Parteien
Entscheidungsgründe
Tenor

Parteien

In den verbundenen Rechtssachen T‑101/05 und T‑111/05

BASF AG mit Sitz in Ludwigshafen (Deutschland), Prozessbevollmächtigte: N. Levy, Barrister, J. Temple-Lang, Solicitor, und C. Feddersen, Rechtsanwalt,

Klägerin in der Rechtssache T‑101/05,

UCB SA mit Sitz in Brüssel (Belgien), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte J. Bourgeois, J.‑F. Bellis und M. Favart,

Klägerin in der Rechtssache T‑111/05,

gegen

Kommission der Europäischen Gemeinschaften, in der Rechtssache T‑101/05 vertreten durch A. Whelan und F. Amato und in der Rechtssache T‑111/05 zunächst durch O. Beynet und F. Amato, dann durch X. Lewis und F. Amato als Bevollmächtigte,

Beklagte,

wegen Nichtigerklärung oder Herabsetzung der Geldbußen, die mit der Entscheidung 2005/566/EG der Kommission vom 9. Dezember 2004 in einem Verfahren nach Artikel 81 EG und Artikel 53 EWR‑Abkommen (Sache COMP IV/E-2/37.533 – Cholinchlorid) (Zusammenfassung in ABl. L 190, S. 22) gegen die Klägerinnen verhängt wurden,

erlässt

DAS GERICHT ERSTER INSTANZ DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN (Zweite Kammer)

unter Mitwirkung des Richters A. W. H. Meij in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten sowie der Richter N. J. Forwood und S. Papasavvas,

Kanzler: C. Kantza, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 13. Februar 2007

folgendes

Urteil

Entscheidungsgründe

Vorgeschichte des Rechtsstreits und angefochtene Entscheidung

1. Mit der Entscheidung 2005/566/EG vom 9. Dezember 2004 in einem Verfahren nach Artikel 81 EG und Artikel 53 EWR-Abkommen (Sache COMP IV/E-2/37.533 – Cholinchlorid) (Zusammenfassung in ABl. L 190, S. 22) (im Folgenden: Entscheidung) stellte die Kommission fest, dass mehrere Unternehmen durch ihre Beteiligung an einem Komplex von Vereinbarungen und aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen bestehend aus der Festsetzung von Preisen, der Aufteilung des Marktes und der Vereinbarung von Maßnahmen gegen Wettbewerber im Cholinchloridsektor im EWR gegen Art. 81 Abs. 1 EG und Art. 53 des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) verstoßen hätten (Art. 1 der Entscheidung).

2. Zu dem genannten Produkt führt die Kommission aus, dass Cholinchlorid Bestandteil der B-Komplex-Gruppe der wasserlöslichen Vitamine (Vitamin B4) sei. Es werde überwiegend in der Futtermittelindustrie (Geflügel und Schweine) als Zusatz verwendet. Es komme entweder in einer 70%-Wasserlösung oder aufgesprüht auf einen trockenen Getreide- oder Kieselerdeträger mit einer Potenz von 50 % bis 60 % auf den Markt. Der Teil des Cholinchlorids, der nicht als Futtermittelzusatz verwendet werde, werde weiter zu Lebensmittelqualität (pharmazeutische Qualität) gereinigt. Auf dem Cholinchloridmarkt seien neben den Herstellern zum einen die Verarbeiter, die flüssiges Cholinchlorid von den Herstellern bezögen und es entweder für den Hersteller oder auf eigene Rechnung zu Cholinchlorid in Trägerverbindungen verarbeiteten, und zum anderen die Vertriebsunternehmen tätig.

3. Aus dem dritten Erwägungsgrund der Entscheidung ergibt sich, dass die Kommission Ermittlungen in der weltweiten Cholinchloridbranche einleitete, nachdem im April 1999 ein Antrag des amerikanischen Anbieters Bioproducts auf Anwendung der Kronzeugen-Mitteilung bei ihr eingegangen war. Die Untersuchungen hätten den Zeitraum von 1992 bis Ende 1998 umfasst. In Erwägungsgrund 45 der Entscheidung führt die Kommission aus, dass der kanadische Hersteller Chinook sie bereits am 25. November 1998 sowie am 3. und am 16. Dezember 1998 wegen der fraglichen Kartellabsprachen angesprochen habe; zu diesem Zeitpunkt habe sie jedoch keine Untersuchung eingeleitet.

4. Was den EWR betrifft, wurde das in Rede stehende Kartell nach Erwägungsgrund 64 der Entscheidung auf zwei verschiedenen, aber eng miteinander verbundenen Ebenen umgesetzt: der weltweiten und der europäischen Ebene. Auf weltweiter Ebene hätten die Hersteller Bioproducts (Vereinigte Staaten), Chinook (Kanada), Chinook Group Limited (Kanada), DuCoa (Vereinigte Staaten), fünf Gesellschaften der Gruppe Akzo Nobel (Niederlande) und die Klägerinnen von Juni 1992 bis April 1994 (direkt oder indirekt) an wettbewerbsbeschränkenden Aktivitäten teilgenommen. Diese Aktivitäten hätten im Wesentlichen das Ziel gehabt, weltweit, auch im EWR, die Preise zu erhöhen, die Verarbeiter, auch im EWR, zu kontrollieren, um zu verhindern, dass diese die vereinbarten Erhöhungen gefährdeten, sowie den weltweiten Markt durch den Rückzug der nordamerikanischen Hersteller aus dem europäischen Markt und im Gegenzug den Rückzug der europäischen Hersteller aus dem nordamerikanischen Markt aufzuteilen. Die Kommission führt neun Treffen des Kartells auf weltweiter Ebene von 1992 (in Mexiko Stadt, Mexiko) bis April 1994 (in Johor Bahru, Malaysia) an. Das wichtigste Treffen sei das Treffen in Ludwigshafen (Deutschland) im November 1992 gewesen.

5. Nur die europäischen Hersteller (BASF AG, UCB SA und fünf Unternehmen der Gruppe Akzo Nobel) hätten an den Treffen zur Umsetzung des Kartells auf europäischer Ebene teilgenommen, das von März 1994 bis Oktober 1998 gedauert habe. Die Kommission stellt fest, dass von März 1994 (in Schoten, Belgien) bis Oktober 1998 (in Brüssel, Belgien, oder Aachen, Deutschland) fünfzehn Treffen zu diesem Thema stattgefunden hätten. Nach Erwägungsgrund 65 der Entscheidung dienten diese Treffen der Fortsetzung der weltweiten Vereinbarung. Ziel dieser Treffen seien regelmäßige Preiserhöhungen im EWR in Verbindung mit einer Marktaufteilung und einer Zuordnung der einzelnen Kunden sowie die Kontrolle der Verarbeiter in Europa zur Wahrung eines hohen Preisniveaus gewesen.

6. Nach den Beurteilungen der Kommission waren die weltweiten und die europäischen Absprachen, was den EWR betrifft, zusammen Bestandteil eines Gesamtplans, mit dem die Vorgehensweisen der Mitglieder des Kartells festgelegt und ihr jeweiliges geschäftliches Verhalten beschränkt wurde, um ein einziges wettbewerbswidriges wirtschaftliches Ziel zu verfolgen, nämlich die Beschränkung der normalen Wettbewerbsbedingungen im EWR. Nach Ansicht der Kommission sind die Absprachen auf weltweiter und auf europäischer Ebene daher als einzige und fortgesetzte komplexe Zuwiderhandlung betreffend den EWR anzusehen, an der die nordamerikanischen Hersteller für eine gewisse Zeit und die europäischen Hersteller im gesamten Zeitraum teilgenommen hätten.

7. Zur Bestimmung der Adressaten der Entscheidung führt die Kommission in Erwägungsgrund 166 der Entscheidung aus, dass fünf Unternehmen der Gruppe Akzo Nobel (im Folgenden zusammen: Akzo Nobel), BASF, Bioproducts, Chinook, DuCoa und UCB für die Zuwiderhandlung verantwortlich zu machen seien. Die Entscheidung richtete sich hingegen nicht an Ertisa, ein spanisches Unternehmen, das 50 % des spanischen Markts hielt, da die Kommission laut deren Erwägungsgrund 178 die Anhaltspunkte dafür, Ertisa die vermuteten Zuwiderhandlungen anzulasten, für unzureichend hielt.

8. In Art. 3 der Entscheidung gab die Kommission den Adressatinnen auf, die in Art. 1 der Entscheidung genannten Zuwiderhandlungen unverzüglich einzustellen, falls sie dies noch nicht getan hätten, und sich künftig der festgestellten rechtswidrigen Handlungen oder Verhaltensweisen sowie aller Maßnahmen mit gleichem Zweck oder gleicher Wirkung zu enthalten.

9. Was die Verhängung der Geldbußen betrifft, ging die Kommission davon aus, dass die nordamerikanischen Hersteller (Bioproducts, Chinook und DuCoa) ihre Teilnahme an der Zuwiderhandlung spätestens am 20. April 1994 bei dem Treffen in Johor Bahru (siehe oben, Randnr. 4) beendet hätten. Nach Erwägungsgrund 165 der Entscheidung hatte die Kommission keine Nachweise für weitere Zusammenkünfte oder Kontakte mit nordamerikanischen Herstellern, bei denen diese ihre Preise für den EWR festgesetzt oder ihre ursprüngliche Zusage, nicht nach Europa zu liefern, bekräftigt hätten. Da die Kommission in Bezug auf diese Zuwiderhandlung am 26. Mai 1999, d. h. mehr als fünf Jahre nach Beendigung der Beteiligung der nordamerikanischen Hersteller, erstmals tätig wurde, verhängte sie gemäß Art. 1 der Verordnung (EWG) Nr. 2988/74 des Rates vom 26. November 1974 über die Verfolgungs‑ und Vollstreckungsverjährung im Verkehrs‑ und Wettbewerbsrecht der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (ABl. L 319, S. 1) und Art. 25 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates vom 16. Dezember 2002 zur Durchführung der in den Artikeln 81 [EG] und 82 [EG] niedergelegten Wettbewerbsregeln (ABl. 2003, L 1, S. 1) keine Geldbuße gegen diese Hersteller.

10. Die Beteiligung der europäischen Hersteller hingegen dauerte der Kommission zufolge bis zum 30. September 1998; sie verhängte daher Geldbußen in einer Gesamthöhe von 66,34 Millionen Euro gegen sie.

11. Die Höhe der Geldbußen wurde von der Kommission nach ihren Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen, die gemäß Artikel 15 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17 und gemäß Artikel 65 Absatz 5 EGKS-Vertrag festgesetzt werden (ABl. 1998, C 9, S. 3, im Folgenden: Leitlinien), und ihrer Mitteilung über die Nichtfestsetzung oder die niedrigere Festsetzung von Geldbußen in Kartellsachen (ABl. 1996, C 207, S. 4, im Folgenden: Mitteilung über Zusammenarbeit von 1996) festgesetzt.

12. In Erwägungsgrund 187 der Entscheidung führt die Kommission die allgemeinen Kriterien auf, auf deren Grundlage sie die Höhe der Geldbußen festgesetzt hat. Sie bringt ihre Absicht zum Ausdruck, alle maßgeblichen Umstände, insbesondere die Schwere und Dauer der Zuwiderhandlung, zu berücksichtigen, die Geldbuße hinreichend abschreckend zu gestalten, die von den einzelnen Unternehmen bei der Zuwiderhandlung gespielte Rolle im Einzelfall zu würdigen sowie eventuelle erschwerende oder mildernde Umstände zu berücksichtigen und gegebenenfalls die Mitteilung über Zusammenarbeit anzuwenden.

13. Was die Schwere der Zuwiderhandlung angeht, berücksichtigte die Kommission deren Beschaffenheit (Preisfestsetzungen, Marktaufteilung, Kundenzuteilung, vereinbartes Vorgehen gegen die Wettbewerber), ihre konkreten Auswirkungen auf dem Markt aufgrund ihrer Umsetzung sowie den Umfang des räumlich relevanten Markts (der gesamte EWR) und kam zu dem Schluss, dass die Unternehmen, an die sich die Entscheidung richtete, eine besonders schwere Zuwiderhandlung gegen Art. 81 Abs. 1 EG und Art. 53 Abs. 1 EWR-Abkommen begangen hätten (Erwägungsgründe 190 bis 198 der Entscheidung). Dieser Schweregrad rechtfertige nach den Leitlinien die Verhängung einer Geldbuße von mehr als 20 Millionen Euro. In Erwägungsgrund 199 der Entscheidung kündigte die Kommission jedoch an, dass sie den relativ geringen Wert des Cholinchloridmarkts im EWR berücksichtigen werde (52,6 Millionen Euro im Jahre 1997, dem letzten vollen Jahr der Zuwiderhandlung).

14. Die Kommission erklärte, dass sie zur Festsetzung des Ausgangsbetrags der Geldbußen die beteiligten Unternehmen unterschiedlich behandeln werde, um ihre wirtschaftliche Fähigkeit zu berücksichtigen, den Wettbewerb in unterschiedlichem Maße erheblich zu beeinträchtigen. Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die Zuwiderhandlung auf weltweiter Ebene mit der Teilnahme nordamerikanischer Unternehmen begonnen habe, die u. a. eingewilligt hätten, sich aus dem europäischen Markt zurückzuziehen, hielt die Kommission es daher für angemessen, die weltweiten Marktanteile der an der Zuwiderhandlung beteiligten Unternehmen bei der Ermittlung ihres jeweiligen Gewichts zugrunde zu legen (Erwägungsgründe 200 und 201 der Entscheidung).

15. Auf der Grundlage der im Jahre 1997 gehaltenen Anteile am Weltmarkt ordnete die Kommission somit Chinook mit einem Marktanteil von 19,3 % der ersten Gruppe, DuCoa mit einem Marktanteil von 16,3 % der zweiten Gruppe, UCB, Bioproducts und Akzo Nobel mit Marktanteilen von 13,4 %, 12,2 % und 12 % der dritten Gruppe und BASF mit einem Marktanteil von 9,1 % der vierten Gruppe zu. Infolge dieser Zuordnung wurde der Ausgangsbetrag für UCB auf 12,9 Millionen Euro und für BASF auf 9,4 Millionen Euro festgesetzt. Diese Ausgangsbeträge seien auf der Grundlage eines Ausgangsbetrags der ersten Gruppe von 20 Millionen Euro berechnet worden (Erwägungsgründe 201 und 202 der Entscheidung).

16. Um eine hinreichend abschreckende Wirkung zu gewährleisten, multiplizierte die Kommission unter Berücksichtigung der Umsätze der Klägerinnen im Jahre 2003 (UCB: 3 Milliarden Euro, BASF: 33,4 Milliarden Euro) den Ausgangsbetrag der Geldbuße von BASF mit einem Faktor von 2 (Erwägungsgrund 203 der Entscheidung).

17. Anschließend erhöhte die Kommission für alle Klägerinnen den nach Anwendung der Abschreckungsfaktoren bestimmten Ausgangsbetrag um 10 % für jedes volle Jahr der Zuwiderhandlung und um 5 % für jeden verbleibenden Zeitraum von sechs Monaten oder mehr, jedoch weniger als einem Jahr. Da die Zuwiderhandlung mindestens fünf Jahre und elf Monate (vom 13. Oktober 1992 bis zum 30. September 1998) gedauert habe, erhöhte die Kommission die Ausgangsbeträge um 55 %. Die Grundbeträge der Geldbußen wurden somit für BASF auf 29,14 Millionen Euro und für UCB auf 20 Millionen Euro festgesetzt (Erwägungsgründe 206 und 207 der Entscheidung).

18. BASF wurde Tatwiederholung als erschwerender Umstand entgegengehalten, da gegen sie bereits zwei Mal Untersagungsentscheidungen wegen derselben Art von wettbewerbswidrigem Verhalten ergangen waren. Es handelt sich um die Entscheidung 69/243/EWG der Kommission vom 24. Juli 1969 über ein Verfahren nach Artikel [81 EG] (IV/26 267 – Farbstoffe) (ABl. L 195, S. 11) und die Entscheidung 94/599/EG der Kommission vom 27. Juli 1994 betreffend ein Verfahren nach Artikel [81 EG] (IV/31.865, PVC) (ABl. L 239, S. 14). Der Grundbetrag der gegen BASF verhängten Geldbuße wurde daraufhin um 50 % auf 43,71 Millionen Euro erhöht (Erwägungsgründe 208 und 219 der Entscheidung).

19. Die Kommission wies eine Reihe von Argumenten zurück, die die Klägerinnen als mildernde Umstände vorgebracht hatten, nämlich die frühzeitige Beendigung der Zuwiderhandlung, die Nichtumsetzung der Vereinbarungen, die lange Dauer der Untersuchung, die Krisenlage der Branche und die im Hinblick auf die Anwendung eines Befolgungsprogramms gegen die an der Zuwiderhandlung beteiligten Angestellten ergriffenen Disziplinarmaßnahmen, und ermäßigte schließlich die gegen UCB verhängte Geldbuße wegen Zusammenarbeit außerhalb der Mitteilung über Zusammenarbeit von 1996. UCB habe die Kommission nämlich insbesondere am 26. Juli 1999 über das Vorliegen der Zuwiderhandlung auf europäischer Ebene informiert, indem sie auf neun Treffen hingewiesen habe, die zwischen März 1994 und Oktober 1998 stattgefunden hätten, während die Kommission nur über Auskünfte zur weltweiten Ebene des Kartell verfügt habe. Der Grundbetrag der Geldbuße wurde aufgrund dessen um 25,8 % auf 14,84 Millionen Euro ermäßigt (Erwägungsgründe 218 und 219 der Entscheidung).

20. Zur Anwendung der Mitteilung über Zusammenarbeit von 1996 führt die Kommission in Erwägungsgrund 220 der Entscheidung aus, dass alle Klägerinnen in verschiedenen Stadien der Untersuchung mit ihr zusammengearbeitet hätten.

21. Auf ein Auskunftsersuchen der Kommission vom 26. Mai 1999 hin habe BASF (der erste der drei europäischen Hersteller, der freiwillig Nachweise vorgelegt habe) am 15. Juni 1999 einen Bericht übermittelt, dessen Abschnitt G Cholinchlorid betroffen habe. Da sich die gestellten Fragen jedoch nicht auf dieses Produkt bezogen hätten, ging die Kommission in Erwägungsgrund 221 der Entscheidung davon aus, dass der Abschnitt G dieses Berichts als freiwillige Vorlage von Beweismitteln im Sinne von Abschnitt D der Mitteilung über Zusammenarbeit von 1996 anzusehen sei. Dies gelte auch für die von BASF am 23. Juni 1999 übermittelten Unterlagen, die Angaben über die Zusammenkunft von Ludwigshafen enthalten hätten (Erwägungsgrund 221 der Entscheidung).

22. Hinsichtlich der Ermittlung des Werts dieser Angaben weist die Kommission darauf hin, dass die bereits von Chinook und Bioproducts vorgelegten Beweismittel ausschlaggebend für den Nachweis im Sinne von Abschnitt B der Mitteilung über Zusammenarbeit von 1996 gewesen seien. Die von Bioproducts am 7. Mail 1999 vorgelegten Beweismittel hätten die Kommission auch veranlasst, am 22. Juni 1999 ein Auskunftsersuchen betreffend Cholinchlorid zu versenden. Der Abschnitt G des Berichts von BASF könnte jedoch trotz seines angesichts der bereits verfügbaren Informationen beschränkten Werts als Beitrag zur Feststellung der Zuwiderhandlung auf globaler Ebene im Sinne von Abschnitt D der Mitteilung über Zusammenarbeit von 1996 angesehen werden. In Bezug auf die europäischen Absprachen führt die Kommission aus, dass BASF lediglich erklärt habe, dass trotz der Bemühungen der europäischen Hersteller keine Vereinbarung erzielt oder umgesetzt worden sei. Das Schreiben von BASF vom 16. Juli 1999 habe zur Feststellung der Zuwiderhandlung nichts beigetragen und stelle jedenfalls eine Antwort auf das Auskunftsersuchen vom 22. Juni 1999 dar. Auch die Ausführungen von BASF vom 4. November 2002 in Erwiderung auf das Auskunftsersuchen vom 30. August 2002 seien lediglich von sehr beschränktem Wert in Bezug auf zwei Zusammenkünfte gewesen. Im Übrigen habe BASF der Kommission nach Erhalt der Mitteilung der Beschwerdepunkte mitgeteilt, dass sie die Tatsachen im Wesentlichen nicht bestreite. Aufgrund dieser Umstände ermäßigte die Kommission die gegen BASF festzusetzende Geldbuße um 20 % (Erwägungsgründe 221 bis 226 der Entscheidung).

23. In Bezug auf UCB hat die Kommission anerkannt, dass die am 26. Juli 1999 übermittelten Informationen (siehe oben, Randnr. 19) einen wesentlichen Beitrag zur Feststellung der Zuwiderhandlung auf europäischer Ebene dargestellt hätten, auch wenn keine aus der Zeit von 1995 bis 1998 stammenden schriftlichen Beweismittel zur Verfügung gestellt worden seien. Dem zusätzlichen Vorbringen vom 21. September 1999 komme jedoch keine vergleichbare Bedeutung zu. Außerdem habe das Bestreiten der Beteiligung an dem Kartell auf globaler Ebene die Kommission dazu veranlasst, keine Ermäßigung wegen Nichtbestreitens der Tatsachen zu gewähren. Die Kommission gewährte UCB daher auf der Grundlage von Abschnitt D der Mitteilung über Zusammenarbeit von 1996 eine Ermäßigung von 30 % der gegen sie festzusetzenden Geldbuße (Erwägungsgründe 227 bis 231 der Entscheidung).

24. Nach Abschluss dieses Verfahrens wurden die gegen die Klägerinnen verhängten Geldbußen wie folgt festgesetzt:

– BASF: 34,97 Millionen Euro;

– UCB: 10,38 Millionen Euro.

Verfahren und Anträge der Parteien

25. Die Klägerinnen haben mit Klageschriften, die am 25. Februar (Rechtssache T‑111/05, UCB/Kommission) und am 1. März 2005 (Rechtssache T‑101/05, BASF/Kommission) bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen sind, die vorliegenden Klagen erhoben.

26. Mit Klageschrift, die am 2. März 2005 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist (eingetragen in das Register unter dem Aktenzeichen T‑112/05), hat Akzo Nobel, ebenfalls Adressatin der Entscheidung, gegen diese Klage erhoben.

27. Mit Schreiben vom 25. Juli 2006, das als Antwort auf eine schriftliche Frage übersandt wurde, hat BASF dem Gericht mitgeteilt, dass es den ersten und den siebten Klagegrund fallen lasse.

28. Mit Beschluss vom 7. September 2006 hat der Präsident der Zweiten Kammer des Gerichts nach Anhörung der Parteien beschlossen, die Rechtssachen T‑101/05, T‑111/05 und T‑112/05 gemäß Artikel 50 der Verfahrensordnung des Gerichts zu gemeinsamem mündlichen Verfahren und zu gemeinsamer Entscheidung zu verbinden.

29. Auf Bericht des Berichterstatters hat das Gericht beschlossen, die mündliche Verhandlung zu eröffnen, und den Parteien im Rahmen prozessleitender Maßnahmen schriftlich eine Frage gestellt.

30. Nach Anhörung der Parteien zu diesem Punkt in der mündlichen Verhandlung entscheidet das Gericht, gemäß Art. 50 der Verfahrensordnung die Verbindung der Rechtssache T‑112/05 mit den Rechtssachen T‑101/05 und T‑111/05 für die Zwecke der Entscheidung aufzuheben.

31. In der Rechtssache T‑101/05 beantragt BASF,

– die mit der Entscheidung verhängte Geldbuße für nichtig zu erklären oder wesentlich herabzusetzen;

– die Kommission zu verurteilen, ihr die im Rahmen dieses Verfahrens entstandenen gerichtlichen und anderen Kosten zu erstatten;

– alle Maßnahmen zu treffen, die das Gericht für geeignet hält.

32. In der Rechtssache T‑111/05 beantragt UCB,

– die Entscheidung für nichtig zu erklären oder zumindest die Geldbuße für nichtig zu erklären oder wesentlich herabzusetzen;

– der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

33. Die Kommission beantragt,

– die Klage abzuweisen;

– den Klägerinnen die Kosten aufzuerlegen.

Rechtliche Würdigung

1. Vorbemerkungen

34. BASF macht fünf Klagegründe geltend, mit denen sie die Beurteilung der Kommission in Bezug auf, erstens, die Abschreckungswirkung der verhängten Geldbuße, zweitens, deren Erhöhung unter dem Gesichtspunkt der Tatwiederholung, drittens, ihre Kooperation während des Verwaltungsverfahrens, viertens, die ihr unabhängig von der Mitteilung über Zusammenarbeit von 1996 zu gewährende Gesamtermäßigung und, fünftens, die Einstufung der weltweiten und der europäischen Absprachen als einzige und fortgesetzte Zuwiderhandlung in Frage stellt.

35. UCB macht drei Klagegründe geltend, nämlich die fälschliche Einstufung der weltweiten und der europäischen Absprachen als einzige und fortgesetzte Zuwiderhandlung, die fehlerhafte Anwendung der Mitteilung über Zusammenarbeit von 1996 sowie, hilfsweise, einen Verstoß gegen diese Mitteilung, und zwar in dem Fall, dass die weltweiten und die europäischen Absprachen auch vom Gericht als einzige und fortgesetzte Zuwiderhandlung eingestuft würden.

36. Zunächst sind die ersten vier von BASF geltend gemachten Klagegründe zu prüfen, anschließend ist die Begründetheit der Argumente zu beurteilen, die zur Stützung des gemeinsamen Klagegrundes betreffend den einheitlichen und fortgesetzten Charakter der Zuwiderhandlung vorgebracht worden sind, und schließlich sind der zweite und der dritte Klagegrund von UCB zu untersuchen.

2. Zum ersten von BASF vorgebrachten Klagegrund: Verstoß gegen die Verordnungen Nr. 17 und Nr. 1/2003 sowie die Leitlinien aufgrund der Erhöhung der Geldbuße um 100 % zum Zwecke der Abschreckung

Vorbringen der Parteien

37. In ihrer Klageschrift hat BASF drei Rügen gegen die Erhöhung der Geldbuße zum Zwecke der Abschreckung geltend gemacht. Erstens verstoße diese Erhöhung gegen die Verordnung Nr. 17 des Rates vom 6. Februar 1962, Erste Durchführungsverordnung zu den Artikeln [81 EG] und [82 EG] (ABl. 1962, 13, S. 204), und die Verordnung Nr. 1/2003 und verletze die auf den Leitlinien beruhenden berechtigten Erwartungen. Zweitens habe die Kommission nicht geprüft, ob eine Erhöhung unter diesem Gesichtspunkt angesichts des Verhaltens von BASF erforderlich gewesen sei. Drittens sei diese Erhöhung mit der Anwendung der Mitteilung über Zusammenarbeit von 1996 unvereinbar.

38. In der mündlichen Verhandlung hat BASF die erste und die dritte Rüge dieses Klagegrundes fallen gelassen. Im Rahmen der zweiten Rüge macht sie geltend, dass die Kommission vor der Erhöhung einer Geldbuße zum Zwecke der Abschreckung prüfen müsse, ob eine solche Erhöhung bei dem betreffenden Unternehmen im Hinblick auf die Wahrscheinlichkeit einer Tatwiederholung erforderlich sei. Die Größe eines Unternehmens sei für diese Beurteilung irrelevant. Andere Faktoren könnten jedoch Anhaltspunkte für das künftige Verhalten eines Unternehmens bieten. Bei einem großen Unternehmen sei die Notwendigkeit einer Abschreckung geringer, da es sich z. B. Sammelklagen oder gegebenenfalls Konsequenzen ausgesetzt sehen könne, die seinen Wert an der Börse beeinträchtigen könnten. Man könne die Notwendigkeit einer Abschreckung nicht auf der Grundlage der Gesamtgröße eines Unternehmens beurteilen, sondern müsse sein spezifisches Verhalten zugrunde legen. Die Kommission habe die fragliche Erhöhung jedoch nur mit dem weltweiten Umsatz von BASF begründet.

39. Da der Endbetrag der Geldbuße dafür entscheidend sei, ob die Sanktion geeignet sei, das Unternehmen von der Begehung künftiger Zuwiderhandlungen abzuhalten, ist BASF der Ansicht, dass am Ende der Berechnung der Geldbuße und nicht in einem Zwischenstadium beurteilt werden müsse, ob eine Erhöhung der Geldbuße zum Zweck der Abschreckung erforderlich sei. Darüber hinaus müsse bei der Erklärung einer solchen Erhöhung der Geldbuße (in der Mitteilung der Beschwerdepunkte und in der Entscheidung) auf das Verhalten jedes einzelnen Unternehmens abgestellt werden. Außerdem müsse die Kommission die Geldbußen berücksichtigen, die das betreffende Unternehmen im Zeitpunkt des Erlasses der Entscheidung in Drittländern bereits wegen einer ähnlichen Rechtsverletzung habe zahlen müssen. Ferner habe die Kommission die Geldbuße zu Unrecht auf der Grundlage der Tätigkeiten auf anderen, völlig unabhängigen Märkten erhöht. BASF ist der Meinung, dass in ihrem Fall keine zusätzliche Erhöhung zum Zwecke der Abschreckung erforderlich gewesen sei. Auf die Entscheidung 2003/2/EG der Kommission vom 21. November 2001 in einem Verfahren nach Artikel 81 [EG] und Artikel 53 EWR-Abkommen (Sache COMP/E-1/37.512 – Vitamine) (ABl. 2003, L 6, S. 1) hin habe BASF nämlich, wie sie in ihrer Antwort auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte erklärt habe, nie dagewesene Maßnahmen ergriffen, um dafür zu sorgen, dass derartige rechtswidrige Verhaltensweisen in Zukunft nicht mehr vorkämen. Ihre Kooperation im Verwaltungsverfahren sowie die Geldbußen, die sie infolge der Sache Vitamine in Drittländern habe zahlen müssen, ließen keinen Zweifel daran, dass eine Abschreckung nicht erforderlich sei. Die Entscheidung enthalte keine Ausführungen, die geeignet wären, das Vorbringen von BASF zu widerlegen.

40. Die Kommission mache zwar geltend, dass die Abschreckung eine Komponente der Schwere der Zuwiderhandlung sei und nicht ein Aspekt des individuellen Verhaltens der einzelnen Unternehmen, sie erkläre jedoch nicht, warum die Geldbuße bei bestimmten Unternehmen zur Abschreckung erhöht worden sei und bei anderen nicht. Außerdem hätte die Entscheidung 2003/2 aufgrund der Geschichte und des Zusammenhangs zwischen dem vorliegenden Fall und der Sache Vitamine, oben in Randnr. 39 angeführt, für die Berechnung der Geldbuße von BASF oder die Beurteilung der Frage der Abschreckung nicht herangezogen werden dürfen, da die Kommission nicht erklärt habe, warum sie nicht sämtliche Vitaminkartelle im Rahmen einer einzigen Entscheidung behandelt habe.

41. Zum Vorbringen der Kommission, dass die Unschuldsvermutung der Beurteilung eines künftigen rechtswidrigen Verhaltens entgegenstehe, erklärt BASF, dass die entscheidende Frage die sei, ob ein Unternehmen, dass sich der Rechtswidrigkeit seines Verhaltens bewusst sei und Maßnahmen gegen dessen Wiederholung getroffen habe, eine zusätzliche Abschreckung brauche. Diese Prüfung habe mit der Unschuldsvermutung nichts zu tun.

42. Die Kommission macht geltend, dass der vorliegende Klagegrund unbegründet sei.

Würdigung durch das Gericht

43. Die in Art. 15 der Verordnung Nr. 17 und Art. 23 der Verordnung Nr. 1/2003 vorgesehenen Sanktionen dienen dazu, sowohl unerlaubte Verhaltensweisen zu ahnden als auch ihrer Wiederholung vorzubeugen. Die Abschreckung stellt somit einen Zweck der Geldbuße dar (Urteil des Gerichts vom 15. März 2006, BASF/Kommission, T‑15/02, Slg. 2006, II‑497, im Folgenden: Urteil Vitamine, Randnrn. 218 und 219).

44. In den Leitlinien wird dieser Zweck in Abschnitt 1 A erwähnt, wonach „es … nötig sein [wird], … die Geldbuße auf einen Betrag festzusetzen, der eine hinreichend abschreckende Wirkung entfaltet“.

45. Außerdem ist die Abschreckungswirkung der Geldbußen einer der Gesichtspunkte, anhand deren die Schwere der Zuwiderhandlungen zu ermitteln ist (Urteil des Gerichtshofs vom 17. Juli 1997, Ferriere Nord/Kommission, C‑219/95 P, Slg. 1997, I‑4411, Randnr. 33)

46. Im vorliegenden Fall hat die Kommission keine Beurteilung der Wahrscheinlichkeit einer Tatwiederholung durch BASF vorgenommen, um den Ausgangsbetrag der gegen diese verhängten Geldbuße zu erhöhen. Wie sich aus Erwägungsgrund 203 der Entscheidung ergibt (siehe oben, Randnr. 16) hat sie allein die Größe dieses Unternehmens berücksichtigt.

47. Dass die Wahrscheinlichkeit einer Tatwiederholung durch BASF nicht beurteilt wurde, stellt jedoch nicht die Rechtmäßigkeit dieser Erhöhung in Frage. Eine gefestigte Rechtsprechung hat nämlich die Relevanz der Größe der Unternehmen als im Rahmen der Festsetzung der Geldbuße zu berücksichtigenden Gesichtspunkt anerkannt. Dieser Gesichtspunkt kann als Indiz für den Einfluss herangezogen werden, den das betreffende Unternehmen auf den Markt auszuüben vermochte (vgl. Urteil Vitamine, oben in Randnr. 43 angeführt, Randnrn. 233 bis 236 und die dort angeführte Rechtsprechung).

48. Zu der Frage, in welchem Stadium die Notwendigkeit der Anwendung eines Koeffizienten zur Gewährleistung der Abschreckungswirkung der Geldbuße zu beurteilen ist, genügt der Hinweis, dass die Abschreckungserfordernisse dem gesamten Prozess der Ermittlung des Betrags der Geldbuße und nicht nur einem einzelnen Stadium dieses Prozesses zugrunde liegen müssen (Urteil Vitamine, oben in Randnr. 43 angeführt, Randnr. 238).

49. Was die Notwendigkeit der Anwendung eines solchen Koeffizienten unter den Umständen des vorliegenden Falls betrifft, ist darauf hinzuweisen, dass BASF 2003 einen Gesamtumsatz von 33,4 Milliarden Euro erzielt hat, was von der beträchtlichen Größe dieses Unternehmens zeugt, die bei weitem die von UCB und AKZO Nobel übertrifft.

50. Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass die Kommission nicht gegen die Verordnungen Nr. 17 und Nr. 1/2003 verstoßen hat. Sie ist mit ihrer Feststellung, dass es angesichts der Größe von BASF erforderlich sei, den Ausgangsbetrag zum Zwecke der Abschreckung von 9,4 auf 18,8 Millionen Euro zu verdoppeln, auch nicht von den Leitlinien abgewichen.

51. Hinsichtlich der Maßnahmen, die BASF ergriffen hat, um einer Wiederholung vorzubeugen, der von ihr geleisteten Zusammenarbeit und ihrer Verurteilungen in Drittländern ist zu prüfen, inwiefern diese Umstände im Rahmen der Beurteilung der in Bezug auf BASF bestehenden Abschreckungserfordernisse eine Ermäßigung der Geldbuße durch die Kommission erforderten.

52. Zu den Maßnahmen, die von BASF getroffen wurden, um eine Tatwiederholung zu verhindern, ist festzustellen, dass Maßnahmen zur Einhaltung des Wettbewerbsrechts zwar wichtig sind, jedoch nichts daran ändern, dass die Zuwiderhandlung tatsächlich begangen wurde. Somit verpflichtet die Einführung eines Befolgungsprogramms durch das betroffene Unternehmen die Kommission nicht, die Geldbuße aufgrund dieses Umstands zu ermäßigen (Urteil Vitamine, oben in Randnr. 43 angeführt, Randnrn. 266 und 267). Die Behauptung, dass BASF nach den mit der Entscheidung 2003/2 verhängten Geldbußen im Rahmen ihres Cholinchloridgeschäfts keiner Abschreckung bedurft habe, ist daher ebenfalls zurückzuweisen. Auch die Verhängung einer Geldbuße gegen BASF wegen verschiedener wettbewerbswidriger Tätigkeiten, die sich auf andere Vitaminprodukte bezogen, ändert nämlich nichts daran, dass die Zuwiderhandlung begangen wurde, und verpflichtet die Kommission daher nicht, aufgrund dessen eine Ermäßigung zu gewähren.

53. Zu den in Drittländern auferlegten Sanktionen ist festzustellen, dass das Abschreckungsziel, das die Kommission bei der Festsetzung der Höhe einer Geldbuße verfolgen darf, darin besteht, zu gewährleisten, dass die Unternehmen die im Vertrag für ihre Tätigkeiten in der Gemeinschaft oder im EWR festgelegten Wettbewerbsregeln beachten. Folglich darf die abschreckende Wirkung einer wegen Verletzung der Wettbewerbsregeln der Gemeinschaft festgesetzten Geldbuße weder allein nach Maßgabe der besonderen Situation des mit ihr belegten Unternehmens noch danach ermittelt werden, ob es die in Drittstaaten außerhalb des EWR festgelegten Wettbewerbsregeln beachtet (vgl. Urteil Vitamine, oben in Randnr. 43 angeführt, Randnr. 269 und die dort angeführte Rechtsprechung).

54. Dass BASF während des Verwaltungsverfahrens mit der Kommission zusammengearbeitet hat, wurde von dieser anerkannt und im Rahmen der Anwendung der Mitteilung über Zusammenarbeit von 1996 belohnt (vgl. in diesem Sinne Urteil Vitamine, oben in Randnr. 43 angeführt, Randnr. 268). Die Frage, ob diese Zusammenarbeit möglicherweise größere Nachlässe verdient hätte, ist daher im Rahmen des dritten Klagegrundes zu prüfen.

55. Der erste Klagegrund ist somit zurückzuweisen.

3. Zum zweiten von BASF vorgebrachten Klagegrund: Verletzung der Grundsätze der Rechtssicherheit und der Verhältnismäßigkeit aufgrund der Erhöhung der Geldbuße um 50 % unter dem Gesichtspunkt der Tatwiederholung sowie der falschen Berechnung dieser Erhöhung

Vorbringen der Parteien

56. BASF macht zunächst geltend, dass die Verordnungen Nr. 17 und Nr. 1/2003 keine eindeutige Rechtsgrundlage für eine Erhöhung der Geldbuße wegen Tatwiederholung böten. Da die Zuwiderhandlungen, für die in den Jahren 1969 und 1994 Geldbußen gegen BASF verhängt worden seien, keinen Einfluss auf Schwere oder Dauer der Zuwiderhandlung gehabt hätten, die Gegenstand der Entscheidung sei, habe die Kommission durch die Berücksichtigung dieser Verurteilungen den Grundsatz der Rechtssicherheit verletzt. Aus der Verordnung Nr. 2988/74, Art. 25 der Verordnung Nr. 1/2003 und dem Grundsatz der Rechtssicherheit ergebe sich, dass die Sanktion für Tatwiederholung Verjährungsregeln unterliegen müsse, um zu verhindern, dass es zu absurden Ergebnissen wie demjenigen komme, dass gegen die nordamerikanischen Hersteller wegen Verjährung ihres kollusiven Verhaltens im Jahre 1994 keine Geldbuße verhängt worden sei, während BASF für eine Zuwiderhandlung aus dem Jahre 1964 bestraft werde. Es sei allgemein irrational, dass ein Unternehmen für eine vor fünf Jahren begangene Zuwiderhandlung nicht bestraft werden könne, wegen einer seit langem verjährten Zuwiderhandlung jedoch eine schwerere Strafe erhalten könne. Auch wenn die Leitlinien insoweit unvollständig seien, als sie keinen Zeitraum vorsähen, nach dem eine frühere Zuwiderhandlung unter dem Gesichtspunkt der Tatwiederholung nicht mehr berücksichtigt werden dürfe, sähen doch die Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten eine solche Begrenzung vor. Sollte die Entscheidung 69/243 (siehe oben, Randnr. 18) im Rahmen der Erhöhung der Geldbuße wegen Tatwiederholung nicht berücksichtigt worden sein, müsse man davon ausgehen, dass entweder diese Erhöhung fehlerhaft sei oder die Kommission ebenfalls der Ansicht sei, dass eine vor vierzig Jahren begangene Zuwiderhandlung insoweit nicht berücksichtigt werden dürfe.

57. Da es keine Vorschrift gebe, die eine Verjährungsfrist für die Berücksichtigung früherer Zuwiderhandlungen unter dem Gesichtspunkt der Tatwiederholung vorsehe, müsse die Kommission ihr Ermessen unter klar definierten und relevanten Umständen angemessen und verhältnismäßig ausüben. Dies müsse erst recht gelten, wenn die frühere Zuwiderhandlung zu einer lange zurückliegenden Zeit begangen worden sei, als Kenntnis und Verständnis des gemeinschaftlichen Wettbewerbsrechts wenig verbreitet gewesen seien. Die zweite von der Kommission unter dem Gesichtspunkt der Tatwiederholung angeführte Entscheidung sei 1994 ergangen und habe sich auf die Zeit von 1980 bis 1984 bezogen. Die Kommission könne sich jedoch nicht die Langsamkeit ihres Entscheidungsverfahrens zunutze machen, um sich unter dem Gesichtspunkt der Tatwiederholung auf so weit zurückliegende Zuwiderhandlungen zu berufen. In der Entscheidung 2003/2 habe die Kommission die Geldbuße im Übrigen richtigerweise nicht wegen Tatwiederholung erhöht.

58. Die Feststellung einer Tatwiederholung auf der Grundlage eines mehr als zwanzig Jahre zurückliegenden Verhaltens setze außerdem voraus, dass es sich bei den beiden Zuwiderhandlungen um Zuwiderhandlungen gleicher Art handle, was ausgeschlossen sei, wenn sie verschiedene Märkte beträfen. Dies sei vorliegend jedoch der Fall, da Farbstoffe (um die es in der Entscheidung 69/243 gegangen sei), PVC (um das es in der Entscheidung 94/599 gegangen sei) und Cholinchlorid zu völlig unterschiedlichen Märkten gehörten.

59. Jedenfalls sei die Berechnung der fraglichen Erhöhung rechtswidrig, da die Kommission sie nach den Randnrn. 226 und 229 des Urteils des Gerichts vom 9. Juli 2003, Cheil Jedang/Kommission (T‑220/00, Slg. 2003, II‑2473), auf den Ausgangsbetrag von 9,4 Millionen Euro, vor sämtlichen Erhöhungen aufgrund der Größe des Unternehmens oder zur Abschreckung (siehe oben, Randnr. 15), und nicht auf den Grundbetrag von 29,14 Millionen Euro (siehe oben, Randnrn. 17 und 18) hätte anwenden müssen.

60. Die Kommission macht zunächst geltend, dass sie die Beteiligung von BASF am Vitaminkartell, das zum Erlass der Entscheidung 2003/2 geführt habe, bei der Berechnung der Geldbuße nicht berücksichtigt habe. Außerdem sei die Entscheidung 94/599 während des Zeitraums erlassen worden, in dem die Zuwiderhandlung betreffend Cholinchlorid begangen worden sei. Im Übrigen werde die Schuld eines Unternehmens im Rahmen einer Entscheidung, mit der eine erneute Zuwiderhandlung festgestellt werde, dadurch gesteigert, dass es sein Verhalten nicht korrigiert habe, gleich, wie viel Zeit zwischen der ersten Zuwiderhandlung und dem Erlass der diese betreffenden Entscheidung vergangen sei. Für die Kommission ist nicht ersichtlich, warum die fragliche Erhöhung aufgrund des Umstands, dass die früheren Zuwiderhandlungen von BASF andere Märkte als den Cholinchloridmarkt betroffen hätten, fehlerhaft sein solle, insbesondere da alle diese Zuwiderhandlungen von ähnlicher Art gewesen seien.

61. Zum Grundsatz der Rechtssicherheit führt die Kommission aus, dass sie bei der Verhängung von Geldbußen die Regeln universeller Art, wie den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, beachte, aber gemäß der Rechtsprechung auch speziell für die Verhängung von Sanktionen geltende Regeln, wie die Anerkennung von Umständen, die die Verantwortlichkeit des Schuldigen verschärfen oder mindern könnten. Ein Unternehmen könne nicht die Anwendung mildernder Umstände verlangen und gleichzeitig grundsätzlich die Möglichkeit verneinen, dass bei der Berechnung der Geldbuße auch die erschwerenden Umstände berücksichtigt würden. Die Tatwiederholung werde im Übrigen in Abschnitt 2 erster Gedankenstrich der Leitlinien ausdrücklich als erschwerender Umstand genannt, und BASF habe in Randnr. 217 der Mitteilung der Beschwerdepunkte einen entsprechenden Hinweis erhalten.

62. Zu dem Umstand, dass die früheren Zuwiderhandlungen lange zurücklägen, weist die Kommission darauf hin, dass die Rechtsprechung eine Erhöhung von 50 % des Grundbetrags wegen Tatwiederholung bestätigt habe, die aufgrund einer Zuwiderhandlung erfolgt sei, die zwanzig Jahre zuvor zum Erlass einer Entscheidung geführt habe; die Entscheidung 94/599 könne daher im vorliegenden Fall berücksichtigt werden. Diese Entscheidung genüge für die fragliche Erhöhung, selbst ohne Berücksichtigung der Entscheidung 69/243. Dass die Kommission die spezifischen früheren Zuwiderhandlungen bei der Berechnung der Geldbuße im Rahmen der Entscheidung 2003/2 nicht als erschwerende Umstände berücksichtigt habe, hindere sie außerdem nicht daran, dies im Rahmen einer späteren Entscheidung zu tun.

63. Zu der Rüge, dass die Erhöhung falsch berechnet worden sei, führt die Kommission aus, dass BASF den Ausgangsbetrag (siehe oben, Randnr. 15) mit dem Grundbetrag der Geldbuße verwechsle, der nach der Schwere und der Dauer der Zuwiderhandlung festgesetzt werde (siehe oben, Randnr. 17). Nach dem Urteil Cheil Jedang/Kommission (oben in Randnr. 59 angeführt) seien alle Erhöhungen wegen erschwerender Umstände auf den Grundbetrag anzuwenden, was die Kommission im vorliegenden Fall auch getan habe.

Würdigung durch das Gericht

64. Zunächst ist das Vorbringen von BASF, dass eine Tatwiederholung nur dann angenommen werden könne, wenn die Zuwiderhandlungen denselben Warenmarkt beträfen, zurückzuweisen. Vielmehr genügt es, dass die Kommission es mit Zuwiderhandlungen zu tun hat, die unter dieselbe Vorschrift des EG-Vertrags fallen.

65. Sodann ist darauf hinzuweisen, dass die Rechtsgrundlagen für die Verhängung von Geldbußen gegen Unternehmen und Unternehmensvereinigungen durch die Kommission wegen Zuwiderhandlungen gegen die Art. 81 EG und 82 EG sind, Art. 15 Abs. 2 der Verordnung Nr. 17 und Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003. Nach diesen Bestimmungen sind bei der Festsetzung der Höhe der Geldbuße die Dauer und die Schwere der Zuwiderhandlung zu berücksichtigen. Die Schwere der Zuwiderhandlung ist unter Heranziehung zahlreicher Faktoren zu ermitteln, in Bezug auf die die Kommission über ein Ermessen verfügt. Die Berücksichtigung erschwerender Umstände bei der Festsetzung der Geldbuße steht im Einklang mit der Aufgabe der Kommission, die Einhaltung der Wettbewerbsregeln zu gewährleisten (Urteil des Gerichtshofs vom 8. Februar 2007, Groupe Danone/Kommission, C‑3/06 P, Slg. 2007, I‑1331, Randnrn. 24 und 25).

66. Außerdem ist bei der Prüfung der Schwere der begangenen Zuwiderhandlung ein etwaiger Wiederholungsfall zu berücksichtigen (Urteile des Gerichtshofs vom 7. Januar 2004, Aalborg Portland u. a./Kommission, C‑204/00 P, C‑205/00 P, C‑211/00 P, C‑213/00 P, C‑217/00 P und C‑219/00 P, Slg. 2004, I‑123, Randnr. 91, und Groupe Danone/Kommission, oben in Randnr. 65 angeführt, Randnr. 26); dieser kann eine erhebliche Erhöhung des Grundbetrags der Geldbuße rechtfertigen (Urteil des Gerichts vom 30. September 2003, Michelin/Kommission, T‑203/01, Slg. 2003, II‑4071, Randnr. 293). Im Licht dieser Rechtsprechung ist das Vorbringen von BASF, dass zum einen ihre früheren Zuwiderhandlungen keinen Einfluss auf die Schwere der in Rede stehenden Zuwiderhandlung hätten und zum anderen eine eindeutige Rechtsgrundlage für die Anwendung einer Erhöhung unter dem Gesichtspunkt der Tatwiederholung fehle, zurückzuweisen.

67. Was die Rüge betrifft, nach der eine Verpflichtung zur Anerkennung einer zeitlichen Begrenzung der Möglichkeit bestehen soll, eine eventuelle Tatwiederholung zu berücksichtigen, verletzt das Fehlen einer Höchstfrist für die Feststellung der Tatwiederholung in den Verordnungen Nr. 17 und 1/2003 oder den Leitlinien nicht den Grundsatz der Rechtssicherheit. Das Ermessen, über das die Kommission in Bezug auf die Wahl der bei der Bemessung der Geldbußen zu berücksichtigenden Gesichtspunkte verfügt, erstreckt sich nämlich auch auf die Feststellung und die Beurteilung der besonderen Merkmale eines Wiederholungsfalls. Die Kommission ist damit für eine solche Feststellung nicht an eine Verjährungsfrist gebunden. Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass die Wiederholung von Zuwiderhandlungen ein wichtiger Gesichtspunkt ist, den die Kommission zu prüfen hat, da mit dessen Berücksichtigung der Zweck verfolgt wird, Unternehmen, die bereits eine Neigung zur Verletzung der Wettbewerbsregeln gezeigt haben, zur Änderung ihres Verhaltens zu veranlassen. Die Kommission kann daher in jedem Einzelfall die Anhaltspunkte berücksichtigen, die eine solche Neigung bestätigen, einschließlich z. B. des zwischen den betreffenden Verstößen verstrichenen Zeitraums (Urteil Groupe Danone/Kommission, oben in Randnr. 65 angeführt, Randnrn. 37 bis 39).

68. Im vorliegenden Fall zeigen die Entscheidungen, die die Kommission zur Begründung ihrer Beurteilung in Bezug auf die Tatwiederholung herangezogen hat (siehe oben, Randnr. 18), dass BASF in der Zeit von 1964 bis 1967 (Festsetzung des Steigerungssatzes der Preiserhöhungen und Festlegung der Bedingungen für die Durchführung dieser Preiserhöhungen in der Farbstoffbranche) und von August 1980 bis Mai 1984 (Festsetzung von „Ziel“-Preisen und „Ziel“‑Quoten sowie Planung und Abstimmung von Initiativen zur Anhebung des Preisniveaus und zur Kontrolle seiner Durchsetzung) gegen die Wettbewerbsregeln verstoßen hat.

69. Es ist davon auszugehen, dass die letzte dieser Zuwiderhandlungen allein schon die Anwendung einer Erhöhung von 50 % auf den Grundbetrag der gegen BASF verhängten Geldbuße rechtfertigen kann (vgl. in diesem Sinne Urteil Michelin/Kommission, oben in Randnr. 66 angeführt, Randnr. 293).

70. Jedenfalls kann die Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung des Gerichts die Vorlage und Heranziehung zusätzlicher Informationen erfordern, die an sich nicht in der Entscheidung erwähnt zu werden brauchen, damit diese dem Begründungserfordernis gemäß Artikel 253 EG genügt (Urteil des Gerichtshofs vom 16. November 2000, KNP BT/Kommission, C‑248/98 P, Slg. 2000, I‑9641, Randnr. 40).

71. In diesem Rahmen ist zu berücksichtigen, dass BASF auch von der Entscheidung 86/398/EWG der Kommission vom 23. April 1986 betreffend ein Verfahren nach Artikel [81 EG] (IV/31.149 – Polypropylen) (ABl. L 230, S. 1) betroffen war. Auf das Urteil des Gerichts vom 17. Dezember 1991, BASF/Kommission (T‑4/89, Slg. 1991, II‑1523), hin ergab sich für BASF eine Geldbuße von 2,125 Millionen ECU für ihre Beteiligung an Vereinbarungen und aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen mit dem Ziel der Festlegung ihrer Geschäftspolitik, der Festsetzung von Zielpreisen und Ergreifung von Maßnahmen zu diesem Zweck, der Preiserhöhung und der Marktaufteilung von Ende 1978 oder Anfang 1979 bis November 1983. Auf eine entsprechende Frage in der mündlichen Verhandlung hat die Kommission nicht erklären können, warum sie diese Entscheidung nicht herangezogen hat, obwohl sie in Randnr. 29 der Mitteilung der Beschwerdepunkte erwähnt worden ist.

72. Berücksichtigt man diesen Umstand, hatte BASF von 1964 bis 1993 während ungefähr dreizehn Jahren offenkundig gegen die Wettbewerbsregeln verstoßen. Die Erhöhung des Grundbetrags um 50 % ist somit angemessen.

73. Auch die Rüge, dass die Erhöhung unter dem Gesichtspunkt der Tatwiederholung falsch berechnet worden sei, ist zurückzuweisen, da sie darauf zurückzuführen ist, dass BASF die Begriffe Ausgangsbetrag und Grundbetrag verwechselt hat (siehe oben, Randnrn. 15 bis 17). Nach Randnr. 229 des Urteils Cheil Jedang/Kommission (oben in Randnr. 59 angeführt), auf die sich BASF zur Stützung ihrer Behauptung beruft, sind die wegen erschwerender oder mildernder Umstände festgesetzten prozentualen Erhöhungen oder Herabsetzungen an dem nach Maßgabe der Schwere und Dauer der Zuwiderhandlung ermittelten Grundbetrag der Geldbuße vorzunehmen. Genau dies hat die Kommission, wie aus Erwägungsgrund 219 der Entscheidung hervorgeht, im vorliegenden Fall auch getan (siehe oben, Randnrn. 17 und 18). Jedenfalls hätte die von BASF vorgeschlagene Berechnungsmethode unter den Umständen des vorliegenden Falls zum selben Ergebnis geführt.

74. Der zweite Klagegrund ist daher insgesamt zurückzuweisen.

4. Zum dritten von BASF vorgebrachten Klagegrund: Fehlerhafte Anwendung der Mitteilung über Zusammenarbeit von 1996

Vorbringen der Parteien

75. BASF ist der Ansicht, dass die Ermäßigung von 20 %, die ihr nach Abschnitt D der Mitteilung über Zusammenarbeit von 1996 gewährt worden sei (siehe oben, Randnr. 22), angesichts des Ausmaßes ihrer Kooperation zu gering sei. Nach dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz müsse die Kommission nämlich Ermäßigungen gewähren, die in einem angemessenen Verhältnis zur Kooperation des jeweiligen Unternehmens stünden. Nach der ständigen Praxis der Kommission habe BASF Anspruch auf eine Ermäßigung von 10 %, weil sie die ihr angelasteten Tatsachen nicht bestritten habe. Ihre über das Nichtbestreiten der Tatsachen hinausgehende uneingeschränkte und freiwillige frühzeitige Kooperation verdiene demnach eine wesentlich stärkere Ermäßigung als die gewährten 10 %.

76. Die Entscheidung habe die von BASF geleistete Zusammenarbeit nämlich nicht objektiv und genau dargestellt, da sie den Inhalt bestimmter Schreiben falsch wiedergebe, andere wesentliche Aspekte dieser Zusammenarbeit nicht erwähne und es BASF außerdem nicht ermögliche, zu beurteilen, wie die Kommission bestimmte Aspekte der Zusammenarbeit bewertet habe. Diese Mängel verstießen auch gegen den Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung.

77. Zur Stützung ihres Vorbringens macht BASF geltend, dass die Kommission in der Entscheidung

– ihr Schreiben vom 6. Mai 1999 nicht erwähne, mit dem sie die Kommission über das Bestehen der rechtswidrigen Vereinbarungen in der Vitaminbranche informiert habe, hinsichtlich deren die Behörden der Vereinigten Staaten eine Untersuchung eingeleitet hätten, und um ein Treffen gebeten habe, um ausführlich darüber zu sprechen. BASF nimmt an, dass die Kommission dieses Schreiben verloren habe;

– ein Treffen vom 17. Mai 1999 nicht erwähne, während dessen BASF eine Reihe kollusiver Absprachen beschrieben und Auskünfte erteilt habe, die zur Feststellung der Zuwiderhandlung wesentlich beigetragen hätten, darunter Auskünfte zum unmittelbar bevorstehenden Abschluss eines Vergleichs mit den Behörden der Vereinigten Staaten, der schließlich am 19. Mai 1999 unterzeichnet worden sei und auch Cholinchlorid betroffen habe;

– ihr Schreiben vom 21. Mai 1999 nicht erwähne, mit dem sie Unterlagen über die in den Vereinigten Staaten durchgeführte Untersuchung übermittelt habe. BASF nimmt an, dass die Kommission dieses Schreiben verloren habe;

– ihr Schreiben vom 23. Juli 1999 falsch darstelle;

– ein Auskunftsersuchen vom 26. Mai 1999 unvollständig wiedergebe und somit verkenne, dass der Bericht vom 15. Juni und das Schreiben vom 23. Juni 1999 freiwillig übermittelt worden seien;

– fälschlicherweise ihr Schreiben vom 16. Juli 1999 als Antwort auf ein Auskunftsersuchen vom 22. Juni 1999 angesehen habe.

78. Dass das Schreiben vom 6. Mai und das Treffen vom 17. Mai 1999 nicht erwähnt würden, sei unerklärlich, da sie in Erwägungsgrund 127 der Entscheidung 2003/2 erwähnt seien.

79. Da die Kommission wesentliche Bestandteile der Akte verloren habe, habe sie sich kein vollständiges Bild von der von BASF geleisteten Zusammenarbeit machen können. BASF habe nämlich in der Akte der Kommission weder die Schreiben vom 6. und 21. Mai 1999 noch einen Hinweis (in Form von durch die Beamten der Kommission angefertigten Vermerken oder Protokollen) auf das Treffen vom 17. Mai 1999 finden können.

80. Die der Kommission übermittelten Informationen könnten nicht deswegen als wertlos bezeichnet werden, weil die Kommission die Beibringung zusätzlicher Beweise, insbesondere durch von BASF vorgeschlagene mündliche Zeugenaussagen, abgelehnt und auf der Vorlage ausschließlich schriftlicher Beweise bestanden habe. BASF sei durch dieses Bestehen auf schriftlichen Beweisen die Möglichkeit zur Übermittlung wichtiger Auskünfte genommen worden; sie hätte diese schriftlich vorlegen können, wenn die Kommission in einer Antwort auf das Schreiben vom 6. Mai 1999 ihre Auffassung deutlich gemacht hätte. Dieses Verhalten der Kommission verstoße gegen den Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung.

81. Nach Ansicht von BASF hätte die Kommission ein angemessenes Protokoll von dem Treffen vom 17. Mai 1999 anfertigen müssen. Selbst die stenografischen Notizen, die die für die Akte zuständige Person aufbewahrt habe, zeigten, dass es sich um ein wesentliches Treffen gehandelt habe, bei dem verschiedene Branchen ausführlich behandelt worden seien, darunter die Cholinchloridbranche, was die Kommission nicht bestreite. Dass diese Notizen nicht in die Akte über Cholinchlorid aufgenommen worden seien, stelle ebenfalls einen Verstoß gegen den Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung dar.

82. BASF behauptet, dass sie bei diesem Treffen Auskünfte erteilt habe, die zur Feststellung der Zuwiderhandlung wesentlich beigetragen hätten (Angabe der kollusiven Absprachen, beteiligte Waren und Unternehmen, Dauer, unmittelbar bevorstehender Abschluss eines Vergleichs mit dem amerikanischen Justizministerium, insbesondere über Cholinchlorid). Dies zeige eine von ihrem Justiziar, Herrn J. Scholz, angefertigte Erklärung vom 24. Februar 2005 („Erklärung Scholz“).

83. Nach dem Treffen vom 17. Mai 1999 sei BASF der Meinung gewesen, dass sie alles getan habe, um in den Genuss der höchsten nach der Mitteilung über Zusammenarbeit von 1996 möglichen Ermäßigung zu gelangen. BASF ist daher der Ansicht, dass ihre späteren Schreiben lediglich die mündlich erteilten Auskünfte in Form von schriftlichen Beweisen bestätigt hätten; die schriftlichen Mitteilungen müssten daher so behandelt werden, als ob sie bei diesem Treffen vorgelegt worden wären. Alle diese Informationen seien freiwillig übermittelt worden, was die Kommission in ihrer Entscheidung ignoriere. Überdies bestreite die Kommission nicht, dass Informationen im Sinne von Abschnitt D der Mitteilung über Zusammenarbeit von 1996 mündlich erteilt werden könnten.

84. Der Bericht vom 15. Juni 1999 sei nicht auf das Auskunftsersuchen vom 26. Mai 1999, sondern auf die von der Kommission bei dem Treffen vom 17. Mai 1999 geäußerte Forderung nach schriftlichen Beweisen hin übermittelt worden. Mit der Anfertigung dieses Berichts sei bereits vor der Versendung dieses Auskunftsersuchens begonnen worden. Dies werde im Übrigen durch das Schreiben von BASF vom 21. Mai 1999 bewiesen. Dieser Bericht liefere außerdem Auskünfte über Vitamine, die nicht Gegenstand des Auskunftsersuchens vom 26. Mai 1999 gewesen seien, wie Vitamin D3 und Carotinoide. Die verspätete Übermittlung der Informationen sei auf die Forderung der Kommission nach einem schriftlichen Bericht zurückzuführen. Die von BASF vorgeschlagenen Gespräche mit Mitarbeitern von BASF wären indessen ein wirksames Mittel gewesen, um die erforderlichen Beweise zu erhalten. Das Schreiben vom 23. Juni 1999, das eine Ergänzung zum Bericht vom 15. Juni 1999 darstelle, sei ebenfalls auf Initiative von BASF übermittelt worden. Dieses Schreiben vom 23. Juni 1999 enthalte zusätzliche Beweise in Bezug auf das Treffen in Ludwigshafen, über die die Kommission damals noch nicht verfügt habe (siehe oben, Randnr. 4). Darüber hinaus ergänze auch das Schreiben vom 16. Juli 1999 die bei dem Treffen vom 17. Mai 1999 verlangten Beweise und müsse als freiwillig angesehen werden. Es betreffe die Umsetzung der fraglichen Absprachen und liefere entsprechende Beweise. Auch das Schreiben vom 4. November 2002 (siehe oben, Randnr. 22) enthalte eine Reihe relevanter Informationen, insbesondere über zwei Treffen des Kartells.

85. Jedenfalls sei die in der Entscheidung vorgenommene Unterscheidung zwischen freiwilligen und unfreiwilligen Mitteilungen falsch, da ein Auskunftsersuchen der Kommission nicht den Ausschlag dafür geben könne, die Kooperation des Unternehmens gemäß Abschnitt D Abs. 2 erster Gedankenstrich der Mitteilung über Zusammenarbeit von 1996 geringer zu bewerten.

86. Die Kommission gehe somit zu Unrecht davon aus, dass der Bericht vom 15. Juni 1999 und die Schreiben vom 23. Juni 1999, 16. Juli 1999 und 4. November 2002 nicht wesentlich zur Feststellung der Zuwiderhandlung beigetragen hätten. Die Kommission habe im Übrigen nicht erklärt, warum sie das Auskunftsersuchen vom 22. Juni 1999 erst sechs Wochen nach der Übermittlung von Informationen durch Bioproducts (am 7. Mai 1999, siehe oben, Randnr. 22) versandt habe, zu einem Zeitpunkt, als sie bereits über alle bei dem Treffen vom 17. Mai 1999 und durch den Bericht vom 15. Juni 1999 gelieferten Informationen verfügt habe. In Wirklichkeit hätten die von Bioproducts vorgelegten Unterlagen, im Gegensatz zu den von BASF am 17. Mai und 15. Juni 1999 beigebrachten Informationen, die die Zusammenkünfte sowie die Namen der Teilnehmer genannt und es der Kommission ermöglicht hätten, ihre Ermittlungen aufzunehmen, keine detaillierten und erschöpfenden Angaben enthalten. Außerdem seien die von Chinook sechs Monate vor den Schriftsätzen von Bioproducts und BASF (siehe oben, Randnr. 3) übermittelten Informationen lediglich von begrenztem Wert und teilweise irrelevant gewesen, weshalb die Kommission zu diesem Zeitpunkt keine Ermittlun gen aufgenommen habe. Jedenfalls sei es das Treffen vom 17. Mai 1999 gewesen, das die Kommission veranlasst habe, Auskünfte über Cholinchlorid zu verlangen.

87. Die Kommission bestätigt, dass die BASF gewährte Ermäßigung von 20 % sich in eine Ermäßigung von 10 % wegen Nichtbestreitens der Tatsachen und eine Ermäßigung von 10 % aufgrund der Übermittlung von Beweisen aufgliedere. Im Übrigen macht sie geltend, dass das Vorbringen von BASF unbegründet sei.

Würdigung durch das Gericht

88. Abschnitt D der Mitteilung über Zusammenarbeit von 1996 lautet wie folgt:

„D. Spürbar niedrigere Festsetzung der Geldbuße

1. Arbeitet ein Unternehmen mit der Kommission zusammen, ohne dass es alle Voraussetzungen erfüllt, so wird die Höhe der Geldbuße, die ohne seine Mitarbeit festgesetzt worden wäre, um 10 bis 50 % niedriger festgesetzt.

2. Dies gilt insbesondere, wenn

– ein Unternehmen der Kommission vor der Mitteilung der Beschwerdepunkte Informationen, Unterlagen oder andere Beweismittel liefert, die zur Feststellung des Vorliegens eines Verstoßes beitragen,

– ein Unternehmen der Kommission nach Erhalt der Mitteilung der Beschwerdepunkte mitteilt, dass es den Sachverhalt, auf den die Kommission ihre Einwände stützt, nicht bestreitet.“

89. In Abschnitt E Abs. 3 der Mitteilung über Zusammenarbeit von 1996 heißt es, diese habe berechtigte Erwartungen geweckt, auf die sich die Unternehmen, die der Kommission ein Kartell melden wollten, berufen würden. Angesichts des berechtigten Vertrauens, das die zur Zusammenarbeit mit der Kommission bereiten Unternehmen aus dieser Mitteilung ableiten konnten, ist die Kommission verpflichtet, sich bei der Beurteilung der Kooperation des betreffenden Unternehmens im Rahmen der Bemessung seiner Geldbuße an die Mitteilung zu halten (vgl. Urteil Vitamine, oben in Randnr. 43 angeführt, Randnr. 488 und die dort angeführte Rechtsprechung).

90. Im Übrigen muss das Verhalten eines Unternehmens, das in den Genuss einer Herabsetzung der Geldbuße aufgrund seiner Kooperation im Verwaltungsverfahren kommen will, die Aufgabe der Kommission erleichtern, die in der Feststellung und Ahndung von Zuwiderhandlungen gegen die Wettbewerbsregeln der Gemeinschaft besteht (Urteil des Gerichts vom 25. Oktober 2005, Groupe Danone/Kommission, T‑38/02, Slg. 2005, II–4407, Randnr. 505).

91. Wie sich aus dem Wortlaut von Abschnitt D Abs. 2 der Mitteilung über Zusammenarbeit von 1996 und speziell den einleitenden Worten „[d]ies gilt insbesondere …“ ergibt, verfügt die Kommission über ein Ermessen in Bezug auf die gemäß dieser Mitteilung zu gewährenden niedrigeren Festsetzungen (Urteil des Gerichtshofs vom 28. Juni 2005, Dansk Rørindustri u. a./Kommission, C‑189/02 P, C‑202/02 P, C‑205/02 P bis C‑208/02 P und C‑213/02 P, Slg. 2005, I‑5425, Randnr. 394).

92. Außerdem kann eine niedrigere Festsetzung auf der Grundlage der Mitteilung über Zusammenarbeit von 1996 nur gerechtfertigt sein, wenn die gelieferten Informationen und allgemeiner das Verhalten des betreffenden Unternehmens insoweit als Zeichen seiner echten Zusammenarbeit angesehen werden können. Wie sich bereits aus dem Begriff „Zusammenarbeit“, wie er in der Mitteilung über Zusammenarbeit von 1996 und insbesondere in der Einleitung und in Abschnitt D Abs. 1 verwendet wird, ergibt, kann eine niedrigere Festsetzung auf der Grundlage der Mitteilung nur vorgenommen werden, wenn das Verhalten des betreffenden Unternehmens von einem solchen Geist der Zusammenarbeit zeugt (Urteil Dansk Rørindustri u. a./Kommission, oben in Randnr. 91 angeführt, Randnrn. 395 und 396). Das Verhalten eines Unternehmens, das auf eine Frage der Kommission, auch wenn es zu deren Beantwortung nicht verpflichtet war, in unvollständiger und irreführender Weise geantwortet hat, kann somit nicht als Ausdruck eines solchen Geistes der Zusammenarbeit angesehen werden (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 29. Juni 2006, Kommission/SGL Carbon, C‑301/04 P, Slg. 2006, I‑5915, Randnr. 69).

93. Die Begründetheit dieses Klagegrundes ist im Licht dieser Erwägungen zu beurteilen.

Zum Schreiben vom 6. Mai 1999

94. Im Schreiben vom 6. Mai werden ohne nähere Angaben in den Vereinigten Staaten insbesondere gegen BASF im Vitaminsektor geführte Ermittlungen erwähnt. Mit der Übermittlung dieses Dokuments hat BASF lediglich (gemeinsam mit dem Unternehmen Hoffman-La Roche, das bereits zwei Tage vorher Kontakt mit der Kommission aufgenommen hatte) im Rahmen der Mitteilung über Zusammenarbeit von 1996 Unterstützung geleistet und um ein Treffen zu diesem Thema mit dem Kabinett des zuständigen Kommissionsmitglieds gebeten.

95. Es ist offensichtlich, dass die Beurteilung der von BASF geleisteten Zusammenarbeit durch die Kommission dadurch, dass dieses Dokument in der Entscheidung nicht erwähnt wird, nicht in Frage gestellt wird. Dieses Dokument enthält weder Hinweise auf das weltweite Cholinchloridkartell (an dem Hoffman-La Roche im Übrigen nicht beteiligt war) noch auf das unter den europäischen Herstellern dieses Vitamins geschaffene Kartell. Dieses Dokument konnte allenfalls und auch nur implizit das weltweite Cholinchloridkartell betreffen, enthielt jedoch keine „Informationen, Unterlagen oder andere Beweismittel …, die zur Feststellung des Vorliegens eines Verstoßes beitragen“, im Sinne von Abschnitt D Abs. 2 der Mitteilung über Zusammenarbeit von 1996 (vgl. in diesem Sinne Urteil Vitamine, oben in Randnr. 43 angeführt, Randnr. 507).

Zum Treffen vom 17. Mai 1999

96. Von diesem Treffen wurde kein Protokoll erstellt, weder an demselben Tag noch später, und keine Tonaufzeichnung gemacht. BASF rügt dieses Versäumnis der Kommission, macht aber nicht geltend, dass sie ein dahin gehendes Ersuchen an die Kommission gerichtet habe. Unter diesen Umständen kann der Kommission kein Verstoß gegen den Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung zur Last gelegt werden (vgl. in diesem Sinne Urteil Vitamine, oben in Randnr. 43 angeführt, Randnrn. 501, 502 und 509).

97. BASF ist in Bezug auf die Informationen, die sie bei diesem Treffen, an dem Beamte der Kommission, Vertreter von BASF und Vertreter von Hoffman-La Roche teilgenommen haben, angeblich über Cholinchlorid geliefert habe, sehr vage geblieben. An schriftlichen Beweisen zum Inhalt dieses Treffens enthält die Akte stenografische Notizen, die ein Beamter der Kommission aufbewahrt hat. BASF hat ihrerseits in ihren Schriftsätzen Auszüge aus der Erklärung Scholz wiedergegeben, die sie ihrer Klageschrift beigefügt hat. Zur Beurteilung dieser Erklärung als Beweismittel ist darauf hinzuweisen, dass die Verfahrensordnung es den Parteien nicht verbietet, solche Erklärungen vorzulegen. Ihre Beurteilung ist jedoch Sache des Gerichts, das, wenn die darin beschriebenen Tatsachen für die Entscheidung des Rechtsstreits wichtig sind, zur Beweiserhebung die Vernehmung des Verfassers eines solchen Dokuments als Zeugen anordnen kann (vgl. in diesem Sinne Beschluss vom 24. Oktober 2003, Heurtaux/Kommission, T‑172/03, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 3). Im vorliegenden Fall ist eine solche Maßnahme nicht erforderlich.

98. Die stenografischen Notizen geben ein lückenhaftes Bild dessen, was bei dem Treffen vom 17. Mai 1999 besprochen wurde. Angesichts dieser Notizen ist es jedoch offensichtlich, dass die Kommission, Hoffman-La Roche und BASF im Wesentlichen über Vorfragen einer eventuellen Zusammenarbeit gesprochen haben und schließlich zur Anzeige der Kartelle über eine nicht genannte Zahl von Vitaminprodukten gelangten. Bei dem Gespräch ging es um den Wunsch der Unternehmen zu kooperieren, den Stand des Verfahrens in den Vereinigten Staaten, die nächsten Schritte in Bezug auf die Verbreitung von Informationen insbesondere im Hinblick auf die in den Vereinigten Staaten anhängigen Sammelklagen, die zeitliche Planung und die Ansicht der Kommission darüber, was eine Kooperation für die Unternehmen bedeute. Der einzige Hinweis auf Cholinchlorid findet sich auf der dritten Seite, wo es nur heißt, dass es über dieses Produkt kollusive Absprachen gegeben habe. BASF kann daher nicht behaupten, die fraglichen Notizen zeigten, dass wesentliche Auskünfte, wie die Namen der beteiligten Unternehmen (es wird darin lediglich die Beteiligung der japanischen Unternehmen erwähnt, jedoch ohne irgendeinen Bezug zum Cholinchloridkartell) oder die Dauer der Zuwiderhandlung, erteilt worden wären. Was den Umstand betrifft, dass es kollusive Absprachen über Cholinchlorid gegeben hat, genügt der Hinweis, dass die Kommission lange vor dem fraglichen Treffen durch die Mitteilung von Chinook davon erfahren hatte (siehe oben, Randnr. 3).

99. In der Erklärung Scholz heißt es (Randnr. 10): „[Bei diesem Treffen hat BASF erklärt], dass sie an rechtswidrigen Aktivitäten betreffend Cholinchlorid, einschließlich Mischungen und Vormischungen, beteiligt gewesen sei, wie aus dem Bericht der Kommission über das Treffen hervorgeht. Wir haben die Beamten ferner darüber informiert, dass die rechtswidrigen Vereinbarungen über die wichtigsten Vitamine den europäischen Markt betroffen haben, einschließlich aller wichtigen europäischen und japanischen Vitaminhersteller. Wir haben die beteiligten Hauptakteure für die wichtigsten Vitamine genannt, mit Sicherheit Takeda, Eisai, Merck und Rhône-Poulenc. Die Vertreter der Europäischen Kommission schienen sich für die Namen weiterer Beteiligter nicht zu interessieren. Angesichts der relativ geringen Zahl von Herstellern anderer Vitamine, einschließlich Cholinchlorid, hätte die Europäische Kommission jedenfalls die Identität anderer Marktteilnehmer leicht feststellen können.“ Dieses Treffen betraf also eindeutig sämtliche auf weltweiter Ebene für zahlreiche Vitaminprodukte geschaffene Kartelle. Es betraf also nicht speziell Cholinchlorid, worüber, abgesehen von der der Kommission bereits bekannten Tatsache, dass es ein Kartell für dieses Produkt gab, sehr wenige Informationen erteilt wurden.

100. Im Übrigen ergibt sich aus dieser Erklärung, dass die Kommission auf der Übermittlung schriftlicher Auskünfte in Form eines Berichts bestanden hat. In Randnr. 12 der Erklärung heißt es insoweit:

„[Der damalige Generaldirektor der DG IV] teilte uns mit, dass die Europäische Kommission die ‚traditionelle‘ Art, Auskünfte einzuholen, bevorzuge, d. h. die Vorlage schriftlicher Auskünfte mit den ‚üblichen Details‘, z. B. Darstellungen der Treffen, Orte, Daten, Teilnehmer und besprochenen Themen. Ich habe daher dem [Generaldirektor] vorgeschlagen, dass BASF der Kommission einen vollständigen Bericht über die Vorkommnisse, die die Europäische Union beträfen, vorlegen würde. … Der [Generaldirektor] hat diesem Vorschlag sofort zugestimmt.“

101. Bei dem fraglichen Bericht handelt es sich um den Bericht vom 15. Juni 1999 (siehe oben, Randnrn. 21 und 84). In seinem Teil G, der Cholinchlorid betrifft und drei Seiten umfasst, bezieht sich BASF auf vier Treffen des weltweiten Cholinchloridkartells, die zwischen Frühling 1992 und November 1992 stattgefunden hätten, darunter das Treffen von Ludwigshafen, sowie auf sechs weitere Treffen bis zu dem Treffen vom April 1994 in Johor Bahru. In dem Bericht hieß es ferner, dass es bis Ende 1996 weitere Treffen betreffend Ausfuhren nach Süd‑ und Lateinamerika gegeben habe, die jedoch für die Teilnehmer ohne Ergebnis geblieben seien. Da der Bericht vom 15. Juni 1999 nach dem Vorbringen von BASF eine vollständige Aufstellung der Ereignisse betreffend die Absprachen über Cholinchlorid enthielt, ist es unwahrscheinlich, dass das Treffen vom 17. Mai 1999 zur Übermittlung weitergehender Informationen geführt hat. Dies wird durch die Klageschrift bekräftigt, in deren Randnr. 153 ausgeführt wird: „Der einzige Grund, weshalb BASF nicht sofort weitere detaillierte mündliche Auskünfte erteilt hat, war das Bestehen der Kommission auf schriftlichen Beweisen“. Außerdem heißt es in Randnr. 11 der Erklärung Scholz, dass das fragliche Treffen ungefähr eine Stunde gedauert habe, so dass eine detaillierte Darstellung der verschiedenen weltweiten Kartelle, die dreizehn Vitaminprodukte betrafen, nämlich zwölf Produkte in der Rechtssache Vitamine (oben in Randnr. 39 angeführt) und zusätzlich Cholinchlorid, offensichtlich nicht möglich gewesen wäre.

102. Der Hinweis auf den damals unmittelbar bevorstehenden Abschluss eines Vergleichs mit den amerikanischen Behörden hat für die Kommission ebenfalls keinen Nutzen, da diese Information als solche nichts Wesentliches über den europäischen Cholinchloridmarkt aussagt.

103. Dem Vorbringen von BASF, dass die am 17. Mai 1999 gelieferten Informationen es der Kommission ermöglicht hätten, eine Zuwiderhandlung gegen das gemeinschaftliche Wettbewerbsrecht zu beweisen, kann daher nicht gefolgt werden. Der bloße Blick auf Teil IV der Entscheidung unter der Überschrift „Ablauf der Ereignisse“ zeigt nämlich, dass deren historische Grundlage (die 25 Seiten umfasst) bei weitem detailliertere und bedeutsamere Informationen enthält als die allgemeinen Angaben, auf die sich BASF sowohl bei dem Treffen vom 17. Mai 1999 als auch im Bericht vom 15. Juni 1999 beschränkt hat.

104. Auch die Rüge, dass die Kommission keine Beweise in Form von mündlichen Zeugenaussagen habe akzeptieren wollen, die laut BASF innerhalb kurzer Zeit hätten beigebracht werden können, ist zurückzuweisen. Die Zeit, die bis zur Anfertigung des Berichts vom 15. Juni 1999 vergangen ist, bei dem es sich laut BASF um einen umfassenden und detaillierten Bericht gehandelt habe, hatte nämlich keinen Einfluss auf die Beurteilung der von BASF angebotenen Zusammenarbeit durch die Kommission. Die Kommission macht nämlich geltend, dass sie von anderen Unternehmen übermittelte Beweise, die den Wert dieses Berichts relativiert hätten, nicht berücksichtigt habe. Sie trägt, ohne dass dem widersprochen worden wäre, vor, dass sie zwischen dem Treffen vom 17. Mai 1999 und der Übermittlung des Berichts vom 15. Juni 1999 keine Auskünfte erhalten habe.

105. Die Behauptungen von BASF beruhen somit auf der falschen Prämisse, dass sich die zwischen dem Treffen vom 17. Mai 1999 und dem Bericht vom 15. Juni 1999 vergangene Zeit nachteilig auf die Ermäßigung ihrer Geldbuße ausgewirkt habe. Aus denselben Gründen ist das Vorbringen zurückzuweisen, dass alle auf das Treffen vom 17. Mai 1999 folgenden Mitteilungen so zu beurteilen seien, als ob sie an diesem Tag übermittelt worden wären, da sie bestätigten, was bei diesem Treffen gesagt worden sei.

106. Die Angaben, die BASF bei dem Treffen am 17. Mai 1999 gemacht zu haben behauptet, versetzten die Kommission demnach zwar in die Lage, Auskunftsverlangen zu stellen oder auch Ermittlungen anzuordnen, die Rekonstruktion und der Nachweis des Sachverhalts blieben jedoch – ungeachtet dessen, dass BASF ihre Verantwortung einräumte – aufgrund des allgemeinen Charakters der gelieferten Auskünfte nach wie vor der Beklagten überlassen (vgl. in diesem Sinne Urteil Vitamine, oben in Randnr. 43 angeführt, Randnr. 517).

107. Außerdem hat die Kommission entgegen den Andeutungen von BASF (siehe oben, Randnr. 78) in der Rechtssache Vitamine (oben in Randnr. 39 angeführt) zum Zweck der Anwendung der Mitteilung über Zusammenarbeit von 1996 weder das Schreiben vom 6. Mai 1999, noch das Treffen vom 17. Mai 1999 berücksichtigt. Diese werden in Erwägungsgrund 127 der Entscheidung 2003/2, wo die Kommission ausführt, dass ihr zu diesem Zeitpunkt keine Erklärungen oder Beweisunterlagen vorgelegen hätten, erstmals erwähnt. Darüber hinaus ergibt sich aus den Erwägungsgründen 743, 747, 748, 761 und 768 der Entscheidung 2003/2, dass die Kommission die gegen BASF festzusetzende Geldbuße ausschließlich aufgrund der Unterlagen betreffend die Vitamine A, E, B2, B5, C und D3, Beta-Karotin und Carotinoide, die BASF ihr zwischen dem 2. Juni 1999 und dem 30. Juli 1999 übermittelt habe, um 50 % ermäßigt hat. Die Erwähnung des Schreibens vom 6. Mai 1999 in Erwägungsgrund 747 dieser Entscheidung dient lediglich der Bestimmung des Datums, an dem BASF der Kommission ihre Bereitschaft zur Zusammenarbeit angezeigt hat. In der Entscheidung 2003/2 wurde BASF daher keine Ermäßigung der Geldbuße unter dem Gesichtspunkt der Zusammenarbeit aufgrund dieser Schritte gewährt.

Zum Schreiben vom 21. Mai 1999

108. Mit dem Schreiben vom 21. Mai 1999 hat BASF der Kommission den Vergleich sowie das diesem beigefügte Schriftstück, die Anklageschrift im Rahmen des in den Vereinigten Staaten eingeleiteten Verfahrens, übermittelt. Zum Wert dieser Schriftstücke im Hinblick auf die Mitteilung über Zusammenarbeit von 1996, ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission sie in der Entscheidung weder direkt noch indirekt verwendet hat, um das Vorliegen der Zuwiderhandlung im EWR festzustellen. Da sonst nichts vorliegt, woraus sich ergäbe, dass die Übermittlung des fraglichen Vergleichs dazu beigetragen hat, das Vorliegen eines Verstoßes betreffend den EWR festzustellen, fällt diese Übermittlung somit nicht unter Abschnitt D der Mitteilung über Zusammenarbeit von 1996 (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 9. Juli 2003, Archer Daniels Midland und Archer Daniels Midland Ingredients/Kommission, T‑224/00, Slg. 2003, II‑2597, Randnr. 297).

109. Dass diese Dokumente nicht erwähnt wurden, verstößt also nicht gegen Abschnitt D der Mitteilung über Zusammenarbeit von 1996.

Zum Schreiben vom 23. Juli 1999

110. Nach Ansicht von BASF ist Erwägungsgrund 49 der Entscheidung insoweit unrichtig, als es dort heißt, dass die mit dem Schreiben vom 23. Juli 1999 übermittelten Informationen die gleichen gewesen seien wie die bereits im Rahmen der Rechtssache Vitamine (oben in Randnr. 39 angeführt) übermittelten. BASF behauptet, dass sie zusätzliche Unterlagen über Cholinchlorid vorgelegt habe.

111. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass diese Unterlagen in Beantwortung eines vom 22. Juni 1999 datierenden Auskunftsverlangens gemäß Art. 11 der Verordnung Nr. 17 übermittelt wurden. Die der Kommission in Beantwortung eines Auskunftsverlangens übermittelten Unterlagen werden jedoch aufgrund einer Rechtspflicht vorgelegt und können nicht im Hinblick auf die Mitteilung über Zusammenarbeit von 1996 berücksichtigt werden, selbst wenn sie dazu verwendet werden können, den Beweis für ein wettbewerbswidriges Verhalten des Unternehmens, das die Auskünfte liefert, oder eines anderen Unternehmens zu erbringen (Urteil Kommission/SGL Carbon, oben in Randnr. 92 angeführt, Randnrn. 41 und 50). Das Vorbringen von BASF ist daher als unbegründet zurückzuweisen. Aus denselben Gründen ist auch die allgemeine Rüge zurückzuweisen, dass die Kommission den Mitteilungen von BASF, denen kein Auskunftsersuchen vorangegangen sei, im Rahmen der Beurteilung der Kooperation dieses Unternehmens zu Unrecht keine Bedeutung mehr beigemessen habe (siehe oben, Randnr. 85).

Zur Beurteilung des Berichts vom 15. Juni 1999 und des Schreibens vom 23. Juni 1999 im Licht des Auskunftsersuchens vom 26. Mai 1999

112. Wie in Randnr. 21 des vorliegenden Urteils ausgeführt, hat die Kommission in Erwägungsgrund 221 der Entscheidung festgestellt, dass der Bericht vom 15. Juni 1999 und das Schreiben vom 23. Juni 1999 als freiwillige Vorlage von Beweismitteln zu berücksichtigen seien, obwohl BASF sie in Erwiderung des Auskunftsersuchens vom 26. Mai 1999 übermittelt habe. Der Kommission war also, entgegen den Behauptungen von BASF, durchaus bewusst, dass diese Schriftstücke freiwillig übermittelt wurden.

Zum Schreiben vom 16. Juli 1999

113. Nach Erwägungsgrund 223 der Entscheidung enthielt das Schreiben vom 16. Juli 1999 nichts, was zur Feststellung des Vorliegens des Verstoßes beigetragen hätte. Die Lektüre dieses Schreibens bekräftigt diese Ansicht. Aus den beiden angehängten Tabellen, die offenbar Cholinchlorid betreffen (sie tragen die Überschrift „Premixes and Blends“), ergibt sich nur der Wert und das Volumen der Produktion und der Verkäufe von BASF im EWR von 1994 bis 1998. Unabhängig davon, ob dieses Schreiben eine Antwort auf ein Auskunftsersuchen vom 22. Juni 1999 darstellte, konnte es daher nicht im Hinblick auf die Mitteilung über die Zusammenarbeit berücksichtigt werden.

Gesamtbeurteilung der BASF gewährten Ermäßigung

114. Aus der Gesamtheit der vorstehenden Erwägungen ergibt sich, dass die Kommission sich zu Recht ausschließlich auf den Bericht vom 15. Juni 1999 und das Schreiben vom 23. Juni 1999 gestützt hat, um das Ausmaß der Kooperation von BASF zu beurteilen und die auf den Grundbetrag ihrer Geldbuße aufgrund des Abschnitts D der Mitteilung über Zusammenarbeit von 1996 anzuwendende Ermäßigung zu ermitteln. BASF erkennt übrigens an, dass sie nicht in den Genuss der Abschnitte B und C dieser Mitteilung kommen konnte.

115. Der Bericht vom 15. Juni 1999 beschreibt auf den drei Seiten, die sein Teil G umfasst, einige im Rahmen des weltweiten Kartells abgehaltene Treffen, äußert sich jedoch nicht zu den bei diesen Treffen besprochenen Themen. Die ersten beiden von BASF erwähnten Treffen (Frühling und Sommer 1992 in Mexiko) haben sich für das vorliegende Verfahren als bedeutungslos erwiesen, da die Kommission in den Erwägungsgründen 136 und 163 der Entscheidung festgestellt hat, dass bei diesen Treffen keine Vereinbarungen getroffen worden seien, und den Beginn der Zuwiderhandlung auf den 13. Oktober 1992 (drittes Treffen in Mexiko) datiert hat.

116. BASF hat außerdem keine Informationen zum Bestehen der europäischen Absprachen erteilt, die sich für den EWR‑Markt als besonders schädlich erwiesen haben. Selbst in ihrem Schreiben vom 4. November 2002 nennt BASF lediglich zwei möglicherweise relevante Treffen, bei denen ein „Gespräch über den Europäischen [Cholinchlorid-]Markt“ (Februar 1995, mit UCB und Akzo Nobel) sowie eine Besprechung über die „Marktsituation Cholinchlorid“ (Juli 1995, ohne Angabe der Teilnehmer) stattgefunden hätten. BASF hat erst nach Erhalt der Mitteilung der Beschwerdepunkte durch das Nichtbestreiten der Tatsachen das Vorliegen eines Kartells auf europäischer Ebene anerkannt. Die fraglichen Informationen waren also zumindest unvollständig, da ein sehr wesentlicher Teil der kollusiven Handlungen nicht erwähnt wurde.

117. Die Mitteilung vom 23. Juni 1999 umfasst fünf bei dem Treffen in Ludwigshafen verteilte Dokumente, die die Produktionskapazitäten der Hersteller und der Verarbeiter im Jahre 1992 sowie die internationalen Versendungen in diesem Jahr betreffen. Sonst enthält diese Sendung Unterlagen von begrenztem Interesse, die von der Kommission in der Entscheidung übrigens nicht verwendet wurden.

118. Diese Dokumente bestätigen zwar die begangene Zuwiderhandlung und fallen somit unter Abschnitt D der Mitteilung über Zusammenarbeit von 1996, ihr Beitrag ist jedoch angesichts des Umfangs und der Detailliertheit der Angaben, die die Kommission in Abschnitt 1.4 der Mitteilung der Beschwerdepunkte und anschließend in den Erwägungsgründen 63 bis 121 der Entscheidung zur Sachverhaltsdarstellung angeführt hat, gering.

119. Unter diesen Umständen kann der Behauptung einer verspäteten Versendung der ersten Auskunftsersuchen durch die Kommission, die BASF aufstellt, um den Wert der von Bioproducts am 7. Mai 1999 übermittelten Informationen zu relativieren, nicht gefolgt werden. Außerdem sind die von BASF erteilten Auskünfte aufgrund ihres begrenzten Werts nicht mit den von Bioproducts oder Chinook erteilten vergleichbar. Selbst wenn der Wert der letztgenannten Auskünfte nicht das von der Kommission behauptete Niveau erreicht haben sollte, kann dies an der Beurteilung der Kooperation von BASF nichts ändern.

120. Die Kommission hat daher bei der Beurteilung des Werts der Kooperation von BASF und der Ermäßigung der gegen diese festzusetzenden Geldbuße um 20 % keinen Fehler begangen. Der dritte Klagegrund ist daher zurückzuweisen. Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass diese Beurteilung die Konsequenzen unberührt lässt, die die vom Gericht vorgenommene Beurteilung des fünften Klagegrundes auf diese Ermäßigung haben kann (siehe unten, Randnrn. 212 bis 223).

5. Zum vierten von BASF vorgebrachten Klagegrund: Unzureichende Ermäßigung der Geldbuße unabhängig von der Mitteilung über Zusammenarbeit von 1996

Vorbringen der Parteien

121. BASF ist der Ansicht, dass sie unabhängig von der Mitteilung über Zusammenarbeit von 1996 aus folgenden Gründen eine stärkere Ermäßigung verdiene:

– Sie habe ihre Kooperation bereits in einem sehr frühen Stadium angeboten (6. Mai 1999);

– sie habe bereits vor diesem Zeitpunkt ihre Beteiligung an dem Kartell beendet;

– sie habe bei dem Treffen vom 17. Mai 1999 und anschließend schriftlich durch die Übersendung nicht verlangter zusätzlicher Angaben detaillierte Auskünfte erteilt;

– sie habe der Kommission den mit den Behörden der Vereinigten Staaten geschlossenen Vergleich vorgelegt, bei dem es ebenfalls um Cholichlorid gegangen sei;

– sie habe sofort alle für das Kartell verantwortlichen leitenden Mitarbeiter entlassen und ein Programm zur Befolgung der Wettbewerbsregeln angewandt.

122. Da sie nach Erwägungsgrund 221 der Entscheidung der erste der drei europäischen Hersteller gewesen sei, der freiwillig Beweise für die Zuwiderhandlung übermittelt habe, und angesichts der den anderen europäischen Herstellern gewährten Ermäßigungen, ersucht BASF das Gericht, von seiner Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung Gebrauch zu machen und die verhängte Geldbuße herabzusetzen.

123. BASF macht ferner geltend, dass alle Ausführungen zur Relevanz der unter dem Gesichtspunkt der Kooperation gelieferten Informationen in der Entscheidung hätten enthalten sein müssen und dass die Kommission bei fehlender Begründung keine zusätzlichen Erläuterungen geben dürfe.

124. BASF widerspricht der Behauptung der Kommission, dass die entscheidenden Unterlagen nach Abschluss der Sammelklageverfahren in den Vereinigten Staaten vorgelegt worden seien. Der letzte von ihr vorgelegte Schriftsatz datiere nämlich vom 23. Juli 1999 (siehe oben, Randnr. 110), d. h. mehr als drei Monate vor Abschluss des ersten Sammelklageverfahrens.

125. Die Kommission ist der Ansicht, dass die im Rahmen dieses Klagegrundes und die zur Stützung des vorangegangenen Klagegrundes vorgebrachten Argumente sich überschnitten. Dass BASF ihre Beteiligung an dem Kartell beendet habe, bevor sie ihre Kooperation angeboten habe, stelle weder einen mildernden Umstand noch eine Kooperationshandlung dar. Im Übrigen sei die nachfolgende Anwendung eines Befolgungsprogramms für den Wert der von BASF geleisteten Zusammenarbeit irrelevant. Dieses Vorbringen sei daher ebenfalls unbegründet.

126. Zum Appell von BASF an das Gericht, es möge von seiner Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung Gebrauch machen, erklärt die Kommission, dass die Angaben, die sie unter Mitwirkung dieser Klägerin zusammengetragen habe, nicht den europäischen Teil des Kartells betroffen hätten. Sie verweist auf ihre Ausführungen zum Wert dieser Angaben und unterstreicht die Bedeutung der von UCB und Akzo Nobel zum europäischen Aspekt des Kartells gelieferten Informationen. BASF habe sich unredlich verhalten, da sie versucht habe, die Kommission in Bezug auf die Bedeutung des im Oktober 1992 in Mexiko abgehaltenen Treffens und das Bestehen des Kartells auf europäischer Ebene irrezuführen.

Würdigung durch das Gericht

127. Die im ersten, im dritten und im vierten Gedankenstrich der Randnr. 121 des vorliegenden Urteils angeführten Argumente wurden bereits im Rahmen des vorangegangenen Klagegrundes geprüft. Unter Berücksichtigung dieser Prüfung ist das Gericht der Ansicht, dass es keinen Grund für eine zusätzliche Ermäßigung zu der von der Kommission nach Nr. 3 sechster Gedankenstrich der Leitlinien angewandten Ermäßigung von 20 % gibt, insbesondere, weil die Informationen, die BASF der Kommission geliefert hat, zumindest unvollständig waren (siehe oben, Randnr. 116).

128. Schließlich wurde die Tatsache, dass BASF die Zuwiderhandlung von sich aus beendet hatte, bevor die Kommission ihre Untersuchung einleitete, bei der Berechnung der Dauer des BASF zur Last gelegten Zeitraums der Zuwiderhandlung hinreichend berücksichtigt, so dass BASF sich nicht auf Nr. 3 dritter Gedankenstrich der Leitlinien berufen kann (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichts vom 29. April 2004, Tokai Carbon u. a./Kommission, T‑236/01, T‑239/01, T‑244/01 bis T‑246/01, T‑251/01 und T‑252/01, Slg. 2004, II‑1181, Randnr. 341, und vom 8. Juli 2004, Dalmine/Kommission, T‑50/00, Slg. 2004, II‑2395, Randnrn. 328 bis 332). Die Beendigung der Verstöße nach dem ersten Eingreifen der Kommission kann nämlich logischerweise nur dann einen mildernden Umstand bilden, wenn es Gründe für die Annahme gibt, dass die fraglichen Unternehmen durch dieses Eingreifen zur Beendigung ihres wettbewerbswidrigen Verhaltens veranlasst wurden; der Fall, dass die Zuwiderhandlung bereits vor dem ersten Eingreifen der Kommission beendet wurde, wird von dieser Vorschrift der Leitlinien nicht erfasst (Urteil des Gerichtshofs vom 25. Januar 2007, Dalmine/Kommission, C‑407/04 P, Slg. 2007, I‑829, Randnr. 158).

129. Das Gericht ist der Ansicht, dass die Entlassung der leitenden Mitarbeiter, die bei der Zuwiderhandlung eine entscheidende Rolle gespielt haben, keine Handlung darstellt, die die Herabsetzung der verhängten Geldbuße rechtfertigt. Es handelt sich nämlich um eine Maßnahme, mit der die Beachtung der Wettbewerbsregeln durch die eigenen Mitarbeiter durchgesetzt werden soll, was ohnehin eine Pflicht des Unternehmens darstellt und daher nicht als mildernder Umstand angesehen werden kann.

130. Das Vorbringen von BASF, dass sie der erste europäische Hersteller gewesen sei, der der Kommission Beweise geliefert habe, stellt die vorstehenden Beurteilungen nicht in Frage. Die Informationen, die BASF freiwillig über das weltweite Kartell geliefert hat, waren nämlich von untergeordneter Bedeutung und geringem Nutzen; zum europäischen Kartell, dessen Ausmaß von UCB und Akzo Nobel offengelegt wurde, hat sie jedoch keine wesentlichen Informationen übermittelt. Dass BASF der erste europäische Hersteller war, der kooperiert hat, kann daher nicht zu einer Herabsetzung der Geldbuße führen.

131. Der vierte Klagegrund ist daher zurückzuweisen.

6. Zu dem von BASF und UCB vorgebrachten Klagegrund eines Rechtsfehlers bei der Einstufung der weltweiten und der europäischen Absprachen als einzige und fortgesetzte Zuwiderhandlung

Vorbringen der Parteien

132. BASF macht zweierlei geltend, eine Verletzung der Verteidigungsrechte und einen Rechtsfehler hinsichtlich der Einstufung des Kartells als einziges und fortgesetztes Kartell.

133. Was den ersten Punkt betreffe, habe die Kommission in der Mitteilung der Beschwerdepunkte nicht darauf hingewiesen, dass das weltweite und das europäische Kartell aus ihrer Sicht eine einzige und fortgesetzte Zuwiderhandlung für den EWR-Markt gebildet hätten. Da in der Mitteilung der Beschwerdepunkte von einer Vereinbarung über die Aufteilung des weltweiten Markts die Rede gewesen sei, bei der die Absprachen in Bezug auf Europa Unterabsprachen dargestellt hätten, habe BASF nicht die Möglichkeit gehabt, sich zu der wesentlich anderen Einstufung in der Entscheidung zu äußern, wonach die Zuwiderhandlung als einzige Zuwiderhandlung anzusehen gewesen sei, weil sie einen einzigen wettbewerbswidrigen Zweck verfolgt habe. Dieser Unterschied zwischen der Mitteilung der Beschwerdepunkte und der Entscheidung verletzte die Verteidigungsrechte, da BASF sich gegen diese falsche rechtliche Einordnung der Tatsachen gewehrt hätte, wenn sie in der Mitteilung der Beschwerdepunkte enthalten gewesen wäre.

134. Was den zweiten Punkt angehe, sei die Einstufung des Kartells als einzige Zuwiderhandlung falsch, weil die beiden Kartelle unterschiedliche Beteiligte gehabt hätten. In einigen Erwägungsgründen der Entscheidung werde im Übrigen eingeräumt, dass es sich um zwei gesonderte Zuwiderhandlungen gehandelt habe. Die in Erwägungsgrund 150 der Entscheidung zur Beschreibung des Ziels des Kartells verwendete Formulierung „Beschränkung der normalen Wettbewerbsbedingungen“ sei nicht spezifisch genug, um von einer einzigen Zuwiderhandlung ausgehen zu können. Außerdem habe das weltweite Kartell die Aufteilung des Markts auf weltweiter Ebene zum Ziel gehabt, während es bei dem europäischen Kartell vor allem um Preisfestsetzungen und Kundenzuteilungen im EWR, also Ziele anderer Art gegangen sei. Die Behauptung der Kommission, dass das einzige Ziel des rechtswidrigen Verhaltens die Erhöhung der Preise gewesen sei und alle anderen Ziele nur unterstützender und untergeordneter Art gewesen seien, entspreche nicht den Feststellungen in der Entscheidung. Im Übrigen hätten die beiden Zuwiderhandlungen unterschiedlich lang gedauert und es habe eine Unterbrechung zwischen ihnen gegeben, da die weltweite Preisvereinbarung von Januar 1993 bis Januar 1994 gültig gewesen sei, während das europäische Kartell von März 1994 bis Oktober 1998 gedauert habe. Das europäische Kartell habe die nordamerikanischen Hersteller nicht interessiert, da diese sich vom europäischen Markt fernzuhalten gehabt hätten und die Ausfuhren nach Nordamerika unbedeutend gewesen seien. An dieser ausgeglichenen Interessenlage habe sich auch nach Beendigung des weltweiten Kartells nichts geändert.

135. Entgegen Erwägungsgrund 149 der Entscheidung habe BASF niemals der Einstufung des Kartells als einzige Zuwiderhandlung zugestimmt. Die Position der Kommission stehe im Gegensatz nicht nur zu ihrer früheren Entscheidungspraxis, wonach auf unterschiedlichen geografischen Ebenen getroffene, aber eng miteinander verbundene Absprachen als gesonderte Zuwiderhandlungen angesehen worden seien, sondern auch zu der Ansicht, die sie vor dem Gericht im Rahmen des gegen die Entscheidung 2003/2 eingeleiteten Verfahrens vertreten habe. Aus den früheren Entscheidungen der Kommission ergebe sich, dass Absprachen auf unterschiedlichen geografischen Ebenen eine einzige Zuwiderhandlung darstellen könnten, wenn die auf der einen Ebene getroffenen Absprachen dazu dienen sollten, die auf der anderen Ebene vereinbarten Ziele umzusetzen, zu unterstützen oder zu organisieren, und keine der Absprachen die andere überdauere. Die Kommission könne nicht erklären, warum die europäischen Hersteller das weltweite Kartell nach dessen Beendigung weiter hätten umsetzen sollen. In Wirklichkeit hätten die europäischen Hersteller eine neue Zuwiderhandlung begangen, indem sie sich an einem europäischen Kartell beteiligt hätten, das nach dem weltweiten Kartell geschaffen worden und von diesem vollkommen getrennt sei.

136. Aufgrund der nach der Verordnung Nr. 2988/74 für das weltweite Kartell eingetretenen Verjährung könne die Kommission daher keine Sanktionen gegen BASF wegen dieses Kartells verhängen.

137. UCB ist der Ansicht, dass die beiden Ebenen des angeblich einzigen Kartells in keiner Weise eng miteinander verbunden seien. Das weltweite Kartell sei von den wichtigsten globalen Herstellern von Cholinchlorid, nämlich den nordamerikanischen und europäischen Herstellern, ausgehandelt worden, und habe die Aufteilung der großen weltweiten Märkte zum Gegenstand gehabt, insbesondere durch eine Vereinbarung, wonach die europäischen Hersteller nicht mehr nach Nordamerika und die nordamerikanischen Hersteller nicht mehr nach Europa exportieren würden. Die Erhöhung der Preise und die Kontrolle der Verarbeiter hätten die Stabilität dieser Aufteilung der weltweiten Märkte gewährleisten sollen. Eine Zuteilung der Kunden und der nationalen Märkte innerhalb des EWR oder ein Kartell über die Preise in Europa habe nie zur Debatte gestanden, wie eine einem Vertreter von DuCoa zugeschriebene Erklärung in Erwägungsgrund 85 der Entscheidung zeige. Da diese Absprachen nicht erfolgreich gewesen seien, hätten die betroffenen Unternehmen, darunter UCB, sie im April 1994 beendet.

138. Die Kontakte zwischen den europäischen Herstellern hätten dagegen im März 1994 begonnen, d. h. fast zwei Jahre nach dem Treffen in Ludwigshafen (siehe oben, Randnr. 4), und bis 1998, d. h. mehr als vier Jahre nach Beendigung der Verhandlungen auf weltweiter Ebene, angedauert. Bei den Absprachen zwischen den europäischen Herstellern sei es nicht um die Regulierung des Weltmarkts, sondern nur um die des EWR-Markts, in Form einer Zuteilung der nationalen Märkte und der Kunden, gegangen. Es handle sich also um zwei grundverschiedene Versuche, die zu unterschiedlichen Zeitpunkten von unterschiedlichen Beteiligten verhandelt worden seien und offenkundig unterschiedliche Ziele verfolgt hätten. Der bloße Umstand, dass zwei Praktiken eine Beschränkung der normalen Wettbewerbsbedingungen im EWR zur Folge gehabt hätten, reiche für die Feststellung, dass sie eine einzige Zuwiderhandlung darstellten, nicht aus. Ließe man ein so vage definiertes gemeinsames Ziel genügen, um das Vorliegen einer einzigen und fortgesetzten Zuwiderhandlung nachzuweisen, hieße das, dass mehrere Verstöße gegen die Art. 81 EG und 82 EG, gleich in welcher Branche, ohne Weiteres als einzige und fortgesetzte Zuwiderhandlung eingestuft werden könnten. Da sich die beiden Kartelle auf dieselbe Branche bezogen hätten, hätten die verwendeten Praktiken zwangsläufig Ähnlichkeiten aufgewiesen. Dies könne jedoch nicht ausreichen, um eine enge Verbindung zwischen den beiden Kartellen festzustellen, da der Zweck und die wirtschaftlichen Ziele dieser Praktiken unterschiedlich gewesen seien.

139. Die Einstufung der beiden Kartelle als eine einzige Zuwiderhandlung solle es der Kommission ermöglichen, unter Umgehung der Verjährungsregeln das weltweite Kartell zu berücksichtigen. Es müsse jedoch zwischen dem vorliegenden Fall und den Rechtssachen unterschieden werden, in denen der Begriff der einzigen und fortgesetzten Zuwiderhandlung das Problem behebe, nachzuweisen, dass alle Mitglieder eines Kartells an allen wettbewerbswidrigen Handlungen beteiligt waren, die denselben Zweck anstrebten und sich in dieselbe Wirtschaftskonjunktur eingliederten. Der vorliegende Fall sei dagegen mit der dem Urteil des Gerichts vom 8. Juli 2004, JFE Engineering u. a./Kommission (T‑67/00, T‑68/00, T‑71/00 und T‑78/00, Slg. 2004, II‑2501, Randnr. 22), zugrunde liegenden Rechtssache vergleichbar, in der die Kommission zwischen einer weltweiten und einer europaweiten Zuwiderhandlung unterschieden habe, obwohl sie letztere als Mittel zur Umsetzung ersterer angesehen habe. Der vorliegende Fall sei außerdem von den Rechtssachen zu unterscheiden, in denen die Rechtsprechung geprüft habe, ob verschiedene Verhaltensformen (Vereinbarungen, aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen) insgesamt als eine einzige Zuwiderhandlung eingestuft werden könnten. Ferner sei zwischen dem vorliegenden Fall und den Rechtssachen zu unterscheiden, bei denen die Funktionsweise und die Umsetzung der Vereinbarungen während der gesamten Dauer des Kartells gleich geblieben seien.

140. Das europäische Kartell könne folglich nicht als Fortsetzung der anfänglich auf weltweiter Ebene ausgehandelten Vereinbarungen im EWR angesehen werden. Diese Schlussfolgerung könne schon deswegen nicht gezogen werden, weil eine Aufteilung der nationalen Märkte innerhalb des EWR von den Teilnehmern der globalen Treffen niemals angesprochen worden sei, vor 1994 noch nicht einmal von den europäischen Herstellern. Die Kommission habe keine Beweise vorgelegt, die dies in Frage stellen könnten.

141. Das Vorbringen der Kommission, dass das europäische Kartell nicht möglich gewesen wäre, wenn die Beteiligten nicht während der gesamten Dauer der europäischen Vereinbarungen weiter die weltweiten Vereinbarungen umgesetzt hätten, widerspreche der Entscheidung. In der Entscheidung habe die Kommission nämlich festgestellt, dass das weltweite Kartell im April 1994 bei dem Treffen in Johor Bahru beendet worden sei (siehe oben, Randnr. 9) und dass sie keine Beweise für spätere rechtswidrige Handlungen der nordamerikanischen Hersteller besitze. Da das Kartell nach 1994 auf globaler Ebene nicht fortgesetzt worden sei, sei die Argumentation der Kommission insgesamt hinfällig. Mangels Gleichzeitigkeit der beiden Kartelle könne die Kommission nicht behaupten, dass die beiden Ebenen der wettbewerbswidrigen Vereinbarungen einander bedurft hätten.

142. Die Kommission weist das Vorbringen von BASF zurück und erklärt, dass sie das Verhalten der nordamerikanischen und der europäischen Hersteller vor 1994 und das Verhalten der europäischen Hersteller nach 1994 nie als zwei verschiedene Kartelle angesehen habe. Außerdem habe sie in der Entscheidung nicht zwischen einem Kartell auf weltweiter Ebene und einem Kartell auf europäischer Ebene unterschieden. Vielmehr habe sie in Erwägungsgrund 64 der Entscheidung ausgeführt, dass das einzige Kartell auf zwei verschiedenen, aber eng miteinander verbundenen Ebenen aktiv gewesen sei, nämlich der weltweiten und der europäischen Ebene; dieser Standpunkt sei in verschiedenen anderen Erwägungsgründen zum Ausdruck gebracht worden. Die Behauptung, dass die Kommission das rechtswidrige Verhalten nur zur Bestimmung der Höhe der Geldbuße und zur Umgehung der Verjährungsfrist als eine einzige Zuwiderhandlung betrachtet habe, treffe daher nicht zu.

143. Zur Übereinstimmung der Mitteilung der Beschwerdepunkte und der Entscheidung macht die Kommission geltend, dass insoweit keine Unterschiede bestünden. Die Rechtsprechungsgrundsätze zum Begriff der einzigen und fortgesetzten Zuwiderhandlung seien in den Randnrn. 164 bis 166 der Mitteilung der Beschwerdepunkte untersucht und in den Erwägungsgründen 145 bis 148 erneut dargestellt worden. Außerdem werde in Randnr. 168 der Mitteilung der Beschwerdepunkte darauf hingewiesen, dass ein gemeinsames Ziel, nämlich das Ausschalten des Wettbewerbs auf dem Cholinchloridmarkt, ein identischer wettbewerbswidriger Zweck und ein einziges wirtschaftliches Ziel, nämlich die Verfälschung der normalen Preisentwicklung auf dem weltweiten Cholinchloridmarkt, vorlägen. In der Entscheidung sei die Kommission aus denselben Gründen davon ausgegangen, dass es sich um eine einzige und fortgesetzte Zuwiderhandlung handle. Sie habe sich in Erwägungsgrund 150 der Entscheidung auf das Gebiet des EWR konzentriert, weil ihre Zuständigkeit sich auf Zuwiderhandlungen beschränke, die sich innerhalb des EWR auswirkten. Darüber hinaus habe die Kommission in der Mitteilung der Beschwerdepunkte alle erforderlichen Angaben betreffend die Anwendung des Begriffs der einzigen und fortgesetzten Zuwiderhandlung im vorliegenden Fall, die Dauer und die Schwere der Zuwiderhandlung angeführt, um die Verteidigungsrechte von BASF in vollem Umfang zu wahren.

144. Selbst wenn eine Abweichung zwischen dem Wortlaut der Mitteilung der Beschwerdepunkte und der Entscheidung bestehen sollte, enthalte erstere jedenfalls die nötigen Informationen, um BASF Gelegenheit gegeben zu haben, sich zu der Feststellung einer einzigen und fortgesetzten Zuwiderhandlung zu äußern; ihre Verteidigungsrechte seien somit gewahrt.

145. Was den Vorwurf einer falschen Anwendung des Begriffs der einzigen und fortgesetzten Zuwiderhandlung angeht, weist die Kommission das Vorbringen, dass die beiden Kartelle unterschiedliche Beteiligte gehabt hätten (siehe oben, Randnr. 134), zurück. Erstens habe die Kommission nie von „zwei Kartellen“ gesprochen, und zweitens seien mindestens drei (BASF, UCB und Akzo Nobel) der an der Zuwiderhandlung beteiligten Unternehmen dieselben. Dass die Kommission keine Beweise dafür habe, dass Bioproducts, Chinook und DuCoa nach dem 20. April 1994 weiter an der Zuwiderhandlung beteiligt gewesen seien (siehe oben, Randnr. 9), lasse das rechtswidrige Verhalten auf europäischer Ebene nicht ab diesem Zeitpunkt zu einer gesonderten Zuwiderhandlung werden.

146. Es sei außerdem künstlich und unrealistisch, jedes Mal, wenn ein Unternehmen dem Kartell beitrete oder dieses verlasse, von der Entstehung eines neuen gesonderten Kartells unter den verbleibenden Unternehmen auszugehen. Dies gelte insbesondere, wenn es bei dem Kartell um ein Verhalten gehe, das denselben Warenmarkt betreffe, im Wesentlichen dasselbe wirtschaftliche Ziel verfolge, denselben wettbewerbswidrigen Charakter habe und von einem harten Kern von Unternehmen über einen langen Zeitraum beibehalten worden sei. Dass die europäischen Hersteller ihre wettbewerbswidrigen Aktivitäten nach dem Ausstieg der nordamerikanischen Hersteller angepasst oder sogar intensiviert hätten, ändere weder etwas daran, dass es sich um eine fortgesetzte Zuwiderhandlung handle, noch an deren Hauptziel, dessen Erreichen weiterhin von der über die Verarbeiter ausgeübten Kontrolle und der Marktaufteilung abhängig gewesen sei. Das Verhalten der auf der globalen und der auf der europäischen Ebene an dem Kartell Beteiligten sei im Übrigen gleichartig gewesen (Kundenzuteilung und Marktaufteilung, Kontrolle der Verarbeiter, Austausch sensibler Informationen und Preisfestsetzungen) und habe ein einziges Ziel verfolgt, nämlich die Beschränkung der normalen Wettbewerbsbedingungen im EWR für Cholinchlorid, um dessen Preis auf einem künstlich überhöhten Niveau festzusetzen.

147. Die Kommission habe daher dadurch, dass sie das Verhalten der europäischen Hersteller ab 1994 lediglich als Fortsetzung der früheren mit den nordamerikanischen Herstellern geschlossenen Vereinbarungen angesehen habe, weder einen Fehler begangen noch ihrer in der Sache Vitamine (oben in Randnr. 39 angeführt) vertretenen Auffassung widersprochen. Die nordamerikanischen Hersteller hätten nämlich ganz besonderes Interesse zum einen an der Anwendung hoher Preise in Europa gehabt, damit sie in den Regionen, in denen sie tätig gewesen seien, ein hohes Preisniveau hätten aufrechterhalten können, und zum anderen daran, dass für die Kontrolle der europäischen Verarbeiter gesorgt werde, damit diese nicht zu niedrigen Preisen in die anderen Märkte exportierten. Dass diese Hersteller den europäischen Markt verlassen hätten, bedeute also nicht, dass sie sich für diesen Markt nicht interessierten. Ginge man mit BASF davon aus, dass die nordamerikanischen Hersteller weder dieselben Interessen, noch dieselben Ziele wie die europäischen Hersteller gehabt hätten, ließe sich die Umsetzung des Kartells auf globaler Ebene nicht erklären.

148. Die Kommission zeigt sich auch verwundert darüber, dass BASF bestreite, dass es sich um eine einzige und fortgesetzte Zuwiderhandlung gehandelt habe, da sie dies in ihrer Antwort auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte nicht getan habe.

149. Es habe keine Unterbrechung zwischen den beiden Ebenen des Kartells gegeben, da die Mindestpreise und die Kontrolle der Verarbeiter Gegenstand des Treffens in Johor Bahru im April 1994 gewesen seien (siehe oben, Randnr. 9) und das Kartell im März 1994 auf europäischer Ebene umgesetzt worden sei.

150. Die Kommission hält auch das Vorbringen von UCB für unbegründet. Nach der Rechtsprechung sei das wesentliche Kriterium dafür, ob eine einzige und fortgesetzte Zuwiderhandlung oder mehrere gesonderte Zuwiderhandlungen vorlägen, ein gemeinsames Ziel, d. h. im vorliegenden Fall die Beeinträchtigung des Wettbewerbs in der Cholinchloridbranche auf dem EWR-Markt (Urteil des Gerichtshofs vom 8. Juli 1999, Kommission/Anic Partecipazioni, C‑49/92 P, Slg. 1999, I‑4125, Randnr. 113, Urteile des Gerichts vom 20. März 2002, HFB u. a./Kommission, T‑9/99, Slg. 2002, II‑1487, Randnr. 186, und Dansk Rørindustri/Kommission, T‑21/99, Slg. 2002, II‑1681, Randnr. 67). Diese Beeinträchtigung sei zunächst durch den Rückzug der nordamerikanischen Hersteller aus dem EWR-Markt und anschließend durch die Aufteilung dieses geografischen Markts zum Ausdruck gekommen. Das Bündel von Gesichtspunkten, das der Beurteilung der Kommission zugrunde liegt, setzt sich zusammen aus der Beteiligung derselben Unternehmen an einem Kartell im Sinne von Art. 81 EG, der zeitlichen Kontinuität der betreffenden Aktivitäten sowie der Übereinstimmung der wettbewerbswidrigen Handlungen und der angestrebten Wirkungen.

151. Die nordamerikanischen Hersteller hätten gewusst oder wissen müssen, dass die logische Folge ihres Rückzugs aus dem EWR-Markt die Aufteilung dieses Markts unter den europäischen Herstellern sein würde. Die Aufteilung auf weltweiter Ebene hätte nämlich keinen Sinn gehabt, wenn ihr nicht eine Aufteilung auf Gemeinschaftsebene gefolgt wäre, die wiederum ohne eine vorherige Absprache auf weltweiter Ebene nicht möglich gewesen wäre. Die Zuwiderhandlungen auf weltweiter und auf europäischer Ebene, die die einzige Zuwiderhandlung bildeten, hätten nicht nur denselben Zweck gehabt, es seien auch dieselben Unternehmen während eines ununterbrochenen Zeitraums und mittels identischer Praktiken daran beteiligt gewesen. Dass die nordamerikanischen Hersteller auf der europäischen Ebene des Kartells nicht beteiligt gewesen seien, ändere weder etwas an dessen Zielsetzung, noch an dessen Charakter einer fortgesetzten Zuwiderhandlung, da der Rückzug dieser Hersteller aus dem EWR‑Markt den Wettbewerb auf diesem Markt verzerrt habe.

152. Was die letztere Feststellung angeht, bestreitet die Kommission die Behauptung von UCB, dass es keine Vereinbarung auf weltweiter Ebene über die Preise im EWR gegeben habe. Die in Erwägungsgrund 85 der Entscheidung wiedergegebene Erklärung des Vertreters von DuCoa (siehe oben, Randnr. 137) habe sich nur auf ein Treffen vom Januar 1993 bezogen. Die Vereinbarung von Ludwigshafen habe, wie in Erwägungsgrund 77 der Entscheidung dargelegt, tatsächlich auch die Preise in Europa betroffen.

153. Außerdem seien die auf der weltweiten Ebene des Kartells geschlossenen Vereinbarungen für die Verwirklichung des Kartells auf europäischer Ebene unerlässlich gewesen, da es für die Aufteilung des europäischen Markts unter den europäischen Herstellern unter Beibehaltung hoher Preise erforderlich gewesen sei, dass diese Hersteller keinen Wettbewerb seitens der nordamerikanischen Hersteller hätten befürchten müssen. Die Verschiedenheit der geografischen Märkte, deren Aufteilung die jeweiligen Ebenen des Kartells bezweckten, sei nicht von Bedeutung, da diese Aufteilungen es ermöglichten, die Rentabilität von Cholinchlorid künstlich zu erhöhen, was einziges Ziel des Kartells gewesen sei. Die Theorie der einzigen und fortgesetzten Zuwiderhandlung diene dem Zweck, die künstliche Teilung von etwas grundsätzlich Einheitlichem, nämlich einer Gesamtheit von Handlungen, die dasselbe Ziel verfolgten, zu verhindern. Im vorliegenden Fall hätte eine Aufteilung auf europäischer Ebene ohne Aufteilung des Weltmarkts keinen Sinn gehabt, und ohne Aufteilung auf europäischer Ebene hätte das weltweite Kartell keinen Nutzen gebracht.

154. So habe die Beibehaltung hoher Preise in Europa es den nordamerikanischen Herstellern ermöglicht, auf dem amerikanischen Markt entsprechende Bedingungen anzuwenden. Entgegen den Behauptungen von UCB seien die europäischen Preise tatsächlich diskutiert worden, da jede Vereinbarung über die weltweiten Preise notwendig eine Festsetzung auf europäischer Ebene vorausgesetzt habe. Auch die Kontrolle der Verarbeiter sei für die nordamerikanischen Hersteller von Interesse gewesen, da sie Exporte zu niedrigen Preisen nach außerhalb des EWR vermeiden wollten, während die europäischen Hersteller Verkäufe zu niedrigen Preisen durch die Verarbeiter innerhalb des EWR verhindern wollten.

155. Außerdem widerlegten die Randnrn. 369 und 374 des Urteils JFE Engineering u. a./Kommission (oben in Randnr. 139 angeführt) die Ansicht von UCB, da sie der künstlichen Aufspaltung einer Gesamtheit von Regeln über die Marktaufteilung entgegenstünden. Es sei nämlich offensichtlich, dass die Vereinbarungen auf europäischer Ebene die weltweiten Vereinbarungen fort‑ und umgesetzt hätten, indem sie einfach an die Stelle der weltweiten Aufteilung die Aufteilung der nationalen europäischen Märkte gesetzt hätten. Diese Ersetzung sei nur deshalb möglich gewesen, weil die Beteiligten die weltweiten Vereinbarungen nach deren Beendigung weiter umgesetzt hätten und die nordamerikanischen Hersteller unter Anwendung der weltweiten Vereinbarungen weiter dem europäischen Markt ferngeblieben seien. UCB habe den Fortbestand der Vereinbarungen auf weltweiter Ebene mit dem Fortbestand ihrer Wirkungen verwechselt. Es sei keineswegs widersprüchlich, festzustellen, dass das Kartell auf weltweiter Ebene beendet worden sei, auf europäischer Ebene jedoch weiter von den Auswirkungen der weltweiten Vereinbarungen profitiert habe. Die fehlende Gleichzeitigkeit ändere unter diesen Umständen nichts am einheitlichen und fortgesetzten Charakter der Zuwiderhandlung.

156. Zu der Rüge, dass sie den Begriff der einzigen Zuwiderhandlung verwendet habe, um den Verjährungsregeln zu entgehen, erklärt die Kommission, dass sie mit der Verhängung von Geldbußen keine finanziellen Vorteile anstrebe und es nicht ihr Ziel sei, hohe Geldbußen zu verhängen. Sie habe im Übrigen bei der Berechnung des Ausgangsbetrags die Anteile am weltweiten und nicht am europäischen Markt berücksichtigt. Hätte sie die Anteile am europäischen Markt berücksichtigt, hätte sie höhere Geldbußen verhängen müssen. In Bezug auf die nordamerikanischen Hersteller führt sie aus, dass deren Verhalten für den gesamten Zeitraum der Zuwiderhandlung bestraft worden wäre, wenn ihre Handlungen auf weltweiter Ebene nicht verjährt gewesen wären.

Würdigung durch das Gericht

Vorbemerkungen

– Zur Tragweite des Vorbringens von BASF

157. Zunächst ist festzustellen, dass mit dem ersten Teil dieses Klagegrundes dargelegt werden soll, dass die Mitteilung der Beschwerdepunkte und die Entscheidung in Bezug auf die Einstufung der Handlungen auf weltweiter und auf europäischer Ebene als eine einzige und fortgesetzte Zuwiderhandlung nicht übereinstimmen. Dieser Teil stellt einen gesonderten Klagegrund dar, mit dem eine entsprechende Verletzung der Verteidigungsrechte von BASF geltend gemacht wird und der, falls erforderlich, nach der Prüfung des Klagegrundes eines Rechtsfehlers bei der Einstufung der weltweiten und der europäischen Absprachen als eine einzige und fortgesetzte Zuwiderhandlung zu untersuchen ist. Sollte das Gericht nämlich zu der Auffassung gelangen, dass diese Einstufung rechtsfehlerhaft und daher aufzuheben ist, hätte die eventuelle Feststellung, dass diese Einstufung die Verteidigungsrechte verletzt, keine Folgen (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichts vom 15. März 2000, Cimenteries CBR u. a./Kommission, „Zement“, T‑25/95, T‑26/95, T‑30/95 bis T‑32/95, T‑34/95 bis T‑39/95, T‑42/95 bis T‑46/95, T‑48/95, T‑50/95 bis T‑65/95, T‑68/95 bis T‑71/95, T‑87/95, T‑88/95, T‑103/95 und T‑104/95, Slg. 2000, II‑491, Randnr. 3436, und vom 14. Dezember 2005, General Electric/Kommission, T‑210/01, Slg. 2005, II‑5575, Randnr. 633).

– Zum Begriff der einzigen und fortgesetzten Zuwiderhandlung

158. Die Einstufung bestimmter rechtswidriger Handlungen als eine einzige Zuwiderhandlung oder als Vielzahl von Zuwiderhandlungen wirkt sich grundsätzlich auf die mögliche Sanktion aus, da die Feststellung einer Vielzahl von Zuwiderhandlungen die Verhängung mehrerer getrennter Geldbußen nach sich ziehen kann, jeweils innerhalb der durch Art. 15 Abs. 2 der Verordnung Nr. 17 und Art. 23. Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 festgesetzten Grenzen. Die Feststellung einer Vielzahl von Zuwiderhandlungen kann deren Urhebern jedoch zugutekommen, wenn einige der Zuwiderhandlungen verjährt sind (vgl. in diesem Sinne Urteil Vitamine, oben in Randnr. 43 angeführt, Randnr. 72).

159. Der Begriff der einzigen Zuwiderhandlung kann sich auf die rechtliche Einstufung eines wettbewerbswidrigen Verhaltens beziehen, das aus Vereinbarungen, aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen und Beschlüssen von Unternehmensvereinigungen besteht (Urteil Kommission/Anic Partecipazioni, oben in Randnr. 150 angeführt, Randnrn. 112 bis 114, Urteile des Gerichts vom 24. Oktober 1991, Rhône-Poulenc/Kommission, T‑1/89, Slg. 1991, II‑867, Randnrn. 125 bis 127, vom 20. April 1999, Limburgse Vinyl Maatschappij u. a./Kommission, „PVC II“, T‑305/94 bis T‑307/94, T‑313/94 bis T‑316/94, T‑318/94, T‑325/94, T‑328/94, T‑329/94 und T‑335/94, Slg. 1999, II‑931, Randnrn. 696 bis 698, und HFB u. a./Kommission, oben in Randnr. 150 angeführt, Randnr. 186).

160. Der Begriff der einzigen Zuwiderhandlung kann sich auch auf den persönlichen Charakter der Verantwortung für Zuwiderhandlungen gegen die Wettbewerbsregeln beziehen. Ein Unternehmen, das sich durch eigene Handlungen, die den Begriff von Vereinbarungen oder aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen im Sinne von Art. 81 Abs. 1 EG erfüllten und zur Mitwirkung an der Verwirklichung der Zuwiderhandlung in ihrer Gesamtheit bestimmt waren, an einer Zuwiderhandlung beteiligt hat, kann nämlich für die gesamte Zeit seiner Beteiligung an der genannten Zuwiderhandlung auch für das Verhalten anderer Unternehmen im Rahmen der Zuwiderhandlung verantwortlich sein. Dies ist dann der Fall, wenn das betreffende Unternehmen nachweislich von dem rechtswidrigen Verhalten der anderen Beteiligten wusste oder es vernünftigerweise vorhersehen konnte und bereit war, die daraus erwachsende Gefahr auf sich zu nehmen. Diese Schlussfolgerung beruht auf einer in den Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten weit verbreiteten Vorstellung von der Zurechenbarkeit der Verantwortung für die von mehreren Personen begangenen Zuwiderhandlungen gemäß ihrem Beitrag zu der Zuwiderhandlung im Ganzen. Sie läuft daher nicht dem Grundsatz zuwider, dass die Verantwortlichkeit für solche Zuwiderhandlungen persönlicher Art ist; auch wird mit ihr nicht die Einzeluntersuchung der belastenden Beweise vernachlässigt oder gegen die Verteidigungsrechte der beteiligten Unternehmen verstoßen (Urteile Kommission/Anic Partecipazioni, oben in Randnr. 150 angeführt, Randnrn. 83, 84 und 203, und HFB u. a./Kommission, oben in Randnr. 150 angeführt, Randnr. 231).

161. Demgemäß ist entschieden worden, dass sich ein Verstoß gegen Art. 81 Abs. 1 EG aus einer Reihe von Handlungen sowie aus einem fortgesetzten Verhalten ergeben kann, die sich wegen ihres identischen Zwecks der Verfälschung des Wettbewerbs innerhalb des Gemeinsamen Markts in einen „Gesamtplan“ einfügten. In einem solchen Fall ist die Kommission berechtigt, die Verantwortung für diese Handlungen nach Maßgabe der Beteiligung an der Zuwiderhandlung als Ganzes zuzuweisen (Urteil Aalborg Portland u. a./Kommission, oben in Randnr. 66 angeführt, Randnr. 258), auch wenn das betroffene Unternehmen nachweislich nur an einem oder mehreren Bestandteilen der Zuwiderhandlung unmittelbar mitgewirkt hat (Urteil PVC II, oben in Randnr. 159 angeführt, Randnr. 773). Dass einzelne Unternehmen bei der Verfolgung eines gemeinsamen Ziels unterschiedliche Rollen spielten, ändert nichts an der Identität des wettbewerbswidrigen Zwecks und damit an der Zuwiderhandlung, sofern jedes Unternehmen auf seiner Ebene zur Verfolgung des gemeinsamen Ziels beitrug (Urteil Zement, oben in Randnr. 157 angeführt, Randnr. 4123, und JFE Engineering u. a./Kommission, oben in Randnr. 139 angeführt, Randnr. 370).

162. Im vorliegenden Fall hatte die von der Kommission vorgenommene Einstufung des weltweiten und des europäischen Teils des Kartells als eine einzige und fortgesetzte Zuwiderhandlung die Feststellung eines einzigen Kartells zur Folge, das vom 13. Oktober 1992 bis zum 30. September 1998 dauerte. Sollte das Gericht dagegen die beiden Teile als gesonderte Zuwiderhandlungen ansehen, müsste demnach festgestellt werden, dass das weltweite Kartell, das vom 13. Oktober 1992 bis zum 20. April 1994 dauerte, verjährt ist (siehe oben, Randnr. 9). Diese Feststellung hätte nicht nur die teilweise Aufhebung der Entscheidung zur Folge, sondern auch Auswirkungen auf die Berechnung der Geldbußen von BASF und UCB.

163. Daher ist zu prüfen, ob die Kommission, angesichts der in den vorstehenden Randnrn. 159 bis 161 zitierten Rechtsprechung, dadurch, dass sie die den Klägerinnen vorgeworfenen Handlungen als eine einzige und fortgesetzte Zuwiderhandlung eingestuft hat, einen Rechtsfehler begangen hat. Zu diesem Zweck ist im Rahmen der Vorbemerkungen auch der von der Kommission in der Mitteilung der Beschwerdepunkte insoweit eingenommene Standpunkt darzulegen und mit den Feststellungen in der Entscheidung zu vergleichen.

– Standpunkt der Kommission in der Mitteilung der Beschwerdepunkte und Feststellungen in der Entscheidung

164. Aus Randnr. 111 der Mitteilung der Beschwerdepunkte vom 22. Mai 2003 ergibt sich, dass die Kommission zu jener Zeit davon ausging, dass das Kartell auf weltweiter Ebene von 1992 bis 1998 und auf europäischer Ebene von März 1993 bis Oktober 1998 gedauert hatte. Sie war daher der Meinung, dass das Kartell auf verschiedenen Ebenen umgesetzt worden sei: auf weltweiter, regionaler und nationaler Ebene, je nach den Interessen und der Betätigung der Beteiligten auf den betroffenen Märkten (Randnr. 78 der Mitteilung der Beschwerdepunkte). Nach Ansicht der Kommission bestand das Kartell aus einer fortdauernden Vereinbarung zwischen den Cholinchloridherstellern, die im Wesentlichen weltweite Absprachen und regionale „Unterabsprachen“ auf europäischer Ebene umfasste (Randnrn. 79 und 84 der Mitteilung der Beschwerdepunkte).

165. Aus den Randnrn. 168 und 169 der Mitteilung der Beschwerdepunkte ergibt sich, dass der europäische Teil des Kartells nach den Beurteilungen der Kommission eine besondere Anwendung der auf weltweiter Ebene beschlossenen Grundsätze darstellte; dieses Vorgehen sei dadurch ermöglicht worden, dass sichergestellt war, dass die nordamerikanischen Hersteller nicht durch Cholinchloridexporte auf den europäischen Markt in diesen eingreifen würden. Nach dem von der Kommission in der Mitteilung der Beschwerdepunkte mehrfach verwendeten Ausdruck handelte es sich somit um „Unterabsprachen“ in Bezug auf Europa (siehe z. B. Randnrn. 79, 84, 90 und 169). In Bezug auf die nordamerikanischen Hersteller war die Kommission der Auffassung, dass diese deswegen für sämtliche Handlungen verantwortlich seien, weil sie vom Bestehen der genannten „Unterabsprachen“ gewusst hätten (Randnr. 169 der Mitteilung der Beschwerdepunkte).

166. Im Zeitpunkt der Zusendung der Mitteilung der Beschwerdepunkte an die Beteiligten ging die Kommission somit davon aus, dass die weltweiten und die europäischen Absprachen eine einzige Zuwiderhandlung darstellten, bei deren Durchführung jeder Beteiligte eine bestimmte Rolle gespielt habe.

167. Auf die Stellungnahmen der nordamerikanischen Hersteller zum Inhalt der Mitteilung der Beschwerdepunkte hin ließ die Kommission jedoch ihre Beschwerdepunkte in Bezug auf kollusive Kontakte auf weltweiter Ebene, die nach dem 20. April 1994 stattgefunden haben sollten, fallen (Randnrn. 121 bis 123, 144 bis 147, 149 und 151 der Mitteilung der Beschwerdepunkte).

168. Vor diesem Hintergrund hat die Kommission den in der Entscheidung enthaltenen Ansatz zum Verhältnis zwischen weltweiter und europäischer Ebene der fraglichen Absprachen gewählt.

169. So stellt die Kommission in Erwägungsgrund 64 der Entscheidung unter der Überschrift „Organisation des Kartells“ fest, dass dieses „auf zwei verschiedenen, aber eng miteinander verbundenen Ebenen“ aktiv gewesen sei. In diesem Erwägungsgrund heißt es ferner, dass die auf weltweiter Ebene unternommenen Aktivitäten zum Ziel gehabt hätten, die Preise weltweit zu erhöhen, die Verarbeiter und Verteiler von Cholinchlorid zu kontrollieren, um sicherzustellen, dass sie Cholinchlorid nicht zu niedrigen Preisen anböten, und den weltweiten Markt mittels der Zusage der nordamerikanischen Hersteller, sich vom europäischen Markt zurückzuziehen, aufzuteilen.

170. In Erwägungsgrund 65 der Entscheidung, in dem es um die Treffen auf europäischer Ebene geht, führt die Kommission aus, dass diese der Fortsetzung der weltweiten, die europäischen Hersteller einbeziehenden Vereinbarung über Preiserhöhungen und die Kontrolle der Verarbeiter in Europa gedient hätten. Bei diesen Treffen sei es somit um Preiserhöhungen nicht nur im gesamten EWR, sondern auch auf nationalen Märkten und gegenüber den individuellen Kunden gegangen. All dies sei so organisiert worden, dass die Marktanteile der europäischen Hersteller beachtet würden, um eine höhere Rentabilität und eine Stabilisierung der Märkte zu gewährleisten. Diese Stabilisierung soll gemäß Erwägungsgrund 68 der Entscheidung erreicht worden sein, indem Exportverkäufe in Gebiete, in denen Wettbewerber hohe Marktanteile hielten, eingestellt oder vermieden worden seien. Kernpunkt dieser Strategie war nach diesem Erwägungsgrund eine Vereinbarung, wonach die europäischen Hersteller kein Cholinchlorid auf den nordamerikanischen Markt ausführten und die nordamerikanischen Hersteller nicht in den europäischen Markt exportierten. Diese Marktaufteilung habe es den genannten Herstellern erlauben sollen, ihren angestammten Markt zu „stabilisieren“ und die Rentabilität in ihrem Gebiet zu verbessern. Es sei außerdem vereinbart worden, die Weltmarktpreise einheitlich zu erhöhen. Diese Vereinbarung habe nicht nur die Rentabilität des Markts steigern, sondern auch zur Vermeidung destabilisierender Exporte zwischen den Regionen beitragen sollen. Für die Verfolgung dieser Ziele sei die Kontrolle der Verarbeiter und der Vertriebsunternehmen unerlässlich gewesen.

171. Nach Erwägungsgrund 69 der Entscheidung betrafen die weltweiten Absprachen vier zusammenhängende wettbewerbsbeschränkende Tätigkeiten: die Festsetzung und Erhöhung der Preise weltweit, die Aufteilung der Weltmärkte (Rückzug der nordamerikanischen Hersteller aus dem europäischen Markt und der europäischen Hersteller aus dem nordamerikanischen Markt), die Kontrolle der Vertriebsunternehmen und der Verarbeiter und schließlich der regelmäßige Austausch geschäftlich sensibler Angaben zur Gewährleistung der Umsetzung der Vereinbarungen.

172. Im Anschluss an die Darstellung der Treffen auf weltweiter und auf europäischer Ebene prüft die Kommission in zehn Erwägungsgründen den Begriff der einzigen und fortgesetzten Zuwiderhandlung sowie die Anwendung der im vorliegenden Fall einschlägigen Grundsätze. So hat die Kommission in den Erwägungsgründen 145 bis 148 der Entscheidung unter der Überschrift „Der Begriff der einzigen fortgesetzten Zuwiderhandlung – Grundsätze“ unter Bezugnahme auf das Urteil Kommission/Anic Partecipazioni (oben in Randnr. 150 angeführt) weitgehend die in der Mitteilung der Beschwerdepunkte enthaltene Argumentation beibehalten (siehe oben, Randnr. 166). In den Erwägungsgründen 150 bis 154 der Entscheidung begründet sie indessen ihren neuen Ansatz hinsichtlich der Anwendung des Grundsatzes der einzigen und fortgesetzten Zuwiderhandlung auf den vorliegenden Fall.

173. Nach Erwägungsgrund 150 der Entscheidung hatten die weltweiten und die europäischen Absprachen ein einziges wettbewerbswidriges Ziel, nämlich die Beschränkung der normalen Wettbewerbsbedingungen im EWR. Der Vergleich der Absprachen auf diesen beiden Ebenen zeige insbesondere, dass die Absprachen auf europäischer Ebene als die Fortsetzung durch die europäischen Hersteller der ursprünglichen Vereinbarungen auf weltweiter Ebene betreffend Preiserhöhungen und die Kontrolle der Verarbeiter, nicht nur mit den nordamerikanischen Herstellern, sondern auch der europäischen Hersteller untereinander, angesehen werden müssten. Im Hinblick auf die Erhöhung der Preise für einzelne europäische Kunden seien diese auf die betreffenden europäischen Hersteller aufgeteilt worden. Damit die betroffenen Hersteller sich auf solche Zuweisungen hätten einigen können, hätten sie natürlich ihre jeweiligen Gesamtmarktanteile in Europa beachten müssen.

174. Nach Erwägungsgrund 151 der Entscheidung waren Akzo Nobel, UCB und BASF an den fraglichen Handlungen sowohl auf europäischer als auch auf weltweiter Ebene beteiligt, wobei zuerst auf weltweiter Ebene bestimmte Maßnahmen in Bezug auf den EWR vereinbart und diese Maßnahmen anschließend in Zusammenkünften auf europäischer Ebene durchgesetzt worden seien. Die nordamerikanischen Hersteller hätten an den Zusammenkünften auf europäischer Ebene nicht teilgenommen, weil zum Zeitpunkt des Beginns dieser Zusammenkünfte die weltweiten Absprachen beinahe beendet gewesen seien. Außerdem wäre es, selbst wenn die europäischen Absprachen vor dem 14. März 1994 begonnen hätten (was die Kommission nach eigenen Aussagen nicht nachweisen kann), für die nordamerikanischen Hersteller nutzlos gewesen, daran teilzunehmen, weil sie zugesagt hätten, sich aus dem europäischen Markt zurückzuziehen.

175. Nach Erwägungsgrund 152 der Entscheidung waren die europäischen Absprachen den nordamerikanischen Herstellern bekannt bzw. hätten ihnen bekannt sein müssen. Das mit dem Rückzug der nordamerikanischen Hersteller aus dem europäischen Markt verfolgte Hauptziel der europäischen Hersteller sei nämlich die „Stabilisierung“ des europäischen Markts gewesen. Diese „Stabilisierung“ wäre jedoch ohne weitere kollusive Absprachen unter den europäischen Herstellern nicht möglich gewesen.

176. Die Kommission kommt in Erwägungsgrund 153 der Entscheidung zu dem Schluss, dass die europäischen Hersteller tatsächlich von Beginn der weltweiten Absprachen an bis zum Ende der Absprachen für Europa vereinbart hätten, den Wettbewerb im EWR zu verfälschen. Da die europäischen Hersteller zusammen 80 % des europäischen Markts kontrolliert hätten, seien sie zweifellos in der Lage gewesen, ihre Absprachen auch nach Beendigung der weltweiten Vereinbarungen umzusetzen.

Zur Einstufung des in Rede stehenden rechtswidrigen Verhaltens

177. Nach der in der vorstehenden Randnr. 159 zitierten Rechtsprechung stellen die in Erwägungsgrund 69 der Entscheidung beschriebenen wettbewerbswidrigen Aktivitäten auf weltweiter Ebene als solche eine einzige Zuwiderhandlung dar. Diese besteht in Vereinbarungen (über die Festsetzung und Erhöhung der Weltpreise, den Rückzug der nordamerikanischen Hersteller vom europäischen Markt und die Kontrolle der Verteiler und der Verarbeiter) und aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen (Austausch sensibler Informationen zur gegenseitigen Beeinflussung des Geschäftsverhaltens der Beteiligten).

178. Dasselbe gilt für die wettbewerbswidrigen Aktivitäten auf europäischer Ebene, die als solche eine einzige Zuwiderhandlung darstellen, die in Vereinbarungen (über die Festsetzung und Erhöhung der Preise für den EWR, für nationale Märkte und für einzelne Kunden, die Zuteilung von Kunden und Marktanteilen sowie die Kontrolle der Verteiler und Verarbeiter) und aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen (Austausch sensibler Informationen zur gegenseitigen Beeinflussung des Geschäftsverhaltens der Beteiligten) besteht.

179. Aus der Anwendung dieser Rechtsprechung auf den vorliegenden Fall ergibt sich jedoch nicht ohne Weiteres, dass die Absprachen auf weltweiter und auf europäischer Ebene zusammen eine einzige und fortgesetzte Zuwiderhandlung bilden. In den in der Rechtsprechung behandelten Fällen zeigt sich nämlich, dass es durch das Vorliegen eines gemeinsamen Ziels, bestehend in der Verfälschung der normalen Preisentwicklung, gerechtfertigt war, die verschiedenen Vereinbarungen und aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen als Bestandteile einer einzigen Zuwiderhandlung einzustufen. Dabei darf nicht verkannt werden, dass diese Handlungen insoweit komplementär waren, als jede von ihnen eine oder mehrere Folgen des normalen Wettbewerbs beseitigen sollte und durch Interaktion zur Verwirklichung sämtlicher wettbewerbswidriger Wirkungen beitrug, die ihre Urheber im Rahmen eines auf ein einziges Ziel gerichteten Gesamtplans anstrebten.

180. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass der Begriff des einzigen Ziels nicht durch einen allgemeinen Verweis auf die Verzerrung des Wettbewerbs auf dem Cholinchloridmarkt bestimmt werden kann, da die Beeinträchtigung des Wettbewerbs als Ziel oder Wirkung jedem von Art. 81 Abs. 1 EG erfassten Verhalten eigen ist. Eine solche Definition des Begriffs des einzigen Ziels könnte dem Begriff der einzigen und fortgesetzten Zuwiderhandlung teilweise seinen Sinn nehmen, da sie zur Folge hätte, dass mehrere einen Wirtschaftssektor betreffende Verhaltensweisen, die nach Art. 81 Abs. 1 EG verboten sind, systematisch als Bestandteile einer einzigen Zuwiderhandlung eingestuft werden müssten.

181. Es ist somit zu prüfen, ob zwischen den von der Kommission in der Entscheidung als einzige und fortgesetzte Zuwiderhandlung geahndeten beiden Blöcken von Vereinbarungen und aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen eine Komplementaritätsverbindung im in der vorstehenden Randnr. 179 beschrieben Sinne bestand. Übrigens rechtfertigt die Kommission selbst ihre Ansicht damit, dass die weltweiten und die europäischen Absprachen „eng miteinander verbunden“ gewesen seien (siehe oben, Randnrn. 4, 142 und 169). Insoweit sind alle Umstände zu berücksichtigen, die diese Verbindung nachweisen oder in Frage stellen können, wie der Anwendungszeitraum, der Inhalt (einschließlich der verwendeten Methoden) und im Zusammenhang damit das Ziel der verschiedenen in Rede stehenden Vereinbarungen und aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen.

182. Zum Zeitraum der Anwendung der fraglichen Vereinbarungen ist festzustellen, dass die nordamerikanischen Hersteller aufgrund der Beendigung der weltweiten Absprachen spätestens am 20. April 1994 ab diesem Zeitpunkt nicht mehr gehalten waren, Exporte nach Europa zu unterlassen. Die Kommission selbst räumt ein, keine Beweise für weitere Treffen oder Kontakte nach diesem Zeitpunkt zu haben, an denen die nordamerikanischen Hersteller beteiligt gewesen wären und mittels deren sie die Preise für den EWR festgesetzt oder ihre ursprüngliche Verpflichtung bestätigt hätten, nicht nach Europa zu exportieren (siehe Erwägungsgrund 165 der Entscheidung). Die Beurteilung, dass es für die Aufteilung des europäischen Markts unter den europäischen Herstellern unter Beibehaltung hoher Preise erforderlich gewesen sei, dass diese keinen Wettbewerb seitens der nordamerikanischen Hersteller zu befürchten gehabt hätten (siehe oben, Randnr. 153), lässt somit außer Acht, dass die weltweiten Vereinbarungen seit dem 20. April 1994 nicht mehr gültig waren. Tatsächlich wurden die Vereinbarungen über die Aufteilung des europäischen Markts umgesetzt, ohne dass es irgendwelche Vereinbarungen gab, die Exporte aus den Vereinigten Staaten untersagt hätten.

183. Außerdem kann der Schlussfolgerung der Kommission, dass die Aufteilung der Weltmärkte ohne die Aufteilung des europäischen Markts und umgekehrt für die beteiligten Unternehmen keinen Nutzen gehabt hätte (siehe oben, Randnr. 153), nicht gefolgt werden. Im vorliegenden Fall sollten mit dem Verbot von Ausfuhren auf den europäischen Markt Störungen dieses Markts durch den Verkauf von Cholinchlorid zu künstlich niedrig gehaltenen Preisen vermieden werden, die die Amortisierung eines Teils der Fixkosten von Produktionsüberschüssen ermöglichten (Erwägungsgründe 39 und 68 der Entscheidung). Das Ziel der Beseitigung dieser geschäftlichen Bedrohung unterscheidet sich von dem der Aufteilung des europäischen Markts, da, wie nachstehend ausgeführt, zur Erreichung des letztgenannten Ziels andere Mechanismen angewandt werden mussten.

184. Folglich waren die europäischen Absprachen, zu denen es erst am 14. März 1994 bei dem Treffen in Schoten kam, während die Beteiligten bei den letzten Treffen in Brügge im November 1993 und Johor Bahru im April 1994 das Misslingen der weltweiten Vereinbarungen feststellten (Erwägungsgründe 92 bis 95 der Entscheidung), insoweit gegenüber der Vereinbarung des wechselseitigen Rückzugs aus dem europäischen und dem nordamerikanischen Markt eigenständig. Diese Feststellung gilt erst recht für den Zeitraum nach der formalen Beendigung jeglicher Versuche einer Vereinbarung auf weltweiter Ebene (bei dem Treffen in Johor Bahru vom 14. bis 20. April 1994). Die Kommission geht in Erwägungsgrund 68 der Entscheidung daher zu Unrecht davon aus, dass die europäischen Hersteller den EWR-Markt dank der vorherigen Aufteilung der Weltmärkte „stabilisieren“ konnten, da diese Märkte während des Zeitraums der Umsetzung der Vereinbarungen auf europäischer Ebene nicht mehr unter den nordamerikanischen und den europäischen Herstellern aufgeteilt waren.

185. Indem die Kommission geltend macht, dass die Beteiligten die weltweiten Vereinbarungen nach deren formaler Beendigung weiter umgesetzt hätten und die nordamerikanischen Hersteller weiter unter Anwendung der weltweiten Vereinbarungen dem europäischen Markt ferngeblieben seien (siehe oben, Randnr. 155), widerspricht sie im Übrigen Erwägungsgrund 165 der Entscheidung, wonach sie keine Nachweise für weitere Zusammenkünfte oder Kontakte mit nordamerikanischen Herstellern hatte, auf denen diese ihre Preise für den EWR festgesetzt oder ihre ursprüngliche Zusage, nicht nach Europa zu liefern, bekräftigt hätten (siehe oben, Randnr. 9).

186. Auf Befragung zu diesem Punkt in der mündlichen Verhandlung hat die Kommission erklärt, dass sie mit diesem Vorbringen nicht habe geltend machen wollen, dass die weltweite Vereinbarung nach dem in der Entscheidung angegebenen Zeitpunkt der Beendigung fortbestanden habe, sondern dass die beteiligten Unternehmen sich in der Praxis weiter ungefähr so verhalten hätten wie während der Gültigkeit der Vereinbarungen. Es sei daher zu unterscheiden zwischen diesem Umstand und dem in Erwägungsgrund 165 der Entscheidung angeführten, der die Dauer der weltweiten Vereinbarung betreffe.

187. Diese Unterscheidung, die im Übrigen den Schriftsätzen der Kommission widerspricht (siehe oben, Randnr. 155), beruht auf einer falschen Auslegung von Art. 81 EG. Nach ständiger Rechtsprechung kommt es nämlich nach der durch die Art. 81 EG und 82 EG geschaffenen Wettbewerbsordnung auf die wirtschaftlichen Ergebnisse von Vereinbarungen oder ähnlichen Formen der Abstimmung oder Koordinierung an, nicht aber auf ihre Rechtsform. Bei außer Kraft getretenen Kartellen reicht es folglich für die Anwendbarkeit von Art. 81 EG aus, dass ihre Wirkungen über ihr formales Außerkrafttreten hinaus fortbestehen (vgl. Urteile des Gerichts vom 29. Juni 1995, Solvay/Kommission, T‑30/91, Slg. 1995, II‑1775, Randnr. 71, und vom 11. Dezember 2003, Ventouris/Kommission, T‑59/99, Slg. 2003, II‑5257, Randnr. 182 und die dort angeführte Rechtsprechung). Die Dauer einer Zuwiderhandlung ist demnach nicht nach der Gültigkeitsdauer der jeweiligen Vereinbarung zu beurteilen, sondern nach dem Zeitraum, während dessen die beschuldigten Unternehmen ein nach Art. 81 EG verbotenes Verhalten an den Tag gelegt haben. Mit der Auffassung der Kommission lässt sich jedoch nicht erklären, warum gegen die nordamerikanischen Hersteller, wenn sie nach dem 20. April 1994 das in den weltweiten Vereinbarungen vorgesehene Verhalten fortgesetzt haben, keine Geldbuße verhängt wurde. Der von der Kommission vorgeschlagenen Auslegung von Erwägungsgrund 165 der Entscheidung ist daher nicht zu folgen.

188. Der von der Kommission in der Gegenerwiderung in der Rechtssache T‑111/05 geltend gemachte Umstand, dass die Wirkungen des weltweiten Kartells nach dessen formaler Beendigung fortbestanden hätten (siehe oben, Randnr. 155), ist ebenso wie die in der vorstehenden Randnummer behandelte Behauptung in der Entscheidung nicht erwähnt worden. Der von der Kommission in der mündlichen Verhandlung gelieferten Erklärung, dass sie sich in Erwägungsgrund 96 der Entscheidung mit ihrer Feststellung, dass die Ausfuhren aus Nordamerika in den EWR nach Beendigung der weltweiten Vereinbarungen auf relativ niedrigem Niveau geblieben seien, auf diesen Umstand bezogen habe, ist nicht zu folgen. Aus den Erwägungsgründen 40 und 44 der Entscheidung ergibt sich nämlich, dass die Cholinchlorideinfuhren im Jahre 1990 nahezu 9 % des geschätzten Markts der aus zwölf Mitgliedstaaten bestehenden Gemeinschaft ausmachten, während sie im Jahre 1997 9,3 % der Absatzmengen im gesamten EWR erreichten. Diese Zahlen können die Ansicht der Kommission nicht stützen, da sie zeigen, dass sich die Situation in Bezug auf die Einfuhren auf den europäischen Markt kaum verändert hat, sowohl für die Zeit vor Abschluss der Vereinbarungen auf weltweiter Ebene als auch für die Zeit nach deren Beendigung, und dass diese Vereinbarungen, was interkontinentale Einfuhren betrifft, somit die Struktur des europäischen Markts nicht wesentlich beeinflusst haben.

189. Selbst wenn sich Erwägungsgrund 96 der Entscheidung im Wesentlichen auf angebliche Veränderungen in der Struktur des europäischen Markts beziehen sollte, die auf die weltweiten Absprachen zurückzuführen sein und die Verwirklichung der europäischen Absprachen erleichtert haben sollen, so ist dies jedenfalls nicht dargelegt worden. Das Gericht hat nämlich die Parteien und Akzo Nobel aufgefordert, die von den Klägerinnen und von Akzo Nobel im dritten Trimester 1992, d. h. zu Beginn der weltweiten Absprachen, gehaltenen Anteile am europäischen Markt (wobei dieser so zu verstehen ist, dass er die Mitgliedstaaten der Gemeinschaft sowie die EFTA-Staaten umfasst, die 1994 den EWR gebildet haben) einzuschätzen. Weil die fraglichen Vorgänge so lange zurückliegen, hat jedoch keine der Parteien genaue Angaben zu diesem Punkt vorgelegt. Daher ist eine Beurteilung auf der Grundlage der Angaben in der Entscheidung und der in der Verwaltungsakte enthaltenen Angaben, auf die die Entscheidung verweist, vorzunehmen.

190. Wie in den Erwägungsgründen 97 und 153 der Entscheidung ausgeführt, kontrollierten Akzo Nobel, BASF und UCB zu dem Zeitpunkt, zu dem die europäischen Absprachen begonnen haben (März 1994), über 75 % des europäischen Markts und konnten diesen Markt daher untereinander aufteilen, ohne sich um das Verhalten der anderen Hersteller in der Welt zu kümmern. Dieser hohe Marktanteil scheint jedoch nicht das Ergebnis der weltweiten Absprachen gewesen zu sein. Aus Erwägungsgrund 40 der Entscheidung ergibt sich nämlich, dass die Cholinchlorideinfuhren im Jahre 1990 nahezu 9 % des Gemeinschaftsmarkts ausmachten (3 525 t von 40 000 t). In den ersten sieben Monaten des Jahres 1992, dem ersten Jahr der Zuwiderhandlung auf weltweiter Ebene, beliefen sich die Einfuhren aus Nordamerika nach Europa auf 2 900 t bei einem Markt von 43 800 t, d. h. 6,6 % des europäischen Markts (Erwägungsgrund 71). Im selben Jahr belief sich der Marktanteil von Ertisa auf höchstens 7,9 % (Produktionskapazität von 3 500 t laut Seite 1999 der Verwaltungsakte, die der Klagebeantwortung in der Rechtssache T‑101/05 beigefügt war). Berücksichtigt man den Marktanteil von ICI (dem vierten europäischen Hersteller, der sich nicht an den in Rede stehenden Aktivitäten beteiligt hat, da er sich traditionell auf den Markt des Vereinigten Königreichs beschränkte), der laut Fußnote Nr. 152 der Entscheidung ungefähr 15 % betrug, verbleibt im Jahre 1992 ein gemeinsamer Marktanteil von mindestens 70,5 % für Akzo Nobel, BASF und UCB. Die weltweiten Absprachen haben daher keine hinreichend bedeutende Veränderung der Struktur des europäischen Markts und insbesondere des gemeinsamen Marktanteils von BASF, UCB und Akzo Nobel herbeigeführt, um den Schluss zuzulassen, dass die drei europäischen Hersteller dank dieser Absprachen den EWR-Markt unter sich aufteilen konnten.

191. Unter diesen Umständen kann dem Vorbringen, die Vereinbarungen auf europäischer Ebene hätten die weltweiten Vereinbarungen fort‑ und umgesetzt, indem sie einfach an die Stelle der weltweiten Aufteilung die Aufteilung der nationalen europäischen Märkte gesetzt hätten (siehe oben, Randnr. 155), nicht gefolgt werden. Eine wettbewerbswidrige Vereinbarung kann nämlich grundsätzlich nicht als Mittel zur Umsetzung einer anderen, bereits beendeten Vereinbarung angesehen werden (vgl. in diesem Sinne Urteil JFE Engineering u. a./Kommission, oben in Randnr. 139 angeführt, Randnr. 363).

192. Zu dem mit den beiden Blöcken von Absprachen jeweils verfolgten Ziel ergibt sich aus den Erwägungsgründen 64 bis 68 und 150 bis 153 der Entscheidung, dass die Kommission das Vorliegen eines einzigen wettbewerbswidrigen Ziels geltend macht, das in der Erreichung künstlich überhöhter Preise bestanden habe. Die weltweite Vereinbarung legte zwar die von den Herstellern anzuwendenden Mindestpreise fest (siehe z. B. die Begründungserwägungen 77, 79, 85, 88, 90, 91 und 92 der Entscheidung), diese Maßnahme hatte jedoch das alleinige Ziel, das Herzstück dieser Vereinbarung zu wahren, nämlich Ausfuhren von Europa nach Nordamerika und umgekehrt zu vermeiden, und nicht, den europäischen Markt unter den europäischen Herstellern aufzuteilen. Hätten nämlich die Hersteller beschlossen, (aufgrund ihrer überschüssigen Kapazitäten) zu zu niedrigen Preisen an die europäischen Verarbeiter und Verteiler zu verkaufen, hätte dies nach Erwägungsgrund 151 der Entscheidung Letzteren ermöglicht, Cholinchlorid zu wettbewerbsfähigen Preisen in die Vereinigten Staaten auszuführen. Natürlich hätten die nordamerikanischen Hersteller im Gegenzug gegenüber ihren Kunden (Verarbeitern und Verteilern) in den Vereinigten Staaten ein angemessenes Verhalten im Sinne der Vereinbarung an den Tag legen müssen.

193. Nach Erwägungsgrund 85 der Entscheidung, in dem eine Erklärung von DuCoa zitiert wird, „bezogen sich seine Aussagen über eine weltweite Preiserhöhung vor allem auf die Preise in Fernost und Lateinamerika; sie besprachen oder vereinbarten mit den Europäern keine Preise in Nordamerika oder mit den Europäern in Europa, dies war nicht Gegenstand einer möglichen Vereinbarung“. Ebenfalls nach dieser Erklärung, „[wollten] die amerikanischen Hersteller sich nicht auf einen Cholinpreis für Westeuropa festlegen … es sei denn, die Preise in Europa wären sehr niedrig … und es wären Rückausfuhren in die USA zu befürchten“. Entgegen dem Vorbringen der Kommission lässt der Wortlaut dieser Erklärung nicht die Auslegung zu, dass sie sich ausschließlich auf das Treffen im Januar 1993 bezog.

194. Die in den letzten beiden Sätzen des Erwägungsgrunds 152 aufgestellte Behauptung, dass die Verknüpfung zwischen dem weltweiten und dem europäischen Teil der Vereinbarung dadurch bewiesen werde, dass die Stabilisierung des europäischen Markts, die eines der Ziele der weltweiten Absprache gewesen sei, ohne weitere kollusive Absprachen unter den europäischen Herstellern nicht m öglich gewesen sei, beruht auf einer falschen Prämisse. Weder aus der Entscheidung noch aus den dem Gericht vorgelegten Unterlagen, auf die die Kommission sich stützt, ergibt sich nämlich, dass die mit der weltweiten Vereinbarung angestrebte „Stabilisierung“ der Märkte im vorliegenden Fall eine Aufteilung des europäischen und des amerikanischen Markts unter den dort jeweils weiterhin tätigen Herstellern bedeutete.

195. Wie bereits ausgeführt (siehe oben, Randnr. 192), sollten mit dieser „Stabilisierung“ vielmehr interkontinentale Ausfuhren zu niedrigeren als den im Einfuhrgebiet geltenden Preisen vermieden werden. In Erwägungsgrund 39 der Entscheidung heißt es: „In diesem Fall können [diese Einfuhren] sich trotz der geringen Mengen destabilisierend auf das Preisniveau im Einfuhrgebiet auswirken, insbesondere wenn dieses relativ hoch ist“. Dieser Erwägungsgrund erläutert, dass diese Art von Verkäufen für ein Unternehmen mit Produktionsüberschuss, das einen Teil seiner Fixkosten amortisieren möchte, geschäftlich interessant sein könne.

196. Dass die „Stabilisierung“ der Märkte so zu verstehen ist, wird durch Erwägungsgrund 68 der Entscheidung bestätigt, in dem es um das Funktionieren des Kartells auf weltweiter Ebene geht; es heißt dort: „… [Es] bestand immer das Risiko, dass die Hersteller ihre Überschussproduktion gelegentlich als Kassaexporte auf den Markt bringen, um ihre fixen Produktionskosten zu decken. Selbst kleine Exportmengen konnten das Preisklima auf dem Importmarkt verderben, da ihr (mögliches) Auftreten von Kunden zur Aushandlung von Preissenkungen genutzt werden konnte. Eine Marktstabilisierung wurde deshalb angestrebt, indem Exportverkäufe in Gebiete, in denen Wettbewerber hohe Marktanteile hielten, eingestellt oder vermieden werden. Kernpunkt dieser Strategie war eine Vereinbarung der europäischen Hersteller, kein Cholinchlorid auf den nordamerikanischen Markt auszuführen, und der nordamerikanischen Hersteller, nicht in den europäischen Markt zu exportieren. Diese Marktaufteilung sollte es den verbliebenen Anbietern erlauben, ihren angestammten Markt zu ‚stabilisieren‘ und die Rentabilität in ‚ihrem‘ Gebiet zu verbessern“. Selbst wenn die Kommission mit der Formulierung „die Rentabilität in ihrem Gebiet … verbessern“ nicht nur den Rückzug der nordamerikanischen Hersteller, sondern auch die Aufteilung des EWR-Markts unter den europäischen Herstellern gemeint haben sollte, kann einer solche Beurteilung angesichts der Konsequenzen, die aus der spätestens am 20. April 1994 erfolgten Beendigung der wettbewerbswidrigen Tätigkeiten auf weltweiter Ebene gezogen wurden, nicht gefolgt werden (siehe oben, Randnrn. 184 bis 190).

197. Wie aus den Erwägungsgründen 71 und 75 und den Fußnoten Nr. 31 und 66 der Entscheidung hervorgeht, hatten außerdem alle Hersteller zum Zeitpunkt der Umsetzung der weltweiten Vereinbarung überschüssige Kapazitäten, was interkontinentale Ausfuhren von Cholinchlorid zu niedrigen Preisen begünstigte und somit die Stabilität der Weltmärkte bedrohte (siehe oben, Randnrn. 192 und 195). Der Begriff der „Stabilisierung“ der Märkte im Rahmen der weltweiten Vereinbarung bezog sich daher nicht, wie in Erwägungsgrund 152 der Entscheidung behauptet, auf eine Aufteilung innerhalb des europäischen und des nordamerikanischen Markts. Der Umstand, dass die europäischen Hersteller sich erst zum Ende des weltweiten Kartells und zu einem Zeitpunkt, zu dem dessen Misslingen von den Beteiligten festgestellt worden war, an die Aufteilung des europäischen Markts machten (Erwägungsgrund 93 der Entscheidung), belegt, dass sie nicht mit dem Ziel an den weltweiten Absprachen teilgenommen hatten, in der Folge die ihnen vorbehaltenen Märkte aufzuteilen. Im Übrigen führt die Kommission in der Entscheidung keine Beweise für das Vorliegen eines solchen Ziels an.

198. Dementsprechend war auch die Kontrolle, der die Verteiler und Verarbeiter unterlagen, je nach dem verfolgten Ziel jeweils anders ausgestaltet. Im Rahmen der weltweiten Absprachen fand diese Kontrolle dadurch statt, dass „angemessene Cholinchloridpreise“ in Rechnung gestellt wurden (Erwägungsgrund 69 Buchst. c der Entscheidung). Zu dieser Maßnahme führt die Kommission in Erwägungsgrund 81 der Entscheidung aus: „… Zur wirksamen Kontrolle war zu gewährleisten, dass die Verarbeiter Cholinchlorid ausschließlich von den Kartellmitgliedern zu den passenden Bedingungen beziehen. Hierzu heißt es in den Aufzeichnungen von Bioproducts: ‚Kontrolle der Rohstoffe der Verarbeiter erforderlich. Werden Gewinne haben durch Preiserhöhungen‘. Dieses Ziel geht ebenfalls aus dem in [Erwägungsgrund] 75 zitierten Schriftstück hervor, in dem es heißt: ‚Verarbeiter und Vertriebsunternehmen sollten durch angemessene Preismaßnahmen kontrolliert werden‘. Schließlich heißt es in einem anderem Schriftstück zu diesem Treffen: ‚Jeder Cholinchloridhersteller ist in seinem angestammten Markt für die Kontrolle der Verarbeiter verantwortlich. Die Lieferung von flüssigem Cholinchlorid von Gebieten außerhalb dieses Marktes untergräbt diese Regel und zerstört den Markt‘“. Diese Kontrolle implizierte demnach die Beachtung der bei den Treffen der europäischen und nordamerikanischen Hersteller vereinbarten „Preisuntergrenzen“ (Erwägungsgründe 77 und 79 der Entscheidung).

199. Zum Zweck dieser Kontrolle führt die Kommission in Erwägungsgrund 151 der Entscheidung aus: „Hinsichtlich der Preiserhöhungen in Europa waren die nordamerikanischen Hersteller lediglich daran interessiert zu gewährleisten, dass die Preishöhe in Europa nicht wesentlich unterhalb der Preishöhe in anderen Regionen der Welt fiel. Da sich dies nicht einstellen würde, solange die Weiterverarbeiter kontrolliert wurden, bestand kein Erfordernis, die europäischen Preise auf den weltweiten Zusammenkünften zu erörtern, es sei denn als Bestandteil der weltweit vereinbarten Preiserhöhungen.“ Diese Kontrolle sollte also verhindern, dass die Verteiler und Verarbeiter das Ziel der Absprachen, nämlich den wechselseitigen Rückzug aus dem europäischen und dem nordamerikanischen Markt, gefährdeten. Nach Erwägungsgrund 165 der Entscheidung haben die an den Vereinbarungen über diesen wechselseitigen Rückzug Beteiligten diese Vereinbarungen jedoch spätestens am 20. April 1994 beendet (siehe oben, Randnrn. 185 bis 187).

200. Im Rahmen der europäischen Absprachen hat die Kontrolle der Verteiler und der Verarbeiter nach Erwägungsgrund 99 Buchst. d der Entscheidung dagegen mehrere Formen angenommen: Es sollten keine Verkäufen zu Vorzugspreisen getätigt werden (Maßnahme für die Verteiler), es sollte gewährleistet werden, dass die Verarbeiter ihre Rohstoffe nur von den Kartellmitgliedern und zu passenden Bedingungen bezogen, den Verarbeitern sollten die von den Kartellmitgliedern vereinbarten Preise mitgeteilt werden, und es sollten ausschließliche Unternehmensbindungen ihnen gegenüber hergestellt werden. Der Zweck dieser Kontrolle bestand nach diesem Erwägungsgrund darin, die Wirksamkeit der unter den europäischen Herstellern getroffenen Vereinbarungen über Marktanteile, die Zuteilung von Kunden und die Preise sicherzustellen.

201. Die weltweiten Vereinbarungen über die Preise weisen somit nicht, wie von der Kommission behauptet, eine „enge Verbindung“ mit der nach ihrer endgültigen Beendigung erfolgten Aufteilung des EWR-Markts unter den europäischen Herstellern auf. Dies zeigt sich auch darin, dass für diese Aufteilung nach den Erwägungsgründen 65, 103, 105 und 113 der Entscheidung eine andere Technik angewandt werden musste, nämlich die Festsetzung unterschiedlicher Preise durch die einzelnen europäischen Hersteller für die jeweiligen Kunden, damit diese den nach den kollusiven Vereinbarungen auf europäischer Ebene bestimmten Herstellern „zugeteilt“ würden. Dieses Ergebnis hätte allein aufgrund einer von allen Herstellern anzuwendenden „Preisuntergrenze“, wie sie die weltweiten Vereinbarungen vorsahen, nicht erreicht werden können (Erwägungsgründe 77 und 79 der Entscheidung).

202. Außerdem waren die europäischen Hersteller nicht verpflichtet, nach Beendigung der weltweiten Absprachen die im Rahmen dieser Absprachen vereinbarten „Preisuntergrenzen“ zugrunde zu legen, um die europäischen Kunden untereinander aufzuteilen. Das Argument der Kommission, dass die Festsetzung einer „Preisuntergrenze“ auf weltweiter Ebene zwangsläufig die Festsetzung der Preise auf europäischer Ebene impliziere, greift somit nicht durch.

203. Die Entscheidung enthält auch keinen Hinweis darauf, dass die europäischen Hersteller bei den Treffen des weltweiten Kartells eine Vereinbarung über die Aufteilung (oder spätere Aufteilung) des EWR-Markts geschlossen oder vorgehabt hätten, die weltweiten Absprachen zu benutzen, um eine spätere Aufteilung des EWR-Markts zu erleichtern. Im Übrigen räumt die Kommission in Erwägungsgrund 151 der Entscheidung ein, dass sie dies nicht nachweisen könne. Wäre dem so gewesen, hätte es keinen Grund gegeben, den Beginn der Absprachen über die Aufteilung des EWR nicht auf einen Zeitpunkt vor dem 14. März 1994, dem Datum des ersten Treffens der europäischen Hersteller, festzusetzen. Dies war jedoch nicht der Fall.

204. Erwägungsgrund 151 der Entscheidung (siehe oben, Randnr. 174) ist somit bedeutungslos, soweit darin erklärt werden soll, warum die nordamerikanischen Hersteller nicht an den europäischen Treffen teilgenommen haben. Dieser Teil des Erwägungsgrunds 151 antwortet nämlich auf das von den europäischen Herstellern im Verwaltungsverfahren vorgebrachte, ins Leere gehende Argument, dass die Beteiligten der weltweiten und der europäischen Vereinbarungen nicht dieselben gewesen seien.

205. Auch Erwägungsgrund 152 der Entscheidung (siehe oben, Randnr. 175) kann die Ansicht der Kommission nicht stützen, soweit es dort heißt, dass das Vorliegen der europäischen Absprachen den nordamerikanischen Herstellern bekannt war bzw. ihnen hätte bekannt sein müssen. Hätten die nordamerikanischen Hersteller von diesen Absprachen Kenntnis gehabt, hätte dies nämlich, sofern diese Absprachen eine Verbindung zu den weltweiten Absprachen aufgewiesen hätten, im Falle der Feststellung einer einzigen Zuwiderhandlung die Ausdehnung ihrer Verantwortlichkeit auf die Gesamtheit dieser Zuwiderhandlung zur Folge gehabt (vgl. in diesem Sinne Urteil JFE Engineering u. a./Kommission, oben in Randnr. 139 angeführt, Randnr. 371). Dieser Punkt kann daher keine Auswirkungen auf die Verantwortlichkeit der europäischen Hersteller haben und beweist nicht das Vorliegen einer einzigen und fortgesetzten Zuwiderhandlung.

206. Die allgemeine Aussage, dass die Absprachen auf europäischer Ebene als die Fortsetzung durch die europäischen Hersteller der ursprünglichen Vereinbarungen auf weltweiter Ebene betreffend Preiserhöhungen und die Kontrolle der Verarbeiter, nicht nur mit den nordamerikanischen Herstellern, sondern auch der europäischen Hersteller untereinander, angesehen werden müssten, trifft daher nicht zu. Dies gilt zwangsläufig auch für die Beurteilung, dass sämtliche Absprachen ein einziges Kartell gebildet hätten, aus dem sich die nordamerikanischen Hersteller zu einem bestimmten Zeitpunkt zurückgezogen hätten und dessen Merkmale von den übrigen Beteiligten nach diesem Rückzug angepasst worden seien.

207. Angesichts der vorstehenden Erwägungen kann die Kommission sich nicht auf Randnr. 67 des Urteils Dansk Rørindustri/Kommission (oben in Randnr. 150 angeführt) stützen. Das Gericht hat zwar bei einer Zuwiderhandlung, die sich zunächst auf den dänischen Markt für vorgedämmte Rohre und nach einer Unterbrechung auf den gesamten europäischen Markt erstreckte, unter Berücksichtigung des einzigen Ziels, den Fernwärmemarkt zu kontrollieren, die fraglichen Handlungen als eine einzige und fortgesetzte Zuwiderhandlung eingestuft, doch beruhte diese Beurteilung auch auf anderen ebenfalls wichtigen Erwägungen. So hat das Gericht in diesem Urteil in Übereinstimmung mit der Kommission festgestellt, „dass von Beginn des Kartells in Dänemark an das längerfristige Ziel der Ausdehnung der Kontrolle auf den gesamten Fernwärmemarkt bestanden hat … und dass es in Methode und Praxis eine klare Kontinuität zwischen der Vereinbarung von 1994 über den gesamteuropäischen Markt und früheren Absprachen gegeben hat“ (Randnrn. 65 und 68). In Randnr. 67, auf die sich die Kommission beruft, heißt es außerdem, dass aus der ersten Vereinbarung über die Koordinierung einer Preiserhöhung auf den Auslandsmärkten hervorgehe, dass „das Kartell der dänischen Hersteller von Anfang an über den Rahmen des dänischen Markts allein hinausging“.

208. Im vorliegenden Fall hat die Kommission jedoch nicht nachgewiesen, dass die Klägerinnen mit ihrer Beteiligung an den weltweiten Absprachen das längerfristige Ziel verfolgten, den EWR-Markt, wie im Rahmen der europäischen Absprachen erfolgt, aufzuteilen. Sie hat auch nicht dargelegt, dass zwischen den in den jeweiligen Blöcken von Absprachen verwendeten Methoden und Praktiken eine Verbindung bestand.

209. Angesichts der Folgen, die sich daraus ergeben, dass zwischen der Umsetzung der weltweiten und der Umsetzung der europäischen Absprachen keine Verbindung besteht (siehe oben, Randnrn. 182 bis 191), dass der wechselseitige Rückzug aus dem europäischen und aus dem nordamerikanischen Markt und die Aufteilung des EWR-Markts mittels Kundenzuteilung verschiedene, mit unterschiedlichen Methoden verwirklichte Ziele darstellen (siehe oben, Randnrn. 192 bis 202) und dass schließlich keine Beweise dafür vorliegen, dass die europäischen Hersteller vorhatten, sich an den weltweiten Absprachen zu beteiligen, um später den EWR-Markt aufzuteilen (siehe oben, Randnr. 203), ist festzustellen, dass die europäischen Hersteller zwei gesonderte Zuwiderhandlungen gegen Art. 81 Abs. 1 EG und nicht eine einzige und fortgesetzte Zuwiderhandlung begangen haben.

210. Die Entscheidung ist daher für nichtig zu erklären, soweit sie gegen die Klägerinnen aufgrund ihrer Beteiligung an dem weltweiten Kartell eine Geldbuße verhängt, da diese Zuwiderhandlung als verjährt anzusehen ist. Die Auswirkungen dieser Nichtigerklärung auf die Berechnung der gegen BASF verhängten Geldbuße werden in den nachstehenden Randnrn. 212 bis 223 geprüft. Die Auswirkungen dieser Nichtigerklärung auf die Berechnung der gegen UCB verhängten Geldbuße sind im Anschluss an die Prüfung des zweiten Klagegrundes dieser Klägerin zu prüfen (siehe unten, Randnrn. 235 bis 241).

211. Unter diesen Umständen ist über den Klagegrund der Verletzung der Verteidigungsrechte von BASF (siehe oben, Randnr. 157) nicht mehr zu entscheiden.

Zur Berechnung der gegen BASF verhängten Geldbuße

212. Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass sowohl die Klägerinnen, als auch die Kommission auf entsprechende Aufforderung durch das Gericht in der mündlichen Verhandlung hin ihre Einschätzung hinsichtlich der Berechnung der Geldbußen für den Fall geäußert haben, dass das Gericht dem Klagegrund eines Rechtsfehlers bei der Einstufung der weltweiten und der europäischen Absprachen als eine einzige Zuwiderhandlung stattgeben sollte. Wie in der Randnr. 120 des vorliegenden Urteils ausgeführt, lässt die Beurteilung der von BASF geleisteten Kooperation im Rahmen des dritten Klagegrundes die Konsequenzen unberührt, die die vom Gericht vorgenommene Beurteilung des fünften Klagegrundes auf diese Ermäßigung haben kann.

213. Der Gemeinschaftsrichter kann aufgrund der ihm in Art. 31 der Verordnung Nr. 1/2003 verliehenen Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung über die reine Kontrolle der Rechtmäßigkeit der Zwangsmaßnahme hinaus die Beurteilung der Kommission durch seine eigene Beurteilung ersetzen und demgemäß die verhängte Geldbuße oder das verhängte Zwangsgeld aufheben, herabsetzen oder erhöhen, wenn ihm die Frage nach deren Höhe zur Beurteilung vorgelegt worden ist (Urteil Groupe Danone/Kommission, oben in Randnr. 65 angeführt, Randnrn. 61 und 62). In diesem Rahmen ist darauf hinzuweisen, dass die Leitlinien der Beurteilung der Geldbuße durch den Gemeinschaftsrichter nicht vorgreifen, wenn dieser aufgrund der genannten Befugnis entscheidet (Urteil des Gerichts vom 27. Juli 2005, Brasserie nationale u. a./Kommission, T‑49/02 bis T‑51/02, Slg. 2005, II‑3033, Randnr. 169).

214. Da BASF dem Gericht die Frage nach der Höhe der gegen sie verhängten Geldbuße zur Beurteilung vorgelegt hat, hat dieses demnach von seiner Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung Gebrauch zu machen.

215. Insoweit ist zunächst die in der Klagebeantwortung der Kommission in der Rechtssache T‑111/05 aufgestellte Behauptung zu prüfen, dass eine neue Berechnung der Geldbußen eine Änderung der Einteilung der europäischen Hersteller in Kategorien voraussetze. Diese Einteilung sei in der Entscheidung nämlich unter Berücksichtigung der Anteile vorgenommen worden, die die an der Zuwiderhandlung beteiligten Unternehmen im Jahre 1997, dem letzten vollen Jahr der Zuwiderhandlung, am Weltmarkt gehalten hätten. Auf der Grundlage dieser Beurteilung wurden UCB und Akzo Nobel (mit Marktanteilen von 13,4 % bzw. 12 %) der dritten Kategorie zugeordnet, während BASF mit einem Marktanteil von 9,1 % der vierten Kategorie zugeordnet wurde (siehe oben, Randnr. 15).

216. Da jedoch nur die den EWR-Markt betreffende Zuwiderhandlung zu berücksichtigen ist (siehe oben, Randnr. 210), sind für die Einteilung der europäischen Hersteller in Kategorien die Anteile am europäischen Markt zugrunde zu legen. Dieser Wechsel ändert jedoch nichts an der Einteilung der Unternehmen in Kategorien oder den aufgrund der Schwere der Zuwiderhandlung bestimmten Ausgangsbeträgen. Aus Erwägungsgrund 44 der Entscheidung ergibt sich nämlich, dass Akzo Nobel und UCB im Jahre 1997 28,9 % bzw. 28,5 % des europäischen Markts hielten, während der Anteil von BASF 20,9 % betrug. Bei dieser Verteilung der Marktanteile ist die Beibehaltung der von der Kommission vorgenommenen Zuordnung von Akzo Nobel und UCB zu derselben Kategorie und von BASF zu der nächsttieferen Kategorie gerechtfertigt.

217. Was das allgemeine Niveau der Ausgangsbeträge betrifft, sind die in Erwägungsgrund 202 der Entscheidung bestimmten Beträge beizubehalten. Diese Beträge wurden nämlich auf der Grundlage der erheblichen Schwere des sowohl auf weltweiter als auch auf europäischer Ebene an den Tag gelegten rechtswidrigen Verhaltens sowie des relativ geringen Werts des europäischen Cholinchloridmarkts (52,6 Millionen Euro im Jahre 1997) festgesetzt, und diese Faktoren bleiben relevant, selbst wenn nur die den EWR betreffende Zuwiderhandlung zu berücksichtigen ist.

218. Der aufgrund der Schwere der Zuwiderhandlung für BASF festgesetzte Ausgangsbetrag ist daher unverändert bei 18,8 Millionen Euro zu belassen.

219. Zur Dauer der Beteiligung von BASF an den europäischen Absprachen ergibt sich aus den Erwägungsgründen 101, 102, 105 und 206 der Entscheidung, dass diese Beteiligung am 29. November 1994 bei einem Treffen in Amersfoort (Niederlande) begonnen und am 30. September 1998 geendet hat. Insoweit ist festzustellen, dass der von der Kommission vorgeschlagene Ansatz, bei dem der Ausgangsbetrag für jedes volle Jahr um 10 % und für jeden verbleibenden Zeitraum von vollen sechs Monaten um 5 % erhöht wird, unter den Umständen des vorliegenden Falls zu beträchtlichen Diskrepanzen zwischen den Klägerinnen führen kann. Da nämlich die Beteiligung von BASF an der Zuwiderhandlung drei Jahre und zehn volle Monate gedauert hat, ließe eine Erhöhung von 5 % zur Berücksichtigung der zehn Monate durch das Gericht die verbleibenden vier Monate unberücksichtigt. Im vorliegenden Fall verfügt das Gericht außerdem über genaue Angaben zur Dauer der Beteiligung der einzelnen Klägerinnen an der Zuwiderhandlung und ist daher in der Lage, deren Geldbußen so zu berechnen, dass sie die genaue Dauer dieser Beteiligung widerspiegeln, und sie so verhältnismäßiger zu gestalten.

220. Im Rahmen der Ausübung seiner Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung ist das Gericht daher der Ansicht, dass eine Erhöhung um 38 % vorzunehmen ist, um dem Zeitraum der Beteiligung von BASF an der Zuwiderhandlung von drei Jahren und zehn Monaten Rechnung zu tragen.

221. Der Grundbetrag der gegen BASF verhängten Geldbuße wird somit auf 25,944 Millionen Euro festgesetzt. Dieser Betrag ist unter dem Gesichtspunkt der Tatwiederholung um 50 % zu erhöhen (siehe oben, Randnr. 18), was zu einer Geldbuße von 38,916 Millionen Euro führt.

222. Der Endbetrag der gegen BASF verhängten Geldbuße wird nach der unter dem Gesichtspunkt der Kooperation gewährten Ermäßigung von 10 % für das Nichtbestreiten der Tatsachen festgesetzt. Was die von BASF unter dem Gesichtspunkt der Kooperation gelieferten Beweise angeht, für die ihr eine zusätzliche Ermäßigung von 10 % gewährt wurde (siehe oben, Randnr. 87), ist jedoch darauf hinzuweisen, dass der Umstand, dass ein Unternehmen der Kommission Informationen zu Handlungen übermittelt, derentwegen es nach den Verordnungen Nr. 17 und Nr. 1/2003 keine Geldbuße zahlen müsste, keine Zusammenarbeit ist, die in den Anwendungsbereich der Mitteilung über Zusammenarbeit von 1996 fällt (Urteil Archer Daniels Midland und Archer Daniels Midland Ingredients/Kommission, oben in Randnr. 108 angeführt, Randnr. 297). Da die genannten Beweise sich ausschließlich auf die weltweiten Absprachen bezogen, während die von BASF gelieferten Informationen über die europäischen Absprachen nur sehr geringen Wert hatten (siehe oben, Randnr. 116), die Zuwiderhandlung in Bezug auf die weltweiten Absprachen als verjährt angesehen wurde (siehe oben, Randnr. 210) und BASF folglich insoweit keine Geldbuße zahlen muss, erscheint es nicht mehr geboten, ihr die Ermäßigung von 10 % zugute kommen zu lassen, die ihr auf dieser Grundlage gewährt wurde.

223. Die Geldbuße von BASF ist somit auf 35,024 Millionen Euro festzusetzen.

7. Zum zweiten von UCB geltend gemachten Klagegrund: Fehlerhafte Anwendung der Mitteilung über Zusammenarbeit von 1996

Vorbringen der Parteien

224. UCB ist der Ansicht, dass die zwischen den weltweiten und den europäischen Absprachen vorzunehmende Unterscheidung Auswirkungen auf die Anwendung der Mitteilung über Zusammenarbeit von 1996 in Bezug auf sie habe. Insbesondere habe sie Anspruch auf eine Ermäßigung in Höhe von 75 % bis 100 % der gegen sie festzusetzenden Geldbuße, da sie als erstes Unternehmen das geheime Kartell auf Gemeinschaftsebene angezeigt (siehe oben, Randnr. 19) und alle anderen in Abschnitt B der Mitteilung über Zusammenarbeit von 1996 genannten Voraussetzungen erfüllt habe.

225. Die neue Mitteilung der Kommission über den Erlass und die Ermäßigung von Geldbußen in Kartellsachen (ABl. 2002, C 45, S. 3, im Folgenden: Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002), die an die Stelle der Mitteilung über Zusammenarbeit von 1996 getreten ist, sehe vor, dass die Kommission einem Unternehmen, das als erstes Beweismittel vorlege, die es ihr ermöglichten, eine Zuwiderhandlung gegen Art. 81 EG festzustellen, die Geldbuße erlasse. Der Standard des Grundrechtsschutzes in der Gemeinschaftsrechtsordnung verlange die Anwendung des Grundsatzes der Rückwirkung in mitius , eines allgemeinen, international anerkannten Rechtsgrundsatzes, der aus dem Verbot der Rückwirkung strafverschärfender Gesetze folge. Die Kommission müsse diesen Grundsatz in allen Verfahren anwenden, die in Anwendung der Wettbewerbsregeln zu Sanktionen führen könnten. Die Kommission hätte daher Abschnitt A der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002 als gegenüber Abschnitt B der Mitteilung über Zusammenarbeit von 1996 milderes „Gesetz“ anwenden müssen, da er einen vollständigen Erlass vorsehe und der Kommission nicht, wie die Mitteilung über Zusammenarbeit von 1996, einen Ermessensspielraum in Bezug auf die Höhe der Ermäßigung lasse. Die Anwendung der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002 hätte somit zum vollständigen Erlass der gegen UCB verhängten Geldbuße geführt.

226. Der Begriff der Rückwirkung des milderen Gesetzes umfasse die Änderung jeder spezifischen Vorschrift, die eine Behörde gegen eine Person anwenden wolle, wie die Mitteilungen der Kommission über die in Wettbewerbsangelegenheiten verhängten Geldbußen. Dieser Grundsatz sei im Übrigen gegenüber Randnr. 28 der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002, die die Anwendung dieser Mitteilung auf die Zeit nach dem 14. Februar 2002 beschränke, vorrangig. Dass sich das bei UCB bestehende berechtigte Vertrauen im Zeitpunkt ihrer Kooperation auf die Mitteilung über Zusammenarbeit von 1996 gestützt habe, könne die Anwendung des Grundsatzes der Anwendung des milderen Gesetzes nicht ausschließen.

227. Jedenfalls hätte die Anwendung der Mitteilung über Zusammenarbeit von 1996 die Kommission veranlassen müssen, keine Geldbuße gegen UCB zu verhängen, da UCB als erste vor jeder Anfrage seitens der Kommission zu einem Zeitpunkt Informationen über das europäische Kartell geliefert habe, als diese davon keine Kenntnis gehabt habe.

228. Die Kommission ist der Ansicht, dass dieser Klagegrund in Wirklichkeit eine Untersuchung der Konsequenzen darstelle, die sich ergäben, falls der erste von UCB angeführte Klagegrund als begründet angesehen werden sollte. Sie verweist daher auf ihr Vorbringen zu diesem Klagegrund und macht geltend, dass der vorliegende Klagegrund zurückzuweisen sei.

229. Hilfsweise erklärt die Kommission, dass die gegen UCB verhängte Geldbuße, wären die Handlungen der Klägerinnen nicht Bestandteil einer einzigen und fortgesetzten Zuwiderhandlung gewesen, um mindestens 75 % ermäßigt worden wäre. In diesem Fall hätten sich andere Parameter für die Berechnung der Geldbuße, wie die Dauer, die mildernden und erschwerenden Umstände und der für die differenzierte Behandlung berücksichtigte Umsatz, geändert.

230. Zum Grundsatz der rückwirkenden Anwendung des milderen Gesetzes macht die Kommission geltend, dass es sich zwar um einen allgemeinen strafrechtlichen Grundsatz handle, die Entscheidungen, mit denen Geldbußen in Wettbewerbsangelegenheiten verhängt würden, jedoch nicht strafrechtlicher Natur seien. Die Rechtsprechung bestätige nicht die Ansicht der Klägerin über die Verpflichtung zur rückwirkenden Anwendung des milderen Gesetzes in Wettbewerbsangelegenheiten. Außerdem setze die Anwendung dieses Grundsatzes eine Änderung der Rechtsgrundlage für die Berechnung der Geldbuße, d. h. des Art. 15 Abs. 2 der Verordnung Nr. 17 voraus, der durch die Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002 nicht geändert worden sei.

231. Die Kommission verfüge über einen Ermessensspielraum in Bezug auf die Bestimmung der Höhe der Geldbußen, der durch die Mitteilung über Zusammenarbeit von 1996 begrenzt werde. Nach der Rechtsprechung verfüge die Kommission, solange diese Mitteilungen im Rahmen der Vorschriften der Verordnung Nr. 17 blieben, über einen großen Spielraum, um das Niveau der Geldbußen entsprechend den Erfordernissen ihrer Wettbewerbspolitik zu bestimmen. Außerdem binde die Kommission sich bei der Ausübung dieses Ermessens nur solange, wie die anwendbare Mitteilung in Kraft sei. Die Kommission weist insoweit darauf hin, dass die Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002 ab dem 14. Februar 2002 an die Stelle der Mitteilung über Zusammenarbeit von 1996 getreten sei. Das bei UCB bestehende berechtigte Vertrauen werde jedoch durch die zeitliche Geltung der einzelnen Mitteilungen, im vorliegenden Fall der Mitteilung über Zusammenarbeit von 1996, begrenzt.

232. Jedenfalls bezweifelt die Kommission, dass die Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002 allgemein vorteilhafter sei als die Mitteilung über Zusammenarbeit von 1996. Dies könne nicht auf der Grundlage einer selektiven Beurteilung der Bestimmungen der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002 geprüft werden. Die Kommission wäre sonst verpflichtet, die Mitteilung nur für diejenigen Unternehmen rückwirkend anzuwenden, die darin eine vorteilhafte Regelung fänden, was die Kohärenz ihrer Politik gefährden würde.

Würdigung durch das Gericht

Zur Anwendung des milderen Gesetzes

233. Aus der Rechtsprechung ergibt sich, dass es dem Rückwirkungsverbot nicht zuwiderläuft, wenn Leitlinien angewandt werden, die sich möglicherweise verschärfend auf die Höhe von Geldbußen für vor ihrem Erlass begangene Zuwiderhandlungen auswirken, sofern die damit umgesetzte Politik zum Zeitpunkt der Begehung der betreffenden Zuwiderhandlungen hinreichend vorhersehbar war (Urteil Dansk Rørindustri u. a./Kommission, oben in Randnr. 91 angeführt, Randnrn. 202 bis 232).

234. Dieses – sei es auch bedingte – Recht der Kommission, rückwirkend zu Lasten der Betroffenen Verhaltensnormen anzuwenden, die Außenwirkungen entfalten sollen, wie es bei den Leitlinien der Fall ist, schließt daher eine Verpflichtung der Kommission zur Anwendung des milderen Gesetzes aus.

Zur Berechnung der gegen UCB verhängten Geldbuße

235. Für die Berechnung der gegen UCB verhängten Geldbuße ist zunächst auf die Ausführungen in den Randnrn. 212 bis 217 des vorliegenden Urteils zu verweisen.

236. Sodann wirkt sich der Umstand, dass die Beurteilungen der Kommission in Bezug auf den einheitlichen und fortgesetzten Charakter der Zuwiderhandlungen fehlerhaft waren, auf die Höhe der angesichts der Mitteilung über Zusammenarbeit von 1996 gegen UCB verhängten Geldbuße aus. Wie die Kommission einräumt (siehe oben, Randnr. 229), wären UCB die Bestimmungen des Abschnitts B der Mitteilung über Zusammenarbeit von 1996 mit der Überschrift „Nichtfestsetzung oder wesentlich niedrigere Festsetzung einer Geldbuße“ zugute gekommen, wenn die weltweiten Absprachen als von den europäischen Absprachen getrennte und demnach verjährte Zuwiderhandlung angesehen worden wären. Unter diesen Umständen ist nämlich festzustellen, dass UCB das europäische Kartell gegenüber der Kommission angezeigt hat und die übrigen in Abschnitt B der Mitteilung über Zusammenarbeit von 1996 vorgesehenen Voraussetzungen erfüllt (siehe unten, Randnr. 237).

237. Abschnitt B der Mitteilung über Zusammenarbeit von 1996 bestimmt:

„Gegenüber einem Unternehmen, das

a) der Kommission die geheime Absprache anzeigt, bevor diese aufgrund einer Entscheidung bei den am Kartell beteiligten Unternehmen eine Nachprüfung vorgenommen hat und bereits über ausreichende Informationen verfügt, um das Bestehen des angezeigten Kartells zu beweisen,

b) als erstes Angaben macht, die für den Beweis des Bestehens des Kartells von entscheidender Bedeutung sind,

c) seine Teilnahme an der rechtswidrigen Handlung spätestens zu dem Zeitpunkt eingestellt hat, zu dem es das Kartell anzeigt,

d) der Kommission alle sachdienlichen Informationen sowie verfügbaren Unterlagen und Beweismittel über das Kartell bereitstellt und während der gesamten Dauer der Untersuchung zu einer ununterbrochenen und uneingeschränkten Zusammenarbeit bereit ist,

e) kein anderes Unternehmen zur Teilnahme am Kartell gezwungen noch zu der rechtswidrigen Handlung angestiftet oder bei ihrer Durchführung eine entscheidende Rolle gespielt hat,

wird die Höhe der ohne diese Mitarbeit festzusetzenden Geldbuße um mindestens 75 % niedriger festgesetzt und kann auf die Festsetzung der Geldbuße ganz verzichtet werden.“

238. Unter diesen Umständen ist der von der Kommission aufgrund der Schwere der Zuwiderhandlung bestimmte Ausgangsbetrag von 12,9 Millionen Euro (siehe oben, Randnr. 15) angesichts der Dauer der Zuwiderhandlung (vom 14. März 1994 bis 30. September 1998) um 45 % zu erhöhen. Der Grundbetrag ist somit auf 18,705 Millionen Euro festzusetzen.

239. Da UCB keine erschwerenden Umstände zur Last gelegt wurden, ist der Grundbetrag angesichts ihrer Kooperation um einen bestimmten Prozentsatz herabzusetzen. Zur Bestimmung dieses Prozentsatzes ist zu berücksichtigen, dass UCB das europäische Kartell angezeigt hat; die Kommission wurde dadurch in die Lage versetzt, hohe Sanktionen zu verhängen, was ihr allein auf der Grundlage des weltweiten Kartells, das zum Zeitpunkt ihres ersten Einschreitens verjährt war, nicht möglich gewesen wäre (siehe oben, Randnr. 9). Aus den Erwägungsgründen 102, 105, 107, 108, 109, 114, 118, 119 und 120 der Entscheidung ergibt sich außerdem, dass die neun von UCB aufgedeckten Treffen die gesamte Dauer der den EWR betreffenden Zuwiderhandlung abdeckten; bei den sechs von Akzo Nobel angezeigten Zusammenkünfte handelte es sich, wie aus den Erwägungsgründen 110, 112, 113, 115, 116 und 117 der Entscheidung hervorgeht, lediglich um Zwischentreffen.

240. Nichtsdestoweniger hat UCB etwas weniger als zwei Drittel der Treffen angezeigt. Außerdem hat UCB zwar aus eigenem Antrieb gehandelt, zu dem Zeitpunkt, zu dem sie diese Informationen geliefert hat (26. Juli 1999), wusste sie jedoch bereits, dass die Kommission in Bezug auf das weltweite Cholinchloridkartell tätig geworden war.

241. Unter diesen Umständen ist der in der vorstehenden Randnr. 238 festgesetzte Grundbetrag um 90 % zu ermäßigen, womit sich die gegen UCB verhängte Geldbuße auf 1,870 Millionen Euro beläuft.

242. Da der dritte Klagegrund von UCB hilfsweise für den Fall vorgebracht wurde, dass das Gericht der Ansicht der Kommission in Bezug auf den einheitlichen und fortgesetzten Charakter der weltweiten und der europäischen Absprachen folgen sollte (siehe oben, Randnr. 35), ist darüber nicht mehr zu entscheiden. Denn UCB beantragt zwar auch im Rahmen dieses Klagegrundes, keine Geldbuße gegen sie zu verhängen, ihre Argumentation stützt sich jedoch erstens auf das Vorliegen einer einzigen und fortgesetzten Zuwiderhandlung, die nicht festgestellt worden ist, zweitens auf die Anwendung der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002 (siehe oben, Randnr. 225) und drittens darauf, dass die Kommission ohne ihre Kooperation nicht in der Lage gewesen wäre, Geldbußen zu verhängen. Das Vorbringen betreffend die Anwendung der Mitteilung über Zusammenarbeit von 2002 wurde jedoch bereits zurückgewiesen (siehe oben, Randnrn. 233 und 234), während das Gericht in Ausübung seiner Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung den Wert der von UCB geleisteten Kooperation gewürdigt hat, indem es die gegen sie zu verhängende Geldbuße um 90 % ermäßigt hat.

243. Die gegen UCB verhängte Geldbuße ist somit auf 1,870 Millionen Euro festzusetzen.

244. Auf der Grundlage der vorstehenden Erwägungen ist erstens Art. 1 Buchst. b und f der Entscheidung für nichtig zu erklären, soweit er sich auf die BASF für die Zeit vor dem 29. November 1994 und UCB für die Zeit vor dem 14. März 1994 zur Last gelegte Zuwiderhandlung bezieht, zweitens der Betrag der gegen BASF und UCB verhängten Geldbußen auf 35,024 bzw. 1,870 Millionen Euro festzusetzen und drittens die Klage im Übrigen abzuweisen.

Kosten

245. Nach Artikel 87 § 3 der Verfahrensordnung kann das Gericht die Kosten teilen oder beschließen, dass jede Partei ihre eigenen Kosten trägt, wenn jede Partei teils obsiegt und teils unterliegt.

246. Da BASF in der Rechtssache T‑101/05 mit mehreren Klagegründen unterlegen ist, mit dem fünften Klagegrund jedoch obsiegt hat, ist zu entscheiden, dass jede Partei ihre eigenen Kosten trägt.

247. Da die Kommission in der Rechtssache T‑111/05 mit ihren Anträgen weitgehend unterlegen ist, ist zu entscheiden, dass sie neben ihren eigenen Kosten 90 % der Kosten von UCB trägt.

Tenor

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Zweite Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1. Die Verbindung der Rechtssache T‑112/05, Akzo Nobel u. a./Kommission, mit den Rechtssachen T‑101/05 und T‑111/05 wird für die Zwecke der Entscheidung aufgehoben.

2. Art. 1 Buchst. b und f der Entscheidung 2005/566/EG der Kommission vom 9. Dezember 2004 in einem Verfahren nach Art. 81 EG und Art. 53 EWR-Abkommen (Sache COMP/E-2/37.533 – Cholinchlorid) wird für nichtig erklärt, soweit er die der BASF AG für die Zeit vor dem 29. November 1994 und der UCB SA für die Zeit vor dem 14. März 1994 zur Last gelegte Zuwiderhandlung berücksichtigt.

3. In der Rechtssache T‑101/05 wird die gegen BASF verhängte Geldbuße auf 35,024 Millionen Euro festgesetzt.

4. In der Rechtssache T‑111/05 wird die gegen UCB verhängte Geldbuße auf 1,870 Millionen Euro festgesetzt.

5. Im Übrigen werden die Klagen abgewiesen.

6. In der Rechtssache T‑101/05 trägt jede Partei ihre eigenen Kosten.

7. In der Rechtssache T‑111/05 trägt die Kommission neben ihren eigenen Kosten 90 % der Kosten von UCB.