URTEIL DES GERICHTSHOFS (Fünfte Kammer)

2. März 2023 ( *1 )

„Vorlage zur Vorabentscheidung – Elektrizitätsbinnenmarkt – Richtlinie 2009/72/EG – Verordnung (EU) 2019/943 – Art. 1 Buchst. b und c sowie Art. 3 – Grundsätze für den Betrieb der Elektrizitätsmärkte – Verordnung (EU) 2015/1222 – Art. 5 Abs. 1 – Nominierter Strommarktbetreiber – Gesetzliches nationales Monopol für Day-Ahead- und für Intraday-Handelsdienstleistungen – Nationale Regelung, die ein Monopol für den kurz‑, mittel- und langfristigen Stromgroßhandel vorsieht“

In der Rechtssache C‑394/21

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht von der Curtea de Apel București (Berufungsgericht Bukarest, Rumänien) mit Entscheidung vom 3. Juni 2021, beim Gerichtshof eingegangen am 28. Juni 2021, in dem Verfahren

Bursa Română de Mărfuri SA

gegen

Autoritatea Naţională de Reglementare în domeniul Energiei (ANRE),

Beteiligte:

Federaţia Europeană a Comercianţilor de Energie,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten E. Regan sowie der Richter D. Gratsias, M. Ilešič, I. Jarukaitis (Berichterstatter) und Z. Csehi,

Generalanwalt: A. Rantos,

Kanzler: C. Di Bella, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 22. Juni 2022,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

der Bursa Română de Mărfuri SA, vertreten durch D. Cristea, Avocat,

der Federaţia Europeană a Comercianţilor de Energie, vertreten durch G. Pop, Avocat,

der rumänischen Regierung, vertreten durch M. Chicu, E. Gane, A. Rotăreanu und A. Wellman als Bevollmächtigte,

der griechischen Regierung, vertreten durch K. Boskovits als Bevollmächtigten,

der italienischen Regierung, vertreten durch G. Palmieri als Bevollmächtigte im Beistand von P. G. Marrone, Avvocato dello Stato,

der zyprischen Regierung, vertreten durch E. Symeonidou als Bevollmächtigte,

der Europäischen Kommission, vertreten durch O. Beynet, L. Nicolae und I. Rogalski als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 29. September 2022

folgendes

Urteil

1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Verordnung (EU) 2019/943 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. Juni 2019 über den Elektrizitätsbinnenmarkt (ABl. 2019, L 158, S. 54), namentlich die Auslegung von Art. 1 Buchst. b und c sowie von Art. 3 dieser Verordnung, im Licht der Richtlinie (EU) 2019/944 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. Juni 2019 mit gemeinsamen Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt und zur Änderung der Richtlinie 2012/27/EU (ABl. 2019, L 158, S. 125, berichtigt in ABl. 2020, L 15, S. 8), namentlich ihres Art. 2 Nr. 9, sowie die Auslegung der Art. 101 und 102 AEUV in Verbindung mit Art. 4 Abs. 3 EUV und Art. 106 Abs. 1 AEUV.

2

Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Bursa Română de Mărfuri SA (im Folgenden BRM), einer Gesellschaft rumänischen Rechts, und der Autoritatea Națională de Reglementare în domeniul Energiei (ANRE) (Nationale Energieregulierungsbehörde, Rumänien) wegen eines Antrags auf Aufhebung einer Entscheidung der ANRE, mit der es abgelehnt wird, BRM eine Lizenz für die Organisation und die Verwaltung zentralisierter Elektrizitätsmärkte zu erteilen.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Richtlinie 2009/72/EG

3

Art. 37 („Aufgaben und Befugnisse der Regulierungsbehörde“) Abs. 1 Buchst. j der Richtlinie 2009/72/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über gemeinsame Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 2003/54/EG (ABl. 2009, L 211, S. 55) sah vor:

„Die Regulierungsbehörde hat folgende Aufgaben:

j)

sie beobachtet den Grad und die Wirksamkeit der Marktöffnung und den Umfang des Wettbewerbs auf Großhandelsebene und Endkundenebene, einschließlich Strombörsen … sowie etwaige Wettbewerbsverzerrungen oder ‑beschränkungen, sie stellt relevante Informationen bereit und macht die zuständigen Wettbewerbsbehörden auf einschlägige Fälle aufmerksam“.

4

Die Richtlinie 2009/72 wurde mit Wirkung vom 1. Januar 2021 durch die Richtlinie 2019/944 aufgehoben und ersetzt.

Verordnung (EU) 2015/1222

5

Die Verordnung (EU) 2015/1222 der Kommission vom 24. Juli 2015 zur Festlegung einer Leitlinie für die Kapazitätsvergabe und das Engpassmanagement (ABl. 2015, L 197, S. 24) wurde auf der Grundlage der Verordnung (EG) Nr. 714/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über die Netzzugangsbedingungen für den grenzüberschreitenden Stromhandel und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1228/2003 (ABl. 2009, L 211, S. 15) erlassen.

6

Art. 2 Abs. 2 Nr. 23 der Verordnung 2015/1222 enthält die folgende Begriffsbestimmung:

„…

23.

‚nominierter Strommarktbetreiber‘ (‚NEMO‘, von: nominated electricity market operator) bezeichnet eine Funktionseinheit, die von der zuständigen Behörde für die Ausübung von Aufgaben im Zusammenhang mit der einheitlichen Day-Ahead-Marktkopplung oder der einheitlichen Intraday-Marktkopplung benannt wurde“.

7

Art. 5 („Benennung von NEMOs im Fall eines gesetzlichen nationalen Monopols für Handelsdienstleistungen“) dieser Verordnung bestimmt:

„1.   Falls in einem Mitgliedstaat oder in einer Gebotszone eines Mitgliedstaats zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Verordnung bereits ein gesetzliches nationales Monopol für Day-Ahead- und für Intraday-Handelsdienstleistungen besteht, das die Benennung von mehr als einem NEMO ausschließt, muss der betreffende Mitgliedstaat dies der [Europäischen] Kommission innerhalb von zwei Monaten nach dem Inkrafttreten dieser Verordnung mitteilen und kann er die Benennung von mehr als einem NEMO pro Gebotszone ablehnen.

2.   Für die Zwecke dieser Verordnung wird angenommen, dass ein gesetzliches nationales Monopol besteht, wenn im nationalen Recht ausdrücklich festgelegt ist, dass in einem Mitgliedstaat oder in einer Gebotszone eines Mitgliedstaats nicht mehr als eine Funktionseinheit Day-Ahead- und Intraday-Handelsdienstleistungen durchführen darf.

3.   Zwei Jahre nach dem Inkrafttreten dieser Verordnung übermittelt die Kommission dem Europäischen Parlament und dem Rat [der Europäischen Union] … einen Bericht … Auf der Grundlage dieses Berichts kann die Kommission, falls ihrer Ansicht nach die Aufrechterhaltung gesetzlicher nationaler Monopole oder die anhaltende Ablehnung eines Mitgliedstaats, den grenzüberschreitenden Handel durch einen in einem anderen Mitgliedstaat benannten NEMO zuzulassen, nicht gerechtfertigt ist, geeignete legislative oder sonstige Maßnahmen für einen weiteren Ausbau des Wettbewerbs und des Handels zwischen den Mitgliedstaaten und innerhalb der Mitgliedstaaten in Betracht ziehen. …“

8

Gemäß ihrem Art. 84 ist die genannte Verordnung „am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union“, d. h. am 14. August 2015, in Kraft getreten.

Verordnung 2019/943

9

In Art. 1 („Gegenstand und Anwendungsbereich“) der Verordnung 2019/943 heißt es:

„Ziel dieser Verordnung ist

a)

die Festlegung der Grundlagen für eine effiziente Verwirklichung der Ziele der Energieunion und insbesondere des Rahmens für die Klima- und Energiepolitik bis 2030 durch das Aussenden von Marktsignalen für größere Effizienz und einen höheren Anteil erneuerbarer Energiequellen sowie für Versorgungssicherheit, Flexibilität, Nachhaltigkeit, Dekarbonisierung und Innovation;

b)

die Festlegung von Grundsätzen für gut funktionierende, integrierte Elektrizitätsmärkte, die allen Ressourcenanbieter[n] und Stromkunden diskriminierungsfreien Marktzugang ermöglichen, die Position der Verbraucher stärken, Wettbewerbsfähigkeit auf dem Weltmarkt, Laststeuerung, Energiespeicherung und Energieeffizienz sicherstellen und die Aggregierung von dezentralem Angebot und dezentraler Nachfrage erleichtern und die Marktintegration und die Integration verschiedener Sektoren sowie eine marktbasierte Vergütung für Elektrizität aus erneuerbaren Quellen ermöglichen;

c)

die Festlegung gerechter Regeln für den grenzüberschreitenden Stromhandel und somit eine Verbesserung des Wettbewerbs auf dem Elektrizitätsbinnenmarkt unter Berücksichtigung der besonderen Merkmale nationaler und regionaler Märkte, einschließlich der Schaffung eines Ausgleichsmechanismus für grenzüberschreitende Stromflüsse, der Festlegung harmonisierter Grundsätze für die Entgelte für die grenzüberschreitende Übertragung und der Vergabe der auf den Verbindungsleitungen zwischen nationalen Übertragungsnetzen verfügbaren Kapazitäten;

d)

die Erleichterung der Herausbildung eines gut funktionierenden und transparenten Großhandelsmarkts, der zu einem hohen Maß an Stromversorgungssicherheit beiträgt und die Bereitstellung von Mechanismen zur Harmonisierung der Regeln für den grenzüberschreitenden Stromhandel.“

10

Art. 2 dieser Verordnung sieht vor:

„Es gelten die folgenden Begriffsbestimmungen:

2.

‚Regulierungsbehörde‘ bezeichnet die nach Maßgabe von Artikel 57 Absatz 1 der Richtlinie … 2019/944 von jedem Mitgliedstaat benannte Regulierungsbehörde;

7.

‚Marktbetreiber‘ bezeichnet eine Funktionseinheit, die eine Dienstleistung erbringt, mit der die Ankaufs- und Verkaufsangebote für Elektrizität aufeinander abgestimmt werden;

8.

‚nominierter Strommarktbetreiber‘ oder ‚NEMO‘ bezeichnet einen Marktbetreiber, der von der zuständigen Behörde für die Ausübung von Aufgaben im Zusammenhang mit der einheitlichen Day-Ahead-Marktkopplung oder der einheitlichen Intraday-Marktkopplung benannt wurde;

40.

‚Elektrizitätsmärkte‘ bezeichnet Elektrizitätsmärkte im Sinne von Artikel 2 Nummer 9 der Richtlinie … 2019/944;

…“

11

Art. 3 („Grundsätze für den Betrieb der Elektrizitätsmärkte“) der Verordnung stellt klar:

„Die Mitgliedstaaten, die Regulierungsbehörden, die Übertragungsnetzbetreiber, die Verteilernetzbetreiber, die Marktbetreiber und die delegierten Betreiber sorgen dafür, dass die Elektrizitätsmärkte nach den folgenden Grundsätzen betrieben werden:

a)

Preise werden auf der Grundlage von Angebot und Nachfrage gebildet.

b)

Die Marktvorschriften begünstigen die freie Preisbildung und vermeiden Maßnahmen, mit denen eine Preisbildung auf der Grundlage von Angebot und Nachfrage verhindert wird.

h)

Hindernisse für grenzüberschreitende Stromflüsse zwischen Gebotszonen oder Mitgliedstaaten und grenzüberschreitende Transaktionen auf den Elektrizitätsmärkten und die mit ihnen verbundenen Dienstleistungsmärkte sind schrittweise zu beseitigen.

o)

Damit sich die Marktteilnehmer marktbasiert gegen Preisschwankungsrisiken wappnen können und Unsicherheiten hinsichtlich künftiger Investitionsrenditen abgeschwächt werden, dürfen langfristige Absicherungsmöglichkeiten auf transparente Weise an den Börsen gehandelt und langfristige Lieferverträge außerbörslich ausgehandelt werden, wobei das Wettbewerbsrecht der Union einzuhalten ist.

p)

Die Marktvorschriften erleichtern den unionsweiten Handel mit Produkten und bei Änderungen des Regelungsrahmens muss den Auswirkungen auf sowohl kurzfristige als auch langfristige Terminmärkte und ‑produkte Rechnung getragen werden.

…“

12

In Art. 10 („Technische Gebotsgrenzen“) der Verordnung heißt es:

„(1)   Für den Großhandelsstrompreis gibt es weder eine Obergrenze noch eine Untergrenze. …

(4)   Die Regulierungsbehörden oder … die … benannten zuständigen Behörden, ermitteln in ihrem Hoheitsgebiet die Strategien und Maßnahmen, die indirekt zur Beschränkung der Preisbildung im Großhandel beitragen könnten, darunter beschränkende Gebote im Zusammenhang mit der Aktivierung von Regelarbeit, Kapazitätsmechanismen, Maßnahmen der Übertragungsnetzbetreiber, sowie Maßnahmen zur Anfechtung von Marktergebnissen, oder Maßnahmen zur Verhinderung des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung oder ineffizient festgelegter Gebotszonen.

(5)   Hat eine Regulierungsbehörde oder eine andere benannte zuständige Behörde festgestellt, dass eine Strategie oder eine Maßnahme dazu dienen könnte, die Preisbildung im Großhandel zu beschränken, so trifft sie alle geeigneten Maßnahmen zur Unterbindung dieser Strategie oder Maßnahme oder, falls dies nicht möglich ist, zur Eindämmung ihrer Auswirkungen auf das Bietverhalten. …“

Richtlinie 2019/944

13

Art. 2 Nr. 9 der Richtlinie 2019/944 enthält die folgende Begriffsbestimmung:

„Für die Zwecke dieser Richtlinie bezeichnet der Ausdruck

9.

‚Elektrizitätsmärkte‘ Elektrizitätsmärkte, einschließlich außerbörslicher Märkte und Strombörsen, Märkte für den Handel mit Energie, Kapazität, Regelreserve und Systemdienstleistungen für alle Zeitspannen, darunter auch Terminmärkte, Day-Ahead- und Intraday-Märkte“.

14

Art. 59 („Aufgaben und Befugnisse der Regulierungsbehörden“) dieser Richtlinie sieht, u. a., in Abs. 1 Buchst. o vor, dass die Regulierungsbehörde die Aufgabe hat, „den Grad und die Wirksamkeit der Marktöffnung und den Umfang des Wettbewerbs auf Großhandels- und Endkundenebene, einschließlich Strombörsen, … sowie etwaige Wettbewerbsverzerrungen oder -beschränkungen [zu beobachten], … relevante Informationen bereit[zustellen] und … den jeweils zuständigen Wettbewerbsbehörden einschlägige Fälle vor[zulegen]“.

15

Gemäß Art. 72 der Richtlinie 2019/944 wurde mit dieser Richtlinie die Richtlinie 2009/72 mit Wirkung vom 1. Januar 2021 aufgehoben und ersetzt, wobei die meisten Bestimmungen dieser neuen Richtlinie nach ihrem Art. 73 seit diesem Zeitpunkt gelten. In Kraft getreten ist sie jedoch gemäß der letztgenannten Vorschrift am 4. Juli 2019.

Rumänisches Recht

16

Die Legea nr. 123/2012 energiei electrice și a gazelor naturale (Gesetz Nr. 123/2012 über elektrische Energie und Erdgas) vom 10. Juli 2012 (Monitorul Oficial al României, Teil I, Nr. 485 vom 16. Juli 2012) in ihrer auf den Ausgangsrechtsstreit anwendbaren Fassung (im Folgenden: Gesetz Nr. 123/2012) enthält in Art. 3 Nrn. 38 und 49 folgende Begriffsbestimmungen:

„38.

Betreiber des Marktes für elektrische Energie: juristische Person, die die zentralisierten Märkte mit Ausnahme des Ausgleichsmarkts zum Zweck des kurz‑, mittel- und langfristigen Stromgroßhandels organisiert und verwaltet;

49.

zentralisierter Markt für elektrische Energie: Organisationsrahmen für den Handel mit elektrischer Energie zwischen verschiedenen Wirtschaftsteilnehmern, vermittelt durch den Betreiber des Marktes für elektrische Energie oder durch den Fernleitungsnetzbetreiber, auf der Grundlage spezieller Vorschriften, die von der zuständigen Behörde genehmigt wurden; in diesem Titel sind die Begriffe ‚zentralisierter Markt für elektrische Energie‘ und ‚organisierter Markt für elektrische Energie‘ gleichbedeutend“.

17

Art. 10 Abs. 2 Buchst. f dieses Gesetzes bestimmt:

„Die zuständige Behörde erteilt die Lizenzen für:

f)

die Verwaltung der zentralisierten Märkte – dem Betreiber des Elektrizitätsmarkts wird nur eine einzige Lizenz erteilt und dem Betreiber des Ausgleichsmarkts wird nur eine einzige Lizenz erteilt“.

Ausgangsverfahren und Vorlagefragen

18

BRM verfügt nach rumänischem Recht über eine allgemeine Zuständigkeit für die Verwaltung von Märkten von öffentlichem Interesse. Am 20. August 2020 beantragte sie bei der ANRE unter Bezugnahme auf die Verordnung 2019/943 die Erteilung einer Lizenz für die Organisation und die Verwaltung zentralisierter Elektrizitätsmärkte. Am 21. September 2020 informierte die ANRE BRM über die Ablehnung ihres Antrags. Dieses Unternehmen erhob daraufhin bei der Curtea de Apel Bucureşti (Berufungsgericht Bukarest, Rumänien), dem vorlegenden Gericht, Klage mit dem Antrag, der ANRE aufzugeben, ihr die beantragte Lizenz zu erteilen, und berief sich dabei auf das Inkrafttreten der genannten Verordnung zum 1. Januar 2020.

19

Zur Begründung ihrer Klage machte BRM geltend, aus dieser Verordnung, insbesondere aus ihrem Art. 1 Buchst. b und c, ihrem Art. 3 sowie ihrem Art. 10 Abs. 4 und 5, in Verbindung mit der Richtlinie 2019/944 ergebe sich, dass die nationalen Regulierungsbehörden verpflichtet seien, einen wirksamen Wettbewerb zwischen den Betreibern der Elektrizitätsmärkte sicherzustellen und in jedem Fall zu verhindern, dass ein wettbewerbswidriges Monopol bestehe. Das Recht, auf dem Markt für Waren und Dienstleistungen bezüglich Elektrizität zu handeln, dürfe ihr daher nicht verwehrt werden. Sie machte insbesondere geltend, dass die in der Verordnung 2019/943 festgelegten Grundsätze des freien Wettbewerbs, zu denen ihrer Ansicht nach auch die Unterbindung monopolistischen Verhaltens gehört, auch den Strommarktbetreiber beträfen, wie er in Art. 2 Nr. 7 dieser Verordnung definiert sei.

20

Die ANRE erwiderte darauf unter Berufung auf Art. 10 Abs. 2 Buchst. f des Gesetzes Nr. 123/2012 und den Umstand, dass zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes die Lizenz für die Verwaltung der zentralisierten Elektrizitätsmärkte bereits, und zwar am 20. Dezember 2001, für eine Dauer von 25 Jahren der OPCOM SA erteilt worden sei, so dass dieser Betreiber in diesem Bereich ein Monopol innehabe. Sie wies ferner darauf hin, dass OPCOM auf der Grundlage von Art. 5 der Verordnung 2015/1222 als NEMO für den Day-Ahead- und den Intraday-Elektrizitätsmarkt für die Gebotszone Rumänien benannt worden sei und dass diese Benennung später bis zum 20. Dezember 2026 verlängert worden sei. Dieser Art. 5 lasse aber, indem er den Mitgliedstaaten die Möglichkeit einräume, nur einen einzigen NEMO zu benennen, das Bestehen eines Monopols zu.

21

Die Bestimmungen der Verordnung 2019/943 hält die ANRE insoweit hingegen für irrelevant, da diese Verordnung keine Bestimmung enthalte, die die Mitgliedstaaten verpflichten würde, mehrere Betreiber zu benennen, deren Aufgabe es sei, die zentralisierten Elektrizitätsmärkte für die Zwecke des Stromgroßhandels zu organisieren und zu verwalten. Da der Elektrizitätsmarkt in Rumänien klein sei, würde die Schaffung zweier getrennter Märkte lediglich zu einer Aufteilung der Angebote derselben Bieter führen, was einen Verstoß gegen die Wettbewerbsregeln bedeuten würde.

22

Das vorlegende Gericht weist darauf hin, dass der Gerichtshof die Verordnung 2019/943 noch nicht ausgelegt habe und ist der Ansicht, dass ihre korrekte Auslegung und Anwendung nicht offensichtlich seien. Sollte der Gerichtshof jedoch feststellen, dass die Bestimmungen dieser Verordnung auf den Strommarktbetreiber Anwendung finden, dass diese Bestimmungen – für sich genommen oder in Verbindung mit der Richtlinie 2019/944 – es einem Mitgliedstaat von ihrem Inkrafttreten an verbieten, weiterhin nur eine einzige Lizenz für die Verwaltung des gesamten Elektrizitätsmarkts dieses Staates zu erteilen, und dass die Erteilung einer einzigen solchen Lizenz durch einen Mitgliedstaat eine Beschränkung des Wettbewerbs im Sinne der Art. 101 und 102 AEUV in Verbindung mit Art. 4 Abs. 3 EUV und Art. 106 Abs. 1 AEUV darstellt, wäre jede dieser Auslegungen nach Ansicht des vorlegenden Gerichts für die von ihm vorzunehmende Beurteilung von erheblicher Bedeutung. Daher habe es dem Antrag von BRM, dem Gerichtshof ein Vorabentscheidungsersuchen vorzulegen, stattgegeben.

23

Unter diesen Umständen hat die Curtea de Apel București (Berufungsgericht Bukarest) beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

1.

Verbietet die Verordnung 2019/943, insbesondere Art. 1 Buchst. b und Art. 3, auch unter Berücksichtigung der Bestimmungen der Richtlinie 2019/944, seit ihrem Inkrafttreten, dass ein Mitgliedstaat weiterhin eine einzige Lizenz für die Organisation und die Verwaltung der zentralisierten Elektrizitätsmärkte erteilt? Besteht seit dem 1. Januar 2020 eine Verpflichtung des rumänischen Staates, ein bestehendes Monopol bei der Verwaltung des Elektrizitätsmarkts zu beenden?

2.

Schließt der persönliche Anwendungsbereich der Grundsätze des freien Wettbewerbs in der Verordnung 2019/943, insbesondere von Art. 1 Buchst. b und c bzw. Art. 3, den Betreiber eines Elektrizitätsmarkts wie eine Warenbörse ein? Ist es für diese Antwort von Bedeutung, dass Art. 2 Nr. 40 der Verordnung 2019/943 für die Definition des Elektrizitätsmarkts auf die Definition der Elektrizitätsmärkte in Art. 2 Nr. 9 der Richtlinie 2019/944 verweist?

3.

Stellt die Erteilung einer einzigen Lizenz für den Betrieb des Elektrizitätsmarkts durch einen Mitgliedstaat eine Beschränkung des Wettbewerbs im Sinne der Art. 101 und 102 AEUV in Verbindung mit Art. 4 Abs. 3 EUV und Art. 106 Abs. 1 AEUV dar?

Zu den Vorlagefragen

Zur ersten und zur zweiten Frage

24

Zunächst ist erstens festzustellen, dass die Richtlinie 2019/944, auf die sich die erste und der zweite Frage beziehen, gemäß ihrem Art. 72 die Richtlinie 2009/72 erst mit Wirkung vom 1. Januar 2021 aufgehoben hat, d. h. sowohl nach der Einreichung des Antrags von BRM auf Erteilung einer Lizenz für die Organisation und Verwaltung zentralisierter Elektrizitätsmärkte als auch nach dem Erlass der Entscheidung der ANRE, die Gegenstand des Ausgangsrechtsstreits ist, so dass die erstgenannte Richtlinie im Gegensatz zur zweitgenannten Richtlinie auf diesen Rechtsstreit in zeitlicher Hinsicht nicht anwendbar ist. Da die Verordnung 2019/943 jedoch bestimmte Definitionen durch Verweis auf die in der Richtlinie 2019/944 festgelegten Definitionen festlegt, ist festzustellen, dass diese Definitionen fester Bestandteil dieser Verordnung sind und daher gegebenenfalls für die Zwecke der Prüfung der ersten beiden Fragen berücksichtigt werden können.

25

Zweitens ist festzustellen, dass das Ausgangsverfahren die Weigerung der ANRE – der von Rumänien benannten „Regulierungsbehörde“ im Sinne von Art. 2 Nr. 2 der Verordnung 2019/943 – betrifft, BRM eine Lizenz für die Organisation und die Verwaltung von Elektrizitätsmärkten zu erteilen, wobei diese Weigerung auf Art. 10 Abs. 2 Buchst. f des Gesetzes Nr. 123/2012 gestützt wird.

26

Wie aus der Vorlageentscheidung hervorgeht, sieht diese Vorschrift vor, dass auf der Ebene dieses Mitgliedstaats eine einzige Lizenz für einen Betreiber des Marktes für elektrische Energie im Sinne dieses Gesetzes erteilt wird, wobei dieser Betreiber nach der Definition in Art. 3 Nr. 38 des genannten Gesetzes die zentralisierten Elektrizitätsmärkte mit Ausnahme des Ausgleichsmarkts zum Zweck des kurz‑, mittel- und langfristigen Stromgroßhandels organisiert und verwaltet. Gemäß Nr. 49 dieses Art. 3 bezieht sich der Begriff „zentralisierter Markt für elektrische Energie“ auf den Organisationsrahmen für den Handel mit elektrischer Energie zwischen verschiedenen Wirtschaftsteilnehmern, vermittelt durch den Betreiber des Marktes für elektrische Energie.

27

Außerdem steht im Ausgangsverfahren fest, dass, als BRM ihren Antrag auf Erteilung einer Lizenz als Betreiberin des Elektrizitätsmarkts im Sinne des genannten Gesetzes stellte, dessen Ablehnung dem Ausgangsverfahren zugrunde liegt, die einzige nach dem damals geltenden nationalen Recht vorgesehene Lizenz bereits OPCOM erteilt worden war, die somit in Rumänien ein Monopol auf die Dienstleistungen der Vermittlung von Angeboten für den Verkauf und den Kauf von Elektrizität auf den kurz‑, mittel- und langfristigen Großhandelsmärkten innehatte. Insoweit hat die rumänische Regierung in der mündlichen Verhandlung vor dem Gerichtshof klargestellt, dass diese Märkte den Intraday‑, Day-Ahead- und Terminmärkten entsprächen, wie sie im einschlägigen Unionsrecht genannt seien. OPCOM ist jedoch nicht Partei des Ausgangsrechtsstreits, und dieser betrifft auch nicht ihr Marktverhalten, da dieser Rechtsstreit allein auf die Anwendung der nationalen Rechtsvorschriften, aus denen sich das Bestehen dieses Monopols ergibt, durch die rumänische Regulierungsbehörde zurückgeht.

28

In Anbetracht dieser Umstände ist festzustellen, dass die zweite Frage – mit der das vorlegende Gericht im Wesentlichen zum einen wissen möchte, ob ein Betreiber eines Elektrizitätsmarkts die in Art. 1 Buchst. b und c der Verordnung 2019/943 genannten Grundsätze zu beachten hat, und zum anderen, ob es insoweit relevant ist, dass der Begriff „Elektrizitätsmärkte“ im Sinne dieser Verordnung in deren Art. 2 Nr. 40 durch einen Verweis auf die Definition dieses Begriffs in Art. 2 Nr. 9 der Richtlinie 2019/944 definiert wird – für den Ausgangsrechtsstreit nur dann sachdienlich ist, wenn sie so verstanden wird, dass sie darauf abzielt, zu bestimmen, ob diese Grundsätze oder diese Definition einer nationalen Regelung entgegenstehen, die vorsieht, dass nur ein einziger Strommarktbetreiber im Sinne von Art. 2 Nr. 7 der genannten Verordnung rechtmäßig auf diesem Markt tätig sein kann.

29

Unter diesen Umständen ist davon auszugehen, dass das vorlegende Gericht mit seiner ersten und seiner zweiten Frage, die zusammen zu prüfen sind, im Wesentlichen wissen möchte, ob die Verordnung 2019/943, insbesondere Art. 1 Buchst. b und c, Art. 2 Nr. 40 sowie Art. 3 dieser Verordnung, in Verbindung mit der Richtlinie 2009/72 dahin auszulegen ist, dass sie einer Regelung eines Mitgliedstaats entgegensteht, nach der ein gesetzliches nationales Monopol für Dienstleistungen der Vermittlung von Angeboten für den Verkauf und den Kauf von Elektrizität aufrechterhalten wird, das sowohl den Day-Ahead- und den Intraday-Großhandelsmarkt als auch den Termin-Großhandelsmarkt betrifft.

30

Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass die Verordnung 2019/943 nach ihrem Art. 1 Buchst. a abzielt auf die Festlegung der Grundlagen für eine effiziente Verwirklichung der Ziele der Energieunion und insbesondere des Rahmens für die Klima- und Energiepolitik bis 2030 und nach ihrem Art. 1 Buchst. b auf die Festlegung von Grundsätzen für gut funktionierende, integrierte Elektrizitätsmärkte, die allen Ressourcenanbietern und Stromkunden diskriminierungsfreien Marktzugang ermöglichen, die Position der Verbraucher stärken, Wettbewerbsfähigkeit auf dem Weltmarkt, Laststeuerung, Energiespeicherung und Energieeffizienz sicherstellen und die Aggregierung von dezentralem Angebot und dezentraler Nachfrage erleichtern und die Marktintegration und die Integration verschiedener Sektoren sowie eine marktbasierte Vergütung für Elektrizität aus erneuerbaren Quellen ermöglichen.

31

In diesem Zusammenhang bezweckt Art. 1 Buchst. c der genannten Verordnung die Festlegung gerechter Regeln für den grenzüberschreitenden Stromhandel und somit eine Verbesserung des Wettbewerbs auf dem Elektrizitätsbinnenmarkt unter Berücksichtigung der besonderen Merkmale nationaler und regionaler Märkte, einschließlich der Schaffung eines Ausgleichsmechanismus für grenzüberschreitende Stromflüsse, der Festlegung harmonisierter Grundsätze für die Entgelte für die grenzüberschreitende Übertragung und der Vergabe der auf den Verbindungsleitungen zwischen nationalen Übertragungsnetzen verfügbaren Kapazitäten.

32

Nach Art. 1 Buchst. d der Verordnung zielt diese außerdem ab auf die Erleichterung der Herausbildung eines gut funktionierenden und transparenten Großhandelsmarkts, der zu einem hohen Maß an Stromversorgungssicherheit beiträgt, und die Bereitstellung von Mechanismen zur Harmonisierung der Regeln für den grenzüberschreitenden Stromhandel.

33

Was Art. 3 der Verordnung 2019/943 betrifft, so sind dort die Grundsätze aufgeführt, nach denen die Mitgliedstaaten, die Regulierungsbehörden, die Übertragungsnetzbetreiber, die Verteilernetzbetreiber, die Marktbetreiber und die delegierten Betreiber für den Betrieb der Elektrizitätsmärkte sorgen müssen. Dazu gehören nach Art. 3 Buchst. a der Grundsatz, dass Preise auf der Grundlage von Angebot und Nachfrage gebildet werden, Buchst. b der Grundsatz, dass die Marktvorschriften die freie Preisbildung begünstigen und Maßnahmen vermeiden, mit denen eine Preisbildung auf der Grundlage von Angebot und Nachfrage verhindert wird, Buchst. h der Grundsatz, dass Hindernisse für grenzüberschreitende Stromflüsse zwischen Gebotszonen oder Mitgliedstaaten und grenzüberschreitende Transaktionen auf den Elektrizitätsmärkten und die mit ihnen verbundenen Dienstleistungsmärkte schrittweise zu beseitigen sind, Buchst. o der Grundsatz, dass langfristige Absicherungsmöglichkeiten auf transparente Weise an den Börsen gehandelt und langfristige Lieferverträge außerbörslich ausgehandelt werden, wobei das Wettbewerbsrecht der Union einzuhalten ist, und Buchst. p der Grundsatz, dass die Marktvorschriften den unionsweiten Handel mit Produkten erleichtern.

34

Diese Vorschriften erlegen zwar, wie auch der Generalanwalt in Nr. 22 seiner Schlussanträge im Kern ausgeführt hat, u. a. den Mitgliedstaaten und den nationalen Regulierungsbehörden bestimmte Verpflichtungen auf, um den Wettbewerb auf den Elektrizitätsmärkten im Sinne von Art. 2 Nr. 40 der Verordnung 2019/943 zu fördern, jedoch ist festzustellen, dass keine dieser Vorschriften und im Übrigen auch keine andere Vorschrift dieser Verordnung eine Regel bezüglich des Handels auf diesen Märkten vorsieht, die – sei es auch im Licht der mit dieser Verordnung verfolgten Ziele – dahin ausgelegt werden könnte, dass sie als solche dem entgegensteht, dass in einem Mitgliedstaat ein gesetzliches nationales Monopol für Dienstleistungen der Vermittlung von Angeboten für den Verkauf und den Kauf von Elektrizität auf Großhandelsebene wie das im Ausgangsverfahren in Rede stehende aufrechterhalten wird.

35

Insbesondere lässt sich nicht mit dem Umstand, dass dieser Art. 2 Nr. 40 den Begriff „Elektrizitätsmärkte“ durch einen Verweis auf Art. 2 Nr. 9 der Richtlinie 2019/944 als „Elektrizitätsmärkte, einschließlich außerbörslicher Märkte und Strombörsen, Märkte für den Handel mit Energie, Kapazität, Regelreserve und Systemdienstleistungen für alle Zeitspannen, darunter auch Terminmärkte, Day-Ahead- und Intraday-Märkte“, definiert und sich damit – im Plural – u. a. auf „Strombörsen“ bezieht, belegen, dass sich aus einer solchen Definition ein Verbot für die Mitgliedstaaten ergibt, ein gesetzliches nationales Monopol wie das im Ausgangsverfahren in Rede stehende aufrechtzuerhalten, wenn die Verordnung 2019/943 keine dahin gehende Bestimmung enthält.

36

Ein solches Verbot kann auch nicht aus Art. 10 Abs. 4 und 5 dieser Verordnung abgeleitet werden, auf den sich BRM vor dem vorlegenden Gericht berufen hat. Diese Bestimmungen – die sich in den Rahmen des in Abs. 1 dieses Art. 10 festgelegten Grundsatzes einfügen, wonach es für den Großhandelsstrompreis weder eine Obergrenze noch eine Untergrenze gibt – beschränken sich nämlich im Wesentlichen darauf, vorzusehen, dass die Regulierungsbehörden in ihrem Hoheitsgebiet die Strategien und Maßnahmen, die indirekt zur Beschränkung der Preisbildung im Großhandel beitragen könnten, oder Maßnahmen zur Verhinderung des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung oder ineffizient festgelegter Gebotszonen ermitteln (Abs. 4) und dass die zuständige Behörde, wenn festgestellt wurde, dass eine Strategie oder eine Maßnahme dazu dienen könnte, die Preisbildung im Großhandel zu beschränken, alle geeigneten Maßnahmen zur Unterbindung dieser Strategie oder Maßnahme oder, falls dies nicht möglich ist, zur Eindämmung ihrer Auswirkungen auf das Bietverhalten trifft (Abs. 5).

37

Im Übrigen ist zum einen darauf hinzuweisen, dass die bloße Innehabung einer beherrschenden Stellung als solche keinen Missbrauch im Sinne von Art. 102 AEUV darstellt, und zum anderen darauf, dass die bloße Schaffung einer beherrschenden Stellung durch die Gewährung besonderer oder ausschließlicher Rechte im Sinne von Art. 106 Abs. 1 AEUV als solche noch nicht mit Art. 102 AEUV unvereinbar ist (Urteil vom 26. Oktober 2017, Balgarska energiyna borsa, C‑347/16, EU:C:2017:816, Rn. 54 und die dort angeführte Rechtsprechung).

38

Die in Rn. 34 des vorliegenden Urteils zu den Bestimmungen der Verordnung 2019/943 getroffene Feststellung gilt auch in Bezug auf die Richtlinie 2009/72, die keine vollständige Harmonisierung des Elektrizitätsbinnenmarkts vornimmt, sondern nur eine Reihe von allgemeinen Grundsätzen festlegt, die die Mitgliedstaaten im Hinblick auf die Errichtung eines wettbewerbsbestimmten, sicheren und unter ökologischen Aspekten nachhaltigen Elektrizitätsmarkts zu beachten haben (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 17. September 2020, Hidroelectrica, C‑648/18, EU:C:2020:723, Rn. 27).

39

Insbesondere beschränkt sich Art. 37 Abs. 1 Buchst. j dieser Richtlinie, der im Wesentlichen Art. 59 Abs. 1 Buchst. o der Richtlinie 2019/944 entspricht, auf den sich BRM vor dem Gerichtshof berufen hat, soweit für die Zwecke der vorliegenden Rechtssache relevant darauf, den nationalen Regulierungsbehörden die Aufgabe zu übertragen, „den Grad und die Wirksamkeit der Marktöffnung und den Umfang des Wettbewerbs auf Großhandelsebene und Endkundenebene, einschließlich Strombörsen, [zu beobachten]“ und „etwaige Wettbewerbsverzerrungen oder ‑beschränkungen [zu beobachten]“. Aus dem eindeutigen Wortlaut dieser Vorschrift ergibt sich also, dass sie diese Behörden in keiner Weise verpflichtet, Maßnahmen zu ergreifen, um ein bestehendes gesetzliches nationales Monopol für Dienstleistungen der Vermittlung von Angeboten für den Verkauf und den Kauf von Elektrizität, wie es im Ausgangsverfahren in Rede steht, zu beenden.

40

Allerdings kann der Gerichtshof, um dem Gericht, das ihm eine Vorlagefrage gestellt hat, eine sachdienliche Antwort zu geben, veranlasst sein, unionsrechtliche Vorschriften zu berücksichtigen, die das nationale Gericht in seiner Frage nicht angeführt hat (Urteil vom 17. Oktober 2019, Comida paralela 12, C‑579/18, EU:C:2019:875, Rn. 22 und die dort angeführte Rechtsprechung).

41

Daher ist erstens, soweit es im Ausgangsverfahren um ein bestehendes Monopol für Dienstleistungen der Vermittlung von Angeboten für den Verkauf und den Kauf von Elektrizität auf dem Day-Ahead- und dem Intraday-Großhandelsmarkt geht, darauf hinzuweisen, dass Art. 5 Abs. 1 Unterabs. 1 der Verordnung 2015/1222 vorsieht, dass, falls in einem Mitgliedstaat oder in einer Gebotszone eines Mitgliedstaats zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Verordnung bereits ein gesetzliches nationales Monopol für Day-Ahead- und für Intraday-Stromhandelsdienstleistungen besteht, das die Benennung von mehr als einem NEMO ausschließt, der betreffende Mitgliedstaat dies der Kommission innerhalb von zwei Monaten nach dem Inkrafttreten dieser Verordnung mitteilen muss und die Benennung von mehr als einem NEMO pro Gebotszone ablehnen kann.

42

In Abs. 2 dieses Art. 5 wird klargestellt, dass für die Zwecke dieser Verordnung angenommen wird, dass ein gesetzliches nationales Monopol besteht, wenn im nationalen Recht ausdrücklich festgelegt ist, dass in dem Mitgliedstaat oder in einer Gebotszone dieses Mitgliedstaats nicht mehr als eine Funktionseinheit Day-Ahead- und Intraday-Handelsdienstleistungen durchführen darf. Abs. 3 dieses Art. 5 sieht ergänzend u. a. vor, dass die Kommission, wenn sie auf der Grundlage eines zwei Jahre nach dem Inkrafttreten der genannten Verordnung zu erstellenden Berichts der Ansicht ist, dass die Aufrechterhaltung gesetzlicher nationaler Monopole oder die anhaltende Ablehnung eines Mitgliedstaats, den grenzüberschreitenden Handel durch einen in einem anderen Mitgliedstaat benannten NEMO zuzulassen, nicht gerechtfertigt ist, geeignete legislative oder sonstige Maßnahmen für einen weiteren Ausbau des Wettbewerbs und des Handels zwischen den Mitgliedstaaten und innerhalb der Mitgliedstaaten in Betracht ziehen kann.

43

Aus diesen Bestimmungen ergibt sich, dass, wenn zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Verordnung 2015/1222, d. h. gemäß Art. 84 dieser Verordnung am 14. August 2015, in einem Mitgliedstaat ein gesetzliches nationales Monopol für Day-Ahead- und für Intraday-Stromhandelsdienstleistungen bestand, dieser Mitgliedstaat gemäß Art. 5 Abs. 1 der Verordnung 2015/1222 berechtigt ist, dieses Monopol unter den in diesem Art. 5 festgelegten Bedingungen aufrechtzuerhalten, und folglich die Benennung von mehr als einem NEMO pro Gebotszone ablehnen kann.

44

Im vorliegenden Fall steht fest, dass zu dem genannten Zeitpunkt in Rumänien ein solches Monopol für Day-Ahead- und für Intraday-Stromhandelsdienstleistungen zugunsten von OPCOM als nominierter Strommarktbetreiberin im Sinne von Art. 2 Abs. 2 Nr. 23 dieser Verordnung bestand – wobei die Definition dieses Begriffs in dieser Vorschrift im Übrigen im Wesentlichen in Art. 2 Nr. 8 der Verordnung 2019/943 übernommen wurde –, dass dies der Kommission gemäß Art. 5 Abs. 1 der Verordnung 2015/1222 mitgeteilt worden war und dass die Kommission bislang keine geeignete legislative oder sonstige Maßnahme im Sinne von Art. 5 Abs. 3 der letztgenannten Verordnung ergriffen hat, die dazu verpflichten würde, dieses Monopol zu beenden.

45

Folglich ist festzustellen, dass sich aus der Verordnung 2019/943, insbesondere aus ihrem Art. 1 Buchst. b und c, ihrem Art. 2 Nr. 40 sowie ihrem Art. 3, in Verbindung mit der Richtlinie 2009/72 und aus Art. 5 der Verordnung 2015/1222 ergibt, dass diese Vorschriften es einem Mitgliedstaat nicht verwehren, ein gesetzliches nationales Monopol für Dienstleistungen der Vermittlung von Angeboten für den Verkauf und den Kauf von Elektrizität aufrechtzuerhalten, das sich auf den Day-Ahead- und den Intraday-Großhandelsmarkt bezieht, sofern dieses Monopol in diesem Mitgliedstaat zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Verordnung 2015/1222 bereits bestand.

46

Zweitens ist, soweit es im Ausgangsverfahren um ein bestehendes Monopol für Dienstleistungen der Vermittlung von Angeboten für den Verkauf und den Kauf von Elektrizität auf dem Termin-Großhandelsmarkt geht, darauf hinzuweisen, dass jede nationale Maßnahme in einem Bereich, der auf Unionsebene abschließend harmonisiert wurde, anhand der Bestimmungen dieser Harmonisierungsmaßnahme und nicht anhand der Bestimmungen des Primärrechts zu beurteilen ist (Urteil vom 17. September 2020, Hidroelectrica, C‑648/18, EU:C:2020:723, Rn. 25 und die dort angeführte Rechtsprechung). Da solche Vermittlungsdienstleistungen jedoch nicht Gegenstand einer abschließenden Harmonisierung auf Unionsebene sind, ist eine nationale Regelung wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende, soweit sie ein solches Monopol auf dem Termin-Großhandelsmarkt für Strom betrifft, grundsätzlich anhand der einschlägigen Bestimmungen des Primärrechts zu beurteilen (vgl. entsprechend Urteil vom 12. November 2015, Visnapuu, C‑198/14, EU:C:2015:751, Rn. 48).

47

Insoweit ergibt sich aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs, dass eine nationale Regelung, die die Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit einer Sonderregelung zugunsten eines einzigen öffentlichen oder privaten Marktteilnehmers unterwirft, u. a. eine Beschränkung sowohl der Niederlassungsfreiheit als auch des freien Dienstleistungsverkehrs darstellen kann (Urteil vom 23. Februar 2016, Kommission/Ungarn, C‑179/14, EU:C:2016:108, Rn. 164 und die dort angeführte Rechtsprechung), bei der dann zu prüfen wäre, ob sie durch einen zwingenden Grund des Allgemeininteresses gerechtfertigt sein kann, und, gegebenenfalls, ob sie geeignet ist, die Verwirklichung des angestrebten Ziels zu gewährleisten, und nicht über das zur Erreichung dieses Zieles Erforderliche hinausgeht (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 23. Februar 2016, Kommission/Ungarn, C‑179/14, EU:C:2016:108, Rn. 165 und 166 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

48

In Bezug auf die vorliegende Rechtssache ist jedoch darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs die Bestimmungen des AEU‑Vertrags über die Niederlassungsfreiheit und den freien Dienstleistungsverkehr auf einen Sachverhalt, dessen Merkmale sämtlich nicht über die Grenzen eines Mitgliedstaats hinausweisen, grundsätzlich keine Anwendung finden (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 15. November 2016, Ullens de Schooten, C‑268/15, EU:C:2016:874, Rn. 47 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie vom 18. Januar 2022, Thelen Technopark Berlin, C‑261/20, EU:C:2022:33, Rn. 50).

49

In den Rn. 50 bis 53 des Urteils vom 15. November 2016, Ullens de Schooten (C‑268/15, EU:C:2016:874), ist der Gerichtshof auf die vier Konstellationen eingegangen, in denen es sich, obwohl kein Merkmal der Ausgangsrechtsstreitigkeiten über die Grenzen eines einzelnen Mitgliedstaats hinausweist, zur Lösung dieser Rechtsstreitigkeiten dennoch als erforderlich erweisen kann, eine Auslegung der Bestimmungen der Verträge über die Grundfreiheiten vorzunehmen, weshalb dort diese Vorabentscheidungsersuchen für zulässig erklärt werden können (Urteil vom 20. September 2018, Fremoluc, C‑343/17, EU:C:2018:754, Rn. 20).

50

In Rn. 54 des Urteils vom 15. November 2016, Ullens de Schooten (C‑268/15, EU:C:2016:874), hat der Gerichtshof klargestellt, dass er in diesen vier Konstellationen, wenn das vorlegende Gericht lediglich angibt, dass die fragliche nationale Regelung unterschiedslos für die Staatsangehörigen des betreffenden Mitgliedstaats und für die Staatsangehörigen anderer Mitgliedstaaten gilt, nicht davon ausgehen kann, dass das nationale Gericht das Vorabentscheidungsersuchen bezüglich der die Grundfreiheiten betreffenden Vorschriften des AEU‑Vertrags für die Entscheidung des bei ihm anhängigen Rechtsstreits benötigt. Die konkreten Merkmale, die es ermöglichen, einen Zusammenhang zwischen dem Gegenstand oder den Umständen eines Rechtsstreits, dessen Merkmale sämtlich nicht über die Grenzen des betreffenden Mitgliedstaats hinausweisen, und diesen Bestimmungen herzustellen, müssen sich nämlich aus der Vorlageentscheidung ergeben (vgl. auch Urteil vom 20. September 2018, Fremoluc, C‑343/17, EU:C:2018:754, Rn. 21).

51

In Rn. 55 des Urteils vom 15. November 2016, Ullens de Schooten (C‑268/15, EU:C:2016:874), hat der Gerichtshof weiter ausgeführt, dass es im Zusammenhang mit einem Sachverhalt, dessen Merkmale sämtlich nicht über die Grenzen eines Mitgliedstaats hinausweisen, Sache des vorlegenden Gerichts ist, ihm den Anforderungen von Art. 94 seiner Verfahrensordnung entsprechend anzugeben, inwieweit der bei ihm anhängige Rechtsstreit trotz seines rein innerstaatlichen Charakters einen Anknüpfungspunkt bezüglich der Vorschriften des Unionsrechts betreffend die Grundfreiheiten aufweist, der die Auslegung im Wege der Vorabentscheidung, um die ersucht wird, für die Entscheidung dieses Rechtsstreits erforderlich macht.

52

Konkret folgt aus diesen Anforderungen, dass für die Annahme einer solchen Verbindung aus dem Vorabentscheidungsersuchen die konkreten Umstände hervorgehen müssen, d. h. nicht hypothetische, sondern sichere Indizien, die die positive Bestimmung dieser Verbindung ermöglichen, wobei sich das vorlegende Gericht nicht darauf beschränken kann, dem Gerichtshof Angaben vorzulegen, anhand deren sich eine solche Verbindung nicht ausschließen lässt oder die – abstrakt betrachtet – dafürsprechen könnten, sondern vielmehr objektive und übereinstimmende Angaben vorlegen muss, die es dem Gerichtshof ermöglichen, das Bestehen dieser Verbindung zu überprüfen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 20. September 2018, Fremoluc, C‑343/17, EU:C:2018:754, Rn. 28 und 29 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

53

Diese Erwägungen zur Zulässigkeit der Vorlagefragen gelten erst recht für die Feststellung, ob der Gerichtshof, um dem vorlegenden Gericht eine sachdienliche Antwort zu geben, gemäß der in Rn. 40 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung unionsrechtliche Vorschriften berücksichtigen kann, die das nationale Gericht in seiner Frage nicht angeführt hat.

54

Im vorliegenden Fall enthält das Vorabentscheidungsersuchen jedoch keinerlei Angaben des vorlegenden Gerichts im Sinne der in den Rn. 51 und 52 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung, aus denen hervorgehen würde, dass der Ausgangsrechtsstreit zwischen einer Gesellschaft rumänischen Rechts und der rumänischen Regulierungsbehörde über die Rechtmäßigkeit einer Entscheidung dieser Behörde, mit der es gemäß der nationalen Regelung abgelehnt wurde, dieser Gesellschaft eine Lizenz für die Organisation und die Verwaltung von Elektrizitätsmärkten im Hoheitsgebiet dieses Mitgliedstaats zu erteilen, trotz dieses rein innerstaatlichen Charakters einen Anknüpfungspunkt bezüglich der die Grundfreiheiten des AEU‑Vertrags betreffenden Vorschriften aufweist und dass der im Ausgangsverfahren in Rede stehende Sachverhalt daher unter eine der vier in den Rn. 50 bis 53 des Urteils vom 15. November 2016, Ullens de Schooten (C‑268/15, EU:C:2016:874), angeführten Konstellationen fällt.

55

Insbesondere ist zwar die Federaţia Europeană a Comercianţilor de Energie (Europäische Vereinigung der Energievertreiber) Streithelferin im Ausgangsrechtsstreit, doch enthält die Vorlageentscheidung weder einen Hinweis darauf, inwieweit sie an diesem Rechtsstreit beteiligt ist, noch einen Hinweis darauf, in welchem Maß die Streithilfe dieser Vereinigung in diesem Rechtsstreit im bloßen Stadium des Klageverfahrens vor dem vorlegenden Gericht geeignet sein könnte, diesem Rechtsstreit einen solchen Anknüpfungspunkt zu verleihen.

56

Auch wenn, wie sich u. a. aus dem anwendbaren Rechtsrahmen ergibt, Strom grenzüberschreitend gehandelt werden kann und die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Vermittlungsdienstleistungen abstrakt von in anderen Mitgliedstaaten ansässigen Betreibern erbracht werden können, ist festzustellen, dass solche Annahmen, die im Übrigen vom vorlegenden Gericht nicht einmal in Betracht gezogen werden, im vorliegenden Fall unter Berücksichtigung der in den Rn. 50 bis 52 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung offensichtlich nicht genügen, um es dem Gerichtshof zu ermöglichen, positiv festzustellen, dass eine der im AEU‑Vertrag verankerten Grundfreiheiten auf den Ausgangsrechtsstreit anwendbar ist.

57

Folglich ist festzustellen, dass sich zwar aus der Verordnung 2019/943, insbesondere aus ihrem Art. 1 Buchst. b und c, ihrem Art. 2 Nr. 40 sowie ihrem Art. 3, in Verbindung mit der Richtlinie 2009/72, ergibt, dass diese Vorschriften es einem Mitgliedstaat nicht verwehren, ein gesetzliches nationales Monopol für Dienstleistungen der Vermittlung von Angeboten für den Verkauf und den Kauf von Elektrizität, das sich auf den Termin-Großhandelsmarkt bezieht, aufrechtzuerhalten, eine etwaige Prüfung der Rechtmäßigkeit der Aufrechterhaltung eines solchen Monopols anhand der einschlägigen Bestimmungen des Primärrechts der Union – darunter gegebenenfalls insbesondere die Bestimmungen über die Niederlassungsfreiheit und den freien Dienstleistungsverkehr – jedoch von dieser Auslegung unberührt bleibt.

58

Nach alledem ist auf die erste und die zweite Frage zu antworten, dass die Verordnung 2019/943, insbesondere Art. 1 Buchst. b und c, Art. 2 Nr. 40 sowie Art. 3 dieser Verordnung, in Verbindung mit der Richtlinie 2009/72 dahin auszulegen ist, dass

sie einer Regelung eines Mitgliedstaats nicht entgegensteht, nach der ein gesetzliches nationales Monopol für Dienstleistungen der Vermittlung von Angeboten für den Verkauf und den Kauf von Elektrizität, das den Day-Ahead- und den Intraday-Großhandelsmarkt betrifft, aufrechterhalten wird, sofern dieses Monopol in diesem Mitgliedstaat gemäß Art. 5 der Verordnung 2015/1222 zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Verordnung bereits bestand;

sie einer Regelung eines Mitgliedstaats nicht entgegensteht, nach der ein gesetzliches nationales Monopol für Dienstleistungen der Vermittlung von Angeboten für den Verkauf und den Kauf von Elektrizität, das den Termin-Großhandelsmarkt betrifft, aufrechterhalten wird, wobei die Vereinbarkeit einer solchen Regelung mit dem Unionsrecht anhand der einschlägigen Bestimmungen des Primärrechts der Union zu beurteilen ist.

Zur dritten Frage

59

In Anbetracht der Antwort auf die ersten beiden Fragen, aus der im Kern hervorgeht, dass Art. 5 der Verordnung 2015/1222 unter den darin festgelegten Bedingungen die Aufrechterhaltung eines gesetzlichen nationalen Monopols für Dienstleistungen der Vermittlung von Angeboten für den Verkauf und den Kauf von Elektrizität, das den Day-Ahead- und den Intraday-Großhandelsmarkt betrifft, erlaubt, ist die dritte Frage dahin gehend umzuformulieren, dass das vorlegende Gericht mit ihr im Wesentlichen wissen möchte, ob die Art. 101 und 102 AEUV in Verbindung mit Art. 4 Abs. 3 EUV und Art. 106 Abs. 1 AEUV dahin auszulegen sind, dass eine Regelung eines Mitgliedstaats, die vorsieht, dass auf der Ebene dieses Mitgliedstaats für die Ausübung von Dienstleistungen der Vermittlung von Angeboten für den Verkauf und den Kauf von Elektrizität auf dem Termin-Großhandelsmarkt nur eine einzige Lizenz erteilt werden kann, eine Wettbewerbsbeschränkung im Sinne dieser Bestimmungen darstellt.

60

Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass die Notwendigkeit, zu einer Auslegung des Unionsrechts zu gelangen, die für das nationale Gericht sachdienlich ist, es erforderlich macht, dass dieses Gericht den tatsächlichen und rechtlichen Rahmen, in den sich die von ihm gestellten Fragen einfügen, darlegt oder zumindest die tatsächlichen Annahmen, auf denen diese beruhen, erläutert. Der Gerichtshof ist nämlich in einem Verfahren nach Art. 267 AEUV nur befugt, sich auf der Grundlage des ihm vom nationalen Gericht unterbreiteten Sachverhalts zur Auslegung einer Unionsvorschrift zu äußern (Urteile vom 26. Oktober 2017, Balgarska energiyna borsa, C‑347/16, EU:C:2017:816, Rn. 56 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie vom 16. Juli 2020, Adusbef u. a., C‑686/18, EU:C:2020:567, Rn. 36).

61

Dieses Erfordernis gilt ganz besonders im Bereich des Wettbewerbs, der durch komplexe tatsächliche und rechtliche Verhältnisse gekennzeichnet ist (Urteile vom 26. Oktober 2017, Balgarska energiyna borsa, C‑347/16, EU:C:2017:816, Rn. 57 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie vom 3. März 2021, Poste Italiane et Agenzia delle entrate – Riscossione, C‑434/19 und C‑435/19, EU:C:2021:162, Rn. 77 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

62

Außerdem ist hervorzuheben, dass die Angaben in den Vorlageentscheidungen nicht nur dem Gerichtshof sachdienliche Antworten ermöglichen, sondern auch den Regierungen der Mitgliedstaaten und den anderen Beteiligten die Möglichkeit geben sollen, gemäß Art. 23 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union Erklärungen abzugeben (Urteil vom 26. Oktober 2017, Balgarska energiyna borsa, C‑347/16, EU:C:2017:816, Rn. 58 und die dort angeführte Rechtsprechung). Der Gerichtshof hat darauf zu achten, dass diese Möglichkeit gewahrt bleibt, und zwar in Anbetracht der Tatsache, dass den Beteiligten nach dieser Vorschrift nur die Vorlageentscheidungen zugestellt werden (Urteil vom 2. September 2021, Irish Ferries, C‑570/19, EU:C:2021:664, Rn. 134 und die dort angeführte Rechtsprechung).

63

Diese Anforderungen an den Inhalt eines Vorabentscheidungsersuchens sind ausdrücklich in Art. 94 der Verfahrensordnung aufgeführt, von dem das vorlegende Gericht im Rahmen der in Art. 267 AEUV vorgesehenen Zusammenarbeit Kenntnis haben sollte und den es sorgfältig zu beachten hat (Urteil vom 26. Oktober 2017, Balgarska energiyna borsa, C‑347/16, EU:C:2017:816, Rn. 59 und die dort angeführte Rechtsprechung). Darauf wird auch in den Nrn. 13, 15 und 16 der Empfehlungen des Gerichtshofs der Europäischen Union an die nationalen Gerichte bezüglich der Vorlage von Vorabentscheidungsersuchen (ABl. 2019, C 380, S. 1) hingewiesen.

64

Im vorliegenden Fall enthält die Vorlageentscheidung keine Erklärung zu den Gründen, die das nationale Gericht zu Zweifeln hinsichtlich der Auslegung der Art. 101 und 102 AEUV in Verbindung mit Art. 4 Abs. 3 EUV und Art. 106 Abs. 1 AEUV veranlasst haben. Insbesondere legt dieses Gericht nicht dar, aus welchen Gründen diese Bestimmungen im Ausgangsverfahren anwendbar sein sollen und inwiefern die im Ausgangsverfahren in Rede stehende nationale Regelung gegen diese Bestimmungen verstoßen könnte.

65

Da der Gerichtshof unter diesen Umständen nicht über die erforderlichen Angaben verfügt, um die dritte Frage sinnvoll zu beantworten, ist festzustellen, dass diese Frage unzulässig ist.

Kosten

66

Für die Beteiligten des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren Teil des beim vorlegenden Gericht anhängigen Verfahrens; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

 

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Fünfte Kammer) für Recht erkannt:

 

Die Verordnung (EU) 2019/943 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. Juni 2019 über den Elektrizitätsbinnenmarkt, insbesondere Art. 1 Buchst. b und c, Art. 2 Nr. 40 sowie Art. 3 dieser Verordnung, in Verbindung mit der Richtlinie 2009/72/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über gemeinsame Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 2003/54/EG

 

ist dahin auszulegen, dass

 

sie einer Regelung eines Mitgliedstaats nicht entgegensteht, nach der ein gesetzliches nationales Monopol für Dienstleistungen der Vermittlung von Angeboten für den Verkauf und den Kauf von Elektrizität, das den Day-Ahead- und den Intraday-Großhandelsmarkt betrifft, aufrechterhalten wird, sofern dieses Monopol in diesem Mitgliedstaat gemäß Art. 5 der Verordnung (EU) 2015/1222 der Kommission vom 24. Juli 2015 zur Festlegung einer Leitlinie für die Kapazitätsvergabe und das Engpassmanagement zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Verordnung bereits bestand;

sie einer Regelung eines Mitgliedstaats nicht entgegensteht, nach der ein gesetzliches nationales Monopol für Dienstleistungen der Vermittlung von Angeboten für den Verkauf und den Kauf von Elektrizität, das den Termin-Großhandelsmarkt betrifft, aufrechterhalten wird, wobei die Vereinbarkeit einer solchen Regelung mit dem Unionsrecht anhand der einschlägigen Bestimmungen des Primärrechts der Union zu beurteilen ist.

 

Unterschriften


( *1 ) Verfahrenssprache: Rumänisch.