URTEIL DES GERICHTSHOFS (Achte Kammer)

20. Oktober 2022 ( *1 )

„Vorlage zur Vorabentscheidung – Zollunion – Gemeinsamer Zolltarif – Kombinierte Nomenklatur – Tarifierung – Position 8517 – Unterpositionen 85177011 und 85177019 – Antennen für Geräte für die Wegewahl (routing)“

In der Rechtssache C‑542/21

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht von der Augstākā tiesa (Senāts) (Oberstes Gericht, Lettland) mit Entscheidung vom 26. August 2021, beim Gerichtshof eingegangen am 30. August 2021, in dem Verfahren

„Mikrotīkls“ SIA

gegen

Valsts ieņēmumu dienests

erlässt

DER GERICHTSHOF (Achte Kammer)

unter Mitwirkung des Richters N. Piçarra (Berichterstatter) in Wahrnehmung der Aufgaben des Kammerpräsidenten sowie der Richter N. Jääskinen und M. Gavalec,

Generalanwältin: T. Ćapeta,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

der lettischen Regierung, vertreten durch J. Davidoviča und K. Pommere als Bevollmächtigte,

der Europäischen Kommission, vertreten durch L. Ozola und M. Salyková als Bevollmächtigte,

aufgrund des nach Anhörung der Generalanwältin ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der zolltariflichen Unterposition 85177011 der Kombinierten Nomenklatur (im Folgenden: KN) in Anhang I der Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 des Rates vom 23. Juli 1987 über die zolltarifliche und statistische Nomenklatur sowie den Gemeinsamen Zolltarif (ABl. 1987, L 256, S. 1) in der durch die Verordnung (EG) Nr. 254/2000 des Rates vom 31. Januar 2000 (ABl. 2000, L 28, S. 16) geänderten Fassung (im Folgenden: Verordnung Nr. 2658/87) – in der Fassung, die dieser Anhang durch die Durchführungsverordnung (EU) Nr. 927/2012 der Kommission vom 9. Oktober 2012 (ABl. 2012, L 304, S. 1) und die Durchführungsverordnung (EU) Nr. 1001/2013 der Kommission vom 4. Oktober 2013 (ABl. 2013, L 290, S. 1) erhalten hat (im Folgenden: Anhang I).

2

Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der „Mikrotīkls“ SIA und dem Valsts ieņēmumu dienests (Finanzverwaltung, Lettland, im Folgenden: Finanzverwaltung) wegen der zolltariflichen Einreihung von als Antennen für Router beschriebenen Waren in die Unterposition 85177019 der KN.

Rechtlicher Rahmen

HS

3

Das Harmonisierte System zur Bezeichnung und Codierung der Waren (im Folgenden: HS) wurde mit dem im Rahmen der Weltzollorganisation (WZO) am 14. Juni 1983 in Brüssel geschlossenen Internationalen Übereinkommen über das Harmonisierte System zur Bezeichnung und Codierung der Waren eingeführt und mit dem dazugehörigen Änderungsprotokoll vom 24. Juni 1986 durch den Beschluss 87/369/EWG des Rates vom 7. April 1987 (ABl. 1987, L 198, S. 1) im Namen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft genehmigt. Die Erläuterungen zum HS werden innerhalb der WZO nach den Bestimmungen dieses Übereinkommens ausgearbeitet.

4

Nach Art. 3 Abs. 1 Buchst. a Nr. 2 des Übereinkommens verpflichtet sich jede Vertragspartei, die Allgemeinen Vorschriften für die Auslegung des HS sowie alle Anmerkungen zu den Abschnitten, Kapiteln und Unterpositionen anzuwenden und die Tragweite der Abschnitte, Kapitel, Positionen oder Unterpositionen des HS nicht zu verändern.

5

Die Erläuterungen zu Position 8517 des HS enthalten einen Abschnitt II über „[a]ndere Sende- oder Empfangsgeräte für Töne, Bilder oder andere Daten, einschließlich Apparate für die Kommunikation in einem drahtgebundenen oder drahtlosen Netzwerk (wie ein lokales Netzwerk oder ein Weitverkehrsnetzwerk)“. Buchst. F dieses Abschnitts enthält eine Aufzählung der „Sendegeräte oder Empfangsgeräte für den Funksprech- oder Funktelegrafieverkehr“. Buchst. G desselben Abschnitts zählt „[a]ndere Kommunikationsapparate“ auf, die als „Apparate, die den Anschluss an ein drahtgebundenes oder drahtloses Kommunikationsnetzwerk oder das Senden oder Empfangen von Sprache oder anderen Tönen, Bildern oder anderen Daten innerhalb eines derartigen Netzwerkes ermöglichen“, beschrieben werden. „Router“ werden in Nr. 3 des Buchst. G ausdrücklich genannt.

KN

6

Wie sich aus Art. 1 Abs. 1 der Verordnung Nr. 2658/87 ergibt, regelt die von der Europäischen Kommission eingeführte KN die zolltarifliche Einreihung von Waren, die in die Europäische Union eingeführt werden. Sie übernimmt die Positionen und sechsstelligen Unterpositionen des HS, nur die siebte und die achte Stelle bilden eigene Unterteilungen.

7

Nach Art. 12 Abs. 1 der Verordnung Nr. 2658/87 veröffentlicht die Kommission gemäß Art. 1 jährlich in Form einer Verordnung die vollständige Fassung der KN zusammen mit den Zollsätzen, wie sie sich aus den vom Rat der Europäischen Union oder von der Kommission beschlossenen Maßnahmen ergeben. Diese Verordnung wird spätestens am 31. Oktober im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht und gilt jeweils ab dem 1. Januar des folgenden Jahres.

8

Aus den dem Gerichtshof vorliegenden Akten geht hervor, dass die KN auf das Ausgangsverfahren in den Fassungen anwendbar ist, die sich aus der Durchführungsverordnung Nr. 927/2012, mit der die KN mit Wirkung vom 1. Januar 2013 geändert wurde, und aus der Durchführungsverordnung Nr. 1001/2013, mit der die KN mit Wirkung vom 1. Januar 2014 geändert wurde, ergeben. Der Wortlaut der für das Ausgangsverfahren einschlägigen Bestimmungen der KN blieb dabei jedoch unverändert.

9

In den Allgemeinen Vorschriften für die Auslegung der KN in Anhang I Teil I Titel I Abschnitt A heißt es:

„Für die Einreihung von Waren in die [KN] gelten folgende Grundsätze:

1.

Die Überschriften der Abschnitte, Kapitel und Teilkapitel sind nur Hinweise. Maßgebend für die Einreihung sind der Wortlaut der Positionen und der Anmerkungen zu den Abschnitten oder Kapiteln und – soweit in den Positionen oder in den Anmerkungen zu den Abschnitten oder Kapiteln nichts anderes bestimmt ist – die nachstehenden Allgemeinen Vorschriften.

6.

Maßgebend für die Einreihung von Waren in die Unterpositionen einer Position sind der Wortlaut dieser Unterpositionen, die Anmerkungen zu den Unterpositionen und – sinngemäß – die vorstehenden Allgemeinen Vorschriften. Einander vergleichbar sind dabei nur Unterpositionen der gleichen Gliederungsstufe. Soweit nichts anderes bestimmt ist, gelten bei Anwendung dieser Allgemeinen Vorschrift auch die Anmerkungen zu den Abschnitten und Kapiteln.“

10

Anhang I Teil II („Zolltarif“) der KN enthält einen Abschnitt XVI („Maschinen, Apparate, mechanische Geräte und elektrotechnische Waren, Teile davon; Tonaufnahme- oder Tonwiedergabegeräte, Fernseh-Bild- und ‑Tonaufzeichnungsgeräte oder Fernseh-Bild- und ‑Tonwiedergabegeräte, Teile und Zubehör für diese Geräte“. In Anmerkung 2 Buchst. b zu diesem Abschnitt heißt es:

„Teile von Maschinen …, die nicht durch Anmerkung 1 zu Abschnitt XVI, Anmerkung 1 zu Kapitel 84 oder Anmerkung 1 zu Kapitel 85 von Abschnitt XVI ausgenommen werden, sind nach folgenden Regeln einzureihen:

b)

andere Teile sind, wenn sie erkennbar ausschließlich oder hauptsächlich für eine bestimmte Maschine oder für mehrere in der gleichen Position … erfasste Maschinen bestimmt sind, der Position für diese Maschine oder Maschinen … zuzuweisen. Teile, die hauptsächlich sowohl für Waren der Position 8517 als auch für Waren der Positionen 8525 bis 8528 bestimmt sind, gehören zu Position 8517;

…“

11

Abschnitt XVI der KN enthält ein Kapitel 85 („Elektrische Maschinen, Apparate, Geräte und andere elektrotechnische Waren, Teile davon; Tonaufnahme- oder Tonwiedergabegeräte, Bild- und Tonaufzeichnungs- oder ‑wiedergabegeräte, für das Fernsehen, Teile und Zubehör für diese Geräte“). Dieses Kapitel enthält die Position 8517 der KN, die folgende Gliederung aufweist:

KN-Code

Warenbezeichnung

Vertragsmäßiger Zollsatz (%)

Besondere Maßeinheit

8517

Fernsprechapparate, einschließlich Telefone für zellulare Netzwerke oder für andere drahtlose Netzwerke; andere Sende- oder Empfangsgeräte für Töne, Bilder oder andere Daten, einschließlich Apparate für die Kommunikation in einem drahtgebundenen oder drahtlosen Netzwerk (wie ein lokales Netzwerk oder ein Weitverkehrsnetzwerk), ausgenommen solche der Position 8443, 8525, 8527 oder 8528:

 

 

 

– andere Sende- oder Empfangsgeräte für Töne, Bilder oder andere Daten, einschließlich Apparate für die Kommunikation in einem drahtgebundenen oder drahtlosen Netzwerk (wie ein lokales Netzwerk oder ein Weitverkehrsnetzwerk):

 

 

8517 62 00

– – Geräte zum Empfangen, Konvertieren und Senden oder Regenerieren von Tönen, Bildern oder anderen Daten, einschließlich Geräte für die Vermittlung (switching) und Wegewahl (routing)

frei

8517 69

– – andere:

 

 

 

– – – Empfangsgeräte für den Funksprech‑ oder Funktelegrafieverkehr:

 

 

8517 69 31

– – – – tragbare Personenruf‑, ‑warn- oder ‑suchempfänger

frei

p/st

8517 69 39

– – – – andere

9,3

p/st

8517 69 90

– – – andere

frei

8517 70

– Teile:

 

 

 

– – Antennen und Antennenreflektoren aller Art; Teile, die erkennbar mit diesen Waren verwendet werden:

 

 

8517 70 11

– – – Antennen für Geräte für den Funksprech- und Funktelegrafieverkehr

frei

8517 70 19

– – – andere

3,6

8517 70 90

– – andere

frei

12

Die Erläuterungen zur KN werden von der Kommission gemäß Art. 9 Abs. 1 Buchst. a zweiter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 2658/87 erlassen. Im Ausgangsverfahren sind die im Amtsblatt der Europäischen Union vom 6. Mai 2011 (ABl. 2011, C 137, S. 1) veröffentlichten Erläuterungen einschlägig, und zwar zum einen betreffend die Unterposition 85176200 der KN, wo in Abs. 2 Nr. 6 „Router“ genannt werden, sowie zum anderen die Unterpositionen 85176939 und 85176990 der KN mit jeweils einer Liste von Geräten für den Funksprech- oder Funktelegrafieverkehr, mit denen Töne, Bilder oder andere Daten empfangen beziehungsweise gesendet werden können.

Ausgangsrechtsstreit und Vorlagefrage

13

Im Zeitraum vom 7. Januar 2013 bis zum 27. Oktober 2014 meldete Mikrotīkls als „Antennen für Router und Teile davon“ bezeichnete Waren zur Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr unter der Unterposition 85177011 der KN über „Antennen für Geräte für den Funksprech- und Funktelegrafieverkehr“ an, wobei diese Waren mit einem Einfuhrzollsatz von 0 % belegt sind.

14

Am 29. Januar 2016 entschied die Finanzverwaltung, dass diese Waren in Anbetracht ihrer wesentlichen Merkmale und der Systematik der Position 8517 der KN in Verbindung mit den HS-Erläuterungen nicht in die Unterposition 85177011 der KN eingereiht werden könnten. Nach Ansicht der Finanzverwaltung unterscheiden sowohl die KN als auch das HS zwischen Geräten für den Funksprech- oder Funktelegrafieverkehr einerseits und Routern andererseits, wobei Letztere eigenständige Geräte für die Kommunikation darstellten, die zur Verwendung in lokalen Netzwerken (LAN) und/oder in Weitverkehrsnetzwerken (WAN) konfiguriert seien. Antennen für Router und Teile davon seien deshalb als „andere“ Antennen und Antennenreflektoren und Teile, die erkennbar mit diesen Waren verwendet würden, in die Unterposition 85177019 der KN einzureihen und mit einem Einfuhrzollsatz von 3,6 % zu belegen. Die Finanzverwaltung setzte daher gegen Mikrotīkls eine Hauptforderung für Einfuhrzölle in Höhe von 22493,03 Euro und Mehrwertsteuer in Höhe von 4723,51 Euro fest. Zudem verhängte sie eine Geldbuße und einen Säumniszuschlag.

15

Mikrotīkls erhob Klage auf Aufhebung dieser Entscheidung und legte sodann Berufung ein, die von der Administratīvā apgabaltiesa (Regionalverwaltungsgericht, Lettland) mit Urteil vom 12. Februar 2018 zurückgewiesen wurde. Dieses Gericht führte aus, dass auch die Zollbehörden anderer Mitgliedstaaten Antennen für Router und Teile davon in die Unterposition 85177019 der KN einreihten und die Erläuterungen zu den Unterpositionen 85176939 und 85176990 der KN bestätigten, dass Geräte für den Funksprech- oder Funktelegrafieverkehr als von den Geräten für die Wegewahl (routing) zu unterscheidende Geräte einzureihen seien.

16

Gegen dieses Urteil legte Mikrotīkls bei der Augstākā tiesa (Senāts) (Oberstes Gericht, Lettland), dem vorlegenden Gericht, Kassationsbeschwerde ein, mit der sie geltend macht, dass die Finanzverwaltung und die Administratīvā apgabaltiesa (Regionalverwaltungsgericht) insbesondere die Anmerkung 2 Buchst. b zu Abschnitt XVI des Anhangs I, die Unterpositionen 85176200 und 85177011 der KN sowie die Erläuterungen zum HS und zur KN betreffend Position 8517 nicht korrekt ausgelegt hätten.

17

Das vorlegende Gericht ist zum einen der Ansicht, dass Router wie die von Mikrotīkls hergestellten als „Geräte für die Wegewahl (routing)“ in die Unterposition 85176200 der KN einzureihen seien. Ausgehend von Anmerkung 2 Buchst. b zu Abschnitt XVI des Anhangs I möchte es wissen, ob die Teile der in diese Unterposition einzureihenden Geräte zusammen mit diesen Geräten derselben Unterposition zuzuweisen sind.

18

Zum anderen stellt sich das vorlegende Gericht gleichwohl die Frage, ob Antennen für Geräte für die Wegewahl (routing) entsprechend dem Vorbringen von Mikrotīkls als „Antennen für Geräte für den Funksprech- und Funktelegrafieverkehr“ der Unterposition 85177011 der KN zuzuweisen sind oder als „andere“ Antennen für Geräte der Position 8517 der KN in die Unterposition 85177019 der KN einzureihen sind.

19

Unter diesen Umständen hat die Augstākā tiesa (Senāts) (Oberstes Gericht) beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen:

Ist die KN dahin auszulegen, dass Antennen für Geräte für die Wegewahl (routing), die zur Verwendung in lokalen Netzwerken (LAN) und/oder in Weitverkehrsnetzwerken (WAN) konfiguriert sind, in die Unterposition 85177011 eingereiht werden können?

Zur Vorlagefrage

20

Mit seiner Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob die Unterposition 85177011 der KN dahin auszulegen ist, dass sie Antennen für Geräte für die Wegewahl (routing) erfasst, die zur Kommunikation in lokalen Netzwerken (LAN) und/oder in Weitverkehrsnetzwerken (WAN) konfiguriert sind.

21

Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass es in einem Vorabentscheidungsverfahren auf dem Gebiet der zolltariflichen Einreihung Aufgabe des Gerichtshofs ist, dem nationalen Gericht die Kriterien aufzuzeigen, anhand deren es die betreffenden Waren richtig in die KN einreihen kann, nicht aber, die Einreihung selbst vorzunehmen. Diese Einreihung beruht auf einer reinen Tatsachenfeststellung, die nicht Sache des Gerichtshofs im Rahmen eines Vorabentscheidungsersuchens ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 18. Juni 2020, Hydro EnergoC‑340/19, EU:C:2020:488, Rn. 33 und die dort angeführte Rechtsprechung).

22

Ferner ist nach der Allgemeinen Vorschrift 1 für die Auslegung der KN der Wortlaut der Positionen und der Anmerkungen zu den Abschnitten oder Kapiteln der KN für die zolltarifliche Einreihung von Waren maßgebend. Das entscheidende Kriterium für die zolltarifliche Einreihung von Waren ist im Interesse der Rechtssicherheit und der leichten Nachprüfbarkeit allgemein in deren objektiven Merkmalen und Eigenschaften zu suchen, wie sie im Wortlaut der Positionen der KN und der Anmerkungen zu den entsprechenden Abschnitten oder Kapiteln festgelegt sind. Der Verwendungszweck des betreffenden Erzeugnisses kann ein objektives Einreihungskriterium sein, sofern er dem Erzeugnis innewohnt, was sich anhand der objektiven Merkmale und Eigenschaften des Erzeugnisses beurteilen lassen muss (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 3. Juni 2021, Flavourstream, C‑822/19, EU:C:2021:444, Rn. 34, und vom 28. Oktober 2021, KAHL und Roeper, C‑197/20 und C‑216/20, EU:C:2021:892, Rn. 31).

23

Des Weiteren hat der Gerichtshof wiederholt entschieden, dass die Erläuterungen zum HS und zur KN zwar nicht verbindlich sind, aber wichtige Hilfsmittel für die Gewährleistung einer einheitlichen Anwendung des Gemeinsamen Zolltarifs darstellen und als solche wertvolle Hinweise für dessen Auslegung liefern (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 18. Juni 2020, Hydro Energo, C‑340/19, EU:C:2020:488, Rn. 36 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie vom 28. Oktober 2021, KAHL und Roeper, C‑197/20 und C‑216/20, EU:C:2021:892, Rn. 32). Die Erläuterungen zur KN ersetzen nicht die Erläuterungen zum HS, sondern sind als deren Ergänzung zu betrachten und zusammen mit diesen heranzuziehen (Urteil vom 13. September 2018, Vision Research Europe, C‑372/17, EU:C:2018:708, Rn. 23 und die dort angeführte Rechtsprechung).

24

Weil es im Ausgangsrechtsstreit um die zolltarifliche Einreihung der betreffenden Waren in die sechs- und achtstelligen Unterpositionen der Position 8517 der KN geht, ist darauf hinzuweisen, dass für eine solche Einreihung nach der Allgemeinen Vorschrift 6 für die Auslegung der KN der Wortlaut dieser Unterpositionen und der Anmerkungen zu den Unterpositionen maßgebend ist, wobei, soweit nichts anderes bestimmt ist, auch die Anmerkungen zu den entsprechenden Abschnitten und Kapiteln berücksichtigt werden können.

25

Das vorlegende Gericht geht unter Bezugnahme auf Anmerkung 2 Buchst. b zu Abschnitt XVI des Anhangs I davon aus, dass, da die von Mikrotīkls hergestellten Router als „Geräte zum Empfangen, Konvertieren und Senden oder Regenerieren von Tönen, Bildern oder anderen Daten einschließlich Geräte für die Vermittlung (switching) und Wegewahl (routing)“ in die Unterposition 85176200 der KN einzureihen seien, die in Rede stehenden Antennen für Router zusammen mit diesen Routern dieser Unterposition zuzuweisen seien.

26

Aus Anmerkung 2 Buchst. b geht hervor, dass Teile der betreffenden Maschine, wenn sie „erkennbar ausschließlich oder hauptsächlich für eine bestimmte Maschine oder für mehrere in der gleichen Position … erfasste Maschinen bestimmt sind“, normalerweise in die Position für diese Maschine oder Maschinen oder in eine der in dieser Anmerkung beschriebenen Positionen einzureihen sind (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 15. Mai 2014, Data I/O, C‑297/13, EU:C:2014:331, Rn. 46).

27

Allerdings ergibt sich aus der Position 8517 der KN, dass Teile der von dieser Position erfassten Waren in eine spezielle Unterposition der KN eingereiht werden, nämlich in die Unterposition 851770 („Teile“). Daraus folgt, dass Antennen für Geräte für die Wegewahl (routing) nicht in die Unterposition 85176200 der KN, die diese Geräte erfasst, eingereiht werden können.

28

Da diese Antennen in keiner achtstelligen Unterposition der Position 8517 der KN ausdrücklich genannt sind, stellt sich die Frage, ob sie als „Antennen für Geräte für den Funksprech- und Funktelegrafieverkehr“ im Sinne der Unterposition 85177011 der KN oder als „andere“ Antennen im Sinne der Auffangunterposition 85177019 der KN einzureihen sind.

29

Zur Beantwortung dieser Frage ist darauf hinzuweisen, dass der Begriff „Geräte für den Funksprech- und [bzw. oder] Funktelegrafieverkehr“ im Sinne der Position 8517 der KN „Geräte für die Wegewahl (routing)“ nicht erfasst. Zum einen werden diese Geräte nämlich, wie in Rn. 27 dieses Urteils ausgeführt, in die Unterposition 85176200 der KN eingereiht. Zum anderen werden „Empfangsgeräte für den Funksprech- oder Funktelegrafieverkehr“ entweder der Unterposition 85176931 („tragbare Personenruf‑, ‑warn- oder ‑suchempfänger“) oder der Unterposition 85176939 („andere“) der KN zugewiesen, während „andere“ Geräte für den Funksprech- oder Funktelegrafieverkehr, die insbesondere dem Senden von Tönen, Bildern oder anderen Daten dienen, von der Unterposition 85176990 der KN erfasst werden.

30

Diese Feststellungen werden durch die Erläuterungen zur KN bestätigt. In den Erläuterungen zur Unterposition 85176200 der KN werden nämlich in Abs. 2 Nr. 6 „Router“ genannt, während die Erläuterungen zu den Unterpositionen 85176939 und 85176990 der KN jeweils eine Liste von Geräten für den Funksprech- oder Funktelegrafieverkehr, die dem Empfang von Tönen, Bildern oder anderen Daten beziehungsweise dem Senden von Tönen, Bildern oder anderen Daten dienen, enthalten.

31

Desgleichen werden in Abschnitt II der Erläuterungen zu Position 8517 des HS unter Buchst. F „Sendegeräte oder Empfangsgeräte für den Funksprech- oder Funktelegrafieverkehr“ und unter Buchst. G „Andere Kommunikationsapparate“ genannt, die als „Apparate, die den Anschluss an ein drahtgebundenes oder drahtloses Kommunikationsnetzwerk oder das Senden oder Empfangen von Sprache oder anderen Tönen, Bildern oder anderen Daten innerhalb eines derartigen Netzwerkes ermöglichen“, beschrieben werden und unter denen „Router“ in Buchst. G Nr. 3 ausdrücklich genannt werden.

32

Da die Unterposition 85177011 der KN nicht dahin ausgelegt werden kann, dass sie Antennen für Geräte für die Wegewahl (routing) erfasst, weil diese Antennen nicht mit „Antennen für Geräte für den Funksprech- und Funktelegrafieverkehr“ gleichgesetzt werden können, ist die Auffangunterposition 85177019 der KN dahin auszulegen, dass ihr die betreffenden Antennen zuzuweisen sind.

33

Nach alledem ist auf die Vorlagefrage zu antworten, dass die Unterposition 85177011 der KN dahin auszulegen ist, dass sie Antennen für Geräte für die Wegewahl (routing), die zur Kommunikation in lokalen Netzwerken (LAN) und/oder in Weitverkehrsnetzwerken (WAN) konfiguriert sind, nicht erfasst.

Kosten

34

Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren Teil des bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Verfahrens. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

 

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Achte Kammer) für Recht erkannt:

 

Die Unterposition 85177011 der Kombinierten Nomenklatur in Anhang I der Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 des Rates vom 23. Juli 1987 über die zolltarifliche und statistische Nomenklatur sowie den Gemeinsamen Zolltarif in der durch die Verordnung (EG) Nr. 254/2000 des Rates vom 31. Januar 2000 geänderten Fassung – in der Fassung, die dieser Anhang durch die Durchführungsverordnung (EU) Nr. 927/2012 der Kommission vom 9. Oktober 2012 und die Durchführungsverordnung (EU) Nr. 1001/2013 der Kommission vom 4. Oktober 2013 erhalten hat –

 

ist dahin auszulegen, dass

 

sie Antennen für Geräte für die Wegewahl (routing), die zur Kommunikation in lokalen Netzwerken (LAN) und/oder in Weitverkehrsnetzwerken (WAN) konfiguriert sind, nicht erfasst.

 

Unterschriften


( *1 ) Verfahrenssprache: Lettisch.