Rechtssache T‑257/07
Französische Republik
gegen
Europäische Kommission
„Gesundheitspolizei – Verordnung (EG) Nr. 999/2001 – Schutz gegen transmissible spongiforme Enzephalopathien – Schafe und Ziegen – Verordnung (EG) Nr. 746/2008 – Erlass von Tilgungsmaßnahmen, die weniger einschränkend sind als die vorangegangenen – Vorsorgeprinzip“
Leitsätze des Urteils
1. Landwirtschaft – Gemeinsame Agrarpolitik – Durchführung – Maßnahmen zum Schutz der menschlichen Gesundheit – Anwendung des Vorsorgeprinzips
(Art. 3 Buchst. p EG, 6 EG, 152 Abs. 1 EG, 153 Abs. 1 und 2 EG und 174 Abs. 1 und 2 EG; Verordnung Nr. 178/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates, Art. 7 Abs. 1)
2. Landwirtschaft – Gemeinsame Agrarpolitik – Durchführung – Wissenschaftliche Risikobewertung
(Art. 152 Abs. 1 EG; Verordnung Nr. 178/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates, Art. 6 Abs. 2)
3. Landwirtschaft – Gemeinsame Agrarpolitik – Durchführung – Risikobewertung – Bestimmung des Risikoniveaus
(Art. 152 Abs. 1 EG)
4. Landwirtschaft – Gemeinsame Agrarpolitik – Durchführung – Berücksichtigung der Erfordernisse im Bereich des Schutzes der öffentlichen Gesundheit, der Sicherheit und der Umwelt – Anwendung des Vorsorgeprinzips
(Art. 152 Abs. 1 EG; Verordnung Nr. 178/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates, Art. 7 Abs. 2)
5. Landwirtschaft – Gemeinsame Agrarpolitik – Ermessen der Unionsorgane – Umfang – Gerichtliche Nachprüfung – Grenzen
6. Einrede der Rechtswidrigkeit – Gegenstand – Beurteilung der Rechtmäßigkeit – Kriterien
(Art. 263 AEUV)
7. Landwirtschaft – Gemeinsame Agrarpolitik – Anwendung des Vorsorgeprinzips – Umfang – Grenzen – Einhaltung der Garantien, die die Unionsrechtsordnung für Verwaltungsverfahren vorsieht
(Art. 152 Abs. 1 EG)
8. Landwirtschaft – Angleichung der gesundheitspolizeilichen Vorschriften – Schutzmaßnahmen in Bezug auf transmissible spongiforme Enzephalopathien – Identifizierung der gefährdeten Tiere im Rahmen der Ermittlungen
(Verordnung Nr. 999/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates, Art. 13 Abs. 1 Buchst. b und c, 23 und 24 Abs. 2)
1. Das Vorsorgeprinzip stellt einen allgemeinen Grundsatz des Unionsrechts dar, der in den Art. 3 Buchst. p EG, 6 EG, 152 Abs. 1 EG, 153 Abs. 1 und 2 EG und 174 Abs. 1 und 2 EG verankert ist und die zuständigen Behörden verpflichtet, im genauen Rahmen der Ausübung ihrer Befugnisse nach der einschlägigen Regelung geeignete Maßnahmen zu treffen, um bestimmte potenzielle Risiken für die öffentliche Gesundheit, die Sicherheit und die Umwelt auszuschließen, indem sie den mit dem Schutz dieser Interessen verbundenen Erfordernissen Vorrang vor wirtschaftlichen Interessen einräumen.
Ferner erlaubt das Vorsorgeprinzip, wie dies in Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 178/2002 zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts, zur Errichtung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit und zur Festlegung von Verfahren zur Lebensmittelsicherheit im Zusammenhang des Lebensmittelrechts zum Ausdruck kommt, den Erlass vorläufiger Maßnahmen des Risikomanagements zur Sicherstellung eines hohen Gesundheitsschutzniveaus, wenn nach einer Auswertung der verfügbaren Informationen die Möglichkeit gesundheitsschädlicher Auswirkungen festgestellt wird, aber wissenschaftlich noch Unsicherheit besteht.
Wenn daher das Vorliegen oder der Umfang von Gefahren für die menschliche Gesundheit wissenschaftlich ungewiss ist, können die Organe in Anwendung des Vorsorgeprinzips Schutzmaßnahmen treffen, ohne abwarten zu müssen, dass das Vorliegen und die Größe dieser Gefahren klar dargelegt sind.
Innerhalb des Verfahrens, das mit dem Erlass geeigneter Maßnahmen zur Vermeidung bestimmter potenzieller Gefahren für die öffentliche Gesundheit, die Sicherheit und die Umwelt aufgrund des Vorsorgeprinzips durch ein Organ endet, lassen sich drei aufeinanderfolgende Schritte unterscheiden: erstens die Ermittlung der potenziell abträglichen Wirkungen, die sich aus einem Vorgang ergeben, zweitens die Bewertung der mit diesem Vorgang verbundenen Gefahren für die öffentliche Gesundheit, die Sicherheit und die Umwelt und drittens, wenn die ermittelten potenziellen Gefahren die Schwelle der gesellschaftlichen Akzeptanz überschreiten, das Risikomanagement durch den Erlass geeigneter Schutzmaßnahmen. Während der erste dieser Schritte keiner näheren Erläuterung bedarf, verdienen die beiden nächsten eine nähere Betrachtung.
(vgl. Randnrn. 66-69)
2. Die Bewertung der Gefahren für die öffentliche Gesundheit, die Sicherheit und die Umwelt besteht für das Organ, das sich mit potenziell abträglichen Wirkungen eines Vorgangs konfrontiert sieht, in der wissenschaftlichen Einschätzung dieser Gefahren und der Feststellung, ob sie das für die Gesellschaft annehmbar erscheinende Gefahrenniveau überschreiten. Damit die Organe der Union eine solche Einschätzung der Gefahren vornehmen können, müssen sie daher zum einen über eine wissenschaftliche Bewertung der Gefahren verfügen und zum anderen das Gefahrenniveau festlegen, das für die Gesellschaft nicht mehr akzeptabel erscheint.
Insbesondere ist die wissenschaftliche Risikobewertung ein wissenschaftliches Verfahren, mit dem so weit wie möglich eine Gefahr ermittelt und beschrieben, eine Abschätzung des Risikos vorgenommen und das Risiko umschrieben wird. Da es sich um ein wissenschaftliches Verfahren handelt, muss die zuständige Stelle die wissenschaftliche Risikobewertung wissenschaftlichen Experten übertragen.
Im Übrigen muss die wissenschaftliche Risikobewertung gemäß Art. 6 Abs. 2 der Verordnung Nr. 178/2002 zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts, zur Errichtung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit und zur Festlegung von Verfahren zur Lebensmittelsicherheit auf den verfügbaren wissenschaftlichen Erkenntnissen beruhen und ist in einer unabhängigen, objektiven und transparenten Art und Weise vorzunehmen. Insoweit bedeutet die Pflicht der Organe, ein hohes Niveau des Schutzes der öffentlichen Gesundheit, der Sicherheit und der Umwelt sicherzustellen, dass ihre Entscheidungen unter voller Berücksichtigung der besten verfügbaren wissenschaftlichen Daten getroffen und auf die neuesten internationalen Forschungsergebnisse gestützt werden müssen.
Von einer wissenschaftlichen Risikobewertung kann nicht verlangt werden, dass sie den Organen zwingende wissenschaftliche Beweise für das tatsächliche Vorliegen des Risikos und die Schwere der potenziellen nachteiligen Wirkungen im Fall seiner Verwirklichung liefert. Der Kontext der Anwendung des Vorsorgeprinzips entspricht nämlich jedenfalls einem Kontext wissenschaftlicher Unsicherheit. Eine vorbeugende Maßnahme darf indessen nicht mit einer rein hypothetischen Betrachtung des Risikos begründet werden, die auf wissenschaftlich noch nicht verifizierte bloße Vermutungen gestützt ist.
Außerdem darf eine vorbeugende Maßnahme oder umgekehrt ihre Rücknahme oder Abschwächung nicht von dem Nachweis abhängig gemacht werden, dass keinerlei Risiken bestehen, weil ein solcher Nachweis im Allgemeinen aus wissenschaftlicher Sicht nicht erbracht werden kann, da es in der Praxis ein Risikoniveau „null“ nicht gibt. Mithin kann eine vorbeugende Maßnahme nur dann getroffen werden, wenn das Risiko, ohne dass seine Existenz und sein Umfang durch zwingende wissenschaftliche Daten in vollem Umfang nachgewiesen worden wären, auf der Grundlage der zum Zeitpunkt des Erlasses dieser Maßnahme verfügbaren wissenschaftlichen Daten gleichwohl hinreichend dokumentiert erscheint. In einem solchen Zusammenhang entspricht somit der Begriff „Risiko“ dem Grad der Wahrscheinlichkeit nachteiliger Wirkungen für das von der Rechtsordnung geschützte Gut aufgrund der Akzeptanz bestimmter Maßnahmen oder bestimmter Verfahren.
Schließlich kann sich eine vollständige wissenschaftliche Risikobewertung wegen der Unzulänglichkeit der verfügbaren wissenschaftlichen Daten als unmöglich erweisen kann. Dies kann indessen die zuständige Behörde nicht daran hindern, aufgrund des Vorsorgeprinzips vorbeugende Maßnahmen zu treffen. In diesem Fall müssen die wissenschaftlichen Experten trotz der fortbestehenden wissenschaftlichen Ungewissheit eine wissenschaftliche Risikobewertung vornehmen, die der zuständigen öffentlichen Stelle eine so zuverlässige und fundierte Information vermittelt, dass diese Stelle die volle Tragweite der aufgeworfenen wissenschaftlichen Frage erfassen und ihre Politik in Kenntnis der Sachlage bestimmen kann.
Mithin ist die Unerlässlichkeit bestimmter Bewertungen durch Wissenschaftler, die an der wissenschaftlichen Bewertung der Risiken für die menschliche Gesundheit durch den Erlass von Vorschriften, mit denen nach dem Vorsorgeprinzip getroffene vorläufige Maßnahmen abgeschwächt werden, teilhaben, insbesondere aufgrund der verfügbaren Daten zu beurteilen.
(vgl. Randnrn. 70-71, 73-77, 178-179)
3. Im Rahmen der Risikobewertung steht die Bestimmung des Risikoniveaus, das für die Gesellschaft unannehmbar erscheint – soweit die anwendbaren Rechtsvorschriften gewahrt werden –, den Organen zu, die für die in der Festlegung des für diese Gesellschaft angemessenen Schutzniveaus bestehende politische Entscheidung zuständig sind. Diese Organe haben die kritische Schwelle für die Wahrscheinlichkeit nachteiliger Auswirkungen auf die öffentliche Gesundheit, die Sicherheit und die Umwelt und für die Schwere dieser potenziellen Wirkungen festzulegen, die ihnen für diese Gesellschaft nicht mehr annehmbar erscheint und bei deren Überschreitung im Interesse des Schutzes der öffentlichen Gesundheit, der Sicherheit und der Umwelt trotz der weiterhin bestehenden wissenschaftlichen Ungewissheit der Rückgriff auf vorbeugende Maßnahmen erforderlich wird.
Bei der Bestimmung des für die Gesellschaft unannehmbar erscheinenden Risikoniveaus sind die Organe durch ihre Pflicht zur Sicherstellung eines hohen Niveaus des Schutzes der öffentlichen Gesundheit, der Sicherheit und der Umwelt gebunden. Dieses hohe Schutzniveau muss nicht unbedingt auf das in technischer Hinsicht Höchstmögliche abzielen, um mit dieser Vorschrift vereinbar zu sein. Im Übrigen ist den Organen eine rein hypothetische Betrachtung des Risikos und eine Ausrichtung ihrer Entscheidungen auf ein „Nullrisiko“ untersagt.
Die Bestimmung des für die Gesellschaft unannehmbar erscheinenden Risikoniveaus hängt von der Beurteilung der besonderen Umstände jedes Einzelfalls durch die zuständige öffentliche Stelle ab. Insoweit kann die betreffende Stelle insbesondere die Schwere der Auswirkung, die der Eintritt dieses Risikos auf die öffentliche Gesundheit, die Sicherheit und die Umwelt hat, einschließlich des Umfangs der möglichen nachteiligen Wirkungen, die Dauer, die Reversibilität oder die möglichen Spätfolgen dieser Schäden sowie die mehr oder weniger konkrete Wahrnehmung des Risikos nach dem Stand der verfügbaren wissenschaftlichen Erkenntnisse berücksichtigen.
(vgl. Randnrn. 78-80)
4. Im Rahmen der Anwendung des Vorsorgeprinzips umfasst das Risikomanagement die Gesamtheit der Maßnahmen eines mit einem Risiko konfrontierten Organs, die dieses auf ein für die Gesellschaft annehmbar erscheinendes Niveau zurückführen sollen, wie es seiner Pflicht zur Gewährleistung eines hohen Niveaus des Schutzes der öffentlichen Gesundheit, der Sicherheit und der Umwelt entspricht. Übersteigt nämlich dieses Risiko das für die Gesellschaft annehmbar erscheinende Niveau, ist das Organ aufgrund des Vorsorgeprinzips gehalten, vorläufige Maßnahmen des Risikomanagements zu ergreifen, die erforderlich sind, um ein hohes Schutzniveau sicherzustellen.
Gemäß Art. 7 Abs. 2 der Verordnung Nr. 178/2002 zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts, zur Errichtung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit und zur Festlegung von Verfahren zur Lebensmittelsicherheit müssen die betreffenden vorläufigen Maßnahmen im Vergleich zu entsprechenden bereits erlassenen Maßnahmen verhältnismäßig, frei von Diskriminierung, transparent und kohärent sein.
Schließlich ist es Sache der zuständigen Behörde, die betreffenden vorläufigen Maßnahmen binnen angemessener Frist zu überprüfen. Wenn nämlich neue Informationen die Wahrnehmung eines Risikos ändern oder zeigen, dass diesem Risiko durch Maßnahmen begegnet werden kann, die weniger einschränkend sind als die bestehenden, obliegt es den Organen und insbesondere der Kommission, die das Initiativrecht hat, für eine Anpassung der Regelung an die neuen Gegebenheiten zu sorgen. Jedenfalls muss die Abschwächung zuvor erlassener vorbeugender Maßnahmen mit neuen Gesichtspunkten gerechtfertigt werden, die zu einer anderen Bewertung des betreffenden Risikos führen.
Diese neuen Gesichtspunkte, wie etwa neue Erkenntnisse oder neue wissenschaftliche Entdeckungen, ändern, wenn sie eine Abschwächung einer vorbeugenden Maßnahme rechtfertigen, den konkreten Inhalt der Pflicht der Behörden zur ständigen Aufrechterhaltung eines hohen Niveaus des Schutzes der menschlichen Gesundheit. Diese neuen Gesichtspunkte können nämlich die Bewertung sowie das Niveau des gesellschaftlich annehmbar erscheinenden Risikos ändern. Die Rechtmäßigkeit des Erlasses einer weniger einschränkenden vorbeugenden Maßnahme ist nicht anhand des Niveaus des gesellschaftlich annehmbar erscheinenden Risikos zu beurteilen, das beim Erlass der ursprünglichen vorbeugenden Maßnahmen Berücksichtigung gefunden hat. Der Erlass der ursprünglichen vorbeugenden Maßnahmen mit dem Ziel, das Risiko auf ein gesellschaftlich annehmbar erscheinendes Niveau zu bringen, erfolgt nämlich aufgrund einer Bewertung der Risiken und insbesondere der Festlegung des gesellschaftlich annehmbar erscheinenden Risikoniveaus. Wenn neue Gesichtspunkte diese Bewertung der Risiken ändern, ist die Rechtmäßigkeit des Erlasses weniger einschränkender vorbeugender Maßnahmen unter Berücksichtigung dieser neuen Gesichtspunkte und nicht nach Maßgabe der Gesichtspunkte zu würdigen, die die Bewertung der Risiken im Rahmen des Erlasses der ursprünglichen vorbeugenden Maßnahmen bestimmt haben. Nur wenn das neue Risikoniveau das gesellschaftlich annehmbar erscheinende Risikoniveau übersteigt, hat der Richter eine Verletzung des Vorsorgeprinzips festzustellen.
(vgl. Randnrn. 81-83, 212-213)
5. Die Unionsorgane verfügen im Bereich der gemeinsamen Agrarpolitik über ein weites Ermessen hinsichtlich der Definition der verfolgten Ziele und der Wahl des für ihr Vorgehen geeigneten Instrumentariums. Außerdem müssen sie bei ihrer Risikobewertung komplexe Würdigungen vornehmen, um anhand der technischen und wissenschaftlichen Informationen, die ihnen von Experten im Rahmen der wissenschaftlichen Risikobewertung geliefert werden, zu prüfen, ob die Risiken für die öffentliche Gesundheit, die Sicherheit und die Umwelt das für die Gesellschaft annehmbar erscheinende Risikoniveau überschreiten.
Dieses weite Ermessen und diese komplexen Beurteilungen bedeuten, dass die Prüfung durch den Unionsrichter beschränkt ist. Dieses Ermessen und diese Beurteilungen führen nämlich dazu, dass sich die gerichtliche Kontrolle der materiellen Rechtmäßigkeit auf die Prüfung der Frage beschränkt, ob die Organe bei der Ausübung ihrer Befugnisse einen offensichtlichen Fehler oder einen Ermessensmissbrauch begangen oder die Grenzen ihres Ermessens offensichtlich überschritten haben.
Bei der Prüfung durch den Unionsrichter, ob dem Rechtsakt eines Organs ein offensichtlicher Beurteilungsfehler anhaftet, kann ein die Nichtigerklärung dieses Rechtsakts rechtfertigender offensichtlicher Irrtum eines Organs bei der Würdigung eines komplexen Sachverhalts nur festgestellt werden, wenn die vom Kläger vorgebrachten Beweise ausreichen, um die Sachverhaltswürdigung in dem Rechtsakt als nicht plausibel erscheinen zu lassen. Vorbehaltlich dieser Plausibilitätsprüfung darf das Gericht die Beurteilung eines komplexen Sachverhalts durch den Urheber der Entscheidung nicht durch seine eigene Beurteilung ersetzen.
Die Beschränkung der Kontrolle durch den Unionsrichter berührt jedoch nicht dessen Pflicht, die sachliche Richtigkeit der angeführten Beweise, ihre Zuverlässigkeit und ihre Kohärenz zu prüfen sowie zu kontrollieren, ob diese Beweise alle relevanten Daten darstellen, die bei der Beurteilung einer komplexen Situation heranzuziehen waren, und ob sie die aus ihnen gezogenen Schlüsse zu stützen vermögen.
In Fällen, in denen ein Organ über einen weiten Ermessensspielraum verfügt, kommt der Kontrolle der Einhaltung der Garantien, die die Unionsrechtsordnung für Verwaltungsverfahren vorsieht, grundlegende Bedeutung zu. Zu diesen Garantien gehört u. a. die Verpflichtung des zuständigen Organs, sorgfältig und unparteiisch alle relevanten Gesichtspunkte des Einzelfalls zu untersuchen und seine Entscheidung hinreichend zu begründen.
Die Vornahme einer möglichst erschöpfenden wissenschaftlichen Risikobewertung auf der Grundlage wissenschaftlicher Gutachten, die auf den Grundsätzen der höchsten Fachkompetenz, der Transparenz und der Unabhängigkeit beruhen, stellt daher eine wichtige Verfahrensgarantie zur Gewährleistung der wissenschaftlichen Objektivität der Maßnahmen und zur Verhinderung des Erlasses willkürlicher Maßnahmen dar.
(vgl. Randnrn. 84-89, 214)
6. Die Rechtmäßigkeit eines Rechtsakts der Union ist anhand der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt seines Erlasses zu beurteilen. Folglich können Umstände, die nach dem Erlass des Rechtsakts der Union eingetreten sind, bei der Beurteilung seiner Rechtmäßigkeit nicht berücksichtigt werden.
(vgl. Randnr. 172)
7. Die Unionsorgane verfügen im Bereich der gemeinsamen Agrarpolitik über ein weites Ermessen hinsichtlich der Wahl des für ihr Vorgehen geeigneten Instrumentariums. Im Übrigen haben sie zwar die Pflicht, ein hohes Niveau des Schutzes der menschlichen Gesundheit sicherzustellen, verfügen aber hinsichtlich der Wahl des für ihr Vorgehen geeigneten Instrumentariums bei der Erfüllung dieser Verpflichtung ebenfalls über ein weites Ermessen. Dieses weite Ermessen der Organe bedeutet, dass der Kontrolle der Einhaltung der Garantien, die die Unionsrechtsordnung für Verwaltungsverfahren vorsieht, grundlegende Bedeutung zukommt.
Eine dieser Garantien ist die Forderung an die Behörden, wenn sie aufgrund des Vorsorgeprinzips vorbeugende Maßnahmen erlassen, um ein hohes Schutzniveau für die menschliche Gesundheit sicherzustellen, dass sie über alle hierfür erheblichen Anhaltspunkte verfügen müssen. Sie müssen somit über eine wissenschaftliche Risikobewertung verfügen, die auf den Grundsätzen der höchsten Fachkompetenz, der Transparenz und der Unabhängigkeit beruht. Dieses Erfordernis stellt eine wichtige Garantie zur Gewährleistung der wissenschaftlichen Objektivität der Maßnahmen und zur Verhinderung des Erlasses willkürlicher Maßnahmen dar.
Eine andere dieser Garantien besteht in der Forderung an die Behörden, dass sie beim Erlass von Vorschriften, mit denen vorläufige Maßnahmen abgeschwächt werden, die aufgrund des Vorsorgeprinzips erlassen wurden, um ein hohes Schutzniveau für die menschliche Gesundheit sicherzustellen, über eine wissenschaftliche Bewertung der Risiken für die menschliche Gesundheit verfügen, die durch den Erlass solcher Vorschriften entstehen. Eine solche wissenschaftliche Bewertung der Risiken für die menschliche Gesundheit umfasst grundsätzlich eine von wissenschaftlichen Experten vorgenommene vollständige Bewertung der Wahrscheinlichkeit einer Exposition des Menschen gegenüber schädlichen Wirkungen der Maßnahmen für seine Gesundheit. Mithin umfasst sie grundsätzlich eine quantitative Bewertung der betreffenden Risiken.
(vgl. Randnrn. 174-177)
8. Gemäß Art. 13 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 999/2001 mit Vorschriften zur Verhütung, Kontrolle und Tilgung bestimmter transmissibler spongiformer Enzephalopathien werden zur Identifizierung aller anderen gefährdeten Tiere nach Maßgabe von Anhang VII Nr. 1 Ermittlungen durchgeführt. Außerdem werden gemäß Art. 13 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 999/2001 alle Tiere und tierischen Erzeugnisse gemäß Anhang VII Nr. 2 dieser Verordnung, die bei den Ermittlungen nach Art. 13 Abs. 1 Buchst. b als gefährdet identifiziert wurden, getötet und nach der Verordnung Nr. 1774/2002 beseitigt. Somit werden nach dieser Vorschrift die Tiere getötet und beseitigt, die durch Ermittlungen gemäß Anhang VII Nr. 1 der Verordnung Nr. 999/2001 identifiziert wurden und die außerdem die Kriterien der Nr. 2 dieses Anhangs erfüllen.
Gemäß Art. 23 der Verordnung Nr. 999/2001 kann die Kommission nach Anhörung des zuständigen wissenschaftlichen Ausschusses zu allen Fragen, die sich auf die Gesundheit der Bevölkerung auswirken können, nach dem Ausschussverfahren des Art. 24 Abs. 2 die Anhänge dieser Verordnung ändern. Somit hat der Gesetzgeber der Kommission die Befugnis zur Änderung der Anhänge der Verordnung Nr. 999/2001 übertragen.
Angesichts des Geltungsumfangs von Art. 13 Abs. 1 Buchst. c und Art. 23 der Verordnung Nr. 999/2001 hat die Kommission die Zuständigkeit, durch Verordnung, die im Ausschussverfahren nach Art. 24 Abs. 2 der Verordnung Nr. 999/2001 ergeht, die bei den Ermittlungen identifizierten Tiere abzugrenzen, die getötet und beseitigt werden müssen. Da nämlich Art. 13 Abs. 1 Buchst. c dieser Verordnung unter Verweisung auf die Kriterien der Nr. 2 des Anhangs VII die Tiere bestimmt, die getötet und beseitigt werden müssen, verfügt die Kommission gemäß Art. 23 der Verordnung über die Befugnis, Vorschriften zu erlassen, mit denen die Tiere abgegrenzt werden, die zu töten und zu beseitigen sind, nachdem sie bei den erwähnten Ermittlungen identifiziert wurden.
(vgl. Randnrn. 206-208)
URTEIL DES GERICHTS (Dritte erweiterte Kammer)
9. September 2011(*)
„Gesundheitspolizei – Verordnung (EG) Nr. 999/2001 – Schutz gegen transmissible spongiforme Enzephalopathien – Schafe und Ziegen – Verordnung (EG) Nr. 746/2008 – Erlass von Tilgungsmaßnahmen, die weniger einschränkend sind als die vorangegangenen – Vorsorgeprinzip“
In der Rechtssache T‑257/07
Französische Republik, vertreten zunächst durch E. Belliard, G. de Bergues, R. Loosli-Surrans und A.‑L. During, dann durch E. Belliard sowie E. de Bergues, R. Loosli-Surrans und B. Cabouat als Bevollmächtigte,
Klägerin,
gegen
Europäische Kommission, vertreten durch M. Nolin als Bevollmächtigten,
Beklagte,
unterstützt durch
Vereinigtes Königreich Großbritannien und Nordirland, vertreten zunächst durch I. Rao und C. Gibbs, dann durch I. Rao und L. Seeboruth und schließlich durch L. Seeboruth und F. Penlington als Bevollmächtigte im Beistand von T. Ward, Barrister,
Streithelfer,
wegen Nichtigerklärung der Verordnung (EG) Nr. 746/2008 der Kommission vom 17. Juni 2008 zur Änderung von Anhang VII der Verordnung (EG) Nr. 999/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates mit Vorschriften zur Verhütung, Kontrolle und Tilgung bestimmter transmissibler spongiformer Enzephalopathien (ABl. L 202, S. 11), soweit sie weniger einschränkende Überwachungs- und Tilgungsmaßnahmen als die bisher für Schaf- und Ziegenherden vorgesehenen zulässt,
erlässt
DAS GERICHT (Dritte erweiterte Kammer)
unter Mitwirkung des Präsidenten J. Azizi (Berichterstatter), der Richterinnen E. Cremona und I. Labucka sowie der Richter S. Frimodt Nielsen und K. O’Higgins,
Kanzler: C. Kristensen, Verwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 6. Juli 2010
folgendes
Urteil
Rechtlicher Rahmen
1. Verordnung Nr. 178/2002
1 Art. 7 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2002 zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts, zur Errichtung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit und zur Festlegung von Verfahren zur Lebensmittelsicherheit (ABl. L 31, S. 1) bestimmt:
„(1) In bestimmten Fällen, in denen nach einer Auswertung der verfügbaren Informationen die Möglichkeit gesundheitsschädlicher Auswirkungen festgestellt wird, wissenschaftlich aber noch Unsicherheit besteht, können vorläufige Risikomanagementmaßnahmen zur Sicherstellung des in der Gemeinschaft gewählten hohen Gesundheitsschutzniveaus getroffen werden, bis weitere wissenschaftliche Informationen für eine umfassendere Risikobewertung vorliegen.
(2) Maßnahmen, die nach Absatz 1 getroffen werden, müssen verhältnismäßig sein und dürfen den Handel nicht stärker beeinträchtigen, als dies zur Erreichung des in der Gemeinschaft gewählten hohen Gesundheitsschutzniveaus unter Berücksichtigung der technischen und wirtschaftlichen Durchführbarkeit und anderer angesichts des betreffenden Sachverhalts für berücksichtigenswert gehaltener Faktoren notwendig ist. Diese Maßnahmen müssen innerhalb einer angemessenen Frist überprüft werden, die von der Art des festgestellten Risikos für Leben oder Gesundheit und der Art der wissenschaftlichen Informationen abhängig ist, die zur Klärung der wissenschaftlichen Unsicherheit und für eine umfassendere Risikobewertung notwendig sind.“
2. Verordnung Nr. 999/2001
2 Die Verordnung (EG) Nr. 999/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2001 mit Vorschriften zur Verhütung, Kontrolle und Tilgung bestimmter transmissibler spongiformer Enzephalopathien (ABl. L 147, S. 1) bestimmt in Art. 13 Abs. 1:
„Bei amtlicher Bestätigung eines TSE-Falls werden unverzüglich folgende Maßnahmen getroffen:
a) Alle Körperteile des Tieres … werden … beseitigt.
b) Zur Identifizierung aller anderen gefährdeten Tiere nach Maßgabe von Anhang VII Nummer 1 werden Ermittlungen durchgeführt.
c) Alle Tiere und tierischen Erzeugnisse gemäß Anhang VII Nummer 2 der vorliegenden Verordnung, die bei den Ermittlungen nach Buchstabe b) dieses Absatzes als gefährdet identifiziert wurden, werden getötet und gemäß der Verordnung … Nr. 1774/2002 beseitigt.“
3 Vor Inkrafttreten der Verordnung (EG) Nr. 727/2007 der Kommission vom 26. Juni 2007 zur Änderung der Anhänge I, III, VII und X der Verordnung Nr. 999/2001 (ABl. L 165, S. 8) hieß es in Anhang VII („Tilgung transmissibler spongiformer Enzephalopathien“) der Verordnung Nr. 999/2001:
„1. Bei den Ermittlungen gemäß Artikel 13 Absatz 1 Buchstabe b) muss Folgendes identifiziert werden:
…
b) im Fall von Schafen und Ziegen:
– alle anderen Wiederkäuer als Ziegen und Schafe im Haltungsbetrieb des Tieres, bei dem sich die Krankheit bestätigt hat;
– soweit sie ermittelt werden können, die Elterntiere und im Fall von weiblichen Tieren alle Embryonen, Eizellen und die letzten Nachkommen des weiblichen Tieres, bei dem sich die Krankheit bestätigt hat;
– zusätzlich zu den unter dem zweiten Gedankenstrich genannten Tieren alle übrigen Schafe und Ziegen im Haltungsbetrieb des Tieres, bei dem sich die Krankheit bestätigt hat;
– die etwaige Krankheitsursache und andere Betriebe, in denen Tiere, Embryonen oder Eizellen gehalten bzw. aufbewahrt werden, die möglicherweise mit dem TSE-Erreger infiziert sind oder die dasselbe Futter aufgenommen haben oder mit derselben Kontaminationsquelle in Berührung gekommen sind;
– die Verbringung potenziell verunreinigter Futtermittel, sonstigen Materials [oder] etwaiger anderer Infektionsquellen, über die der BSE-Erreger möglicherweise aus dem oder in den betreffenden Betrieb übertragen wurde.
2. Die Maßnahmen nach Artikel 13 Absatz 1 Buchstabe c) umfassen mindestens:
…
b) im Fall eines bestätigten TSE-Befundes bei Schafen oder Ziegen ab 1. Oktober 2003 entsprechend der Entscheidung der zuständigen Behörde:
i) entweder die Tötung und vollständige Beseitigung aller Tiere, Embryonen und Eizellen, die bei den Ermittlungen nach Nummer 1 Buchstabe b) zweiter und dritter Gedankenstrich identifiziert wurden, oder
ii) die Tötung und vollständige Beseitigung aller Tiere, Embryonen und Eizellen, die bei den Ermittlungen nach Nummer 1 Buchstabe b) zweiter und dritter Gedankenstrich identifiziert wurden, mit Ausnahme von:
– männlichen Zuchttieren des Genotyps ARR/ARR,
– weiblichen Zuchttieren mit mindestens einem ARR-Allel und keinem VRQ-Allel und, sofern diese weiblichen Zuchttiere zum Zeitpunkt der Ermittlungen trächtig sind, die danach geborenen Lämmer, sofern ihr Genotyp die Anforderungen dieses Absatzes erfüllt;
– Schafen mit mindestens einem ARR-Allel, die ausschließlich zur Schlachtung bestimmt sind;
– weniger als 2 Monate alten Schafen und Ziegen, die ausschließlich zur Schlachtung bestimmt sind, sofern die zuständige Behörde dies so entscheidet;
iii) wenn das infizierte Tier von einem anderen Haltungsbetrieb aufgenommen wurde, kann ein Mitgliedstaat auf der Grundlage der Fallgeschichte beschließen, zusätzlich [zu den] oder anstatt der Tilgungsmaßnahmen in dem Haltungsbetrieb, in dem die Infektion bestätigt wurde, solche Maßnahmen im Herkunftsbetrieb durchzuführen. Wird Weideland von mehr als einer Herde gemeinsam genutzt, können die Mitgliedstaaten beschließen, die Anwendung dieser Maßnahmen nach mit Gründen versehener Prüfung aller epidemiologischen Faktoren auf eine Herde zu beschränken; wird in einem Haltungsbetrieb mehr als eine Herde gehalten, können die Mitgliedstaaten beschließen, die Anwendung der Maßnahmen auf die Herde zu beschränken, in der die Traberkrankheit bestätigt wurde, sofern überprüft wurde, dass die Herden isoliert voneinander gehalten wurden und dass die Verbreitung der Infektion zwischen den Herden durch direkten oder indirekten Kontakt unwahrscheinlich ist;
c) im Fall eines bestätigten BSE-Befundes bei Schafen oder Ziegen die Tötung und vollständige Beseitigung aller Tiere, Embryonen und Eizellen, die bei den Ermittlungen nach Nummer 1 Buchstabe b) zweiter bis fünfter Gedankenstrich [des Anhangs VII] identifiziert wurden.“
4 Art. 23 der Verordnung Nr. 999/2001 bestimmt:
„Nach Anhörung des zuständigen wissenschaftlichen Ausschusses zu allen Fragen, die sich auf die Gesundheit der Bevölkerung auswirken können, werden nach dem Verfahren des Artikels 24 Absatz 2 die Anhänge geändert oder ergänzt und geeignete Übergangsmaßnahmen getroffen. …“
5 Art. 24a der Verordnung Nr. 999/2001 lautet:
„Entscheidungen, die nach einem der in Artikel 24 genannten Verfahren getroffen werden, basieren auf einer angemessenen Bewertung der möglichen Gefahren für die menschliche und tierische Gesundheit und sind unter Berücksichtigung der verfügbaren wissenschaftlichen Erkenntnisse auf die Erhaltung oder, sofern dies wissenschaftlich begründet ist, Erhöhung des in der Gemeinschaft gewährleisteten Schutzniveaus für die menschliche und tierische Gesundheit gerichtet.“
Streitige Maßnahmen
6 Die Anhänge I, III, VII und X der Verordnung Nr. 999/2001 zur Regelung bestimmter Maßnahmen zur Bekämpfung transmissibler spongiformer Enzephalopathien (im Folgenden: TSE) bei Schafen und Ziegen wurden, um den jüngsten wissenschaftlichen Erkenntnissen Rechnung zu tragen, durch die Verordnung Nr. 727/2007 geändert.
7 Anhang VII der Verordnung (EG) Nr. 999/2001, der namentlich Tilgungsmaßnahmen im Anschluss an die Bestätigung eines Falls von TSE in einer Schaf- oder Ziegenherde vorsieht, wurde sodann durch die Verordnung (EG) Nr. 746/2008 der Kommission vom 17. Juni 2008 zur Änderung von Anhang VII der Verordnung Nr. 999/2001 (ABl. L 202, S. 11, im Folgenden: angefochtene Verordnung) erneut geändert.
8 Mit der angefochtenen Verordnung wurde Anhang VII der Verordnung Nr. 999/2001 durch Einfügung eines Kapitels A („Maßnahmen bei Bestätigung von TSE“) geändert, wobei Nr. 2 Buchst. b des Anhangs VII der Verordnung Nr. 999/2001 durch folgende Regelung ersetzt wurde:
„2. Die Maßnahmen nach Artikel 13 Absatz 1 Buchstabe c umfassen mindestens:
…
2.3. Im Fall eines bestätigten TSE-Befundes bei Schafen und Ziegen:
a) sofern BSE nach einem gemäß Anhang X Kapitel C Nummer 3.2 Buchstabe c durchgeführten Ringversuch nicht ausgeschlossen werden kann, die Tötung und vollständige Beseitigung aller Tiere, Embryonen und Eizellen, die bei den Ermittlungen gemäß Nummer 1 Buchstabe b zweiter bis fünfter Gedankenstrich identifiziert wurden;
b) sofern BSE gemäß dem Verfahren nach Anhang X Kapitel C Nummer 3.2 Buchstabe c gemäß der Entscheidung der zuständigen Behörde ausgeschlossen wird:
entweder
i) die Tötung und vollständige Beseitigung aller Tiere, Embryonen und Eizellen, die bei den Ermittlungen nach Nummer 1 Buchstabe b zweiter und dritter Gedankenstrich identifiziert wurden. Für den Betrieb gelten die unter Nummer 3 aufgeführten Bedingungen;
oder
ii) die Tötung und vollständige Beseitigung aller Tiere, Embryonen und Eizellen, die bei den Ermittlungen nach Nummer 1 Buchstabe b zweiter und dritter Gedankenstrich identifiziert wurden, mit Ausnahme von
– männlichen Zuchttieren des Genotyps ARR/ARR;
– weiblichen Zuchttieren mit mindestens einem ARR-Allel und keinem VRQ-Allel und, sofern diese weiblichen Zuchttiere zum Zeitpunkt der Ermittlungen trächtig sind, die danach geborenen Lämmer, sofern ihr Genotyp die Anforderungen dieses Unterabsatzes erfüllt;
– Schafen mit mindestens einem ARR-Allel, die ausschließlich zur Schlachtung bestimmt sind;
– weniger als drei Monate alten Schafen und Ziegen, die ausschließlich zur Schlachtung bestimmt sind, sofern die zuständige Behörde dies so entscheidet.
Für den Betrieb gelten die unter Nummer 3 aufgeführten Bedingungen;
oder
iii) ein Mitgliedstaat kann entscheiden, die bei den Ermittlungen gemäß Nummer 1 Buchstabe b zweiter und dritter Gedankenstrich identifizierten Tiere nicht zu töten und zu beseitigen, sofern es schwierig ist, für einen bekannten Genotyp Ersatztiere zu finden, oder sofern das ARR-Allel in der Zucht oder dem Betrieb selten vorkommt, oder wo dies zur Vermeidung von Inzucht oder aufgrund der Abwägung aller epidemiologischen Faktoren erforderlich erscheint. Für den Betrieb gelten die unter Nummer 4 aufgeführten Bedingungen.
…“
9 Die durch die angefochtene Verordnung eingeführte Nr. 4 von Kapitel A des Anhangs VII der Verordnung Nr. 999/2001 bestimmt:
„4. Nach Durchführung der unter Nummer 2.3 Buchstabe b Ziffer iii genannten Maßnahmen in einem Haltungsbetrieb und in einem Zeitraum von zwei Zuchtjahren nach Feststellung des letzten TSE-Falls
a) sind alle Schafe und Ziegen in dem Betrieb zu identifizieren;
b) dürfen alle Schafe und Ziegen in dem Haltungsbetrieb nur innerhalb des Hoheitsgebiets des betroffenen Mitgliedstaats zur Schlachtung zum menschlichen Verzehr oder zur Beseitigung verbracht werden; alle zum menschlichen Verzehr geschlachteten über 18 Monate alten Tiere sind gemäß den in Anhang X Kapitel C Nummer 3.2 Buchstabe b aufgeführten Labormethoden auf TSE zu testen;
…
e) müssen alle über 18 Monate alten Schafe und Ziegen, die im Betrieb verendet sind oder getötet wurden, auf TSE getestet werden;
f) dürfen nur männliche Schafe des Genotyps ARR/ARR und weibliche Schafe aus Betrieben, in denen keine TSE-Fälle festgestellt wurden, oder aus Herden, die die Bedingungen gemäß Nummer 3.4 erfüllen, in den Betrieb aufgenommen werden;
g) dürfen nur Ziegen aus Betrieben, in denen keine TSE-Fälle festgestellt wurden, oder aus Herden, die die Bedingungen gemäß Nummer 3.4 erfüllen, in den Betrieb aufgenommen werden;
…“
10 Außerdem bestimmt Nr. 2.3 Buchst. d von Kapitel A des Anhangs VII der Verordnung Nr. 999/2001 in der durch die angefochtene Verordnung geänderten Fassung:
„d) Die Mitgliedstaaten können Folgendes entscheiden:
i) alle unter Buchstabe b Ziffer i genannten Tiere zum menschlichen Verzehr zu schlachten, anstatt sie zu töten und vollständig zu beseitigen;
ii) die unter Buchstabe b Ziffer ii genannten Tiere zum menschlichen Verzehr zu schlachten, anstatt sie zu töten und vollständig zu beseitigen, sofern
– die Tiere im Hoheitsgebiet des betroffenen Mitgliedstaats geschlachtet werden;
– alle Tiere, die über 18 Monate alt sind oder bei denen mehr als zwei bleibende Schneidezähne das Zahnfleisch durchstoßen haben und die zum menschlichen Verzehr geschlachtet werden, gemäß den Labormethoden nach Anhang X Kapitel C Nummer 3.2 Buchstabe b auf TSE getestet werden.“
11 Schließlich bestimmt Nr. 3.1 von Kapitel A des Anhangs VII der Verordnung Nr. 999/2001 in der durch die angefochtene Verordnung geänderten Fassung, die Nr. 4 der früheren Fassung des Anhangs VII der Verordnung Nr. 999/2001 entspricht:
„3.1. [Es] dürfen nur folgende Tiere in den Haltungsbetrieb/die Haltungsbetriebe aufgenommen werden:
a) männliche Schafe des Genotyps ARR/ARR;
b) weibliche Schafe mit mindestens einem ARR-Allel und keinem VRQ-Allel;
c) Ziegen, sofern:
i) keine anderen Zuchtschafe als die unter den Buchstaben a und b genannten in dem Haltungsbetrieb vorhanden sind;
ii) alle Stallungen auf dem Betriebsgelände nach der Bestandsvernichtung gründlich gereinigt und desinfiziert wurden“.
Sachverhalt
1. Transmissible spongiforme Enzephalopathien
12 Die TSE sind neurodegenerative Erkrankungen mit langsamer Entwicklung und tödlichem Ausgang. Sie sind geprägt durch besondere Verletzungen des zentralen Nervensystems (Gehirn und Rückenmark) und befallen Tiere und Menschen.
13 Alle TSE werden durch einen nichtkonventionellen transmissiblen Erreger namens „Prion“ verursacht. Dieser Ausdruck bezieht sich auf ein ansteckendes Eiweißpartikel, also eine anormale Form des Proteins P (PrP), das ein normales Protein des Wirtes ist.
14 Bei den TSE, die Schafe, Ziegen oder Rinder befallen können, kann man die drei folgenden Erkrankungen unterscheiden: die bovine spongiforme Enzephalopathie (BSE), die klassische Scrapie und die atypische Scrapie.
2. Spongiforme Enzephalopathie bei Rindern
15 Die BSE ist eine TSE, die zum ersten Mal im November 1986 im Vereinigten Königreich festgestellt wurde. Sie befällt Rinder und ist auf den Menschen übertragbar, bei dem sie eine neue Art der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit hervorruft. Sie gilt ebenfalls als eine Erkrankung, die Schafe und Ziegen befallen kann. Aufgrund molekularer und gewebepathologischer Kriterien lassen sich die klassische BSE, die BSE des Typs L und die BSE des Typs H unterscheiden.
3. Scrapie
16 Die Scrapie ist eine TSE, die Schafe und Ziegen befällt. Sie ist in Europa seit dem Beginn des 18. Jahrhunderts bekannt. Sie wird in erster Linie vom Muttertier auf seine Nachkommen unmittelbar nach der Geburt oder vom Muttertier auf andere empfängliche Neugeborene übertragen, die mit dem Geburtswasser oder Gewebe eines befallenen Tiers in Berührung kommen. Die Häufigkeit der Übertragung der Scrapie auf ältere Tiere ist sehr viel geringer.
17 Der Ausdruck „klassische Scrapie“ bezieht sich auf eine Gesamtheit von bis heute nicht klassifizierten Varianten („Herden“) von TSE, die eine gewisse Anzahl von Merkmalen aufweisen, die als repräsentativ angesehen werden. Diese Erkrankungen zeigen sich unter molekularen Aspekten an einer starken Verbreitung des Prions im Organismus, an einer Ansteckung innerhalb der Herden und zwischen den Herden sowie an einer genetischen Empfindlichkeit oder genetischen Widerstandsfähigkeit, die von Tier zu Tier unterschiedlich ausfällt.
18 Die Schafe entwickeln nämlich die Scrapie in unterschiedlicher Weise aufgrund des Gens, das das PrP kodiert (im Folgenden: PrP-Gen), und insbesondere aufgrund der Eigenart der drei Aminosäuren, die sich an den Positionen 136, 145 und 171 der Sequenz der Aminosäuren des PrP finden und mit den Großbuchstaben „A“ für Alanin, „R“ für Arganin, „Q“ für Glutamin und „V“ für Valin bezeichnet werden, die eine Unterscheidung der verschiedenen Arten von PrP untereinander ermöglichen. Vier Allele des PrP-Gens sind bekannt, nämlich die Allele VRQ, ARQ, AHQ und ARR. Schafe mit VRQ-Allelen sind hyperempfänglich für Scrapie. Sie entwickeln diese Krankheit rasch, und merkliche Spuren von Prion finden sich in zahlreichen Organen des Tieres während der gesamten Inkubationszeit. Schafe mit ARQ- oder AHQ-Allelen sind relativ empfänglich für Scrapie. Schafe mit ARR-Allelen schließlich zeigen eine fast ausnahmslose Resistenz. Tiere mit mindestens einem ARR-Allel sind semi-resistent gegen Scrapie. Bei diesen Tieren geht die Multiplikation des Prion sehr langsam vonstatten. Sie beschränkt sich auf das Nervensystem, und das Prion lässt sich vor dem Erscheinen der klinischen Erkrankungszeichen nicht feststellen.
19 Der Ausdruck „atypische Scrapie“ scheint einer einzigen Variante von TSE zu entsprechen. Diese Krankheit weist bei kleinen Wiederkäuern als atypisch geltende Merkmale auf wie eine Häufung des Prions im zentralen Nervensystem, eine beschränkte oder nicht vorhandene Ansteckung und das Fehlen einer deutlichen genetischen Resistenz. Die Tiere des Genotyps ARR/ARR können daher von dieser Krankheit befallen werden. Die Konzentration des Prions im zentralen Nervensystem macht aber Erkennungsmaßnahmen und die Entnahme von Risikomaterial im Schlachthaus sehr wirksam.
4. Entwicklung der Gemeinschaftspolitik zur Bekämpfung von TSE bei Schafen und Ziegen
20 Da theoretisch ein TSE-Befall von Schafen und Ziegen auch unter natürlichen Bedingungen möglich war, wurden Maßnahmen zur Vorbeugung und Tilgung der TSE bei Schafen und Ziegen in die Gemeinschaftsvorschriften aufgenommen (vgl. insbesondere den dritten Erwägungsgrund der Verordnung [EG] Nr. 1139/2003 der Kommission vom 27. Juni 2003 zur Änderung der Verordnung Nr. 999/2001 [ABl. L 160, S. 22]).
21 Am 22. Mai 2001 erließen das Parlament und der Rat die Verordnung Nr. 999/2001, die innerhalb einer einzigen Verordnung sämtliche zu diesem Zeitpunkt geltenden Vorschriften zur Bekämpfung von TSE zusammenfasste. Diese Verordnung untersagt die Verfütterung von aus Säugetieren gewonnenem Protein, auch „MRM“ genannt, an Wiederkäuer (vgl. Art. 7 Abs. 1 und Anhang IV der Verordnung Nr. 999/2001). Sie schreibt die Beseitigung von „spezifizierten Risikomaterialien“, auch „SRM“ genannt, vor, d. h. von Geweben, die am stärksten TSE-gefährdet sind (vgl. Art. 8 und Anhang V der Verordnung Nr. 999/2001). Sie legt Maßnahmen für Tiere fest, bei denen der Verdacht einer TSE-Ansteckung besteht, sowie Maßnahmen für den Fall der Feststellung einer TSE-Ansteckung bei Tieren. Letztere umfassen die Beseitigung von gefährdeten Tieren nach der Definition in Anhang VII der Verordnung Nr. 999/2001 in ihrer ursprünglichen Fassung (vgl. Art. 12 und 13 sowie Anhang VII der Verordnung Nr. 999/2001). Im Übrigen schreibt die Verordnung jedem Mitgliedstaat ein jährliches Programm zur Überwachung der TSE vor. Bei Schafen und Ziegen wird diese Überwachung insbesondere durch ein Screening-Verfahren unter Einsatz von „Schnelltests“ anhand von Stichproben aus der Gesamtheit der Schafe und Ziegen durchgeführt (vgl. Art. 6 und Anhang III der Verordnung Nr. 999/2001). Schließlich sieht Art. 23 der Verordnung, um der Entwicklung der wissenschaftlichen Erkenntnisse Rechnung zu tragen, vor, dass ihre Anhänge in einem Ausschussverfahren, das die Anhörung des wissenschaftlichen Lenkungsausschusses umfasst, geändert und ergänzt werden können.
22 Aufgrund der letztgenannten Bestimmung wurde die Verordnung Nr. 999/2001 zwischen 2001 und 2007 mehrfach geändert. Diese Änderungen betrafen insbesondere Maßnahmen der Bekämpfung von TSE bei Schafen und Ziegen im Hinblick auf die Entwicklung der wissenschaftlichen Erkenntnisse im TSE-Bereich.
23 So erließ die Kommission am 14. Februar 2002 die Verordnung (EG) Nr. 270/2002 zur Änderung der Verordnung Nr. 999/2001 in Bezug auf spezifizierte Risikomaterialien und die epidemiologische Überwachung auf bestimmte transmissible spongiforme Enzephalopathien sowie zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1326/2001 in Bezug auf Futtermittel und das Inverkehrbringen von Schafen und Ziegen sowie daraus gewonnenen Produkten (ABl. L 45, S. 4). Diese Verordnung bezweckt u. a. eine Überarbeitung der Vorschriften für die Überwachung von TSE bei Schafen und Ziegen, um die Stellungnahme des Wissenschaftlichen Lenkungsausschusses vom 18./19. Oktober 2001 zu berücksichtigen, in der dieser empfahl, dringend eine Erhebung zur Häufigkeit von TSE mit den verfügbaren „Schnelltests“ und mit einem Probendesign und ‑umfang von statistisch einwandfreier Qualität durchzuführen (vgl. den zweiten Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 270/2002). Diese Verordnung sieht somit die Überwachung von Schafen und Ziegen durch „Schnelltests“ an einer Stichprobe geringen Umfangs je Mitgliedstaat vor, die eindeutig bedeutender ist als die frühere Fassung der Verordnung Nr. 999/2001. Sie sieht außerdem die Bestimmung des Prion-Genotyps bei jedem positiven TSE-Befund bei Schafen vor (vgl. Anhang I der Verordnung Nr. 270/2002).
24 Die „Schnelltests“, von denen in der Verordnung Nr. 999/2001 und ihren geänderten Fassungen die Rede ist, sind Tests, die ein zeitlich kürzeres Screening-Verfahren für TSE anhand von Proben aus toten Tieren oder von ins Schlachthaus verbrachten Tierkörpern ermöglichen. Dieses Screening-Verfahren anhand von „Schnelltests“ erlaubt lediglich die Feststellung einer TSE, nicht aber die Bestimmung ihres Typs, also BSE, klassische Scrapie oder atypische Scrapie. Sind die Ergebnisse dieser „Schnelltests“ positiv, wird der Hirnstamm einem Referenzlabor im Sinne von Anhang X der Verordnung Nr. 999/2001 (im Folgenden: Referenzlabor) zur Durchführung bestätigender Untersuchungen übersandt. Die Bestätigungsuntersuchungen erfolgen anhand von Diagnosemethoden der Immunzytochemie, des Immunblotting, histopathologischen Untersuchungen des Hirngewebes und/oder des Nachweises charakteristischer Fibrillen im Elektronenmikroskop (im Folgenden insgesamt: Bestätigungsuntersuchungen) (vgl. Verordnung [EG] Nr. 1248/2001 der Kommission vom 22. Juni 2001 zur Änderung der Anhänge III, X und XI der Verordnung Nr. 999/2001 [ABl. L 173, S. 12]). Ist aufgrund dieser Tests TSE nicht auszuschließen, werden sie durch biologische Tests ergänzt (auch „bio essais“ oder „strain typing“ genannt). Diese Tests bestehen in der Einpflanzung von mit TSE befallenem Gewebe in das Gehirn einer lebenden Maus, um so die Art der betreffenden TSE, d. h. BSE oder Scrapie, festzustellen. Verendet die Maus, wird eine mikroskopische Untersuchung ihres Gehirns durchgeführt, deren Ergebnisse die Feststellung der genauen Art der TSE gestatten. Diese biologischen Tests lassen eine genaue Feststellung, ob die TSE eine BSE ist oder nicht, erst nach mehreren Jahren zu. Die Tests, mit denen BSE von anderen TSE unterschieden werden soll, werden üblicherweise „unterscheidende Tests“, „trennende Tests“ oder „Differenzierungstests“ genannt.
25 Beim Erlass der Verordnung Nr. 270/2002 waren die einzigen verlässlichen Differenzierungstests biologische Tests. Es gab keine zuverlässigen unterscheidungskräftigen Molekulartests, die es bei Schafen und Ziegen erlaubt hätten, eine Ansteckung mit TSE von einer Ansteckung mit Scrapie zu unterscheiden (vgl. den dritten Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 1139/2003).
26 Im Juni 2003 beauftragte die Kommission das Referenzlabor, eine Gruppe von Sachverständigen für die Typisierung der TSE-Stämme (im Folgenden: STEG) zu bilden, deren Aufgabe es sein sollte, den Einsatz von alternativen Tests zu den biologischen Differenzierungstests für die TSE zu entwickeln und zu validieren. Die Arbeiten der STEG führten zur Validierung von „biochemischen“ oder „molekularen“ Tests, mit deren Hilfe BSE von Scrapie unterschieden werden konnte. Diese molekularen Differenzierungstests erlauben es, das Vorhandensein von BSE in den Geweben innerhalb einiger Tage oder einiger Wochen auszuschließen.
27 Im Anschluss an die Entwicklung der molekularen Differenzierungstests erließ die Kommission am 12. Januar 2005 die Verordnung (EG) Nr. 36/2005 zur Änderung der Anhänge III und X der Verordnung Nr. 999/2001 hinsichtlich der epidemiologischen Überwachung auf TSE bei Rindern, Schafen und Ziegen (ABl. L 10, S. 9), um insbesondere den Einsatz dieser molekularen Differenzierungstests in dem mit der Verordnung Nr. 999/2001 geschaffenen Überwachungssystem zu ermöglichen.
28 So sieht die Verordnung Nr. 36/2005 vor, dass, wenn sich im Rahmen der Überwachung von Schaf- und Ziegenherden das Ergebnis von „Schnelltests“ an einer entnommenen Probe als nicht beweiskräftig oder als positiv erweist und dieses Ergebnis bei den Bestätigungsuntersuchungen bestätigt wird, das Tier als „positiver Scrapie-Fall“, auch „Index-Fall“ genannt, gilt. Dieser Fall wird zuerst einem molekularen Differenzierungstest durch Immunblotting unterzogen. Erlaubt der Anfangstest nicht, das Vorliegen von BSE auszuschließen, wird der Fall drei weiteren molekularen Differenzierungstests unterzogen: einem zweiten Immunblottingtest, einem Immunzytochemie-Test sowie einem enzymabsorbierenden Immuntest, auch „ELISA“ (Enzyme linked Immunosorbent Assay) genannt. Nur die Proben, die BSE-Befall zeigen oder die nach diesen molekularen Differenzierungstests nicht beweiskräftig sind, werden biologischen Tests an Mäusen unterzogen, um eine endgültige Bestätigung zu erhalten (vgl. Kapitel C Nr. 3.2 des Anhangs X der Verordnung Nr. 999/2001 in der Fassung der Verordnung Nr. 36/2005). Diese Verordnung schreibt ebenfalls die TSE-Typisierung durch Differenzierungstests aller Prionstämme vor, die bei kleinen Wiederkäuern nach einem Schnelltest gefunden werden. Schließlich schreibt diese Verordnung vor, eine aussagekräftige Probe aus allen Herden, die ein befallenes Tier aufweisen, einem Screening-Test zu unterziehen.
29 In Anwendung der genannten Regelungen hatten die Mitgliedstaaten bei Befall eines Tieres aus einer Schaf- oder Ziegenherde mit einer anderen TSE als BSE nur die Wahl, entweder sämtliche Tiere der Herde, zu der das befallene Tier gehörte, zu töten oder, falls das befallene Tier ein Schaf war, nur die genetisch empfänglichen Tiere der Herde zu beseitigen, nachdem der Genotyp sämtlicher Tiere der Herde bestimmt worden war, um die empfänglichen von den resistenten Tieren zu trennen. Außerdem konnte der Mitgliedstaat von der Tötung von Schafen und Ziegen absehen, die weniger als zwei Monate alt und für die Schlachtung bestimmt waren (vgl. Randnr. 3 des vorliegenden Urteils). War dagegen ein Tier von BSE befallen, mussten die Mitgliedstaaten für die Tötung und vollständige Beseitigung aller Schafe und Ziegen, Embryonen, Eizellen und aller Tiere sowie des Materials und der sonstigen Infektionsquellen sorgen.
30 Im Anschluss an die Bestätigung des Befalls einer 2000 geborenen und 2002 in Frankreich geschlachteten Ziege mit BSE am 28. Januar 2005 wurde ein verschärftes Überwachungsprogramm für Ziegen eingerichtet. Es handelte sich um den ersten Fall der Ansteckung eines kleinen Wiederkäuers mit BSE unter natürlichen Bedingungen (vgl. die Erwägungsgründe 2 bis 4 und den Anhang der Verordnung [EG] Nr. 214/2005 der Kommission vom 9. Februar 2005 zur Änderung des Anhangs III der Verordnung Nr. 999/2001 hinsichtlich der Überwachung von Ziegen auf TSE [ABl. L 37, S. 9]).
31 Am 15. Juli 2005 veröffentlichte die Kommission eine Mitteilung mit dem Titel „Fahrplan zur TSE-Bekämpfung“ (KOM[2005] 322 endg.) (im Folgenden: Fahrplan zur TSE-Bekämpfung), in der sie ihre Absicht bekannt gab, Maßnahmen zur Abschwächung der geltenden Tilgungsmaßnahmen für kleine Wiederkäuer unter Berücksichtigung der neuen verfügbaren Diagnoseinstrumente und unter Beibehaltung des aktuellen Niveaus des Verbraucherschutzes vorzuschlagen. Sie wies insbesondere darauf hin, dass die seit Januar 2005 verfügbaren molekularen Differenzierungstests es gestatteten, in den meisten Fällen von TSE das Vorliegen von BSE innerhalb weniger Wochen auszuschließen. Außerdem vertrat sie die Auffassung, dass nach dem Ausschluss von BSE keine Gefahr für die öffentliche Gesundheit mehr bestehe und die Tötung des gesamten Bestands angesichts der Wagnisse für die öffentliche Gesundheit als unverhältnismäßig angesehen werden könne. Sie legte sodann eine Tabelle vor, in der die Zahl der Schafe und Ziegen, die in den befallenen Viehbeständen im Zeitraum 2002 bis 2004 für „positiv“ erklärt worden waren, in Prozentsätzen von 0,3 % bis 3,5 % wiedergegeben waren. Sie wies ferner darauf hin, dass sie eine Abschwächung der Politik der Schlachtung von Schafen und Ziegen in den Fällen vorschlagen wolle, in denen BSE ausgeschlossen worden sei, und zugleich die Kontrolle in den befallenen Viehbeständen und die Schlachtung der Tiere jeglichen Alters für den menschlichen Verzehr verstärken wolle, wenn die Ergebnisse der „Schnelltests“ negativ seien. Schließlich erklärte sie, dass auch die Zertifizierung der Viehbestände als ein zusätzliches Mittel zur Tilgung der TSE angesehen werden sollte (vgl. Nrn. 2.5.1 bis 2.5.2 des Fahrplans zur TSE-Bekämpfung).
32 Am 21. September 2005 ersuchten die französischen Behörden die Agence française de sécurité sanitaire des aliments (Französische Agentur für die gesundheitliche Sicherheit von Lebensmitteln, im Folgenden: AFSSA), zum einen die gesundheitlichen Risiken der von der Kommission im Fahrplan zur TSE-Bekämpfung vorgeschlagenen Maßnahmen bei Schafen und Ziegen und zum anderen die Verlässlichkeit der Differenzierungstests zu prüfen.
33 Am 26. Oktober 2005 erstellte die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) ein Gutachten über die Klassifizierung der Fälle von atypischen TSE bei kleinen Wiederkäuern. Sie kam in diesem Gutachten zu dem Ergebnis, dass eine operationelle Definition der atypischen Scrapie möglich sei. Außerdem empfahl sie, bei den Überwachungsprogrammen eine geeignete Kombination von Tests und Proben zu verwenden, um sicherzustellen, dass die Fälle atypischer Scrapie weiterhin festgestellt würden.
34 Zwischen Dezember 2005 und Februar 2006 wurden aufgrund der in der Europäischen Gemeinschaft durchgeführten Überwachungsprogramme für TSE zwei Schafe aus Frankreich und ein Schaf aus Zypern mit Verdacht einer BSE-Ansteckung ermittelt. Eine Sachverständigengruppe für TSE unter dem Vorsitz des Referenzlabors vertrat in einem Gutachten vom 8. März 2006 die Auffassung, dass, auch wenn die Proben dieser drei Schafe nicht mit den Daten der Datenbank „Experiment BSE Schafe“ übereinstimmten, kein hinreichender Beweis vorliege, um das Vorliegen einer BSE kategorisch auszuschließen. Demzufolge wurden biologische Tests durch Einpflanzung der drei verdächtigen Gewebeproben bei Mäusen vorgenommen. Im Anschluss an die Entdeckung dieser drei Verdachtsfälle richtete die Kommission in allen Mitgliedstaaten eine verstärkte Überwachung der TSE bei Schafen ein (vgl. insbesondere die Erwägungsgründe 2 und 5 und den Anhang der Verordnung [EG] Nr. 1041/2006 der Kommission vom 7. Juli 2006 zur Änderung des Anhangs III der Verordnung Nr. 999/2001 hinsichtlich der Überwachung der TSE bei Schafen [ABl. L 187, S. 10]).
35 Am 15. Mai 2006 veröffentlichte die AFSSA ein Gutachten zu den im Fahrplan für TSE vorgeschlagenen Schritten der Gemeinschaftsregelung. In diesem Gutachten widersprach sie dem Vorschlag der Kommission, die Schlachtungspolitik abzuschwächen, um die Zuführung des Fleischs von Tieren aus Viehbeständen der von Scrapie befallenen kleinen Wiederkäuer zum menschlichen Verzehr zu gestatten. Sie vertrat die Auffassung, dass die „Schnelltests“ zur Typisierung von Prionstämmen, d. h. die molekularen Differenzierungstests, das Vorkommen von BSE in einer Herde nicht ausschließen könnten und dass ein Schluss, dass mit Ausnahme von BSE alle potenziell bei kleinen Wiederkäuern vorkommenden TSE-Stämme, einschließlich der atypischen Formen, kein Gesundheitsrisiko für den Menschen darstellten, nicht möglich sei.
36 Die Vorschläge im Fahrplan zur TSE-Bekämpfung wurden dem ständigen Ausschuss für die Lebensmittelkette und Tiergesundheit als zuständigem Ausschuss gemäß Art. 23 der Verordnung Nr. 999/2001 unterbreitet.
37 Am 22. Juni und am 6. Dezember 2006 wandten sich die französischen Behörden erneut an die AFSSA, damit diese die von der Kommission vorgeschlagenen Maßnahmen im Bereich der klassischen und der atypischen Scrapie im Einzelnen untersuche.
38 Am 15. Januar 2007 erstellte die AFSSA ein Gutachten über die Entwicklung der Gesundheitsschutzmaßnahmen in Schaf- und Ziegenbeständen, in denen nach der Befassung durch die französischen Behörden am 22. Juni und am 6. Dezember 2006 ein klassischer oder atypischer Fall von Scrapie entdeckt worden war. In diesem Gutachten vertrat sie die Auffassung, dass die Differenzierungstests einen Ausschluss des Vorliegens von BSE weder bei dem untersuchten Tier noch a fortiori bei der Herde, der es angehöre, zuließen und dass die Übertragung anderer TSE als BSE auf den Menschen nicht ausgeschlossen werden könne. Im Übrigen gab sie an, dass Produkte von Schafen und Ziegen aus mit der klassischen Scrapie infizierten Herden, die unter den im Fahrplan zur TSE-Bekämpfung beschriebenen Bedingungen geschlachtet worden seien, ein zusätzliches Risiko für die öffentliche Gesundheit im Vergleich zu den Produkten darstellten, die allein aus genetisch resistenten Tieren gewonnen seien. Schließlich sei eine quantitative Bewertung dieser Risiken wegen der unzureichenden Daten über die tatsächliche Prävalenz der Scrapie in sämtlichen befallenen Herden und wegen der unzureichenden Daten über die tatsächliche genetische Struktur der Schafpopulation im Allgemeinen nicht möglich. Sie war jedoch aufgrund einer groben Bewertung der Auffassung, dass das relative Risiko bei einem Tier aus einer befallenen Herde etwa 20- bis 600-mal größer sei als bei einem Tier der allgemeinen Population. Dieses zusätzliche Risiko erhöhe sich weiter, wenn nur die Tiere mit empfänglichem Genotyp aus befallenen Herden berücksichtigt würden. Sie empfahl daher die Beibehaltung der geltenden Regelung im Bereich der klassischen Scrapie.
39 Im Anschluss an das Gutachten der AFSSA vom 15. Januar 2007 befasste die Kommission die EFSA und ersuchte sie um ein Gutachten zu den wissenschaftlichen Hypothesen, auf die sich ihre Vorschläge stützen, nämlich die Zuverlässigkeit der Differenzierungstests und die fehlende Übertragbarkeit anderer TSE-Erreger als BSE auf den Menschen.
40 Am 25. Januar 2007 erstellte die EFSA ein Gutachten über eine „Quantitative Bewertung des Restrisikos von BSE in Schaffleisch und Produkten aus Schaffleisch“. In diesem Gutachten vertrat sie aufgrund der Ergebnisse der verstärkten Überwachung der TSE die Auffassung, dass BSE bei Schafen höchstens zwischen wenigen und einigen Hundert Fällen je Million zum Schlachten geführter Schafe betreffe. Die wahrscheinlichste Prävalenz von BSE bei Schafen sei null. In der Stellungnahme des Spongiform Encephalopathy Advisory Committee (SEAC) vom 21. Dezember 2006, der unabhängige wissenschaftliche Gutachten über TSE für die Regierung des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland erstellt, hatte es bereits gehießen, das plausibelste Szenarium sei, dass es kein von BSE-Erregern befallenes Schaffleisch in der Lebensmittelkette des Vereinigten Königreichs gebe.
41 Am 8. März 2007 erstellte die EFSA ein Gutachten über einige Aspekte des Risikos infolge von TSE bei Schafen und Ziegen. In diesem Gutachten vertrat sie die Auffassung, dass es keinen Beweis für eine epidemiologische oder molekulare Verbindung zwischen der klassischen oder atypischen Scrapie und den TSE bei Menschen gebe. Der Erreger der BSE sei der einzige TSE-Erreger, bei dem ein tierischer Ursprung ausgemacht worden sei. Wegen ihrer Verschiedenheit könne aber die Übertragung von anderen tierischen TSE-Erregern als BSE auf den Menschen nicht ausgeschlossen werden. Außerdem dürften die in den Gemeinschaftsvorschriften beschriebenen Differenzierungstests bislang zuverlässig sein, um BSE von der klassischen oder atypischen Scrapie zu unterscheiden, auch wenn weder die diagnostische Empfindlichkeit noch die Spezifizität der Differenzierungstests als perfekt angesehen werden könne.
42 Im Anschluss an das Gutachten der EFSA vom 8. März 2007 übermittelte die Kommission dem Ständigen Ausschuss für die Lebensmittelkette und die Tiergesundheit am 24. April 2007 den Entwurf einer Verordnung zur Änderung der Anhänge I, III, VII und X der Verordnung Nr. 999/2001 zur Abstimmung. Der Entwurf wurde mit qualifizierter Mehrheit angenommen. Das Königreich Spanien, die Französische Republik und die Italienische Republik widersprachen. Die Republik Slowenien enthielt sich der Stimme. Die Französische Republik begründete ihren Widerspruch mit der Erwägung, dass die betreffende Verordnung gegen das Vorsorgeprinzip verstoße.
43 Am 26. Juni 2007 erließ die Kommission die Verordnung Nr. 727/2007, gegen die die Französische Republik eine Klage sowie einen Antrag auf einstweilige Anordnung beim Gericht eingereicht hat.
44 Am 24. Januar 2008 erstellte die EFSA auf Ersuchen der Kommission ein Gutachten über die „Wissenschaftliche und technische Klärung der Auslegung und der Erwägungen zu einigen Facetten der Ergebnisse ihres Gutachtens vom 8. März 2007 über bestimmte Aspekte des TSE-Risikos bei Schafen und Ziegen“. In diesem Gutachten verdeutlichte sie ihren Standpunkt zu den Fragen der Übertragung anderer tierischer TSE als BSE auf den Menschen und der Zuverlässigkeit der Differenzierungstests.
45 Am 30. April 2008 veröffentlichte das Referenzlabor ein überarbeitetes Gutachten zu in der Untersuchung befindlichen TSE-Fällen bei kleinen Wiederkäuern. In diesem Gutachten stellte es klar, dass die beiden Schafe aus Frankreich und die Ziege aus Zypern, bei denen Ergänzungstests durchgeführt worden waren (vgl. Randnr. 34 des vorliegenden Urteils), nicht als BSE-Fälle eingestuft werden könnten.
46 Am 17. Juni 2008 erließ die Kommission die angefochtene Verordnung zur Änderung des Anhangs VII der Verordnung Nr. 999/2001 und überließ den Mitgliedstaaten eine größere Wahl zwischen den zu treffenden Maßnahmen, wenn eine Herde Schafe oder Ziegen von einer TSE befallen ist, bei der nach einem Differenzierungstest festgestellt wurde, dass es sich nicht um BSE handelt. Wenn nämlich innerhalb eines Viehbestands kleiner Wiederkäuer ein Tier von der Scrapie befallen ist, können die Mitgliedstaaten im Wesentlichen
– die Tiere der Herde vollständig beseitigen (Nr. 2.3 Buchst. b Ziff. i des Kapitels A des Anhangs VII der angefochtenen Verordnung) oder
– bei Schafen den Genotyp sämtlicher Tiere der Herde bestimmen und die genetisch empfänglichen Tiere beseitigen (Nr. 2.3 Buchst. b Ziff. ii des Kapitels A des Anhangs VII der angefochtenen Verordnung) oder
– sämtliche Tiere der Herde sofort zum menschlichen Verzehr schlachten, wobei Körper von mehr als 18 Monate alten Tieren nur dann zum menschlichen Verzehr geliefert werden können, wenn sie zuvor mit negativem Ergebnis einem Schnelltest zur Auffindung der TSE unterzogen wurden (Nr. 2.3 Buchst. d Ziff. i des Kapitels A des Anhangs VII der angefochtenen Verordnung und Nr. 7.1 des Anhangs III der Verordnung Nr. 999/2001), oder
– bei Schafen den Genotyp sämtlicher Tiere der Herde bestimmen und sämtliche empfänglichen Tiere der Herde sofort zum menschlichen Verzehr schlachten, wobei Körper von mehr als 18 Monate alten empfänglichen Tieren nur dann zum menschlichen Verzehr geliefert werden können, wenn sie zuvor mit negativem Ergebnis einem Schnelltest zur Auffindung der TSE unterzogen wurden (Nr. 2.3 Buchst. d Ziff. ii des Kapitels A des Anhangs VII der angefochtenen Verordnung), oder
– bei klassischer Scrapie die Tiere im Betrieb zu belassen mit dem Verbot, sie während einer Zeitspanne von zwei Jahren nach Bestätigung des letzten TSE-Falls in der Herde in eine andere Zucht zu verbringen, wobei die Tiere in dieser Zeit gleichwohl geschlachtet und ihre Körper dem menschlichen Verzehr zugeführt werden können, wenn sie zuvor mit negativem Ergebnis einem Schnelltest zur Auffindung der TSE unterzogen wurden (Nr. 2.3 Buchst. b Ziff. iii und Nr. 4 des Kapitels A des Anhangs VII der angefochtenen Verordnung), oder
– bei atypischer Scrapie die Tiere im Betrieb zu belassen mit dem Verbot, sie während einer Zeitspanne von zwei Jahren nach Bestätigung des letzten TSE-Falls in der Herde in einen anderen Mitgliedstaat oder Drittstaat auszuführen, wobei die Tiere in dieser Zeit gleichwohl geschlachtet und ihre Körper dem menschlichen Verzehr zugeführt werden können, wenn sie zuvor mit negativem Ergebnis einem Schnelltest zur Auffindung der TSE unterzogen wurden (Nr. 2.3 Buchst. c und Nr. 5 des Kapitels A des Anhangs VII der angefochtenen Verordnung).
Verfahren
47 Mit Klageschrift, die am 17. Juli 2007 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Französische Republik wegen Verletzung des Vorsorgeprinzips Klage auf Nichtigerklärung von Nr. 3 des Anhangs der Verordnung Nr. 727/2007 erhoben, soweit mit ihr in Kapitel A des Anhangs VII der Verordnung Nr. 999/2001 die Nr. 2.3 Buchst. b Ziff. iii, die Nr. 2.3 Buchst. d und die Nr. 4 eingefügt werden, die die Regelung für die Tilgung der TSE abschwächen. Außerdem hat sie einen Antrag auf Aussetzung des Vollzugs dieser Regelung gestellt.
48 Mit Beschluss vom 28. September 2007, Frankreich/Kommission (T‑257/07 R, Slg. 2007, II‑4153, im Folgenden: erster Beschluss Frankreich/Kommission), hat der für die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes zuständige Richter des Gerichts diesem Antrag stattgegeben und die Anwendung der besagten Vorschriften bis zum Erlass des Urteils in der Hauptsache ausgesetzt.
49 Mit Schriftsatz, der am 15. Oktober 2007 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland die Zulassung als Streithelfer zur Unterstützung der Anträge der Kommission beantragt. Mit Beschluss vom 30. November 2007 hat der Präsident der Dritten Kammer diesem Antrag stattgegeben.
50 Am 17. Juni 2008 hat die Kommission beantragt, die Hauptsache für erledigt zu erklären, und darauf verzichtet, eine Gegenerwiderung einzureichen. Diesen Antrag hat sie mit dem alsbaldigen Erlass der angefochtenen Verordnung begründet.
51 Am 28. Juli 2008 hat die Französische Republik ihre Stellungnahme zum Antrag der Kommission auf Erledigungserklärung eingereicht. Sie hat beantragt, das laufende gerichtliche Verfahren auf die Vorschriften der angefochtenen Verordnung auszudehnen, weil diese an die Stelle der streitigen Vorschriften der Verordnung Nr. 727/2007 träten, sie aber noch näher begründeten.
52 Am 31. Juli 2008 wurde die angefochtene Verordnung im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht. Sie ist am 29. September 2008 in Kraft getreten.
53 Am 28. August 2008 hat die Kommission bei der Kanzlei des Gerichts ihre Stellungnahme zum Antrag der Französischen Republik eingereicht, das laufende Verfahren auf die angefochtene Verordnung auszudehnen. In dieser Stellungnahme hat die Kommission die Auffassung vertreten, dass dieser Antrag begründet sei.
54 Mit besonderem Schriftsatz, der am 19. September 2008 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Französische Republik einen neuen Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz gestellt, mit dem sie im Kern die Aussetzung des Vollzugs der angefochtenen Verordnung erreichen möchte, soweit mit ihr in Kapitel A des Anhangs VII der Verordnung Nr. 999/2001 die Nr. 2.3 Buchst. b Ziff. iii, die Nr. 2.3. Buchst. d und die Nr. 4 eingefügt werden.
55 Das Vereinigte Königreich hat zu dem Antrag auf Ausdehnung des laufenden Verfahrens auf die angefochtene Verordnung vor Ablauf der hierfür vorgesehenen Frist am 25. September 2008 keine Stellungnahme abgegeben.
56 Mit Entscheidung vom 6. Oktober 2008 hat das Gericht (Dritte Kammer) dem Antrag der Französischen Republik auf Ausdehnung des anhängigen Verfahrens auf die beanstandeten Vorschriften entsprochen und die Einreichung ergänzender Anträge sowie Angriffs- und Verteidigungsmittel zugelassen.
57 Mit Beschluss vom 30. Oktober 2008, Frankreich/Kommission (T‑257/07 R II, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, im Folgenden: zweiter Beschluss Frankreich/Kommission), hat der für die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes zuständige Richter des Gerichts dem zweiten Antrag der Französischen Republik auf Aussetzung des Vollzugs in dieser Rechtssache stattgegeben und die Anwendung der fraglichen Regelung bis zum Erlass des Urteils in der Hauptsache ausgesetzt.
58 Am 19. November 2008 hat die Französische Republik ihre ergänzenden Anträge bei der Kanzlei des Gerichts eingereicht.
59 Am 23. Dezember 2008 und am 16. Januar 2009 haben die Kommission und das Vereinigte Königreich ihre Stellungnahmen zu den ergänzenden Anträgen eingereicht. Ferner hat die Kommission am 23. Dezember 2008 beantragt, in der vorliegenden Rechtssache gemäß Art. 76a der Verfahrensordnung des Gerichts im beschleunigten Verfahren zu entscheiden
60 Am 21. Januar 2009 hat die Französische Republik ihre Stellungnahme zum Antrag der Kommission auf Entscheidung im beschleunigten Verfahren eingereicht. Das Vereinigte Königreich hat sich innerhalb der festgelegten Frist nicht zu diesem Antrag der Kommission geäußert.
61 Mit Entscheidung vom 30. Januar 2009 hat das Gericht (Dritte Kammer) den Antrag der Kommission auf ein beschleunigtes Verfahren zurückgewiesen, aber beschlossen, die vorliegende Rechtssache wegen ihrer besonderen Umstände gemäß Art. 55 § 2 der Verfahrensordnung mit Vorrang zu entscheiden. Gemäß Art. 14 der Verfahrensordnung hat das Gericht auf Vorschlag der Dritten Kammer die Rechtssache gemäß Art. 51 der Verfahrensordnung an einen erweiterten Spruchkörper verwiesen.
Anträge der Beteiligten
62 Die Französische Republik beantragt,
– die angefochtene Verordnung für nichtig zu erklären, soweit mit ihr in Kapitel A des Anhangs VII der Verordnung Nr. 999/2001 die Nr. 2.3 Buchst. b Ziff. iii, die Nr. 2.3 Buchst. d und die Nr. 4 eingefügt werden;
– der Kommission die Kosten aufzuerlegen.
63 Die Kommission, unterstützt durch das Vereinigte Königreich, beantragt,
– die Klage als unbegründet abzuweisen;
– der Französischen Republik die Kosten aufzuerlegen.
Zur Begründetheit
1. Grundsätzliche Erwägungen
Zum Schutz der menschlichen Gesundheit
64 Art. 152 Abs. 1 EG bestimmt, dass bei der Festlegung und Durchführung aller Gemeinschaftspolitiken und ‑maßnahmen ein hohes Gesundheitsschutzniveau sichergestellt wird. Dieser Schutz der öffentlichen Gesundheit hat vorrangige Bedeutung gegenüber wirtschaftlichen Erwägungen, so dass er negative wirtschaftliche Auswirkungen, auch beträchtliche, für bestimmte Wirtschaftsteilnehmer rechtfertigen kann (vgl. in diesem Sinne Beschluss des Gerichtshofs vom 12. Juli 1996, Vereinigtes Königreich/Kommission, C‑180/96 R, Slg. 1996, I‑3903, Randnr. 93, und Urteil des Gerichts vom 28. Juni 2005, Industrias Químicas del Vallés/Kommission, T‑158/03, Slg. 2005, II‑2425, Randnr. 134).
65 Art. 24a der Verordnung Nr. 999/2001 übernimmt die Verpflichtung des Art. 152 Abs. 1 EG in die Verordnung Nr. 999/2001, wenn er die Forderung aufstellt, dass Entscheidungen im Rahmen dieser Verordnung auf die Erhaltung oder, sofern dies wissenschaftlich begründet ist, Erhöhung des in der Gemeinschaft gewährleisteten Schutzniveaus für die menschliche Gesundheit gerichtet sind.
Zum Vorsorgeprinzip
Begriffsbestimmung
66 Das Vorsorgeprinzip stellt einen allgemeinen Grundsatz des Unionsrechts dar, der in den Art. 3 Buchst. p EG, 6 EG, 152 Abs. 1 EG, 153 Abs. 1 und 2 EG und 174 Abs. 1 und 2 EG verankert ist und die zuständigen Behörden verpflichtet, im genauen Rahmen der Ausübung ihrer Befugnisse nach der einschlägigen Regelung geeignete Maßnahmen zu treffen, um bestimmte potenzielle Risiken für die öffentliche Gesundheit, die Sicherheit und die Umwelt auszuschließen, indem sie den mit dem Schutz dieser Interessen verbundenen Erfordernissen Vorrang vor wirtschaftlichen Interessen einräumen (vgl. Urteile des Gerichts vom 26. November 2002, Artegodan u. a./Kommission, T‑74/00, T‑76/00, T‑83/00 bis T‑85/00, T‑132/00, T‑137/00 und T‑141/00, Slg. 2002, II‑4945, Randnrn 183 und 184, und vom 21. Oktober 2003, Solvay Pharmaceuticals/Rat, T‑392/02, Slg. 2003, II‑4555, Randnr. 121 und die dort angeführte Rechtsprechung).
67 Ferner erlaubt das Vorsorgeprinzip, wie dies in Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 178/2002 im Zusammenhang des Lebensmittelrechts zum Ausdruck kommt, den Erlass vorläufiger Maßnahmen des Risikomanagements zur Sicherstellung eines hohen Gesundheitsschutzniveaus, wenn nach einer Auswertung der verfügbaren Informationen die Möglichkeit gesundheitsschädlicher Auswirkungen festgestellt wird, aber wissenschaftlich noch Unsicherheit besteht.
68 Wenn daher das Vorliegen oder der Umfang von Gefahren für die menschliche Gesundheit wissenschaftlich ungewiss ist, können die Organe in Anwendung des Vorsorgeprinzips Schutzmaßnahmen treffen, ohne abwarten zu müssen, dass das Vorliegen und die Größe dieser Gefahren klar dargelegt sind (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichtshofs vom 5. Mai 1998, Vereinigtes Königreich/Kommission, C‑180/96, Slg. 1998, I‑2265, Randnr. 99, vom 9. September 2003, Monsanto Agricoltura Italia u. a., C‑236/01, Slg. 2003, I‑8105, Randnr. 111, und vom 12. Januar 2006, Agrarproduktion Staebelow, C‑504/04, Slg. 2006, I‑679, Randnr. 39; Urteil des Gerichts vom 10. März 2004, Malagutti-Vezinhet/Kommission, T‑177/02, Slg. 2004, II‑827, Randnr. 54) oder die abträglichen Wirkungen für die Gesundheit tatsächlich eintreten (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichts vom 11. September 2002, Pfizer Animal Health/Rat, T-13/99, Slg. 2002, II-3305, Randnrn. 139 und 141, und Alpharma/Rat, T‑70/99, Slg. 2002, II‑3495, Randnrn. 152 und 154).
69 Innerhalb des Verfahrens, das mit dem Erlass geeigneter Maßnahmen zur Vermeidung bestimmter potenzieller Gefahren für die öffentliche Gesundheit, die Sicherheit und die Umwelt aufgrund des Vorsorgeprinzips durch ein Organ endet, lassen sich drei aufeinanderfolgende Schritte unterscheiden: erstens die Ermittlung der potenziell abträglichen Wirkungen, die sich aus einem Vorgang ergeben, zweitens die Bewertung der mit diesem Vorgang verbundenen Gefahren für die öffentliche Gesundheit, die Sicherheit und die Umwelt und drittens, wenn die ermittelten potenziellen Gefahren die Schwelle der gesellschaftlichen Akzeptanz überschreiten, das Risikomanagement durch den Erlass geeigneter Schutzmaßnahmen. Während der erste dieser Schritte keiner näheren Erläuterung bedarf, verdienen die beiden nächsten eine nähere Betrachtung.
Bewertung der Gefahren
– Einleitung
70 Die Bewertung der Gefahren für die öffentliche Gesundheit, die Sicherheit und die Umwelt besteht für das Organ, das sich mit potenziell abträglichen Wirkungen eines Vorgangs konfrontiert sieht, in der wissenschaftlichen Einschätzung dieser Gefahren und der Feststellung, ob sie das für die Gesellschaft annehmbar erscheinende Gefahrenniveau überschreiten. Damit die Organe der Union eine solche Einschätzung der Gefahren vornehmen können, müssen sie daher zum einen über eine wissenschaftliche Bewertung der Gefahren verfügen und zum anderen das Gefahrenniveau festlegen, das für die Gesellschaft nicht mehr akzeptabel erscheint (vgl. in diesem Sinne Urteile Pfizer Animal Health/Rat, Randnr. 145, und Alpharma/Rat, Randnr. 162, beide oben in Randnr. 68 angeführt).
– Zur wissenschaftlichen Bewertung der Risiken
71 Die wissenschaftliche Risikobewertung ist ein wissenschaftliches Verfahren, mit dem so weit wie möglich eine Gefahr ermittelt und beschrieben, eine Abschätzung des Risikos vorgenommen und das Risiko umschrieben wird (Urteile Pfizer Animal Health/Rat, Randnr. 156, und Alpharma/Rat, Randnr. 169, beide oben in Randnr. 68 angeführt).
72 Die Kommission hat in ihrer Mitteilung vom 2. Februar 2000 über die Anwendbarkeit des Vorsorgeprinzips (KOM[2000] 1) diese vier Grundbestandteile einer wissenschaftlichen Risikobewertung wie folgt beschrieben (vgl. Anhang III):
„Gefahrenermittlung bedeutet, die biologischen und chemischen Agenzien oder physikalischen Einwirkungen, die negative Auswirkungen haben können, zu identifizieren. …
Bei der Gefahrenbeschreibung werden Eigenart und Schweregrad der mit den ursächlichen Agenzien oder Tätigkeiten verbundenen negativen Auswirkungen quantitativ und/oder qualitativ bestimmt. …
Die Abschätzung des Risikos besteht aus einer quantitativen oder qualitativen Bestimmung der Wahrscheinlichkeit, mit dem untersuchten Agens in Berührung zu kommen. …
Die Risikobeschreibung entspricht der qualitativen und/oder quantitativen Schätzung (unter Berücksichtigung inhärenter Ungewissheiten) der Wahrscheinlichkeit und Häufigkeit sowie des Schweregrads bekannter oder möglicher umwelt- oder gesundheitsschädigender Wirkungen. Sie wird auf der Grundlage der drei vorgenannten Stufen erstellt und hängt stark von den in jedem einzelnen Stadium des Verfahrens berücksichtigten Unsicherheiten, Schwankungen, Arbeitshypothesen und Annahmen ab.“
73 Da es sich um ein wissenschaftliches Verfahren handelt, muss die zuständige Stelle die wissenschaftliche Risikobewertung wissenschaftlichen Experten übertragen (Urteile Pfizer Animal Health/Rat, Randnr. 157, und Alpharma/Rat, Randnr. 170, beide oben in Randnr. 68 angeführt).
74 Im Übrigen muss die wissenschaftliche Risikobewertung gemäß Art. 6 Abs. 2 der Verordnung Nr. 178/2002 auf den verfügbaren wissenschaftlichen Erkenntnissen beruhen und ist in einer unabhängigen, objektiven und transparenten Art und Weise vorzunehmen. Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass die Pflicht der Organe, ein hohes Niveau des Schutzes der öffentlichen Gesundheit, der Sicherheit und der Umwelt sicherzustellen, bedeutet, dass ihre Entscheidungen unter voller Berücksichtigung der besten verfügbaren wissenschaftlichen Daten getroffen und auf die neuesten internationalen Forschungsergebnisse gestützt werden müssen (vgl. in diesem Sinne Urteile Pfizer Animal Health/Rat, Randnr. 158, und Alpharma/Rat, Randnr. 171, beide oben in Randnr. 68 angeführt).
75 Von einer wissenschaftlichen Risikobewertung kann nicht verlangt werden, dass sie den Organen zwingende wissenschaftliche Beweise für das tatsächliche Vorliegen des Risikos und die Schwere der potenziellen nachteiligen Wirkungen im Fall seiner Verwirklichung liefert. Der Kontext der Anwendung des Vorsorgeprinzips entspricht nämlich jedenfalls einem Kontext wissenschaftlicher Unsicherheit. Eine vorbeugende Maßnahme darf indessen nicht mit einer rein hypothetischen Betrachtung des Risikos begründet werden, die auf wissenschaftlich noch nicht verifizierte bloße Vermutungen gestützt ist (Urteil Pfizer Animal Health/Rat, oben in Randnr. 68 angeführt, Randnrn. 142 und 143; vgl. auch in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 11. Juli 2007, Schweden/Kommission, T‑229/04, Slg. 2007, II‑2437, Randnr. 161).
76 Außerdem darf eine vorbeugende Maßnahme oder umgekehrt ihre Rücknahme oder Abschwächung nicht von dem Nachweis abhängig gemacht werden, dass keinerlei Risiken bestehen, weil ein solcher Nachweis im Allgemeinen aus wissenschaftlicher Sicht nicht erbracht werden kann, da es in der Praxis ein Risikoniveau „null“ nicht gibt (vgl. in diesem Sinne Urteil Solvay Pharmaceuticals/Rat, oben in Randnr. 66 angeführt, Randnr. 130). Mithin kann eine vorbeugende Maßnahme nur dann getroffen werden, wenn das Risiko, ohne dass seine Existenz und sein Umfang durch zwingende wissenschaftliche Daten in vollem Umfang nachgewiesen worden wären, auf der Grundlage der zum Zeitpunkt des Erlasses dieser Maßnahme verfügbaren wissenschaftlichen Daten gleichwohl hinreichend dokumentiert erscheint (Urteil Pfizer Animal Health/Rat, oben in Randnr. 68 angeführt, Randnrn. 144 und 146). In einem solchen Zusammenhang entspricht somit der Begriff „Risiko“ dem Grad der Wahrscheinlichkeit nachteiliger Wirkungen für das von der Rechtsordnung geschützte Gut aufgrund der Akzeptanz bestimmter Maßnahmen oder bestimmter Verfahren (vgl. in diesem Sinne Urteil Pfizer Animal Health/Rat, oben in Randnr. 68 angeführt, Randnr. 147).
77 Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass sich eine vollständige wissenschaftliche Risikobewertung wegen der Unzulänglichkeit der verfügbaren wissenschaftlichen Daten als unmöglich erweisen kann. Dies kann indessen die zuständige Behörde nicht daran hindern, aufgrund des Vorsorgeprinzips vorbeugende Maßnahmen zu treffen. In diesem Fall müssen die wissenschaftlichen Experten trotz der fortbestehenden wissenschaftlichen Ungewissheit eine wissenschaftliche Risikobewertung vornehmen, die der zuständigen öffentlichen Stelle eine so zuverlässige und fundierte Information vermittelt, dass diese Stelle die volle Tragweite der aufgeworfenen wissenschaftlichen Frage erfassen und ihre Politik in Kenntnis der Sachlage bestimmen kann (vgl. in diesem Sinne Urteile Pfizer Animal Health/Rat, Randnrn. 160 bis 163, und Alpharma/Rat, Randnrn. 173 bis 176, beide oben in Randnr. 68 angeführt).
– Zur Bestimmung des Risikoniveaus
78 Die Bestimmung des Risikoniveaus, das für die Gesellschaft unannehmbar erscheint, steht, soweit die anwendbaren Rechtsvorschriften gewahrt werden, den Organen zu, die für die in der Festlegung des für diese Gesellschaft angemessenen Schutzniveaus bestehende politische Entscheidung zuständig sind. Diese Organe haben die kritische Schwelle für die Wahrscheinlichkeit nachteiliger Auswirkungen auf die öffentliche Gesundheit, die Sicherheit und die Umwelt und für die Schwere dieser potenziellen Wirkungen festzulegen, die ihnen für diese Gesellschaft nicht mehr annehmbar erscheint und bei deren Überschreitung im Interesse des Schutzes der öffentlichen Gesundheit, der Sicherheit und der Umwelt trotz der weiterhin bestehenden wissenschaftlichen Ungewissheit der Rückgriff auf vorbeugende Maßnahmen erforderlich wird (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 11. Juli 2000, Toolex, C‑473/98, Slg. 2000, I‑5681, Randnr. 45, und Urteil Pfizer Animal Health/Rat, oben in Randnr. 68 angeführt, Randnrn. 150 und 151).
79 Bei der Bestimmung des für die Gesellschaft unannehmbar erscheinenden Risikoniveaus sind die Organe durch ihre Pflicht zur Sicherstellung eines hohen Niveaus des Schutzes der öffentlichen Gesundheit, der Sicherheit und der Umwelt gebunden. Dieses hohe Schutzniveau muss nicht unbedingt auf das in technischer Hinsicht Höchstmögliche abzielen, um mit dieser Vorschrift vereinbar zu sein (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 14. Juli 1998, Safety Hi-Tech, C‑284/95, Slg. 1998, I‑4301, Randnr. 49). Im Übrigen ist den Organen eine rein hypothetische Betrachtung des Risikos und eine Ausrichtung ihrer Entscheidungen auf ein „Nullrisiko“ untersagt (Urteil Pfizer Animal Health/Rat, oben in Randnr. 68 angeführt, Randnr. 152).
80 Die Bestimmung des für die Gesellschaft unannehmbar erscheinenden Risikoniveaus hängt von der Beurteilung der besonderen Umstände jedes Einzelfalls durch die zuständige öffentliche Stelle ab. Insoweit kann die betreffende Stelle insbesondere die Schwere der Auswirkung, die der Eintritt dieses Risikos auf die öffentliche Gesundheit, die Sicherheit und die Umwelt hat, einschließlich des Umfangs der möglichen nachteiligen Wirkungen, die Dauer, die Reversibilität oder die möglichen Spätfolgen dieser Schäden sowie die mehr oder weniger konkrete Wahrnehmung des Risikos nach dem Stand der verfügbaren wissenschaftlichen Erkenntnisse berücksichtigen (vgl. in diesem Sinne Urteil Pfizer Animal Health/Rat, oben in Randnr. 68 angeführt, Randnr. 153).
Risikomanagement
81 Das Risikomanagement umfasst die Gesamtheit der Maßnahmen eines mit einem Risiko konfrontierten Organs, die dieses auf ein für die Gesellschaft annehmbar erscheinendes Niveau zurückführen sollen, wie es seiner Pflicht zur Gewährleistung eines hohen Niveaus des Schutzes der öffentlichen Gesundheit, der Sicherheit und der Umwelt entspricht. Übersteigt nämlich dieses Risiko das für die Gesellschaft annehmbar erscheinende Niveau, ist das Organ aufgrund des Vorsorgeprinzips gehalten, vorläufige Maßnahmen des Risikomanagements zu ergreifen, die erforderlich sind, um ein hohes Schutzniveau sicherzustellen.
82 Gemäß Art. 7 Abs. 2 der Verordnung Nr. 178/2002 müssen die betreffenden vorläufigen Maßnahmen im Vergleich zu entsprechenden bereits erlassenen Maßnahmen verhältnismäßig, frei von Diskriminierung, transparent und kohärent sein (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 1. April 2004, Bellio F.lli, C‑286/02, Slg. 2004, I‑3465, Randnr. 59).
83 Schließlich ist es Sache der zuständigen Behörde, die betreffenden vorläufigen Maßnahmen binnen angemessener Frist zu überprüfen. So ist entschieden worden, dass es, wenn neue Informationen die Wahrnehmung eines Risikos ändern oder zeigen, dass diesem Risiko durch Maßnahmen begegnet werden kann, die weniger einschränkend sind als die bestehenden, den Organen und insbesondere der Kommission, die das Initiativrecht hat, obliegt, für eine Anpassung der Regelung an die neuen Gegebenheiten zu sorgen (Urteil Agrarproduktion Staebelow, oben in Randnr. 68 angeführt, Randnr. 40).
Zum Umfang der gerichtlichen Kontrolle
84 Die Organe verfügen im Bereich der gemeinsamen Agrarpolitik über ein weites Ermessen hinsichtlich der Definition der verfolgten Ziele und der Wahl des für ihr Vorgehen geeigneten Instrumentariums (vgl. Urteil Pfizer Animal Health/Rat, oben in Randnr. 68 angeführt, Randnr. 166 und die dort angeführte Rechtsprechung). Außerdem müssen sie bei ihrer Risikobewertung komplexe Würdigungen vornehmen, um anhand der technischen und wissenschaftlichen Informationen, die ihnen von Experten im Rahmen der wissenschaftlichen Risikobewertung geliefert werden, zu prüfen, ob die Risiken für die öffentliche Gesundheit, die Sicherheit und die Umwelt das für die Gesellschaft annehmbar erscheinende Risikoniveau überschreiten.
85 Dieses weite Ermessen und diese komplexen Beurteilungen bedeuten, dass die Prüfung durch den Unionsrichter beschränkt ist. Dieses Ermessen und diese Beurteilungen führen nämlich dazu, dass sich die gerichtliche Kontrolle der materiellen Rechtmäßigkeit auf die Prüfung der Frage beschränkt, ob die Organe bei der Ausübung ihrer Befugnisse einen offensichtlichen Fehler oder einen Ermessensmissbrauch begangen oder die Grenzen ihres Ermessens offensichtlich überschritten haben (vgl. Urteile des Gerichtshofs Monsanto Agricoltura Italia u. a., oben in Randnr. 68 angeführt, Randnr. 135, und vom 15. Oktober 2009, Enviro Tech [Europe], C‑425/08, Slg. 2009, I‑10035, Randnr. 47, sowie Urteil Pfizer Animal Health/Rat, oben in Randnr. 68 angeführt, Randnr. 166 und die dort angeführte Rechtsprechung).
86 Bei der Prüfung durch den Unionsrichter, ob dem Rechtsakt eines Organs ein offensichtlicher Beurteilungsfehler anhaftet, kann ein die Nichtigerklärung dieses Rechtsakts rechtfertigender offensichtlicher Irrtum eines Organs bei der Würdigung eines komplexen Sachverhalts nur festgestellt werden, wenn die vom Kläger vorgebrachten Beweise ausreichen, um die Sachverhaltswürdigung in dem Rechtsakt als nicht plausibel erscheinen zu lassen (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichts vom 12. Dezember 1996, AIUFFASS und AKT/Kommission, T‑380/94, Slg. 1996, II‑2169, Randnr. 59, und vom 1. Juli 2004, Salzgitter/Kommission, T‑308/00, Slg. 2004, II‑1933, Randnr. 138). Vorbehaltlich dieser Plausibilitätsprüfung darf das Gericht die Beurteilung eines komplexen Sachverhalts durch den Urheber der Entscheidung nicht durch seine eigene Beurteilung ersetzen (Urteil Enviro Tech, oben in Randnr. 85 angeführt, Randnr. 47, und Urteil des Gerichts vom 12. Februar 2008, BUPA u. a./Kommission, T‑289/03, Slg. 2008, II‑81, Randnr. 221).
87 Die Beschränkung der Kontrolle durch den Unionsrichter berührt jedoch nicht dessen Pflicht, die sachliche Richtigkeit der angeführten Beweise, ihre Zuverlässigkeit und ihre Kohärenz zu prüfen sowie zu kontrollieren, ob diese Beweise alle relevanten Daten darstellen, die bei der Beurteilung einer komplexen Situation heranzuziehen waren, und ob sie die aus ihnen gezogenen Schlüsse zu stützen vermögen (Urteile des Gerichtshofs vom 22. November 2007, Spanien/Lenzing, C‑525/04 P, Slg. 2007, I‑9947, Randnr. 57, und vom 6. November 2008, Niederlande/Kommission, C‑405/07 P, Slg. 2008, I‑8301, Randnr. 55).
88 In Fällen, in denen ein Organ über einen weiten Ermessensspielraum verfügt, kommt der Kontrolle der Einhaltung der Garantien, die die Unionsrechtsordnung für Verwaltungsverfahren vorsieht, grundlegende Bedeutung zu. Der Gerichtshof hat klargestellt, dass zu diesen Garantien u. a. die Verpflichtung des zuständigen Organs gehört, sorgfältig und unparteiisch alle relevanten Gesichtspunkte des Einzelfalls zu untersuchen und seine Entscheidung hinreichend zu begründen (Urteile des Gerichtshofs vom 21. November 1991, Technische Universität München, C‑269/90, Slg. 1991, I‑5469, Randnr. 14, vom 7. Mai 1992, Pesquerias De Bermeo und Naviera Laida/Kommission, C‑258/90 und C‑259/90, Slg. 1992, I‑2901, Randnr. 26, sowie Spanien/Lenzing, Randnr. 58, und Niederlande/Kommission, Randnr. 56, beide oben in Randnr. 87 angeführt).
89 So wurde bereits entschieden, dass die Vornahme einer möglichst erschöpfenden wissenschaftlichen Risikobewertung auf der Grundlage wissenschaftlicher Gutachten, die auf den Grundsätzen der höchsten Fachkompetenz, der Transparenz und der Unabhängigkeit beruhen, eine wichtige Verfahrensgarantie zur Gewährleistung der wissenschaftlichen Objektivität der Maßnahmen und zur Verhinderung des Erlasses willkürlicher Maßnahmen darstellt (vgl. Urteil Pfizer Animal Health/Rat, oben in Randnr. 68 angeführt, Randnr. 172).
2. Zum einzigen Klagegrund der Verletzung des Vorsorgeprinzips
90 Die Französische Republik macht einen einzigen Klagegrund geltend, mit dem sie rügt, dass die Kommission durch die Aufnahme von Nr. 2.3 Buchstabe b Ziffer iii, Nr. 2.3 Buchst. d und Nr. 4 des Kapitels A des Anhangs VII der Verordnung Nr. 999/2001 in die angefochtene Verordnung (im Folgenden: angefochtene Maßnahmen) das Vorsorgeprinzip verletzt habe.
91 Zur Stützung dieses Klagegrundes stellt die Französische Republik zum einen die Risikobewertung durch die Kommission in Frage und zieht zum anderen deren Risikomanagement in Zweifel.
3. Zur Risikobewertung
Einleitung
92 Zur Risikobewertung durch die Kommission macht die Französische Republik geltend, die Kommission habe erstens die wissenschaftlichen Unsicherheiten beim Risiko der Übertragung anderer TSE als BSE auf den Menschen nicht berücksichtigt, zweitens die Zuverlässigkeit der „Schnelltests“ nicht wissenschaftlich prüfen lassen, drittens bei der Zuverlässigkeit der Differenzierungstests die wissenschaftlichen Unsicherheiten außer Acht gelassen und viertens die mit dem Erlass der angefochtenen Maßnahmen verbundenen Risiken nicht zu gegebener Zeit prüfen lassen.
Zu den Rügen fehlender Berücksichtigung und fehlerhafter Bewertung wissenschaftlicher Unsicherheiten bei der Übertragbarkeit anderer TSE als BSE auf den Menschen
93 Die Französische Republik steht auf dem Standpunkt, dass die Kommission bei der Risikobewertung das Vorsorgeprinzip verkannt habe, weil sie die wissenschaftlichen Unsicherheiten bezüglich des Risikos der Übertragbarkeit anderer TSE als BSE auf den Menschen nicht berücksichtigt oder voreingenommen ausgelegt habe.
94 Die Kommission bekräftigt, dass in der Wissenschaftsgemeinschaft und bei internationalen Einrichtungen Einigkeit darüber herrsche, dass jeder Anhaltspunkt fehle, der die Übertragbarkeit der Scrapie auf den Menschen belegen könne. Es gebe keinerlei Beweis einer epidemiologischen oder molekularen Verbindung zwischen dem Erreger der Scrapie und den TSE, die den Menschen befielen. BSE sei die einzige TSE, die tierischen Ursprungs sei.
95 Das Vereinigte Königreich bringt im Kern vor, dass die Uneinigkeit der Französischen Republik mit der Einschätzung der Kommission bezüglich der Übertragbarkeit der TSE, die Schafe und Ziegen befielen, auf den Menschen nicht ausreichend sei, um einen Irrtum in dieser Hinsicht zu belegen, und dass die Kommission nicht zum Abwarten gezwungen werden könne, um in Erfahrung zu bringen, ob die betreffenden wissenschaftlichen Modelle in mehr oder weniger naher Zukunft nahezu perfekte Belegstücke oder Entsprechungen haben würden. Die Gutachten der EFSA hätten eine vollkommen ausreichende Grundlage für das Vorgehen der Kommission geschaffen.
96 Im vorliegenden Fall hat die Kommission in den Erwägungsgründen 10 bis 12 und 18 der angefochtenen Verordnung ihre Einschätzung des Risikos der Übertragbarkeit anderer TSE als BSE bei Schafen und Ziegen auf den Menschen zum Ausdruck gebracht. Insbesondere hat sie, gestützt auf das Gutachten der EFSA vom 24. Januar 2008, Folgendes ausgeführt:
„Den Klarstellungen der EFSA zufolge stellt die Vielfalt der Krankheitserreger bei Schafen und Ziegen ein wichtiges Element dar, das es unmöglich macht, eine Übertragbarkeit auf den Menschen auszuschließen, und die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass einer der TSE-Erreger übertragbar ist. Die EFSA erklärt jedoch, dass es keinen wissenschaftlichen Nachweis eines unmittelbaren Zusammenhangs zwischen anderen Formen von TSE als BSE bei Schafen und Ziegen einerseits und TSE beim Menschen andererseits gibt. Die Auffassung der EFSA, dass eine Übertragbarkeit von TSE-Erregern bei Schafen und Ziegen auf den Menschen nicht ausgeschlossen werden kann, stützt sich auf experimentelle Untersuchungen zur möglichen Überwindung der Barriere zum Menschen auf der Basis von Tiermodellen (Primaten und Mäuse). Diese Modelle berücksichtigen allerdings nicht die genetischen Eigenschaften des Menschen, die einen wesentlichen Einfluss auf die relative Empfänglichkeit für Prionenerkrankungen ausüben. Darüber hinaus gelten bei diesen Modellen auch Einschränkungen, was die Extrapolation von Ergebnissen auf natürliche Bedingungen anbelangt; zu nennen sind hier insbesondere die Unsicherheit darüber, wie gut sie die Barriere zum Menschen simulieren, und die Unsicherheit darüber, wie gut die durchgeführte experimentelle Beimpfung die Exposition unter natürlichen Bedingungen simuliert. Hieraus ist zu schließen, dass, wenngleich das Risiko einer Übertragbarkeit von TSE-Erregern bei Schafen und Ziegen auf den Menschen nicht ausgeschlossen werden kann, dieses Risiko doch äußerst gering wäre, wenn man berücksichtigt, dass die Nachweise einer Übertragbarkeit auf experimentellen Modellen basieren, die hinsichtlich der realen Barriere zum Menschen und der realen Infektionswege nicht die natürlichen Bedingungen abbilden.“ (vgl. den zwölften Erwägungsgrund der angefochtenen Verordnung).
97 Aus dem zwölften Erwägungsgrund der angefochtenen Verordnung ergibt sich somit, dass die Kommission ausdrücklich anerkannt hat, dass es angesichts der Vielfalt der Krankheitserreger und der Ergebnisse experimenteller Modelle unmöglich sei, jede Übertragbarkeit anderer TSE als BSE bei Schafen und Ziegen auf den Menschen auszuschließen. Somit bringt die Französische Republik zu Unrecht vor, die Kommission habe bei der Risikobewertung vor Erlass der angefochtenen Maßnahmen die wissenschaftlichen Unsicherheiten außer Acht gelassen, die bezüglich des Risikos der Übertragbarkeit dieser TSE auf den Menschen weiterhin bestünden.
98 Die Französische Republik bringt allerdings ebenfalls vor, die Kommission habe mit der Annahme, dass das Risiko der Übertragung einer anderen TSE als BSE bei Schafen und Ziegen auf den Menschen überaus gering sei, die ihr zur Verfügung stehenden wissenschaftlichen Gutachten in voreingenommener Weise ausgelegt.
99 Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass angesichts des weiten Ermessens der Kommission im Bereich der gemeinsamen Agrarpolitik und der komplexen Beurteilungen, die sie im Rahmen ihrer Risikobewertung vornehmen muss, die Kontrolle durch den Unionsrichter im vorliegenden Fall beschränkt ist. Sie besteht darin nachzuprüfen, ob der Kommission bei der Auswertung der ihr zur Verfügung stehenden wissenschaftlichen Gutachten kein offensichtlicher Irrtum unterlaufen ist. Ein solcher Irrtum setzt voraus, dass die von der Partei, die sich auf ihn beruft, beizubringenden Beweise ausreichen, um die Sachverhaltswürdigung in der angefochtenen Verordnung als nicht plausibel erscheinen zu lassen (vgl. Randnr. 86 des vorliegenden Urteils).
100 Im vorliegenden Fall hat die Kommission aus den Gutachten der EFSA vom 8. März 2007 und vom 24. Januar 2008 abgeleitet, dass das Risiko der Übertragbarkeit anderer TSE als BSE bei Schafen und Ziegen auf den Menschen äußerst gering sei.
101 Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass dem Gutachten der EFSA vom 8. März 2007 zu entnehmen ist und von den Parteien nicht bestritten wird, dass es keinen Nachweis für eine epidemiologische oder molekulare Verbindung zwischen der klassischen oder atypischen Scrapie einerseits und der TSE bei Menschen andererseits gibt.
102 Im Übrigen hat die EFSA in ihrem Gutachten vom 24. Januar 2008 deutlich gemacht, dass gleichwohl nicht ausgeschlossen werden könne, dass eine andere TSE als BSE bei Schafen und Ziegen auf den Menschen übertragen werden könne. Sie hat hierzu erläutert, dass das Fehlen eines Beweises für eine epidemiologische Verbindung nicht notwendig belege, dass eine Querverbindung zwischen den TSE bei Tieren und den TSE bei Menschen fehle, weil dieses Fehlen zum Teil auf fehlende Daten und Unkenntnis der Vielfalt der tierischen und menschlichen TSE zurückzuführen sei. Ihr zufolge konnte das angenommene Fehlen einer Verbindung zwischen den TSE bei Menschen und denen bei Tieren daher verfälscht sein durch erstens das Fehlen von Daten über die tatsächliche historische Prävalenz und die Verteilung der TSE bei kleinen Wiederkäuern, wenn allein eine passive Überwachung stattgefunden habe, zweitens die fehlende Kenntnis von der tatsächlichen Vielfalt der TSE bei kleinen Wiederkäuern im Hinblick auf die Erreger sowohl der klassischen als auch der atypischen Scrapie, drittens die fehlende Kenntnis der Vielfalt der TSE bei Menschen, die auf das Fehlen der Ermittlung dieser TSE auf molekularem oder biotischem Weg sowie die Zahl und das Spektrum neurodegenerativer Erkrankungen der Menschen zurückzuführen sei, und viertens den voraussichtlichen Phänotyp der Erkrankung, der sichtbar werden könnte, wenn eine TSE bei Tieren auf den Menschen übertragen würde (vgl. Gutachten der EFSA vom 24. Januar 2008, S. 4).
103 Außerdem ergibt sich aus den Gutachten der EFSA vom 8. März 2007 und vom 24. Januar 2008, dass experimentelle Versuche die Möglichkeit einer Übertragung von TSE bei Tieren auf den Menschen nicht ausschließen konnten.
104 Der EFSA zufolge haben In-vitro-Tests zur Übertragbarkeit gezeigt, dass die Eignung der BSE- und Scrapie-Erreger zur Ansteckung des Menschen nach einer gleichwertigen Exposition gering ist (vgl. Gutachten der EFSA vom 24. Januar 2008, S. 5). Im Übrigen hätten Labortests mit tierischen Modellen die Übertragbarkeit anderer TSE als BSE bei Schafen oder Ziegen bewiesen (vgl. Gutachten der EFSA vom 8. März 2007, S. 6, und vom 24. Januar 2008, S. 4). Sie hat insbesondere auf die orale Übertragung eines Erregers der klassischen Scrapie von einem Hamster auf einen Totenkopfaffen und die intrazerebrale Übertragung der klassischen Scrapie zweier verschiedener Schafsstämme auf einen Makaken und einen Marmosetten sowie auf die Übertragung eines Erregers einer anderen TSE als der klassischen BSE auf ein „Mäusemodell“ mit dem menschlichen Gen M129 PRP hingewiesen.
105 Die Kommission durfte jedoch, ohne einen offensichtlichen Beurteilungsfehler zu begehen, davon ausgehen, dass diese experimentellen Modelle unvollkommen waren. Die EFSA gab nämlich in ihrem Gutachten vom 24. Januar 2007 an, dass die besagten Modelle nicht erlaubten, die Vielgestaltigkeit des menschlichen Gens PRNP zu berücksichtigen. Dieses Gen spielt aber bei der Einschätzung der Empfänglichkeit für die TSE eine wichtige Rolle, und es lässt sich nicht ausschließen, dass andere Gene auf die Ermittlung der allgemeinen Empfänglichkeit für die TSE Einfluss haben. Außerdem hatte die EFSA in ihrem Gutachten vom 8. März 2007 die Auffassung vertreten, dass der Expositionsweg, die Dosis und die kumulierten Expositionen die Eignung der TSE-Erreger zur Überwindung der menschlichen Barriere beeinflussen könnten. Der Einfluss dieser Faktoren auf die Repräsentativität der experimentellen Modelle ist aber in den Gutachten der EFSA nicht ausdrücklich behandelt.
106 So ergibt sich aus den Gutachten der EFSA, dass die wissenschaftlichen Erkenntnisse bezüglich der Übertragbarkeit anderer TSE als BSE bei Tieren beschränkt waren, da die einzigen Anhaltspunkte, die es erlaubt hätten, die Fähigkeit von Erregern anderer TSE als BSE zur Ansteckung von Menschen zu bestätigen, zum Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Maßnahmen experimentelle Modelle waren. Diese Modelle stellten indessen die Barriere des Menschen und dessen Exposition unter natürlichen Bedingungen für andere TSE bei Tieren als BSE nicht verlässlich dar. Diese Mängel der Repräsentativität der experimentellen Modelle schränkten spürbar deren Eignung ein, eine mögliche Gefährdung der menschlichen Gesundheit durch eine andere TSE als BSE bei Tieren nachzuweisen. Die Interaktion zwischen einer TSE bei Tieren und der Barriere des Menschen einerseits und die Expositionswege des Menschen bei anderen TSE als BSE bei Tieren andererseits stellen nämlich wichtige Gesichtspunkte bei der Einschätzung des Risikos der Übertragung von anderen TSE als BSE bei Tieren auf den Menschen dar.
107 Ferner hat zwar der SEAC in seiner Erklärung vom Februar 2008 zu dem potenziellen Risiko der Änderungen bei der Überwachung der klassischen Scrapie für den Menschen bestätigt, dass eine Verbindung zwischen der klassischen Scrapie und den TSE bei Menschen nicht ausgeschlossen werden könne, doch hat er die Auffassung vertreten, dass dieses Risiko sehr gering sein sollte. Die sehr schwache und verhältnismäßig konstante Häufigkeit der Fälle von TSE bei Menschen weltweit belege, dass es eine zumindest spürbare, wenn auch nicht vollständige Barriere gegen eine Übertragung der klassischen Scrapie auf den Menschen geben müsse.
108 Angesichts der Beschränktheit und geringen Repräsentativität der wissenschaftlichen Anhaltspunkte, die zum Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Maßnahmen den Nachweis gestattet hätten, dass eine andere TSE als BSE bei Schafen und Ziegen auf den Menschen übertragbar war, durfte die Kommission ohne offensichtlichen Beurteilungsfehler davon ausgehen, dass der Grad der Wahrscheinlichkeit, dass eine andere TSE als BSE bei Schafen oder Ziegen auf den Menschen übertragen werden könne, äußerst gering sei. Daher weist die Feststellung im zwölften Erwägungsgrund der angefochtenen Verordnung, dass das Risiko der Übertragung einer solchen TSE auf den Menschen äußerst gering sei, keinen offensichtlichen Beurteilungsfehler auf.
109 Die Französische Republik hat weder ein Argument noch ein Beweismittel angeführt, das geeignet wäre, der Einschätzung der Kommission, dass das Risiko der Übertragung einer anderen TSE als BSE bei Tieren auf den Menschen äußerst gering sei, die Plausibilität zu nehmen. Was insbesondere ihre Ansicht betrifft, die Grenzen der experimentellen Modelle für Scrapie seien die gleichen wie bei den für BSE verwandten Modellen, so hat sie in der mündlichen Verhandlung darauf verwiesen, dass die letztgenannten Modelle allein nicht ausgereicht hätten, um eine Übertragbarkeit von BSE auf den Menschen aufzudecken. Ohne die molekularen und epidemiologischen Daten der BSE hätte diese Übertragbarkeit folglich nicht nachgewiesen werden können. Selbst wenn also die für die Bewertung des Risikos der Übertragbarkeit von anderen TSE als BSE bei Tieren auf den Menschen eingesetzten experimentellen Modelle dieselben wären wie die bei der Einschätzung des Risikos der Übertragbarkeit von BSE auf den Menschen verwendeten Modelle, hätte dies nicht ausgereicht, um die Größe des Risikos einzustufen. Außerdem belegt die Identität der experimentellen Modelle, wie die Französische Republik ausgeführt hat, keinesfalls, dass das Risiko gering war. Demgegenüber kann es auf der Grundlage des Kenntnisstands zum Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Maßnahmen als Anhaltspunkt für die geringe Wahrscheinlichkeit einer Übertragbarkeit anderer TSE als BSE bei Tieren auf den Menschen angesehen werden, dass im vorliegenden Fall lediglich die experimentellen Modelle nahelegen, dass eine Übertragbarkeit anderer TSE als BSE bei Tieren auf den Menschen nicht ausgeschlossen werden kann.
Zur Rüge der fehlenden Befragung wissenschaftlicher Experten zur Zuverlässigkeit der „Schnelltests“
Einleitende Erwägungen
110 Die Französische Republik ist der Auffassung, dass die Kommission, weil sie die EFSA nicht zur Zuverlässigkeit der „Schnelltests“ befragt habe, gegen das Vorsorgeprinzip verstoßen habe. Die Kommission und das Vereinigte Königreich sind im Kern der Meinung, dass die Kommission dank der Gutachten der EFSA vom 17. Mai und vom 26. September 2005 ausreichend über die Zuverlässigkeit der „Schnelltests“ informiert gewesen sei.
111 Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die „Schnelltests“ bezwecken, das Vorliegen einer TSE, aber nicht deren Typ, also BSE, klassische Scrapie oder atypische Scrapie, bei kleinen Wiederkäuern auf der Grundlage von Gewebeproben toter Tiere nachzuweisen.
112 Sodann ist festzuhalten, dass nach der Verordnung Nr. 999/2001 Verhütung, Kontrolle und Tilgung der TSE insbesondere im Rahmen eines jährlichen Überwachungsprogramms für BSE und Scrapie erfolgen, zu dem ein Screening-Verfahren unter Anwendung der „Schnelltests“ gehört. Die besagte Überwachung bedeutet nämlich, dass eine für jedes Gebiet und jede Jahreszeit repräsentative Stichprobe toter Tiere diesen Tests unterworfen wird (vgl. Anhang I der Verordnung Nr. 270/2002). Diese Tests werden nach ihrer Zulassung in Anhang X der Verordnung Nr. 999/2001 aufgenommen (vgl. Art. 6 der Verordnung Nr. 999/2001).
113 Die Gutachten der EFSA vom 17. Mai und vom 26. September 2005 sollen die Leistungsfähigkeit von neun „Schnelltests“ post mortem an Geweben von Schafen und Ziegen unter Berücksichtigung der Meinung der AFSSA bewerten und Empfehlungen zur Zulassung dieser Tests geben.
114 Die EFSA hat in ihren Gutachten vom 17. Mai und vom 26. September 2005 insbesondere die verschiedenen „Schnelltests“ im Hinblick auf ihre „diagnostische Empfindlichkeit“ (d. h. der Tauglichkeit zur korrekten Feststellung bei infizierten Geweben positiver Proben), ihre „diagnostische Spezifizität“ (d. h. der Tauglichkeit zur korrekten Feststellung nicht infizierter Gewebe) und ihre „analytische Empfindlichkeit“ (d. h. der Tauglichkeit zur Feststellung einer schwachen Konzentration von Prion in einer Reihe von Lösungen) überprüft. Acht von neun der betreffenden „Schnelltests“ haben bei ihrer Anwendung auf Gewebe des Hirnstamms, auch „Obex“ genannt, ein befriedigendes Ergebnis gezeigt. Sie haben ein Ergebnis zwischen 99,6 % und 100 % bei der „diagnostischen Empfindlichkeit“ und der „diagnostischen Spezifizität“ erzielt. Die EFSA hat daher diese acht Tests für die Bewertung der Prävalenz der klassischen Scrapie und der BSE bei Schafen aufgrund von Proben des Hirnstamms empfohlen. Schließlich hat sie auf der Grundlage beschränkter wissenschaftlicher Erkenntnisse vorgeschlagen, Ziegen bei den „Schnelltests“ in gleicher Weise wie Schafe zu behandeln.
115 Im Anschluss an diese Gutachten sind die acht empfohlenen „Schnelltests“ in Kapitel C Nr. 4 des Anhangs X der Verordnung Nr. 999/2001 aufgenommen worden.
Zum Einsatz der „Schnelltests“ zu anderen als epidemiologischen Zwecken
116 Die Französische Republik wirft der Kommission im Wesentlichen vor, sie sei davon ausgegangen, dass die Einschätzung der Zuverlässigkeit der „Schnelltests“ in den Gutachten der EFSA vom 17. Mai und vom 26. September 2005, die im Kontext epidemiologischer Überwachungsmaßnahmen der TSE bei kleinen Wiederkäuern durchgeführt worden seien, auch im Kontext der angefochtenen Maßnahmen, die die Freigabe des Fleischs kleiner Wiederkäuer zum menschlichen Verzehr für den Fall eines negativen Ergebnisses dieser Tests zugelassen hätten, Geltung beanspruchten. In der mündlichen Verhandlung hat sie hinzugefügt, dass die Anforderungen an die Zuverlässigkeit eines Tests, um den Befall mit einer Krankheit in Schaf- und Ziegenherden festzustellen, nicht die gleichen sein könnten wie bei den Tests, die die Freigabe von Schaf- oder Ziegenfleisch für den menschlichen Verzehr bezweckten.
117 Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass die EFSA in ihrem Gutachten vom 7. Juni 2007 die Auffassung vertreten hatte, dass der einzige Zweck des Programms der „Schnelltests“ zwar seinerzeit eine epidemiologische Überwachung gewesen sei, es aber doch möglich gewesen wäre, an andere Einsatzmöglichkeiten für diese Tests in der Zukunft wie etwa die Bestätigung zu denken, dass Herden nicht von TSE befallen seien. Somit ist die EFSA ausdrücklich davon ausgegangen, dass die „Schnelltests“ in anderen Zusammenhängen als dem der Überwachung Verwendung finden könnten. Außerdem konnte die Kommission, wenn die „Schnelltests“, wie von der EFSA angegeben, auch hätten verwendet werden können, um zu bestätigen, dass eine Herde kleiner Wiederkäuer nicht von einer TSE befallen ist, ohne offensichtlichen Beurteilungsfehler daraus ableiten, dass diese Bestätigung auch für das zum menschlichen Verzehr bestimmte Fleisch aus dieser Herde gelten kann.
118 Außerdem setzt eine wirksame epidemiologische Überwachung der TSE bei Tieren voraus, dass Fälle von TSE-Befall korrekt festgestellt werden können. Die Wirksamkeit dieser Überwachung hängt insbesondere von der Zuverlässigkeit der „Schnelltests“ ab.
119 In ihren Gutachten vom 17. Mai und vom 26. September 2005 hat die EFSA aber für jeden der von ihr empfohlenen „Schnelltests“ die Auffassung vertreten, dass mit diesen hinsichtlich der „diagnostischen Empfindlichkeit“ und der „diagnostischen Spezifizität“ bei ihrer Anwendung auf Gewebe des Hirnstamms klinisch bestätigter Fälle des Befalls mit klassischer Scrapie ein befriedigendes Ergebnis zu erzielen sei. Diese Ergebnisse lagen zwischen 99,6 % und 100 %. Außerdem erlaubten der EFSA zufolge alle empfohlenen „Schnelltests“ die Feststellung des Vorliegens von Prion in drei Proben der BSE bei Schafen, die zuvor experimentell infiziert worden waren.
120 Angesichts der Natur und der Ergebnisse der Bewertungen der „Schnelltests“, wie sie in den Gutachten der EFSA vom 17. Mai und vom 26. September 2005 wiedergegeben sind, durfte somit die Kommission, ohne einen offensichtlichen Beurteilungsfehler zu begehen, davon ausgehen, dass die „Schnelltests“ an Proben des Hirnstamms die Anforderungen an die Zuverlässigkeit bei Kontrollen für die Freigabe von Fleisch kleiner Wiederkäuer zum menschlichen Verzehr erfüllten. Im Übrigen hat die Französische Republik nichts vorgetragen, was die Annahme zulassen könnte, dass die besagten Einschätzungen der EFSA nicht hinreichend den Anforderungen entsprochen hätten, wie sie bei Tests zur Kontrolle von zum menschlichen Verzehr bestimmtem Fleisch von Schafen oder Ziegen zu fordern sind.
121 Ohnehin rechtfertigten es die Bewertungen der Zuverlässigkeit der „Schnelltests“ in den Gutachten der EFSA vom 17. Mai und vom 26. September 2005 bei negativem Ergebnis bereits, das Fleisch von Schafen und Ziegen für den menschlichen Verzehr freizugeben. Schon vor Erlass der angefochtenen Maßnahmen erlaubte nämlich ein negatives Ergebnis von „Schnelltests“, die für die epidemiologische Überwachung durchgeführt worden waren, die Freigabe des Fleischs des betreffenden Tieres für den menschlichen Verzehr (vgl. Anhang III, Kapitel A, Teil II der Verordnung Nr. 999/2001 in der vor Erlass der Verordnung Nr. 727/2007 geltenden Fassung). Die Französische Republik bestreitet aber nicht die Zuverlässigkeit der „Schnelltests“ bei ihrem Einsatz zu epidemiologischen Zwecken, obwohl von ihrem Grad an Zuverlässigkeit auch die Freigabe des Fleischs von einer TSE befallener Tiere für den menschlichen Verzehr abhängig ist.
122 Die Kommission durfte daher, ohne einen offensichtlichen Beurteilungsfehler zu begehen, davon ausgehen, dass die Bewertung der Zuverlässigkeit der „Schnelltests“ in den Gutachten der EFSA vom 17. Mai und vom 26. September 2005 für die Verwendung dieser Tests im Kontext der Kontrolle für die Freigabe von Schaf- oder Ziegenfleisch für den menschlichen Verzehr gültig war. Die Rüge der Französischen Republik, es sei erforderlich gewesen, die EFSA speziell zur Zuverlässigkeit der „Schnelltests“ im Kontext der Kontrolle zur Freigabe des Fleischs von Schafen oder Ziegen für den menschlichen Verzehr zu befragen, ist daher zurückzuweisen.
Zum Fehlen von Angaben in den Gutachten der EFSA vom 17. Mai und vom 26. September 2005 zur Zuverlässigkeit der „Schnelltests“, wenn kleine Wiederkäuer noch keine ausreichende Akkumulierung von Prionen im Hirnstamm aufweisen
123 Die Französische Republik ist im Wesentlichen der Meinung, dass die Kommission die angefochtenen Maßnahmen nicht in voller Kenntnis der Sachlage erlassen habe, weil sie keine wissenschaftliche Bewertung der Leistungsfähigkeit der „Schnelltests“ zur Verfügung gehabt habe, die berücksichtigt hätte, dass sich in einem frühen Stadium der klassischen Scrapie die Prionen in Randgeweben sammelten, bevor die Akkumulation im Obex stattfinde. Die Gutachten der EFSA vom 17. Mai und vom 26. September 2005 enthielten keine Angabe zur Zuverlässigkeit der „Schnelltests“ bei der Ermittlung befallener kleiner Wiederkäuer, wenn diese noch keine ausreichende Akkumulation des Prions im Hirnstamm aufwiesen. Dem Gutachten der AFSSA vom 13. Juni 2007 lasse sich aber entnehmen, dass diese Beschränkung der „Schnelltests“ dazu führe, dass die Hälfte der von einer TSE befallenen Tiere nicht erkannt werde.
124 Hierzu ist festzustellen, dass die EFSA in ihren Gutachten vom 27. Mai und vom 26. September 2005 die einzelnen „Schnelltests“, insbesondere im Hinblick auf ihre „diagnostische Empfindlichkeit“ und ihre „diagnostische Spezifizität“, auf der Grundlage positiver Gewebeproben des Hirnstamms, der Lymphknoten im Dünndarm, der Milz und des Kleinhirns von Tieren im Alter von 16 Monaten bis sechs Jahren bewertet hat. Im Anschluss daran hat die EFSA acht der neun bewerteten Tests für die Beurteilung des Befalls von Schafen mit der klassischen Scrapie und der BSE aufgrund von Proben aus dem Hirnstamm empfohlen. Ferner hat sie einen Test auf TSE aufgrund von Proben der besagten Lymphknoten und der Milz vorgeschlagen.
125 Im Übrigen hat die AFSSA in ihrem Gutachten vom 15. Mai 2006 die Auffassung vertreten, dass „die Schnelltests, wie sie heute durchgeführt werden, die mit einem TSE-Stamm angesteckten Tiere während eines großen Teils der Inkubationsphase nicht ermitteln [können], weil sie ausschließlich an Proben des Gewebes aus dem zentralen Nervensystem durchgeführt werden, obwohl bestimmte Gewebe (insbesondere Lymphorgane) viel früher große Mengen des Erregers aufweisen können“.
126 In ihrem Gutachten vom 15. Januar 2007, das der Kommission am 17. Januar 2007 übermittelt wurde, hat die AFSSA ihre vorstehend in Randnr. 125 wiedergegebene Einschätzung aus ihrem Gutachten vom 15. Mai 2006 wiederholt.
127 In ihrem Gutachten vom 13. Juni 2007 hat die AFSSA sich zu den Folgen der Beschränkungen der „Schnelltests“ am Obex kleiner Wiederkäuer geäußert. Sie hat die Auffassung vertreten, dass „anhand der in Frankreich [seit der aktiven Überwachung der Schafe im Jahr 2006] zusammengetragenen Daten nachgewiesen [wurde], dass die Tests am Obex nur ungefähr 50 % der angesteckten Tiere aus den befallenen Herden erkannten, während die übrigen 50 % auf angesteckte Tiere entfielen, die in ihren Lymphorganen Erreger aufwiesen“.
128 In ihrem Gutachten vom 5. Dezember 2007 hat die AFSSA hinzugefügt, dass die „diagnostische Empfindlichkeit“ der Tests am Obex aufgrund der genetischen Strukturen der befallenen Herden, der Prionenstämme und der Art der Entwicklung der Ansteckung unterschiedlich ausfallen könnten. Sie hat jedoch die Auffassung vertreten, dass zwar der geschätzte Wert von 50 % lediglich eine Größenordnung darstelle, als Wert jedoch vollkommen repräsentativ bleibe.
129 Die EFSA hat in ihrem Gutachten vom 25. Januar 2007 außerdem angegeben:
„Bei den Schafen VRQ/VRQ, die unter natürlichen Bedingungen mit der klassischen Scrapie angesteckt wurden, können die PrPsc in den Peyer-Plaques (PP) des Ileum ab dem 21. Tag nach der Geburt gefunden werden, und in anderen PP des Verdauungstrakts und den Tonsillen des Lamms ab einem Alter von 60 Tagen. Unter ähnlichen Bedingungen können die PrPsc im inneren Nervensystem ab einem Alter von sieben Monaten, nahezu drei Monate vor dem ersten Auftreten im Obex, gefunden werden. … Folglich ist während der Überwachung das Screening der PrPsc innerhalb des Obex im Wege von „Schnelltests“ ein schwacher Indikator für das Fehlen einer Ansteckung durch eine TSE im Verdauungsapparat des Lamms.“
130 Schließlich hat die EFSA in ihrem Gutachten vom 5. Juni 2008 die Auffassung vertreten, dass die Ansteckung kleiner Wiederkäuer mit TSE im Allgemeinen bei ihrer Geburt oder wenig später erfolge. Plazenta, Mutter- und Fötusgewebe gälten als Infektionsherd. Sie gab weiter an, dass unter natürlichen Bedingungen die ersten Anzeichen für eine Ansteckung mit Scrapie im Ernährungstrakt und den damit verbundenen Lymphstrukturen während der ersten Lebensmonate aufträten, dass Prionen später in den meisten sekundären Lymphbildungen und im gesamten inneren Nervensystem gefunden werden könnten und dass Prionen ab mehr oder weniger der Mitte der Inkubationszeit im zentralen Nervensystem gefunden würden. Sie leitete daraus ab, dass das Screening von Prionen im Obex mit Hilfe von „Schnelltests“ ein schwacher Indikator für das Fehlen von Infektionen durch Erreger einer TSE in peripheren Geweben kleiner Wiederkäuer sei.
131 Somit betreffen die Empfehlungen von „Schnelltests“ in den Gutachten der EFSA vom 17. Mai und vom 26. September 2005 deren Zuverlässigkeit nur dann, wenn sie an bestimmten Geweben, darunter den Geweben des Obex, vorgenommen werden. Diese Empfehlungen berücksichtigen indessen nicht die Ausbreitung der TSE innerhalb der verschiedenen Gewebe des Tieres während der Inkubationszeit und insbesondere nicht, dass die TSE sich im Allgemeinen zunächst in den Lymphgeweben ausbreiten, bevor sie sich im Obex verbreiten.
132 Gleichwohl kann die Französische Republik der Kommission nicht vorwerfen, die betreffenden Maßnahmen ohne Kenntnis der Beschränkungen getroffen zu haben, die wissenschaftliche Experten in Bezug auf die „Schnelltests“ geäußert hatten, wenn sie am Obex junger Tiere durchgeführt werden. Diese Beschränkungen sind nämlich in den Gutachten der AFSSA vom 15. Januar, 13. Juni und 5. Dezember 2007 angesprochen worden. Diese Gutachten wurden aber, wie sich aus Randnr. 126 des vorliegenden Urteils für das Gutachten vom 15. Januar 2007 und aus der Antwort der Französischen Republik auf eine schriftliche Frage des Gerichts ergibt, der Kommission vor Erlass der angefochtenen Maßnahmen übermittelt. Außerdem wurden die Gutachten der EFSA vom 25. Januar 2007 und vom 5. Juni 2008, in denen diese dargelegt hat, dass das Screening von Prionen im Obex mit Hilfe von „Schnelltests“ ein schwacher Indikator für das Fehlen von Infektionen durch einen TSE-Erreger in peripheren Geweben kleiner Wiederkäuer sei, vor dem Erlass der angefochtenen Verordnung durch die Kommission beschlossen.
133 Dass die Kommission vor Erlass der angefochtenen Verordnung Kenntnis von den besagten Beschränkungen der „Schnelltests“ hatte, greift allerdings nicht der Beantwortung der Frage vor, ob die Kommission bei der Bewertung der Risiken, die der Erlass der angefochtenen Maßnahmen herbeiführen würde, die angebrachten Schlüsse aus diesen Beschränkungen gezogen hat. Die Französische Republik wirft nämlich der Kommission ebenfalls vor, nicht die angebrachten Konsequenzen aus diesen Beschränkungen gezogen zu haben. Diese Rüge überschneidet sich allerdings mit der Beanstandung des Fehlens der Bewertung der Risikoerhöhung und des Risikomanagements, die nachstehend in den Randnrn. 174 bis 202 und in Abschnitt 4 („Zum Risikomanagement“) zu prüfen sein werden.
134 Wenn schließlich die Französische Republik geltend macht, die EFSA habe in ihrem Gutachten vom 7. Juni 2007 eine Neubewertung der „Schnelltests“ empfohlen, ist darauf hinzuweisen, dass dieses Gutachten auf das Ersuchen der Kommission hin erstellt worden ist, eine Aktualisierung der bestehenden Bewertungsprotokolle für „Schnelltests“ bei TSE vorzunehmen, um Mitte des Jahres 2007 eine Aufforderung zu Bewerbungen für „Schnelltests“ im Zusammenhang mit der Überwachung der TSE veröffentlichen zu können. In diesem Gutachten heißt es, dass das Gremium für biologische Gefahren (Biohaz) empfohlen habe, die bereits gebilligten „Schnelltests“ einer Neubewertung zu unterziehen, um ihre Robustheit und ihre Fähigkeit zu bestätigen, den neuen Leistungsanforderungen gerecht zu werden (beispielsweise bei atypischen Fällen und bezüglich der „analytischen Empfindlichkeit“). Diese Empfehlung wird zum einen darauf gestützt, dass bei den Bewertungsverfahren für frühere Tests Unterschiede zwischen den Tests hinsichtlich der „analytischen Empfindlichkeit“ aufgefallen waren, deren Bedeutung im Hinblick auf die „diagnostische Empfindlichkeit“ und die biologische Aussagekraft zum Zeitpunkt der Bewertung wissenschaftlich nicht beurteilt werden konnte, und zum anderen darauf, dass im Anschluss an Überwachungsprogramme unter Einsatz validierter Tests ein neuer Typ von TSE, nämlich die atypische Scrapie/NOR 98, bei kleinen Wiederkäuern in Europa entdeckt worden war und die zugelassenen „Schnelltests“ bei diesen atypischen Fällen keine gleichwertige Leistungsfähigkeit aufwiesen, was zu einer Nichterkennung verschiedener Typen von Scrapie hätte führen können.
135 Somit hat die EFSA entgegen dem Vorbringen der Französischen Republik in ihrem Schriftsatz vom 7. Juni 2007 keine Neubewertung der „Schnelltests“ wegen ihrer Ungeeignetheit empfohlen, eine klassische Scrapie bei jungen Tieren zu entdecken. Außerdem hat die EFSA in diesem Gutachten die Auffassung vertreten, dass trotz der variablen Verteilung der Prionen im Organismus die Vornahme von Tests am Obex der beste Kompromiss für die Aufspürung sämtlicher Erreger der TSE bei Schafen sei.
136 Nach alledem sind somit die Rügen der Französischen Republik zurückzuweisen, dass die Kommission zum einen vor Erlass der angefochtenen Maßnahmen keine Kenntnis von den Begrenzungen der „Schnelltests“ gehabt habe, wenn diese an jungen Tieren vorgenommen würden, und zum anderen der Kommission beim Erlass der angefochtenen Maßnahmen ein offensichtlicher Beurteilungsfehler unterlaufen sei, obwohl die EFSA eine Neubewertung dieser Tests wegen deren Begrenzungen empfohlen habe.
Zu den Rügen bezüglich der Differenzierungstests
Einleitung
137 Die Französische Republik macht geltend, die Kommission habe die wissenschaftlichen Unsicherheiten außer Acht gelassen, die in Bezug auf die Zuverlässigkeit der Differenzierungstests weiterhin bestünden. Die angefochtenen Maßnahmen seien von der Kommission erarbeitet worden, bevor die EFSA befasst worden sei, und die Kommission habe im Anschluss an das Gutachten der EFSA vom 24. Januar 2008 die Begründetheit dieser Maßnahmen nicht erneut geprüft. Außerdem habe die Kommission im 15. Erwägungsgrund der angefochtenen Verordnung das Gutachten der EFSA vom 24. Januar 2008 in voreingenommener Weise verwendet. Die Kommission habe die Zweifel infolge des fehlenden Verständnisses für die tatsächliche Vielfalt der TSE-Erreger heruntergespielt, indem sie sich auf das Fehlen wissenschaftlicher Daten, die die Möglichkeit einer Koinfektion unter natürlichen Bedingungen belegen könnten, sowie auf die Geringfügigkeit der Prävalenz von BSE bei kleinen Wiederkäuern berufen habe. Damit lasse die Kommission die erheblichen wissenschaftlichen Unsicherheiten, die die EFSA angeführt habe, beiseite und verfälsche die Ergebnisse ihres Gutachtens.
138 Die Kommission und das Vereinigte Königreich treten dem Vorbringen entgegen, dass die Kommission das Gutachten der EFSA vom 24. Januar 2008 nicht umfassend berücksichtigt habe.
139 Vorab ist daran zu erinnern, dass als Differenzierungstests Tests bezeichnet werden, die die Ermittlung des Typs der betreffenden TSE, etwa einer BSE, einer klassischen oder einer atypischen Scrapie, ermöglichen. Ihre Anwendung setzt daher die vorherige Feststellung eines Falls von TSE voraus, die insbesondere anhand von „Schnelltests“ erfolgen kann.
140 Bis 2005 waren die einzigen zugelassenen Differenzierungstests sogenannte „biologische“ oder „in vivo“-Differenzierungstests. Sie bestanden in der Einpflanzung von TSE-infiziertem Gewebe in das Hirn einer lebenden Maus, um so die exakte Natur der betreffenden TSE zu bestimmen, also BSE, klassische oder atypische Scrapie. Nach dem Tod der Maus wurde ihr Hirn mikroskopisch untersucht, und die Ergebnisse dieser Untersuchung ermöglichten nach mehreren Jahren die Feststellung der genauen Natur der TSE.
141 Ab 2002 wurden molekulare Differenzierungstests, auch „biochemische“ oder „in vitro“-Differenzierungstests genannt, entwickelt. Die Verwendung dieser Tests im Kontext der Verordnung Nr. 999/2001 wurde nach Erlass der Verordnung Nr. 36/2005 zugelassen.
142 Schließlich ist klarzustellen, dass der Begriff „Koinfektion“ im Zusammenhang der vorliegenden Rechtssache die Möglichkeit umschreibt, dass ein kleiner Wiederkäuer nebeneinander mit BSE und mit einer anderen TSE als BSE infiziert wird.
Zur Rüge fehlender Berücksichtigung wissenschaftlicher Unsicherheiten bei der Zuverlässigkeit der Differenzierungstests
143 Die Französische Republik wirft der Kommission vor, die wissenschaftlichen Unsicherheiten, die in Bezug auf die Zuverlässigkeit der Differenzierungstests weiterhin bestünden, nicht beachtet zu haben.
144 Hierzu ist festzustellen, dass die Kommission sich im sechsten Erwägungsgrund der angefochtenen Verordnung auf das Gutachten der EFSA vom 8. März 2007 beruft, wonach es beim gegenwärtigen wissenschaftlichen Kenntnisstand nicht möglich sei, sich auf die Prämisse zu stützen, dass die „diagnostische Empfindlichkeit“ und die „diagnostische Spezifizität“ der Differenzierungstests vollkommen seien. Außerdem hat die Kommission im 13. Erwägungsgrund der angefochtenen Verordnung erklärt, dass die EFSA in ihrem Gutachten vom 24. Januar 2008 bestätigt habe, dass die Differenzierungstests nicht als perfekt gelten könnten, da es derzeit an Wissen über die tatsächliche Vielfalt der TSE-Erreger bei Schafen und Ziegen sowie über die Interaktion der Erreger im Fall einer Koinfektion mangele. Ferner hat die Kommission im 14. Erwägungsgrund der angefochtenen Verordnung das Fehlen ausreichender statistischer Daten zur Bewertung der Empfindlichkeit oder Spezifizität der Differenzierungstests unterstrichen und erklärt, dass das Fehlen dieser Daten nicht durch das angewandte Verfahren ausgeglichen werden könne, das u. a. einen Ringversuch mit zusätzlichen molekularen Testmethoden in verschiedenen Labors und eine Bewertung durch ein Sachverständigengremium umfasse. Schließlich hat die Kommission im 15. Erwägungsgrund dieser Verordnung darauf hingewiesen, dass die Differenzierungstests, wenngleich sie nicht als perfekt erachtet werden könnten, als geeignetes Instrument für die Tilgung von TSE gelten könnten.
145 Daher ist die Rüge der Französischen Republik zurückzuweisen, die Kommission habe beim Erlass der angefochtenen Maßnahmen die in Bezug auf die Zuverlässigkeit der Differenzierungstests weiterhin bestehenden wissenschaftlichen Unsicherheiten nicht beachtet.
146 Die Französische Republik wirft der Kommission ebenfalls vor, sie habe die angefochtenen Maßnahmen ausgearbeitet, ohne zuvor die EFSA befragt zu haben. Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass, wenn ein Organ der Union sich entschließt, Maßnahmen unter Beachtung des Vorsorgeprinzips zu treffen, diese unter voller Berücksichtigung der besten verfügbaren wissenschaftlichen Daten getroffen und auf die neuesten internationalen Forschungsergebnisse gestützt werden müssen (vgl. Randnr. 74 des vorliegenden Urteils). Die Beachtung dieser Pflicht ist jedoch unabhängig von der Frage zu beurteilen, ob die Maßnahmen vor Erstellung eines Gutachtens durch eine besondere wissenschaftliche Einrichtung ausgearbeitet wurden. Die Ausarbeitung der angefochtenen Maßnahmen stellt nämlich einen vorbereitenden und internen Schritt innerhalb des Entscheidungsverfahrens dar, in dessen Verlauf die Kommission angesichts neuer wissenschaftlicher Daten ihren Standpunkt noch ändern kann, während der Erlass der angefochtenen Maßnahmen den Standpunkt der Kommission endgültig festlegt. Folglich ist die Rüge, mit der die Ausarbeitung der angefochtenen Maßnahmen vor der Befassung der EFSA beanstandet wird, gegenstandslos.
147 Soweit die Französische Republik der Kommission vorwirft, die angefochtenen Maßnahmen im Anschluss an das Gutachten der EFSA vom 24. Januar 2008 nicht überprüft zu haben, muss festgestellt werden, dass die Kommission sich in den Erwägungsgründen der angefochtenen Verordnung ausdrücklich auf dieses Gutachten bezogen und die Französische Republik nicht belegt hat, dass keine solche Überprüfung stattgefunden hat.
148 Schließlich muss, soweit die Französische Republik vorbringt, die wissenschaftlichen Unsicherheiten in Bezug auf die in den wissenschaftlichen Gutachten anerkannte Zuverlässigkeit der Differenzierungstests führten zu einem gesellschaftlich untragbaren Risiko, wenn diese Tests in dem durch die angefochtenen Maßnahmen geschaffenen System eingesetzt würden, darauf hingewiesen werden, dass diese Rüge die Rügen der voreingenommenen Benutzung des genannten Gutachtens und des schlechten Risikomanagements aufgreift, die nachstehend in den Randnrn. 157 bis 171 und in Abschnitt 4 („Zum Risikomanagement“) zu prüfen sein werden.
Zur Rüge der voreingenommenen Verwendung des Gutachtens der EFSA vom 24. Januar 2008
– Einleitung
149 Die Französische Republik wirft der Kommission vor, sie habe die Zweifel der wissenschaftlichen Experten hinsichtlich der Zuverlässigkeit der Differenzierungstests infolge des fehlenden Verständnisses der tatsächlichen Vielfalt der TSE-Erreger und die Interaktionsweise der Erreger im Fall einer Koinfektion heruntergespielt, indem sie sich auf das Fehlen wissenschaftlicher Daten, die die Möglichkeit einer Koinfektion unter natürlichen Bedingungen belegen könnten, sowie auf die Geringfügigkeit der Prävalenz von BSE berufen habe.
150 Hier ist der Hinweis angebracht, dass die Kommission in der angefochtenen Verordnung die Unvollkommenheit der Differenzierungstests wegen des fehlenden Verständnisses der tatsächlichen Vielfalt der TSE-Erreger nicht in Zweifel gezogen hat. Sie ist vielmehr davon ausgegangen, dass die Zahl der BSE-Fälle, die bei Differenzierungstests wegen einer möglichen Koinfektion nicht entdeckt worden seien, wegen des Fehlens wissenschaftlicher Daten, die die Möglichkeit einer Koinfektion unter natürlichen Bedingungen belegten, und der sehr geringen Prävalenz von BSE bei kleinen Wiederkäuern äußerst gering sei.
151 In den Erwägungsgründen 15 und 16 der angefochtenen Verordnung hat die Kommission nämlich Folgendes ausgeführt:
„Die EFSA hat eingeräumt, dass [Differenzierungstests] gemäß der Verordnung … Nr. 999/2001 nützliche Hilfsmittel sind, weil sie die schnelle und reproduzierbare Identifizierung von TSE-Fällen ermöglichen, deren Signatur mit dem Erreger der klassischen BSE kompatibel ist. Da es keinen wissenschaftlichen Nachweis einer Koinfektion von BSE-Erregern und anderen TSE-Erregern bei Schafen und Ziegen unter natürlichen Bedingungen gibt und da die Prävalenz von BSE bei Schafen – sofern bei dieser Tierart überhaupt vorhanden – oder Ziegen sehr niedrig ist, was die Möglichkeit einer Koinfektion noch weiter reduzieren würde, wäre die Anzahl der nicht festgestellten BSE-Fälle bei Schafen und Ziegen äußerst niedrig. Daher können die [Differenzierungstests], wenngleich sie nicht als perfekt erachtet werden können, als geeignetes Instrument zur Erreichung der mit der Verordnung … Nr. 999/2001 verfolgten Ziele im Hinblick auf die Tilgung von TSE gelten.
… In ihrem Gutachten vom 25. Januar 2007 … nahm die EFSA eine Schätzung der wahrscheinlichen Prävalenz von BSE bei Schafen vor. Die Behörde gelangte zu dem Schluss, dass es in Ländern mit hohem Risiko weniger als 0,3-0,5 Fälle von BSE pro 10 000 gesund geschlachtete Tiere gibt. Der EFSA zufolge liegt in der Europäischen Union die Anzahl der Fälle mit 95%iger Konfidenz bei gleich oder weniger als 4 Fällen pro Million Schafe und mit 99%iger Konfidenz bei gleich oder weniger als 6 Fällen pro Million. Da bislang noch kein Fall von BSE bei Schafen bestätigt worden sei, betrage die wahrscheinlichste Prävalenz 0. Seit Einführung der [Differenzierungstests] nach Anhang X Kapitel C Nummer 3.2 Buchstabe c der Verordnung … Nr. 999/2001 im Jahr 2005 wurden 2 798 derartige Tests bei TSE-infizierten Schafen und 265 derartige Tests bei TSE-infizierten Ziegen durchgeführt; bei keinem dieser Fälle wurde eine Ähnlichkeit mit BSE bestätigt.“
– Zum Risiko der Koinfektion
152 Soweit die Französische Republik der Kommission vorwirft, das Risiko der Nichtentdeckung der Fälle von Koinfektion durch Differenzierungstests wegen des Fehlens wissenschaftlicher Daten, die eine solche Infektion unter natürlichen Bedingungen belegten, heruntergespielt zu haben, ist darauf hinzuweisen, dass die EFSA in ihrem Gutachten vom 24. Januar 2008 auf der Grundlage der beschränkten verfügbaren Daten die Auffassung vertrat, dass die in der Verordnung Nr. 999/2001 vorgesehenen Differenzierungstests geeignete Instrumente für die Entdeckung von BSE-Fällen vor Ort seien, die den Zweck einer schnellen und reproduzierbaren Identifizierung der TSE-Fälle, deren Signatur mit der klassischen BSE kompatibel sei, erfüllten. Außerdem war die EFSA der Ansicht, dass die Differenzierungstests aufgrund des fehlenden Verständnisses der tatsächlichen Vielfalt der TSE-Erreger bei Schafen und Ziegen und der Interaktionsweise der Erreger im Fall einer Koinfektion nicht vollkommen seien.
153 Insbesondere vertrat die EFSA in ihrem Gutachten vom 24. Januar 2008 die Auffassung, dass bei Koinfektion ein und desselben Einzeltiers das Vorliegen des Erregers einer TSE einen anderen verbergen und damit das Auftreten der Krankheit verdecken könne. Dieses Phänomen der Überschneidung sei in experimentellen Modellen unter Einsatz verschiedener TSE-Erreger untersucht worden. Obwohl die Ergebnisse dieser Beobachtungen nicht unmittelbar auf kleine Wiederkäuer extrapoliert werden könnten, zeigten sie doch, dass es möglich sei, dass der BSE-Erreger bei Schafen nicht entdeckt werde, wenn BSE bei einem Fall erwiesener Scrapie als koinfizierender Erreger auftrete. Da schließlich die Wahrscheinlichkeit eines solchen Sachverhalts derzeit ungewiss sei, liefen Versuche, mit denen speziell diese Frage beantwortet werden solle.
154 Somit durfte die Kommission, ohne einen offensichtlichen Beurteilungsfehler zu begehen, im 15. Erwägungsgrund der angefochtenen Verordnung die Auffassung vertreten, dass die Möglichkeit einer Koinfektion bei kleinen Wiederkäuern nicht unter natürlichen Bedingungen nachgewiesen worden sei. Außerdem ist es plausibel, dass der fehlende Nachweis der Möglichkeit einer Koinfektion bei kleinen Wiederkäuern unter natürlichen Bedingungen den Grad der Wahrscheinlichkeit des Vorliegens solcher Koinfektionen herabsetzt und daher auch das Risiko, dass die Differenzierungstests wegen der Koinfektion eines kleinen Wiederkäuers eine BSE nicht aufdecken. Das Risiko einer Koinfektion ist nämlich geringer, wenn Indizien fehlen, die die Möglichkeit einer Koinfektion kleiner Wiederkäuer unter natürlichen Bedingungen belegen könnten.
155 Wenn im Übrigen die Kommission aus der Kombination des fehlenden Nachweises einer möglichen Koinfektion kleiner Wiederkäuer unter natürlichen Bedingungen und der sehr geringen Prävalenz von BSE bei kleinen Wiederkäuern abgeleitet hat, dass eine äußerst geringe Zahl von BSE-Fällen wegen Koinfektion nicht entdeckt worden seien, so ist es denkrichtig und daher plausibel, dass, wenn die Prävalenz der BSE-Fälle sehr gering ist, auch das Risiko der Nichtentdeckung dieser Fälle sehr gering ist. Außerdem ist es nicht offensichtlich fehlerhaft, wenn die Kommission aus dem letztgenannten Umstand in Kombination mit dem geringen Risiko der Koinfektion bei kleinen Wiederkäuern wegen des Fehlens von Anhaltspunkten, die eine solche Infektion unter natürlichen Bedingungen belegen würden, abgeleitet hat, dass die Zahl der auf eine mögliche Koinfektion zurückzuführenden nicht entdeckten BSE-Fälle bei Schafen und Ziegen äußerst gering ist.
156 Die letztgenannte Beurteilung hängt allerdings von der Bewertung der Prävalenz der BSE bei kleinen Wiederkäuern durch die Kommission ab, die von der Französischen Republik ebenfalls angegriffen wird.
– Zur Prävalenz der BSE bei kleinen Wiederkäuern
157 Was die Prävalenz der BSE bei kleinen Wiederkäuern angeht, ist zwischen den Parteien unstreitig, dass zum Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Maßnahmen nur ein BSE-Fall bei kleinen Wiederkäuern formell festgestellt worden war. Es handelt sich um eine 2000 geborene und 2002 in Frankreich geschlachtete Ziege. Diese Ziege war der erste Fall einer BSE-Infektion eines kleinen Wiederkäuers unter natürlichen Bedingungen (vgl. Randnr. 30 des vorliegenden Urteils). Bei Schafen wurde kein BSE-Fall gefunden.
158 Außerdem haben die Parteien in der mündlichen Verhandlung erklärt, dass es zum Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Maßnahmen nur drei Fälle gegeben habe, in denen ein Zweifel an ihrer BSE-Infektion unter natürlichen Bedingungen fortbestanden habe. Diese Fälle würden immer noch untersucht, um festzustellen, ob sie als BSE-Fälle zu gelten hätten oder nicht. Es handelte sich um zwei Schafe aus England und eine Ziege aus Schottland.
159 Im Übrigen sind sowohl die EFSA als auch die AFSSA davon ausgegangen, dass die Prävalenz von BSE bei Schafen und Ziegen sehr gering, wenn nicht gleich null sei.
160 In ihrem Gutachten vom 20. Juli 2007 hat die AFSSA erklärt, dass „[d]ie seit 2002 (in Frankreich wie in Europa) verfügbaren epidemiologischen Daten eindeutig [zeigen], dass die Prävalenz von BSE bei Schafen und Ziegen sehr gering (oder nicht vorhanden) ist“.
161 In ihrem Gutachten vom 25. Januar 2007 hat die EFSA die Auffassung vertreten, dass die wahrscheinlichste Prävalenz von BSE bei Schafen null betrage, weil bei Schafen kein BSE-Fall bestätigt worden sei. Insbesondere hat sie in einer Tabelle mit dem Titel „Kumulative Verteilung der Unsicherheit der Prävalenz von BSE in der Schafpopulation der EU“ ausgeführt: „Der Vertrauensindex dafür, dass die Zahl der Fälle gleich oder geringer als 4 BSE-Fälle je Mio. Schafe ist, beträgt 95 %, und er beträgt 99 %, dass die Zahl gleich oder geringer als 6 Fälle je Mio. ist. Da kein BSE-Fall bei Schafen mehr bestätigt werden muss, liegt die wahrscheinlichste Prävalenz bei null.“
162 In ihrem Gutachten vom 25. Januar 2007 hat die EFSA jedoch klargestellt, dass der Umstand, dass aufgrund der bis 2006 erhältlichen Daten kein BSE-Fall durch Screening unter Einsatz von Differenzierungstests in den 25 Mitgliedstaaten der seinerzeitigen Union und in Norwegen festgestellt worden war, nicht so ausgelegt werden könne, als habe es in den Herden in Europa keine BSE-infizierten Schafe gegeben, denn zum einen seien nicht alle Tiere einschließlich derjenigen, die für den menschlichen Verzehr geschlachtet worden seien, getestet worden und zum anderen hätten die Screeningtests unterschiedliche und weitgehend unbestimmte Empfindlichkeiten gehabt, um ein befallenes Tier in einer vorklinischen Phase zu ermitteln. Anhand des verwendeten statistischen Modells und der herangezogenen Überwachungsdaten sei berechnet worden, dass es mit 95%iger Wahrscheinlichkeit im Vereinigten Königreich weniger als zwei bis vier BSE-Fälle bei Schafen auf 10 000 gesunde Schlachttiere gegeben habe, und dass es in Verbindung mit den Daten anderer Länder und wichtiger Vorläufer des BSE-Bereichs wie Irland, Frankreich und Portugal mit 95%iger Wahrscheinlichkeit in dieser Hochrisikountergruppe weniger als 0,3 bis 0,5 BSE-Fälle bei Schafen auf 10 000 gesunde Schlachttiere gegeben habe. Schließlich hat die EFSA in diesem Gutachten angegeben, dass die Berücksichtigung einer geringeren Empfindlichkeit beim Screening der TSE und den Differenzierungstests zur Annahme einer höheren Prävalenz führe und dass umfangreichere experimentelle Bewertungen dieser Parameter angebracht seien.
163 In Anbetracht all dieser Gesichtspunkte durfte die Kommission, ohne einen offensichtlichen Beurteilungsfehler zu begehen, die Auffassung vertreten, dass die Prävalenz von BSE bei Schafen, und gegebenenfalls bei Ziegen, sehr gering sei. Die Zahl der festgestellten BSE-Fälle und der nicht eindeutigen BSE-Fälle, die sich zum Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Verordnung potentiell als BSE-Fall herausstellen konnten, widerspricht im Übrigen nicht der Schätzung der Prävalenz von BSE bei kleinen Wiederkäuern.
164 Die Würdigung in der vorstehenden Randnummer wird durch die verschiedenen Argumente der Französischen Republik in ihren Schriftsätzen nicht in Frage gestellt.
165 Zu dem Argument der Französischen Republik, dass die Nichtentdeckung bei der aktiven Überwachung angesichts der Beschränkungen der „Schnelltests“ und der durchgeführten Differenzierungen nicht notwendig das tatsächliche Nichtvorhandensein von BSE bedeute, ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission keineswegs die Auffassung vertreten hat, dass das Gutachten der AFSSA oder das der EFSA das Gegenteil aussage. Die Prävalenz von BSE bei kleinen Wiederkäuern war nur eine Schätzung auf der Grundlage eines Wahrscheinlichkeitsmodells, wie die EFSA in ihrem Gutachten vom 25. Januar 2007 angegeben hat, auf das sich die Kommission im 16. Erwägungsgrund der angefochtenen Verordnung stützt. Außerdem wurde diese Prävalenz von BSE bei kleinen Wiederkäuern sowohl aufgrund einer nichtsystematischen Überwachung als auch von „Schnelltests“ und Differenzierungstests, die nicht vollkommen waren, festgestellt.
166 Dass die Prävalenz von BSE bei kleinen Wiederkäuern nur eine Schätzung war, kann jedoch die Plausibilität der Einschätzung der Kommission nicht in Frage stellen, dass die Prävalenz von BSE bei kleinen Wiederkäuern als sehr gering anzusehen sei.
167 Zum Argument der Französischen Republik, dass für die Bewertung der Prävalenz von BSE bei Schafen die Einschätzung von weniger als 0,3 bis 0,5 Fällen von BSE bei Schafen auf 10 000 gesunden Schlachttieren in den Hochrisikoländern auf die gesamte Schafpopulation der Gemeinschaft, die auf 67 Mio. Tiere geschätzt werde, hochzurechnen sei, ist darauf hinzuweisen, dass die Französische Republik keine wissenschaftliche Quelle dafür anführt, dass die Schätzung für die Hochrisikoländer auf das restliche Europa zu extrapolieren sei, so dass die Prävalenz von BSE bei Schafen zu einer Schätzung der Zahl der mit BSE infizierten Schafe zwischen weniger als 2 010 und 3 350 Fällen führen müsste. Die wissenschaftlichen Gutachten, die der Kommission zum Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Maßnahmen zur Verfügung standen, d. h. das Gutachten der AFSSA vom 20. Juli 2007 und das Gutachten der EFSA vom 25. Januar 2007, sagten im Gegenteil aus, dass die wahrscheinlichste Prävalenz von BSE bei kleinen Wiederkäuern in Europa sehr gering oder sogar gleich null war.
168 Zum Vorbringen der Französischen Republik, die Kommission habe bei der Prävalenz der BSE stets die größte Vorsicht an den Tag gelegt, muss festgestellt werden, dass diese Erwägung ohne Auswirkung auf die Plausibilität der Schlüsse ist, die die Kommission aus wissenschaftlichen Annahmen zur Prävalenz der BSE bei kleinen Wiederkäuern ziehen kann.
169 Schließlich ist jedenfalls darauf hinzuweisen, dass der Vertreter der Französischen Republik in der mündlichen Verhandlung erklärt hat, dass der Kommission mit ihrer Annahme, dass die Prävalenz der klassischen BSE bei kleinen Wiederkäuern sehr schwach sei, kein offensichtlicher Beurteilungsfehler unterlaufen sei. Da sich die Schätzungen der Prävalenz der BSE nur auf die klassische BSE beziehen, bestätigt die Erklärung des Vertreters der Französischen Republik die Richtigkeit der in Randnr. 163 des vorliegenden Urteils wiedergegebenen Bewertung.
170 Somit durfte die Kommission, ohne einen offensichtlichen Beurteilungsfehler zu begehen, davon ausgehen, dass die geschätzte Prävalenz von BSE bei kleinen Wiederkäuern sehr gering war.
171 Daher war es angesichts der Erwägungen in Randnr. 155 des vorliegenden Urteils plausibel, dass das Risiko der Nichtentdeckung von BSE-Fällen bei kleinen Wiederkäuern durch Differenzierungstests wegen einer möglichen Koinfektion äußerst gering ist. Der Kommission ist daher bei der Würdigung des Risikos von Koinfektionen bei kleinen Wiederkäuern kein offensichtlicher Beurteilungsfehler unterlaufen.
Zur Berücksichtigung der Gutachten der AFSSA vom 8. Oktober 2008 und der EFSA vom 22. Oktober 2008
172 Was die Gutachten der AFSSA vom 8. Oktober 2008 und der EFSA vom 22. Oktober 2008, die sich mit dem Risiko der Übertragung von TSE über die Milch befassen, betrifft, so ist darauf hinzuweisen, dass die Rechtmäßigkeit eines Rechtsakts der Union anhand der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt seines Erlasses zu beurteilen ist (Urteile des Gerichtshofs vom 7. Februar 1979, Frankreich/Kommission, 15/76 und 16/76, Slg. 1979, 321, Randnrn. 7 und 8, und des Gerichts vom 12. Dezember 1996, Altmann u. a./Kommission, T‑177/94 und T‑377/94, Slg. 1996, II‑2041, Randnr. 119). Folglich können Umstände, die nach dem Erlass des Rechtsakts der Union eingetreten sind, bei der Beurteilung seiner Rechtmäßigkeit nicht berücksichtigt werden (Urteil des Gerichts vom 27. September 2006, Roquette Frères/Kommission, T‑322/01, Slg. 2006, II‑3137, Randnr. 325).
173 Da die Gutachten der AFSSA vom 8. Oktober 2008 und der EFSA vom 22. Oktober 2008 nach dem Erlass der angefochtenen Verordnung abgegeben wurden, kann das Gericht sie bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit dieser Verordnung nicht berücksichtigen. Daher geht das Vorbringen der Französischen Republik, soweit es sich auf diese Gutachten stützt, ins Leere.
Zur Rüge der fehlenden Würdigung der Risikoerhöhung infolge des Erlasses der angefochtenen Maßnahmen
174 Die Organe verfügen, wie oben in den Randnrn. 84 ff. dargelegt, im Bereich der gemeinsamen Agrarpolitik über ein weites Ermessen hinsichtlich der Wahl des für ihr Vorgehen geeigneten Instrumentariums. Im Übrigen haben sie zwar die Pflicht, ein hohes Niveau des Schutzes der menschlichen Gesundheit sicherzustellen, verfügen aber hinsichtlich der Wahl des für ihr Vorgehen geeigneten Instrumentariums bei der Erfüllung dieser Verpflichtung ebenfalls über ein weites Ermessen. Dieses weite Ermessen der Organe bedeutet, dass der Kontrolle der Einhaltung der Garantien, die die Unionsrechtsordnung für Verwaltungsverfahren vorsieht, grundlegende Bedeutung zukommt (Urteil Niederlande/Kommission, oben in Randnr. 87 angeführt, Randnr. 56).
175 Eine dieser Garantien ist die Forderung an die Behörden, wenn sie aufgrund des Vorsorgeprinzips vorbeugende Maßnahmen erlassen, um ein hohes Schutzniveau für die menschliche Gesundheit sicherzustellen, dass sie über alle hierfür erheblichen Anhaltspunkte verfügen müssen. Sie müssen somit über eine wissenschaftliche Risikobewertung verfügen, die auf den Grundsätzen der höchsten Fachkompetenz, der Transparenz und der Unabhängigkeit beruht. Dieses Erfordernis stellt eine wichtige Garantie zur Gewährleistung der wissenschaftlichen Objektivität der Maßnahmen und zur Verhinderung des Erlasses willkürlicher Maßnahmen dar (vgl. in diesem Sinne Urteil Pfizer Animal Health/Rat, oben in Randnr. 68 angeführt, Randnr. 172).
176 Eine andere dieser Garantien besteht in der Forderung an die Behörden, dass sie beim Erlass von Vorschriften, mit denen vorläufige Maßnahmen abgeschwächt werden, die aufgrund des Vorsorgeprinzips erlassen wurden, um ein hohes Schutzniveau für die menschliche Gesundheit sicherzustellen, über eine wissenschaftliche Bewertung der Risiken für die menschliche Gesundheit verfügen, die durch den Erlass solcher Vorschriften entstehen.
177 Eine solche wissenschaftliche Bewertung der Risiken für die menschliche Gesundheit umfasst grundsätzlich eine von wissenschaftlichen Experten vorgenommene vollständige Bewertung der Wahrscheinlichkeit einer Exposition des Menschen gegenüber schädlichen Wirkungen der Maßnahmen für seine Gesundheit. Mithin umfasst sie grundsätzlich eine quantitative Bewertung der betreffenden Risiken (vgl. Randnr. 72 des vorliegenden Urteils).
178 Allerdings kann sich eine vollständige wissenschaftliche Risikobewertung wegen der Unzulänglichkeit der verfügbaren wissenschaftlichen Daten als unmöglich erweisen. Dies kann indessen die zuständige öffentliche Stelle nicht daran hindern, aufgrund des Vorsorgeprinzips vorbeugende Maßnahmen zu treffen. In diesem Fall müssen die Experten trotz der bestehenden wissenschaftlichen Ungewissheit eine möglichst vollständige wissenschaftliche Risikobewertung vornehmen, die der zuständigen öffentlichen Stelle eine so zuverlässige und fundierte Information vermittelt, dass sie die volle Tragweite der aufgeworfenen wissenschaftlichen Frage erfassen und ihre Politik in Kenntnis der Sachlage bestimmen kann (vgl. Randnr. 77 des vorliegenden Urteils).
179 Mithin ist die Unerlässlichkeit bestimmter Bewertungen durch Wissenschaftler, die an der wissenschaftlichen Bewertung der Risiken für die menschliche Gesundheit durch den Erlass von Vorschriften, mit denen nach dem Vorsorgeprinzip getroffene vorläufige Maßnahmen abgeschwächt werden, teilhaben, insbesondere aufgrund der verfügbaren Daten zu beurteilen.
180 Im vorliegenden Fall wirft die Französische Republik der Kommission im Kern vor, beim Erlass der angefochtenen Maßnahmen keine wissenschaftliche Bewertung der mit ihrem Erlass einhergehenden Risiken für die menschliche Gesundheit zur Verfügung gehabt zu haben.
181 Hierzu ist festzustellen, dass die EFSA in ihrem Gutachten vom 5. Juni 2008 angegeben hat, sie sei von der Kommission befasst worden, um das zusätzliche Risiko für die menschliche Gesundheit zu bewerten, das durch die Zuführung zum menschlichen Verzehr des Fleischs kleiner Wiederkäuer im Alter von weniger als sechs Monaten im Vergleich mit dem von kleinen Wiederkäuern im Alter von weniger als drei Monaten aus einer mit einer anderen TSE als BSE infizierten Herde entstehe, ohne dass diese – unabhängig von ihrem Genotyp, allerdings unter Entfernung der SRM – „Schnelltests“ unterzogen würden.
182 Im Anschluss an dieses Ersuchen haben sich die EFSA und die Kommission jedoch geeinigt, dass die gewünschte Bewertung des zusätzlichen Risikos sich nur auf das zusätzliche Risiko einer TSE-Exposition des Menschen und nicht auf das zusätzliche Risiko für die menschliche Gesundheit erstrecken solle. Diese Beschränkung der gewünschten Bewertung wurde damit gerechtfertigt, dass die EFSA die Frage des Risikos der Übertragbarkeit der TSE bei Schafen und Ziegen auf den Menschen bereits in ihren Gutachten vom 8. März 2007 und vom 24. Januar 2008 geprüft hatte, und damit, dass keine neuen wissenschaftlichen Daten eine Revision dieser Gutachten notwendig machte.
183 Im vorliegenden Fall ist aber unstreitig, dass die EFSA in ihren Gutachten vom 8. März 2007 und vom 24. Januar 2008 eine angemessene wissenschaftliche Bewertung des Risikos der Übertragbarkeit der TSE bei Schafen und Ziegen auf den Menschen durchgeführt hat, die der Kommission vor Erlass der angefochtenen Maßnahmen zur Verfügung stand. Die Französische Republik stützt im Übrigen ihre Klage zum Teil auf die besagten Gutachten, wenn sie der Kommission vorwirft, ihren Inhalt in voreingenommener Weise ausgelegt zu haben. Mithin kann sich die vorliegende Rüge der Französischen Republik nur auf das Fehlen einer wissenschaftlichen Bewertung der Risiken in Bezug auf die Erhöhung des Risikos für den Menschen beziehen, das in einer TSE-Exposition infolge des Erlasses der angefochtenen Maßnahmen besteht.
184 Was die letztgenannte wissenschaftliche Bewertung angeht, hat die französische Generaldirektion für Lebensmittel die AFSSA aufgefordert, das zusätzliche Risiko für die öffentliche Gesundheit durch Produkte, die von Schafen und Ziegen aus mit der klassischen Scrapie infizierten Herden gewonnen wurden, die unter Bedingungen geschlachtet wurden, wie sie den in den angefochtenen Maßnahmen festgelegten entsprechen, mit dem Risiko im Fall eines Tiers „beliebiger Herkunft“ zu vergleichen, das unter den vor Erlass der Verordnung Nr. 727/2007 geltenden Voraussetzungen geschlachtet worden war, da mit den aktuellen Mitteln der Überwachung bei kleinen Wiederkäuern bestenfalls ein Teil des mit einer TSE infizierten Viehbestands entdeckt werden könne und die Schafpopulation zum Teil aus genetisch empfänglichen Tieren bestehe.
185 In Beantwortung dieser Anfrage hat die AFSSA in ihrem Gutachten vom 15. Januar 2007 angegeben, dass „eine entsprechende quantitative Bewertung dieser Risiken [derzeit] unmöglich [ist], weil die Daten betreffend [(i)] die tatsächliche Prävalenz der Scrapie in allen befallenen Herden [und (ii)] die tatsächliche genetische Struktur der Schafpopulation im Allgemeinen … nicht ausreichen“.
186 In ihrem Gutachten vom 13. Juni 2007 hat die AFSSA diese Antwort bestätigt und die Auffassung vertreten, dass „Daten, die eine genaue quantitative Bewertung ermöglichen, immer noch nicht verfügbar [sind]“ und dass „seit 2002 gesammelte Daten aus der aktiven Überwachung der TSE bei kleinen Wiederkäuern qualitativ unzureichend sind, um an einen Abschluss dieser quantitativen Untersuchung in naher Zukunft denken zu können“.
187 Die AFSSA hat außerdem auf ein Ersuchen der französischen Behörden, eine vergleichende Untersuchung des Niveaus des mit der „Sanierungsstrategie“ (die im Kern den Maßnahmen entspricht, die vor den in der angefochtenen Verordnung vorgesehenen galten) gegenüber der „Alternativstrategie“ (die im Kern den in der angefochtenen Verordnung vorgesehenen Maßnahmen entspricht) verbundenen potenziellen Risikos vorzunehmen, die Auffassung vertreten, dass die anstelle der Sanierungsstrategie vorgeschlagenen Alternativstrategien ein erheblich höheres Risiko sowohl für die öffentliche Gesundheit als auch für die Tiergesundheit darstellten. Angesichts der vorgegebenen Fristen und der verfügbaren Daten sei jedoch eine vergleichende, quantifizierte und sachgerechte Untersuchung nicht möglich.
188 In ihren Gutachten vom 15. Januar 2007 und vom 13. Juni 2007 hat die AFSSA allerdings ebenfalls angegeben, dass eine Schätzung oder „grobe Bewertung“ dieses Risikos möglich sei.
189 In ihrem Gutachten vom 15. Januar 2007 hat die AFSSA nämlich zunächst erklärt, dass „[d]ie in den von der Scrapie befallenen Schaf- und Ziegenherden durchgeführten Untersuchungen eine Inzidenz von 10 % bis 45 % der Herden gezeigt [haben]. … Diese Zahlen ermöglichen es, die Größenordnung des Mehrrisikos der Infizierung bei einem kleinen Wiederkäuer, der in einer mit Scrapie befallenen Herde geboren wurde, zu bewerten.“
190 Die AFSSA hat sodann die Auffassung vertreten, dass die Daten über Prävalenzen, die in den von klassischer Scrapie befallenen Herden beobachtet worden seien, „es erlauben, dieses Mehrrisiko grob zu bewerten, wenn man davon ausgeht, dass [(i)] die Prävalenz der klassischen Scrapie in der allgemeinen Population der Schlachttiere mit einem Alter von mehr als 18 Monaten etwa 0,05 % beträgt; [(ii)] dass die Prävalenz in den von klassischer Scrapie befallenen Herden zwischen 1 % und 30 % schwanken kann (ohne dem Genotyp der einzelnen Tiere Rechnung zu tragen)“. Sie hat daraus abgeleitet, dass
„das relative Risiko bei einem Tier aus einer befallenen Herde im Vergleich mit einem Tier aus der allgemeinen Population 20 bis 600 betragen sollte. Dieses Mehrrisiko wäre noch höher, wenn man nur die Tiere mit einem empfänglichen Genotyp aus befallenen Herden berücksichtigte.“
191 Die Bewertungen der AFSSA bezüglich der geschätzten Prävalenz der TSE in einer von einer TSE befallenen Herde kleiner Wiederkäuer wurden von der EFSA geteilt, die in ihrem Gutachten vom 5. Juni 2008 angab, dass es zwar nicht möglich sei, die Prävalenz in einer einzelnen Herde kleiner Wiederkäuer zu schätzen, jedoch aufgrund der Untersuchung von Herden, die unter natürlichen Bedingungen mit dem Prion der klassischen Skrapie infiziert worden seien, davon ausgegangen werden könne, dass die Prävalenz zwischen 3 % und mehr als 40 % schwanken könne.
192 Zur Vervollständigung ihrer Untersuchung des zusätzlichen Risikos bei Erlass der angefochtenen Maßnahmen versucht die AFSSA in ihrem Gutachten vom 13. Juni 2007, gestützt auf die bei der aktiven Überwachung in Frankreich im Jahr 2006 gewonnenen Daten die Zahl der Tiere mit Ausnahme der „Indexfälle“ zu ermitteln, die als Träger des empfänglichen Genotyps durch die klassische Scrapie infiziert und durch die „Schnelltests“ an Tieren im Alter von mehr als 18 Monaten, die Träger ansteckender Materialien in ihren peripheren Lymphorganen waren und nach Erlass der angefochtenen Maßnahmen für den menschlichen Verzehr freigegeben würden, nicht entdeckt worden waren.
193 In Bezug auf Schafe hat die AFSSA geschätzt, dass von den 2006 in Frankreich erfassten 182 „Indexfällen“, die mit klassischer Scrapie infiziert waren, die durchschnittliche Zahl der durch die „Schnelltests“ entdeckten Zweitfälle je „Indexfall“ auf 5,34 geschätzt wurde, was dem geschätzten Durchschnitt für den Zeitraum von 2002 bis 2006 entspreche. So seien 972 Zweitfälle in den befallenen Herden festzustellen gewesen. Im Übrigen seien mit „Schnelltests“ am Obex nur etwa 50 % der infizierten Tiere entdeckt worden, weil die angesteckten Tiere mit Infektionsherden in ihren Lymphorganen nicht entdeckt worden seien.
194 In Bezug auf Ziegen hat die AFSSA geschätzt, dass es acht Krankheitsherde und 2,58 Zweitfälle je „Indexfall“ in Frankreich gebe und dass die „Schnelltests“ nicht empfindlicher gewesen seien.
195 Die AFSSA hat hinzugefügt, dass einige der nicht entdeckten infizierten Tiere aus befallenen Herden ebenfalls für den menschlichen Verzehr freigegeben worden wären, da die Programme der aktiven Überwachung nicht sämtliche mit einer TSE infizierten Herden hätten ausfindig machen können. Gleichwohl sei es seinerzeit unmöglich gewesen, bei Schafen wie bei Ziegen in stichhaltiger Weise die Zahl infizierter Tiere aus den betroffenen, zu Unrecht als gesund angesehenen Herden zu schätzen, die jedes Jahr zum menschlichen Verzehr freigegeben worden seien.
196 Die AFSSA hat ferner hervorgehoben, dass diese Schätzung es nur erlaubt habe, Größenordnungen festzulegen, und von der Intensität des Programms der aktiven Überwachung abhängig gewesen sei.
197 Die AFSSA hat ihr Gutachten vom 13. Juni 2007 mit dem Ergebnis abgeschlossen, dass die neuen Vorschläge für den Gesundheitsschutz dazu geführt hätten, dass 2006 in Frankreich mindestens 1 000 Körper kleiner Wiederkäuer mit erheblichen Mengen von Erregern in ihren Lymphorganen zum menschlichen Verzehr freigegeben worden wären. Ihre Freigabe zum menschlichen Verzehr ist nach Ansicht der AFSSA geeignet, ein erhöhtes Expositionsrisiko des Verbrauchers herbeizuführen.
198 Angesichts der in den Randnrn. 181 ff. des vorliegenden Urteils angeführten wissenschaftlichen Gutachten kann der Kommission nicht angelastet werden, bei Erlass der angefochtenen Maßnahmen keine quantitative wissenschaftliche Bewertung des zusätzlichen Risikos für den Menschen, nach dem Erlass der angefochtenen Maßnahmen mit TSE in Berührung zu kommen, zur Verfügung gehabt zu haben.
199 Vor Erlass der angefochtenen Maßnahmen hatte die AFSSA nämlich erklärt, dass es wegen des Fehlens von Daten zur tatsächlichen Prävalenz der Scrapie in allen befallenen Herden und zur tatsächlichen genetischen Struktur der Schafpopulation im Allgemeinen unmöglich sei, eine genaue quantitative Bewertung des zusätzlichen Risikos infolge von Produkten vorzunehmen, die von Schafen und Ziegen aus mit der klassischen Scrapie infizierten Viehbeständen gewonnen und unter ähnlichen Bedingungen wie denen, auf die die angefochtenen Maßnahmen zurückgriffen, geschlachtet und getestet worden seien, und dass dieses Fehlen von Daten in naher Zukunft nicht behoben werden könne. Unter solchen Umständen kann der Kommission nicht vorgeworfen werden, dass sie der EFSA oder irgendeiner anderen wissenschaftlichen Einrichtung keine solche Bewertung übertragen hat.
200 Außerdem steht das Fehlen von Daten zur tatsächlichen Prävalenz der Scrapie in allen befallenen Herden und zur tatsächlichen genetischen Struktur der Schafpopulation im Allgemeinen der Annahme entgegen, es sei für die Kommission unerlässlich gewesen, über eine Schätzung oder die Angabe einer „Größenordnung“ seitens einer wissenschaftlichen Einrichtung zu der mit dem Erlass der angefochtenen Maßnahmen einhergehenden Erhöhung des Risikos für die menschliche Gesundheit zu verfügen. Das Fehlen der betreffenden Daten steht nämlich der Forderung entgegen, die Kommission hätte bei einer wissenschaftlichen Einrichtung eine solche Schätzung der betreffenden Risiken in Auftrag geben müssen. Andererseits berührt dieses Fehlen von Daten in keiner Weise die Verpflichtung der Kommission, sämtliche verfügbaren wissenschaftlichen Äußerungen zu berücksichtigen, darunter die der AFSSA, der zufolge die Prävalenz der Scrapie in einer von der klassischen Scrapie befallenen Herde eindeutig höher als bei einem Tier „beliebiger Herkunft“ sei und die „Schnelltests“ eine beschränkte Wirksamkeit hätten.
201 Es stellt daher keine Verletzung der von der Rechtsordnung der Union verliehenen Garantien dar, dass der Kommission beim Erlass der angefochtenen Maßnahmen keine grobe quantitative Schätzung der EFSA oder einer anderen wissenschaftlichen Einrichtung bezüglich des mit ihrem Erlass einhergehenden zusätzlichen Risikos einer TSE-Exposition des Menschen zur Verfügung stand.
202 Im Übrigen ist für die Rüge der Französischen Republik die quantitative, in der Zahl zusätzlicher Fälle ausgedrückte Schätzung des genannten Risikos durch die Kommission selbst im Anschluss an die Erhebung der vorliegenden Nichtigkeitsklage ohne Bedeutung. Selbst wenn man nämlich annimmt, dass die Daten, auf die sich diese Schätzung der Kommission stützt, zum Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Verordnung zur Verfügung gestanden hätten, scheint doch die Schätzung nicht von einer wissenschaftlichen Einrichtung zu stammen und kann auf jeden Fall nicht als unerlässlich angesehen werden, weil es sich nur um eine Schätzung und nicht um eine quantitative Bewertung handelt und die AFSSA die Meinung vertreten hat, dass eine quantitative Bewertung der Risiken wegen des Fehlens einschlägiger Daten unmöglich sei (vgl. Randnr. 185 des vorliegenden Urteils).
4. Zum Risikomanagement
Kurze Darstellung des Vorbringens der Beteiligten
203 Die Französische Republik macht geltend, dass trotz des weiten Ermessens des Gesetzgebers der Union in einem Bereich wie dem hier in Rede stehenden und der daraus folgenden Beschränkung der Kontrolle der angefochtenen Maßnahmen durch das Gericht der Unionsgesetzgeber mit dem Erlass dieser Maßnahmen gegen seine Pflicht zur Sicherstellung eines hohen Niveaus des Schutzes der menschlichen Gesundheit und gegen das Vorsorgeprinzip verstoßen habe. Die Kommission habe sich beim Erlass der angefochtenen Maßnahme auf ein doppeltes Postulat gestützt, nämlich zum einen auf die fehlende Übertragbarkeit anderer TSE als BSE bei Tieren auf den Menschen und zum anderen auf die Zuverlässigkeit der Differenzierungstests zur sicheren Unterscheidung der Scrapie von BSE. Die jüngsten wissenschaftlichen Erkenntnisse, d. h. die Schlussfolgerungen der EFSA in ihren Gutachten vom 8. März 2007 und vom 24. Januar 2008, stellten aber erhebliche Ungewissheiten bei diesen beiden Postulaten fest. Die jüngsten wissenschaftlichen Erkenntnisse könnten die Beurteilung des Risikos für die menschliche Gesundheit in Gestalt der TSE bei kleinen Wiederkäuern nicht ändern und den Erlass weniger einschränkender Maßnahmen nicht rechtfertigen.
204 Die Kommission ist der Auffassung, dass sie unter Berücksichtigung aller verfügbaren wissenschaftlichen Stellungnahmen in ihrer Eigenschaft als Risikomanager zu dem Ergebnis kommen durfte, dass eine Abschwächung der für Schafe und Ziegen geltenden Regelung zu einem Risikoniveau führen werde, das für die Gesellschaft akzeptabel sei. Die Aufrechterhaltung der Keulung und Beseitigung von Schaf- und Ziegenherden, wenn in der Herde auch nur ein TSE-Fall entdeckt werde, sei wegen der wissenschaftlichen Fortschritte, die die Bereitstellung biochemischer Differenzierungstests zur raschen Unterscheidung von BSE und Scrapie ermöglicht hätten, nicht gerechtfertigt, weil unverhältnismäßig. Die Französische Republik versuche, sich im Rahmen des Risikomanagements an ihre Stelle zu setzen, und verlange vom Gericht, in der Frage des Niveaus des gesellschaftlich akzeptablen Risikos seine eigene Beurteilung an die Stelle der Beurteilung des Risikos durch die Kommission zu setzen. Eine solche Befugnis stehe dem Gericht indessen nicht zu.
205 Das Vereinigte Königreich ist der Meinung, dass die von der Französischen Republik erhobene Rüge hinsichtlich des Risikomanagements lediglich Ausdruck der Bevorzugung eines zurückhaltenderen Ansatzes durch die Französische Republik sei, ohne dass ein offensichtlicher Beurteilungsfehler der Kommission nachgewiesen werde. Die Französische Republik stütze ihre Rüge zu Unrecht auf das Postulat, dass die Kommission verpflichtet sei, alle Risiken für die menschliche Gesundheit auszuschließen. Die Kommission habe dieses Risiko ordnungsgemäß gehandhabt, indem sie auf der Grundlage aktueller wissenschaftlicher Erkenntnisse, die entwicklungsfähig seien, ein Gleichgewicht zwischen dem angenommenen Risiko und geeigneten Maßnahmen zur Reduzierung dieses Risikos geschaffen habe. Die Kommission habe sich zu Recht auf den Standpunkt gestellt, dass die bestehenden Vorbeugemaßnahmen nicht mehr verhältnismäßig seien und die bestehenden Überwachungsmaßnahmen abgeschwächt, aber nicht beseitigt werden dürften.
Vorbemerkungen
206 Gemäß Art. 13 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 999/2001 werden „[z]ur Identifizierung aller anderen gefährdeten Tiere nach Maßgabe von Anhang VII Nummer 1 … Ermittlungen durchgeführt“. Außerdem werden gemäß Art. 13 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 999/2001 „[a]lle Tiere und tierischen Erzeugnisse gemäß Anhang VII Nummer 2 [dieser] Verordnung, die bei den Ermittlungen nach [Art. 13 Abs. 1] Buchstabe b) … als gefährdet identifiziert wurden, … getötet und nach der Verordnung … Nr. 1774/2002 beseitigt“. Somit werden nach dieser Vorschrift die Tiere getötet und beseitigt, die durch Ermittlungen gemäß Anhang VII Nr. 1 der Verordnung Nr. 999/2001 identifiziert wurden und die außerdem die Kriterien der Nr. 2 dieses Anhangs erfüllen.
207 Gemäß Art. 23 der Verordnung Nr. 999/2001 kann die Kommission nach Anhörung des zuständigen wissenschaftlichen Ausschusses zu allen Fragen, die sich auf die Gesundheit der Bevölkerung auswirken können, nach dem Ausschussverfahren des Art. 24 Abs. 2 die Anhänge der Verordnung Nr. 999/2001 ändern. Somit hat der Gesetzgeber der Kommission die Befugnis zur Änderung der Anhänge der Verordnung Nr. 999/2001 übertragen.
208 Angesichts des Geltungsumfangs von Art. 13 Abs. 1 Buchst. c und Art. 23 der Verordnung Nr. 999/2001 ist der Kommission die Zuständigkeit zuzuerkennen, durch Verordnung, die im Ausschussverfahren nach Art. 24 Abs. 2 der Verordnung Nr. 999/2001 ergeht, die bei den Ermittlungen identifizierten Tiere abzugrenzen, die getötet und beseitigt werden müssen. Da nämlich Art. 13 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 999/2001 unter Verweisung auf die Kriterien der Nr. 2 des Anhangs VII die Tiere bestimmt, die getötet und beseitigt werden müssen, verfügte die Kommission gemäß Art. 23 der Verordnung Nr. 999/2001 über die Befugnis, Vorschriften, wie sie Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits sind, zu erlassen, mit denen die Tiere abgegrenzt werden, die zu töten und zu beseitigen sind, nachdem sie bei den erwähnten Ermittlungen identifiziert wurden.
209 Die Zuständigkeit der Kommission zum Erlass der angefochtenen Maßnahmen ist im Übrigen von der Französischen Republik nicht angezweifelt worden; diese hat auf eine entsprechende Frage in der mündlichen Verhandlung wie die Kommission die Auffassung vertreten, dass Art. 13 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 999/2001 dahin auszulegen sei, dass der Erlass von Maßnahmen zur Änderung des Anhangs VII dieser Verordnung gestattet sei, die zu der Verpflichtung führten, bestimmte Tiere und nicht sämtliche Tiere einer Herde, in der ein TSE-Fall entdeckt worden sei, zu töten und zu beseitigen.
210 Demnach hat die Kommission im zweiten Erwägungsgrund der angefochtenen Verordnung zu Recht erklärt, dass diese gemäß Art. 23 der Verordnung Nr. 999/2001 erlassen worden sei.
211 Im Übrigen ist daran zu erinnern, dass die zuständigen Behörden die Pflicht haben, ein hohes, wenn auch nicht das höchstmögliche Niveau des Schutzes der menschlichen Gesundheit aufrechtzuerhalten (vgl. Randnrn. 64 und 79 des vorliegenden Urteils). Art. 24a der Verordnung Nr. 999/2001 verweist auf diese Verpflichtung im Zusammenhang mit den der Kommission übertragenen Befugnissen zur Änderung der Anhänge der Verordnung Nr. 999/2001, wenn er den Erlass von Entscheidungen im Kontext dieser Verordnung von der Bedingung der Aufrechterhaltung oder, wenn dies wissenschaftlich gerechtfertigt ist, der Erhöhung des in der Gemeinschaft gewährleisteten Niveaus des Schutzes der menschlichen Gesundheit abhängig macht. Das Vorsorgeprinzip ist eines der Instrumente, die es den Behörden gestatten, dieser Pflicht zu genügen (vgl. Randnr. 67 des vorliegenden Urteils). Es schreibt nämlich den Behörden vor, ein Risiko, das über das gesellschaftlich annehmbar erscheinende Niveau hinausgeht, so zu steuern, dass es auf dieses Niveau beschränkt wird (vgl. Randnrn. 67 und 81 des vorliegenden Urteils). Die Steuerung des Risikos durch Erlass geeigneter Maßnahmen, die ein hohes Niveau des Schutzes der menschlichen Gesundheit, der Sicherheit und der Umwelt sicherstellen sollen, entspricht damit sämtlichen Maßnahmen eines Organs, mit denen ein Risiko so gesteuert werden soll, dass es auf ein akzeptables Niveau beschränkt bleibt.
212 Außerdem ist es Sache der zuständigen Behörden, die von ihnen aufgrund des Vorsorgeprinzips erlassenen vorläufigen Maßnahmen innerhalb einer vernünftigen Zeitspanne zu überprüfen. Dazu ist entschieden worden, dass, wenn neue Informationen die Einstufung eines Risikos ändern oder zeigen, dass ihm durch Maßnahmen begegnet werden kann, die weniger einschränkend sind als die bestehenden, es den Organen, insbesondere der Kommission, obliegt, für eine Anpassung der Regelung an die neuen Gegebenheiten zu sorgen (vgl. Randnr. 83 des vorliegenden Urteils). Somit muss die Abschwächung zuvor erlassener vorbeugender Maßnahmen mit neuen Gesichtspunkten gerechtfertigt werden, die zu einer anderen Bewertung des betreffenden Risikos führen.
213 Diese neuen Gesichtspunkte, wie etwa neue Erkenntnisse oder neue wissenschaftliche Entdeckungen, ändern, wenn sie eine Abschwächung einer vorbeugenden Maßnahme rechtfertigen, den konkreten Inhalt der Pflicht der Behörden zur ständigen Aufrechterhaltung eines hohen Niveaus des Schutzes der menschlichen Gesundheit. Diese neuen Gesichtspunkte können nämlich die Bewertung sowie das Niveau des gesellschaftlich annehmbar erscheinenden Risikos ändern. Die Rechtmäßigkeit des Erlasses einer weniger einschränkenden vorbeugenden Maßnahme ist nicht anhand des Niveaus des gesellschaftlich annehmbar erscheinenden Risikos zu beurteilen, das beim Erlass der ursprünglichen vorbeugenden Maßnahmen Berücksichtigung gefunden hat. Der Erlass der ursprünglichen vorbeugenden Maßnahmen mit dem Ziel, das Risiko auf ein gesellschaftlich annehmbar erscheinendes Niveau zu bringen, erfolgt nämlich aufgrund einer Bewertung der Risiken und insbesondere der Festlegung des gesellschaftlich annehmbar erscheinenden Risikoniveaus. Wenn neue Gesichtspunkte diese Bewertung der Risiken ändern, ist die Rechtmäßigkeit des Erlasses weniger einschränkender vorbeugender Maßnahmen unter Berücksichtigung dieser neuen Gesichtspunkte und nicht nach Maßgabe der Gesichtspunkte zu würdigen, die die Bewertung der Risiken im Rahmen des Erlasses der ursprünglichen vorbeugenden Maßnahmen bestimmt haben. Nur wenn das neue Risikoniveau das gesellschaftlich annehmbar erscheinende Risikoniveau übersteigt, hat der Richter eine Verletzung des Vorsorgeprinzips festzustellen.
214 Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass das Risikoniveau, das in einem bestimmten Fall gesellschaftlich unannehmbar erscheint, auf eine politische Entscheidung zurückgeht, die der zuständigen Behörde und nicht dem Richter zusteht (vgl. Randnr. 78 des vorliegenden Urteils). Die zuständige Behörde verfügt in diesem Zusammenhang über ein weites Ermessen, und es ist nicht Sache des Richters, sich an ihre Stelle zu setzen. Die gerichtliche Kontrolle der materiellen Rechtmäßigkeit bleibt auf die Prüfung der Frage beschränkt, ob die Behörde bei der Ausübung ihrer Befugnisse einen offensichtlichen Beurteilungsfehler oder einen Ermessensmissbrauch begangen oder die Grenzen ihres Ermessens offensichtlich überschritten hat (vgl. Randnr. 85 des vorliegenden Urteils). Bei der Prüfung durch den Unionsrichter, ob dem Rechtsakt eines Organs ein offensichtlicher Beurteilungsfehler anhaftet, kann ein die Nichtigerklärung dieses Rechtsakts rechtfertigender offensichtlicher Irrtum eines Organs bei der Würdigung des Sachverhalts nur festgestellt werden, wenn die vom Kläger vorgebrachten Beweise ausreichen, um die Sachverhaltswürdigung in diesem Rechtsakt als nicht plausibel erscheinen zu lassen (vgl. Randnr. 86 des vorliegenden Urteils).
Zu den neuen Gesichtspunkten
215 In Zusammenhang mit der BSE-Krise hat die Kommission im Jahr 2000 Maßnahmen zur Überwachung, Vorsorge, Kontrolle und Tilgung der TSE bei Schafen und Ziegen eingeführt und sich dabei auf die damaligen wissenschaftlichen Erkenntnisse gestützt, um die von Schafen und Ziegen stammenden Produkte so sicher wie möglich zu machen (vgl. die Erwägungsgründe 3, 4 und 6 der angefochtenen Verordnung). Diese Maßnahmen wurden auf der Grundlage geringer wissenschaftlicher Erkenntnisse bezüglich Prävalenz und Übertragbarkeit der TSE bei Schafen und Ziegen auf den Menschen getroffen. Von der Vorbeugung abgesehen, sollten diese Maßnahmen Daten über die Prävalenz anderer TSE als BSE bei Schafen und Ziegen sowie über etwaige Verbindungen zwischen diesen TSE und BSE und ihre Übertragbarkeit auf den Menschen zusammentragen.
216 Im Vergleich zu der Sachlage zum Zeitpunkt des Erlasses der ursprünglichen vorbeugenden Maßnahmen hat sich die Kommission im Kern auf drei neue Gesichtspunkte berufen, die den Erlass der angefochtenen Maßnahmen rechtfertigten.
217 Erstens hat die Kommission das Fehlen einer epidemiologischen Verbindung zwischen einerseits der klassischen oder der atypischen Scrapie bei kleinen Wiederkäuern und andererseits den TSE bei Menschen seit der Einführung der ursprünglichen vorbeugenden Maßnahmen mit einer aktiven Überwachung der kleinen Wiederkäuer angeführt. Sie hat insoweit auf die Gutachten der EFSA vom 8. März 2007 und vom 24. Januar 2008 verwiesen (vgl. Erwägungsgründe 4 und 6 der angefochtenen Verordnung).
218 Zweitens hat die Kommission auf die Einführung und Validierung der molekularen Differenzierungstests verwiesen, die es erlaubten, innerhalb kurzer Zeit verlässlich die Scrapie von der BSE zu unterscheiden. Die Zuverlässigkeit dieser Tests sei von der EFSA in ihren Gutachten vom 8. März 2007 und vom 24. Januar 2008 bestätigt worden.
219 Drittens hat die Kommission die epidemiologischen Daten angeführt, denen zufolge die wahrscheinliche Prävalenz von BSE bei Schafen und Ziegen sehr gering sei (vgl. Erwägungsgründe 15 und 16 der angefochtenen Verordnung).
220 Die Französische Republik bestreitet nicht die Neuartigkeit dieser Gesichtspunkte, wendet sich aber gegen die Auffassung, dass sie den Erlass der angefochtenen Maßnahmen rechtfertigen könnten.
221 Mithin ist zu prüfen, ob die Kommission angesichts dieser neuen Gesichtspunkte die angefochtenen Maßnahmen erlassen musste, weil sie es unter Aufrechterhaltung eines hohen Niveaus des Schutzes der menschlichen Gesundheit erlaubten, die Kosten der Vorsorgemaßnahmen im Bereich der TSE bei kleinen Wiederkäuern für die Gesellschaft im Allgemeinen zu senken, oder ob sie im Gegenteil mit dem Erlass der angefochtenen Maßnahmen gegen das Vorsorgeprinzip und gegen Art. 24a der Verordnung Nr. 999/2001 und damit gegen die diesem Prinzip und dieser Vorschrift innewohnende Pflicht zur Beibehaltung eines hohen Niveaus des Schutzes der menschlichen Gesundheit verstoßen hat, weil sie Personen Risiken ausgesetzt hat, die das gesellschaftlich annehmbar erscheinende Risikoniveau überschreiten.
Zur Rüge eines offensichtlichen Beurteilungsfehlers beim Risikomanagement
Einleitung
222 Im Vergleich mit der Regelung vor der Verordnung Nr. 727/2007, die durch die angefochtene Verordnung ersetzt wurde, erlauben es die angefochtenen Maßnahmen im Kern, zum einen Fleisch kleiner Wiederkäuer im Alter von mehr als 18 Monaten, die aus einem Bestand stammen, in dem ein Fall anderer TSE als BSE entdeckt wurde, und die, wenn sie unmittelbar oder binnen zwei Jahren nach der Entdeckung des letzten TSE-Falls geschlachtet wurden, einem „Schnelltest“ mit negativem Ergebnis unterzogen wurden, und zum anderen Fleisch kleiner Wiederkäuer im Alter von 3 bis 18 Monaten, die zu einem Bestand gehören, bei dem ein Fall anderer TSE als BSE entdeckt wurde, ohne dass sie „Schnelltests“ unterzogen worden wären, dem menschlichen Verzehr zuzuführen.
223 Die Französische Republik bringt vor, die Risiken für die menschliche Gesundheit infolge der angefochtenen Maßnahmen überschritten deutlich das gesellschaftlich akzeptable Risikoniveau, so dass der Kommission durch den Erlass der angefochtenen Maßnahmen ein offensichtlicher Beurteilungsfehler unterlaufen sei. Die Kommission habe damit das Vorsorgeprinzip und ihre Pflicht zur Aufrechterhaltung eines hohen Niveaus des Schutzes der menschlichen Gesundheit gemäß Art. 24a der Verordnung Nr. 999/2001 verletzt. Die Kommission ist demgegenüber der Meinung, dass sie wegen der neuen Gesichtspunkte verpflichtet gewesen sei, die angefochtenen Maßnahmen zu erlassen.
224 Hierzu ist festzustellen, dass die Entdeckung eines TSE-Falls in einem Viehbestand, die die Anwendung der angefochtenen Maßnahmen erlaubt, insbesondere aufgrund einer Probennahme aus der allgemeinen Population der kleinen Wiederkäuer und von „Schnelltests“ erfolgt, was ein Risiko der Nichtentdeckung von TSE-Fällen in der allgemeinen Population der kleinen Wiederkäuer mit sich bringt. Dieses Risiko stellt aber für die Französische Republik ein gesellschaftlich akzeptables Risiko dar. Ihre Rüge richtet sich nämlich allein gegen die Zuführung von Fleisch kleiner Wiederkäuer, die zu einer Herde gehören, in der ein TSE-Fall entdeckt wurde, zum menschlichen Verzehr und nicht gegen das Risiko der Nichtentdeckung dieses Falles.
225 Außerdem ergibt sich aus den in den Randnrn. 190 und 191 des vorliegenden Urteils angeführten Gutachten der EFSA und der AFSSA, dass die Prävalenz in einer Herde, die ein mit klassischer Scrapie infiziertes Tier aufweist, auf einen Anteil geschätzt werden konnte, der von 1 % bis über 40 % reichte, während die Prävalenz der klassischen Scrapie in der allgemeinen Population von Tieren, die älter als 18 Monate sind, etwa 0,05 % betrug (vgl. Gutachten der AFSSA vom 15. Januar 2007, S. 4 und 7, und Gutachten der EFSA vom 5. Juni 2008, S. 8). Die Kommission durfte davon ausgehen, dass die kleinen Wiederkäuer aus einer Herde mit einem TSE-Fall in Form der klassischen Scrapie eine größere Wahrscheinlichkeit der Ansteckung aufweisen als diejenigen, die aus der allgemeinen Population der kleinen Wiederkäuer stammen.
226 Ferner hat die EFSA in ihrem Gutachten vom 5. Juni 2008 die Auffassung vertreten, dass die Ansteckungen der kleinen Wiederkäuer mit der Scrapie unter natürlichen Bedingungen im Allgemeinen bei der Geburt oder kurz danach erfolgen und die klinischen Anzeichen bei empfänglichen kleinen Wiederkäuern in einer Zeitspanne von zwei bis drei Jahren ab der Ansteckung auftreten. Sie hat in diesem Gutachten aufgrund einer wissenschaftlichen Studie im Übrigen hinzugefügt, dass bei Schafen des empfänglichen Genotyps, die von einem Erreger der klassischen Scrapie infiziert worden seien, die ersten Zeichen der Ansteckung vom ersten Monat ihres Lebens an im Ernährungstrakt und den verbundenen Lymphstrukturen zu entdecken seien. Im Gegensatz hierzu seien die Prionen im zentralen Nervensystem erst ab Mitte der Inkubationszeit aufzufinden (vgl. Gutachten der EFSA vom 5. Juni 2008, S. 8 und 9). Im Anhang zu ihrem Gutachten vom 5. Dezember 2007 nimmt die AFSSA Bezug auf ein System der Verbreitung des Erregers von TSE, das drei Phasen umfasst: Die erste Phase, genannt „Phase des Lymphbefalls“, ist durch eine frühzeitige Ansteckung der Lymphstrukturen des Verdauungstrakts und dann der verbundenen Lymphknoten gekennzeichnet und führt nach und nach zur Ansammlung von PrPre in allen sekundären Lymphbildungen. Die zweite Phase, genannt „Phase des Nervenbefalls“, ist durch eine Ansammlung von PrPre zunächst in den Neuronen des mit dem Verdauungstrakt verbundenen peripheren autonomen Nervensystems und dann in denen des zentralen Nervensystems gekennzeichnet. Schließlich ist die dritte Phase, genannt „Phase der zentrifugalen Verbreitung“, die Phase, in der die Krankheit sich ausgehend vom zentralen Nervensystem zu den Randstrukturen wie etwa dem Muskelgewebe hin ausbreitet.
Zur Erhöhung des Risikos, dass Menschen mit TSE bei kleinen Wiederkäuern in Berührung kommen
– Zur Zuführung des Fleischs kleiner Wiederkäuer im Alter von mehr als 18 Monaten zum menschlichen Verzehr
227 Eine erste Abschwächung der geltenden Regeln durch die angefochtenen Maßnahmen bestand in der Zulassung der Zuführung des Fleischs kleiner Wiederkäuer im Alter von mehr als 18 Monaten zum menschlichen Verzehr, die zu einem Bestand gehören, in dem ein Fall anderer TSE als BSE entdeckt wurde, vorausgesetzt, die kleinen Wiederkäuer, die sofort oder binnen zwei Jahren nach der Entdeckung des letzten TSE-Falls in diesem Bestand geschlachtet werden, werden einem „Schnelltest“ unterzogen, dessen Ergebnis negativ ist (vgl. Nr. 2.3 Buchst. b Ziff. iii und Nr. 4 des Anhangs VII der Verordnung Nr. 999/2001 in der durch die angefochtene Verordnung geänderten Fassung).
228 Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass die Infizierung kleiner Wiederkäuer mit der Scrapie unter natürlichen Bedingungen im Allgemeinen bei der Geburt erfolgt (siehe oben, Randnr. 226), dass bei den genetisch empfänglichen Schafen das zentrale Nervensystem durch Prionen infiziert wird, sobald sie 18 Monate alt sind (siehe oben, Randnr. 226), und dass die „Schnelltests“ nahezu 100%ig wirksam sind, wenn sie am Obex vorgenommen werden (siehe oben, Randnr. 119). In Anbetracht dieser Gesichtspunkte und vorbehaltlich der Prüfung der Zuverlässigkeit der Differenzierungstests, die die Annahme erlaubten, dass der „Indexfall“ von einer anderen TSE als BSE befallen sei, durfte die Kommission, ohne einen offensichtlichen Beurteilungsfehler zu begehen, die Auffassung vertreten, dass bei den genetisch empfänglichen Schafen die erste Abschwächung durch die angefochtenen Maßnahmen zu keiner spürbaren Erhöhung des Risikos für den Menschen führt, sich mit Fleisch eines von TSE befallenen Tieres anzustecken, weil der Körper des kleinen Wiederkäuers, von dem das Fleisch stammt, „Schnelltests“ unterzogen wurde und das Ergebnis dieser Tests negativ war. Bei Schafen mit einer geringeren Empfänglichkeit oder bei Ziegen gilt diese Schlussfolgerung dagegen nicht unbedingt. Somit führt die besagte Abschwächungsmaßnahme zu einer gewissen Zunahme der Gefahr, dass Menschen mit TSE bei kleinen Wiederkäuern in Berührung kommen.
229 Die Französische Republik ist ferner der Auffassung, dass die besagte Abschwächungsmaßnahme zu einer Erhöhung des Risikos führe, weil sie die Pflicht, geschlachtete kleine Wiederkäuer im Alter von mehr als 18 Monaten „Schnelltests“ zu unterziehen, auf zwei Jahre ab dem letzten entdeckten TSE-Fall beschränke. Auf dieses Vorbringen erwidert die Kommission, es sei höchst unwahrscheinlich, dass infizierte Tiere nicht innerhalb dieser Zeitspanne entdeckt würden. Die betreffende Maßnahme laufe darauf hinaus, dass während dieser zwei Jahre kein Tier im Alter von mehr als 18 Monaten, das geschlachtet werde, eine Infizierung aufweisen dürfe. Außerdem hat die Kommission in Beantwortung schriftlicher Fragen des Gerichts zu der besagten Abschwächungsmaßnahme erklärt, dass die von den Mitgliedstaaten gemäß Art. 6 Abs. 2 und 4 der Verordnung Nr. 999/2001 übermittelten Informationen keinen Hinweis auf ein Wiederauftreten von Scrapie-Fällen in den Betrieben später als zwei Jahre nach der Entdeckung von Infizierungsfällen enthielten.
230 Insoweit ist es plausibel, dass die Wahrscheinlichkeit, dass mit TSE infizierte, für den Verzehr bestimmte Tiere im Alter von mehr als 18 Monaten nicht binnen zwei Jahren nach dem zuletzt entdeckten TSE-Fall entdeckt werden, überaus gering ist. Da nämlich, wie in Randnr. 226 des vorliegenden Urteils erläutert, die Ansteckung unter natürlichen Bedingungen im Allgemeinen bei der Geburt erfolgt und in einem solchen Fall ab einem Alter von 18 Monaten die Prionen am Obex entdeckt werden können, können „Schnelltests“ an Tieren im Alter von mehr als 18 Monaten als sehr zuverlässig betrachtet werden.
231 Die letztgenannte Einschätzung liefert indessen keine genaue Angabe über das durch den menschlichen Verzehr des Fleischs kleiner Wiederkäuer im Alter von mehr als 18 Monaten, die binnen zwei Jahren nach der Entdeckung des letzten TSE-Falls in einer Herde geschlachtet werden, hervorgerufene Risiko, dass Menschen mit den TSE bei kleinen Wiederkäuern in Berührung kommen. Diese Einschätzung hängt potenziell von der Häufigkeit der Schlachtung kleiner Wiederkäuer im Alter von mehr als 18 Monaten innerhalb dieser Herde ab. Die Kommission hat aber nichts vorgebracht, was eine Bewertung dieses Faktors zulassen würde.
232 Im Übrigen ist, soweit die Kommission vorbringt, dass die von den Mitgliedstaaten gemäß Art. 6 Abs. 2 und 4 der Verordnung Nr. 999/2001 übermittelten Informationen keinen Hinweis auf ein Wiederauftreten von Scrapie-Fällen später als zwei Jahre nach der Entdeckung von TSE-Fällen enthielten, festzustellen, dass sie diese Daten nicht beigebracht hat. Im Übrigen ist das Vorbringen der Französischen Republik in der mündlichen Verhandlung, dass diese Daten keinen Hinweis auf das besagte Wiederauftreten lieferten, weil die betreffende Abschwächungsmaßnahme noch nicht in Kraft gewesen sei, plausibel.
233 Demnach ist davon auszugehen, dass die erste Abschwächungsmaßnahme im Rahmen der angefochtenen Maßnahmen zu einer Erhöhung des Risikos führen kann, dass Menschen mit TSE bei kleinen Wiederkäuern in Berührung kommen.
– Zur Zuführung des Fleischs kleiner Wiederkäuer im Alter zwischen 3 und 18 Monaten zum menschlichen Verzehr
234 Die zweite Abschwächung der geltenden Regeln durch die angefochtenen Maßnahmen besteht in der Erlaubnis der Zuführung zum menschlichen Verzehr von Fleisch kleiner Wiederkäuer im Alter zwischen 3 und 18 Monaten aus Herden, in denen ein Fall anderer TSE als BSE entdeckt wurde, ohne dass die Körper dieser kleinen Wiederkäuer „Schnelltests“ unterworfen worden wären.
235 Das Fehlen von „Schnelltests“ an geschlachteten kleinen Wiederkäuern im Alter von 3 bis 18 Monaten ist unstreitig. Es erklärt sich dadurch, dass die Prionen, bevor die kleinen Wiederkäuer ein Alter von 18 Monaten erreicht haben, den Obex kranker kleiner Wiederkäuer noch nicht in ausreichender Menge befallen haben, so dass „Schnelltests“ am Obex dieser Tiere nicht zuverlässig sein können (vgl. Gutachten der EFSA vom 5. Juni 2008, S. 9).
236 Die Kommission räumt im Übrigen ein, dass diese Maßnahmen eine „mathematische Zunahme“ des Risikos herbeiführen, dass Menschen mit TSE bei kleinen Wiederkäuern in Berührung kommen.
237 Vor der Würdigung der Bedeutung der Zunahme des Risikos, dass Menschen mit TSE bei kleinen Wiederkäuern in Berührung kommen, ist festzuhalten, dass drei Faktoren diese Würdigung beeinflussen können: die Wirksamkeit der Entfernung der SRM, das Alter der dem menschlichen Verzehr zugeführten kleinen Wiederkäuer und der Genotyp der zum menschlichen Verzehr bestimmten Schafe.
238 Zu den SRM gehören einerseits der Schädel einschließlich Gehirn und Augen, die Tonsillen und das Rückenmark von kleinen Wiederkäuern, die über zwölf Monate alt sind oder bei denen ein bleibender Schneidezahn das Zahnfleisch durchbrochen hat, und andererseits die Milz von kleinen Wiederkäuern aller Altersklassen (vgl. Nr. 1 des Anhangs V der Verordnung Nr. 999/2001). Ihre Entfernung bedeutet eine Begrenzung der infizierten Gewebe, die gegebenenfalls infolge des Erlasses der angefochtenen Maßnahmen dem menschlichen Verzehr zugeführt werden können.
239 Für das Alter der geschlachteten kleinen Wiederkäuer gilt, da die TSE-Ansteckung eines kleinen Wiederkäuers unter natürlichen Bedingungen im Allgemeinen bei der Geburt erfolgt, sich aber erst nach und nach im Organismus ausbreitet: je jünger das Schlachtalter, umso geringer das Risiko. Dies ist mittelbar von der Französischen Republik in der mündlichen Verhandlung anerkannt worden, denn sie hat vorgebracht, dass bis zum Alter von drei Monaten davon ausgegangen werden müsse, dass das vom Prion infizierte Tier nicht genügend TSE aufgebaut habe, um die menschliche Gesundheit zu gefährden. Die Parteien haben indessen keine genauen Angaben zur Zahl der kleinen Wiederkäuer gemacht, die je Altersgruppe in Europa geschlachtet werden.
240 Zum Genotyp der geschlachteten Schafe ist schließlich festzuhalten, dass bei den Tieren des resistenten Genotyps, d. h. des Genotyps ARR/ARR, aus einer Herde, in der ein Fall anderer TSE als BSE entdeckt wurde, unbestritten ist, dass das Risiko der Ansteckung mit klassischer Scrapie äußerst gering ist, auch wenn es nicht ganz auszuschließen ist (vgl. Randnr. 18 des vorliegenden Urteils). Demgegenüber ist bei den Tieren des empfänglichen Genotyps, d. h. des Genotyps VRQ/VRQ, aus einer Herde, in der ein Fall anderer TSE als BSE entdeckt wurde, das Risiko der Ansteckung eines kleinen Wiederkäuers aus dieser Herde mit klassischer Scrapie hoch. Damit bewirkt die Zuführung zum menschlichen Verzehr von Fleisch kleiner Wiederkäuer des empfänglichen Genotyps aus einer Herde, in der ein TSE-Fall entdeckt wurde, eine Zunahme des Risikos, dass Menschen mit TSE bei kleinen Wiederkäuern in Berührung kommen.
– Zum Umfang der Zunahme des Risikos, dass Menschen mit TSE bei kleinen Wiederkäuern in Berührung kommen
241 Die AFSSA hat, wie in den Randnrn. 184 ff. dieses Urteils ausgeführt, zweimal darauf hingewiesen, dass eine quantitative Bewertung der Zunahme des Risikos, dass Menschen mit TSE bei kleinen Wiederkäuern in Berührung kommen, zu der der Erlass der angefochtenen Maßnahmen führe, wegen unzureichender Daten über die tatsächliche Prävalenz der Scrapie in allen befallenen Herden und die tatsächliche genetische Struktur der Schafpopulation im Allgemeinen nicht möglich sei.
242 In ihrem Gutachten vom 13. Juni 2007 hat die AFSSA aber eine „Größenordnung“ der Zunahme dieses Risikos angegeben. Sie hat aufgrund von Daten, die in Frankreich gesammelt wurden, angenommen, dass durch die Tests am Obex nur etwa 50 % der infizierten Tiere in den befallenen Herden entdeckt würden und die verbleibenden etwa 50 % auf Tiere in der Inkubationsphase entfielen, die Infektionsherde in ihren Lymphorganen aufwiesen. In ihrem Gutachten vom 5. Dezember 2007 hat die AFSSA die Repräsentativität des in ihrem Gutachten vom 13. Juni 2007 angegebenen Werts von 50 % bestätigt.
243 Trotz der Unvollkommenheit der Schätzungen der AFSSA führt der Erlass der angefochtenen Maßnahmen daher zu einer nicht unbeträchtlichen Zunahme des Risikos, dass Menschen wegen der Zuführung des Fleischs von Tieren, die von einer TSE befallen sind, zum menschlichen Verzehr mit TSE bei kleinen Wiederkäuern in Berührung kommen.
244 Das Vorbringen der Kommission kann diese nicht unbeträchtliche Zunahme des Risikos, dass Menschen mit TSE bei kleinen Wiederkäuern in Berührung kommen, nicht in Frage stellen.
245 Zur Auffassung der Kommission, dass die „Schnelltests“ die große Mehrzahl der Tiere des empfänglichen Genotyps aufdeckten, weil diese mehr oder weniger 50 % der Schafpopulation ausmachten, und dass die „Schnelltests“ die empfänglichen Tiere viel rascher fänden, ist darauf hinzuweisen, dass zwar dem Gutachten der EFSA vom 5. Juni 2008 entnommen werden kann, dass die von einer TSE befallenen empfänglichen Tiere ab einem Alter zwischen 12 und 18 Monaten durch „Schnelltests“ am Obex wirksam ausfindig gemacht werden können, doch hat die AFSSA angegeben, dass 50 % der nicht entdeckten Tiere den Tieren in der Inkubationsphase entsprächen, die Erreger in ihren Lymphorganen aufwiesen. Daher berührt die schnellere Auffindung der Tiere des empfänglichen Genotyps nicht die Einschätzung der AFSSA, dass durch die Tests am Obex nur etwa 50 % der infizierten Tiere entdeckt würden (vgl. Randnr. 242 des vorliegenden Urteils).
246 Soweit sich die Kommission auf die Entfernung der SRM beruft, hat die AFSSA in ihrem Gutachten vom 15. Januar 2007 die Auffassung vertreten, dass „bei den Tieren des empfänglichen Genotyps (ohne ARR-Allel) auch die ausgedehnte Entfernung der SRM am Kopf und in den Eingeweiden nicht sämtliche Gewebe beseitigen kann, die erhebliche Mengen von Erregern aufweisen“. Auch wenn die Entfernung der SRM dazu beiträgt, das Risiko, dass Menschen mit TSE bei kleinen Wiederkäuern in Berührung kommen, zu begrenzen, kann diese Maßnahme daher nicht die Einschätzung in Frage stellen, dass die Zunahme dieses Risiko nicht unbeträchtlich ist.
247 Außerdem entkräftet die Schätzung der Kommission während des Verfahrens unabhängig von der Frage ihrer wissenschaftlichen Stichhaltigkeit nicht die grobe Bewertung der AFSSA, aus der eine nicht unbeträchtliche Zunahme der Exposition des Menschen gegenüber TSE bei Schafen und Ziegen im Anschluss an den Erlass der angefochtenen Maßnahmen abgeleitet werden kann.
248 Ungeachtet dessen ist jedoch darauf hinzuweisen, dass die Französische Republik nichts vorgebracht hat, was die Einschätzung der Kommission in Frage stellen könnte, dass die mit dem Erlass der angefochtenen Maßnahmen einhergehende Erhöhung des Risikos, dass Menschen mit TSE bei kleinen Wiederkäuern in Berührung kommen, eindeutig geringer ist als diejenige, die die Abschwächung des Überwachungsprogramms durch die Verordnung Nr. 727/2007 mit sich bringt.
Zur Erhöhung des Risikos für die menschliche Gesundheit
– Einleitung
249 Die Erhöhung des Risikos, dass Menschen mit TSE bei kleinen Wiederkäuern in Berührung kommen, infolge der angefochtenen Maßnahmen reicht nicht für die Feststellung einer Verletzung des Vorsorgeprinzips oder der Pflicht der Kommission nach Art. 152 Abs. 1 EG und Art. 24a der Verordnung Nr. 999/2001 aus, ein möglichst hohes Niveau des Schutzes der menschlichen Gesundheit sicherzustellen. Eine solche Verletzung kann nämlich nur dann festgestellt werden, wenn der Erlass der angefochtenen Maßnahmen und damit die Erhöhung des Risikos, dass Menschen mit TSE bei kleinen Wiederkäuern in Berührung kommen, zu Risiken für die menschliche Gesundheit führen, die das gesellschaftlich annehmbar erscheinende Niveau übersteigen.
250 Um beurteilen zu können, ob der Kommission bei ihrem Risikomanagement ein offensichtlicher Beurteilungsfehler unterlaufen ist, ist zu prüfen, ob die Kommission ohne offensichtlichen Beurteilungsfehler davon ausgehen durfte, dass die angefochtenen Maßnahmen geeignet waren, ein hohes Niveau des Schutzes der menschlichen Gesundheit sicherzustellen. Hierbei ist zu unterscheiden zwischen der Frage des Risikos für die menschliche Gesundheit, infolge des Erlasses der angefochtenen Maßnahmen mit Fleisch von kleinen Wiederkäuern, das mit BSE kontaminiert ist, in Berührung zu kommen, und der Frage des Risikos für die menschliche Gesundheit, infolge des Erlasses der angefochtenen Maßnahmen mit Fleisch von kleinen Wiederkäuern, das mit Scrapie kontaminiert ist, in Berührung zu kommen.
– Zum Risiko für die menschliche Gesundheit beim Verzehr des Fleischs von Schafen oder Ziegen, die von anderen TSE als BSE befallen sind, durch den Menschen
251 Aus den in den Randnrn. 93 ff. des vorliegenden Urteils angeführten Gründen ist davon auszugehen, dass der Kommission mit der Annahme, dass aufgrund der verfügbaren wissenschaftlichen Erkenntnisse das Risiko der Übertragbarkeit anderer TSE-Erreger als BSE bei Schafen und Ziegen auf den Menschen überaus gering war, kein offensichtlicher Beurteilungsfehler unterlaufen ist.
252 Ein überaus geringes Risiko der Übertragbarkeit anderer TSE-Erreger als BSE bei kleinen Wiederkäuern auf den Menschen verringert aber beträchtlich die Auswirkung der Zunahme des mit dem Erlass der angefochtenen Maßnahmen verbundenen Risikos, dass Menschen mit anderen TSE als BSE bei kleinen Wiederkäuern in Berührung kommen, auf die menschliche Gesundheit.
253 Für andere TSE als BSE bei kleinen Wiederkäuern durfte die Kommission daher, ohne einen offensichtlichen Beurteilungsfehler zu begehen, davon ausgehen, dass die angefochtenen Maßnahmen nicht zu einer über das gesellschaftlich annehmbar erscheinende Risikoniveau hinausgehenden Erhöhung des Risikos für die menschliche Gesundheit führen würden.
– Zum Risiko für die menschliche Gesundheit beim Verzehr des Fleischs mit BSE infizierter Schafe oder Ziegen durch den Menschen
254 Bei der Überprüfung der von der Kommission vorgenommenen Bewertung des Risikos für die menschliche Gesundheit, das die angefochtenen Maßnahmen angesichts der Übertragbarkeit von BSE auf den Menschen herbeiführen, ist zunächst auf die Bedeutung der molekularen Differenzierungstests in dem mit den angefochtenen Maßnahmen geschaffenen System hinzuweisen.
255 Die angefochtenen Maßnahmen sehen vor, dass bei Entdeckung eines TSE-Falls in einer allgemeinen Population kleiner Wiederkäuer das infizierte Tier gekeult wird, Entnahmen aus seinem Körper einem molekularen Differenzierungstest unterworfen werden und der Körper beseitigt wird. Ist das Ergebnis des Tests positiv, wird die Herde, aus der das Tier stammt, vollständig beseitigt. Ist aber das Ergebnis des Tests negativ, so kann die Herde, aus der das Tier stammt, dem menschlichen Verzehr zugeführt werden, vorausgesetzt, während eines Zeitraums von zwei Jahren nach Entdeckung des letzten TSE-Falls werden die geschlachteten Tiere im Alter von mehr als 18 Monaten einem Schnelltest unterzogen und dieser Test verläuft negativ.
256 Die molekularen Differenzierungstests, wie sie die angefochtenen Maßnahmen vorsehen, tragen somit dazu bei, das Risiko, dass Menschen mit BSE bei kleinen Wiederkäuern in Berührung kommen, zu verringern, indem sie es erlauben, die Zuführung von Fleisch aus einer Herde, in der ein Fall von BSE entdeckt wurde, zum menschlichen Verzehr auszuschließen. Ein Versagen dieses Tests hat insbesondere zur Folge, dass die Herde, in der ein Fall von BSE aufgetreten ist, zum menschlichen Verzehr freigegeben werden kann, ohne dass die Tiere im Alter von unter 18 Monaten irgendeinem Test unterzogen würden.
257 Die molekularen Differenzierungstests sind allerdings nicht durch die angefochtenen Maßnahmen in die Verordnung Nr. 999/2001 eingefügt worden. Diese Tests sind seit 2005 Teil der Verordnung Nr. 999/2001, um unter den TSE-Fällen im Anschluss an die aktive Überwachung die BSE-Fälle oder Verdachtsfälle zu ermitteln (vgl. Randnr. 27 des vorliegenden Urteils). Die Französische Republik hat die Zuverlässigkeit dieser Tests in diesem Kontext jedoch nicht in Frage gestellt.
258 Die EFSA hat in ihren Gutachten vom 8. März 2007 und vom 24. Januar 2008 die Auffassung vertreten, dass aufgrund der verfügbaren Daten die molekularen Differenzierungstests als Instrumente angesehen werden sollten, die für die Entdeckung von TSE-Fällen vor Ort gemäß Anhang X Kapitel C Nr. 3.2 Buchst. c der Verordnung Nr. 999/2001 eingesetzt werden könnten und die es erlaubten, das Ziel einer schnellen und reproduzierbaren Identifizierung der TSE-Fälle, deren Signatur mit der klassischen BSE kompatibel sei, zu erreichen.
259 Die AFSSA und die EFSA haben allerdings ebenfalls die Auffassung vertreten, dass die molekularen Differenzierungstests nicht als perfekt gelten könnten. Diese fehlende Perfektion beruhe darauf, dass es derzeit an Wissen über die tatsächliche Vielfalt der TSE-Erreger bei Schafen und Ziegen sowie über die Interaktion der Erreger im Fall einer Koinfektion fehle (vgl. Gutachten der EFSA vom 8. März 2007, S. 7, und vom 24. Januar 2008, S. 7). Auch wenn keine wissenschaftliche Erkenntnis eine solche Koinfektion unter natürlichen Bedingungen belegt (vgl. Randnr. 154 des vorliegenden Urteils), kann diese doch nicht ausgeschlossen werden. Die fehlende Perfektion der molekularen Differenzierungstests folgt auch aus der unvollständigen Bewertung ihrer Empfindlichkeit und ihrer Spezifizität. Die AFSSA hat in ihrem Gutachten vom 20. Juli 2006 etwa erklärt, dass, wenn die Empfindlichkeit der Differenzierungstests mit 100 % angesetzt werde, die untere Grenze des Vertrauensintervalls dieser Empfindlichkeit 82,35 % betrage, weil der Ansatz für die Empfindlichkeit nur von 19 kleinen Wiederkäuern herrühre, die experimentell mit BSE infiziert worden seien. In ihrem Gutachten vom 25. Januar 2007 hat die EFSA hinzugefügt, dass die Grenzen dieser Bewertung der molekularen Differenzierungstests zum Teil von der fehlenden Entdeckung natürlicher BSE-Fälle bei Schafen und Ziegen herrührten. Nach ihren Angaben sind die molekularen Differenzierungstests entwickelt worden, um die klassische BSE von den anderen TSE zu unterscheiden. Sie seien daher nicht in Bezug auf ihre Eignung zur Unterscheidung von BSE des Typs L oder H von anderen TSE bewertet worden.
260 Die angefochtenen Maßnahmen können somit nicht ausschließen, dass Fleisch aus einer Herde, in der ein Tier mit BSE infiziert wurde, dem menschlichen Verzehr zugeführt wird.
261 Aus den in den Randnrn. 157 ff. des vorliegenden Urteils angeführten Gründen durfte die Kommission jedoch, ohne einen offensichtlichen Beurteilungsfehler zu begehen, annehmen, dass die Prävalenz der klassischen BSE bei kleinen Wiederkäuern sehr gering sei. Außerdem war zum Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Maßnahmen ein einziger Fall klassischer BSE bei kleinen Wiederkäuern bestätigt worden; er betraf eine Ziege, die mit Tiermehl gefüttert worden war, was nunmehr verboten ist.
262 Da die molekularen Differenzierungstests nach Meinung der EFSA das Ziel einer raschen und wiederholbaren Ermittlung der TSE-Fälle erreichen, deren Signatur mit der klassischen BSE übereinstimmt, da die geschätzte Prävalenz der klassischen BSE bei kleinen Wiederkäuern sehr gering ist, da nur ein BSE-Fall bei kleinen Wiederkäuern festgestellt wurde und da nur bei einer sehr geringen Zahl von TSE-Fällen noch die Prüfung läuft, um definitiv festzustellen, ob es sich um TSE oder BSE handelt, durfte die Kommission, ohne einen offensichtlichen Beurteilungsfehler zu begehen, davon ausgehen, dass das mit dem Erlass der angefochtenen Maßnahmen einhergehende zusätzliche Risiko, dass Menschen mit der klassischen BSE bei kleinen Wiederkäuern in Berührung kommen, nicht zu Risiken für die menschliche Gesundheit führen würde, die das gesellschaftlich annehmbar erscheinende Risikoniveau überschritten.
263 Zum Risiko, dass Menschen mit anderen BSE-Erregerstämmen als der klassischen BSE in Berührung kommen, hat die EFSA in ihrem Gutachten vom 25. Januar 2007 die Auffassung vertreten, dass Bedeutung, Ursprung und Übertragbarkeit der BSE vom Typ L oder H zu diesem Zeitpunkt rein spekulativ seien. Die Autoren des von der Französischen Republik angeführten wissenschaftlichen Beitrags haben diese Einschätzung nicht entkräftet, sondern lediglich eine mögliche Übertragbarkeit der BSE vom Typ L auf den Menschen erwogen.
264 Da weitere Indizien fehlten, durfte die Kommission, ohne einen offensichtlichen Beurteilungsfehler zu begehen, annehmen, dass das mit dem Erlass der angefochtenen Maßnahmen einhergehende zusätzliche Risiko, dass Menschen mit anderen BSE-Typen als der klassischen BSE bei kleinen Wiederkäuern in Berührung kommen, nicht zu Risiken für die menschliche Gesundheit führen würde, die das gesellschaftlich annehmbar erscheinende Risikoniveau überschritten.
Ergebnis
265 Nach alledem durfte die Kommission, ohne einen offensichtlichen Beurteilungsfehler zu begehen, aufgrund der ihr zur Verfügung stehenden wissenschaftlichen Daten davon ausgehen, dass die mit dem Erlass der angefochtenen Maßnahmen einhergehende Zunahme des Risikos, dass Menschen mit TSE bei kleinen Wiederkäuern in Berührung kommen, nicht zu Risiken für die menschliche Gesundheit führen würde, die das gesellschaftlich annehmbar erscheinende Risikoniveau überschritten.
266 Demgemäß hat die Kommission mit dem Erlass der beanstandeten Maßnahmen das Vorsorgeprinzip sowie die in Art. 152 Abs. 1 EG und in Art. 24a der Verordnung Nr. 999/2001 verankerte Pflicht zur Sicherstellung eines hohen Gesundheitsschutzniveaus nicht verletzt. Die Klage ist daher abzuweisen.
Kosten
267 Nach Art. 87 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Französische Republik mit ihrem Vorbringen unterlegen ist, sind ihr gemäß dem Antrag der Kommission ihre eigenen Kosten und die Kosten der Kommission in den Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes und im Verfahren zur Hauptsache aufzuerlegen.
268 Gemäß Art. 87 § 4 der Verfahrensordnung, wonach Mitgliedstaaten, die dem Rechtsstreit als Streithelfer beigetreten sind, ihre eigenen Kosten tragen, sind dem Vereinigten Königreich seine eigenen Kosten aufzuerlegen.
Aus diesen Gründen hat
DAS GERICHT (Dritte erweiterte Kammer)
für Recht erkannt und entschieden:
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Französische Republik trägt ihre eigenen Kosten und die Kosten der Europäischen Kommission im Verfahren zur Hauptsache und in den Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes.
3. Das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland trägt seine eigenen Kosten.
Azizi |
Cremona |
Labucka |
Frimodt Nielsen |
O’Higgins |
Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 9. September 2011.
Unterschriften
Inhaltsverzeichnis
Rechtlicher Rahmen
1. Verordnung Nr. 178/2002
2. Verordnung Nr. 999/2001
Streitige Maßnahmen
Sachverhalt
1. Transmissible spongiforme Enzephalopathien
2. Spongiforme Enzephalopathie bei Rindern
3. Scrapie
4. Entwicklung der Gemeinschaftspolitik zur Bekämpfung von TSE bei Schafen und Ziegen
Verfahren
Anträge der Beteiligten
Zur Begründetheit
1. Grundsätzliche Erwägungen
Zum Schutz der menschlichen Gesundheit
Zum Vorsorgeprinzip
Begriffsbestimmung
Bewertung der Gefahren
– Einleitung
– Zur wissenschaftlichen Bewertung der Risiken
– Zur Bestimmung des Risikoniveaus
Risikomanagement
Zum Umfang der gerichtlichen Kontrolle
2. Zum einzigen Klagegrund der Verletzung des Vorsorgeprinzips
3. Zur Risikobewertung
Einleitung
Zu den Rügen fehlender Berücksichtigung und fehlerhafter Bewertung wissenschaftlicher Unsicherheiten bei der Übertragbarkeit anderer TSE als BSE auf den Menschen
Zur Rüge der fehlenden Befragung wissenschaftlicher Experten zur Zuverlässigkeit der „Schnelltests“
Einleitende Erwägungen
Zum Einsatz der „Schnelltests“ zu anderen als epidemiologischen Zwecken
Zum Fehlen von Angaben in den Gutachten der EFSA vom 17. Mai und vom 26. September 2005 zur Zuverlässigkeit der „Schnelltests“, wenn kleine Wiederkäuer noch keine ausreichende Akkumulierung von Prionen im Hirnstamm aufweisen
Zu den Rügen bezüglich der Differenzierungstests
Einleitung
Zur Rüge fehlender Berücksichtigung wissenschaftlicher Unsicherheiten bei der Zuverlässigkeit der Differenzierungstests
Zur Rüge der voreingenommenen Verwendung des Gutachtens der EFSA vom 24. Januar 2008
– Einleitung
– Zum Risiko der Koinfektion
– Zur Prävalenz der BSE bei kleinen Wiederkäuern
Zur Berücksichtigung der Gutachten der AFSSA vom 8. Oktober 2008 und der EFSA vom 22. Oktober 2008
Zur Rüge der fehlenden Würdigung der Risikoerhöhung infolge des Erlasses der angefochtenen Maßnahmen
4. Zum Risikomanagement
Kurze Darstellung des Vorbringens der Beteiligten
Vorbemerkungen
Zu den neuen Gesichtspunkten
Zur Rüge eines offensichtlichen Beurteilungsfehlers beim Risikomanagement
Einleitung
Zur Erhöhung des Risikos, dass Menschen mit TSE bei kleinen Wiederkäuern in Berührung kommen
– Zur Zuführung des Fleischs kleiner Wiederkäuer im Alter von mehr als 18 Monaten zum menschlichen Verzehr
– Zur Zuführung des Fleischs kleiner Wiederkäuer im Alter zwischen 3 und 18 Monaten zum menschlichen Verzehr
– Zum Umfang der Zunahme des Risikos, dass Menschen mit TSE bei kleinen Wiederkäuern in Berührung kommen
Zur Erhöhung des Risikos für die menschliche Gesundheit
– Einleitung
– Zum Risiko für die menschliche Gesundheit beim Verzehr des Fleischs von Schafen oder Ziegen, die von anderen TSE als BSE befallen sind, durch den Menschen
– Zum Risiko für die menschliche Gesundheit beim Verzehr des Fleischs mit BSE infizierter Schafe oder Ziegen durch den Menschen
Ergebnis
Kosten
* Verfahrenssprache: Französisch.