Rechtssache T-229/04

Königreich Schweden

gegen

Kommission der Europäischen Gemeinschaften

„Richtlinie 91/414/EWG – Pflanzenschutzmittel – Wirkstoff Paraquat – Genehmigung für das Inverkehrbringen – Genehmigungsverfahren – Schutz der Gesundheit von Mensch und Tier“

Leitsätze des Urteils

1.      Landwirtschaft – Rechtsangleichung – Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln – Richtlinie 91/414

(Verordnung Nr. 3600/92 der Kommission, Art. 7 Abs. 1 Buchst. c und 3; Richtlinie 91/414 des Rates; Richtlinie 2003/112 der Kommission)

2.      Landwirtschaft – Rechtsangleichung – Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln – Richtlinie 91/414

(Richtlinie 91/414 des Rates, Art. 4 Abs. 1 Buchst. b Ziff. iv, Art. 5 Abs. 1 und 4 und Anhang I)

3.      Landwirtschaft – Rechtsangleichung – Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln – Richtlinie 91/414

(Richtlinie 91/414 des Rates, Art. 4 Abs. 1 Buchst. b, Ziff. iv und v 2. Gedankenstrich und Art. 5 Abs. 1 Buchst. b)

1.      Im Rahmen des Erlasses der Richtlinie 2003/112 zur Änderung der Richtlinie 91/414 über das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln zwecks Aufnahme des Wirkstoffs Paraquat in Anhang I hat die Kommission mit der Feststellung in ihrem Beurteilungsbericht, dass es keinen Anhaltspunkt für eine Neurotoxizität von Paraquat gebe, in Bezug auf die Prüfung eines möglichen Zusammenhangs zwischen Paraquat und der Parkinson-Krankheit nicht die Anforderungen erfüllt, die in Art. 7 der Verordnung Nr. 3600/92 mit Durchführungsbestimmungen für die erste Stufe des Arbeitsprogramms gemäß Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie 91/414 an das Verfahren gestellt werden.

In der Literatur zur Neurotoxizität von Paraquat sind nämlich Hinweise auf einen Zusammenhang zwischen der Verwendung des Stoffs und dem Auftreten der Parkinson-Krankheit enthalten. Wenn folglich der berichterstattende Mitgliedstaat die Literatur zum möglichen Zusammenhang zwischen der Parkinson-Krankheit und Paraquat bewertet hat, so fand diese Bewertung im Rahmen der Prüfung der Neurotoxizität von Paraquat statt. Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 3600/92 verlangt, dass die vom berichterstattenden Mitgliedstaat vorgenommene Bewertung eines Wirkstoffs in einen Bericht an die Kommission einfließt, der gemäß Art. 7 Abs. 3 dieser Verordnung an den Ständigen Ausschuss für die Lebensmittelkette und Tiergesundheit und an die anderen Mitgliedstaaten zur Information weitergeleitet werden muss.

Die Berichte des berichterstattenden Mitgliedstaats enthielten aber keine Bewertung der Literatur zu einem möglichen Zusammenhang zwischen Paraquat und der Parkinson-Krankheit. Im Übrigen weist die Kommission nicht nach und behauptet noch nicht einmal, dass eine solche Bewertung dem Ständigen Ausschuss mitgeteilt worden sei.

(vgl. Randnrn. 108-110)

2.      Für die Aufnahme eines Wirkstoffs in Anhang I der Richtlinie 91/414 über das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln muss nach Art. 5 Abs. 1 dieser Richtlinie nach dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen und technischen Erkenntnisse angenommen werden können, dass die Anwendung der diesen Wirkstoff enthaltenden Pflanzenschutzmittel gemäß guter Pflanzenschutzpraxis keine schädlichen Auswirkungen auf die Gesundheit von Mensch und Tier gemäß Art. 4 Abs. 1 Buchst. b Ziff. iv der Richtlinie 91/414 hat.

Aus Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 91/414, ausgelegt in Verbindung mit dem Vorsorgegrundsatz, ergibt sich, dass, wenn es um die Gesundheit von Mensch und Tier geht, das Vorliegen ernsthafter Anhaltspunkte, die, ohne die wissenschaftliche Ungewissheit zu beseitigen, vernünftige Zweifel an der Unbedenklichkeit eines Stoffes erlauben, der Aufnahme dieses Stoffes in Anhang I dieser Richtlinie grundsätzlich entgegensteht. Denn der Vorsorgegrundsatz soll potenziellen Risiken vorbeugen. Dagegen können rein hypothetische Risiken, die auf nicht untermauerte wissenschaftliche Hypothesen gestützt sind, nicht berücksichtigt werden.

Überdies hat Art. 5 Abs. 4 der Richtlinie 91/414, wonach die Aufnahme eines Wirkstoffs in Anhang I von bestimmten Anwendungsbeschränkungen abhängig gemacht werden kann, zur Folge, dass Wirkstoffe, die nicht die Anforderungen des Art. 5 Abs. 1 dieser Richtlinie erfüllen, dann aufgenommen werden können, wenn bestimmte Beschränkungen angeordnet werden, die die problematischen Anwendungen des betreffenden Wirkstoffs ausschließen.

Da sich diese Vorschrift als eine Abschwächung von Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 91/414 darstellt, ist sie im Licht des Vorsorgegrundsatzes auszulegen. Demzufolge muss vor der Aufnahme eines Wirkstoffs in Anhang I dieser Richtlinie ohne jeden vernünftigen Zweifel feststehen, dass die Anwendungsbeschränkungen für den betreffenden Wirkstoff eine Verwendung dieses Wirkstoffs ermöglichen, die den Anforderungen des Art. 5 Abs. 1 entspricht.

(vgl. Randnrn. 160-161, 169-170, 223-224, 227)

3.      Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 91/414 über das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln unterscheidet zwischen der Gesundheit von Mensch und Tier einerseits, bei der das Vorliegen schädlicher Auswirkungen nicht toleriert wird, und der Umwelt andererseits, bei der lediglich unannehmbare Auswirkungen nicht zugelassen sind. Art. 4 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 91/414 behandelt gleichfalls getrennt voneinander die Frage der schädlichen Auswirkungen auf die Gesundheit von Mensch und Tier (Art. 4 Abs. 1 Buchst. b Ziff. iv) und die Frage der unannehmbaren Auswirkungen auf die Umwelt (Art. 4 Abs. 1 Buchst. b Ziff. v). Aus dieser Struktur der Art. 4 und 5 der Richtlinie 91/414 ergibt sich, dass sich bei der Prüfung eines Wirkstoffs unter dem Aspekt des Schutzes der Tiergesundheit gemäß Art. 5 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie die in dieser Bestimmung vorgenommene Verweisung auf Art. 4 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie nur auf die Bestimmung erstreckt, die sich speziell mit der Tiergesundheit befasst, d. h. auf Art. 4 Abs. 1 Buchst. b Ziff. iv der Richtlinie.

Da sich Art. 4 Abs. 1 Buchst. b Ziff. iv der Richtlinie 91/414 bereits speziell mit der Frage der Auswirkungen des wirkstoffhaltigen Mittels auf die Tiergesundheit befasst, ist Art. 4 Abs. 1 Buchst. b Ziff. v zweiter Gedankenstrich dieser Richtlinie – bei dem es darum geht, ob das Mittel unter Berücksichtigung seiner Auswirkung auf Arten, die nicht bekämpft werden sollen, keine unannehmbaren Auswirkungen auf die Umwelt hat – folglich nicht maßgeblich für die Prüfung der Frage, ob ein Wirkstoff die Anforderungen von Art. 5 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie in Bezug auf die Auswirkungen auf Arten, die nicht bekämpft werden sollen, erfüllt.

(vgl. Randnrn. 254-255)







URTEIL DES GERICHTS (Zweite erweiterte Kammer)

11. Juli 2007(*)

„Richtlinie 91/414/EWG – Pflanzenschutzmittel – Wirkstoff Paraquat – Genehmigung für das Inverkehrbringen – Genehmigungsverfahren – Schutz der Gesundheit von Mensch und Tier“

In der Rechtssache T‑229/04

Königreich Schweden, vertreten durch A. Kruse als Bevollmächtigten,

Kläger,

unterstützt durch

Königreich Dänemark, vertreten durch J. Molde, A. Jacobsen und J. Bering Liisberg als Bevollmächtigte,

Republik Österreich, vertreten durch E. Riedl als Bevollmächtigten,

und

Republik Finnland, vertreten durch T. Pynnä und E. Bygglin als Bevollmächtigte,

Streithelfer,

gegen

Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch L. Ström van Lier und B. Doherty als Bevollmächtigte,

Beklagte,

betreffend eine Klage auf Nichtigerklärung der Richtlinie 2003/112/EG der Kommission vom 1. Dezember 2003 zur Änderung der Richtlinie 91/414/EWG des Rates zwecks Aufnahme des Wirkstoffs Paraquat (ABl. L 321, S. 32)

erlässt

DAS GERICHT ERSTER INSTANZ
DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN (Zweite erweiterte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten J. Pirrung, der Richter A. W. H. Meij und N. J. Forwood, der Richterin I. Pelikánová und des Richters S. Papasavvas,

Kanzler: C. Kristensen, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 3. Oktober 2006

folgendes

Urteil

 Rechtlicher Rahmen

I –  Vorschriften des Vertrags

1        Nach Art. 6 EG müssen die Erfordernisse des Umweltschutzes bei der Festlegung und Durchführung der in Artikel 3 EG genannten Gemeinschaftspolitiken und ‑maßnahmen insbesondere zur Förderung einer nachhaltigen Entwicklung einbezogen werden.

2        Art. 152 Abs. 1 EG bestimmt, dass bei der Festlegung und Durchführung aller Gemeinschaftspolitiken und ‑maßnahmen ein hohes Gesundheitsschutzniveau sichergestellt wird.

3        Nach Art. 174 Abs. 2 EG zielt die Umweltpolitik der Gemeinschaft auf ein hohes Schutzniveau unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Gegebenheiten in den einzelnen Regionen der Gemeinschaft ab. Diese Vorschrift sieht außerdem vor, dass die Umweltpolitik der Gemeinschaft auf dem Grundsatz der Vorsorge beruht.

4        Nach Art. 174 Abs. 3 EG berücksichtigt die Gemeinschaft bei der Erarbeitung ihrer Umweltpolitik die verfügbaren wissenschaftlichen und technischen Daten.

II –  Richtlinie 91/414/EWG

5        Im neunten Erwägungsgrund der Richtlinie 91/414/EWG des Rates vom 15. Juli 1991 über das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln (ABl. L 230, S. 1) heißt es, dass die Bestimmungen über die Zulassung von Pflanzenschutzmitteln ein hohes Schutzniveau gewährleisten müssen, damit insbesondere die Zulassung von Pflanzenschutzmitteln verhindert wird, die nicht ausreichend auf ihre Gesundheits‑, Grundwasser‑ und Umweltgefährdung untersucht worden sind. Diesem Erwägungsgrund ist außerdem zu entnehmen, dass der Schutz der menschlichen Gesundheit und der Umwelt gegenüber dem Ziel der Produktionsverbesserung bei der Pflanzenerzeugung vorrangig ist.

6        Art. 2 der Richtlinie 91/414 definiert Pflanzenschutzmittel u. a. als Wirkstoffe und Zubereitungen, die einen oder mehrere Wirkstoffe enthalten, in der Form, in welcher sie an den Anwender geliefert werden, und die dazu bestimmt sind, unerwünschte Pflanzen zu vernichten. Wirkstoffe sind in diesem Artikel definiert als Stoffe oder Mikroorganismen mit allgemeiner oder spezifischer Wirkung gegen Schadorganismen oder auf Pflanzen, Pflanzenteile oder Pflanzenerzeugnisse.

7        Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 91/414 bestimmt:

„Die Mitgliedstaaten tragen dafür Sorge, dass ein Pflanzenschutzmittel nur zugelassen wird, wenn

a)      seine Wirkstoffe in Anhang I aufgeführt und die dort festgelegten Bedingungen erfüllt sind und wenn bei den nachfolgenden Buchstaben b), c) d) und e) unter Anwendung der einheitlichen Grundsätze gemäß Anhang VI

b)      nach dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen und technischen Kenntnisse sichergestellt ist und die Prüfung der Unterlagen nach Anhang III ergibt, dass es bei Anwendung gemäß Artikel 3 Absatz 3 und im Hinblick auf alle normalen Verhältnisse, unter denen es angewendet wird, sowie im Hinblick auf die Folgen dieser Anwendung

iii)      bei den zu bekämpfenden Wirbeltieren keine unnötigen Leiden oder Schmerzen verursacht,

iv)      keine unmittelbaren oder mittelbaren schädlichen Auswirkungen auf die Gesundheit von Mensch und Tier (z. B. über Trinkwasser, Nahrungs‑ oder Futtermittel) oder auf das Grundwasser hat,

v)      keine unannehmbaren Auswirkungen auf die Umwelt hat, und zwar unter besonderer Berücksichtigung folgender Aspekte:

–        …

–        Auswirkung auf Arten, die nicht bekämpft werden sollen;

…“

8        Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 91/414 lautet:

„(1)      Ein Wirkstoff wird nach dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen und technischen Erkenntnisse für einen anfänglichen Zeitraum von höchstens zehn Jahren in Anhang I aufgenommen, wenn angenommen werden kann, dass die diesen Wirkstoff enthaltenden Pflanzenschutzmittel folgende Voraussetzungen erfüllen:

a)      Ihre bei Anwendung gemäß guter Pflanzenschutzpraxis entstandenen Rückstände haben keine schädlichen Auswirkungen auf die Gesundheit von Mensch und Tier oder auf das Grundwasser bzw. keine unannehmbaren Auswirkungen auf die Umwelt und können, soweit toxikologisch oder ökologisch signifikant, mit allgemein gebräuchlichen Methoden gemessen werden,

b)      ihre Anwendung gemäß guter Pflanzenschutzpraxis hat keine schädlichen Auswirkungen auf die Gesundheit von Mensch oder Tier oder keine unannehmbaren Auswirkungen auf die Umwelt gemäß Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe b) Ziffern iv) und v).“

9        Art. 5 Abs. 4 der Richtlinie 91/414 sieht vor, dass „[d]ie Aufnahme eines Wirkstoffes in Anhang I … an Bedingungen geknüpft sein [kann], wie etwa … Beschränkungen aufgrund der Beurteilung der Informationen nach Artikel 6 unter Berücksichtigung der jeweiligen Bedingungen in Bezug auf die Landwirtschaft, den Pflanzenschutz und die Umwelt, einschließlich Witterungsverhältnisse, [und] die Art und Weise der Anwendung“.

10      Art. 6 der Richtlinie 91/414 bestimmt u. a., dass die Aufnahme eines Wirkstoffs in Anhang I nach dem Verfahren des Art. 19 dieser Richtlinie beschlossen wird. Art. 19 der Richtlinie 91/414 in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 806/2003 des Rates vom 14. April 2003 zur Anpassung der Bestimmungen über die Ausschüsse zur Unterstützung der Kommission bei der Ausübung von deren Durchführungsbefugnissen, die in nach dem Konsultationsverfahren (qualifizierte Mehrheit) erlassenen Rechtsakten des Rates vorgesehen sind, an den Beschluss 1999/468/EG (ABl. L 122, S. 1) sieht vor, dass die Kommission von einem Regelungsausschuss, dem Ständigen Ausschuss für die Lebensmittelkette und Tiergesundheit (im Folgenden: Ständiger Ausschuss), unterstützt wird.

11      Art. 8 der Richtlinie 91/414 stellt klar, dass bestimmte Wirkstoffe im Rahmen eines Arbeitsprogramms der Kommission einer schrittweisen Prüfung unterzogen werden.

12      Anhang II der Richtlinie 91/414 nennt die Anforderungen, die an die Unterlagen zum Antrag auf Aufnahme in Anhang I der Richtlinie 91/414 gestellt werden. In der Einleitung des Anhangs II heißt es, dass die beizubringenden Informationen u. a. enthalten müssen: eine technische Unterlage mit Angaben zur Beurteilung der voraussichtlichen sofortigen oder späteren Gefahren, die der Stoff für Menschen, Tiere und Umwelt mit sich bringen kann, sowie eine Beschreibung der Versuche, von denen einige nachfolgend genannt werden, mit der Angabe ihrer Ergebnisse und einen vollständigen, objektiven Bericht über die durchgeführten Versuche mit deren vollständiger Beschreibung oder, falls spezifische Daten oder Informationen entbehrlich scheinen oder nicht übermittelt werden können, eine für die zuständige Behörde annehmbare Begründung.

13      Aus Ziff. 5.7 von Teil A des Anhangs II der Richtlinie 91/414 geht hervor, dass Prüfungen auf verzögerte Neurotoxizität, deren Zweck es ist, hinreichend Daten zu liefern, um zu bewerten, ob der Wirkstoff nach akuter Exposition verzögert neurotoxisch wirken kann, bei Stoffen mit ähnlicher oder verwandter Struktur wie der von verzögert neurotoxisch wirkenden Stoffen, wie Organophosphatverbindungen, stets durchzuführen sind.

14      Anhang VI der Richtlinie 91/414 (im Folgenden: Anhang VI) enthält einheitliche Grundsätze, um sicherzustellen, dass die Mitgliedstaaten die in Art. 4 Abs. 1 Buchst. b bis e der Richtlinie genannten Anforderungen einheitlich und mit der Konsequenz anwenden, die in der Richtlinie bezüglich des Schutzes der Gesundheit von Mensch und Tier sowie der Umwelt gefordert wird. Die einheitlichen Grundsätze waren ursprünglich aufgrund von Art. 18 Abs. 1 der Richtlinie 91/414 mit der Richtlinie 94/43/EG des Rates vom 27. Juli 1994 zur Festlegung des Anhangs VI (ABl. L 227, S. 31) erlassen worden. Diese Richtlinie wurde mit Urteil des Gerichtshofs vom 18. Juni 1996, Parlament/Rat (C‑303/94, Slg. 1996, I‑2943), für nichtig erklärt. Der Rat erließ anschließend die Richtlinie 97/57/EG vom 22. September 1997 zur Festlegung des Anhangs VI (ABl. L 265, S. 87).

15      Teil A Ziff. 2 Buchst. c des Anhangs VI bestimmt:

„Bei der Prüfung von Anträgen und der Erteilung von Zulassungen [berücksichtigen] die Mitgliedstaaten … andere relevante technische oder wissenschaftliche Informationen, über die sie nach vernünftigem Ermessen verfügen können und die sich auf die Leistungsfähigkeit des Pflanzenschutzmittels, seine möglichen schädlichen Auswirkungen, seine Bestandteile oder seine Rückstände beziehen.“

16      Nach Teil C Ziff. 2.4.1.1 des Anhangs VI wird „keine Zulassung erteilt, wenn der Anwender bei der Handhabung und Anwendung des Pflanzenschutzmittels gemäß den vorgeschlagenen Bedingungen, einschließlich Dosis und Anwendungsmethode, einer höheren als der annehmbaren Anwenderexposition ausgesetzt ist“.

17      Teil C Ziff. 2.5.2.1 des Anhangs VI sieht u. a. vor, dass bei Bestehen der Möglichkeit einer Exposition von Vögeln und anderen nicht zu den Zielorganismen gehörenden terrestrischen Wirbeltieren die Zulassung nicht erteilt wird, wenn das Verhältnis Langzeittoxizität/Exposition unter 5 liegt, es sei denn, eine geeignete Risikoabschätzung erbringt den praktischen Beweis, dass nach Anwendung des Pflanzenschutzmittels unter den vorgeschlagenen Bedingungen keine unannehmbaren Auswirkungen eintreten.

III –  Verordnung (EWG) Nr. 3600/92

18      Art. 4 der Verordnung (EWG) Nr. 3600/92 der Kommission vom 11. Dezember 1992 mit Durchführungsbestimmungen für die erste Stufe des Arbeitsprogramms gemäß Artikel 8 Absatz 2 der Richtlinie 91/414 (ABl. L 366, S. 10) sieht u. a. vor, dass Hersteller, die die Aufnahme eines vorhandenen Wirkstoffs in Anhang I der Richtlinie 91/414 wünschen, bei der Kommission einen entsprechenden Antrag stellen.

19      Nach Art. 5 Abs. 2 der Verordnung Nr. 3600/92 beschließt die Kommission die Liste der zu prüfenden Wirkstoffe, für die ein Antrag gestellt wurde, und bestimmt für die Bewertung jedes Wirkstoffs einen berichterstattenden Mitgliedstaat.

20      Art. 6 der Verordnung Nr. 3600/92 sieht im Wesentlichen vor, dass die in Art. 4 dieser Verordnung genannten Antragsteller dem Mitgliedstaat, der für einen bestimmten Wirkstoff als Berichterstatter benannt wurde, die vollständigen Unterlagen sowie eine Zusammenfassung dieser Unterlagen an die vom berichterstattenden Mitgliedstaat benannte Behörde übermitteln.

21      Nach Art. 6 Abs. 2 der Verordnung Nr. 3600/92 umfasst die Zusammenfassung der Unterlagen u. a. eine Kopie des Antrags, die empfohlenen Anwendungsbedingungen, die bei der Aufnahme des Wirkstoffs in Anhang I der Richtlinie 91/414 zu berücksichtigen sind, und die verfügbaren Zusammenfassungen und Versuchsergebnisse sowie Namen und Anschriften der Personen und Institute, die diese Versuche durchgeführt haben, und zwar zum einen zu den einzelnen Punkten in Anhang II der Richtlinie 91/414 und zum anderen zu den einzelnen Punkten des Anhangs III dieser Richtlinie, die für die Bewertung der Kriterien gemäß Art. 5 der Richtlinie von Interesse sind, sowie für eine oder mehrere Zubereitungen, die für die empfohlenen Anwendungsbedingungen repräsentativ sind.

22      Gemäß Art. 6 Abs. 2 der Verordnung Nr. 3600/92 müssen die Unterlagen ferner für den Fall, dass die Zusammenfassungen oder Versuchsergebnisse nicht vorliegen, entweder eine den einleitenden Bestimmungen der Anhänge II und III der Richtlinie 91/414 entsprechende technische oder wissenschaftliche Begründung enthalten, weshalb diese Angaben zur Bewertung des Wirkstoffs hinsichtlich der Kriterien gemäß Art. 5 dieser Richtlinie nicht erforderlich sind, oder eine Verpflichtung des bzw. der die Unterlagen vorlegenden Hersteller, die fehlenden Angaben zu einem späteren Zeitpunkt nach einem genauen Zeitplan nachzureichen.

23      Nach Art. 6 Abs. 3 der Verordnung Nr. 3600/92 enthalten die vollständigen Unterlagen die Protokolle sowie die vollständigen Untersuchungsberichte über alle Angaben der zusammengefassten Unterlagen, die in Art. 6 Abs. 2 Buchst. c dieser Verordnung genannt werden.

24      Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 3600/92 bestimmt in Buchst. a, dass der für einen bestimmten Wirkstoff als Berichterstatter benannte Mitgliedstaat u. a. die Unterlagen gemäß Art. 6 Abs. 2 und 3 der Verordnung Nr. 3600/92 prüft. Nach Art. 7 Abs. 1 Buchst. b stellt dieser Mitgliedstaat unmittelbar nach der Prüfung einer Unterlage sicher, dass die Antragsteller den übrigen Mitgliedstaaten und der Kommission die neueste Fassung der zusammengefassten Unterlage übermitteln.

25      Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 3600/92 verpflichtet den als Berichterstatter benannten Mitgliedstaat, der Kommission einen Bericht über seine Bewertung der in Art. 6 Abs. 2 und 3 der Verordnung genannten Unterlagen mit der Empfehlung zu übersenden, entweder den Wirkstoff in Anhang I der Richtlinie aufzunehmen, wobei die Bedingungen dieser Aufnahme anzugeben sind, oder den Wirkstoff aus dem Handel zu nehmen oder den Wirkstoff vorläufig aus dem Handel zu nehmen und die Möglichkeit in Aussicht zu stellen, die Aufnahme des Wirkstoffs in Anhang I erneut zu prüfen, wenn die Ergebnisse der im Bericht genannten Zusatzversuche oder die zusätzlichen Angaben vorliegen, oder aber den Beschluss über eine mögliche Aufnahme zu verschieben, bis die Ergebnisse der im Bericht genannten Zusatzversuche oder die zusätzlichen Angaben vorliegen.

26      Nach Art. 7 Abs. 2 der Verordnung Nr. 3600/92 kann der berichterstattende Mitgliedstaat ab Beginn seiner Prüfung die Antragsteller auffordern, ihre Unterlagen zu verbessern oder zu ergänzen. Darüber hinaus kann der berichterstattende Mitgliedstaat ab Beginn dieser Prüfung den Rat von Sachverständigen anderer Mitgliedstaaten einholen und zusätzliche technische oder wissenschaftliche Angaben von anderen Mitgliedstaaten anfordern, um die Bewertung zu unterstützen.

27      Nach Art. 7 Abs. 3 der Verordnung Nr. 3600/92 leitet die Kommission, nachdem sie u. a. den Bericht des berichterstattenden Mitgliedstaats erhalten hat, die Unterlagen und den Bericht zur Prüfung an den Ständigen Ausschuss weiter. Nach dieser Bestimmung übermittelt die Kommission außerdem vor Weiterleitung der Unterlagen und des Berichts an den Ständigen Ausschuss den Bericht zur Information an die Mitgliedstaaten.

28      Art. 8 Abs. 1 der Verordnung Nr. 3600/92 sieht im Wesentlichen vor, dass der berichterstattende Mitgliedstaat, wenn er die Ergebnisse der Zusatzversuche oder die zusätzlichen Angaben erhalten hat, dafür Sorge trägt, diese zu prüfen, sicherzustellen, dass der Antragsteller den übrigen Mitgliedstaaten und der Kommission eine Zusammenfassung der Zusatzversuche und deren Ergebnisse oder die zusätzlichen Angaben übermittelt, und der Kommission seine Bewertung dieser Informationen als Nachtrag zu dem Bewertungsbericht mitzuteilen. Dieser Bericht wird außerdem dem Ständigen Ausschuss vorgelegt.

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

I –  Das Verfahren, das zum Erlass der Richtlinie 2003/112/EG geführt hat

29      Paraquat ist ein Wirkstoff, der in einem der drei Unkrautvernichtungsmittel enthalten ist, die weltweit am häufigsten zum Einsatz kommen. Es ist als nicht selektives Herbizid mit einem breiten Wirkspektrum besonders wirksam gegen Unkraut. Es zerstört die grünen Teile der Pflanze durch Austrocknung der Blätter, ohne das Wurzelsystem anzugreifen. Die abortive und zerstörende Wirkung tritt an der Stelle auf, an der das Mittel aufgebracht wird. Paraquat kommt bei über 50 Kulturpflanzenarten in mehr als 120 Ländern zum Einsatz und wird seit etwa sechzig Jahren als Unkrautvernichtungsmittel vermarktet.

30      Der Wirkstoff ist in dreizehn Ländern, darunter Schweden, Dänemark, Österreich und Finnland, verboten.

31      Im Juli 1993 beantragten mehrere Hersteller von Paraquat, darunter das Unternehmen Zeneca, in dessen Rechte später das Unternehmen Syngenta nachfolgte (im Folgenden: Antragstellerin), gemäß Art. 4 der Verordnung Nr. 3600/92 bei der Kommission die Aufnahme des Wirkstoffs in Anhang I der Richtlinie 91/414.

32      Aufgrund der Verordnung (EG) Nr. 933/94 der Kommission vom 27. April 1994 über die Festsetzung der Wirkstoffe von Pflanzenschutzmitteln und die Bestimmung der berichterstattenden Mitgliedstaaten zur Durchführung der Verordnung Nr. 3600/92 (ABl. L 107, S. 8) wurde das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland zum berichterstattenden Mitgliedstaat für den Wirkstoff Paraquat bestimmt.

33      Die Antragstellerin übersandte dem berichterstattenden Mitgliedstaat Unterlagen zum Antrag auf Aufnahme von Paraquat, und am 31. Oktober 1996 übermittelte der berichterstattende Mitgliedstaat der Kommission einen vorläufigen Prüfungsbericht (im Folgenden: Vorbericht). In diesem Vorbericht schlug der berichterstattende Mitgliedstaat vor, die Entscheidung über die Aufnahme von Paraquat in Anhang I der Richtlinie 91/414 aufzuschieben, bis zusätzliche Angaben insbesondere zu den Wirkungen des Wirkstoffs auf nistende Vögel und zu dessen Toxizität bei Hasen vorlägen. Der berichterstattende Mitgliedstaat schlug ferner Bedingungen für eine Aufnahme von Paraquat in Anhang I der Richtlinie 91/414 vor.

34      Die Kommission übersandte den Mitgliedstaaten und der Antragstellerin den Vorbericht zur Stellungnahme.

35      Der Vorbericht und die Unterlagen wurden auch einer Expertengruppe, der 1996 von der Kommission geschaffenen European Commission Co‑ordination (ECCO), zur Prüfung vorgelegt. Diese Prüfung fand in Form der Anhörung von Sachverständigen aus mehreren Mitgliedstaaten statt, die von der Kommission zwischen April und Juli 1997 durchgeführt wurden. Diese Sachverständigen sollten zu verschiedenen Aspekten von Paraquat Stellung nehmen. Die geprüften Standpunkte und die Ergebnisse der Zusammenkünfte dieser Sachverständigengruppe fanden Eingang in einen Bericht (im Folgenden: ECCO-Prüfungsbericht). Dieser Bericht wurde den Mitgliedstaaten und der Antragstellerin für eventuelle Bemerkungen und Erläuterungen übermittelt.

36      Im Mai 2000 erstellte der berichterstattende Mitgliedstaat einen Nachtrag zum Vorbericht, der u. a. seine Anmerkungen zur Exposition von Anwendern, Hasen und Vögeln mit Paraquat enthielt.

37      Die Unterlagen, der Vorbericht mit dem Nachtrag, der ECCO-Prüfungsbericht sowie die eingegangenen Kommentare und Erläuterungen wurden dem Ständigen Ausschuss zur Beurteilung übermittelt. Die Prüfung durch den Ständigen Ausschuss dauerte von Juni 2000 bis Juli 2003.

38      Die Kommission beschloss außerdem, die in der vorstehenden Randnummer genannten Dokumente dem Wissenschaftlichen Ausschuss „Pflanzen“, den sie mit ihrem Beschluss 97/579/EG vom 23. Juli 1997 zur Einsetzung der Wissenschaftlichen Ausschüsse im Bereich der Verbrauchergesundheit und der Lebensmittelsicherheit (ABl. L 237, S. 18) geschaffen hatte (im Folgenden: Wissenschaftlicher Ausschuss), zu übermitteln, um von diesem u. a. ein Gutachten hinsichtlich der Risiken für Anwender unter besonderer Berücksichtigung der Expositionen durch Einatmen und Kontakt mit der Haut sowie der Risiken der beabsichtigten Anwendungen für nistende Vögel und für Hasen einzuholen. Am 20. Dezember 2001 gab der Wissenschaftliche Ausschuss sein Gutachten ab. Infolge dieses Gutachtens übermittelte die Antragstellerin zusätzliche Angaben.

39      Im September 2002 legte der berichterstattende Mitgliedstaat einen Bericht vor, der seine Bemerkungen zum Gutachten des Wissenschaftlichen Ausschusses und zu den zusätzlichen Angaben der Antragstellerin enthielt.

40      Während des Verfahrens zur Bewertung von Paraquat wurden bestimmte Bemerkungen und Schlussfolgerungen, die verschiedene Verfahrensbeteiligte eingereicht hatten, zusammengefasst und in eine Bewertungstabelle aufgenommen.

41      Das Verfahren zur Bewertung von Paraquat im Hinblick auf seine Aufnahme in Anhang I der Richtlinie wurde in der Sitzung des Ständigen Ausschusses vom 3. Oktober 2003 abgeschlossen. Die Schlussfolgerungen dieser Sitzung sind im Beurteilungsbericht der Kommission enthalten.

II –  Richtlinie 2003/112/EG

42      Am 1. Dezember 2003 erließ die Kommission die Richtlinie 2003/112/EG zur Änderung der Richtlinie 91/414 zwecks Aufnahme des Wirkstoffs Paraquat (ABl. L 321, S. 32, im Folgenden: angefochtene Richtlinie). Im vierten Erwägungsgrund der angefochtenen Richtlinie heißt es:

„Der Bericht über Paraquat und zusätzliche Informationen wurden … dem Wissenschaftlichen Ausschuss … vorgelegt. Der Ausschuss wurde gebeten, … das Risiko für Anwender unter Berücksichtigung möglicher Exposition der Atmungsorgane und der Haut, … und die Risiken der beabsichtigten Anwendungen in Bezug auf nistende Vögel und Hasen [zu kommentieren]. … Auf der Grundlage von Expositionsstudien im Freiland, ergänzt durch Informationen über die Gesundheitsüberwachung von Anwendern, kam der Ausschuss zu dem Ergebnis, dass Paraquat bei Verwendung als Pflanzenschutzmittel gemäß den Empfehlungen der guten Arbeitspraxis kein nennenswertes Gesundheitsrisiko für die Anwender darstellt. … Darüber hinaus kam der Wissenschaftliche Ausschuss zu dem Schluss, dass verfügbare Studien auf eine Gefahr für bodenbrütende Vögel hindeuten, für eine definitive Risikobewertung jedoch weitere Informationen über realistische Expositionen notwendig sind. Diese Informationen wurden anschließend vorgelegt, und die Bewertungsarbeitsgruppe des Ständigen Ausschusses … kam zu dem Ergebnis, dass die Exposition bodennistender Vögel in einigen Fällen vernachlässigbar ist. Es gibt jedoch Umstände, unter denen eine Exposition auftreten kann. Die Bewertung innerhalb des Ständigen Ausschusses … kam zu der Schlussfolgerung, dass das Risiko annehmbar ist, sofern geeignete Maßnahmen zur Risikobegrenzung getroffen werden. Abschließend kam der Wissenschaftliche Ausschuss zu der Feststellung, dass Paraquat letale und subletale Auswirkungen auf Hasen haben kann, die verfügbaren Daten jedoch nicht ausreichen, um den Anteil der betroffenen Hasen abzuschätzen. Den Auffassungen des Wissenschaftlichen Ausschusses wurde bei der Erstellung dieser Richtlinie und des Beurteilungsberichts Rechnung getragen. Der Ständige Ausschuss … kam in seiner Bewertung zu der Schlussfolgerung, dass das Risiko annehmbar ist, sofern geeignete Maßnahmen zur Risikobegrenzung getroffen werden.“

43      Der fünfte Erwägungsgrund der angefochtenen Richtlinie lautet:

„Die verschiedenen Untersuchungen haben ergeben, dass es Anwendungen mit Pflanzenschutzmitteln, die Paraquat enthalten, gibt, die im Allgemeinen die Anforderungen gemäß Artikel 5 Absatz 1 Buchstaben a) und b) der Richtlinie 91/414/EWG erfüllen, sofern geeignete Maßnahmen zur Risikobegrenzung getroffen und entsprechende Auflagen erteilt werden. Um sicherzustellen, dass Zulassungen von Pflanzenschutzmitteln mit diesem Wirkstoff in allen Mitgliedstaaten gemäß den Bestimmungen der Richtlinie erteilt werden können, sollte Paraquat daher in Anhang I der genannten Richtlinie aufgenommen werden. Einige Anwendungen von Pflanzenschutzmitteln, die Paraquat enthalten, bilden jedoch ein unannehmbares Risiko und sollten daher nicht zugelassen werden. Darüber hinaus sollte gewährleistet sein, dass die Mitgliedstaaten dem Antragsteller und allen anderen Zulassungsinhabern für Paraquat ein Begleitprogramm insbesondere für die Anwendersicherheit vorschreiben und diese der Kommission jährlich über Vorfälle in Bezug auf die Anwendergesundheit sowie mögliche Auswirkungen auf Hasen Bericht erstatten. Dies sollte ermöglichen zu prüfen, ob die von den Mitgliedstaaten getroffenen Risikobegrenzungsmaßnahmen tatsächlich die möglichen Risiken für Anwender und Hasen auf ein annehmbares Niveau begrenzen, und gegebenenfalls in Übereinstimmung mit dem wissenschaftlichen Fortschritt eine Neubewertung der Eigenschaften und möglichen Risiken für den Menschen und die Umwelt ermöglichen.“

44      Nach Art. 1 der angefochtenen Richtlinie wird „Anhang I der Richtlinie 91/414 … gemäß dem Anhang der vorliegenden Richtlinie geändert“. Neben der Aufnahme von Paraquat in Anhang I der Richtlinie 91/414 bestimmt der Anhang der angefochtenen Richtlinie unter der Überschrift „Besondere Bedingungen“:

„Nur Anwendungen als Herbizid dürfen zugelassen werden.

Folgende Anwendungen dürfen nicht zugelassen werden:

–        Ausbringung mit tragbaren Rücken‑ und Handgeräten im Haus‑ und Kleingarten, weder durch Amateur‑ noch durch professionelle Anwender,

–        Ausbringung mittels Nebelgeräten und Sprühgeräten für Raumkulturen,

–        Ausbringung mit extrem geringen Wasseraufwandmengen (ULV-Applikation).

Bei der Anwendung der einheitlichen Grundsätze gemäß Anhang VI sind die Schlussfolgerungen des vom Ständigen Ausschuss … am 3. Oktober 2003 abgeschlossenen Beurteilungsberichts über Paraquat und insbesondere dessen Anlagen I und II zu berücksichtigen. Bei dieser Gesamtbewertung sollten die Mitgliedstaaten

–        dem Schutz von Anwendern besondere Aufmerksamkeit widmen, insbesondere bei Ausbringung mit tragbaren Rücken‑ und Handgeräten;

–        dem Schutz von bodennistenden Vögeln besondere Aufmerksamkeit widmen. Deuten Anwendungsszenarien auf eine mögliche Exposition von Eiern hin, so sollten eine Risikobewertung durchgeführt und gegebenenfalls Risikobegrenzungsmaßnahmen getroffen werden;

–        dem Schutz von Hasen besondere Aufmerksamkeit widmen. Deuten Anwendungsszenarien auf eine mögliche Exposition von Hasen hin, so sollten eine Risikobewertung durchgeführt und gegebenenfalls Risikobegrenzungsmaßnahmen getroffen werden.

Die Mitgliedstaaten müssen sicherstellen, dass die Zulassungsinhaber spätestens am 31. März jedes Jahres bis zum Jahr 2008 Bericht erstatten über das mögliche Auftreten von Gesundheitsproblemen bei Anwendern und Auswirkungen auf Hasen in einem oder mehreren repräsentativen Anwendungsgebiet(en). Diese Berichte sollten ergänzt werden durch Verkaufsdaten und einen Überblick über die Anwendungsmuster, so dass ein realistisches Bild der toxikologischen und ökologischen Auswirkungen von Paraquat entstehen kann.

Die Mitgliedstaaten müssen sicherstellen, dass technische Konzentrate ein wirksames Brechmittel enthalten. Flüssige Formulierungen sollten ein wirksames Brechmittel, blaue/grüne Farbstoffe und Stinkstoffe oder andere Geruchswarnstoffe enthalten. Andere Sicherheitsstoffe wie Dickungsmittel können ebenfalls verwendet werden.

Dabei ist die FAO-Spezifikation zu berücksichtigen.“

 Verfahren

45      Mit am 27. Februar 2004 bei der Kanzlei des Gerichtshofs eingegangener Klageschrift hat das Königreich Schweden die vorliegende Klage erhoben. Die Klage ist unter dem Aktenzeichen C‑102/04 in das Register der Kanzlei des Gerichtshofs eingetragen worden.

46      Mit Entscheidung des Gerichtshofs vom 8. Juni 2004 ist die Rechtssache gemäß dem Beschluss 2004/407/EG, Euratom des Rates vom 26. April 2004 zur Änderung der Artikel 51 und 54 des Protokolls über die Satzung des Gerichtshofs (ABl. L 132, S. 5) an das Gericht verwiesen worden. Die Rechtssache ist daraufhin unter dem Aktenzeichen T‑229/04 in das Register der Kanzlei des Gerichts eingetragen worden.

47      Mit am 17. Juni 2004 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Schriftsätzen haben das Königreich Dänemark und die Republik Finnland beantragt, im vorliegenden Verfahren als Streithelfer zur Unterstützung der Anträge des Königreichs Schweden zugelassen zu werden. Der gleiche Antrag ist von der Republik Österreich mit am 21. Juni 2004 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenem Schriftsatz gestellt worden. Mit Beschluss vom 15. Dezember 2004 hat der Präsident der Zweiten Kammer des Gerichts diese Streitbeitritte zugelassen. Die Streithelfer haben ihre Schriftsätze und die anderen Beteiligten ihre Stellungnahmen hierzu innerhalb der ihnen gesetzten Fristen eingereicht.

48      Auf Vorschlag der Zweiten Kammer und nach Anhörung der Beteiligten gemäß Art. 51 seiner Verfahrensordnung hat das Gericht nach Art. 14 § 1 der Verfahrensordnung beschlossen, die Rechtssache an die Zweite erweiterte Kammer zu verweisen.

49      Auf Bericht des Berichterstatters hat das Gericht (Zweite erweiterte Kammer) beschlossen, die mündliche Verhandlung zu eröffnen.

50      Im Rahmen prozessleitender Maßnahmen nach Art. 64 der Verfahrensordnung hat das Gericht die Kommission auf entsprechenden Antrag des Königreichs Schweden gebeten, ein von ihr als „französische Studie“ bezeichnetes Dokument vorzulegen, und außerdem den Beteiligten schriftlich Fragen gestellt mit der Bitte um schriftliche Beantwortung einiger dieser Fragen vor der mündlichen Verhandlung. Die Kommission ist der Bitte um Vorlage der französischen Studie nachgekommen. Die Beteiligten haben ihre schriftlichen Antworten auf die Fragen innerhalb der ihnen gesetzten Fristen eingereicht.

51      Die Beteiligten haben in der Sitzung vom 3. Oktober 2006 mündlich verhandelt und die schriftlichen und mündlichen Fragen des Gerichts beantwortet.

 Anträge der Beteiligten

52      Das Königreich Schweden, unterstützt vom Königreich Dänemark, von der Republik Österreich und der Republik Finnland, beantragt,

–        die angefochtene Richtlinie für nichtig zu erklären;

–        der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

53      Die Kommission beantragt,

–        die Klage abzuweisen;

–        dem Königreich Schweden sowie dem Königreich Dänemark, der Republik Österreich und der Republik Finnland die Kosten aufzuerlegen.

 Entscheidungsgründe

54      Zur Begründung seiner Klage führt das Königreich Schweden, unterstützt durch die Streithelfer, zwei Gruppen von Klagegründen an. Die Klagegründe der ersten Gruppe, die sich auf das Verfahren beziehen, betreffen einen Verstoß gegen Art. 7 der Verordnung Nr. 3600/92, Art. 5 der Richtlinie 91/414 und Art. 174 Abs. 3 EG. Die Klagegründe der zweiten Gruppe betreffen einen Verstoß gegen Art. 5 der Richtlinie 91/414, den Grundsatz der Einbeziehung der Erfordernisse des Umweltschutzes, das Erfordernis eines hohen Schutzniveaus für die Umwelt und die menschliche Gesundheit und den Grundsatz der Vorsorge.

55      Die Kommission tritt jeder dieser Gruppen von Klagegründen entgegen.

56      Die Beteiligten haben außerdem Erwägungen in Bezug auf die wissenschaftlichen Erkenntnisse zu Paraquat vorgetragen, die nach den Angaben des Königreichs Schweden in der mündlichen Verhandlung, denen die Kommission insoweit nicht widersprochen hat, als Tatsachengrundlage für die in den Schriftsätzen ausdrücklich genannten Klagegründe und Argumente dienen.

I –  Zum Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse zu Paraquat

A –  Allgemeines

57      Das Königreich Schweden trägt vor, dass Paraquat – was die akute Toxizität betreffe – der für die Gesundheit gefährlichste Stoff sei, der je in Anhang I der Richtlinie 91/414 aufgenommen worden sei, da die von diesem Stoff verursachten Schädigungen irreversibel seien. Insoweit habe die Weltgesundheitsorganisation (WHO) darauf hingewiesen, dass Paraquat, wenn es in den Körper gelange oder sich in konzentrierter Form auf der Haut verteile, nach einiger Zeit schwerwiegende, wenn nicht sogar tödliche Folgen nach sich ziehe.

58      Die Einnahme von 2 Zentilitern konzentrierten Paraquats sei tödlich. Aus einer Studie über Todesfälle infolge von Pestizidvergiftungen in England und Wales zwischen 1980 und 1991 (im Folgenden: Thompson-Studie) gehe hervor, dass es während dieses Zeitraums trotz der Maßnahmen zur Gefahrverringerung, die die Antragstellerin seit den achtziger Jahren ergriffen habe, zu Unfällen mit Todesfolge gekommen sei. Diese Maßnahmen ließen daher eine unannehmbare Gefahr der Exposition mit dem Stoff bestehen, die zu irreversiblen Schädigungen oder zum Tod des Opfers führen könne.

59      Hinsichtlich der mit dem Einatmen des Stoffes verbundenen Gefahren habe eine mit sehr genauen Messmethoden durchgeführte Studie (im Folgenden: Dalvie-Studie) gezeigt, dass eine normale Verwendung von Paraquat über einen langen Zeitraum die Fähigkeit zur Aufnahme von Sauerstoff beeinträchtigen könne.

60      Außerdem seien tödliche Vergiftungen durch eine Exposition der Haut festgestellt worden. So gehe aus einer Studie (im Folgenden: Wesseling-Studie) hervor, dass sich ein Anwender nach dreieinhalbstündigem Versprühen mit einem undichten Gerät eine tödliche Exposition zuziehen könne. Insoweit weist die Republik Finnland auf den Fall eines Anwenders hin, dessen Hose bei einem Umfüllvorgang mit Paraquat befleckt worden sei und der 48 Stunden gewartet habe, bevor er den Fleck ausgewaschen habe. Zehn Tage nach dem Vorfall habe seine Lungentätigkeit ausgesetzt, und er sei am fünfzehnten Tag nach diesem Vorfall gestorben. Aus der Wesseling-Studie gehe außerdem hervor, dass es Zusammenhänge zwischen der Anwendung von Paraquat über einen längeren Zeitraum und Hautkrebs gebe.

61      Die Kommission erwidert, dass Paraquat keineswegs der schädlichste Stoff sei, der in Anhang I der Richtlinie 91/414 aufgenommen worden sei, und von der WHO als mittelmäßig giftig angesehen werde.

62      Was die mit der Einnahme des Stoffes verbundenen Gefahren betreffe, so ergebe sich aus den Daten zu den im Vereinigten Königreich zwischen 1980 und 1991 aufgetretenen Fällen einer Einnahme, die im Vorbericht enthalten seien und auf die sich das Königreich Schweden berufe, dass die Zahl der Fälle einer unbeabsichtigten Einnahme und der Todesfälle konstant zurückgegangen und – abgesehen von zwei ungeklärten Fällen im Jahr 1987 – im Vereinigten Königreich nach 1983 kein Todesfall verzeichnet worden sei, obwohl das Umsatzvolumen bei paraquathaltigen Mitteln konstant gewachsen sei. Zudem beschränke sich die Thompson-Studie auf den Hinweis, dass von 3 978 Todesfällen 33 durch paraquathaltige Pestizide verursacht worden seien, und bei der Mehrzahl dieser Fälle habe es sich um Selbstmord gehandelt.

63      Was die Folgen des Einatmens von Paraquat betreffe, so habe mit den üblichen Lungentests nachgewiesen werden können, dass sich bei länger dauernder Verwendung von Paraquat keine Auswirkungen auf die Atmungsfunktion, sondern auf die Fähigkeit zur Sauerstoffaufnahme einstelle. Aus der Dalvie-Studie gehe zudem hervor, dass die Auswirkungen einer dauerhaften Exposition mit schwach dosiertem Paraquat auf die Atemwege noch nicht vollständig nachgewiesen seien; diese Studie habe keinen Zusammenhang zwischen einer lang andauernden Exposition mit Paraquat und den angegebenen Symptomen herstellen können.

64      In Bezug auf die Folgen einer Exposition der Haut mit Paraquat schließlich werde in der Wesseling-Studie ausgeführt, dass Paraquat eines der weltweit am häufigsten verwendeten Pestizide sei, dass es in den meisten Ländern ohne Einschränkungen verwendet werde und dass es von den meisten Aufsichtsbehörden als sicher angesehen werde. Diese Studie berichte von einem tödlichen Unfall, bei dem der Rucksackbehälter, der das Paraquat enthalten habe, nicht dicht gewesen sei. Hierzu bemerkt die Kommission, dass in der Gemeinschaft bei der Ausbringung paraquathaltiger Pflanzenschutzmittel das Tragen von Schutzausrüstung vorgeschrieben sei. Die Wesseling-Studie sei daher im vorliegenden Fall irrelevant, da sie sich auf einen atypischen Fall beziehe. Dieser Studie sei auch nicht zu entnehmen, dass die Verwendung von Paraquat über einen langen Zeitraum einen Zusammenhang mit Hautkrebs aufweise. Darüber hinaus sehe die WHO Paraquat nicht als einen krebserregenden Stoff an.

B –  Zum Zusammenhang zwischen der Exposition mit Paraquat und der Parkinson-Krankheit

65      Das Königreich Schweden trägt vor, es gebe in der Literatur zur Neurotoxizität von Paraquat Hinweise auf einen Zusammenhang zwischen der Verwendung des Stoffs und dem Auftreten der Parkinson-Krankheit, einer bei Menschen vorkommenden neurodegenerativen Erkrankung, auch wenn das Bestehen eines sicheren Zusammenhangs zwischen der Verwendung von Paraquat und dieser Erkrankung nicht nachgewiesen sei. So gehe aus einer 2002 mit Mäusen durchgeführten Studie (im Folgenden: McCormack-Studie) hervor, dass Paraquat Schädigungen des Nervensystems, die als für die Parkinson-Krankheit charakteristisch angesehen würden, hervorrufen könne. Ferner berichte eine in den 90er Jahren durchgeführte Studie (im Folgenden: Hertzman-Studie) über die Bedeutung des Zusammenhangs zwischen der Exposition mit Paraquat und dem Auftreten der Parkinson-Krankheit.

66      Die Kommission vertritt im Wesentlichen die Ansicht, dass ein möglicher Zusammenhang zwischen Paraquat und der Parkinson-Krankheit nie nachgewiesen worden sei. So sei die Hertzman-Studie eine retrospektive Analyse der umweltbezogenen Risikofaktoren im Fall der Parkinson-Krankheit und gebe an, dass das Risiko bei Personen steige, die auf Obstplantagen oder in Hobelwerken gearbeitet hätten.

67      Die McCormack-Studie habe neugeborene, auf Anfälligkeit für die Parkinson-Krankheit hin gezüchtete Mäuse betroffen, denen eine hohe Dosis Paraquat injiziert worden sei. Diese Studie sei in toxikologischer Hinsicht für die menschliche Gesundheit irrelevant, da sie keine wirklichkeitsnahe Exposition widerspiegele, selbst wenn man von dem ungünstigsten Verwendungsszenario ausgehe. Die injizierten Dosen seien tausendmal höher gewesen als die durchschnittliche Tagesdosis und zweitausendmal höher als die annehmbare Anwenderexposition (Acceptable Operator Exposition Level, im Folgenden: AOEL-Grenzwert). Bei dieser Studie gehe es eher um eine Bewertung der Gefahr, die Paraquat möglicherweise darstelle, als um eine Bewertung der Risiken, denen ein Anwender bei Verwendung unter wirklichkeitsnahen Bedingungen ausgesetzt sei.

68      Ferner zeige eine Auswertung der Literatur, die sich mit dieser Frage befasse, dass es keinen Zusammenhang zwischen der Verwendung von Paraquat und der Parkinson-Krankheit gebe. Die Kommission bezieht sich insoweit u. a. auf eine Auswertung der wissenschaftlichen Literatur, die 2001 für das Advisory Committee on Pesticides (Beratender Ausschuss des Vereinigten Königreichs für Pestizide) vorgenommen worden sei (im Folgenden: Dewhurst-Auswertung). Dies ergebe sich außerdem aus epidemiologischen Studien, die in einem vom Antragsteller verfassten Memorandum erwähnt worden seien, das während der Sitzung des Ständigen Ausschusses im Juli 2003 in Umlauf gewesen sei.

C –  Zu den mathematischen Modellrechnungen und den Feldstudien in Bezug auf die Gefahr, der sich die Anwender mit der Verwendung von Paraquat aussetzen

69      Das Königreich Schweden ist der Ansicht, die mathematischen Modellrechnungen und die Feldstudien zur Verwendung von Paraquat belegten, dass diese Verwendung eine Gefahrenquelle darstelle.

70      Erstens zeigten die Modellrechnungen klar und deutlich, dass die Exposition mit Paraquat, der die Anwender ausgesetzt seien, den AOEL-Grenzwert überschreite. Die beiden Modellverfahren, die zur Berechnung der Paraquatexposition professioneller Anwender unter Berücksichtigung des Vorhandenseins oder Fehlens einer persönlichen Schutzausrüstung sowie der verschiedenen Methoden zur Ausbringung des Stoffes (mit Sprühgeräten, die auf dem Rücken getragen oder an einem Traktor angebracht seien) angewandt worden seien, ergäben, dass die Exposition, denen diese Anwender ausgesetzt seien, den festgelegten Grenzwert um das Vier‑ bis Hundertfache überschreite. Die errechneten Werte seien 20‑ bis 100‑mal höher als der AOEL-Grenzwert, wenn auf dem Rücken getragene Sprühgeräte von Arbeitern verwendet würden, die keine Schutzkleidung trügen, während die Werte, wenn beim Umgang mit dem Stoff und beim Versprühen Handschuhe getragen würden, ungefähr 60-mal höher seien als der AOEL-Grenzwert. Schließlich sei das Expositionsniveau selbst bei der Verwendung von Handschuhen, Atemschutzausrüstung, Overalls, breitkrempigen Hüten und festen Schuhen höher als der AOEL-Grenzwert.

71      Zweitens zeigten die Feldstudien, dass es Expositionen gebe, bei denen der AOEL-Grenzwert überstiegen werde.

72      So zeige eine in Sri Lanka durchgeführte Studie, bei der die Anwender keine Schutzausrüstung getragen hätten, dass die von der Haut aufgenommenen Mengen nach einfachen Analysemethoden 8‑ bis 18‑mal höher gewesen seien als der AOEL-Grenzwert. Die entsprechende, auf eine Urinanalyse gestützte Bewertung habe Expositionsniveaus ergeben, die 2‑ bis 8‑mal höher gewesen seien als der AOEL-Grenzwert.

73      Einer 1996 in Guatemala mit 20 Personen, die eine Schutzausrüstung verwendet hätten, durchgeführten Studie (im Folgenden: Studie aus Guatemala) sei zu entnehmen, dass einer der Anwender einem Expositionsniveau ausgesetzt gewesen sei, das 118 % des AOEL-Grenzwerts entspreche, obwohl er seine Schutzausrüstung getragen habe. Ferner werde in dieser Studie erwähnt, dass ein anderer Anwender, der ebenfalls seine Schutzausrüstung getragen habe, einem Expositionsniveau ausgesetzt gewesen sei, das 92,8 % des Grenzwerts entspreche, und dies, obwohl er der Studie zufolge den Stoff mit Umsicht verwendet habe.

74      Die Studie aus Guatemala sei relevant, da die angewandte Methode des Versprühens in Europa zum Einsatz komme. Das in dieser Studie festgestellte erhöhte Expositionsniveau rühre zwar daher, dass der betreffende Anwender den fraglichen Stoff in einer Hanglage versprüht habe; ein solcher Fall könne aber auch in Europa auftreten, da Paraquat vor allem auf Rebflächen und in Olivenhainen verwendet werde, von denen sich etwa 2,5 Mio. Hektar in Hanglagen befänden.

75      Eine Studie, die 1997 auf einer Zitrusplantage in Spanien durchgeführt worden sei und sich auf 20 Anwender mit Schutzausrüstung bezogen habe (im Folgenden: spanische Studie), zeige, dass die durchschnittliche Exposition bei 15 % des Grenzwerts gelegen habe, dass der 75. Perzentil 48 % des Grenzwerts entsprochen habe, dass die höchste Dosis, deren Absorption gemessen worden sei, 81 % des Grenzwerts entsprochen habe und 4 Anwender ein Expositionsniveau von mehr als 50 % des Grenzwerts aufgewiesen hätten.

76      Eine französische Studie, auf die sich die Kommission im Rahmen des Verfahrens vor dem Gericht berufen habe, belege ein unannehmbares Expositionsniveau. So gelange diese Studie ausweislich des Protokolls der Sitzung der Arbeitsgruppe des Ständigen Ausschusses vom Dezember 2002 zu dem Ergebnis, dass die Verwendung von Handgeräten zu einem unannehmbaren Expositionsniveau der Anwender führen könne. Aus dem Protokoll gehe außerdem hervor, dass in der französischen Studie empfohlen werde, die Verwendung von Paraquat in Gärten von Privatpersonen zu verbieten und eine Kontrolle der Anwender sicherzustellen.

77      Was schließlich die von der Kommission in ihren Schriftsätzen vor dem Gericht angeführten Angaben der Italienischen Republik und der Portugiesischen Republik betreffe, denen zufolge die mit Paraquat verbundenen Gefahren in diesen Mitgliedstaaten erfolgreich beherrscht würden, so würden diese Angaben durch keinen wissenschaftlichen Nachweis untermauert und beruhten ausschließlich auf der eigenen Erfahrung dieser Mitgliedstaaten.

78      Die Kommission vertritt die Ansicht, dass den mathematischen Modellrechnungen zur Exposition Feldstudien hätten folgen müssen, wenn die Modellrechnungen, wie im vorliegenden Fall, auf das Bestehen von Problemen hindeuteten. Zudem hätten die Feldstudien, wie der Wissenschaftliche Ausschuss in seinem Gutachten festgestellt habe, gezeigt, dass die theoretischen Modelle das tatsächliche Risiko in Arbeitssituationen überschätzt hätten.

79      Auf die Studien, die in Sri Lanka, Spanien und Guatemala durchgeführt seien, sei der berichterstattende Mitgliedstaat im Nachtrag zum Vorbericht eingegangen; aus seinen Kommentaren gehe hervor, dass der AOEL-Grenzwert nicht überschritten werde, wenn die für die Verwendung von Paraquat vorgesehenen Anwendungsbedingungen eingehalten würden.

80      Außerdem gelange die französische Studie zu dem Ergebnis, dass die Exposition durch Verwendung der für Traktoren bestimmten Geräte auf einem annehmbaren Niveau gehalten werden könne, während das Niveau bei der Verwendung von Handgeräten unannehmbar sein könne; in dieser Studie werde empfohlen, die Verwendung von Paraquat in Gärten von Privatpersonen zu verbieten und eine Kontrolle der Anwender sicherzustellen. Den von der Italienischen Republik und der Portugiesischen Republik mitgeteilten Daten sei außerdem zu entnehmen, dass die mit der Verwendung von Paraquat verbundenen Gefahren dort angemessen hätten beherrscht werden können.

D –  Zu den Auswirkungen von Paraquat auf die Tiergesundheit

81      Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass aus Feldstudien hervorgeht, dass Paraquat als für Hasen schädlich und tödlich angesehen werden muss. Es steht ebenfalls fest, dass eine Paraquatexposition von Eiern eine Gefahr für Vogelembryonen darstellen kann.

II –  Zu der Gruppe von Klagegründen, mit denen geltend gemacht wird, dass die Behandlung des Vorgangs gegen Art. 7 der Verordnung Nr. 3600/92, Art. 5 der Richtlinie 91/414 und Art. 174 Abs. 3 EG verstoße

A –  Vorbringen der Beteiligten

82      Das Königreich Schweden trägt vor, dass die Behandlung des Antrags auf Aufnahme von Paraquat schwere Mängel aufweise, mit denen gegen die Verfahren verstoßen worden sei, die in der Verordnung Nr. 3600/92, der Richtlinie 91/414 und Art. 174 Abs. 3 EG vorgesehen seien.

83      In erster Linie verstoße die Behandlung des Antrags auf Aufnahme von Paraquat gegen die in diesen Vorschriften vorgesehenen Verfahren hinsichtlich der Prüfung der Frage, ob zwischen Paraquat und der Parkinson-Krankheit ein Zusammenhang bestehe.

84      Erstens sei nämlich die Frage eines Zusammenhangs zwischen Paraquat und der Parkinson-Krankheit im Hinblick auf die Risikobewertung nie angesprochen worden, weder von der Antragstellerin noch vom berichterstattenden Mitgliedstaat oder der Kommission, obwohl es in der wissenschaftlichen Literatur, insbesondere in der Hertzman‑ und der McCormack-Studie, Hinweise darauf gebe, dass Paraquat das Nervensystem beeinträchtige.

85      Insbesondere die McCormack-Studie enthalte wesentliche Informationen über die Fähigkeit von Paraquat, die Nervenzellen des Gehirns (speziell die Dopamin ausschüttenden Nervenzellen, die sich in der Pars compacta der Substantia nigra befänden) zu schädigen oder sogar zu zerstören, und Schädigungen dieser Nervenzellen seien allgemein als Hauptursache für die Parkinson-Krankheit beim Menschen anerkannt.

86      Zweitens hätte es, damit angenommen werden könne, dass die Dokumentation über den Zusammenhang zwischen der Verwendung von Paraquat und der Parkinson-Krankheit berücksichtigt und geprüft worden sei, zunächst eines Hinweises darauf im Protokoll der Sitzung des Ständigen Ausschusses bedurft. Obwohl bestimmte Informationen, insbesondere die Hertzman- und die McCormack-Studie, in der Sitzung der Arbeitsgruppe des Ständigen Ausschusses vom Juli 2003 verteilt worden seien, würden Diskussionen hierüber im Protokoll dieser Sitzung nicht erwähnt. Ferner hätte die Dokumentation über den Zusammenhang zwischen der Verwendung von Paraquat und der Parkinson‑Krankheit Gegenstand einer schriftlichen Bewertung durch den berichterstattenden Mitgliedstaat sein müssen, was nicht der Fall gewesen sei. Schließlich hätte der berichterstattende Mitgliedstaat den anderen Mitgliedstaaten Gelegenheit geben müssen, sich zu seiner Bewertung zu äußern, was im vorliegenden Fall nicht geschehen sei.

87      Drittens seien die Artikel über das Fehlen eines Zusammenhangs zwischen Paraquat und der Parkinson‑Krankheit, auf die die Kommission in ihren Schriftsätzen vor dem Gericht verweist, während des Verfahrens, das zum Erlass der angefochtenen Richtlinie geführt habe, nicht verfügbar gewesen, da sie – im Gegensatz zu anderen Dokumenten, die für die Bewertung des streitigen Wirkstoffs herangezogen worden seien – nicht auf der internen Website der Kommission „Communication & Information Resource Center Administrator (CIRCA)“ zugänglich gewesen seien. Insbesondere sei der Inhalt dieser Artikel bei der Behandlung des Antrags auf Aufnahme von Paraquat nicht angesprochen oder diskutiert worden. Insoweit ließen die beim Gericht eingereichten Schriftsätze der Kommission nicht eindeutig den Kontext erkennen, in dem dieses Organ die Analyse und die Bewertung der Dokumente, auf die es verweise, vorgenommen habe.

88      Viertens sei die Frage eines Zusammenhangs zwischen Paraquat und der Parkinson-Krankheit komplexer Natur. Dementsprechend hätte eine angemessene Prüfung der Frage, ob Paraquat in Anhang I der Richtlinie 91/414 aufgenommen werde, auch eine vorherige Anhörung des Wissenschaftlichen Ausschusses erfordert. Da die Kommission versäumt habe, diesen Ausschuss anzuhören, habe sie bei der Behandlung des Vorgangs einen offensichtlichen Fehler begangen und gegen Art. 174 Abs. 3 EG, Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 91/414, Teil A Ziff. 2 Buchst. c des Anhangs VI dieser Richtlinie und Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 3600/92 verstoßen.

89      In zweiter Linie habe die Kommission bei der Prüfung der französischen Studie sowie der Daten, die die Italienische Republik und die Portugiesische Republik übermittelt hätten, die in der Verordnung Nr. 3600/92 vorgesehenen Verfahren nicht eingehalten.

90      Hierzu trägt das Königreich Schweden vor, dass es erst bei der Lektüre der Klagebeantwortung Kenntnis von der Bedeutung erlangt habe, die diese Studien und Daten für die Bewertung der Kommission gehabt hätten.

91      Ferner sei die Information, dass die mit der Verwendung von Paraquat verbundenen Gefahren in Portugal und Italien erfolgreich beherrscht würden, in zwei Sitzungen der Arbeitsgruppe des Ständigen Ausschusses mündlich mitgeteilt worden, ohne dass ein Hinweis auf eine Studie oder irgendeinen wissenschaftlichen Bericht erfolgt sei. Damit aber Daten in eine Risikobewertung einbezogen werden könnten, müssten sie in schriftlichen wissenschaftlichen Unterlagen enthalten sein, die sich für eine Diskussion eigneten.

92      Zudem sei die französische Studie mündlich zusammengefasst in einer Sitzung der Arbeitsgruppe des Ständigen Ausschusses vorgestellt und den Mitgliedstaaten nicht zur Verfügung gestellt worden. Im Übrigen habe der berichterstattende Mitgliedstaat nicht angegeben, ob diese Studie überhaupt Gegenstand einer Prüfung gewesen sei. Soweit die Studie berücksichtigt worden sei, hätte der berichterstattende Mitgliedstaat gemäß der Verordnung Nr. 3600/92 dafür sorgen müssen, dass die anderen Mitgliedstaaten sie zur Kenntnis hätten nehmen können, bevor irgendeine Entscheidung getroffen worden sei.

93      Schließlich hätte die französische Studie in schriftlicher Form verfügbar sein und entsprechend den Vorschriften der Verordnung Nr. 3600/92 zu einer Debatte und gemeinsamen Bewertung führen müssen, bevor abschließend festgestellt worden sei, dass die Risiken bei einer speziellen Verwendung annehmbar seien. Zudem hätte die französische Studie, da sie unannehmbare Risiken bei bestimmten Verwendungen von Paraquat anführe, dem Wissenschaftlichen Ausschuss zur Stellungnahme zugesandt werden müssen.

94      Die Republik Finnland ergänzt im Wesentlichen, dass weder der Wissenschaftliche Ausschuss noch der Ständige Ausschuss über Studien zu den Auswirkungen von Paraquat auf Wasserorganismen verfügt hätten.

95      Die Kommission trägt zunächst vor, dass es nach Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 3600/92 der berichterstattende Mitgliedstaat sei, der alle verfügbaren Informationen prüfen müsse. Zwar liege die Verantwortung für die Koordinierung der Behandlung des Vorgangs, die abschließende Bewertung und den Erlass der Entscheidung auf Gemeinschaftsebene bei der Kommission. Jedoch hätten die Mitgliedstaaten einen erheblichen Einfluss auf die Behandlung des Vorgangs.

96      Hinsichtlich des möglichen Zusammenhangs zwischen Paraquat und der Parkinson-Krankheit seien alle Informationen, auf die das Königreich Schweden verweise, ebenso wie weitere Informationen sowohl von ihr als auch vom berichterstattenden Mitgliedstaat berücksichtigt worden. Insoweit räume das Königreich Schweden selbst ein, dass bestimmte Informationen über den Zusammenhang zwischen Paraquat und der Parkinson-Krankheit in der Sitzung des Ständigen Ausschusses vom Juli 2003 verbreitet und erörtert worden seien. So würden die Hertzman‑ und die McCormack-Studie im Fact Sheet der Organisation Pestizid Aktions-Netzwerk e.V. (PAN), das während der Zusammenkunft des Ständigen Ausschusses im Juli 2003 verfügbar gewesen sei, zitiert.

97      Ferner habe der berichterstattende Mitgliedstaat – wie aus einer an die Kommission gerichteten E-Mail einer zuständigen Behörde dieses Mitgliedstaats vom 23. Mai 2003 hervorgehe – die Relevanz der Dokumente, die Paraquat im Zusammenhang mit der Parkinson-Krankheit anführten, bewertet und sei zu dem Ergebnis gelangt, dass es keine hinreichenden Gründe gebe, um diese Dokumente bei der Prüfung der Frage, ob Paraquat in Anhang I der Richtlinie 91/414 aufgenommen werden könne, zu berücksichtigen. Darüber hinaus hat die Kommission in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht, dass die Bewertung, die der berichterstattende Mitgliedstaat vorgenommen habe, auf die Dewhurst-Auswertung gestützt sei.

98      Zudem bestehe keine Verpflichtung des Inhalts, dass der Beurteilungsbericht der Kommission alle Informationen oder Unterlagen enthalten müsse, die im Verlauf der Bewertung erörtert worden seien, da die Kommission nicht verpflichtet sei, auf alle sachlichen und rechtlichen Fragen einzugehen, die von den einzelnen Beteiligten während des Verwaltungsverfahrens aufgeworfen worden seien.

99      Was die französische Studie und die Angaben der Italienischen Republik und der Portugiesischen Republik betreffe, so seien die Rügen, die sich auf Verfahrensverstöße bei der Prüfung der Studie und der Angaben bezögen, verspätet im Sinne von Art. 48 § 2 der Verfahrensordnung, da sie erst im Stadium der Erwiderung erhoben worden seien. Die in der Erwiderung angeführten Umstände seien dem Königreich Schweden bei der Untersuchung der Angelegenheit bekannt gewesen und hätten deshalb in der Klageschrift angeführt werden können.

100    Hilfsweise bestreitet die Kommission, bei der Behandlung der französischen Studie und den Angaben der Italienischen Republik und der Portugiesischen Republik gegen wesentliche Formvorschriften verstoßen zu haben. Insoweit führt sie zunächst erneut das Argument an, Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 3600/92 sei an den berichterstattenden Mitgliedstaat und nicht an sie gerichtet. Diese Vorschrift sehe ferner kein Erfordernis vor, dass jeder Bewertungsvorgang ein schriftlicher wissenschaftlicher Vorgang sein und auf einer schriftlichen Dokumentation beruhen müsse. Außerdem bestehe für die Kommission keine allgemeine Pflicht, den Wissenschaftlichen Ausschuss anzuhören, und dies umso weniger, als die von den Mitgliedstaaten erteilten Auskünfte technisch nicht so komplex gewesen seien, dass es einen besonderen Grund dafür gegeben habe, den Wissenschaftlichen Ausschuss anzuhören. Schließlich hätten die Angaben der Italienischen Republik und der Portugiesischen Republik ebenso wie die französische Studie die Schlussfolgerungen des berichterstattenden Mitgliedstaats, des Ständigen Ausschusses und des Wissenschaftlichen Ausschusses bestätigt, so dass für die Kommission kein besonderer Grund bestanden habe, den Wissenschaftlichen Ausschuss erneut anzuhören.

101    Was schließlich das Vorbringen der Republik Finnland betrifft, dass weder der Wissenschaftliche Ausschuss noch der Ständige Ausschuss über Studien zu den Auswirkungen von Paraquat auf Wasserorganismen verfügt hätten, vertritt die Kommission im Wesentlichen die Ansicht, dass die von der Richtlinie 91/414 geforderten Studien berücksichtigt und analysiert worden seien und dass ein Mitgliedstaat, wenn er der Ansicht gewesen sei, dass bestimmte wichtige Informationen in die Bewertungsunterlagen hätten einbezogen werden müssen, darauf im Rahmen des Bewertungsverfahrens hätte aufmerksam machen müssen, was die Republik Finnland nicht getan habe.

B –  Würdigung durch das Gericht

102    An erster Stelle ist die Rüge einer angeblich mangelhaften Behandlung der Frage eines möglichen Zusammenhangs zwischen der Exposition mit Paraquat und der Parkinson-Krankheit zu prüfen.

103    Insoweit ist zunächst festzustellen, dass der Beurteilungsbericht der Kommission angibt, es gebe keinen Anhaltspunkt für eine Neurotoxizität von Paraquat.

104    Im Rahmen der Prüfung des vorliegenden Klagegrunds genügt es, zu untersuchen, ob das Verfahren, aufgrund dessen die Kommission zu einer solchen Aussage gelangt ist, den in den Vorschriften, deren Verletzung vom Königreich Schweden gerügt wird, enthaltenen Anforderungen an das Verfahren entspricht.

105    Insoweit ist daran zu erinnern, dass nach Art. 7 Abs. 1 Buchst. a und b der Verordnung Nr. 3600/92 der berichterstattende Mitgliedstaat die in Art. 6 Abs. 2 dieser Verordnung genannten Unterlagen prüfen und der Kommission einen Bericht über diese Unterlagen übermitteln muss. Nach Art. 6 der Verordnung 3600/92 ist der Antragsteller verpflichtet, der zuständigen Behörde des berichterstattenden Mitgliedstaats eine Zusammenfassung der Unterlagen zu übermitteln, die für alle Punkte in Anhang II der Richtlinie 91/414 die verfügbaren Zusammenfassungen und Versuchsergebnisse oder stattdessen entweder eine Darlegung der Gründe, aus denen diese Angaben zur Bewertung eines Wirkstoffs hinsichtlich der Kriterien des Art. 5 dieser Richtlinie nicht erforderlich sind, oder aber eine Verpflichtung umfasst, die fehlenden Angaben zu einem späteren Zeitpunkt nachzureichen. Anhang II der Richtlinie 91/414 enthält eine Ziffer 5.7., wonach bei Stoffen mit ähnlicher oder verwandter Struktur wie der von verzögert neurotoxisch wirkenden Stoffen wie Organophosphatverbindungen Prüfungen auf verzögerte Neurotoxizität durchzuführen sind.

106    Im vorliegenden Fall ist mit dem Königreich Schweden darauf hinzuweisen, dass die Frage des Zusammenhangs zwischen Paraquat und der Parkinson-Krankheit von der Antragstellerin nie erwähnt wurde. Außerdem ergibt sich aus dem Vorbericht, dass die Antragstellerin dem berichterstattenden Mitgliedstaat keine Daten in Bezug auf die Neurotoxizität von Paraquat geliefert und auch keinen Grund genannt hatte, weshalb Angaben zu diesem Punkt nicht vorzulegen gewesen wären. Darüber hinaus hatte der berichterstattende Mitgliedstaat, obwohl er die Antragstellerin nach Art. 7 Abs. 2 der Verordnung Nr. 3600/92 hätte auffordern können, seine Unterlagen zu verbessern oder zu ergänzen, von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch gemacht. In seinem Vorbericht gibt der berichterstattende Mitgliedstaat nämlich ausdrücklich an, dass die Angaben der Antragstellerin zu den toxikologischen Aspekten von Paraquat für die Aufnahme dieses Stoffes in Anhang I der Richtlinie 91/414 ausreichten.

107    Zwar trägt die Kommission im Rahmen des vorliegenden Verfahrens vor, der berichterstattende Mitgliedstaat habe auf Grundlage der Dewhurst-Auswertung tatsächlich geprüft, ob die Dokumente, die Paraquat im Zusammenhang mit der Parkinson-Krankheit erwähnten, relevant seien, und sei zu dem Ergebnis gelangt, dass es keine hinreichenden Gründe gebe, diese Dokumente bei der Prüfung der Frage, ob Paraquat in Anhang I der Richtlinie 91/414 aufgenommen werden könne, zu berücksichtigen (vgl. Randnr. 97 des vorliegenden Urteils).

108    Jedoch ist festzustellen, dass diese Prüfung – selbst wenn man davon ausgeht, dass sie tatsächlich stattgefunden hat, worauf die E-Mail vom 23. Mai 2003, auf die sich die Kommission bezieht, sowie die Dewhurst-Auswertung, die in den Akten des vorliegenden Verfahrens enthalten ist, hindeuten – nicht die in Art. 7 der Verordnung Nr. 3600/92 vorgesehenen Anforderungen erfüllt. Denn wie das Königreich Schweden von der Kommission insoweit unwidersprochen vorträgt (vgl. Randnr. 65 des vorliegenden Urteils), sind in der Literatur zur Neurotoxizität von Paraquat Hinweise auf einen Zusammenhang zwischen der Verwendung des Stoffs und dem Auftreten der Parkinson-Krankheit enthalten. Wenn folglich der berichterstattende Mitgliedstaat die Literatur zum möglichen Zusammenhang zwischen der Parkinson-Krankheit und Paraquat bewertet hat, so fand diese Bewertung im Rahmen der Prüfung der Neurotoxizität von Paraquat statt. Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 3600/92 verlangt, dass die vom berichterstattenden Mitgliedstaat vorgenommene Bewertung eines Wirkstoffs in einen Bericht an die Kommission einfließt, der gemäß Art. 7 Abs. 3 dieser Verordnung an den Ständigen Ausschuss und die anderen Mitgliedstaaten zur Information weitergeleitet werden muss.

109    Im vorliegenden Fall enthielten aber die Berichte des berichterstattenden Mitgliedstaats, wie das Königreich Schweden von der Kommission insoweit unwidersprochen vorträgt (vgl. Randnr. 86 des vorliegenden Urteils), keine Bewertung der Literatur zu einem möglichen Zusammenhang zwischen Paraquat und der Parkinson-Krankheit. Im Übrigen weist die Kommission nicht nach und behauptet noch nicht einmal, dass eine solche Bewertung dem Ständigen Ausschuss mitgeteilt worden sei.

110    In Anbetracht des Vorstehenden ist davon auszugehen, dass die im Beurteilungsbericht der Kommission enthaltene Aussage, es gebe keinen Anhaltspunkt für eine Neurotoxizität von Paraquat, auf einer Behandlung des Vorgangs beruht, die nicht die Anforderungen erfüllt, die in Art. 7 der Verordnung Nr. 3600/92 an das Verfahren gestellt werden. Die Rüge eines Verfahrensfehlers in Bezug auf die Prüfung eines möglichen Zusammenhangs zwischen Paraquat und der Parkinson-Krankheit greift daher durch, ohne dass es erforderlich wäre, die weiteren im Rahmen dieser Rüge vorgetragenen Argumente zu prüfen.

111    An zweiter Stelle ist auf die Rügen eines Verfahrensfehlers in Bezug auf die Prüfung der französischen Studie und der von der Italienischen Republik und der Portugiesischen Republik mitgeteilten Angaben einzugehen.

112    Insoweit ist zunächst die von der Kommission hinsichtlich dieser Rügen erhobene Einrede der Unzulässigkeit zu prüfen.

113    Nach Art. 48 § 2 der Verfahrensordnung können neue Angriffs‑ und Verteidigungsmittel im Laufe des Verfahrens nicht mehr vorgebracht werden, es sei denn, sie werden auf rechtliche oder tatsächliche Gründe gestützt, die erst während des Verfahrens zutage getreten sind.

114    Wie die Kommission vorträgt (vgl. Randnr. 99 des vorliegenden Urteils), macht das Königreich Schweden, indem es in seiner Erwiderung ausführt, dass die von der Italienischen Republik und der Portugiesischen Republik mitgeteilten Angaben und die französische Studie in schriftlicher Form hätten verfügbar sein und an den Wissenschaftlichen Ausschuss weitergeleitet werden müssen, Angriffsmittel geltend, die nicht in der Klageschrift enthalten und daher im Sinne von Art. 48 § 2 der Verfahrensordnung neu sind.

115    Außerdem steht fest, dass die von der Italienischen Republik und der Portugiesischen Republik erteilten Auskünfte in Sitzungen der Arbeitsgruppe des Ständigen Ausschusses mündlich mitgeteilt worden sind und die französische Studie in den Protokollen von Sitzungen dieser Arbeitsgruppe im Dezember 2002 und Februar 2003 erwähnt worden ist. Die Existenz dieser Auskünfte und dieser Studie ist daher kein Grund, der erst während des Verfahrens vor dem Gericht zutage getreten ist.

116    Das Königreich Schweden macht die in der vorstehenden Randnr. 114 genannten neuen Angriffsmittel jedoch nur insoweit geltend, als die Kommission in ihrer Klagebeantwortung vorträgt, dass den von der Italienischen Republik und der Portugiesischen Republik erteilten Auskünften sowie der französischen Studie eine gewisse Bedeutung für die Aufnahme von Paraquat in Anhang I der Richtlinie 91/414 zugekommen sei.

117    Es ist davon auszugehen, dass die Umstände, unter denen die fraglichen Auskünfte und die betreffende Studie berücksichtigt wurden, in keiner Weise auf die Bedeutung hingewiesen haben, die diesen von der Kommission für die Aufnahme von Paraquat in Anhang I der Richtlinie 91/414 beigemessen wurde. Denn wie das Königreich Schweden von der Kommission insoweit unwidersprochen vorträgt (vgl. Randnr. 77 des vorliegenden Urteils), bestanden die Auskünfte der Italienischen Republik und der Portugiesischen Republik in der schlichten Behauptung, dass die mit Paraquat verbundenen Gefahren nach der Erfahrung jedes dieser beiden Mitgliedstaaten erfolgreich hätten beherrscht werden können, ohne dass eine Studie oder ein schriftliches Dokument vorgelegt worden wäre, dass diese Behauptungen hätte untermauern können. Zudem steht fest, dass die französische Studie dem Ständigen Ausschuss nur mündlich und summarisch vorgestellt und den Vertretern der Mitgliedstaaten im Ständigen Ausschuss nicht zur Verfügung gestellt worden ist. Unter diesen Umständen ist davon auszugehen, dass die Bedeutung, die den fraglichen Auskünften und der betreffenden Studie für die Aufnahme von Paraquat in Anhang I der Richtlinie 91/414 beigemessen worden sein soll, ein tatsächlicher Grund ist, der erst während des Verfahrens vor dem Gericht zutage getreten ist. Demzufolge sind die Rügen, die hinsichtlich der Behandlung der französischen Studie und der Auskünfte der Italienischen Republik und der Portugiesischen Republik geltend gemacht werden, nach Art. 48 § 2 der Verfahrensordnung zulässig.

118    In Bezug auf die Begründetheit dieser Rügen sind in erster Linie die Rügen zu prüfen, die hinsichtlich der Behandlung der französische Studie geltend gemacht werden.

119    Insoweit ist zunächst daran zu erinnern, dass die Kommission die französische Studie als wichtigen Faktor für die Bewertung von Paraquat anführt und betont, dass diese Studie zu dem Ergebnis gelange, dass die Anwenderexposition durch Verwendung der für Traktoren bestimmten Geräte auf einem annehmbaren Niveau gehalten werden könne, während das Niveau bei der Verwendung von Handgeräten unannehmbar werden könne, und dass in dieser Studie empfohlen werde, die Verwendung von Paraquat in Gärten von Privatpersonen zu verbieten und eine Kontrolle der Anwender sicherzustellen.

120    Die Beteiligten sind sich ferner darin einig, dass es keine schriftliche Bewertung der französischen Studie gibt und diese Studie dem Wissenschaftlichen Ausschuss nicht zur Stellungnahme übermittelt wurde. Zudem ermöglicht, wie das Königreich Schweden feststellt, nichts in den Akten den Nachweis, dass der berichterstattende Mitgliedstaat von der französischen Studie Kenntnis genommen hat und diese Studie geprüft hat, bevor eine Entscheidung über die Aufnahme von Paraquat in Anhang I der Richtlinie getroffen wurde.

121    Da folglich nicht erwiesen ist, dass dem Ständigen Ausschuss ein Bericht des berichterstattenden Mitgliedstaats über die französische Studie übermittelt wurde, ist festzustellen, dass die Behandlung dieser Studie, die nach dem Vortrag der Kommission für deren Bewertung von Paraquat wichtig war, nicht den Anforderungen entspricht, die in Art. 7 der Verordnung Nr. 3600/92 an das Verfahren gestellt werden. Wie bereits in Randnr. 108 des vorliegenden Urteils ausgeführt worden ist, verlangt Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 3600/92 insbesondere, dass die vom berichterstattenden Mitgliedstaat vorgenommene Bewertung in einen Bericht an die Kommission einfließt, der gemäß Art. 7 Abs. 3 dieser Verordnung an den Ständigen Ausschuss und die anderen Mitgliedstaaten zur Information weitergeleitet werden muss.

122    Darüber hinaus unterscheidet sich die Behandlung der französischen Studie erheblich von der Behandlung der Studien zum Niveau der Paraquatexposition von Anwendern, die in Sri Lanka, Guatemala und Spanien durchgeführt wurden. Denn diese Studien, in deren ersten beiden Fälle belegt werden, in denen die Exposition des Anwenders höher war als der AOEL-Grenzwert, sind alle vom berichterstattenden Mitgliedstaat geprüft worden. Ihre Prüfung durch diesen Mitgliedstaat war Gegenstand einer schriftlichen Zusammenfassung, die im Vorbericht bzw. im Nachtrag hierzu enthalten ist. Außerdem wurden diese Berichte dem Ständigen Ausschuss sowie dem Wissenschaftlichen Ausschuss vorgelegt.

123    Da der französischen Studie nach Angaben der Kommission eine gewisse Bedeutung für die Bewertung von Paraquat zukam, hätte sie einem Prüfungsverfahren unterzogen werden müssen, das dem für die Bewertung der Studien aus Sri Lanka, Guatemala und Spanien angewandten gleichkommt, und zwar einschließlich der Prüfung durch den Wissenschaftlichen Ausschuss.

124    Was in zweiter Linie die Behandlung der Auskünfte der Italienischen Republik und der Portugiesischen Republik betrifft, so ist festzustellen, dass die Akten keinen Hinweis darauf enthalten, dass diese Auskünfte, die von der Kommission als wichtig angesehen worden sind, Gegenstand eines Berichts des berichterstattenden Mitgliedstaats waren. Aus den bereits in den Randnrn. 108 und 121 des vorliegenden Urteils genannten Gründen stellt das Fehlen eines solchen Berichts einen Verstoß gegen Art. 7 der Verordnung Nr. 3600/92 dar.

125    Dementsprechend greifen die Rügen in Bezug auf Verfahrensfehler bei der Behandlung der französischen Studie und der von der Italienischen Republik und der Portugiesischen Republik erteilten Auskünfte durch.

126    Nach alledem ist dem Klagegrund, mit dem geltend gemacht wird, dass die Angelegenheit unter Verstoß gegen Art. 7 der Verordnung Nr. 3600/92 behandelt worden sei, stattzugeben, wobei die anderen verfahrensbezogenen Angriffs‑ und Verteidigungsmittel, Rügen und Argumente der Beteiligten dahingestellt bleiben können.

III –   Zu der Gruppe von Klagegründen, die einen Verstoß gegen Art. 5 der Richtlinie 91/414, das Erfordernis der Einbeziehung des Umweltschutzes, den Grundsatz eines hohen Schutzniveaus und den Grundsatz der Vorsorge betreffen

127    Diese Gruppe von Klagegründen gliedert sich in zwei Teile, deren erster den Schutz der menschlichen Gesundheit und der zweite den Schutz der Tiergesundheit betrifft.

128    Darüber hinaus haben die Beteiligten eine Reihe von Erwägungen zur Tragweite der Grundsätze der Einbeziehung des Umweltschutzes, der Vorsorge und eines hohen Schutzniveaus vorgetragen, zu denen das Königreich Schweden in der mündlichen Verhandlung von der Kommission insoweit unwidersprochen angegeben hat, dass sie nur zur Untermauerung anderweitig ausdrücklich geltend gemachter Klagegründe und Argumente dienten.

A –  Zum ersten Teil: Schutz der menschlichen Gesundheit

1.     Vorbringen der Parteien

129    Das Königreich Schweden trägt, unterstützt durch die Streithelfer, vor, die Kommission habe bei der Prüfung der Gefahren, die die Verwendung von Paraquat für die menschliche Gesundheit mit sich bringe, den Grundsatz der Vorsorge, den Grundsatz eines hohen Schutzniveaus und den Grundsatz der Einbeziehung sowie Art. 5 der Richtlinie 91/414 und die besonderen Anforderungen des Anhangs VI verkannt. Insoweit habe die Kommission eindeutig die Grenzen ihres Ermessens überschritten. Das Königreich Schweden macht hierzu, unterstützt von den Streithelfern, drei Rügen geltend, denen die Kommission entgegentritt.

a)     Zur Rüge einer den AOEL-Grenzwert übersteigenden Anwenderexposition

130    Das Königreich Schweden führt, unterstützt durch das Königreich Dänemark, in erster Linie aus, dass bei der Prüfung eines Wirkstoffs nach Art. 5 der Richtlinie 91/414 die in Anhang VI vorgesehenen einheitlichen Grundsätze anwendbar seien, die die Mitgliedstaaten im Rahmen der nationalen Verfahren zur Zulassung von Pflanzenschutzmitteln heranzögen.

131    Art. 5 der Richtlinie 91/414 verweise nämlich zumindest indirekt auf die Kriterien des Anhangs VI. Nach Art. 5 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 91/414 gälten bei der Bewertung eines Wirkstoffs die in Art. 4 Abs. 1 Buchst. b Ziff. iv und v dieser Richtlinie niedergelegten grundlegenden Anforderungen. Es sei jedoch nicht möglich, die Einhaltung dieser grundlegenden Anforderungen zu beurteilen, ohne die Grundsätze des Anhangs VI anzuwenden, die den Inhalt dieser Bestimmungen festlegten.

132    Die Anwendbarkeit der einheitlichen Grundsätze des Anhangs VI ergebe sich außerdem aus einer Praxis der Kommission, die in Ermangelung spezieller Leitlinien hinsichtlich der Einhaltung der Anforderungen des Art. 5 der Richtlinie 91/414 stets die Kriterien des Anhangs VI anwende.

133    In zweiter Linie macht das Königreich Schweden geltend, dass die Modellrechnungen und Feldstudien eindeutig belegten, dass das Schutzniveau nicht den in Teil C Ziff. 2.4.1.1 des Anhangs VI zum Ausdruck gekommenen Anforderungen genüge, wonach die Exposition des Anwenders bei der Handhabung und Anwendung des Pflanzenschutzmittels gemäß den vorgeschlagenen Bedingungen, einschließlich Dosis und Anwendungsmethode, nicht höher als der AOEL-Grenzwert sein dürfe. Aufgrund der Überschreitung dieses Grenzwerts habe die Kommission daher gegen Anhang VI bei der Prüfung von Paraquat, gegen Art. 5 der Richtlinie 91/414 und gegen den Grundsatz eines hohen Schutzniveaus verstoßen.

134    Die Republik Finnland trägt ergänzend vor, dass die neurologischen Wirkungen von Paraquat, wie sie sich aus wissenschaftlichen Studien zur Festlegung des AOEL-Grenzwerts und der für die Anwender annehmbaren Tagesdosis ergäben, hätten berücksichtigt werden müssen. Da die Studien zu den neurologischen Wirkungen von Paraquat nicht berücksichtigt worden seien, seien der AOEL-Grenzwert und die annehmbare Tagesdosis, die für die Bewertung der Risiken für die Anwender festgesetzt worden seien, zu hoch.

135    Die Kommission bestreitet das Vorbringen, dass sie bei ihrer Bewertung von Paraquat die einheitlichen Grundsätze des Anhangs VI hätte anwenden müssen.

136    Zunächst verweise Art. 5 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 91/414 auf Art. 4 Abs. 1 Buchst. b Ziff. iv und v dieser Richtlinie, der Anhang VI nicht erwähne. Demzufolge sei die Kommission nicht förmlich verpflichtet, bei der Bewertung eines Wirkstoffs die einheitlichen Grundsätze dieses Anhangs anzuwenden. Wie die Kommission sodann sinngemäß vorträgt, werde sie zwar durch diese Grundsätze nicht verpflichtet, könne diese aber bei der Bewertung eines Wirkstoffs berücksichtigen.

137    Die Gefahr der Willkür, die sich nach Ansicht des Königreichs Schweden aus der Nichtanwendung der Grundsätze des Anhangs VI ergebe, sei in Anbetracht des Umfangs der Bewertungsmaßnahmen, denen ein Wirkstoff gemäß den Rechtsvorschriften über Pflanzenschutzmittel unterzogen werde, nicht besonders wahrscheinlich.

138    Auf das Argument der Republik Finnland, dass die Sicherheitsfaktoren, die der AOEL-Grenzwert und die annehmbare Tagesdosis darstellten, zu hoch festgelegt worden seien, weil die neurologischen Wirkungen von Paraquat nicht berücksichtigt worden seien, entgegnet die Kommission, dass ihrer Ansicht nach kein Anlass bestanden habe, die Wirkungen von Paraquat in Bezug auf die Parkinson-Krankheit zu bewerten, und kein Mitgliedstaat einen solchen Antrag gestellt habe.

b)     Zur Rüge, dass die wissenschaftlichen Unterlagen nicht hinreichend beweiskräftig gewesen seien, um eine erhebliche Gefährdung der menschlichen Gesundheit durch Paraquat auszuschließen

139    Das Königreich Schweden widerspricht der Auffassung der Kommission, wonach den wissenschaftlichen Unterlagen zu entnehmen sei, dass Paraquat keine erhebliche Gefahr für die menschliche Gesundheit darstelle.

140    Insoweit trägt das Königreich Schweden, unterstützt durch das Königreich Dänemark, in erster Linie vor, dass sich aus Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 91/414 ergebe, dass ein Stoff nur in Anhang I der Richtlinie 91/414 aufgenommen werden könne, wenn ohne jeden vernünftigen Zweifel nachgewiesen sei, dass ein Mittel, das den Wirkstoff enthalte, in zumindest einem repräsentativen Anwendungsbereich gefahrlos verwendet werden könne. Ein derartiger Beweis müsse auf einer Risikobewertung beruhen, die durch wissenschaftliche Unterlagen gestützt werde.

141    Das Königreich Dänemark bestreitet, dass dem Wortlaut von Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 91/414 entnommen werden könne, dass die Kommission einer in der Weise abgeschwächten Beweispflicht unterworfen sei, dass eine bloße – ungewisse oder theoretische – Möglichkeit, dass ein Mittel, das den Wirkstoff enthalte, annehmbar sein könnte, ausreiche, um die Aufnahme des betreffenden Wirkstoffs in Anhang I der Richtlinie 91/414 zuzulassen. Gebe es Anhaltspunkte dafür, dass ein bestimmter Wirkstoff eine Gefahr besonderer Art für die menschliche Gesundheit oder die Umwelt darstellen könnte, müssten vor einer Entscheidung über die Aufnahme des Wirkstoffs in Anhang I ausreichend Informationen gesammelt werden, um diese Gefahr wissenschaftlich zu bewerten, und die Wirksamkeit möglicher Anwendungsbeschränkungen müsse mit derselben wissenschaftlichen Genauigkeit beurteilt werden.

142    Im vorliegenden Fall lassen die wissenschaftlichen Unterlagen nach Ansicht des Klägers nicht den Schluss zu, dass Paraquat die Anforderungen des Art. 5 der Richtlinie 91/414 erfülle.

143    Zunächst belegten die mathematischen Modellrechnungen klar und deutlich, dass die Paraquatexposition der Anwender über dem festgelegten Grenzwert liege. Die Studie aus Guatemala und die französische Studie belegten ein unannehmbares Expositionsniveau für die Anwender, und nur die spanische Studie gelange zu dem Ergebnis, dass das Expositionsniveau annehmbar sei.

144    Ferner seien weder die Studie aus Guatemala noch die französische Studie in angemessener Weise berücksichtigt worden. So sei der Wissenschaftliche Ausschuss, obwohl der Studie aus Guatemala zu entnehmen sei, dass eine Person, die die empfohlene Schutzausrüstung verwendet habe, einer Exposition über dem AOEL-Grenzwert ausgesetzt gewesen sei, in seinem Gutachten zu dem Ergebnis gelangt, dass nur die Personen, die nicht das empfohlene Arbeitsverfahren befolgt hätten, Expositionswerte nahe dem Grenzwert aufgewiesen hätten. Und obwohl die französische Studie darauf hinweise, dass die Verwendung eines auf dem Rücken zu tragenden Zerstäubers verboten werden müsse und die Verwendung von Paraquat in Gärten von Privatpersonen nicht ratsam sei, beschränke sich die angefochtene Richtlinie darauf, die Verwendung von auf dem Rücken zu tragenden Zerstäubern oder von Handzerstäubern nur im „Haus‑ und Kleingarten“ zu verbieten.

145    Die Kommission ist der Auffassung, die wissenschaftlichen Unterlagen seien hinreichend beweiskräftig gewesen, um die Aufnahme von Paraquat in Anhang I der Richtlinie zu rechtfertigen.

146    Insoweit trägt sie in erster Linie Erwägungen in Bezug auf die Tragweite von Art. 5 der Richtlinie 91/414 vor. So wendet sie sich zunächst gegen die Auslegung von Art. 5 der Richtlinie 91/414, wonach diese Vorschrift verlange, dass vor der Aufnahme eines Wirkstoffs in Anhang I ohne jeden vernünftigen Zweifel und unter Berücksichtigung aller möglichen Risiken bewiesen sei, dass ein Mittel, das den Wirkstoff enthalte, in zumindest einem repräsentativen Anwendungsbereich gefahrlos verwendet worden sei.

147    Zum einen liefe ein solches Erfordernis auf eine Null-Toleranz hinaus. Aus der Rechtsprechung gehe jedoch hervor, dass eine vorbeugende Maßnahme nicht mit einer rein hypothetischen Betrachtung des Risikos begründet werden dürfe, die auf bloße, wissenschaftlich noch nicht verifizierte Vermutungen gestützt sei. Das Gericht habe insbesondere entschieden, dass die Gemeinschaftsorgane ihre Entscheidungen nicht auf ein Nullrisiko ausrichten dürften (Urteil des Gerichts vom 11. September 2002, Pfizer Animal Health/Rat, T‑13/99, Slg. 2002, II‑3305, Randnr. 152).

148    Zum anderen stünde ein solches Erfordernis im Widerspruch zum Wortlaut der Richtlinie 91/414 und zu den Nachweisen, die diese für die Aufnahme eines Wirkstoffs verlange. So sei der Gesetzgeber, als er den Ausdruck „wenn angenommen werden kann“ anstelle z. B. der Formulierung „wenn dargetan werden kann“ verwendet habe, davon ausgegangen, dass es unmöglich sei, alle möglichen und denkbaren Fallgestaltungen vorherzusehen, in denen ein Pflanzenschutzmittel, das den Wirkstoff enthalte, verwendet werden könne, und dass sich die Umweltbedingungen, die bei der Verwendung von Pflanzenschutzmitteln, die den Wirkstoff enthielten, zu berücksichtigen seien, von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat erheblich unterscheiden könnten, weshalb die Rechtsvorschriften über Pflanzenschutzmittel auch den Mitgliedstaaten eine aktive Rolle zuwiesen.

149    Hinsichtlich der in Art. 5 Abs. 4 der Richtlinie 91/414 vorgesehenen Anwendungsbeschränkungen stellt die Kommission in Abrede, dass wissenschaftlich geprüft werden müsse, ob diese Beschränkungen tatsächlich zu einer Verringerung der Gefahren führten. Denn Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 91/414 bestimme, dass nach dem jeweiligen „Stand“ der wissenschaftlichen und technischen Erkenntnisse festgestellt werden müsse, ob „angenommen werden kann“, dass die Voraussetzungen für die Aufnahme eines Wirkstoffs in Anhang I dieser Richtlinie erfüllt seien.

150    In zweiter Linie bestreitet die Kommission, dass die wissenschaftlichen Unterlagen unzureichend seien, um eine Aufnahme von Paraquat in Anhang I der Richtlinie 91/414 zu stützen.

151    So gebe es eine hinreichende wissenschaftliche Dokumentation für die Annahme, dass – obgleich die Verwendung von Paraquat mit Risiken verbunden sein könne – die bewerteten Risiken annehmbar gewesen seien in Anbetracht der Einführung von Maßnahmen zu ihrer Verringerung wie dem Verbot der Verwendung paraquathaltiger Pflanzenschutzmittel durch Privatpersonen und der Anordnung von Auflagen für den professionellen Einsatz dieses Wirkstoffs.

152    Im Übrigen seien die mathematischen Modellrechnungen, die auf eine Überschreitung des AOEL-Grenzwerts hinwiesen, irrelevant. Deuteten Modellrechnungen auf das Bestehen von Problemen hin, so müssten sich ihnen Feldstudien anschließen. Im vorliegenden Fall habe der berichterstattende Mitgliedstaat allerdings im Nachtrag angenommen, dass der AOEL-Grenzwert nicht überschritten werde, wenn die für Paraquat vorgesehenen Anwendungsbedingungen eingehalten würden. Zudem sei der Wissenschaftliche Ausschuss zu demselben Ergebnis gelangt wie der berichterstattende Mitgliedstaat und habe festgestellt, dass die Expositionsmodelle zwar darauf hindeuteten, dass der AOEL-Grenzwert möglicherweise überschritten werden könne, die Feldstudien verschiedener Länder aber gezeigt hätten, dass die Modelle das tatsächliche Risiko in Arbeitssituationen überschätzt hätten.

153    Die Kommission bestreitet außerdem, dass sie nur die spanische Studie herangezogen habe, um sich eine Meinung zu bilden. Der berichterstattende Mitgliedstaat und der Wissenschaftliche Ausschuss sowie die Sachverständigen der ECCO seien davon ausgegangen, dass die vorgelegten Studien ausreichten und dass insgesamt insoweit Einigkeit bestehe, dass Paraquat bei einer Verwendung unter den vorgeschlagenen Bedingungen keine erheblichen Gesundheitsrisiken aufweise.

154    Zur angeblich unterbliebenen Berücksichtigung der Studie aus Guatemala in dem Verfahren, das zum Erlass der angefochtenen Richtlinie geführt habe, trägt die Kommission vor, dass der Wissenschaftliche Ausschuss ausweislich seines Gutachtens über den Nachtrag zum Vorbericht verfügt habe, in dem die Studie aus Guatemala aufgeführt worden sei. Zudem habe der berichterstattende Mitgliedstaat in seinem zweiten Bericht angegeben, dass der Wissenschaftliche Ausschuss seine Meinung auf die Feldstudien gegründet habe. Es lasse sich daher durch nichts belegen, dass der Wissenschaftliche Ausschuss die Studie aus Guatemala nicht berücksichtigt habe.

155    Die Kommission bestreitet außerdem, dass die in der angefochtenen Richtlinie vorgesehenen Bedingungen für die Verwendung von Paraquat nicht die Ergebnisse der französischen Studie widerspiegelten. Denn zum einen lasse die angefochtene Richtlinie Handgeräte nicht allgemein zu, und zum anderen sei die Erteilung einer Genehmigung zur Verwendung eines Pflanzenschutzmittels von der Einhaltung einer guten Praxis abhängig.

c)     Zur Rüge einer Absenkung des Schutzniveaus

156    Das Königreich Schweden trägt, unterstützt durch die Republik Österreich, im Wesentlichen vor, dass die Kommission dadurch, dass sie die Aufnahme von Paraquat in Anhang I zugelassen habe, gegen den Grundsatz des hohen Schutzniveaus für die menschliche Gesundheit verstoßen habe.

157    So zeige die Tatsache, dass die angefochtene Richtlinie zum einen die Schaffung eines Begleitprogramms für die Anwendersicherheit und zum anderen eine jährliche Berichterstattung an die Kommission über die mit der Verwendung von Paraquat verbundenen Vorfälle in Bezug auf die Anwendergesundheit vorschreibe, dass sich die Kommission hinsichtlich der Gefahren von Paraquat unsicher sei. Kein anderer in Anhang I aufgenommener Wirkstoff habe zu einer solchen jährlichen Berichterstattung Anlass gegeben. Die Kommission habe im vorliegenden Fall folglich eine Art Experiment versucht, was gegen die Richtlinie 91/414, den Grundsatz der Vorsorge und den Grundsatz des hohen Schutzniveaus verstoße.

158    Mit der Zulassung von Paraquat, der toxischsten Substanz, die es gebe, als Wirkstoff habe die Kommission daher in schwerwiegender Weise das Schutzniveau für die Auswahl der Wirkstoffe abgesenkt, die in Anhang I aufgenommen werden könnten. Infolgedessen habe sie offensichtlich den Zweck der fraglichen Vorschriften, die darauf abzielten, ein hohes Schutzniveau zu gewährleisten, sowie den Wortlaut der Präambel der Richtlinie 91/414 verkannt, wonach der Schutz der Gesundheit von Mensch und Tier sowie der Umwelt gegenüber dem Ziel der Produktionsverbesserung bei der Pflanzenerzeugung vorrangig sei.

159    Die Kommission entgegnet, es sei unerklärlich, dass das Königreich Schweden ihr vorwerfe, dass sie von den Inhabern einer Zulassung für ein paraquathaltiges Pflanzenschutzmittel verlange, ein Anwenderschutzprogramm aufzustellen und jährlich das eventuelle Auftreten von Gesundheitsproblemen oder Verschmutzungen infolge der Verwendung des Mittels anzuzeigen.

2.     Würdigung durch das Gericht

a)     Zum Prüfungsrahmen

160    Nach Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 91/414 muss für die Aufnahme eines Wirkstoffs in Anhang I dieser Richtlinie nach dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen und technischen Erkenntnisse angenommen werden können, dass die Anwendung der diesen Wirkstoff enthaltenden Pflanzenschutzmittel gemäß guter Pflanzenschutzpraxis keine schädlichen Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit gemäß Art. 4 Abs. 1 Buchst. b Ziff. iv der Richtlinie 91/414 hat.

161    Aus dieser Vorschrift, ausgelegt in Verbindung mit dem Vorsorgegrundsatz, ergibt sich, dass, wenn es um die menschliche Gesundheit geht, das Vorliegen ernsthafter Anhaltspunkte, die, ohne die wissenschaftliche Ungewissheit zu beseitigen, vernünftige Zweifel an der Unbedenklichkeit eines Stoffes erlauben, der Aufnahme dieses Stoffes in Anhang I der Richtlinie 91/414 grundsätzlich entgegensteht. Denn der Vorsorgegrundsatz soll potenziellen Risiken vorbeugen. Dagegen können rein hypothetische Risiken, die auf nicht untermauerte wissenschaftliche Hypothesen gestützt sind, nicht berücksichtigt werden (Urteil des Gerichts vom 21. Oktober 2003, Solvay Pharmaceuticals/Rat, T‑392/02, Slg. 2003, II‑4555, Randnr. 129).

162    Für die Beurteilung der Frage, ob die Anforderungen von Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 91/414 in Bezug auf die menschliche Gesundheit erfüllt sind, verweist diese Bestimmung auf Art. 4 Abs. 1 Buchst. b Ziff. iv der Richtlinie 91/414, der im Wesentlichen bestimmt, dass sichergestellt sein muss, dass ein Pflanzenschutzmittel keine unmittelbaren oder mittelbaren schädlichen Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit oder auf das Grundwasser hat.

163    Allerdings ergibt sich aus Art. 4 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 91/414, dass für die Feststellung, ob die Anforderungen des Art. 4 Abs. 1 Buchst. b dieser Richtlinie erfüllt sind, die einheitlichen Grundsätze gemäß Anhang VI anzuwenden sind. Überdies geht aus dem zweiten Erwägungsgrund der Richtlinie 97/57 zur Festlegung des Anhangs VI hervor, dass in diesem Anhang die einheitlichen Grundsätze festzulegen sind, um sicherzustellen, dass die Anforderungen, die in Art. 4 Abs. 1 Buchst. b bis e der Richtlinie 91/414 genannt werden, einheitlich und mit der geforderten Konsequenz angewendet werden.

164    Daraus folgt, dass Art. 4 Abs. 1 Buchst. b Ziff. iv der Richtlinie 91/414, auf den Art. 5 Abs. 1 Buchst. b dieser Richtlinie ausdrücklich verweist, die Beachtung der einheitlichen Grundsätze gemäß Anhang VI verlangt.

165    Zudem hätte die Verweisung in Art. 5 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 91/414 keinen wirklichen Nutzen, wenn sie nicht zur Anwendbarkeit der einheitlichen Grundsätze gemäß Anhang VI führen würde. Denn in diesem Fall wäre für die Beurteilung des Fehlens schädlicher Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit nach Art. 5 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 91/414 die in dieser Vorschrift vorgesehene Verweisung auf die Anwendung eines nahezu identischen Kriteriums beschränkt, das auf das Fehlen von „unmittelbaren oder mittelbaren schädlichen Auswirkungen auf die [menschliche] Gesundheit … (z. B. über Trinkwasser [oder] Nahrungs[mittel]) oder auf das Grundwasser“ abstellt.

166    Schließlich hat die Kommission in der mündlichen Verhandlung eingeräumt, dass sie bei der Prüfung bestimmter Wirkstoffe nach Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 91/414 bereits auf die Kriterien des Anhangs VI zurückgegriffen hatte.

167    Daher ist davon auszugehen, dass, wenn die Kommission einen Wirkstoff im Hinblick auf seine Aufnahme in Anhang I der Richtlinie 91/414 prüft, aus Art. 5 Abs. 1 Buchst. b dieser Richtlinie die Geltung der Kriterien des Anhangs VI folgt.

168    Insbesondere bestimmt Teil C Ziff. 2.4.1.1 des Anhangs VI, dass keine Zulassung erteilt wird, wenn der Anwender bei der Handhabung und Anwendung des Pflanzenschutzmittels gemäß den vorgeschlagenen Bedingungen, einschließlich Dosis und Anwendungsmethode, einer höheren als der annehmbaren Anwenderexposition ausgesetzt ist.

169    Art. 5 Abs. 4 der Richtlinie 91/414, wonach die Aufnahme eines Wirkstoffs in Anhang I der Richtlinie 91/414 von bestimmten Anwendungsbeschränkungen abhängig gemacht werden kann, hat zur Folge, dass Wirkstoffe, die nicht die Anforderungen des Art. 5 Abs. 1 dieser Richtlinie erfüllen, dann aufgenommen werden können, wenn bestimmte Beschränkungen angeordnet werden, die die problematischen Anwendungen des betreffenden Wirkstoffs ausschließen.

170    Da sich diese Vorschrift als eine Abschwächung von Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 91/414 darstellt, ist sie im Licht des Vorsorgegrundsatzes auszulegen. Demzufolge muss vor der Aufnahme eines Wirkstoffs in Anhang I der Richtlinie 91/414 ohne jeden vernünftigen Zweifel feststehen, dass die Anwendungsbeschränkungen für den betreffenden Wirkstoff eine Verwendung dieses Wirkstoffs ermöglichen, die den Anforderungen des Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 91/414 entspricht.

171    Unter Berücksichtigung dieser Regeln sind die verschiedenen Rügen des vorliegenden Teils des Klagegrunds zu prüfen.

b)     Zu den Rügen

172    Zunächst sind die ersten beiden Rügen gemeinsam zu prüfen, mit denen ein Überschreiten des AOEL-Grenzwerts und die unzureichende Beweiskraft der Unterlagen für die Aufnahme von Paraquat in Anhang I der Richtlinie 91/414 geltend gemacht werden.

173    Im Rahmen dieser beiden Rügen ist zwischen den Beteiligten unstreitig, dass der Ständige Ausschuss für kurzzeitige Paraquatexpositionen einen AOEL-Grenzwert festgelegt hat, der 0,005 mg je Kilogramm Körpergewicht entspricht.

174    Die Beteiligten gehen außerdem übereinstimmend davon aus, dass die mathematischen Modellrechnungen auf eine Exposition der Anwender hindeuten, die 4‑ bis 100‑mal höher ist als der AOEL-Grenzwert. Wie die Kommission jedoch zutreffend geltend macht, hat der Wissenschaftliche Ausschuss in seinem Gutachten darauf hingewiesen, dass die in verschiedenen Ländern durchgeführten Feldstudien gezeigt hätten, dass die mathematischen Modellrechnungen die tatsächliche Exposition der Anwender in Arbeitssituationen weitestgehend überschätzt hätten. Demzufolge ist anzunehmen, dass die mathematischen Modellrechnungen unter den Umständen des vorliegenden Falls für sich genommen keine ernsthaften Anhaltspunkte darstellen, die vernünftige Zweifel an der Unbedenklichkeit von Paraquat erlauben.

175    Hinsichtlich der Feldstudien ist zunächst die Studie aus Guatemala zu prüfen, aus der hervorgeht, dass sich einer der an der Studie beteiligten Anwender eine Paraquatexposition in Höhe von 118 % des für diesen Wirkstoff festgelegten AOEL-Grenzwerts zugezogen habe.

176    Aus den Bemerkungen der Antragstellerin zu dieser Studie, wie sie im Nachtrag zum Vorbericht wiedergegeben werden, ergibt sich darüber hinaus, dass die Anwender mit den höchsten potenziellen und systemischen Expositionen das Mittel offenbar auf keine andere Art und Weise gemischt, in die Behälter der Sprühgeräte gefüllt und ausgebracht haben als die übrigen Teilnehmer an der Studie. Dem Nachtrag zum Vorbericht ist ferner zu entnehmen, dass die Anwender, die an der Studie teilgenommen haben, die Empfehlungen der Anleitung für das Mischen des Mittels und die Befüllung der Sprühgeräte generell befolgt und beim Mischen des Mittels die Hygienestandards offenbar generell gut eingehalten hätten.

177    Im Nachtrag zum Vorbericht wird außerdem ausgeführt, dass das Versprühen auf Brust- oder Kopfhöhe in Bewässerungskanälen zu einer erheblichen Kontamination der Kleidung der Anwender geführt habe und dass der Anwender, bei dem ein Expositionsniveau von 118 % des AOEL-Grenzwerts festgestellt wurde, das Mittel in einer Zone von Bewässerungskanälen angewendet habe, weshalb er das Sprührohr in Kopfhöhe gehalten habe.

178    Der Nachtrag zum Vorbericht weist zwar darauf hin, dass die Umstände, unter denen sich im Rahmen der Studie aus Guatemala der Anwender eine über dem AOEL-Grenzwert liegende Exposition zugezogen habe, für die in Europa praktizierten Anwendungen nicht repräsentativ seien. Es ist jedoch festzustellen, dass der Nachtrag zum Vorbericht keinen Grund dafür angibt, weshalb die Anwendung von Paraquat in einer Zone von Bewässerungskanälen, bei der der Anwender das Sprührohr in Kopfhöhe gehalten hat, für die Anwendungsbedingungen in Europa nicht repräsentativ sei. Das Königreich Schweden trägt hingegen von der Kommission insoweit unwidersprochen vor, dass die Verwendung von Paraquat in Hanglagen eine der in Europa vorgesehenen Anwendungen sei (vgl. Randnr. 74 des vorliegenden Urteils).

179    Außerdem ist festzustellen, dass keine aufgrund von Art. 5 Abs. 4 der Richtlinie 91/414 erlassene Beschränkung die Verwendung von Paraquat unter den Umständen verbietet, die im Rahmen der Studie aus Guatemala zu einer Exposition des Anwenders über dem AOEL-Grenzwert geführt hat. Aus der angefochtenen Richtlinie geht nämlich hervor, dass die einzige ausdrückliche Beschränkung, die für den Einsatz tragbarer Sprühgeräte zur Ausbringung paraquathaltiger Mittel gilt, „Haus‑ und Kleingärten“ betrifft, in denen ein solcher Einsatz verboten ist. Zudem zieht der Umstand, dass die Mitgliedstaaten nach den besonderen Bedingungen der angefochtenen Richtlinie dem Schutz von Anwendern, insbesondere bei Ausbringung mit tragbaren Rücken‑ und Handgeräten, besondere Aufmerksamkeit widmen sollten, nicht das Verbot einer Verwendung wie derjenigen nach sich, die im Rahmen der Studie aus Guatemala zur Überschreitung des AOEL-Grenzwerts geführt hat. Schließlich ist in den Anlagen I und II des Beurteilungsberichts der Kommission, auf den die besonderen Bedingungen der angefochtenen Richtlinie verweisen, kein Verbot der problematischen Anwendung erwähnt. Es ist daher davon auszugehen, dass die Studie aus Guatemala eine problematische Anwendung von Paraquat aufzeigt, bei der nichts darauf hindeutet, dass sie nicht auch in Europa auftreten könnte.

180    Zu der Aussage des Wissenschaftlichen Ausschusses, nur die Personen, die nicht die empfohlenen Arbeitsverfahren befolgt hätten, hätten Expositionswerte nahe dem Grenzwert aufgewiesen, ist festzustellen, dass dies, was die Studie aus Guatemala betrifft, durch nichts in den Unterlagen bestätigt wird. Vielmehr wurden, wie in der vorstehenden Randnr. 176 ausgeführt wird, die Empfehlungen und die Hygienestandards von den Anwendern bei der Studie aus Guatemala generell beachtet. Es ist daher anzunehmen, dass diese Studie einen Fall aufzeigt, in dem es trotz Befolgung der empfohlenen Arbeitsverfahren zu einer problematischen Paraquatexposition gekommen ist.

181    Daher stellt sich die Studie aus Guatemala als ernsthafter Anhaltspunkt dar, der vernünftige Zweifel an der Unbedenklichkeit von Paraquat für die mit seiner Ausbringung betrauten Anwender erlaubt.

182    Da die Studie aus Guatemala ein Expositionsniveau über dem AOEL-Grenzwert infolge einer Verwendung von Paraquat unter den vorgeschlagenen Bedingungen belegt, wird das Erfordernis in Teil C Ziff. 2.4.1.1 des Anhangs VI nicht erfüllt, der jede Überschreitung des AOEL-Grenzwerts verbietet. Aus den in den Randnrn. 162 bis 168 des vorliegenden Urteils ausgeführten Gründen gelten die Kriterien des Anhangs VI bei der Bewertung eines Wirkstoffs nach Art. 5 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 91/414. Folglich verstößt die angefochtene Richtlinie gegen das Erfordernis des Schutzes der menschlichen Gesundheit, wie es in Art. 5 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 91/414 enthalten ist. Die Rüge einer den AOEL-Grenzwert überschreitenden Anwenderexposition greift daher durch.

183    Was sodann die französische Studie betrifft, so ist zunächst festzustellen, dass sich nach ihrer im Rahmen prozessleitender Maßnahmen erfolgten Vorlage durch die Kommission herausgestellt hat, dass dieses Dokument weniger eine Feldstudie als eine von der Commission française d’étude de la toxicité (französischer Ausschuss für Toxizitätsprüfung, im Folgenden: CET) vorgenommene Bewertung der Exposition von Anwendern mit Paraquat darstellt, wie sie sich aus verschiedenen Studien ergibt. So hat die CET die Anwenderexposition im Fall einer Paraquatausbringung mit Hilfe eines Traktors bewertet. Dabei hat sie die auf der Grundlage eines mathematischen Modells vorgenommenen Expositionsberechnungen sowie eine in den Vereinigten Staaten durchgeführte Feldstudie berücksichtigt. Die CET hat außerdem die Exposition der Anwender im Fall einer Ausbringung von Paraquat mit einem auf dem Rücken getragenen Sprühgerät bewertet. Diese Bewertung hat die auf der Grundlage eines mathematischen Modells vorgenommenen Expositionsberechnungen sowie die Studien aus Sri Lanka, Guatemala und Spanien berücksichtigt. Als Schlussfolgerung der französischen Studie hat die CET eine Stellungnahme abgegeben, in der sie ausführt, dass sie „gegenüber der Zulassung von Zubereitungen auf der Grundlage von Paraquat für alle Verwendungen, die eine Ausbringung mit einem auf dem Rücken zu tragenden Sprühgerät erfordern, eine ablehnende Haltung aufrechterhält“. Außerdem empfiehlt sie, „die Zulassung von Zubereitungen auf der Grundlage von Paraquat für Verwendungen, die ausschließlich eine Ausbringung auf Anpflanzungen mit einem Traktor erfordern, zu befürworten“.

184    Es ist festzustellen, dass die angefochtene Richtlinie die Ausbringung mit tragbaren Rücken‑ und Handgeräten nur im „Haus‑ und Kleingarten“ verbietet, so dass die Anwendungen mit Rückengeräten außerhalb von „Haus‑ und Kleingärten“ zugelassen sind, auch wenn die CET in der französischen Studie insoweit eine ablehnende Haltung einnimmt.

185    Da die Kommission vorgetragen hat, dass die französische Studie bei ihrer Entscheidung, Paraquat in Anhang I der Richtlinie 91/414 aufzunehmen, eine wichtige Rolle gespielt habe, ist für die Zwecke des vorliegenden Verfahrens anzunehmen, dass das Ergebnis dieser Studie, wonach Anwendungen, die eine Ausbringung mit einem Rückentragegerät erfordern, abzulehnen sind, einen ernsthaften Anhaltspunkt darstellt, der vernünftige Zweifel an der Unbedenklichkeit von Paraquat bei einer solchen Anwendung erlaubt.

186    Daher greifen die Rügen einer den AOEL-Grenzwert überschreitenden Exposition und der unzureichenden Beweiskraft der Unterlagen für die Aufnahme von Paraquat in Anhang I der Richtlinie 91/414 durch.

187    Was sodann die Rüge einer Absenkung des Schutzniveaus für die menschliche Gesundheit betrifft, so ist daran zu erinnern, dass Art. 5 Abs. 4 der Richtlinie 91/414 der Kommission die Möglichkeit einräumt, die Aufnahme eines Wirkstoffs in Anhang I der Richtlinie von bestimmten Beschränkungen abhängig zu machen. Demzufolge kann der bloße Umstand, dass die angefochtene Richtlinie spezifische Erfordernisse vorsieht, nicht als Verstoß gegen Art. 5 der Richtlinie 91/414 gewertet werden.

188    Außerdem bedeutet der Umstand, dass die spezifischen Erfordernisse in der angefochtenen Richtlinie u. a. in der Verpflichtung für die Mitgliedstaaten bestehen, sicherzustellen, dass die Zulassungsinhaber spätestens am 31. März jedes Jahres bis zum Jahr 2008 über das mögliche Auftreten von Gesundheitsproblemen bei Anwendern Bericht erstatten und diese Berichte durch Verkaufsdaten und einen Überblick über die Anwendungsmuster ergänzt werden, so dass ein realistisches Bild der toxikologischen Auswirkungen von Paraquat entstehen kann, für sich genommen nicht, dass die Kommission den Grundsatz eines hohen Gesundheitsschutzniveaus verletzt.

189    So bedeuten diese spezifischen Erfordernisse für Paraquat entgegen dem durch die Streithelfer unterstützten Vorbringen des Königreichs Schweden für sich genommen weder, dass sich die Kommission hinsichtlich der Gefahren dieses Wirkstoffs unschlüssig gewesen ist, noch, dass sie beschlossen hat, die vorausschauende Bewertung von Paraquat durch eine nachträgliche Beobachtung der Auswirkungen der Verwendung dieser Substanz zu ersetzen.

190    Die dritte Rüge ist folglich zurückzuweisen.

191    Nach alledem ist dem ersten Teil des Klagegrunds, der den Schutz der menschlichen Gesundheit betrifft, mit Ausnahme der dritten Rüge stattzugeben.

B –  Zum zweiten Teil: Schutz der Tiergesundheit

1.     Vorbringen der Parteien

a)     Zur Rüge der unzureichenden Beweiskraft der wissenschaftlichen Unterlagen

192    Das Königreich Schweden trägt im Wesentlichen vor, die Kommission habe die Aufnahme von Paraquat in Anhang I der Richtlinie 91/414 auf der Grundlage von Unterlagen zugelassen, die, was die schädlichen Auswirkungen von Paraquat auf die Gesundheit von Hasen und Vogelembryonen sowie die Wirksamkeit der zur Abschwächung dieser Auswirkungen vorgesehenen Maßnahmen betreffe, lückenhaft seien; dies stehe zum einen im Widerspruch zu Art. 5 der Richtlinie 91/414 in Verbindung mit den Grundsätzen der Vorsorge und eines hohen Schutzniveaus für die Umwelt und belege zum anderen, dass die Beurteilung der Kommission, wonach Paraquat in Anhang I der Richtlinie 91/414 habe aufgenommen werden können, willkürlich sei.

193    Was zunächst die Hasen betreffe, so gehe aus der Begründung der angefochtenen Richtlinie und aus den Unterlagen, auf die sie gestützt sei, hervor, dass Paraquat letale und subletale Auswirkungen auf diese Säugetiere habe.

194    Der Begründung der angefochtenen Richtlinie, dem Gutachten des Wissenschaftlichen Ausschusses und dem Beurteilungsbericht der Kommission sei ferner zu entnehmen, dass die verfügbaren Informationen keine Bestimmung des Anteils der Hasen zuließen, die durch Paraquat in Mitleidenschaft gezogen werden könnten.

195    In seinem zweiten Bericht habe der berichterstattende Mitgliedstaat außerdem ein Szenario hinsichtlich des Einsatzes von Paraquat auf Stoppelfeldern im Vereinigten Königreich in Betracht gezogen, aus dem sich ergebe, dass im ungünstigsten Fall ungefähr 2 % der gesamten Hasenpopulation exponiert sein könnten, was nach Angaben des Königreichs Schweden 16 000 Hasen jährlich für das Gebiet des Vereinigten Königreichs entspricht. Diese Schätzung beruhe auf der Annahme einer Besprühung von 0,4 % der gesamten Getreideanbaufläche, obwohl es bisher kein Land für angebracht gehalten habe, die Flächen, die mit Hilfe von Pestiziden bearbeitet werden dürfen, in der Praxis zu begrenzen.

196    Das Königreich Schweden trägt, unterstützt durch die Streithelfer, weiter vor, dass andere Tiere wie Kaninchen, Maulwürfe, Feld- und Spitzmäuse denselben Gefahren ausgesetzt seien wie Hasen und dass diese Säugetiere bei der Festlegung der Maßnahmen zur Gefahrenminderung nicht berücksichtigt worden seien. Dass so viele Tiere Gefahr liefen, zu verenden oder schwer geschädigt zu werden und dadurch zu leiden, sei unannehmbar.

197    Zudem zeige die vom berichterstattenden Mitgliedstaat vorgenommene Bewertung eindeutig, dass es nicht möglich gewesen sei, eine für Hasen sichere Verwendung von Paraquat zu finden. Zum einen sei der berichterstattende Mitgliedstaat, anstatt die von der Antragstellerin vorgeschlagenen Einsatzgebiete zu prüfen, zu dem Ergebnis gelangt, dass die Gefahren für Hasen auf der Ebene der Mitgliedstaaten bewertet werden müssten. Zum anderen gelte, wenn angenommen werde, dass der berichterstattende Mitgliedstaat eine spezielle Verwendung von Paraquat empfehle, diese nur für Stoppelfelder, da sich dieser Staat auf ein Szenario gestützt habe, das nur dieses Einsatzgebiet betreffe. Die Antragstellerin habe aber mehrere Einsatzgebiete vorgesehen, so dass für eine Aufnahme von Paraquat in Anhang I der Richtlinie 91/414 die Risiken in jedem dieser Einsatzgebiete hätten bewertet werden müssen.

198    Außerdem habe der Wissenschaftliche Ausschuss in seinem Gutachten Maßnahmen erwähnt, mit denen die Gefahren für Hasen eventuell vermindert werden könnten, aber mangels wissenschaftlicher Daten, die die vermuteten Wirkungen dieser Maßnahmen belegten, habe der Ausschuss keine andere Wahl gehabt, als festzustellen, dass Paraquat unter Berücksichtigung der vorgelegten Angaben schwere Schädigungen bei bestimmten Lebewesen, ja sogar deren Tod verursachen könne. Nach Ansicht des Königreichs Schweden zeigen die Daten, die in den Feldstudien gewonnen worden seien, bei denen Hasen dem Wirkstoff ausgesetzt gewesen seien, dass die Gefahren tatsächlich bestünden, es aber nicht möglich sei, den Anteil betroffener Tiere abzuschätzen. Hingegen seien keine neuen wissenschaftlichen Daten vorgelegt worden, um die Behauptung der Antragstellerin zu stützen, dass die Maßnahmen zur Verminderung der Gefahren für Hasen wirksam seien. Die Informationen über die möglichen Wirkungen der vorgeschlagenen Maßnahmen hätten – entsprechend der im Bereich der Aufnahme von Wirkstoffen üblichen Praxis – schriftlich behandelt und wissenschaftlich bewertet werden müssen, um als Grundlage für die im vorliegenden Fall vorgenommene Beurteilung zu dienen.

199    In Bezug auf Vogelembryonen gehe zunächst aus der Begründung der angefochtenen Richtlinie und dem Beurteilungsbericht der Kommission hervor, dass Paraquat schädliche Auswirkungen auf nistende Vögel habe. Insbesondere habe der Wissenschaftliche Ausschuss angenommen, dass die Studie über die vorgenommenen Expositionen zeige, dass Paraquat eine Gefahr für Vogelembryonen darstellen könne, dass für die Bewertung der Risiken aber zusätzliche Informationen erforderlich seien, die aus wirklichkeitsgetreuen Studien stammten.

200    Die Antragstellerin habe ergänzende Informationen beigebracht, die zum einen aus drei auf der Grundlage von Labortests vorgenommenen Schätzungen hinsichtlich der Dosen, bei denen Paraquat Vogeleier schädige, und zum anderen aus verschiedenen Angaben zu den Nistplätzen und -zeiten bodenbrütender Vögel bestünden; darunter sei u. a. die Angabe gewesen, es sei unwahrscheinlich, dass Bodenbrüter in Obstplantagen, in Olivenhainen oder auf Rebflächen nisteten. Diese neuen Informationen hätten keine realistische Feldstudie zur Exposition eingeschlossen und seien nicht mit Nachweisen untermauert worden. Sie seien daher irreführend und unvollständig und hätten keine Antwort auf die Fragen des Wissenschaftlichen Ausschusses ermöglicht. Dass die Kommission sich für die Aufnahme von Paraquat mit diesen lückenhaften Unterlagen begnügt habe, zeige zudem, dass ihre Bewertung im Widerspruch zum Vorsorgegrundsatz stehe.

201    Darüber hinaus weise der berichterstattende Mitgliedstaat in seinem zweiten Bericht darauf hin, dass das Expositionsrisiko für Bodenbrüter auf Luzernefeldern im Herbst und Winter gering sei. Hierbei handele es sich in Anbetracht der verfügbaren Daten um die einzige Verwendung, die als aus der Perspektive der Vögel annehmbar angesehen werden könne, so dass nur diese Verwendung genehmigt werden dürfe. Demzufolge habe die Kommission in keiner Weise allgemein nachgewiesen, dass es eine Verwendung von Paraquat gebe, bei der die Expositionsgefahr für Bodenbrüter annehmbar sei.

202    Die Kommission bestreitet, dass die Unterlagen hinsichtlich der Tiergesundheit für eine Aufnahme von Paraquat in Anhang I der Richtlinie 91/414 nicht beweiskräftig genug seien.

203    In Bezug auf Hasen hätten die Sachverständigen der ECCO zunächst darauf hingewiesen, dass zusätzliche Informationen erforderlich seien, damit die Auswirkungen des Mittels auf Hasen bewertet werden könnten; daraufhin habe die Antragstellerin die Unterlagen vervollständigt.

204    Der Wissenschaftliche Ausschuss habe erklärt, dass die verfügbaren Informationen nicht ermöglichten, die Anzahl der Hasen, die betroffen sein könnten, abzuschätzen, dass es aber Maßnahmen gebe, die es ermöglichten, die Risiken für diese Tiere zu verringern.

205    Insoweit habe der berichterstattende Mitgliedstaat in seinem zweiten Bericht darauf hingewiesen, dass der Wissenschaftliche Ausschuss und die Antragstellerin Maßnahmen zur Verringerung der Risiken für Hasen (frühmorgendliches Versprühen, da Hasen nachtaktive Tiere seien; Beimischung einer abschreckenden Substanz; Versprühen von der Feldmitte aus; Vermeidung des Besprühens des gesamten Felds an einem Tag) vorgeschlagen hätten und dass es nach Maßgabe der jeweiligen Situation in den verschiedenen Mitgliedstaaten angezeigt sei, diese Staaten zu ermächtigen, bei der Zulassung von Pflanzenschutzmitteln angepasste Anwendungsbedingungen vorzuschreiben.

206    Außerdem habe der berichterstattende Mitgliedstaat in Anbetracht der Unsicherheit über die Zahl der betroffenen Hasen ein Szenario hinsichtlich des Einsatzes von Paraquat auf Stoppelfeldern im Vereinigten Königreich bewertet. Die Wahl des Szenarios sei dadurch gerechtfertigt gewesen, dass eine solche Anwendung in den sechziger Jahren zu Zwischenfällen geführt habe, dass Daten für das Vereinigte Königreich verfügbar gewesen seien und dass eine solche Anwendung von Paraquat von der Antragstellerin vorgesehen gewesen sei.

207    Aus der Bewertungstabelle gehe ferner hervor, dass die Antragstellerin angegeben habe, dass die vom Wissenschaftlichen Ausschuss vorgeschlagenen einschränkenden Maßnahmen wirksam gewesen seien. Zudem sei der Bewertungstabelle zu entnehmen, dass der berichterstattende Mitgliedstaat und der Ständige Ausschuss die verfügbaren Informationen als ausreichend angesehen hätten.

208    Schließlich sei eine besondere Bedingung in Bezug auf Hasen in die angefochtene Richtlinie eingefügt worden.

209    In Bezug auf Vögel trägt die Kommission zunächst vor, dass sich der Wissenschaftliche Ausschuss auf den Hinweis beschränkt habe, dass die Methode, die darin bestünde, ein Ei dreißig Sekunden lang in Paraquat zu tauchen, eindeutig über das ungünstigste wirklichkeitsgetreue Szenario hinausgehe und demzufolge wirklichkeitsgetreuere Studien – die sich z. B. auf ein Versprühen stützten – erforderlich seien.

210    Die Antragstellerin habe zusätzliche Daten mitgeteilt. Es treffe nicht zu, dass diese Informationen irreführend und unzureichend gewesen seien und mit ihnen die Fragen des Wissenschaftlichen Ausschusses nicht beantwortet worden seien. Was den letztgenannten Aspekt betreffe, gebe das Königreich Schweden erstens nicht an, welche Fragen des Wissenschaftlichen Ausschusses unbeantwortet geblieben seien. Zweitens habe der berichterstattende Mitgliedstaat in seinem zweiten Bericht die Auswirkungen des Besprühens von Eiern berücksichtigt und angenommen, dass die Exposition von Bodenbrütern in vielen Fallgestaltungen vernachlässigbar und das Risiko dementsprechend annehmbar sei, dass aber in den Fällen, in denen eine Exposition möglich sei, das Risiko, wenn möglich, auf der Ebene des Mitgliedstaats bewertet werden müsse.

211    Ferner habe der berichterstattende Mitgliedstaat im Nachtrag zum Bewertungsbericht betont, dass die ursprüngliche Risikobewertung annehmbar bleibe, dass die von der Antragstellerin eingereichten Informationen kritisch geprüft worden seien, dass diese Informationen zuverlässig seien und für eine Risikobewertung auf europäischer Ebene dienen könnten und dass Paraquat unter den vorgeschlagenen Bedingungen Bodenbrüter keiner unannehmbaren Einwirkung aussetze.

212    Zudem gehe aus der Bewertungstabelle hervor, dass die Sachverständigen der ECCO davon ausgegangen seien, dass das Risiko für Vögel dank der Anwendungsbedingungen habe verringert werden können. Aus dieser Tabelle gehe auch hervor, dass der berichterstattende Mitgliedstaat, der die von der Antragstellerin vorgelegten zusätzlichen Informationen bewertet habe, die mitgeteilten Daten für zuverlässig und maßgeblich gehalten habe, da sie die Grundlage für eine bessere Bewertung der Risiken für Bodenbrüter darstellten. Dieser Tabelle sei schließlich zu entnehmen, dass Paraquat keine unannehmbaren Auswirkungen aufweise, wenn die vorgesehenen Anwendungsbedingungen beachtet würden.

213    Außerdem sehe die angefochtene Richtlinie in Bezug auf Bodenbrüter ausdrücklich vor, dass, wenn Anwendungsszenarien auf eine mögliche Exposition von Eiern hindeuteten, eine Risikobewertung durchgeführt und gegebenenfalls Risikobegrenzungsmaßnahmen getroffen werden sollten.

214    Schließlich treffe zwar zu, dass die angefochtene Richtlinie keine spezielle Maßnahme für andere Säugetiere als Hasen vorsehe; dies rühre aber daher, dass es unmöglich sei, die eventuellen Risiken für jedes Säugetier zu berücksichtigen, weshalb eine pragmatische und realistische Herangehensweise bei der Bewertung darauf hinauslaufe, dass sich diese Bewertung auf die am meisten exponierten Tiere konzentriere. Die Unterlagen belegten allerdings, dass auch Informationen zu anderen Säugetieren, wie Feldmäusen und Ratten, untersucht worden seien. Darüber hinaus sei ein Mitgliedstaat, wenn er eine Entscheidung über die Zulassung eines Pflanzenschutzmittels treffen müsse, das einen in Anhang I aufgenommenen Wirkstoff enthalte, verpflichtet, die Bestimmungen des Anhangs VI zu beachten, dessen Teil B Ziff. 2.5.2.1 von ihm verlange, zu beurteilen, ob eine Exposition von Vögeln oder anderen terrestrischen Wirbeltieren gegenüber dem Pflanzenschutzmittel möglich sei, und, wenn diese Möglichkeit bestehe, zu bewerten, welche kurz- und langfristigen Risiken bei der Anwendung des Pflanzenschutzmittels gemäß den vorgeschlagenen Anwendungsbedingungen für diese Arten und ihre Fortpflanzung zu erwarten seien. Diese Bestimmung sei folglich den spezifischen Bedingungen angepasst, die in einem bestimmten Mitgliedstaat und für eine konkrete Anwendungsart bestünden. Im Übrigen könne der Mitgliedstaat die Genehmigung mit speziellen Bedingungen, wie der Beimischung einer abschreckenden Substanz, versehen.

b)     Zur Rüge der Unangemessenheit des Verhältnisses Langzeittoxizität/Exposition in Anbetracht von Teil C Ziff. 2.5.2.1 des Anhangs VI

215    Das Königreich Schweden trägt im Wesentlichen vor, dass bei Bestehen der Möglichkeit einer Exposition von Vögeln und anderen nicht zu den Zielorganismen gehörenden terrestrischen Wirbeltieren ein spezieller Grenzwert und eine Sicherheitsmarge anzuwenden seien, wonach das Verhältnis Langzeittoxizität/Exposition gleich oder höher als 5 sein müsse. Die Studien, auf die die Kommission ihre Beurteilung im Rahmen der Bewertung von Paraquat gestützt habe, gäben jedoch an, dass dieses Verhältnis nur bei 2 liege. Zudem habe die Kommission nicht dargetan, dass es eine Paraquatanwendung gebe, bei der das Expositionsrisiko für Bodenbrüter annehmbar sei. Die Kommission könne sich folglich nicht auf die vorhandenen Unterlagen stützen und daraus ableiten, dass es kein unannehmbares Risiko gebe.

216    Die Kommission vertritt im Wesentlichen die Ansicht, dass es Sache der Mitgliedstaaten und nicht ihre Angelegenheit sei, bei der Zulassung eines Pflanzenschutzmittels Anhang VI anzuwenden.

c)     Zur Rüge der Überlassung der Risikobewertung und des eventuellen Risikomanagements an die Mitgliedstaaten

217    Das Königreich Schweden, unterstützt durch die Republik Österreich und das Königreich Dänemark, macht geltend, dass die in der angefochtenen Richtlinie vorgesehenen Bedingungen belegten, dass die Kommission sich dafür entschieden habe, die Risikobewertung und die grundlegende Beurteilung der Frage, ob es möglich sei, ein annehmbares Risikoniveau zu erreichen, den Mitgliedstaaten zu überlassen. Eine solche Überlassung sei mit der Richtlinie 91/414 unvereinbar.

218    Die Kommission bestreitet, sich dafür entschieden zu haben, die Risikobewertung den Mitgliedstaaten zu übertragen und es ihnen zu überlassen, grundsätzlich zu beurteilen, ob ein annehmbares Risikoniveau erreicht werden könne. Insoweit macht sie sinngemäß geltend, dass eine gemeinschaftliche Bewertung vorgenommen worden sei. So hätten der berichterstattende Mitgliedstaat und die Bewertungsgruppe des Ständigen Ausschusses in Bezug auf Hasen beide angenommen, dass die verfügbaren Informationen ausreichten, um die Risiken zu bewerten, und die angefochtene Richtlinie sehe vor, dass, wenn Anwendungsszenarien auf eine mögliche Exposition von Hasen hindeuteten, eine Risikobewertung durchgeführt und gegebenenfalls Risikobegrenzungsmaßnahmen getroffen werden sollten.

219    In Bezug auf Vögel habe der berichterstattende Mitgliedstaat in seinem zweiten Bericht angenommen, dass die Exposition von Bodenbrütern in vielen Fallgestaltungen vernachlässigbar und das Risiko demzufolge annehmbar sei, dass aber in den Fällen einer möglichen Exposition das Risiko, wenn möglich, auf der Ebene des Mitgliedstaats beurteilt werden sollte. Auch nach dem Ergebnis des Nachtrags setze Paraquat die Bodenbrüter unter den vorgeschlagenen Anwendungsbedingungen keinen unannehmbaren Einwirkungen aus. Schließlich gehe aus der Bewertungstabelle hervor, dass dem ECCO-Prüfungsbericht zufolge das Risiko für Vögel dank der Anwendungsbedingungen habe verringert werden können.

d)     Zur Rüge unnötiger Schmerzen bei den exponierten Tieren

220    Das Königreich Schweden trägt zunächst vor, dass nach Art. 5 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 91/414 ein Wirkstoff nur dann in Anhang I dieser Richtlinie aufgenommen werde, wenn er die Anforderungen des Art. 4 Abs. 1 Buchst. b Ziff. iv und v der Richtlinie erfülle, und dass nach Art. 4 Abs. 1 Buchst. b Ziff. v zweiter Gedankenstrich dieser Richtlinie die Anwendung des betreffenden Pflanzenschutzmittels unter Berücksichtigung der Auswirkung auf Arten, die nicht bekämpft werden sollten, keine unannehmbaren Auswirkungen auf die Umwelt haben dürfe. Die letztgenannte Bestimmung müsse in dem Sinne ausgelegt werden, dass die Anwendung des betreffenden Pflanzenschutzmittels bei den nicht zu bekämpfenden Tieren keine unnötigen Leiden oder Schmerzen verursachen dürfe, da Art. 4 Abs. 1 Buchst. b Ziff. iii dieser Richtlinie hinsichtlich der zu bekämpfenden Wirbeltiere untersage, dass das betreffende Mittel solche Leiden oder Schmerzen hervorrufe.

221    Sodann sei bekannt, dass sich Personen, die Paraquat ausgesetzt gewesen seien, starke Schmerzen und schwere Leiden zugezogen hätten, und aus den wissenschaftlichen Unterlagen gehe hervor, dass angenommen werden müsse, dass dies auch bei anderen Säugetieren der Fall sei. Demzufolge stehe die angefochtene Richtlinie im Widerspruch zu den Anforderungen des Art. 5 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 91/414.

222    Die Kommission hat zu dieser Rüge in ihren Schriftsätzen nicht Stellung genommen. Sie hat jedoch in der mündlichen Verhandlung die Ansicht vertreten, dass Art. 4 Abs. 1 Buchst. b Ziff. v zweiter Gedankenstrich der Richtlinie 91/414 für die Bewertung eines Wirkstoffs irrelevant sei.

2.     Würdigung durch das Gericht

a)     Zum Prüfungsrahmen

223    Hinsichtlich der Tiergesundheit sieht Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 91/414 vor, dass ein Wirkstoff nur dann in Anhang I dieser Richtlinie aufgenommen werden kann, wenn nach dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen und technischen Erkenntnisse angenommen werden kann, dass die Anwendung der Pflanzenschutzmittel, die diesen Wirkstoff enthalten, gemäß guter Pflanzenschutzpraxis keine schädlichen Auswirkungen auf die Tiergesundheit gemäß Art. 4 Abs. 1 Buchst. b Ziff. iv der Richtlinie 91/414 hat.

224    Aus ähnlichen Gründen wie denen, die im Rahmen des ersten Teils des Klagegrunds in Bezug auf die menschliche Gesundheit dargestellt worden sind (vgl. Randnr. 161 des vorliegenden Urteils), ergibt sich aus dieser Bestimmung in Verbindung mit dem Vorsorgegrundsatz, dass, wenn es um die Tiergesundheit geht, das Vorliegen ernsthafter Anhaltspunkte, die, ohne die wissenschaftliche Ungewissheit zu beseitigen, vernünftige Zweifel an der Unbedenklichkeit eines Stoffes erlauben, der Aufnahme dieses Stoffes in Anhang I der Richtlinie 91/414 grundsätzlich entgegensteht.

225    Zur Beurteilung der Frage, ob die Anforderungen von Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 91/414 im Bereich des Schutzes der Tiergesundheit erfüllt sind, sind aus den in den Randnrn. 162 bis 167 des vorliegenden Urteils genannten Gründen die einheitlichen Grundsätze des Anhangs VI anzuwenden.

226    Teil C Ziff. 2.5.2.1 des Anhangs VI insbesondere sieht im Wesentlichen vor, dass bei Bestehen der Möglichkeit einer Exposition von Vögeln und anderen nicht zu den Zielorganismen gehörenden terrestrischen Wirbeltieren die Zulassung nicht erteilt wird, wenn das Verhältnis Langzeittoxizität/Exposition unter 5 liegt, es sei denn, eine geeignete Risikoabschätzung erbringt den praktischen Beweis, dass nach Anwendung des Pflanzenschutzmittels unter den vorgeschlagenen Bedingungen keine unannehmbaren Auswirkungen eintreten.

227    Schließlich muss aus den in den Randnrn. 169 und 170 des vorliegenden Urteils dargestellten Gründen vor jeder Aufnahme in Anhang I der Richtlinie 91/414 ohne jeden vernünftigen Zweifel sichergestellt sein, dass die Anwendungsbeschränkungen für den betreffenden Wirkstoff nach Art. 5 Abs. 4 der Richtlinie 91/414 eine Anwendung dieses Wirkstoffs ermöglichen, die den Anforderungen des Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 91/414 entspricht.

228    Unter Berücksichtigung dieser Regeln sind die verschiedenen Rügen, die im Rahmen des vorliegenden Teils geltend gemacht worden sind, zu prüfen.

b)     Zu den Rügen

 Zur Rüge der unzureichenden Beweiskraft der wissenschaftlichen Unterlagen für den Ausschluss schädlicher Auswirkungen von Paraquat auf die Tiergesundheit

229    In erster Linie ist zu prüfen, ob die Kommission verpflichtet ist, bei der Prüfung eines Wirkstoffs nach Art. 5 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 91/414 alle repräsentativen Anwendungen des betreffenden Wirkstoffs, wie sie vom Antragsteller mitgeteilt wurden, zu bewerten.

230    Insoweit ist festzustellen, dass nach dem zweiten Erwägungsgrund der angefochtenen Richtlinie die Auswirkungen von Paraquat gemäß den Bestimmungen der Verordnung Nr. 3600/92 für eine Reihe von durch den Antragsteller vorgeschlagenen Anwendungen geprüft wurden.

231    Außerdem hat die Kommission auf eine Frage des Gerichts in der mündlichen Verhandlung erklärt, dass sie die Anwendung von Paraquat als Herbizid für die vierzehn in Anhang IV ihres Beurteilungsberichts genannten Anwendungen habe prüfen müssen, nämlich für die Anwendung von Paraquat in Anpflanzungen mit Zitronen (citrus), Wal- und Haselnüssen (treenuts – hazelnuts), Äpfeln (pome fruit – apple), Trauben (grape), Erdbeeren (strawberry), Oliven (olives), Tomaten und Gurken (fruiting vegetables – tomatoes/cucumbers), Bohnen (vegetable crops – beans), Kartoffeln (potato) und Luzernen (lucerne) sowie für die Anwendung dieses Wirkstoffs auf Stoppelfeldern (autumn stubbles), bei der Vorbereitung der Anbauflächen im Frühjahr (spring land preparation), im Bereich der Forstwirtschaft und der Zierpflanzen (forestry, ornamentals) und auf nicht bewirtschafteten Flächen (non-crop land).

232    Demzufolge ist im vorliegenden Fall davon auszugehen, dass die Kommission ihre Beurteilung, dass Paraquat keine schädlichen Auswirkungen auf die Tiergesundheit habe, auf die Prüfung der von der Antragstellerin beabsichtigten vierzehn Anwendungen gestützt hat.

233    Für die Bewertung der Auswirkungen von Paraquat auf die Gesundheit von Hasen und Vogelembryonen wurden jedoch nur zwei Einsatzgebiete geprüft, nämlich – in Bezug auf Hasen – der Einsatz von Paraquat auf Stoppelfeldern und – in Bezug auf Vögel – der Einsatz von Paraquat auf Luzernefeldern in Herbst und Winter.

234    Im Übrigen trägt die Kommission keinen Grund vor, weshalb es für die Beurteilung der Auswirkungen von Paraquat auf die Gesundheit von Hasen und Vogelembryonen nicht erforderlich war, die anderen zwölf repräsentativen Anwendungen dieses Wirkstoffs zu prüfen.

235    Unter diesen Umständen greift die Rüge der unzureichenden Beweiskraft der wissenschaftlichen Unterlagen für den Ausschluss schädlicher Auswirkungen von Paraquat auf die Gesundheit von Hasen und Vogelembryonen durch.

236    In zweiter Linie ist zu prüfen, ob, was das Königreich Schweden in Abrede stellt, hinreichend nachgewiesen ist, dass sich mit den von der Kommission angeführten Maßnahmen die Gefahr, die Paraquat für die Gesundheit von Hasen darstellt, tatsächlich hat verringern lassen.

237    Insoweit macht die Kommission geltend, dass der Wissenschaftliche Ausschuss und die Antragstellerin Maßnahmen zur Verminderung der Gefahren für die Hasen genannt hätten, dass die Antragstellerin behauptet habe, diese Maßnahmen seien wirksam gewesen, und dass der berichterstattende Mitgliedstaat und der Ständige Ausschuss die verfügbaren Informationen für ausreichend gehalten hätten, um die Auswirkungen von Paraquat auf die Gesundheit von Hasen zu bewerten.

238    Diese Umstände allein erlauben jedoch nicht die Annahme, dass die Wirksamkeit der angeführten Maßnahmen rechtlich hinreichend nachgewiesen worden ist.

239    Der Schlussfolgerung, zu der der Wissenschaftliche Ausschuss in seinem Gutachten gelangt ist, ist nämlich zu entnehmen, dass zu erwarten gewesen sei, dass Paraquat letale und subletale Auswirkungen auf Hasen habe, und dies durch Feldstudien bestätigt worden sei. Der Wissenschaftliche Ausschuss ist zu dieser Schlussfolgerung gelangt, nachdem er die Maßnahmen berücksichtigt hatte, bezüglich deren die Kommission vorträgt, dass sich mit ihnen die festgestellte Gefahr vermindern lasse. Folglich ist ein hinreichender Nachweis der Wirksamkeit der angeführten Maßnahmen nur auf der Grundlage wissenschaftlicher Daten möglich, die im Verhältnis zu den vom Wissenschaftlichen Ausschuss berücksichtigten neu sind. Es ist jedoch festzustellen, dass die Kommission überhaupt keine derartigen Daten anführt. Daher muss angenommen werden, dass die Kommission den Nachweis für die Wirksamkeit der Maßnahmen, auf die sie sich beruft, nicht erbracht hat.

240    Zudem werden die Maßnahmen, bezüglich deren die Kommission vorträgt, dass sie geeignet seien, die Gefahren für Hasen zu vermindern – wie ein Versprühen von Paraquat am frühen Morgen, die Beimischung einer abschreckenden Substanz, ein Versprühen von der Mitte des Felds aus zu dessen Rändern hin, das Besprühen nur eines Teils des Felds –, in der angefochtenen Richtlinie weder unmittelbar noch mittelbar als besondere Bedingungen gemäß Art. 5 Abs. 4 der Richtlinie 91/414 erwähnt.

241    Insbesondere der Umstand, dass der Anhang der angefochtenen Richtlinie verlangt, dass die Mitgliedstaaten dem Schutz von Hasen besondere Aufmerksamkeit widmen und, falls nötig, eine Risikobewertung und ein Risikomanagement vornehmen, kann nicht als eine Anwendungsbeschränkung für Paraquat im Sinne von Art. 5 Abs. 4 der Richtlinie 91/414 angesehen werden, mit der ohne jeden vernünftigen Zweifel sichergestellt wird, dass sie eine Anwendung dieses Wirkstoffs ermöglicht, die den Anforderungen des Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 91/414 entspricht.

242    Demzufolge greift die Rüge auch insoweit durch, als der Kommission vorgeworfen wird, sie habe sich auf Unterlagen gestützt, mit denen sich nicht rechtlich hinreichend nachweisen lasse, dass die angeführten Maßnahmen geeignet seien, die für Hasen festgestellte Gefahr zu vermindern.

243    Was in dritter Linie den Vorwurf betrifft, die Unterlagen seien nicht beweiskräftig genug gewesen, was die beabsichtigten Maßnahmen zur Verminderung der Gefahren für die Gesundheit von Vögeln betreffe, so wird dieser zusammen mit der zweiten und dritten Rüge geprüft, die im Rahmen des vorliegenden Teils des Klagegrunds geltend gemacht werden (vgl. Randnr. 252 des vorliegenden Urteils).

 Zur zweiten und dritten Rüge der Unangemessenheit des Verhältnisses Langzeittoxizität/Exposition in Anbetracht von Teil C Ziff. 2.5.2.1 und der Überlassung der Risikobewertung und des Risikomanagements in Bezug auf den Schutz der Gesundheit von Vogelembryonen an die Mitgliedstaaten

244    Was zunächst das Verhältnis Langzeittoxizität/Exposition betrifft, so geht aus einer – von der Kommission nicht bestrittenen – Antwort des Königreichs Schweden auf eine schriftliche Frage des Gerichts hervor, dass die Begriffe „Verhältnis Langzeittoxizität/Exposition“ und „Sicherheitsmarge“ Synonyme sind. Weiter geht aus dieser Antwort hervor, dass sich die Kommission bei der Bewertung der Risiken für Bodenbrüter auf Studien gestützt hat, wonach negative Auswirkungen auf das Schlüpfen aus dem Ei bei einer Exposition der Eier mit einer Paraquatdosis beobachtet wurden, die einer Sprühmenge von 2,24 kg Wirkstoff je Hektar besprühter Fläche entspricht, während die von der Antragstellerin empfohlene Höchstdosis 1,1 kg Wirkstoff je Hektar beträgt. Das Königreich Schweden folgert daraus – ohne dass ihm die Kommission insoweit widerspricht –, dass dieses Organ sich auf eine Sicherheitsmarge von 2 und nicht auf die in Teil C Ziff. 2.5.2.1 des Anhangs VI empfohlene Sicherheitsmarge von 5 gestützt hat.

245    Die Wahl einer Sicherheitsmarge von weniger als 5 steht jedoch nur dann im Widerspruch zu Teil C Ziff. 2.5.2.1 des Anhangs VI, wenn sich herausstellt, dass keine geeignete Risikoabschätzung stattgefunden hat, die den praktischen Beweis erbringt, dass nach Anwendung des paraquathaltigen Pflanzenschutzmittels unter den vorgeschlagenen Bedingungen keine unannehmbaren Auswirkungen eintreten.

246    Es ist daher zu prüfen, ob die Kommission nachgewiesen hat, dass es eine Paraquatanwendung gegeben hat, bei der das Expositionsrisiko für Bodenbrüter annehmbar ist, was das Königreich Schweden sowohl im Rahmen der Rüge eines Verstoßes gegen Teil C Ziff. 2.5.2.1 als auch im Rahmen der Rüge der unzureichenden Beweiskraft der Unterlagen bestreitet.

247    In seinem Gutachten hat der Wissenschaftliche Ausschuss darauf hingewiesen, dass Paraquat eine Gefahr für Vogelembryonen darstellen könnte, dass allerdings für die Bewertung der Risiken zusätzliche Informationen aus wirklichkeitsgetreuen Studien erforderlich seien.

248    Aus dem zweiten Bericht des berichterstattenden Mitgliedstaats geht hervor, dass von der Antragstellerin zusätzliche Informationen in Gestalt von drei Studien beigebracht wurden, die sich auf die Folgen eines Besprühens von Eiern der Japanwachtel (Coturnix coturnix japonica), der Stockente (Mallard duck) und des Fasans (Phasianus colchicus) mit Paraquat beziehen.

249    Der berichterstattende Mitgliedstaat weist in seinem zweiten Bericht darauf hin, dass aus den in der vorstehenden Randnummer erwähnten Studien hervorgehe, dass das Besprühen von Stockenten- und Fasaneneiern mit einer doppelt so hohen Paraquatmenge wie der empfohlenen die Schlupfhäufigkeit allgemein vermindere. Der berichterstattende Mitgliedstaat führt ferner aus, dass bestimmte von der Antragstellerin vorgesehene Anwendungen wegen des Anwendungszeitraums oder, weil ein Nisten in den von einem Paraquateinsatz betroffenen Anpflanzungen unwahrscheinlich sei, für Vogelembryonen kaum Risiken darstellten, dass aber bestimmte Anpflanzungen, bei denen der Einsatz von Paraquat vorgesehen sei, einen geeigneten Lebensraum für Bodenbrüter bilden könnten. Der berichterstattende Mitgliedstaat macht jedoch deutlich, dass er nicht über die Informationen verfüge, die es ermöglichten, festzustellen, ob und in welchem Umfang die Vögel tatsächlich in solchen Kulturen nisteten. Zudem seien diese Informationen für jeden Mitgliedstaat spezifisch, und das Risiko müsse daher auf der Ebene der Mitgliedstaaten festgestellt werden.

250    Die angefochtene Richtlinie weist ausdrücklich darauf hin, dass der Ständige Ausschuss in seiner Bewertung zu der Schlussfolgerung gelangt ist, dass das für Vögel bestehende Risiko annehmbar sei, sofern geeignete Maßnahmen zur Risikobegrenzung getroffen würden.

251    Daher ist festzustellen, dass die Kommission keine konkrete Maßnahme benennt, von der ohne jeden vernünftigen Zweifel feststeht, dass sie geeignet ist, eine Aufnahme von Paraquat in Anhang I der Richtlinie 91/414 unter Beachtung der Anforderungen des Art. 5 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 91/414 in Bezug auf die Vogelgesundheit zuzulassen.

252    Demzufolge war, als Paraquat in Anhang I der Richtlinie 91/414 aufgenommen wurde, der praktische Beweis noch nicht erbracht, dass Paraquat keine unannehmbaren Auswirkungen für die Gesundheit von Vogelembryonen hatte, da allein eventuell von den Mitgliedstaaten zu erlassende Maßnahmen geeignet wären, dieses Risiko annehmbar zu gestalten. Der Rüge, dass die Kommission die Anforderungen von Teil C Ziff. 2.5.2.1 des Anhangs VI verkannt habe, greift daher durch. Das Gleiche gilt für den Vorwurf, dass die Unterlagen nicht beweiskräftig genug gewesen seien, um eine Aufnahme von Paraquat in Anhang I der Richtlinie 91/414 unter Beachtung der Anforderungen des Art. 5 Abs. 1 Buchst. b dieser Richtlinie in Bezug auf die Vogelgesundheit zuzulassen. Schließlich ergibt sich aus dem Vorstehenden auch, dass die Rüge, dass den Mitgliedstaaten unter Verstoß gegen Art. 5 der Richtlinie 91/414 die Prüfung der Risiken für Vogelembryonen und das entsprechende Risikomanagement übertragen worden sei, ebenfalls durchgreift.

 Zur vierten Rüge der Verursachung unnötiger Leiden bei den Paraquat ausgesetzten Tieren

253    Insoweit geht das Königreich Schweden von der Prämisse aus, dass Art. 4 Abs. 1 Buchst. b Ziff. v zweiter Gedankenstrich der Richtlinie, der verlangt, dass – unter besonderer Berücksichtigung der Auswirkung des wirkstoffhaltigen Mittels auf Arten, die nicht bekämpft werden sollen – keine unannehmbaren Auswirkungen auf die Umwelt vorliegen, für die Prüfung der Frage, ob die Anforderungen des Art. 5 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 91/414 im Hinblick auf die Tiergesundheit erfüllt sind, maßgeblich ist.

254    Dies ist jedoch nicht der Fall. Denn Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 91/414 unterscheidet zwischen der Gesundheit von Mensch und Tier einerseits, bei der das Vorliegen schädlicher Auswirkungen nicht toleriert wird, und der Umwelt andererseits, bei der lediglich unannehmbare Auswirkungen nicht zugelassen sind. Art. 4 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 91/414 behandelt gleichfalls getrennt voneinander die Frage der schädlichen Auswirkungen auf die Gesundheit von Mensch und Tier (Art. 4 Abs. 1 Buchst. b Ziff. iv der Richtlinie 91/414) und die Frage der unannehmbaren Auswirkungen auf die Umwelt (Art. 4 Abs. 1 Buchst. b Ziff. v der Richtlinie 91/414). Aus dieser Struktur der Art. 4 und 5 der Richtlinie 91/414 ergibt sich, dass sich bei der Prüfung eines Wirkstoffs unter dem Aspekt des Schutzes der Tiergesundheit gemäß Art. 5 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 91/414 die in dieser Bestimmung vorgenommene Verweisung auf Art. 4 Abs. 1 Buchst. b derselben Richtlinie nur auf die Bestimmung erstreckt, die sich speziell mit der Tiergesundheit befasst, d. h. auf Art. 4 Abs. 1 Buchst. b Ziff. iv dieser Richtlinie.

255    Da sich Art. 4 Abs. 1 Buchst. b Ziff. iv der Richtlinie 91/414 bereits speziell mit der Frage der Auswirkungen des wirkstoffhaltigen Mittels auf die Tiergesundheit befasst, ist Art. 4 Abs. 1 Buchst. b Ziff. v zweiter Gedankenstrich dieser Richtlinie – bei dem es darum geht, ob das Mittel unter Berücksichtigung seiner Auswirkung auf Arten, die nicht bekämpft werden sollen, keine unannehmbaren Auswirkungen auf die Umwelt hat – folglich nicht maßgeblich für die Prüfung der Frage, ob ein Wirkstoff die Anforderungen von Art. 5 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie in Bezug auf die Auswirkungen auf Arten, die nicht bekämpft werden sollen, erfüllt.

256    Im Übrigen könnte die Rüge des Königreichs Schweden jedenfalls auch dann nicht durchgreifen, wenn davon auszugehen wäre, dass Art. 4 Abs. 1 Buchst. b Ziff. v zweiter Gedankenstrich der Richtlinie 91/414 bei der Prüfung der Frage, ob die Anforderungen des Art. 5 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 91/414 im Hinblick auf die Tiergesundheit erfüllt sind, Anwendung findet.

257    Zwar ist für den Fall, dass Art. 4 Abs. 1 Buchst. b Ziff. v zweiter Gedankenstrich der Richtlinie 91/414 Anwendung findet, davon auszugehen, dass diese Vorschrift verlangt, dass bei den Tieren, die nicht mit dem Mittel bekämpft werden sollen, das den betreffenden Wirkstoff enthält, keine unnötigen Schmerzen oder Leiden auftreten. Da nämlich, wie das Königreich Schweden geltend macht, Art. 4 Abs. 1 Buchst. b Ziff. iii der Richtlinie 91/414 der Verursachung unnötiger Leiden oder Schmerzen bei den Wirbeltieren, die mit dem fraglichen Mittel bekämpft werden sollen, entgegensteht, muss Tieren, deren Bekämpfung das fragliche Mittel nicht dient, erst recht ein mindestens gleichwertiger Schutz zugute kommen.

258    Das Königreich Schweden hat jedoch nicht das geringste Argument vorgetragen, aus dem sich folgern ließe, dass Paraquat bei Hasen unnötige Schmerzen oder Leiden verursacht, und beschränkt sich auf den Hinweis, dass davon auszugehen sei, dass Paraquat, weil es beim Menschen solche Schmerzen und Leiden verursache, bei Säugetieren wie Hasen, bei denen letale und subletale Auswirkungen von Paraquat feststünden, dieselben Wirkungen entfalte.

259    Auch wenn es wahrscheinlich ist, dass Tieren, die Paraquat in tödlichen Dosen ausgesetzt sind, starke Schmerzen und schwere Leiden zugefügt werden, ergibt sich daraus nicht zwangsläufig, dass diese Schmerzen und Leiden einen Verstoß gegen die Bestimmungen des Art. 4 belegen, auf die sich das Königreich Schweden im Rahmen der vorliegenden Rüge ausdrücklich bezieht. Denn im Unterschied zu Art. 4 Abs. 1 Buchst. b Ziff. iv der Richtlinie 91/414, der keine unmittelbaren oder mittelbaren schädlichen Auswirkungen des wirkstoffhaltigen Mittels auf die Tiergesundheit zulässt, beschränkt sich Art. 4 Abs. 1 Buchst. b Ziff. iii und v der Richtlinie 91/414 auf ein Verbot von Leiden und Schmerzen, die unnötig sind. Demzufolge sind diese Bestimmungen nur dann verletzt, wenn die Schwelle dessen, was nötig ist, überschritten ist, wofür das Königreich Schweden im vorliegenden Fall keinen Nachweis erbracht hat. Das Königreich Schweden gibt weder die Schwelle an, oberhalb deren die Leiden oder Schmerzen unnötig sind, noch trägt es vor, dass diese Schwelle im vorliegenden Fall überschritten wird.

260    Folglich kann die vierte Rüge mangels jeglichen relevanten Gesichtspunkts, mit dem sich das Vorbringen untermauern ließe, dass eine Paraquatexposition bei Hasen zu unnötigen Leiden oder Schmerzen führt, nicht durchgreifen.

261    Daraus ergibt sich, dass dem zweiten Teil des Klagegrunds, der die Tiergesundheit betrifft, mit Ausnahme der vierten Rüge stattzugeben ist.

262    In Anbetracht dieser und der in Randnr. 191 des vorliegenden Urteils gezogenen Schlussfolgerung ist jeder der beiden Gruppen von Klagegründen, die auf einen Verstoß gegen Art. 5 der Richtlinie 91/414 sowie den Grundsatz der Einbeziehung des Umweltschutzes, den Grundsatz der Vorsorge und den Grundsatz eines hohen Schutzniveaus gestützt werden, im Wesentlichen stattzugeben.

263    Da jede der beiden Gruppen von Klagegründen zumindest teilweise durchgreift, ist die angefochtene Richtlinie für nichtig zu erklären.

 Kosten

264    Nach Art. 87 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Außerdem tragen nach Art. 87 § 4 der Verfahrensordnung die Mitgliedstaaten, die dem Rechtsstreit als Streithelfer beigetreten sind, ihre eigenen Kosten.

265    Da die Kommission mit ihrem Vorbringen unterlegen ist, sind ihr außer ihren eigenen Kosten die Kosten des Königreichs Schweden gemäß dessen Antrag aufzuerlegen.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Zweite erweiterte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Richtlinie 2003/112/EG der Kommission vom 1. Dezember 2003 zur Änderung der Richtlinie 91/414/EWG des Rates zwecks Aufnahme des Wirkstoffs Paraquat wird für nichtig erklärt.

2.      Die Kommission trägt die Kosten des Königreichs Schweden sowie ihre eigenen Kosten.

3.      Das Königreich Dänemark, die Republik Österreich und die Republik Finnland tragen ihre eigenen Kosten.

Pirrung

Meij

Forwood

Pelikánová

 

      Papasavvas

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 11. Juli 2007

Der Kanzler

 

      Der Präsident

E. Coulon

 

      J. Pirrung

Inhaltsverzeichnis


Rechtlicher Rahmen

I –  Vorschriften des Vertrags

II –  Richtlinie 91/414/EWG

III –  Verordnung (EWG) Nr. 3600/92

Vorgeschichte des Rechtsstreits

I –  Das Verfahren, das zum Erlass der Richtlinie 2003/112/EG geführt hat

II –  Richtlinie 2003/112/EG

Verfahren

Anträge der Beteiligten

Entscheidungsgründe

I –  Zum Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse zu Paraquat

A –  Allgemeines

B –  Zum Zusammenhang zwischen der Exposition mit Paraquat und der Parkinson-Krankheit

C –  Zu den mathematischen Modellrechnungen und den Feldstudien in Bezug auf die Gefahr, der sich die Anwender mit der Verwendung von Paraquat aussetzen

D –  Zu den Auswirkungen von Paraquat auf die Tiergesundheit

II –  Zu der Gruppe von Klagegründen, mit denen geltend gemacht wird, dass die Behandlung des Vorgangs gegen Art. 7 der Verordnung Nr. 3600/92, Art. 5 der Richtlinie 91/414 und Art. 174 Abs. 3 EG verstoße

A –  Vorbringen der Beteiligten

B –  Würdigung durch das Gericht

III –  Zu der Gruppe von Klagegründen, die einen Verstoß gegen Art. 5 der Richtlinie 91/414, das Erfordernis der Einbeziehung des Umweltschutzes, den Grundsatz eines hohen Schutzniveaus und den Grundsatz der Vorsorge betreffen

A –  Zum ersten Teil: Schutz der menschlichen Gesundheit

1.  Vorbringen der Parteien

a)  Zur Rüge einer den AOEL-Grenzwert übersteigenden Anwenderexposition

b)  Zur Rüge, dass die wissenschaftlichen Unterlagen nicht hinreichend beweiskräftig gewesen seien, um eine erhebliche Gefährdung der menschlichen Gesundheit durch Paraquat auszuschließen

c)  Zur Rüge einer Absenkung des Schutzniveaus

2.  Würdigung durch das Gericht

a)  Zum Prüfungsrahmen

b)  Zu den Rügen

B –  Zum zweiten Teil: Schutz der Tiergesundheit

1.  Vorbringen der Parteien

a)  Zur Rüge der unzureichenden Beweiskraft der wissenschaftlichen Unterlagen

b)  Zur Rüge der Unangemessenheit des Verhältnisses Langzeittoxizität/Exposition in Anbetracht von Teil C Ziff. 2.5.2.1 des Anhangs VI

c)  Zur Rüge der Überlassung der Risikobewertung und des eventuellen Risikomanagements an die Mitgliedstaaten

d)  Zur Rüge unnötiger Schmerzen bei den exponierten Tieren

2.  Würdigung durch das Gericht

a)  Zum Prüfungsrahmen

b)  Zu den Rügen

Zur Rüge der unzureichenden Beweiskraft der wissenschaftlichen Unterlagen für den Ausschluss schädlicher Auswirkungen von Paraquat auf die Tiergesundheit

Zur zweiten und dritten Rüge der Unangemessenheit des Verhältnisses Langzeittoxizität/Exposition in Anbetracht von Teil C Ziff. 2.5.2.1 und der Überlassung der Risikobewertung und des Risikomanagements in Bezug auf den Schutz der Gesundheit von Vogelembryonen an die Mitgliedstaaten

Zur vierten Rüge der Verursachung unnötiger Leiden bei den Paraquat ausgesetzten Tieren

Kosten


* Verfahrenssprache: Schwedisch.