der gleichen allgemeinen Warengruppe auf dem Inlandsmarkt des Ursprungslandes tatsächlich verzeichnet;

c) anhand jeder anderen vertretbaren Methode, sofern der auf diese Weise ermittelte Gewinn nicht höher ist als der Gewinn, den andere Ausführer oder Hersteller bei Verkäufen von Waren der gleichen allgemeinen Warengruppe auf dem Inlandsmarkt des Ursprungslandes erzielen.

(7) a) Im Fall von Einfuhren aus Ländern ohne Marktwirtschaft … erfolgt die Ermittlung des Normalwerts auf der Grundlage des Preises oder des rechnerisch ermittelten Wertes in einem Drittland mit Marktwirtschaft oder des Preises, zu dem die Ware aus einem solchen Drittland in andere Länder sowie in die Gemeinschaft verkauft wird; falls dies nicht möglich ist, erfolgt die Ermittlung auf jeder anderen angemessenen Grundlage, einschließlich des für die gleichartige Ware in der Gemeinschaft tatsächlich gezahlten oder zu zahlenden Preises, der erforderlichenfalls um eine angemessene Gewinnspanne gebührend berichtigt wird.

Ein geeignetes Drittland mit Marktwirtschaft wird auf nicht unvertretbare Weise unter gebührender Berücksichtigung aller zum Zeitpunkt der Auswahl zur Verfügung stehenden zuverlässigen Informationen ausgewählt. Ferner werden die Terminzwänge berücksichtigt, und es wird, soweit angemessen, ein Drittland mit Marktwirtschaft herangezogen, das Gegenstand der gleichen Untersuchung ist.

(10) Zwischen dem Ausfuhrpreis und dem Normalwert wird ein gerechter Vergleich durchgeführt. Dieser Vergleich erfolgt auf derselben Handelsstufe und unter Zugrundelegung von Verkäufen, die zu möglichst nahe beieinander liegenden Zeitpunkten getätigt werden, sowie unter gebührender Berücksichtigung anderer Unterschiede, die die Vergleichbarkeit der Preise beeinflussen. Ist die Vergleichbarkeit der ermittelten Normalwerte und Ausfuhrpreise nicht gegeben, werden, auf Antrag, jedes Mal gebührende Berichtigungen für Unterschiede bei Faktoren vorgenommen, die nachweislich die Preise und damit die Vergleichbarkeit der Preise beeinflussen. Dabei wird jede doppelte Berichtigung vermieden, insbesondere für Preisnachlässe, Rabatte, unterschiedliche Mengen und unterschiedliche Handelsstufen. …

i) Provisionen

Eine Berichtigung wird vorgenommen für Unterschiede bei den Provisionen, die für die betreffenden Verkäufe gezahlt werden. Als ‚Provision‘ gilt auch der Aufschlag, den ein Unternehmen, das mit der Ware oder der gleichartigen Ware handelt, erhält, sofern dieser Händler ähnliche Funktionen ausübt wie ein auf Provisionsgrundlage tätiger Vertreter.

…“

4. In Art. 11 Abs. 1 bis 3 und 5 der Grundverordnung (jetzt Art. 11 Abs. 1 bis 3 und 5 der Verordnung Nr. 1225/2009) heißt es:

„(1) Eine Antidumpingmaßnahme bleibt nur so lange und in dem Umfang in Kraft, wie dies notwendig ist, um das schädigende Dumping unwirksam zu machen.

(2) Eine endgültige Antidumpingmaßnahme tritt fünf Jahre nach ihrer Einführung oder fünf Jahre nach dem Datum des Abschlusses der letzten Überprüfung außer Kraft, die sowohl das Dumping als auch die Schädigung betraf, außer wenn in einer Überprüfung festgestellt wird, dass das Dumping und die Schädigung bei einem Auslaufen der Maßnahme wahrscheinlich anhalten oder erneut auftreten würden. …

(3) Die Notwendigkeit der Aufrechterhaltung der Maßnahmen kann bei Bedarf ebenfalls von der Kommission von Amts wegen oder auf Antrag eines Mitgliedstaats oder, sofern seit der Einführung der endgültigen Maßnahme eine angemessene Zeitspanne, mindestens aber ein Jahr vergangen ist, auf Antrag eines Ausführers oder Einführers oder der Gemeinschaftshersteller überprüft werden, wenn dieser Antrag ausreichende Beweise für die Notwendigkeit einer solchen Interimsüberprüfung enthält.

Eine Interimsüberprüfung wird eingeleitet, wenn der Antrag ausreichende Beweise dafür enthält, dass die Aufrechterhaltung der Maßnahme zum Ausgleich des Dumpings nicht mehr notwendig ist und/oder dass die Schädigung im Fall der Aufhebung oder Änderung der Maßnahme wahrscheinlich nicht anhalten oder erneut auftreten würde oder dass die Maßnahme nicht oder nicht mehr ausreicht, um das schädigende Dumping unwirksam zu machen.

(5) Die einschlägigen Bestimmungen dieser Verordnung über die Verfahren und den Ablauf von Untersuchungen, abgesehen von den Bestimmungen über die Fristen, gelten für die Überprüfungen nach den Absätzen 2, 3 und 4. Diese Überprüfungen werden ohne Verzögerungen durchgeführt und normalerweise innerhalb von zwölf Monaten nach der Einleitung der Überprüfungen abgeschlossen. …“

5. Die Erwägungsgründe 3 und 4 der Verordnung (EG) Nr. 1972/2002 des Rates vom 5. November 2002 zur Änderung der Grundverordnung (ABl. L 305, S. 1) lauten:

„(3) In Artikel 2 Absatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 384/96 ist unter anderem festgelegt, dass der Normalwert, falls die Verkäufe der gleichartigen Ware wegen einer besonderen Marktlage keinen angemessenen Vergleich zulassen, anhand der Herstellkosten in dem Ursprungsland zuzüglich eines angemessenen Betrags für Vertriebs-, Verwaltungs- und Gemeinkosten und für Gewinne oder anhand der Preise zu bestimmen ist, die bei der Ausfuhr in ein geeignetes Drittland im normalen Handelsverkehr gelten, sofern diese repräsentativ sind. Es sollte sicherheitshalber geklärt werden, welche Umstände eine besondere Marktlage begründen könnten, in der die Verkäufe der gleichartigen Ware keinen angemessenen Vergleich zulassen. Solche Umstände können beispielsweise aufgrund von Barterhandel oder anderen nichtkommerziellen Verarbeitungsvereinbarungen oder anderen Markthindernissen bestehen. Unter solchen Bedingungen spiegeln die Marktsignale möglicherweise Angebot und Nachfrage nicht angemessen wider, was sich wiederum auf die entsprechenden Kosten und Preise auswirken und dazu führen kann, dass die Inlandspreise nicht mit den Weltmarktpreisen oder den Preisen auf anderen repräsentativen Märkten im Einklang stehen. Angesichts der Vielzahl möglicher besonderer Marktlagen, die keinen angemessenen Vergleich zulassen, können diesbezügliche Erläuterungen selbstverständlich nicht erschöpfender Natur sein.

(4) Es sollten bestimmte Verfahrensregeln für den Fall festgelegt werden, dass die Aufzeichnungen gemäß Artikel 2 Absatz 5 der Verordnung (EG) Nr. 384/96 die mit der Produktion und dem Verkauf der betreffenden Ware verbundenen Kosten nicht in angemessener Weise widerspiegeln, insbesondere dann, wenn die Verkäufe der gleichartigen Ware wegen einer besonderen Marktlage keinen angemessenen Vergleich zulassen. In diesem Fall sind die erforderlichen Informationen aus Quellen einzuholen, die von diesen Verzerrungen nicht betroffen sind. Dabei kann es sich um die Kosten anderer Hersteller oder Ausführer in demselben Land handeln oder, wenn solche Angaben nicht verfügbar sind oder nicht verwendet werden können, um jede andere angemessene Grundlage einschließlich Informationen aus anderen repräsentativen Märkten. Die entsprechenden Informationen können entweder zur Berichtigung bestimmter Posten der Aufzeichnungen der betroffenen Partei oder, wenn dies nicht möglich ist, zur Ermittlung der Kosten der betroffenen Partei herangezogen werden.“

6. Art. 2 des Übereinkommens zur Durchführung des Artikels VI des Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommens von 1994 (ABl. 1994, L 336, S. 103, im Folgenden: Antidumping-Übereinkommen von 1994), das in Anhang 1A des Übereinkommens zur Einrichtung der Welthandelsorganisation (WTO) aufgeführt ist, welches durch den Beschluss 94/800/EG des Rates vom 22. Dezember 1994 über den Abschluss der Übereinkünfte im Rahmen der multilateralen Verhandlungen der Uruguay-Runde (1986–1994) im Namen der Europäischen Gemeinschaft in Bezug auf die in ihre Zuständigkeiten fallenden Bereiche (ABl. L 336, S. 1) genehmigt worden ist, bestimmt unter 2.2.1.1:

„Für die Zwecke des Absatzes 2 werden die Kosten normalerweise anhand der Aufzeichnungen des untersuchten Ausführers oder Herstellers berechnet, sofern diese Aufzeichnungen den allgemein anerkannten Buchführungsgrundsätzen des Ausfuhrlandes entsprechen und die mit der Produktion und dem Verkauf der fraglichen Ware zusammenhängenden Kosten angemessen darstellen. Die Behörden berücksichtigen alle verfügbaren Nachweise für die ordnungsgemäße Kostenverteilung – einschließlich der Nachweise, die der Ausführer oder Hersteller während der Untersuchung vorlegt –, sofern solche Kostenverteilungen traditionell von dem Ausführer oder Hersteller vorgenommen wurden, und dies insbesondere im Hinblick auf die Festsetzung angemessener Tilgungs- und Abschreibungszeiträume sowie angemessener Berichtigungen für Investitionsausgaben und sonstige Entwicklungskosten. Sofern dies nicht bereits bei den Kostenverteilungen gemäß diesem Unterabsatz erfolgt ist, werden angemessene Berichtigungen vorgenommen für die nichtwiederkehrenden Kostenfaktoren, die der künftigen und/oder derzeitigen Produktion zugutekommen, sowie in den Fällen, in denen die Kosten im Untersuchungszeitraum durch die Produktionsaufnahme beeinflusst werden.“

Vorgeschichte des Rechtsstreits

7. Am 18. September 2000 erließ der Rat der Europäischen Union die Verordnung (EG) Nr. 1995/2000 des Rates zur Einführung eines endgültigen Antidumpingzolls und zur endgültigen Vereinnahmung der vorläufigen Zölle auf die Einfuhren von Lösungen von Harnstoff und Ammoniumnitrat mit Ursprung in Algerien, Belarus, Litauen, Russland und der Ukraine und zur Einstellung des Antidumpingverfahrens betreffend die Einfuhren mit Ursprung in der Slowakischen Republik (ABl. L 238, S. 15). Die gegenüber den Einfuhren von Harnstoff und Ammoniumnitrat (im Folgenden: HAN oder fragliche Ware) mit Ursprung in Litauen eingeführten Maßnahmen traten nach der am 1. Mai 2004 vollzogenen Erweiterung der Europäischen Union außer Kraft.

Zum Antrag auf Überprüfung wegen Auslaufens der Antidumpingmaßnahmen

8. Im Anschluss an die am 17. Dezember 2004 erfolgte Veröffentlichung einer Bekanntmachung über das bevorstehende Außerkrafttreten bestimmter Antidumpingmaßnahmen und Ausgleichsmaßnahmen (ABl. C 312, S. 5) ging bei der Kommission der Europäischen Gemeinschaften am 20. Juni 2005 ein Antrag nach Art. 11 Abs. 2 der Grundverordnung auf Überprüfung wegen dieses Auslaufens der Maßnahmen ein. Der Antrag wurde von der European Fertilizer Manufacturers Association (Verband der europäischen Düngemittelhersteller, EFMA) eingereicht.

9. Die Kommission gelangte nach Anhörung des Beratenden Ausschusses zu dem Schluss, dass genügend Beweise vorlägen, um die Einleitung einer Überprüfung wegen des bevorstehenden Außerkrafttretens der für die Einfuhren von HAN mit Ursprung in Algerien, Belarus, Russland und der Ukraine geltenden Antidumpingmaßnahmen zu rechtfertigen, und veröffentlichte am 22. September 2005 eine Bekanntmachung über die Einleitung einer Überprüfung wegen des bevorstehenden Außerkrafttretens der Maßnahmen gemäß Art. 11 Abs. 2 der Grundverordnung (ABl. C 233, S. 14).

10. Die Untersuchung der Wahrscheinlichkeit eines Anhaltens oder erneuten Auftretens von Dumping erstreckte sich über den Zeitraum vom 1. Juli 2004 bis zum 30. Juni 2005 (im Folgenden: Überprüfungszeitraum). Die Untersuchung der für die Beurteilung der Wahrscheinlichkeit eines Anhaltens oder Wiederauftretens der Schädigung relevanten Trends betraf den Zeitraum vom 1. Januar 2002 bis zum Ende des Überprüfungszeitraums.

11. Die interessierten Parteien erhielten Gelegenheit, innerhalb der in der Einleitungsbekanntmachung gesetzten Frist schriftlich Stellung zu nehmen und ihre Anhörung zu beantragen. Alle interessierten Parteien, die besondere Gründe für ihre Anhörung geltend machten, wurden auf ihren entsprechenden Antrag gehört.

12. Am 19. Dezember 2006 erließ der Rat die Verordnung (EG) Nr. 1911/2006 zur Einführung eines endgültigen Antidumpingzolls auf die Einfuhren von Lösungen von HAN mit Ursprung in Algerien, Belarus, Russland und der Ukraine nach einer Überprüfung gemäß Artikel 11 Absatz 2 der Grundverordnung (ABl. L 365, S. 26, im Folgenden: angefochtene Verordnung). Dieser Verordnung zufolge beschloss der Rat, die Antidumpingmaßnahmen für Einfuhren von HAN mit Ursprung u. a. in Russland aufrechtzuerhalten. Dazu führte er auf die Einfuhren von Mischungen von Harnstoff und Ammoniumnitrat in wässriger oder ammoniakalischer Lösung des KN-Codes 3102 80 00 mit Ursprung u. a. in Russland einen endgültigen Antidumpingzoll ein. Die Klägerin, ein russischer ausführender Hersteller, ist eines der von diesem Antidumpingzoll erfassten Unternehmen.

13. Die Erwägungsgründe 58 bis 63 der angefochtenen Verordnung lauten:

„(58) Es wurde geprüft, ob die Angaben der betroffenen Parteien die mit der Produktion und dem Verkauf der untersuchten Ware verbundenen Kosten angemessen widerspiegeln. Hinsichtlich der Gaskosten ergab die Untersuchung, dass der von den russischen Herstellern gezahlte Gaspreis rund ein Fünftel des Preises für russische Erdgasausfuhren betrug. Alle verfügbaren Informationen deuten darauf hin, dass die russischen Inlandsgaspreise reguliert sind und weit unter den Marktpreisen liegen, die auf nichtregulierten Märkten für Erdgas gezahlt werden. Deshalb wurden die Gaskosten der russischen Hersteller gemäß Artikel 2 Absatz 5 der Grundverordnung auf der Grundlage von Informationen anderer repräsentativer Märkte berichtigt. Für die Preisberichtigung wurde der Durchschnittspreis für russisches Gas bei der Ausfuhr an der deutsch/tschechischen Grenze (Grenzübergang Waidhaus), abzüglich Transportkosten, herangezogen. Waidhaus ist der Hauptumschlagplatz für russische Gaslieferungen in die [Europäische Union], die den größten Abnehmer für russisches Erdgas darstellt und in der die Preise die Kosten angemessen widerspiegeln; daher kann dieser Markt als repräsentativ im Sinne von Artikel 2 Absatz 5 der Grundverordnung angesehen werden.

(59) Für die Ermittlung des Normalwerts wurden die Herstellkosten für den in die Gemeinschaft ausgeführten Warentyp zugrunde gelegt, im Anschluss an die unter [dem 58. Erwägungsgrund] beschriebene Berichtigung des Gaspreises und zuzüglich eines angemessenen Betrags für VVG-Kosten [Vertriebs-, Verwaltungs- und Gemeinkosten] und Gewinne gemäß Artikel 2 Absätze 3 und 6 der Grundverordnung.

(60) … VVG-Kosten und Gewinne gemäß Artikel 2 Absatz 6 erster Satz der Grundverordnung [konnten] nicht ermittelt werden, da die verbundenen Hersteller im normalen Handelsverkehr keine repräsentativen Inlandsverkäufe der betroffenen Ware aufwiesen. Artikel 2 Absatz 6 Buchstabe a konnte nicht angewandt werden, da nur diese beiden Hersteller untersucht werden. Artikel 2 Absatz 6 Buchstabe b konnte ebenfalls nicht angewandt werden, da die Herstellkosten für Waren, die zu derselben allgemeinen Warengruppe gehören, aus den unter [dem 58. Erwägungsgrund] genannten Gründen hinsichtlich der Gaspreise ebenfalls berichtigt werden müssten. Da es sich als unmöglich erwies, die Größenordnung der notwendigen Berichtigung für alle zu ein und derselben allgemeinen Warengruppe gehörenden Waren zu bestimmen, die auf dem Inlandsmarkt verkauft wurden, war es ebenfalls unmöglich, die Gewinnspannen nach einer solchen Berichtigung zu ermitteln. Mithin wurden VVG-Kosten und Gewinne entsprechend Artikel 2 Absatz 6 Buchstabe c der Grundverordnung festgesetzt.

(61) … VVG-Kosten und Gewinne [wurden] anhand der gewogenen durchschnittlichen VVG-Kosten und Gewinne derselben drei nordamerikanischen Hersteller ermittelt. Der so festgesetzte Gewinn lag nicht über dem Gewinn, den die russischen Hersteller durch den Verkauf von Waren derselben allgemeinen Warengruppe auf ihrem Inlandsmarkt erzielten.

(62) Die Untersuchung ergab, dass die Ausfuhrverkäufe der beiden kooperierenden Hersteller im Rahmen eines Handelsvertretervertrags über zwei verbundene Händler getätigt wurden, von denen der eine in der Schweiz und der andere auf den britischen Jungferninseln ansässig ist. Letzteres Unternehmen stellte seine Tätigkeit Anfang 2005 ein. Der Ausfuhrpreis wurde auf der Grundlage der Ausfuhrpreise ermittelt, die vom ersten unabhängigen Abnehmer in den USA, ihrem wichtigsten Exportmarkt, gezahlt wurden oder zu zahlen sind.

(63) Den Angaben der beiden verbundenen Händler zufolge lagen die Preise für Ausfuhren in Drittländer unter dem für Russland rechnerisch ermittelten Normalwert. Die Untersuchung ergab, dass sich dieser Preisunterschied im [Überprüfungszeitraum] zwischen 2 % und 6 % bewegte. Dies deutet darauf hin, dass es bei einem Außerkrafttreten der Maßnahmen erneut zu gedumpten Ausfuhren in die Gemeinschaft kommen könnte.“

Zum Antrag der Klägerin auf teilweise Interimsüberprüfung

14. Am 1. August 2005 ging bei der Kommission des Weiteren ein Antrag nach Art. 11 Abs. 3 der Grundverordnung auf teilweise Interimsüberprüfung der mit der Verordnung Nr. 1995/2000 getroffenen Maßnahmen ein. Dieser Antrag wurde von zwei russischen ausführenden Herstellern, Novomoskovskiy Azot (im Folgenden: NAK) und Nevinnomyssky Azot (im Folgenden: Nevinka) – beide Tochtergesellschaften der Klägerin (im Folgenden gemeinsam: Klägerin) –, gestellt. Zur Stützung ihres Antrags berief sich die Klägerin auf zwei Ereignisse, die ihrer Ansicht nach von erheblicher Bedeutung sind, nämlich die Zuerkennung des Status einer Marktwirtschaft an die Russische Föderation im Jahr 2002 und die Erweiterung der Europäischen Union um zehn neue Mitgliedstaaten am 1. Mai 2004.

15. Die Kommission antwortete der Klägerin mit Schreiben vom 10. August 2005 und ersuchte sie, eine vollständige Dumpingberechnung auf der Grundlage von nach Einzelgeschäften aufgeschlüsselten Listen aller Inlands- und Ausfuhrverkäufe der fraglichen Ware sowie von Angaben über die entsprechenden Herstellkosten vorzulegen, was durch gebräuchliche Nachweise zu belegen sei.

16. In ihrer Antwort vom 9. September 2005 übermittelte die Klägerin eine Dumpingberechnung in Tabellenform. Am 27. Oktober 2005 reichte sie weitere Unterlagen, ergänzende Tabellen und Belege ein.

17. Mit Schreiben vom 16. Dezember 2005 rügte die Klägerin die bei der Behandlung ihres Antrags eingetretene Verzögerung, worauf die Kommission ihr mit Schreiben vom 23. Dezember 2005 erläuterte, dass diese Verzögerung auf die Unzulänglichkeit der vorgelegten Unterlagen zurückzuführen sei.

18. Mit Schreiben vom 16. März 2006 forderte die Kommission die Klägerin zur Behebung bestimmter Mängel auf.

19. Nachdem die Klägerin mit Schreiben vom 12. Mai, 31. Oktober und 23. November 2006 weitere Informationen übermittelt hatte, leitete die Kommission mit der Veröffentlichung einer Bekanntmachung im Amtsblatt der Europäischen Union (ABl. C 311, S. 51) am 19. Dezember 2006 die Interimsüberprüfung ein. Die Kommission gelangte nach Konsultierung des Beratenden Ausschusses zu der Schlussfolgerung, dass der Antrag ausreichende Anscheinsbeweise enthalte.

20. Bei der Überprüfung wurde nur das Vorliegen von Dumping im Hinblick auf die Klägerin geprüft. Die Dumpinguntersuchung betraf den Zeitraum vom 1. Oktober 2005 bis 30. September 2006.

21. Alle interessierten Parteien, die besondere Gründe für ihre Anhörung nachwiesen, wurden auf ihren entsprechenden Antrag gehört.

22. Am 10. März 2008 erließ der Rat die Verordnung (EG) Nr. 238/2008 zur Einstellung der gemäß Artikel 11 Absatz 3 der Grundverordnung durchgeführten teilweisen Interimsüberprüfung des Antidumpingzolls auf die Einfuhren von HAN mit Ursprung in Russland (ABl. L 75, S. 14). Diese Überprüfung wurde ohne Änderung der geltenden Maßnahmen geschlossen.

Verfahren und Anträge der Parteien

23. Mit Klageschrift, die am 13. März 2007 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Klägerin die vorliegende Klage erhoben.

24. Die Klägerin beantragt,

– die angefochtene Verordnung, insbesondere deren Art. 1, für nichtig zu erklären, soweit sie und die im 14. Erwägungsgrund Buchst. a und b dieser Verordnung genannten mit ihr verbundenen Gesellschaften betroffen sind;

– dem Rat die Kosten aufzuerlegen.

25. Der Rat beantragt,

– die Klage abzuweisen;

– der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

26. Auf ihren Streithilfeantrag vom 3. Juli 2007 wurde die Kommission durch Beschluss des Präsidenten der Dritten Kammer des Gerichts vom 7. September 2007 als Streithelferin zur Unterstützung der Anträge des Rates zugelassen.

27. Nach der Einreichung eines zusätzlichen Schriftstücks durch die Klägerin in der mündlichen Verhandlung hat der Rat dem Gericht am 3. Januar 2012 eine Stellungnahme übermittelt, mit der er die Erheblichkeit dieses Schriftstücks in Abrede gestellt hat.

28. Mit Schreiben vom 31. Januar 2012 hat die Kanzlei des Gerichts die Parteien über den Schluss der mündlichen Verhandlung in Kenntnis gesetzt.

Rechtliche Würdigung

29. Zur Stützung ihrer Klage macht die Klägerin zwei Klagegründe geltend, mit denen sie Verstöße gegen die Art. 1 und 2 der Grundverordnung bzw. gegen Art. 11 Abs. 1 und 3 dieser Verordnung rügt.

Zum ersten Klagegrund: Verstoß gegen die Art. 1 und 2 der Grundverordnung

30. Mit ihrem ersten Klagegrund macht die Klägerin einen Verstoß gegen die Art. 1 und 2 der Grundverordnung geltend. Sie gliedert diesen Klagegrund in drei Teile, mit denen sie im Wesentlichen rügt, erstens sei bei der Berechnung des Normalwerts zu Unrecht davon ausgegangen worden, dass die mit der Produktion und dem Verkauf der fraglichen Ware verbundenen Kosten die Buchungsaufzeichnungen nicht angemessen widerspiegelten, so dass insoweit eine Berichtigung vorzunehmen sei. Zweitens sei bei der Berechnung des Preises für russisches Gas zu Unrecht von dem in Waidhaus (Deutschland) zu zahlenden Preis ausgegangen und die auf das russische Gas anwendbare Ausfuhrabgabe von 30 % nicht vom berichtigten Betrag abgezogen worden. Drittens seien die Provisionen der verbundenen Gesellschaften, die der von der Klägerin gebildeten wirtschaftlichen Einheit angehörten, zu Unrecht von dem Ausfuhrpreis abgezogen worden, den sie dem ersten unabhängigen Abnehmer in Rechnung gestellt habe.

31. Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass der Rat und die Kommission (im Folgenden: Organe), wenn sie in Anwendung der Grundverordnung konkrete Schutzmaßnahmen gegen Dumping treffen, wegen der Komplexität der von ihnen zu prüfenden wirtschaftlichen, politischen und rechtlichen Sachverhalte über ein weites Ermessen verfügen (Urteile des Gerichtshofs vom 7. Mai 1991, Nakajima/Rat, C-69/89, Slg. 1991, I-2069, Randnr. 86, und vom 29. Mai 1997, Rotexchemie, C-26/96, Slg. 1997, I-2817, Randnr. 10; Urteile des Gerichts vom 28. September 1995, Ferchimex/Rat, T-164/94, Slg. 1995, II-2681, Randnr. 131, vom 5. Juni 1996, NMB France u. a./Kommission, T-162/94, Slg. 1996, II-427, Randnr. 72, vom 18. September 1996, Climax Paper/Rat, T-155/94, Slg. 1996, II-873, Randnr. 98, vom 25. September 1997, Shanghai Bicycle/Rat, T-170/94, Slg. 1997, II-1383, Randnr. 63, und vom 17. Juli 1998, Thai Bicycle/Rat, T-118/96, Slg. 1998, II-2991, Randnr. 32).

32. Daraus folgt, dass die Kontrolle dieser Wertungen durch den Unionsrichter auf die Prüfung zu beschränken ist, ob die Verfahrensvorschriften eingehalten wurden, ob der der angefochtenen Verordnung zugrunde gelegte Sachverhalt zutreffend festgestellt wurde und ob keine offensichtlich fehlerhafte Beurteilung dieses Sachverhalts und kein Ermessensmissbrauch vorliegen (Urteile des Gerichtshofs vom 7. Mai 1987, NTN Toyo Bearing u. a./Rat, 240/84, Slg. 1987, 1809, Randnr. 19, vom 7. Mai 1987, Nippon Seiko/Rat, 258/84, Slg. 1987, 1923, Randnr. 21, vom 14. März 1990, Gestetner Holdings/Rat und Kommission, C-156/87, Slg. 1990, I-781, Randnr. 63, Rotexchemie, oben in Randnr. 31 angeführt, Randnr. 11, Climax Paper/Rat, oben in Randnr. 31 angeführt, Randnr. 98, Shanghai Bicycle/Rat, oben in Randnr. 31 angeführt, Randnr. 64, und Thai Bicycle/Rat, oben in Randnr. 31 angeführt, Randnr. 33).

Zum ersten Teil des ersten Klagegrundes

33. Im Rahmen dieses ersten Teils ist die Klägerin bestrebt, darzutun, dass die Organe bei der Berechnung des Normalwerts zu Unrecht den Berichtigungsgrundsatz sowie eine für Staaten ohne Marktwirtschaft bestimmte Methode herangezogen hätten, was nicht nur in Widerspruch zum Wortlaut von Art. 2 Abs. 5 der Grundverordnung stehe, sondern auch gegen diese Bestimmung in Verbindung mit den übrigen Bestimmungen der Art. 1 und 2 der Grundverordnung (erste Rüge) sowie gegen die Bestimmungen des Antidumping-Übereinkommens von 1994 verstoße (zweite Rüge).

– Zur ersten Rüge

34. Nach Ansicht der Klägerin können die Organe nach dem Wortlaut des Art. 2 Abs. 5 der Grundverordnung prüfen, ob die wichtigsten Produktions- und Verkaufskosten in den Büchern der Hersteller ordnungsgemäß eingetragen und verbucht worden seien. Dagegen sehe er nicht vor, dass die Organe prüfen könnten, ob diese Kosten gegenüber dem auf einem anderen Markt bestehenden Preisniveau angemessen seien. Der Wortlaut des Art. 2 Abs. 5 der Grundverordnung impliziere nicht, dass die „Verlässlichkeit“ der wichtigsten Kostenelemente bei der Herstellung und dem Verkauf der fraglichen Ware anhand der Preise oder Werte gleichartiger Produktionsfaktoren zu überprüfen sei, die in die Europäische Union ausgeführt würden oder auf den nicht regulierten Märkten von Drittstaaten vorzufinden seien.

35. Auch eine Auslegung des Art. 2 Abs. 5 der Grundverordnung in Verbindung mit den übrigen Bestimmungen der Art. 1 und 2 Abs. 1 bis 6 dieser Verordnung könne im vorliegenden Fall den Rückgriff der Organe auf eine Berichtigung des Gaspreises nicht bestätigen.

36. Dazu ist zunächst festzustellen, dass die Klägerin die Entscheidung des Rates, für die Berechnung des Normalwerts der fraglichen Ware Art. 2 Abs. 3 der Grundverordnung heranzuziehen, als solche nicht beanstandet.

37. In dieser Bestimmung sind zum einen die Kriterien aufgeführt, nach denen die – auf den im Inlandsmarkt des Ausfuhrlands gezahlten Preisen beruhende – Methode zur Bestimmung des Normalwerts außer Anwendung bleibt, und zum anderen die zur Berechnung dieses Werts hilfsweise heranzuziehenden Methoden.

38. Im vorliegenden Fall haben die Organe die in Art. 2 Abs. 3 der Grundverordnung vorgesehene Methode angewandt, wonach der Normalwert der Ware anhand der Herstellkosten im Ursprungsland zuzüglich eines angemessenen Betrags für Vertriebs-, Verwaltungs- und Gemeinkosten und für Gewinne bestimmt wird (im Folgenden: rechnerisch ermittelter Normalwert).

39. Die Parteien streiten über die Ermittlung der Herstellkosten für die fragliche Ware nach Maßgabe des Art. 2 Abs. 5 Unterabs. 1 der Grundverordnung. Der Rechtsstreit betrifft konkret die Berechnung des Anteils der Gaskosten an den Herstellkosten der fraglichen Ware.

40. Unstreitig ist, dass Erdgas den wichtigsten bei der Herstellung der fraglichen Ware eingesetzten Produktionsfaktor darstellt und dass der Gaspreis, den die Klägerin bei der Herstellung dieser Ware zu zahlen hatte, in Russland reguliert war. Der von der Klägerin zu zahlende Gaspreis steht als solcher nicht im Streit, da der Rat nicht vorträgt, dass diese Kosten in anderer Höhe angefallen seien als in den Aufzeichnungen der Klägerin verbucht. Die Klägerin wirft dem Rat vielmehr vor, er habe den Normalwert der fraglichen Ware nicht anhand dieser Kosten berechnet und bei dieser Berechnung einen anderen, höheren Gaspreis herangezogen, den er einem anderen Markt als dem russischen Inlandsmarkt entnommen habe.

41. Aus Art. 2 Abs. 3 Satz 1 in Verbindung mit Abs. 5 Unterabs. 1 Satz 1 der Grundverordnung geht hervor, dass im Rahmen der Ermittlung des Normalwerts auf der Grundlage der Herstellkosten die Kosten normalerweise anhand der Buchungsaufzeichnungen des von der Untersuchung Betroffenen berechnet werden.

42. Die Organe machen geltend, die zweite dieser beiden Bestimmungen enthalte zwei Präzisierungen, die sich als zwei Bedingungen in dem Sinne darstellten, dass die Aufzeichnungen zum einen den allgemein anerkannten Buchführungsgrundsätzen des betreffenden Landes entsprechen und zum anderen die mit der Produktion und dem Verkauf der betreffenden Ware verbundenen Kosten in angemessener Weise widerspiegeln müssten. Die zweite Bedingung erlaube es den Organen, zu überprüfen, ob die Kosten, wiewohl die allgemein anerkannten Buchführungsgrundsätze des betreffenden Landes beachtet worden seien, in den Aufzeichnungen auch „angemessen“ berücksichtigt worden seien, und gegebenenfalls nach Art. 2 Abs. 5 Unterabs. 1 Satz 2 der Grundverordnung Berichtigungen auf der Grundlage anderer Informationsquellen als der Buchungsaufzeichnungen vorzunehmen.

43. Der Rat trägt nicht vor, dass die erste Bedingung im vorliegenden Fall nicht erfüllt sei. Er meint aber, dass die Buchungsaufzeichnungen der Klägerin die mit der Produktion der fraglichen Ware verbundenen Kosten nicht angemessen widerspiegelten, da der Gaspreis künstlich niedrig sei und deutlich unter den Gaspreisen der nicht regulierten Märkte liege. Der Rat sei daher nach Art. 2 Abs. 5 Unterabs. 1 der Grundverordnung befugt gewesen, den Gaspreis anhand von Informationen aus anderen repräsentativen Märkten zu berichtigen.

44. Zu prüfen ist daher, ob der Rat die in den Buchungsunterlagen der Klägerin als ihr für die Herstellung der fraglichen Ware tatsächlich entstanden ausgewiesenen Gaskosten außer Betracht lassen durfte, weil sie seiner Ansicht nach wegen der Regulierung des Gaspreises in Russland künstlich niedrig waren, und diese Kosten daher nach oben berichtigen durfte, indem er den Gaspreis eines Marktes heranzog, der von ihm als repräsentativ angesehen wurde.

45. Hierzu ist zunächst festzustellen, dass Art. 2 Abs. 3 Satz 1 der Grundverordnung für die Ermittlung des Normalwerts die Methode vorsieht, die für den Fall gilt, dass die gleichartige Ware im normalen Handelsverkehr nicht oder nur in unzureichenden Mengen verkauft wird oder dass diese Verkäufe wegen der besonderen Marktlage keinen angemessenen Vergleich zulassen.

46. Art. 2 Abs. 3 Satz 2 der Grundverordnung, der die Fälle einer besonderen Marktlage definiert, ist durch die Verordnung Nr. 1972/2002 eingefügt worden. Danach besteht eine besondere Marktlage u. a. dann, wenn die Preise künstlich niedrig sind, wenn in beträchtlichem Umfang Barterhandel betrieben wird oder wenn nichtkommerzielle Verarbeitungsvereinbarungen bestehen.

47. Wie sich aus dem dritten Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 1972/2002 ergibt, wird mit der Einfügung des Art. 2 Abs. 3 Satz 2 der Grundverordnung bezweckt, zu klären, welche Umstände eine besondere Marktlage begründen könnten, in der die Verkäufe der gleichartigen Ware keinen angemessenen Vergleich zulassen. Nach diesem Erwägungsgrund können solche Umstände beispielsweise aufgrund von künstlich niedrigen Preisen, Barterhandel, anderen nichtkommerziellen Verarbeitungsvereinbarungen oder anderen Markthindernissen bestehen. Es ist daher möglich, dass die Marktsignale Angebot und Nachfrage nicht angemessen widerspiegeln, was sich auf die entsprechenden Kosten und Preise auswirken und dazu führen kann, dass die Inlandspreise nicht mit den Weltmarktpreisen oder den Preisen auf anderen repräsentativen Märkten im Einklang stehen.

48. Art. 2 Abs. 3 Satz 2 der Grundverordnung sieht vor, dass eine besondere Marktlage u. a. dann besteht, wenn die Preise auf dem Markt des Ausfuhrlands künstlich niedrig sind.

49. Der Rat hat in der mündlichen Verhandlung vorgetragen, dass auf die Methode des rechnerisch ermittelten Normalwerts deshalb zurückgegriffen worden sei, weil es in Russland nicht genug vergleichbare normale Handelsgeschäfte gebe. Folgerichtig habe auch davon ausgegangen werden dürfen, dass eine besondere Marktlage schon dann bestehe, wenn die Kosten des Gases als des wichtigsten bei der Herstellung der fraglichen Ware eingesetzten Produktionsfaktors reguliert würden und der Erdgaspreis auf dem Inlandsmarkt künstlich niedrig festgesetzt werde.

50. Es ist festzustellen, dass Art. 2 Abs. 3 der Grundverordnung nur angibt, nach welchen Kriterien die Methoden zur Ermittlung des Normalwerts anhand des Warenpreises auf dem Inlandsmarkt des Ausfuhrlands nicht heranzuziehen sind. Er regelt nicht die Modalitäten zur Berechnung der Herstellkosten im Rahmen der Bestimmung des rechnerisch ermittelten Normalwerts; diese Berechnung ist vielmehr in Abs. 5 dieses Artikels geregelt.

51. Nach Art. 2 Abs. 5 Unterabs. 1 der Grundverordnung werden die Herstellkosten normalerweise anhand der Aufzeichnungen des von der Untersuchung Betroffenen berechnet. Die rechnerische Ermittlung des Normalwerts erfolgt somit normalerweise unter Verwendung der in diesen Aufzeichnungen enthaltenen Informationen.

52. Art. 2 Abs. 5 Unterabs. 2 und 3 der Grundverordnung enthält besondere Bestimmungen zur Verteilung der Kosten einschließlich der Kosten in der Anlaufphase. Diese Bestimmungen sehen Möglichkeiten zur Berichtigung der in die Aufzeichnungen übertragenen Kosten vor, die unter bestimmten Voraussetzungen angepasst oder anders verteilt werden können.

53. Aus Art. 2 Abs. 5 Unterabs. 1 der Grundverordnung ergibt sich ferner, dass die Aufzeichnungen des Betreffenden dann nicht als Grundlage für die Berechnung des Normalwerts herangezogen werden, wenn sie die mit der Produktion der von einer Untersuchung betroffenen Ware verbundenen Kosten nicht in angemessener Weise widerspiegeln. In diesem Fall werden die Kosten nach Unterabs. 1 Satz 2 anhand anderer Informationsquellen als dieser Aufzeichnungen berichtigt bzw. ermittelt. Diese Informationen können auf den Kosten anderer Hersteller oder Ausführer oder, wenn solche Informationen nicht zur Verfügung stehen oder nicht verwendet werden können, auf jeder anderen angemessenen Informationsquelle einschließlich Informationen aus anderen repräsentativen Märkten beruhen.

54. Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass Satz 2 von Art. 2 Abs. 5 Unterabs. 1 der Grundverordnung, der die Methode zur Berechnung des genannten Werts betrifft, durch die Verordnung Nr. 1972/2002 eingefügt wurde.

55. Aus dem vierten Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 1972/2002 geht hervor, dass mit der Einfügung des genannten Satzes 2 bezweckt wurde, bestimmte Verfahrensregeln für den Fall festzulegen, dass die Aufzeichnungen die mit der Produktion und dem Verkauf der betreffenden Ware verbundenen Kosten, insbesondere bei Bestehen einer besonderen Marktlage, in der die Verkäufe der gleichartigen Ware keinen angemessenen Vergleich zulassen, nicht in angemessener Weise widerspiegeln. In solchen Fällen müssen die Informationen diesem Erwägungsgrund zufolge aus Quellen stammen, die von den Verzerrungen nicht betroffen sind.

56. Weiter heißt es im vierten Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 1972/2002, dass die Kosten in demselben Land ansässiger anderer Hersteller oder Ausführer oder, wenn solche Angaben nicht verfügbar sind oder nicht verwendet werden können, jede andere angemessene Grundlage einschließlich Informationen aus anderen repräsentativen Märkten herangezogen werden können. Die entsprechenden Informationen können danach entweder zur Berichtigung bestimmter Posten der Aufzeichnungen des Betreffenden oder, wenn dies nicht möglich ist, zur Ermittlung seiner Kosten herangezogen werden.

57. Im vorliegenden Fall hat der Rat vor dem Gericht geltend gemacht, es habe eine besondere Marktlage bestanden, da der Preis des Gases als des wichtigsten Produktionsfaktors der fraglichen Ware reguliert gewesen sei, so dass dieser Preis auf dem Inlandsmarkt künstlich niedrig gewesen sei. Die Klägerin hat nicht bestritten, dass der Gaspreis auf dem russischen Markt reguliert war und einen erheblichen Teil der Kosten des fraglichen Erzeugnisses ausmachte.

58. Da der Erdgaspreis in Russland reguliert ist, ist in der Tat davon auszugehen, dass die Kosten für die Produktion der fraglichen Ware von einer Verzerrung des russischen Inlandsmarkts in Bezug auf den Gaspreis betroffen waren, da dieser Preis nicht durch die Marktkräfte gebildet wurde.

59. Im Übrigen würde die von der Klägerin vertretene Auslegung des Art. 2 Abs. 5 Satz 1 der Grundverordnung, wonach die Produktionskosten allein auf der Grundlage der Aufzeichnungen des Betreffenden zu berechnen sein sollen, letztlich dazu führen, dass der Rückgriff auf den rechnerisch ermittelten Normalwert insbesondere in den Fällen, in denen die Produktionskosten durch eine besondere Marktlage beeinflusst wären, ausgeschlossen wäre, obwohl ein solcher Rückgriff in Art. 2 Abs. 3 der Grundverordnung ausdrücklich vorgesehen ist.

60. Die Organe sind daher zu Recht zu dem Schluss gelangt, dass ein Posten der Aufzeichnungen der Klägerin nicht als angemessen angesehen werden könne und dass es deshalb angebracht sei, ihn durch Heranziehung anderer Quellen aus von ihnen als repräsentativer angesehenen Märkten zu berichtigen und infolgedessen den Gaspreis zu korrigieren.

61. Zu dem Argument, dass nur Art. 2 Abs. 7 der Grundverordnung es den Organen gestatte, den Normalwert unter Bezugnahme nicht auf die Informationen über die Preise und Kosten im Ausfuhr- oder Herkunftsland, sondern auf diejenigen über die Preise und Kosten in einem Drittland mit Marktwirtschaft zu bestimmen, führt die Klägerin aus, der Anwendungsbereich dieser Bestimmung sei auf eine erschöpfende Liste von Ländern ohne Marktwirtschaft beschränkt. Zum Zeitpunkt der Einleitung der Untersuchung hinsichtlich der Überprüfung der Maßnahmen, deren Auslaufen in der vorliegenden Rechtssache bevorgestanden habe, sei die Russische Föderation jedoch nicht in der betreffenden Liste von Staaten verzeichnet gewesen. Die Russische Föderation habe den Status einer Marktwirtschaft auf landesweiter Ebene im Jahr 2002 erlangt, und aufgrund dieses Status bestehe eine unwiderlegliche Vermutung dafür, dass die Kosten der in diesem Land ansässigen Hersteller, die Gegenstand einer Untersuchung seien, für eine Berechnung des Normalwerts insbesondere anhand von Art. 2 Abs. 3 bis 6 der Grundverordnung zuverlässig genug seien.

62. Im vorliegenden Fall wurde der Normalwert nicht auf der Grundlage des Art. 2 Abs. 7 der Grundverordnung bestimmt, weil die Russische Föderation während der im vorliegenden Fall maßgeblichen Zeit kein Land war, auf das sich diese Bestimmung bezog, so dass Art. 2 Abs. 1 bis 6 der Grundverordnung anwendbar war. In Randnr. 53 des vorliegenden Urteils ist bereits darauf hingewiesen worden, dass es Art. 2 Abs. 5 Unterabs. 1 der Grundverordnung unter bestimmten Voraussetzungen erlaubt, Informationen von anderen Märkten als dem Markt des Ausfuhr- oder Herkunftslands zu berücksichtigen.

63. Die Klägerin fügt hinzu, dass die von den Organen vertretene Auslegung des Art. 2 Abs. 5 der Grundverordnung zu mehreren inkohärenten Ergebnissen führen würde.

64. Zum einen befinde sich derjenige Hersteller, der von niedrigen Inlandspreisen für die wichtigsten Produktionsfaktoren seiner Waren profitiere, in einem Dilemma; entweder setze er seine Preise nicht herauf, laufe dann aber Gefahr, als Einführer gedumpter Waren in die Union angesehen zu werden, oder er erhöhe zur Vermeidung einer Antidumpinguntersuchung seine Preise, dann allerdings mit dem Risiko, dass sie auf dem Inlandsmarkt prohibitiv würden. Um die Antidumpinguntersuchung zu vermeiden, sähen sich diese Hersteller veranlasst, in ihre Aufzeichnungen unter Verletzung ihres nationalen Rechts nicht die tatsächlichen Kosten der für die Herstellung ihrer Waren eingesetzten Produktionsfaktoren, sondern die auf nicht regulierten ausländischen Märkten dafür anfallenden durchschnittlichen Kosten einzutragen.

65. Dazu ist zu sagen, dass die Klägerin, wie der Rat zu Recht ausführt, durch die von ihm und der Kommission gewählte Vorgehensweise nicht gezwungen würde, den Preis für ihre Verkäufe auf dem Inlandsmarkt zu erhöhen. Die in der angefochtenen Verordnung beschlossene Antidumpingmaßnahme beschränkt nicht die Möglichkeiten der Klägerin, die von ihr für richtig gehaltenen Preise auf dem russischen Markt zu praktizieren (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 18. Dezember 1997, Ajinomoto und NutraSweet/Rat, T-159/94 und T-160/94, Slg. 1997, II-2461, Randnr. 196).

66. Zum anderen trägt die Klägerin vor, die mit der Herstellung einer Ware in einem Staat mit Marktwirtschaft zusammenhängenden Kosten könnten im Vergleich zu den in der Union oder auf anderen ausländischen Märkten festgestellten Kosten eines gleichwertigen Erzeugnisses als zu niedrig angesehen werden. Die im vorliegenden Fall von den Organen durchgeführte Antidumpinguntersuchung sei ungerechtfertigterweise an die Stelle der Regelung über staatliche Beihilfen, insbesondere der Verordnung (EG) Nr. 2026/97 des Rates vom 6. Oktober 1997 über den Schutz gegen subventionierte Einfuhren aus nicht zur Europäischen Gemeinschaft gehörenden Ländern (ABl. L 288, S. 1), getreten.

67. Insoweit ist darauf zu verweisen, dass die Grundverordnung und die Verordnung Nr. 2026/97, wie sich aus deren fünftem Erwägungsgrund ergibt, bezwecken, die Voraussetzungen für die Anwendung jedes dieser beiden handelspolitischen Instrumente hinreichend genau festzulegen.

68. Nichts deutet jedoch darauf hin, dass die Frage, die sich im vorliegenden Fall stellt, der eine Regelung betrifft, nach der Gazprom verpflichtet ist, Erdgas in Russland zu einem niedrigen Preis anzubieten, ausschließlich unter dem Blickwinkel staatlicher Beihilfen zu prüfen gewesen wäre. Es ist festzustellen, dass die Klägerin dazu nichts vorgetragen hat.

69. Im Übrigen besteht auch kein Anhaltspunkt dafür, dass die Organe allein deshalb, weil diese Frage eventuell unter dem Blickwinkel der staatlichen Beihilfen geprüft werden könnte, daran gehindert gewesen wären, den vorliegenden Rechtsstreit auch unter dem Blickwinkel der Bestimmungen der Grundverordnung zu prüfen.

70. Wie der Rat in der mündlichen Verhandlung hervorgehoben hat, hatten sowohl die Kommission als auch er bereits Veranlassung, bestimmte Fälle sowohl unter dem Gesichtspunkt staatlicher Beihilfen als auch unter dem des Dumpings zu prüfen (vgl. z. B. Urteil des Gerichts vom 17. Dezember 2008, HEG und Graphite India/Rat, T-462/04, Slg. 2008, II-3685).

71. Allenfalls dürfen, wie Art. 14 Abs. 1 der Grundverordnung und Art. 24 Abs. 1 der Verordnung Nr. 2026/97 vorschreiben, auf eine Ware nicht zugleich Antidumpingzölle und Ausgleichszölle erhoben werden, um einer Situation, die sich aus Dumping oder der Gewährung einer Ausfuhrsubvention ergibt, abzuhelfen.

72. Daraus folgt, dass die erste Rüge unbegründet ist.

– Zur zweiten Rüge

73. Die Klägerin vertritt die Auffassung, Zweck der Bestimmungen der Grundverordnung sei die Durchführung der Vorschriften des Antidumping-Übereinkommens von 1994, und die Organe seien verpflichtet, die Bestimmungen der Grundverordnung im Einklang mit diesem Übereinkommen auszulegen und anzuwenden.

74. Dazu ist festzustellen, dass nach ständiger Rechtsprechung die WTO-Übereinkünfte wegen ihrer Natur und ihrer Struktur grundsätzlich nicht zu den Vorschriften gehören, an denen der Unionsrichter gemäß Art. 230 Abs. 1 EG die Rechtmäßigkeit von Handlungen der Organe misst (Urteile des Gerichtshofs vom 9. Januar 2003, Petrotub und Republica/Rat, C-76/00 P, Slg. 2003, I-79, Randnr. 53, und des Gerichts vom 24. September 2008, Reliance Industries/Rat und Kommission, T-45/06, Slg. 2008, II-2399, Randnr. 87).

75. Wollte jedoch die Union eine bestimmte im Rahmen der WTO übernommene Verpflichtung erfüllen, oder verweist die Handlung der Union ausdrücklich auf spezielle Bestimmungen der WTO-Übereinkünfte, hat der Unionsrichter die Rechtmäßigkeit der fraglichen Unionshandlung an den WTO-Vorschriften zu messen (Urteile des Gerichtshofs Petrotub und Republica/Rat, oben in Randnr. 74 angeführt, Randnr. 54, und vom 27. September 2007, Ikea Wholesale, C-351/04, Slg. 2007, I-7723, Randnr. 30, sowie Urteil Reliance Industries/Rat und Kommission, oben in Randnr. 74 angeführt, Randnr. 88).

76. Wie dem fünften Erwägungsgrund der Grundverordnung zu entnehmen ist, bezweckt diese Verordnung u. a., die im Antidumping-Übereinkommen von 1994 enthaltenen neuen und ausführlichen Regeln, zu denen insbesondere diejenigen in Bezug auf die Berechnung der Dumpingspanne gehören, so weit wie möglich in das Unionsrecht zu übertragen, um ihre angemessene und transparente Anwendung zu sichern (Urteil Petrotub und Republica/Rat, oben in Randnr. 74 angeführt, Randnr. 55).

77. Demnach hat die Gemeinschaft die Grundverordnung erlassen, um ihren völkerrechtlichen Verpflichtungen aus dem Antidumping-Übereinkommen von 1994 nachzukommen, und mit Art. 2 Abs. 5 der Grundverordnung wollte sie die speziellen Verpflichtungen aus Art. 2.2.1.1 des Antidumping-Übereinkommens von 1994 erfüllen (vgl. in diesem Sinne Urteil Petrotub und Republica/Rat, oben in Randnr. 74 angeführt, Randnr. 56).

78. Daraus folgt, dass Art. 2 Abs. 5 der Grundverordnung so weit wie möglich im Licht von Art. 2.2.1.1 des Antidumping-Übereinkommens von 1994 auszulegen ist (vgl. in diesem Sinne Urteile Petrotub und Republica/Rat, oben in Randnr. 74 angeführt, Randnr. 57, sowie Reliance Industries/Rat und Kommission, oben in Randnr. 74 angeführt, Randnr. 91 und die dort angeführte Rechtsprechung).

79. Dazu ist erstens festzustellen, dass sich die Klägerin auf einen der letzten Entwürfe des Antidumping-Übereinkommens von 1994 vor dessen Abschluss beruft, der bei den Bestimmungen, die zu Art. 2.2.1.1 des Abkommens werden sollten, vorgesehen habe, dass die „Kosten … in der Regel im Einklang mit den allgemein anerkannten Buchführungsgrundsätzen des Ausfuhrlandes zugewiesen werden [sollten], sofern diese Grundsätze die mit der Produktion und dem Verkauf der Ware zusammenhängenden Kosten angemessen darstellen“. Daraus gehe hervor, dass der ursprüngliche Zweck des Art. 2.2.1.1 des Übereinkommens und damit auch des Art. 2 Abs. 5 der Grundverordnung darin bestanden habe, sicherzustellen, dass der Hersteller, der Gegenstand einer Untersuchung sei, ordnungsgemäße Buchführungsregeln anwende, die die ihm tatsächlich entstandenen Kosten objektiv widerspiegelten, und nicht darin, nachzuprüfen, ob die vom Hersteller für die Produktionsfaktoren gezahlten Preise denjenigen der nicht regulierten Märkte entsprächen.

80. Eine Berufung auf die Entwurfsfassung einer Bestimmung genügt jedoch nicht als Beleg dafür, dass die Absicht der Verfasser dieser Bestimmung unverändert geblieben ist, insbesondere wenn sich, wie der Rat sinngemäß zutreffend hervorhebt, erweist, dass der Wortlaut der Endfassung der Bestimmung vom Wortlaut ihrer Entwurfsfassung abweicht.

81. Zweitens bestehen ersichtlich keine erheblichen Unterschiede zwischen dem Wortlaut von Art. 2.2.1.1 des Antidumping-Übereinkommens von 1994 und dem Wortlaut von Art. 2 Abs. 5 Unterabs. 1 Satz 1 der Grundverordnung, wonach die Bücher im Einklang mit den allgemein anerkannten Buchführungsgrundsätzen des Ausfuhrlands geführt werden und die mit der Produktion und dem Verkauf der betreffenden Ware verbundenen Kosten angemessen widerspiegeln müssen.

82. Wie der Rat jedoch zu Recht in der mündlichen Verhandlung hervorgehoben hat, sind die Bestimmungen des Art. 2 Abs. 5 Unterabs. 1 Satz 2 der Grundverordnung im Antidumping-Übereinkommen von 1994 nicht enthalten. Der Rückgriff auf eine Auslegung im Licht des Antidumping-Übereinkommens von 1994 erscheint somit nicht in vollem Umfang möglich, soweit es um diese Bestimmungen geht, die die Situation betreffen, in der die Aufzeichnungen die Kosten der fraglichen Ware nicht angemessen widerspiegeln.

83. Hinzuzufügen ist, dass der Ausdruck „besondere Marktlage“ im Sinne von Art. 2 Abs. 3 Satz 2 der Grundverordnung, der den Organen, wie oben in den Randnrn. 51 bis 60 festgestellt, als Grundlage für die Prüfung der Frage dienen kann, ob die Aufzeichnungen im Einklang mit Art. 2 Abs. 5 Unterabs. 1 Satz 2 der Grundverordnung die Kosten angemessen widerspiegeln, in den Vorschriften der WTO nicht definiert ist.

84. Die zweite Rüge ist daher unbegründet.

85. Nach alledem ist der erste Teil des ersten Klagegrundes unbegründet.

Zum zweiten Teil des ersten Klagegrundes

86. Die Klägerin mac ht einen Verstoß gegen Art. 2 Abs. 5 Unterabs. 1 Satz 2 der Grundverordnung, einen offensichtlichen Beurteilungsfehler und einen Begründungsmangel geltend, soweit der Rat mit der angefochtenen Verordnung eine Berichtigung des Gaspreises, die auf den in Waidhaus zu zahlenden Preis abstelle, zugrunde gelegt und die für russisches Gas geltende Ausfuhrabgabe von 30 % nicht vom berichtigten Betrag abgezogen habe. Insoweit beanstandet die Klägerin die letzten Sätze des 58. Erwägungsgrundes der angefochtenen Verordnung.

87. Diese lauten:

„[D]ie Gaskosten der russischen Hersteller [wurden] auf der Grundlage von Informationen anderer repräsentativer Märkte berichtigt. Für die Preisberichtigung wurde der Durchschnittspreis für russisches Gas bei der Ausfuhr an der deutsch/tschechischen Grenze (Grenzübergang Waidhaus), abzüglich Transportkosten, herangezogen. Waidhaus ist der Hauptumschlagplatz für russische Gaslieferungen in die EU, die den größten Abnehmer für russisches Erdgas darstellt und in der die Preise die Kosten angemessen widerspiegeln; daher kann dieser Markt als repräsentativ im Sinne von Artikel 2 Absatz 5 der Grundverordnung angesehen werden.“

88. Die Klägerin vertritt zum einen die Ansicht, die Dumpingspanne wäre negativ oder anders ausgefallen, wenn die Organe eine andere Grundlage, etwa den Preis für die Ausfuhr russischen Gases in die baltischen Staaten oder einen repräsentativen Markt mit einem Gaspreisniveau, das demjenigen der Klägerin am nächsten komme, gewählt hätten. Die Organe hätten anstelle des Waidhaus-Preises eine „angemessene Grundlage“ im Sinne von Art. 2 Abs. 5 Satz 2 der Grundverordnung heranziehen müssen.

89. Der offensichtliche Beurteilungsfehler resultiere zunächst daraus, dass es auf den von der Kommission als mögliche Berichtigungsgrundlagen angeführten repräsentativen Märkten (nämlich Europäische Union, Vereinigtes Königreich, Vereinigte Staaten, Kanada oder Japan) die weltweit höchsten Gaspreise gebe, die nicht in der Nähe des Gaspreisniveaus der Klägerin lägen.

90. Sodann sei die Berichtigung des Gaspreises anhand eines innergemeinschaftlichen, nämlich des an der deutsch-tschechischen Grenze geltenden, Preises vorgenommen worden, der nicht nur die Kosten für Produktion und Verkauf des Gases, sondern auch die innergemeinschaftliche Gewinnspanne des Umschlagplatzes Waidhaus widerspiegele. Das Abstellen auf diese Berichtigungsgrundlage komme letztlich der Annahme gleich, dass die Klägerin hinsichtlich des größten Teils ihrer gesamten Produktionskosten ihren Stützpunkt an der deutsch-tschechischen Grenze habe und das Gas unmittelbar auf dem Markt von Waidhaus kaufe. Von dem Sachverhalt auszugehen, dass die Klägerin die fragliche Ware in Russland herstelle und zugleich die Ausfuhrabgaben und die innergemeinschaftlichen Gewinnspannen zahle, stelle aber keine „angemessene Grundlage“ im Sinne des Art. 2 Abs. 5 der Grundverordnung dar.

91. Schließlich spiegele der Markt von Waidhaus nur die geografische Lage dieses Ortes wider, die darin bestehe, dass er sich auf der Route der wichtigsten Gasfernleitungen zwischen Russland und der Europäischen Union befinde, sowie die Zahl der Gaslieferverträge und die Menge des gehandelten Gases. Diese Faktoren seien für eine Einstufung des Gaspreises in Waidhaus als „angemessene Grundlage“ irrelevant.

92. Zum anderen führt die Klägerin aus, der Rat habe auch insoweit einen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen und die angefochtene Verordnung unzureichend begründet, als er, wie sich aus ihrem 58. Erwägungsgrund ergebe, zwar die Transportkosten, nicht aber die Ausfuhrabgaben für russisches Gas in Höhe von 30 % abgezogen habe.

93. Die angewandte Argumentation sei inkohärent und widersprüchlich, denn ebenso wie die russischen Verbraucher nichts für den Transport des Erdgases von Russland nach Waidhaus zu zahlen hätten – weshalb die Kosten für Transport und Verteilung des Gases abgezogen worden seien –, hätten auch die auf die Ausfuhr des Gases aus Russland erhobenen Abgaben von 30 % abgezogen werden müssen, mit denen die Klägerin bei der Produktion der fraglichen Ware in Russland nie belastet werde.

94. Selbst wenn die Organe die von den russischen Behörden im Erdgassektor angewandte Regelung der dualen Preise mit einer Sanktion belegen wollten, enthebe dieser Umstand sie zudem nicht von ihrer Verpflichtung, die Berichtigung hinsichtlich des Gaspreises auf eine angemessene Grundlage im Sinne des Art. 2 Abs. 5 der Grundverordnung zu stellen.

95. Was insoweit erstens die Heranziehung des in Waidhaus geltenden Preises als Referenzpreis angeht, ist festzustellen, dass die Organe zwar nicht verpflichtet sind, alle möglichen Referenzpreise im Rahmen eines Antidumpingverfahrens zu berücksichtigen, doch müssen sie bei Zweifeln hinsichtlich der Wahl des Referenzpreises etwaige Vorschläge der Beteiligten eingehend prüfen (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 22. Oktober 1991, Nölle, C-16/90, Slg. 1991, I-5163, Randnr. 32).

96. Im vorliegenden Fall ist nicht erkennbar, dass der Rat in der angefochtenen Verordnung einen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen hätte, als er auf den Waidhaus-Preis abstellte, der in mehrfacher Hinsicht angemessen erscheint.

97. Wie im 58. Erwägungsgrund der angefochtenen Verordnung ausgeführt wird, ist Waidhaus der Hauptumschlagplatz für russische Gaslieferungen in die Union. Den Akten ist zu entnehmen, dass Waidhaus ein auf der Route der wichtigsten russischen Gasfernleitungen zwischen Russland und der Union gelegener deutscher Ort und – gemessen an der Zahl der ausgehandelten Gasversorgungsverträge und der betroffenen Gasmenge – der größte Umschlagplatz für von russischen Erzeugern in die Union ausgeführtes Erdgas ist.

98. Entgegen den Ausführungen der Klägerin in der Klageschrift ist der in Waidhaus ausgehandelte Gaspreis somit der Preis, den die russischen Verkäufer ihren europäischen Kunden in Rechnung stellen, und kein innergemeinschaftlicher Preis.

99. In Anbetracht der betroffenen Gasmenge und der Zahl ausgehandelter Verträge deutet auch nichts darauf hin, dass der in Waidhaus geltende Preis für russisches Erdgas nicht das Ergebnis verzerrungsfreier Marktkräfte wäre.

100. In der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin die Entscheidung der Kommission vom 8. Juli 2009 in einem Verfahren nach Artikel 81 EG-Vertrag (Sache COMP/39.401 – E.ON/GDF) (Zusammenfassung im ABl. C 248, S. 5) vorgelegt, aus der sie ableitet, dass sich das darin mit einer Sanktion belegte Kartell auf die Daten ausgewirkt habe, die die Kommission zur Berechnung der Berichtigung in der vorliegenden Rechtssache herangezogen habe. Dieser Entscheidung sei zu entnehmen, dass der Waidhaus-Preis für russisches Erdgas nicht das Ergebnis der Marktkräfte sei.

101. Ebenfalls in der mündlichen Verhandlung hat die Kommission Zweifel daran geäußert, ob es zulässig sei, in diesem Stadium des Verfahrens ein Schriftstück einzureichen; der Rat hat dagegen lediglich die Erheblichkeit dieses Schriftstücks in Abrede gestellt.

102. Ohne dass es einer Entscheidung über die Zulässigkeit des genannten Schriftstücks bedarf, genügt der Hinweis, dass sich die nach Erlass der angefochtenen Verordnung von der Kommission getroffene Entscheidung E.ON/GDF (siehe oben, Randnr. 100) zwar auf die Verkäufe von Erdgas aus Russland bezieht, aber nur die Prüfung einer Vereinbarung über die Aufteilung der Märkte in Deutschland und Frankreich zwischen E.ON und GDF hinsichtlich der Gasverkäufe an ihre Kunden betrifft. Sie betrifft weder die Untersuchung des Marktes für die Ausfuhr großer Mengen an russischem Gas in die gesamte Union noch die Prüfung der Beziehungen von E.ON und GDF zu ihrem russischen Gaslieferanten.

103. Schließlich bestreitet die Klägerin zwar, dass der Waidhaus-Preis deutlich höher sei als der Preis des auf dem russischen Inlandsmarkt verkauften Erdgases, räumt jedoch in der Erwiderung selbst ein, dass er möglicherweise niedriger sei als der im Vereinigten Königreich, in den Vereinigten Staaten oder in Kanada ausgehandelte Gaspreis. Die Organe haben demnach nicht den höchsten Referenzpreis des Marktes herangezogen. Außerdem lässt sich nicht mit Sicherheit sagen, dass der Preis des zur Ausfuhr in die baltischen Staaten bestimmten Erdgases nicht mit dem Preis des über Waidhaus beförderten Erdgases vergleichbar sei.

104. Zweitens führt die Klägerin zu der Entscheidung, nicht die in Russland erhobenen Ausfuhrabgaben, sondern allein die Transportkosten abzuziehen, drei Rechtssachen an, die zu Verordnungen des Rates geführt hätten, welche von einer inkohärenten und fehlerhaften Entscheidungspraxis des Rates zeugten.

105. Der Rat hält dem entgegen, in den drei von der Klägerin angeführten Rechtssachen hätten die Kommission und er Abzüge nur für die Verbrauchsteuern für Inlandsverkäufe von Gas vorgenommen, nicht jedoch für Ausfuhrabgaben. Dazu weist der Rat darauf hin, dass es im 31. Erwägungsgrund der Verordnung (EG) Nr. 1891/2005 des Rates vom 14. November 2005 zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 3068/92 zur Einführung eines endgültigen Antidumpingzolls auf die Einfuhren von Kaliumchlorid mit Ursprung in Russland, der Ukraine und Weißrussland (ABl. L 302, S. 14) irrtümlich heiße, dass die Ausfuhrabgaben vom Preis des ausgeführten Erdgases abgezogen würden. Er sei von der Kommission darüber in Kenntnis gesetzt worden, dass tatsächlich keine derartige Berichtigung vorgenommen worden sei.

106. Abgesehen von der Verordnung Nr. 1891/2005, die in ihrem 31. Erwägungsgrund einen Abzug der Ausfuhrabgaben anführt, der aber in Wirklichkeit nicht vorgenommen worden sein soll, wurden diese Abgaben in den anderen Verordnungen, auf die sich die Klägerin stützt, offenbar nicht abgezogen.

107. Aus dem 97. Erwägungsgrund der von der Klägerin angeführten Verordnung (EG) Nr. 954/2006 des Rates vom 27. Juni 2006 zur Einführung endgültiger Antidumpingzölle auf die Einfuhren bestimmter nahtloser Rohre aus Eisen oder Stahl mit Ursprung in Kroatien, Rumänien, Russland und der Ukraine, zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 2320/97 des Rates und der Verordnung (EG) Nr. 348/2000 des Rates, zur Einstellung der Interimsüberprüfung und der Überprüfung wegen des bevorstehenden Außerkrafttretens der Antidumpingzölle auf die Einfuhren bestimmter nahtloser Rohre aus Eisen oder nicht legiertem Stahl mit Ursprung unter anderem in Russland und Rumänien und zur Einstellung der Interimsüberprüfungen der Antidumpingzölle auf die Einfuhren bestimmter nahtloser Rohre aus Eisen oder nicht legiertem Stahl mit Ursprung unter anderem in Russland und Rumänien und in Kroatien und der Ukraine (ABl. L 175, S. 4) ergibt sich nämlich, dass die vorgenommene Berichtigung der Gaskosten auf dem Preis für die Gasausfuhren in die Länder Westeuropas ohne Transportkosten, Mehrwertsteuer und sonstige Verbrauchsteuern beruhte.

108. Desgleichen wurde nach den Angaben im 54. Erwägungsgrund der Verordnung (EG) Nr. 1050/2006 des Rates vom 11. Juli 2006 zur Einführung eines endgültigen Antidumpingzolls auf die Einfuhren von Kaliumchlorid mit Ursprung in Belarus und Russland (ABl. L 191, S. 1) eine Berichtigung des Gaspreises auf der Grundlage von Informationen über den Preis des ausgeführten Gases ohne Transportkosten, Mehrwertsteuer und sonstige Verbrauchsteuern vorgenommen.

109. Jedenfalls rechtfertigt der Rat die Nichtvornahme des Abzugs der Ausfuhrabgaben damit, dass die Tarifgestaltung von Gazprom nicht durch die Höhe der Ausfuhrabgaben beeinflusst werde. Zur Untermauerung dieses Vorbringens hat er als Anlage B.2 zur Klagebeantwortung Daten über die Preisentwicklung bei russischem Erdgas vorgelegt, die belegen, dass dieser Preis offensichtlich weitgehend nicht von der Höhe der Ausfuhrabgaben abhängt. Der Rat hat insbesondere hinzugefügt, dass Gazprom stets versuche, den Preis für das von ihr verkaufte Erdgas so hoch wie möglich anzusetzen, und dass die Gestaltung dieses Preises nicht durch die Höhe der Ausfuhrabgaben, sondern nur durch den Preis beeinflusst werde, den die Kunden von Gazprom zu zahlen bereit seien. In der mündlichen Verhandlung hat der Rat wiederholt, dass es seines Erachtens auf den in Waidhaus gezahlten Preis ankomme, ohne dass dessen Zusammensetzung von Bedeutung sei.

110. Die Klägerin hat weder zu erläutern noch darzutun vermocht, inwiefern die Preisgestaltung von Gazprom in Waidhaus durch die Höhe der Ausfuhrabgaben beeinflusst worden sein soll. Daher ist davon auszugehen, dass der Rat keinen offensichtlichen Beurteilungsfehler beging, als er diese Abgaben nicht von dem in Waidhaus gezahlten Preis abzog.

111. Hinzuzufügen ist ferner, dass sich der Umstand, dass in zwei der von der Klägerin angeführten Rechtssachen die Verbrauchsabgaben abgezogen worden waren und dass in der vorliegenden Rechtssache daneben auch die Transportkosten abgezogen worden sind, nicht auf die Beantwortung der Frage auswirkt, ob im vorliegenden Fall, was die Nichtvornahme des Abzugs für die Ausfuhrabgaben angeht, möglicherweise ein offensichtlicher Beurteilungsfehler begangen wurde.

112. Schließlich ist auch das Vorbringen der Klägerin zurückzuweisen, dass insofern ein Begründungsmangel vorliege, als kein Abzug hinsichtlich der auf das russische Gas erhobenen Ausfuhrabgabe von 30 %, wohl aber hinsichtlich der Transportkosten vorgenommen worden sei. Die Begründung der angefochtenen Verordnung ist nämlich unter Berücksichtigung insbesondere der der Klägerin mitgeteilten Informationen und ihrer Stellungnahmen im Verwaltungsverfahren zu beurteilen (Urteil des Gerichts vom 4. März 2010, Foshan City Nanhai Golden Step Industrial/Rat, T-410/06, Slg. 2010, II-879, Randnr. 127).

113. Im vorliegenden Fall hatte die Kommission der Klägerin auf S. 5 ihres im Verwaltungsverfahren an sie gerichteten, als Anlage A.12 zur Klageschrift vorgelegten Schreibens vom 12. Dezember 2006 die Gründe mitgeteilt, aus denen kein Abzug der Abgabe in Höhe von 30 % für die Ausfuhr russischen Gases vorzunehmen sei; deshalb brauchte der Rat diese Erläuterungen im Text der angefochtenen Verordnung nicht zu wiederholen und konnte sich auf die die Grundlage dieser Verordnung bildenden tatsächlichen und rechtlichen Gründe beschränken.

114. Der zweite Teil des ersten Klagegrundes greift somit nicht durch.

Zum dritten Teil des ersten Klagegrundes

115. Die Klägerin macht einen Verstoß gegen Art. 2 Abs. 10 der Grundverordnung und einen offensichtlichen Beurteilungsfehler geltend, wobei sie rügt, dass der Rat in der angefochtenen Verordnung die Provisionen der verbundenen Gesellschaften, die zu der von ihr gebildeten wirtschaftlichen Einheit gehörten, von dem Ausfuhrpreis abgezogen habe, den sie ihrem ersten unabhängigen Abnehmer in Rechnung gestellt habe. Insoweit tritt die Klägerin dem 62. Erwägungsgrund der angefochtenen Verordnung entgegen, soweit darin die Schlussfolgerungen der Kommission vom 28. September 2006 übernommen wurden, wonach die Provisionen ihrer Tochterhandelsgesellschaften – Eurochem Moscow und Eurochem Trading GmbH – vom Ausfuhrpreis abzuziehen seien.

116. Die Klägerin trägt vor, die in Art. 2 Abs. 10 der Grundverordnung aufgezählten Berichtigungen seien weder zwingend noch automatisch vorzunehmen, und der Beteiligte, der die Berichtigung verlange, trage die entsprechende Beweislast.

117. Zunächst ist an den relevanten tatsächlichen Kontext zu erinnern, in dem die Organe im vorliegenden Fall Art. 2 Abs. 10 der Grundverordnung angewandt haben, der vorsieht, dass der Vergleich zwischen dem Normalwert und dem Ausfuhrpreis auf derselben Handelsstufe und unter Zugrundelegung von Verkäufen erfolgt, die zu möglichst nahe beieinanderliegenden Zeitpunkten getätigt werden, sowie unter gebührender Berücksichtigung anderer Unterschiede, die die Vergleichbarkeit der Preise beeinflussen.

118. Im Hinblick auf die Anwendung dieser Bestimmung hat der Rat dargelegt, dass die Klägerin und ihre Produktionsgesellschaften die fragliche Ware nicht unmittelbar an die Abnehmer in den Vereinigten Staaten geliefert hätten. Er hat die Art und Weise, in der der Verkauf vonstattengegangen sei, wie folgt erläutert: Die Produktionsgesellschaften, Tochtergesellschaften der Klägerin, hätten mit ihr einen Handelsvertretervertrag geschlossen, aufgrund dessen die Klägerin eine Provision für die Verkäufe der Ware erhalten habe. In ihrer Eigenschaft als Kommissionärin habe die Klägerin dafür gesorgt, dass die Ware durch ihre Produktionsgesellschaften an zwei Handelsgesellschaften, ebenfalls Tochtergesellschaften, verkauft worden seien, von denen die eine, die allerdings ihre Tätigkeit 2005 eingestellt habe, ihren Sitz auf den britischen Jungferninseln und die andere ihren Sitz in der Schweiz gehabt habe. Diese Handelsgesellschaften hätten die fragliche Ware mit einer Gewinnspanne an den ersten unabhängigen Abnehmer verkauft.

119. Die Klägerin hat zwar darauf verwiesen, dass sie diese Schlussfolgerungen im Verwaltungsverfahren zurückgewiesen habe; dies hat sie jedoch offensichtlich nur getan, um geltend zu machen, dass alle mit ihr verbundenen Gesellschaften einschließlich ihrer Produktionsgesellschaften und ihrer beiden Handelsgesellschaften vom selben Anteilseigner gehalten, kontrolliert und geführt worden seien, nämlich von ihr selbst. Sie trägt vor, Eurochem Moscow und Eurochem Trading hätten die gleichen Aufgaben wahrgenommen wie eine in vollem Umfang in das Unternehmen integrierte Abteilung für Ausfuhrverkäufe.

120. Den Erwägungsgründen 59 bis 62 der angefochtenen Verordnung ist zu entnehmen, dass der Normalwert und der Ausfuhrpreis auf der Ebene der ausliefernden Gesellschaft bestimmt wurden.

121. Insoweit wird, wie bereits dargelegt, im 59. Erwägungsgrund der angefochtenen Verordnung zum Normalwert ausgeführt, dass für dessen Ermittlung die Herstellkosten für den in die Gemeinschaft ausgeführten Warentyp zugrunde gelegt worden seien, und zwar im Anschluss an die im 58. Erwägungsgrund dieser Verordnung beschriebene Berichtigung des Gaspreises und zuzüglich eines angemessenen Betrags für Vertriebs-, Verwaltungs- und Gemeinkosten sowie Gewinne. Im 61. Erwägungsgrund der angefochtenen Verordnung heißt es, dass die Vertriebs-, Verwaltungs- und Gemeinkosten sowie die Gewinne anhand der gewogenen durchschnittlichen Beträge dreier nordamerikanischer Hersteller ermittelt worden seien und dass der so festgesetzte Gewinn nicht über dem Gewinn gelegen habe, den die russischen Hersteller durch den Verkauf von Waren derselben allgemeinen Warengruppe auf ihrem Inlandsmarkt erzielt hätten.

122. Zum Ausfuhrpreis heißt es im 62. Erwägungsgrund der angefochtenen Verordnung, er sei auf der Grundlage der Ausfuhrpreise ermittelt worden, die vom ersten unabhängigen Abnehmer in den Vereinigten Staaten, dem wichtigsten Exportmarkt der Klägerin, gezahlt worden oder zu zahlen gewesen seien.

123. Nach Art. 2 Abs. 10 der Grundverordnung sind Berichtigungen möglich.

124. Nach der Rechtsprechung ergibt sich jedoch sowohl aus dem Wortlaut als auch aus der Systematik des Art. 2 Abs. 10 der Grundverordnung, dass eine Berichtigung des Ausfuhrpreises oder des Normalwerts nur zur Berücksichtigung von Unterschieden bei Faktoren vorgenommen werden kann, die die Preise und damit ihre Vergleichbarkeit beeinflussen (Urteil des Gerichts vom 21. November 2002, Kundan und Tata/Rat, T-88/98, Slg. 2002, II-4897, Randnr. 94). Der Sinn und Zweck einer Berichtigung besteht mit anderen Worten darin, die Symmetrie zwischen Normalwert und Ausfuhrpreis wiederherzustellen.

125. Insoweit ist daran zu erinnern, dass nach Art. 2 Abs. 10 Buchst. i der Grundverordnung eine Berichtigung für Unterschiede bei den für die betreffenden Verkäufe gezahlten Provisionen vorgenommen wird. Nach Satz 2 dieser Bestimmung gilt als „Provision“ auch der Aufschlag, den ein Unternehmen, das mit der Ware oder der gleichartigen Ware handelt, erhält, sofern dieser Händler ähnliche Funktionen ausübt wie ein auf Provisionsgrundlage tätiger Vertreter.

126. Satz 2 von Art. 2 Abs. 10 Buchst. i der Grundverordnung geht auf Art. 1 Nr. 5 der Verordnung Nr. 1972/2002 zurück. Nach dem sechsten Erwägungsgrund dieser Verordnung sollte durch die Einfügung von Satz 2 darauf hingewiesen werden, dass im Einklang mit der üblichen Praxis der Organe solche Berichtigungen auch dann vorgenommen werden sollten, wenn die Beteiligten zwar nicht auf der Grundlage eines Auftraggeber-Vertreter-Verhältnisses tätig sind, aber als Käufer und Verkäufer dasselbe wirtschaftliche Resultat erzielen.

127. Art. 2 Abs. 10 Buchst. i der Grundverordnung lässt also eine Berichtigung nicht nur wegen Unterschieden bei den Provisionen, die für die betreffenden Verkäufe gezahlt werden, sondern auch wegen des Aufschlags zu, den Wirtschaftsteilnehmer, die mit der Ware handeln, erhalten, sofern sie ähnliche Funktionen ausüben wie ein auf Provisionsgrundlage tätiger Vertreter (Urteil des Gerichts vom 18. März 2009, Shanghai Excell M & E Enterprise und Shanghai Adeptech Precision/Rat, T-299/05, Slg. 2009, II-565, Randnr. 281).

128. Im vorliegenden Fall sind somit die jeweiligen Rollen der Klägerin, ihrer Produktions- und ihrer Handelsgesellschaften zu prüfen.

129. Die Klägerin bestreitet nicht, dass im Einklang mit dem die Ausfuhrverkäufe betreffenden Handelsvertretervertrag Provisionen gezahlt wurden. Der Rat hat hervorgehoben, dass es sich bei diesem Vertrag um einen umfassenden Handelsvertretervertrag gehandelt habe, der sogar eine Schiedsklausel enthalten habe.

130. Nach Ansicht der Klägerin haben die Organe nicht dargetan, wie sich diese Provisionen auf die Vergleichbarkeit zwischen Ausfuhrpreis und Normalwert ausgewirkt haben sollen.

131. Der Rat hat jedoch darauf hingewiesen, dass die gezahlten Provisionen einem Ausgleich für die Erfüllung von Aufgaben im Rahmen von Funktionen entsprochen hätten, die wie diejenigen eines auf Provisionsgrundlage tätigen Vertreters ausgeübt worden seien, und dass die Provisionszahlungen nicht nur eine interne Umverteilung der Gewinne ohne Auswirkung auf die Vergleichbarkeit der Preise dargestellt hätten.

132. Unstreitig wurde die fragliche Ware von der Handelsgesellschaft weiterverkauft, die einen Preis mit Gewinnspanne festsetzte und damit die Rolle eines Händlers wahrnahm. Zudem hat die Klägerin weder ihre eigene Rolle noch die jeweiligen, oben in Randnr. 118 beschriebenen Rollen ihrer Produktions- und Handelsgesellschaften in Abrede gestellt, sondern lediglich geltend gemacht, dass sie und ihre Gesellschaften eine wirtschaftliche Einheit dargestellt hätten.

133. Außerdem hat die Klägerin auf ein von der Kommission offengelegtes Dokument verwiesen, in dem es heiße, dass alle Ausfuhrverkäufe der Klägerin unmittelbar mittels verbundener Gesellschaften durchgeführt worden seien. Diese Angabe reicht jedoch nicht aus, um die Beziehungen zwischen den fraglichen Gesellschaften, wie sie vom Rat festgestellt worden sind, wirksam in Frage zu stellen.

134. Ein Verstoß gegen Art. 2 Abs. 10 Buchst. i der Grundverordnung und ein offensichtlicher Beurteilungsfehler hinsichtlich der Anwendung dieser Bestimmung sind daher im vorliegenden Fall nicht ersichtlich.

135. Mithin greift der dritte Teil des ersten Klagegrundes nicht durch.

136. Aus alledem folgt, dass der erste Klagegrund als nicht stichhaltig anzusehen und daher zurückzuweisen ist.

Zum zweiten Klagegrund: Verstoß gegen Art. 11 Abs. 1 und 3 der Grundverordnung

137. Mit ihrem zweiten Klagegrund macht die Klägerin einen Verstoß gegen Art. 11 Abs. 1 und 3 der Grundverordnung geltend.

138. Zum Verstoß gegen Art. 11 Abs. 3 der Grundverordnung führt sie aus, die Organe hätten im Zusammenhang mit der Überprüfung der auslaufenden Maßnahmen eine Interimsüberprüfung einleiten, durchführen und zum Abschluss bringen müssen. Sie habe ausreichende Beweismittel vorgelegt, als sie am 1. August 2005 ihren Antrag auf Interimsüberprüfung eingereicht habe, jedenfalls aber, als sie der Kommission am 9. September und 27. Oktober 2005 Teilantworten zur Berechnung der Dumpingspanne übermittelt habe.

139. Zum Verstoß gegen Art. 11 Abs. 1 der Grundverordnung fügt sie hinzu, die Organe hätten in Anbetracht derselben Beweismittel zu Unrecht die angefochtene Verordnung erlassen und die Geltung der Antidumpingzölle in deren ursprünglicher Höhe verlängert. Die fortgeschriebenen Antidumpingzölle seien anhand von Methoden, die für Länder ohne Marktwirtschaft bestimmt gewesen seien, und auf der Grundlage einer Unionsindustrie zwangsläufig kleineren Umfangs – da die Union damals nur aus 15 Mitgliedstaaten bestanden habe – festgesetzt worden.

140. Der Rat hält den zweiten Klagegrund für unzulässig, da die Hauptrüge der Klägerin im Rahmen dieses Klagegrundes dahin gehe, dass die Kommission und er es unterlassen hätten, rechtzeitig die Interimsüberprüfung der ursprünglichen Maßnahmen einzuleiten. Dieser Klagegrund ziele nicht darauf ab, den Antrag der Klägerin auf Nichtigerklärung der angefochtenen Verordnung zu stützen.

141. Hilfsweise macht der Rat Verfristung geltend. Er trägt vor, die Klägerin könne in diesem Stadium nicht mehr die Unterlassung oder die Verweigerung der Einleitung der Interimsüberprüfung rügen, die bestandskräftig geworden seien. Er stützt sich auf die Urteile des Gerichtshofs vom 9. März 1994, TWD Textilwerke Deggendorf (C-188/92, Slg. 1994, I-833), und vom 15. Februar 2001, Nachi Europe (C-239/99, Slg. 2001, I-1197).

142. Die Klägerin tritt der Einrede der Unzulässigkeit mit der Begründung entgegen, ihr zweiter Klagegrund betreffe nicht nur die verspätete Einleitung einer Interimsüberprüfung, sondern auch die Aufrechterhaltung der Antidumpingmaßnahmen durch die angefochtene Verordnung. Die Kommission habe eine Einleitung der Interimsüberprüfung nie abgelehnt, denn sie habe diese am 19. Dezember 2006 selbst eingeleitet, was zeige, dass die Klägerin weder die Möglichkeit gehabt habe, Untätigkeitsklage wegen der geltend gemachten Nichteinleitung einer solchen Überprüfung zu erheben, noch die Möglichkeit, Nichtigkeitsklage gegen die gleichfalls geltend gemachte Ablehnung der Einleitung dieser Überprüfung zu erheben. Überdies seien die Bekanntmachungen der Kommission, mit denen diese die Eröffnung von Untersuchungen ankündige, keine anfechtbaren Handlungen.

143. Jedenfalls sei es ihr zum Zeitpunkt der Einreichung der Klageschrift nicht möglich gewesen, eine Untätigkeitsklage zu erheben, da die Kommission zu diesem Zeitpunkt bereits tätig geworden sei. Ebenso wenig sei es ihr möglich gewesen, vor Erlass der angefochtenen Verordnung eine Nichtigkeitsklage zu erheben.

144. Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass sich die Klägerin mit ihrem zweiten Klagegrund nicht gegen die Weigerung der Kommission wendet, eine Interimsüberprüfung einzuleiten, die im Übrigen schon mit der am 19. Dezember 2006 veröffentlichten Bekanntmachung eingeleitet worden war. Die Klägerin gibt an, in erster Linie die Aufrechterhaltung des Antidumpingzolls zu rügen, da sie im Rahmen ihres Antrags auf Interimsüberprüfung ausreichende Beweise vorgelegt habe.

145. Wie der Rat jedoch zutreffend hervorhebt, war zwar die Weigerung der Kommission, rechtzeitig eine Interimsüberprüfung einzuleiten, bzw. das Unterlassen der Einleitung einer solchen Prüfung rechtswidrig, doch bedeutet dies nicht, dass dieser Rechtsfehler die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Verordnung als der einzigen Handlung, deren Nichtigerklärung in der Klageschrift beantragt wird, beeinträchtigt hätte. Mit der angefochtenen Verordnung wurde das auf einen Antrag auf Überprüfung wegen des bevorstehenden Außerkrafttretens der geltenden Maßnahmen hin eingeleitete Verfahren beendet und nicht der Antrag der Klägerin auf Interimsüberprüfung beschieden; dies geschah mit der Verordnung Nr. 238/2008.

146. Somit ist der zweite Klagegrund für unzulässig zu erklären, soweit er auf etwaige Rechtsfehler im Zusammenhang mit dem von der Klägerin gestellten Antrag auf Interimsüberprüfung abstellt.

147. Hinzu kommt, dass, selbst wenn dieser Klagegrund darauf gestützt wäre, dass die Organe den Antrag auf Überprüfung nach Art. 11 Abs. 2 der Grundverordnung und den Antrag nach Abs. 3 dieses Artikels gemeinsam hätten behandeln müssen, doch nicht dargetan wird, inwieweit das Unterbleiben einer solchen verbundenen Prüfung die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Verordnung beeinträchtigen könnte. Die Klägerin legt insbesondere nicht dar, was sich an der dem Rechtsstreit zugrunde liegenden materiellen Rechtslage geändert hätte, wenn die beiden Anträge miteinander verbunden worden wären.

148. Der zweite Klagegrund ist daher als unzulässig zurückzuweisen.

149. Nach alledem ist die Klage insgesamt abzuweisen.

Kosten

150. Nach Art. 87 § 2 der Verfahrensordnung des Gerichts ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Klägerin mit ihrem Vorbringen unterlegen ist, sind ihr gemäß dem Antrag des Rates ihre eigenen Kosten sowie die Kosten des Rates aufzuerlegen.

151. Nach Art. 87 § 4 Abs. 1 der Verfahrensordnung tragen die Organe, die dem Rechtsstreit als Streithelfer beigetreten sind, ihre eigenen Kosten. Die Kommission trägt daher ihre eigenen Kosten.

Tenor

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Achte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die EuroChem Mineral and Chemical Company OAO (EuroChem MCC) trägt ihre eigenen Kosten sowie die Kosten des Rates der Europäischen Union.

3. Die Europäische Kommission trägt ihre eigenen Kosten.