URTEIL DES GERICHTSHOFS (Große Kammer)

15. Juli 2021 ( *1 )

„Rechtsmittel – Bankenunion – Einheitlicher Abwicklungsmechanismus (SRM) – Einheitlicher Abwicklungsfonds (SRF) – Berechnung der im Voraus erhobenen Beiträge für das Jahr 2017 – Feststellung eines Beschlusses des Einheitlichen Abwicklungsausschusses (SRB) – Begründungspflicht – Vertrauliche Daten – Rechtmäßigkeit der Delegierten Verordnung (EU) 2015/63“

In den verbundenen Rechtssachen C‑584/20 P und C‑621/20 P

betreffend zwei Rechtsmittel nach Art. 56 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, eingelegt am 6. bzw. 20. November 2020,

Europäische Kommission, vertreten durch D. Triantafyllou, A. Nijenhuis, V. Di Bucci und A. Steiblytė als Bevollmächtigte,

Rechtsmittelführerin in der Rechtssache C‑584/20 P,

unterstützt durch

Königreich Spanien, vertreten durch J. Rodríguez de la Rúa Puig als Bevollmächtigten,

Streithelfer im Rechtsmittelverfahren,

andere Parteien des Verfahrens:

Landesbank Baden-Württemberg mit Sitz in Stuttgart (Deutschland), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte H. Berger und M. Weber,

Klägerin im ersten Rechtszug,

unterstützt durch

Fédération bancaire française mit Sitz in Paris (Frankreich), Prozessbevollmächtigte: A. Gosset-Grainville, M. Trabucchi und M. Dalon, avocats,

Streithelferin im Rechtsmittelverfahren,

Einheitlicher Abwicklungsausschuss (SRB), Prozessbevollmächtigte: K.‑P. Wojcik, P. A. Messina, J. Kerlin und H. Ehlers als Bevollmächtigte im Beistand der Rechtsanwälte H.‑G. Kamann und P. Gey sowie von F. Louis, avocat,

Beklagter im ersten Rechtszug,

und

Einheitlicher Abwicklungsausschuss (SRB), Prozessbevollmächtigte: K.‑P. Wojcik, P. A. Messina, J. Kerlin und H. Ehlers als Bevollmächtigte im Beistand der Rechtsanwälte H.‑G. Kamann und P. Gey sowie von F. Louis, avocat,

Rechtsmittelführer in der Rechtssache C‑621/20 P,

unterstützt durch

Königreich Spanien, vertreten durch J. Rodríguez de la Rúa Puig als Bevollmächtigten,

Streithelfer im Rechtsmittelverfahren,

andere Parteien des Verfahrens:

Landesbank Baden-Württemberg mit Sitz in Stuttgart (Deutschland), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte H. Berger und M. Weber,

Klägerin im ersten Rechtszug,

unterstützt durch

Fédération bancaire française mit Sitz in Paris (Frankreich), Prozessbevollmächtigte: A. Gosset-Grainville, M. Trabucchi und M. Dalon, avocats,

Streithelferin im Rechtsmittelverfahren,

Europäische Kommission, vertreten durch D. Triantafyllou, A. Nijenhuis, V. Di Bucci und A. Steiblytė als Bevollmächtigte,

Streithelferin im ersten Rechtszug,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Große Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten K. Lenaerts, der Vizepräsidentin R. Silva de Lapuerta, der Kammerpräsidenten J.‑C. Bonichot, M. Vilaras, E. Regan, M. Ilešič, L. Bay Larsen (Berichterstatter), A. Kumin und N. Wahl, der Richter T. von Danwitz, M. Safjan, C. Lycourgos, I. Jarukaitis und N. Jääskinen sowie der Richterin I. Ziemele,

Generalanwalt: J. Richard de la Tour,

Kanzler: D. Dittert, Referatsleiter,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 23. März 2021,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 27. April 2021

folgendes

Urteil

1

Mit ihrem jeweiligen Rechtsmittel beantragen die Europäische Kommission und der Einheitliche Abwicklungsausschuss (SRB) die Aufhebung des Urteils des Gerichts der Europäischen Union vom 23. September 2020, Landesbank Baden-Württemberg/SRB (T‑411/17, im Folgenden: angefochtenes Urteil, EU:T:2020:435), mit dem das Gericht den Beschluss der Präsidiumssitzung des SRB vom 11. April 2017 über die Berechnung der im Voraus erhobenen Beiträge zum Einheitlichen Abwicklungsfonds für 2017 (SRB/ES/SRF/2017/05) (im Folgenden: streitiger Beschluss) für nichtig erklärt hat, soweit er die Landesbank Baden-Württemberg betrifft.

Rechtlicher Rahmen

Richtlinie 2014/59/EU

2

Die Erwägungsgründe 105 bis 107 der Richtlinie 2014/59/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 zur Festlegung eines Rahmens für die Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen und zur Änderung der Richtlinie 82/891/EWG des Rates, der Richtlinien 2001/24/EG, 2002/47/EG, 2004/25/EG, 2005/56/EG, 2007/36/EG, 2011/35/EU, 2012/30/EU und 2013/36/EU sowie der Verordnungen (EU) Nr. 1093/2010 und (EU) Nr. 648/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. 2014, L 173, S. 190) lauten:

„(105)

Grundsätzlich sollten die Beiträge von der Branche erhoben werden, und zwar vor der Einleitung einer Abwicklungsmaßnahme und unabhängig davon. Sollte die Vorfinanzierung zur Deckung der Verluste oder Kosten, die sich aus dem Rückgriff auf die Finanzierungsmechanismen ergeben, nicht ausreichen, müssen zusätzliche Beiträge zur Deckung dieser zusätzlichen Kosten oder Verluste erhoben werden.

(106)

Um eine kritische Masse zu erreichen und prozyklische Wirkungen zu vermeiden, die entstünden, wenn die Finanzierungsmechanismen in einer Systemkrise ausschließlich auf nachträglich erhobene Beiträge zurückgreifen könnten, ist es unbedingt erforderlich, dass die den nationalen Finanzierungsmechanismen ex ante zur Verfügung stehenden Mittel wenigstens eine bestimmte Mindesthöhe erreichen.

(107)

Um eine faire Berechnung der Beiträge sicherzustellen und Anreize zu schaffen, weniger riskant zu operieren, sollten die Beiträge zu den nationalen Finanzierungsmechanismen dem Ausmaß des Kredit‑, Liquiditäts- und Marktrisikos Rechnung tragen, das die Institute eingehen.“

3

In Art. 102 Abs. 1 dieser Richtlinie wird ausgeführt:

„Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die im Rahmen ihrer Finanzierungsmechanismen verfügbaren Mittel bis zum 31. Dezember 2024 mindestens 1 % der gedeckten Einlagen aller in ihrem Hoheitsgebiet zugelassenen Institute entsprechen. Die Mitgliedstaaten können eine über diesen Betrag hinausgehende Zielausstattung festsetzen.“

4

Art. 103 der Richtlinie bestimmt:

„(1)   Um die in Artikel 102 genannte Zielausstattung zu erreichen, stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass die Beiträge mindestens jährlich bei den in ihrem Hoheitsgebiet zugelassenen Instituten sowie Unionszweigstellen erhoben werden.

(2)   Die Beiträge werden von den einzelnen Instituten anteilig zur Höhe ihrer Verbindlichkeiten (ohne Eigenmittel) minus gedeckte Einlagen im Verhältnis zu den aggregierten Verbindlichkeiten (ohne Eigenmittel) minus gedeckte Einlagen aller im Hoheitsgebiet des betreffenden Mitgliedstaats zugelassenen Institute erhoben.

Diese Beiträge werden entsprechend dem Risikoprofil der Institute angepasst, wobei die in Absatz 7 festgelegten Kriterien zugrunde gelegt werden.

(7)   Der Kommission wird die Befugnis übertragen, delegierte Rechtsakte im Einklang mit Artikel 115 zu erlassen, in denen das Konzept der Beitragsanpassung entsprechend dem Risikoprofil von Instituten gemäß Absatz 2 dieses Artikels unter Berücksichtigung aller folgenden Aspekte festgelegt wird:

a)

Risikoexponiertheit des Instituts, einschließlich Umfang seiner Handelstätigkeiten, seiner außerbilanziellen Positionen und seines Fremdfinanzierungsanteils;

b)

Stabilität und Diversifizierung der Finanzierungsquellen des Unternehmens sowie unbelastete hochliquide Vermögensgegenstände;

c)

Finanzlage des Instituts;

d)

Wahrscheinlichkeit einer Abwicklung des Instituts;

e)

Umfang der vom betreffenden Institut in der Vergangenheit empfangenen außerordentlichen öffentlichen finanziellen Unterstützung;

f)

Komplexität der Struktur des Instituts und seine Abwicklungsfähigkeit;

g)

Bedeutung des Instituts für die Stabilität des Finanzsystems oder der Wirtschaft eines oder mehrerer Mitgliedstaaten oder der Union;

h)

die Tatsache, dass das Institut Teil eines institutsbezogenen Sicherungssystems ist.“

Verordnung (EU) Nr. 806/2014

5

Der 41. Erwägungsgrund der der Verordnung (EU) Nr. 806/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Juli 2014 zur Festlegung einheitlicher Vorschriften und eines einheitlichen Verfahrens für die Abwicklung von Kreditinstituten und bestimmten Wertpapierfirmen im Rahmen eines einheitlichen Abwicklungsmechanismus und eines einheitlichen Abwicklungsfonds sowie zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 1093/2010 (ABl. 2014, L 225, S. 1) lautet:

„In Anbetracht des Auftrags des [SRB] und der Abwicklungsziele, zu denen unter anderem der Schutz öffentlicher Mittel gehört, sollte die Arbeit des einheitlichen Abwicklungsmechanismus [(SRM)] aus Beiträgen der Institute, die in den teilnehmenden Mitgliedstaaten niedergelassen sind, finanziert werden.“

6

Art. 69 Abs. 1 dieser Verordnung sieht vor:

„Bis zum Ende einer Aufbauphase von acht Jahren ab dem 1. Januar 2016 … erreichen die verfügbaren Mittel des [Einheitlichen Abwicklungsfonds (SRF)] mindestens 1 % der gedeckten Einlagen aller in allen teilnehmenden Mitgliedstaaten zugelassenen Kreditinstitute.“

7

Art. 70 Abs. 1 und 2 der Verordnung bestimmt:

„(1)   Die jeweiligen Beiträge der einzelnen Institute werden mindestens jährlich erhoben und anteilig zur Gesamthöhe ihrer Verbindlichkeiten (ohne Eigenmittel) abzüglich gedeckter Einlagen im Verhältnis zu den aggregierten Verbindlichkeiten (ohne Eigenmittel) abzüglich gedeckter Einlagen aller im Hoheitsgebiet aller teilnehmenden Mitgliedstaaten zugelassenen Institute berechnet.

(2)   Nach Anhörung der [Europäischen Zentralbank (EZB)] oder der nationalen zuständigen Behörde und in enger Zusammenarbeit mit den nationalen Abwicklungsbehörden errechnet der [SRB] jährlich die einzelnen Beiträge, damit die Beiträge, die von allen im Hoheitsgebiet aller teilnehmenden Mitgliedstaaten zugelassenen Instituten zu entrichten sind, 12,5 % der Zielausstattung nicht übersteigen.

Die jährliche Berechnung der Beiträge der einzelnen Institute beruht auf:

a)

einem Pauschalbetrag, der sich anteilig aus dem Betrag der Verbindlichkeiten – ohne Eigenmittel und gedeckte Einlagen – eines Instituts im Verhältnis zur Gesamthöhe der Verbindlichkeiten – ohne Eigenmittel und gedeckte Einlagen – aller im Hoheitsgebiet der teilnehmenden Mitgliedstaaten zugelassenen Institute ergibt, und

b)

einem risikoadjustierten Beitrag, der auf der Grundlage der in Artikel 103 Absatz 7 der Richtlinie 2014/59… festgelegten Kriterien errechnet wird, wobei der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt werden muss und keine Verzerrungen zwischen den Strukturen der Bankensektoren der Mitgliedstaaten ausgelöst werden dürfen.

Bei dem Verhältnis zwischen dem Pauschalbeitrag und den risikobereinigten Beiträgen ist auf eine ausgewogene Verteilung der Beiträge zwischen den verschiedenen Arten von Banken zu achten.

…“

8

In Art. 88 Abs. 1 der Verordnung heißt es:

„Mitglieder des [SRB], der stellvertretende Vorsitzende, … das Personal des [SRB] und Mitarbeiter, die im Rahmen eines Austauschs mit oder einer Entsendung von den teilnehmenden Mitgliedstaaten Abwicklungsaufgaben wahrnehmen, sind nach Artikel 339 AEUV und den einschlägigen Bestimmungen des Unionsrechts verpflichtet, auch nach Beendigung ihrer Amtstätigkeit das Berufsgeheimnis zu wahren. Insbesondere ist es ihnen untersagt, vertrauliche Informationen, die sie in Ausübung ihrer beruflichen Tätigkeiten oder von einer zuständigen Behörde oder einer Abwicklungsbehörde im Zusammenhang mit ihren Funktionen nach dieser Verordnung erhalten haben, an andere Personen oder Stellen weiterzugeben, es sei denn, dies geschieht im Rahmen ihrer Funktionen nach dieser Verordnung oder in zusammengefasster oder allgemeiner Form, die keine Rückschlüsse auf die Unternehmen im Sinne des Artikels 2 zulässt, oder die Behörde oder das Unternehmen, von der bzw. dem die Information stammt, hat im Voraus ausdrücklich ihre bzw. seine Zustimmung erteilt.

Die unter die Verpflichtung zur Wahrung des Berufsgeheimnisses fallenden Informationen werden keiner anderen öffentlichen oder privaten Stelle gegenüber offengelegt, es sei denn, die Offenlegung ist für ein Gerichtsverfahren erforderlich.“

Delegierte Verordnung (EU) 2015/63

9

In Art. 4 der Delegierten Verordnung (EU) 2015/63 der Kommission vom 21. Oktober 2014 zur Ergänzung der Richtlinie 2014/59/EU des Europäischen Parlaments und des Rates im Hinblick auf im Voraus erhobene Beiträge zu Abwicklungsfinanzierungsmechanismen (ABl. 2015, L 11, S. 44) wird ausgeführt:

„(1)   Die Abwicklungsbehörden setzen den von den einzelnen Instituten zu zahlenden jährlichen Beitrag entsprechend deren Risikoprofil fest; dies geschieht auf der Grundlage der vom jeweiligen Institut … beigebrachten Informationen und unter Anwendung der in diesem Abschnitt dargelegten Methodik.

(2)   Die Abwicklungsbehörde setzt den jährlichen Beitrag gemäß Absatz 1 auf der Grundlage der jährlichen Zielausstattung des Abwicklungsfinanzierungsmechanismus und unter Berücksichtigung der gemäß Artikel 102 Absatz 1 der Richtlinie 2014/59… bis zum 31. Dezember 2024 zu erreichenden Zielausstattung sowie auf der Grundlage des auf Quartalsbasis berechneten durchschnittlichen Betrags der im vorangegangenen Jahr gedeckten Einlagen aller in ihrem Zuständigkeitsbereich zugelassenen Institute fest.“

10

Art. 5 dieser Delegierten Verordnung legt die Grundsätze für die Risikoanpassung des jährlichen Grundbeitrags fest.

11

Art. 6 der Delegierten Verordnung definiert die Risikofelder und Risikoindikatoren, deren relatives Gewicht in Art. 7 dieser Delegierten Verordnung festgelegt ist.

12

Art. 9 der Delegierten Verordnung 2015/63 sieht vor:

„(1)   Die Abwicklungsbehörde bestimmt für jedes Institut den Anpassungsmultiplikator für zusätzliche Risiken, wobei die in Artikel 6 genannten Risikoindikatoren entsprechend der in Anhang I enthaltenen Formel und den dort beschriebenen Verfahren miteinander kombiniert werden.

(2)   Unbeschadet des Artikels 10 wird der jährliche Beitrag der einzelnen Institute von der Abwicklungsbehörde für jeden Beitragszeitraum entsprechend der in Anhang I enthaltenen Formel und den dort beschriebenen Verfahren durch Multiplikation des jährlichen Grundbeitrags mit dem Anpassungsmultiplikator für zusätzliche Risiken ermittelt.

(3)   Der Risikoanpassungsmultiplikator beträgt zwischen 0,8 und 1,5.“

13

Art. 13 Abs. 1 der Delegierten Verordnung bestimmt:

„Die Abwicklungsbehörde teilt jedem der in Artikel 2 genannten Institute bis spätestens 1. Mai jedes Jahres ihre Entscheidung über die Festsetzung des von dem betreffenden Institut zu entrichtenden jährlichen Beitrags mit.“

14

Anhang I der Delegierten Verordnung trägt die Überschrift „Verfahren zur Berechnung der jährlichen Beiträge von Instituten“ und führt im Einzelnen die Schritte auf, die der SRB bei der Berechnung der im Voraus erhobenen Beiträge zum SRF zu befolgen hat.

Vorgeschichte des Rechtsstreits

15

Mit dem streitigen Beschluss bestimmte der SRB die Höhe der im Voraus erhobenen Beiträge zum SRF für das Jahr 2017, einschließlich der Höhe des Beitrags der Landesbank Baden-Württemberg, eines in Deutschland niedergelassenen Kreditinstituts.

16

Mit Beitragsbescheid vom 21. April 2017, der am 24. April 2017 bei der Landesbank Baden-Württemberg einging, unterrichtete die Bundesanstalt für Finanzmarktstabilisierung (Deutschland) die Landesbank Baden-Württemberg darüber, dass der SRB ihren im Voraus erhobenen Beitrag zum SRF für das Jahr 2017 berechnet habe, und teilte ihr den an den Restrukturierungsfonds (Deutschland) zu entrichtenden Betrag mit. Dem Beitragsbescheid waren zwei Dokumente beigefügt, nämlich eine deutsche Fassung des Textes des streitigen Beschlusses ohne den darin genannten Anhang und ein Dokument mit dem Titel „Berechnungsdetails (risikogewichtet) – Im Voraus erhobene Beiträge zum [SRF] für den Beitragszeitraum 2017“ (im Folgenden: harmonisierter Anhang).

Klage vor dem Gericht und angefochtenes Urteil

17

Mit Klageschrift, die am 30. Juni 2017 bei der Kanzlei des Gerichts einging, erhob die Landesbank Baden-Württemberg eine Klage auf Nichtigerklärung des streitigen Beschlusses.

18

Zur Stützung ihrer Klage machte sie sechs Gründe geltend. Mit diesen Klagegründen wurden erstens ein Verstoß gegen Art. 296 AEUV und Art. 41 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden: Charta) wegen unzureichender Begründung des streitigen Beschlusses gerügt, zweitens ein Verstoß gegen Art. 41 der Charta wegen fehlender Anhörung der Landesbank Baden-Württemberg, drittens ein Verstoß gegen Art. 47 der Charta mangels Überprüfbarkeit dieses Beschlusses, viertens ein Verstoß gegen mehrere sekundärrechtliche Bestimmungen sowie gegen die Art. 16 und 20 der Charta wegen Anwendung des Multiplikators für den Indikator „institutsbezogenes Sicherungssystem“, fünftens ein Verstoß gegen Art. 16 der Charta und gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit aufgrund der Anwendung des Risikoanpassungsmultiplikators und sechstens die Rechtswidrigkeit der Art. 4 bis 7 und 9 der Delegierten Verordnung 2015/63 sowie von deren Anhang I.

19

Mit Entscheidung vom 13. November 2017 wurde die Kommission als Streithelferin zur Unterstützung der Anträge des SRB zugelassen.

20

Mit einer prozessleitenden Maßnahme und drei Beweiserhebungsbeschlüssen forderte das Gericht den SRB auf, mehrere Informationen und Dokumente, darunter eine vollständige Kopie des Originals des streitigen Beschlusses und von dessen Anhang, zu übermitteln.

21

Mit dem angefochtenen Urteil erklärte das Gericht den streitigen Beschluss für nichtig, soweit er die Landesbank Baden-Württemberg betrifft, und entschied, dass die Wirkungen dieses Beschlusses während eines Zeitraums von sechs Monaten ab dem Tag der Rechtskraft dieses Urteils aufrechterhalten würden.

22

Als Erstes prüfte das Gericht von Amts wegen den Gesichtspunkt der fehlenden Feststellung des streitigen Beschlusses.

23

Hierzu führte es in den Rn. 46 und 47 des angefochtenen Urteils aus, dass der SRB zwar eine Kopie der unterzeichneten Fassung des Textes des streitigen Beschlusses sowie eine Kopie eines ebenfalls unterzeichneten Laufzettels zur Verfahrensakte vorgelegt habe, jedoch keinen Beweis für die Feststellung des Anhangs des Beschlusses erbracht habe, der einen wesentlichen Bestandteil dieses Beschlusses darstelle. Insbesondere hob das Gericht in Rn. 51 des angefochtenen Urteils hervor, dass der SRB nicht nachgewiesen habe, dass dieser Anhang elektronisch unterzeichnet worden sei.

24

In Rn. 52 des angefochtenen Urteils stellte das Gericht fest, dass das Vorbringen des SRB in der mündlichen Verhandlung, wonach dieser Anhang zum Zeitpunkt der Unterzeichnung des Laufzettels in einem Dokumentationssystem namens „Advanced Records System“ (im Folgenden: ARES-System) verfügbar gewesen sei, neu und deshalb unzulässig und jedenfalls nicht belegt sei. In Rn. 53 des angefochtenen Urteils stellte das Gericht daher fest, dass der vom SRB vorgelegte Laufzettel keinen Anhaltspunkt enthalte, der die Stichhaltigkeit dieses Vorbringens belegen würde oder es erlauben würde, eine untrennbare Verbindung zwischen diesem Laufzettel und einem im ARES-System vorhandenen Dokument nachzuweisen, das dem Anhang des streitigen Beschlusses entspreche.

25

Folglich stellte das Gericht in Rn. 55 des angefochtenen Urteils fest, dass die Voraussetzung der Feststellung des streitigen Beschlusses nicht erfüllt sei.

26

Als Zweites hielt es das Gericht im Interesse einer geordneten Rechtspflege für angebracht, den ersten, den dritten und den sechsten Klagegrund der Landesbank Baden-Württemberg zu prüfen, und gab diesen Klagegründen statt.

27

Das Gericht prüfte erstens die Beachtung der Begründungspflicht und des Rechts auf effektiven Rechtsschutz.

28

In den Rn. 95 bis 98 des angefochtenen Urteils stellte das Gericht fest, dass der streitige Beschluss nahezu kein Element für die Berechnung des im Voraus erhobenen Beitrags der Landesbank Baden-Württemberg zum SRF für das Jahr 2017 enthalte und dass im harmonisierten Anhang zwar weitere Berechnungselemente genannt seien, dieser aber keine Elemente enthalte, die ausreichen würden, um die Richtigkeit dieses Beitrags zu überprüfen. Das Gericht stellte insbesondere fest, dass dieses Dokument kein Element enthalte, das sich auf die anderen von dieser Berechnung betroffenen Bankinstitute beziehe, obwohl die Berechnung des genannten Beitrags gemäß insbesondere den Art. 4 bis 7 und 9 der Delegierten Verordnung 2015/63 sowohl impliziere, dass die Verbindlichkeiten der Landesbank Baden-Württemberg zur Gesamtsumme der Verbindlichkeiten dieser anderen Institute ins Verhältnis gesetzt würden, als auch, dass ihr Risikoprofil im Verhältnis zu den Risikoprofilen dieser anderen Institute bewertet werde.

29

Außerdem führte das Gericht in den Rn. 100 und 102 des angefochtenen Urteils aus, dass angesichts der Vertraulichkeit der bei der Berechnung des im Voraus erhobenen Beitrags der Landesbank Baden-Württemberg zum SRF für das Jahr 2017 berücksichtigten Daten die Art und Weise der Berechnung dieses Beitrags eine inhärente Intransparenz aufweise und es erschwere, den streitigen Beschluss in sachgerechter Weise zu beanstanden. Das Gericht befand daher in Rn. 109 des angefochtenen Urteils, dass die der Landesbank Baden-Württemberg gegebene Begründung diese in eine Lage bringe, in der sie nicht wissen könne, ob die Höhe dieses Beitrags korrekt berechnet worden sei oder ob sie sie vor den Unionsgerichten anfechten solle.

30

Daraus leitete das Gericht in Rn. 110 des angefochtenen Urteils ab, dass der SRB gegen die Begründungspflicht verstoßen habe.

31

Zweitens stellte das Gericht in Rn. 127 des angefochtenen Urteils fest, dass die für das Gericht bestehende Möglichkeit, den SRB zur Vorlage von Informationen aufzufordern, um die Rechtmäßigkeit des streitigen Beschlusses zu prüfen, im vorliegenden Fall weder etwas an der Feststellung ändern könne, dass ein Verstoß gegen die Begründungspflicht vorliege, noch die Wahrung des Rechts der Landesbank Baden-Württemberg auf effektiven Rechtsschutz garantieren könne.

32

Drittens entschied das Gericht über die von der Landesbank Baden-Württemberg erhobene Einrede der Rechtswidrigkeit.

33

Insoweit befand das Gericht in Rn. 129 des angefochtenen Urteils, dass sich die Intransparenz der Art und Weise der Berechnung der im Voraus erhobenen Beiträge zum SRF zumindest zum Teil aus der Delegierten Verordnung 2015/63 ergebe. Folglich stellte es in Rn. 141 des angefochtenen Urteils fest, dass der in diesem Urteil festgestellte Verstoß gegen die Begründungspflicht für den Teil der Berechnung dieser Beiträge, der die Anpassung entsprechend dem Risikoprofil betreffe, durch die Rechtswidrigkeit der Art. 4 bis 7 und 9 der Delegierten Verordnung 2015/63 sowie ihres Anhangs I verursacht werde.

Anträge der Parteien

34

Mit ihrem Rechtsmittel in der Rechtssache C‑584/20 P beantragt die Kommission,

das angefochtene Urteil aufzuheben und

der Landesbank Baden-Württemberg die Kosten des Rechtsmittelverfahrens aufzuerlegen.

35

Mit seinem Rechtsmittel in der Rechtssache C‑621/20 P beantragt der SRB,

das angefochtene Urteil aufzuheben,

die Klage der Landesbank Baden-Württemberg abzuweisen und

der Landesbank Baden-Württemberg die Kosten im Zusammenhang mit dem erstinstanzlichen Verfahren und dem Rechtsmittelverfahren aufzuerlegen.

36

Die Landesbank Baden-Württemberg beantragt,

die Rechtsmittel zurückzuweisen und

der Kommission und dem SRB die Kosten aufzuerlegen.

Verfahren vor dem Gerichtshof

37

Mit gesonderten, bei der Kanzlei des Gerichtshofs gleichzeitig mit ihrer jeweiligen Rechtsmittelschrift eingereichten Schriftsätzen haben die Kommission und der SRB beantragt, die vorliegenden Rechtssachen gemäß den Art. 133 bis 136 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs, die nach deren Art. 190 Abs. 1 auf das Rechtsmittelverfahren anwendbar sind, dem beschleunigten Verfahren zu unterwerfen.

38

Zur Stützung ihrer Anträge haben die Kommission und der SRB im Wesentlichen geltend gemacht, dass das angefochtene Urteil erhebliche Auswirkungen auf die jährliche Berechnung der im Voraus erhobenen Beiträge zum SRF habe, dass es erforderlich sei, den rechtlichen Rahmen für diese Berechnung so schnell wie möglich zu klären, um es dem SRF zu ermöglichen, die Finanzkapazität zu erwerben, die seine Aufgabe verlange, und dass bis zu dieser Klärung die Gefahr bestehe, dass bei den Unionsgerichten zahlreiche Klagen erhoben würden.

39

Aus Art. 133 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs geht hervor, dass der Präsident des Gerichtshofs auf Antrag des Klägers oder des Beklagten und nach Anhörung der Gegenpartei, des Berichterstatters und des Generalanwalts entscheiden kann, eine Rechtssache einem beschleunigten Verfahren unter Abweichung von den Bestimmungen der Verfahrensordnung zu unterwerfen, wenn die Art der Rechtssache ihre rasche Erledigung erfordert.

40

Am 4. und 8. Dezember 2020 hat der Präsident des Gerichtshofs nach Anhörung des Berichterstatters und des Generalanwalts beschlossen, den Anträgen der Kommission und des SRB stattzugeben.

41

Das angefochtene Urteil stellt nämlich die Verfahren, die innerhalb des SRB angewandt werden, um die Feststellung und Begründung der Beschlüsse zur Festsetzung der im Voraus erhobenen Beiträge zum SRF zu gewährleisten, sowie die Rechtmäßigkeit wesentlicher Elemente der Methode zur Berechnung dieser Beiträge in Frage. Folglich ist der SRB seit der Verkündung dieses Urteils einer erheblichen Ungewissheit hinsichtlich der Berechnungsverfahren und des Berechnungsmodus, die zu diesem Zweck anzuwenden sind, ausgesetzt, obwohl er nach Art. 13 Abs. 1 der Delegierten Verordnung 2015/63 verpflichtet ist, jedem der betroffenen Institute bis spätestens 1. Mai jedes Jahres seine Entscheidung über die Festsetzung des von diesen Instituten zu entrichtenden jährlichen Beitrags zum SRF mitzuteilen.

42

Angesichts der Bedeutung der Aufgabe des SRF im Rahmen der Bankenunion könnte das Fortbestehen einer solchen Ungewissheit über die Bedingungen seiner Finanzierung erhebliche negative Auswirkungen systemischer Art auf das Funktionieren dieser Union und damit auf die Stabilität des Euro-Währungsgebiets haben. Daher ist es wichtig, diese Ungewissheit zur Vermeidung jeglichen Hindernisses für den Prozess der Erhebung der Beiträge, die diese Finanzierung gewährleisten, so rasch wie möglich zu beseitigen (vgl. entsprechend Beschlüsse des Präsidenten des Gerichtshofs vom 4. Oktober 2012, Pringle, C‑370/12, nicht veröffentlicht, EU:C:2012:620, Rn. 7 und 8, sowie vom 12. Juni 2018, EZB/Lettland, C‑238/18, nicht veröffentlicht, EU:C:2018:488, Rn. 17).

43

Gemäß Art. 54 Abs. 2 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs hat der Präsident des Gerichtshofs am 12. Februar 2021 beschlossen, die vorliegenden Rechtssachen zu gemeinsamem mündlichen Verfahren und zu gemeinsamem Urteil zu verbinden.

44

Mit Beschlüssen des Präsidenten des Gerichtshofs vom 25. Februar 2021, Kommission/Landesbank Baden-Württemberg und SRB (C‑584/20 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2021:150) sowie SRB/Landesbank Baden-Württemberg (C‑621/20 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2021:151), ist die Fédération bancaire française als Streithelferin zur Unterstützung der Anträge der Landesbank Baden-Württemberg zugelassen worden.

45

Mit Beschluss des Präsidenten des Gerichtshofs vom 12. März 2021, Kommission und SRB/Landesbank Baden-Württemberg (C‑584/20 P und C‑621/20 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2021:261), ist das Königreich Spanien als Streithelfer zur Unterstützung der Anträge der Kommission und des SRB zugelassen worden.

Zu den Rechtsmitteln

46

Die Kommission führt zur Stützung ihres Rechtsmittels in der Rechtssache C‑584/20 fünf Gründe an. Mit dem ersten Rechtsmittelgrund wird zum einen eine Verfälschung von Tatsachen und zum anderen ein Verstoß gegen den Grundsatz des kontradiktorischen Verfahrens und eine Verletzung der Verteidigungsrechte in Bezug auf die vom Gericht getroffene Feststellung der fehlenden Feststellung des streitigen Beschlusses gerügt. Mit den Rechtsmittelgründen 2 bis 5 werden ein Rechtsfehler und ein Begründungsmangel hinsichtlich der Zulässigkeit der Einrede der Rechtswidrigkeit, der das Gericht stattgab, zwei Fehler bei der Auslegung der Verordnung Nr. 806/2014 sowie eine fehlerhafte Überdehnung des Umfangs der Begründungspflicht nach Art. 296 AEUV gerügt.

47

Der SRB führt zur Stützung seines Rechtsmittels in der Rechtssache C‑621/20 P zwei Gründe an, wobei mit dem ersten Rechtsmittelgrund zunächst ein Verstoß gegen Art. 85 Abs. 3 der Verfahrensordnung des Gerichts, sodann eine Verfälschung der Beweise und schließlich eine Verletzung des Rechts auf ein faires Verfahren, was die vom Gericht getroffene Feststellung der fehlenden Feststellung des streitigen Beschlusses anbelangt, und mit dem zweiten Rechtsmittelgrund ein Verstoß gegen Art. 296 AEUV und gegen Art. 47 der Charta gerügt werden.

Zum zweiten Teil des ersten Rechtsmittelgrundes in der Rechtssache C‑584/20 P und zum dritten Teil des ersten Rechtsmittelgrundes in der Rechtssache C‑621/20 P

Vorbringen der Parteien

48

Mit dem zweiten Teil des ersten Rechtsmittelgrundes in der Rechtssache C‑584/20 P und dem dritten Teil des ersten Rechtsmittelgrundes in der Rechtssache C‑621/20 P, die zunächst zu prüfen sind, machen die Kommission und der SRB, unterstützt durch das Königreich Spanien, geltend, das Gericht habe gegen den Grundsatz des kontradiktorischen Verfahrens verstoßen und die Verteidigungsrechte des SRB sowie das Recht des SRB auf ein faires Verfahren verletzt.

49

Sie sind nämlich der Auffassung, der SRB sei nicht in der Lage gewesen, zu dem vom Gericht von Amts wegen geprüften Gesichtspunkt des Fehlens eines hinreichenden Beweises für die Feststellung des streitigen Beschlusses sachgerecht Stellung zu nehmen.

50

Nach Ansicht des SRB bedeutet das Anhörungsrecht der Parteien, dass diese von den vom Gericht von Amts wegen berücksichtigten rechtlichen Gesichtspunkten Kenntnis nehmen und diese tatsächlich erörtern können. Der SRB hätte daher die Möglichkeit haben müssen, sich mit den vor dem Gericht aufgeworfenen Fragen auf angemessene Art und Weise und in angemessener Zeit vertraut zu machen, um hierzu wirksam Stellung nehmen zu können.

51

Der SRB betont insoweit, dass die Frage der Feststellung des streitigen Beschlusses im Rahmen des schriftlichen Verfahrens vor der mündlichen Verhandlung, die vor dem Gericht stattgefunden habe, nicht erörtert worden sei, dass das Gericht nicht wenigstens in der mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen habe, dass die vom SRB vorgelegten Beweise unzureichend gewesen seien, und dass es das bei dieser Gelegenheit vom SRB unterbreitete Beweisangebot zurückgewiesen habe. Da die Beachtung der Feststellungspflicht normalerweise vermutet werde, hätte sich das Gericht nicht damit begnügen dürfen, Sachverhaltsfragen zu stellen, sondern hätte seine Untersuchung vertiefen müssen, anstatt sich nur auf den Mangel an Beweisen zu stützen.

52

Hätte das Gericht dem SRB die Möglichkeit gegeben, die Frage der Feststellung des streitigen Beschlusses zu vertiefen, hätte dieser nachgewiesen, dass der Laufzettel, auf den er sich berufe, automatisch im ARES-System generiert worden sei, hätte einen Screenshot des Inhalts dieses Systems im Zeitpunkt der Unterzeichnung vorgelegt und hätte nachgewiesen, dass dieses System ein geschlossenes und sicheres System darstelle.

53

Die Landesbank Baden-Württemberg hält dieses Vorbringen für nicht stichhaltig.

54

Sie macht geltend, dass die prozessleitende Maßnahme und die Maßnahmen der Beweisaufnahme, die im ersten Rechtszug getroffen worden seien, die Feststellung des streitigen Beschlusses zum Gegenstand gehabt hätten, da sich die Aufforderung zur Vorlage des Originals dieses Beschlusses einschließlich seines Anhangs auf die festgestellte Fassung des Beschlusses bezogen habe. Der SRB, der in Beantwortung dieser Maßnahmen einen Laufzettel vorgelegt habe, hätte den Zusammenhang zwischen diesem Laufzettel und dem ARES-System nachweisen müssen, ohne die mündliche Verhandlung vor dem Gericht abzuwarten.

55

Unter diesen Umständen sei das Gericht nicht verpflichtet gewesen, den SRB auf die Frage der Feststellung des streitigen Beschlusses aufmerksam zu machen. Insbesondere habe das Gericht zu Recht entschieden, eine Behauptung der Landesbank Baden-Württemberg zu dieser Frage, die in ihrer Stellungnahme vom 6. November 2019 zu den Antworten des SRB auf die genannten Maßnahmen enthalten sei, nicht in den Sitzungsbericht aufzunehmen, da diese Behauptung kein Schlüsselelement ihres Vorbringens gewesen sei.

Würdigung durch den Gerichtshof

56

Das Recht auf ein faires Verfahren stellt einen fundamentalen Grundsatz des Unionsrechts dar (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 26. November 2013, Groupe Gascogne/Kommission, C‑58/12 P, EU:C:2013:770, Rn. 32, und Gascogne Sack Deutschland/Kommission, C‑40/12 P, EU:C:2013:768, Rn. 28 sowie die dort angeführte Rechtsprechung), der nunmehr in Art. 47 der Charta verankert ist.

57

Um die Anforderungen dieses Rechts zu erfüllen, müssen die Unionsgerichte dafür Sorge tragen, dass der Grundsatz des kontradiktorischen Verfahrens, der für jedes Verfahren gilt, das zu einer Entscheidung eines Unionsorgans führen kann, durch die Interessen einer Person spürbar beeinträchtigt werden, vor ihnen und von ihnen selbst beachtet wird (Urteil vom 27. März 2014, HABM/National Lottery Commission, C‑530/12 P, EU:C:2014:186, Rn. 53 und die dort angeführte Rechtsprechung).

58

Dieser Grundsatz muss jeder Partei eines Verfahrens, mit dem die Unionsgerichte befasst werden, unabhängig von ihrer rechtlichen Eigenschaft zugutekommen. Die Einrichtungen der Union, wie der SRB, können sich daher ebenfalls darauf berufen, wenn sie Parteien in einem solchen Verfahren sind (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 2. Dezember 2009, Kommission/Irland u. a., C‑89/08 P, EU:C:2009:742, Rn. 53).

59

Der Grundsatz des kontradiktorischen Verfahrens verleiht nicht nur jedem Verfahrensbeteiligten das Recht, die Schriftstücke und Erklärungen, die die Gegenpartei dem Gericht vorgelegt hat, zur Kenntnis zu nehmen und zu erörtern. Es umfasst auch das Recht der Verfahrensbeteiligten, die Gesichtspunkte, die das Gericht von Amts wegen aufgeworfen hat und auf die es seine Entscheidung gründen möchte, zur Kenntnis zu nehmen und zu erörtern. Für die Erfüllung der Anforderungen im Zusammenhang mit dem Recht auf ein faires Verfahren kommt es nämlich darauf an, dass die Beteiligten sowohl die tatsächlichen als auch die rechtlichen Umstände, die für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sind, kennen und kontradiktorisch erörtern können (Urteil vom 27. März 2014, HABM/National Lottery Commission, C‑530/12 P, EU:C:2014:186, Rn. 54 und die dort angeführte Rechtsprechung).

60

Um die wirksame Beachtung des Grundsatzes des kontradiktorischen Verfahrens zu gewährleisten, ist eine vorherige Aufforderung an die Parteien, zu dem Gesichtspunkt Stellung zu nehmen, den das Unionsgericht von Amts wegen zu berücksichtigen beabsichtigt, unter Bedingungen an sie zu richten, die es ihnen ermöglichen, zu diesem Gesichtspunkt zweckdienlich und wirksam Stellung zu nehmen, gegebenenfalls auch dadurch, dass sie diesem Gericht die Beweise vorlegen, die erforderlich sind, damit es über diesen Gesichtspunkt in voller Kenntnis der Sachlage entscheiden kann (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 2. Dezember 2009, Kommission/Irland u. a., C‑89/08 P, EU:C:2009:742, Rn. 57, und vom 27. März 2014, HABM/National Lottery Commission, C‑530/12 P, EU:C:2014:186, Rn. 55 bis 59).

61

Im vorliegenden Fall geht aus den Rn. 35 und 36 des angefochtenen Urteils hervor, dass das Gericht den Gesichtspunkt der fehlenden Feststellung des streitigen Beschlusses von Amts wegen berücksichtigte.

62

Folglich oblag es dem Gericht, den Parteien mitzuteilen, dass es beabsichtigte, seine Entscheidung auf diesen Gesichtspunkt zu stützen, und sie folglich aufzufordern, ihm die Argumente vorzutragen, die sie für die Entscheidung des Gerichts über diesen Gesichtspunkt für zweckdienlich hielten.

63

Aus dem Wortlaut der prozessleitenden Maßnahme und den drei Maßnahmen der Beweisaufnahme, die das Gericht erließ, geht jedoch hervor, dass diese Maßnahmen keine Fragen enthielten, die sich unmittelbar auf das Verfahren bezogen hätten, das der SRB anwandte, um die Feststellung des streitigen Beschlusses sicherzustellen, und dass der SRB damit in keiner Weise darauf hingewiesen wurde, dass das Gericht beabsichtigte, von Amts wegen den Gesichtspunkt einer etwaigen fehlenden Feststellung dieses Beschlusses, einschließlich seines Anhangs, zu prüfen.

64

Zwar zielten diese Maßnahmen, wie die Landesbank Baden-Württemberg ausführt, darauf ab, Informationen und Dokumente zum Verfahren zum Erlass des streitigen Beschlusses einzuholen, doch konnte vom SRB vernünftigerweise nicht erwartet werden, aus diesen Maßnahmen abzuleiten, dass er konkret aufgefordert wurde, sich zu den Bedingungen der Feststellung dieses Beschlusses zu äußern.

65

Da der SRB vor der mündlichen Verhandlung, die vor dem Gericht stattfand, nicht aufgefordert wurde, sich zum Gesichtspunkt der fehlenden Feststellung des streitigen Beschlusses zu äußern, ist folglich zu prüfen, ob er vom Gericht in der mündlichen Verhandlung in die Lage versetzt wurde, zweckdienlich und wirksam zu diesem Gesichtspunkt Stellung zu nehmen.

66

Insoweit ist der Gesichtspunkt der fehlenden Feststellung des streitigen Beschlusses aufgrund dessen, dass die Feststellung der Rechtsakte einer Einrichtung der Union von der Anwendung spezifischer interner Verfahren abhängt, die diese Einrichtung zu diesem Zweck eingerichtet hat, zwingend auf der Grundlage der vom SRB vorgelegten Beweise zur Art seiner internen Verfahren und ihrer Anwendung im vorliegenden Fall zu prüfen.

67

Um die Wahrung des Grundsatzes des kontradiktorischen Verfahrens zu gewährleisten, musste der SRB folglich aufgefordert werden, Argumente zu diesem Gesichtspunkt unter Bedingungen vorzutragen, die es ihm erlauben würden, Beweise bezüglich der Feststellung des streitigen Beschlusses zusammenzutragen und sie dem Gericht vorzulegen. In Anbetracht der in Rn. 64 des vorliegenden Urteils angeführten Umstände konnte vom SRB jedoch vernünftigerweise nicht erwartet werden, dass er solche Beweise in der mündlichen Verhandlung vor dem Gericht vorlegen würde.

68

Zudem geht weder aus dem angefochtenen Urteil noch aus dem Protokoll der mündlichen Verhandlung vor dem Gericht oder aus der Aufzeichnung dieser Verhandlung hervor, dass das Gericht den SRB in dieser Verhandlung klar darüber informiert hätte, dass es beabsichtigte, von Amts wegen den Gesichtspunkt der fehlenden Feststellung des streitigen Beschlusses zu prüfen, oder dass es dem SRB oblegen hätte, sich in der mündlichen Verhandlung zu diesem Gesichtspunkt zu äußern.

69

Vielmehr nahm das Gericht an, dass der SRB nicht berechtigt sei, in der mündlichen Verhandlung im ersten Rechtszug Argumente oder Beweise bezüglich der Feststellung des streitigen Beschlusses vorzubringen.

70

Obwohl feststeht, dass der SRB hierzu weder in der Klagebeantwortung noch in der Gegenerwiderung noch in seinen Stellungnahmen zu der prozessleitenden Maßnahme und den Maßnahmen der Beweisaufnahme des Gerichts Stellung genommen hatte, stellte das Gericht nämlich in Rn. 52 des angefochtenen Urteils fest, dass ein vom SRB in der mündlichen Verhandlung vorgebrachtes Argument betreffend die Feststellung des streitigen Beschlusses als unzulässig anzusehen sei, da es neu sei.

71

Überdies ergibt sich aus der Aufzeichnung der mündlichen Verhandlung vor dem Gericht, dass das Gericht nicht auf ein Angebot des SRB einging, umgehend zusätzliche Beweise zum Nachweis der Feststellung des streitigen Beschlusses vorzulegen.

72

Somit kann der Umstand, dass zwei Mitglieder des Gerichts dem SRB in der mündlichen Verhandlung mehrere Fragen bezüglich der Feststellung des streitigen Beschlusses stellten, nicht als zur Erfüllung der Verpflichtungen des Gerichts aus dem Grundsatz des kontradiktorischen Verfahrens, auf die in Rn. 60 des vorliegenden Urteils hingewiesen worden ist, ausreichend angesehen werden.

73

Zum einen geht nämlich aus den Rn. 52 und 53 des angefochtenen Urteils hervor, dass das Gericht der Ansicht war, dass das Erfordernis der Feststellung des streitigen Beschlusses nicht erfüllt sei, wobei es sich in erster Linie auf die Unzulässigkeit des Vorbringens des SRB stützte, wonach zum Zeitpunkt der Unterzeichnung des Laufzettels, auf den sich der SRB bezieht, ein Dokument mit dem Anhang dieses Beschlusses im ARES-System verfügbar gewesen sei, und hilfsweise darauf, dass der SRB keine Beweise vorgelegt habe, die diese Verfügbarkeit oder die untrennbare Verbindung zwischen diesem Dokument und dem Laufzettel belegen könnten.

74

Zum anderen macht der SRB geltend, dass er, wäre er vom Gericht aufgefordert worden, zu dem von Amts wegen geprüften Gesichtspunkt der fehlenden Feststellung des streitigen Beschlusses Stellung zu nehmen, Beweise zu den Bedingungen für die Erstellung dieses Laufzettels sowie zum Inhalt und zu den Merkmalen des ARES-Systems vorgelegt hätte.

75

Unter diesen Umständen ist davon auszugehen, dass der SRB, hätte das Gericht ihm tatsächlich die Möglichkeit geboten, Beweise bezüglich der Feststellung des streitigen Beschlusses vorzulegen, eine Reihe von Beweisen hätte vorlegen können, die prima facie insoweit relevant wären. Folglich hätte das Gericht, um über diese Feststellung zu entscheiden, diese Beweismittel würdigen müssen und durfte sich somit nicht mit der Annahme begnügen, dass die Behauptungen bezüglich der Rolle des ARES-Systems bei dieser Feststellung unzulässig oder nicht belegt seien.

76

Der Umstand, dass sich der SRB bei seinen mündlichen Ausführungen vor dem Gericht und dann in Beantwortung der von zwei Mitgliedern des Gerichts gestellten Fragen zur Feststellung des streitigen Beschlusses äußerte, ist in Anbetracht der in den Rn. 66 bis 71 des vorliegenden Urteils getroffenen Feststellungen nicht geeignet, diese Beurteilung in Frage zu stellen, zumal der SRB nicht geltend macht, dass ihm jegliche Möglichkeit genommen worden wäre, Argumente zu dieser Feststellung vorzutragen, sondern geltend macht, nicht in der Lage gewesen zu sein, hierzu im ersten Rechtszug Beweise vorzulegen.

77

Folglich greifen der zweite Teil des ersten Rechtsmittelgrundes in der Rechtssache C‑584/20 P und der dritte Teil des ersten Rechtsmittelgrundes in der Rechtssache C‑621/20 P durch, ohne dass über die übrigen Teile dieser Rechtsmittelgründe entschieden zu werden bräuchte.

78

Allerdings kann diese Schlussfolgerung für sich genommen nicht zur Aufhebung des angefochtenen Urteils führen, da aus den Rn. 56, 141 und 143 dieses Urteils hervorgeht, dass das Gericht die von der Landesbank Baden-Württemberg im ersten Rechtszug geltend gemachten Klagegründe 1, 3 und 6 vorsorglich prüfte und diesen Klagegründen nach dieser Prüfung stattgab.

Zum fünften Rechtsmittelgrund in der Rechtssache C‑584/20 P und zum zweiten Rechtsmittelgrund in der Rechtssache C‑621/20 P

Vorbringen der Parteien

79

Mit dem fünften Rechtsmittelgrund in der Rechtssache C‑584/20 P und dem zweiten Rechtsmittelgrund in der Rechtssache C‑621/20 P machen die Kommission und der SRB, unterstützt durch das Königreich Spanien, zum einen geltend, dass die Begründung des angefochtenen Urteils nicht nur unzureichend sei, da das Gericht der gegen mehrere Bestimmungen der Delegierten Verordnung 2015/63 erhobenen Rüge pauschal stattgegeben habe, ohne zu präzisieren, inwiefern jede dieser Bestimmungen zur festgestellten Intransparenz der Art und Weise der Berechnung der im Voraus erhobenen Beiträge zum SRF beitrage, sondern auch widersprüchlich, da das Gericht einräume, dass bestimmte Aspekte dieses Berechnungsmodus von den Beitragspflichtigen geprüft werden könnten, und die Vertraulichkeit der betreffenden Daten bejahe, ohne daraus Konsequenzen zu ziehen.

80

Zum anderen sind die Rechtsmittelführer der Ansicht, das Gericht habe im vorliegenden Fall den Umfang der sich aus Art. 296 AEUV ergebenden Begründungspflicht verkannt.

81

Erstens genüge es, dass der streitige Beschluss die vom SRB angewandte Methodik, d. h. die herangezogenen Kriterien und die Gründe für ihre Anwendung auf das betreffende Institut, klar zum Ausdruck bringe, ohne dass Letzteres notwendigerweise in der Lage sein müsse, die Richtigkeit der Berechnung anhand der finanziellen Daten anderer Institute genau zu überprüfen.

82

Der SRB betont insoweit, dass der Umfang der Begründungspflicht begrenzt werden müsse, um der Pflicht zum Schutz des Berufsgeheimnisses nach Art. 339 AEUV Rechnung zu tragen, die ebenfalls ein grundlegendes Prinzip des Unionsrechts darstelle.

83

Zweitens seien die Drittinstitute betreffenden Daten, die für die Berechnung der Gesamtverbindlichkeiten des Sektors und für den Vergleich der Risikoprofile der betreffenden Institute verwendet würden, für die Berechnung des im Voraus erhobenen Beitrags eines bestimmten Instituts zum SRF nicht entscheidend. Nach Ansicht des SRB wäre es im Übrigen möglich, diese Daten gegenüber den Unionsgerichten offenzulegen, sollte sich die Prüfung dieser Daten als erforderlich erweisen.

84

Drittens könne sich die von der Kommission und dem SRB vorgeschlagene Beschränkung des Umfangs der Begründungspflicht entgegen den Feststellungen des Gerichts auf die Rechtsprechung des Gerichtshofs stützen.

85

Die den SRF kennzeichnende Versicherungslogik unterscheide sich nämlich von der Logik der steuerähnlichen Vorgänge, um die es in den Rechtssachen gegangen sei, in denen die in Rn. 122 des angefochtenen Urteils angeführten Urteile des Gerichtshofs ergangen seien.

86

Außerdem sei allgemein anerkannt, dass staatliche Behörden bei der konkreten Wahrnehmung von Beurteilungsspielräumen vertrauliche Daten berücksichtigen könnten, zu denen der Adressat der Entscheidung keinen Zugang habe, die aber gegebenenfalls den zuständigen Gerichten zu übermitteln seien. So habe der Gerichtshof in den Bereichen des Wettbewerbsrechts, des öffentlichen Auftragswesens, des öffentlichen Dienstes und der Antidumpingmaßnahmen entschieden, dass sich die zuständigen Behörden auf nicht preisgegebene vertrauliche Daten stützen könnten.

87

Viertens macht der SRB geltend, die in der Delegierten Verordnung 2015/63 vorgesehene Berechnungsmethode gewährleiste ein angemessenes Niveau an Transparenz für die Berechnung der im Voraus erhobenen Beiträge zum SRF.

88

Der Unionsgesetzgeber habe in Ausübung seines Ermessens eine Methode eingeführt, die darauf abziele, den vom SRB zu erhebenden Gesamtbetrag im Voraus zu bestimmen und diesen Betrag fair unter den betreffenden Instituten zu verteilen, was voraussetze, dass für jedes Institut eine genaue relative Risikoposition ermittelt werde. Diese Methode müsse vom Ansatz der „absoluten Individualberechnung“ unterschieden werden, der üblicherweise für die Erhebung von Steuern kennzeichnend sei.

89

Diese Methode bestehe aus sieben verschiedenen Schritten. Vier dieser Schritte beruhten auf individuellen Daten zu jedem Institut sowie auf gemeinsamen Werten, die vom SRB ermittelt und mitgeteilt würden, was es jedem Institut ermögliche, nicht nur seinen jährlichen Grundbeitrag, sondern auch seinen individuellen Risikoanpassungsmultiplikator und damit auch seine jährlichen im Voraus erhobenen Beiträge zum SRF nachzurechnen. Drei dieser Schritte beruhten auf vertraulichen Daten betreffend Drittinstitute und führten zur Festlegung gemeinsamer Werte, die für alle betroffenen Institute gleichermaßen genutzt würden.

90

Was konkret das Risikoprofil eines Instituts betreffe, würden die zur Berechnung von gemeinsamen Werten für die Einstufung aller Institute in Risiko-Klassen einbezogenen Daten nicht offengelegt. Diese Einstufung werde jedoch in einem harmonisierten Anhang erläutert, der es jedem Institut ermögliche, nachzuvollziehen, wie es hinsichtlich eines jeden Risikoindikators relativ dastehe. Die vom SRB auf seiner Website veröffentlichten Daten gewährleisteten den Zugang zu zusätzlichen aggregierten Informationen, und im Übrigen sei die Transparenz in den auf den Beitragszyklus 2017 folgenden Beitragszyklen weiter erhöht worden.

91

Die Landesbank Baden-Württemberg, unterstützt durch die Fédération bancaire française, trägt vor, die Begründung des angefochtenen Urteils genüge, um einen Verstoß des SRB gegen Art. 296 AEUV festzustellen, und die mit den Rechtsmitteln vorgebrachten Argumente seien nicht geeignet, diese Begründung in Frage zu stellen.

92

Erstens ergebe sich nämlich aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs eindeutig, dass die Pflicht zur Wahrung von Geschäftsgeheimnissen nicht das Begründungserfordernis aushöhlen dürfe. Eine Abwägung zwischen dem Erfordernis des Schutzes von Geschäftsgeheimnissen und der Begründungspflicht sei nicht erforderlich, da es der Kommission freigestanden hätte, einen anderen Berechnungsmodus festzulegen, der die Heranziehung vertraulicher Daten vermeide.

93

Zweitens sei das Argument, die Daten anderer Institute seien nicht erheblich, unzulässig, da es im ersten Rechtszug nicht vorgebracht worden und jedenfalls nicht stichhaltig sei, da die Höhe des im Voraus erhobenen Beitrags der Landesbank Baden-Württemberg zum SRF für das Jahr 2017 von diesen Daten abhänge.

94

Drittens seien die Analogien zwischen dem in den vorliegenden Rechtssachen in Rede stehenden Sachverhalt und den Sachverhalten, die der Gerichtshof in Bereichen wie dem Wettbewerbsrecht, dem öffentlichen Auftragswesen, dem öffentlichen Dienst oder den Antidumpingmaßnahmen geprüft habe, nicht relevant. Der streitige Beschluss, mit dem ein erheblich belastender Beitrag auferlegt werde, könne nämlich nicht mit den Entscheidungen verglichen werden, um die es in den von den Rechtsmittelführern angeführten Urteilen des Gerichtshofs gegangen sei.

95

Viertens habe das Gericht zu Recht festgestellt, dass der streitige Beschluss nicht hinreichend begründet sei, da er die Landesbank Baden-Württemberg nicht in die Lage versetze, die Höhe ihres im Voraus erhobenen Beitrags zum SRF für das Jahr 2017 zu überprüfen. Das gegen diese Beurteilung gerichtete Vorbringen der Rechtsmittelführer stelle Tatsachenfeststellungen in Frage und sei daher unzulässig.

96

Eine Heilung dieses Mangels im Lauf des Verfahrens durch Übermittlung vertraulicher Daten an die Unionsgerichte komme außerdem nicht in Betracht. Zum einen müsse die Begründung gleichzeitig mit der betreffenden Entscheidung mitgeteilt werden. Zum anderen wäre das Gericht, selbst wenn es über die im Besitz des SRB befindlichen vertraulichen Daten verfügt hätte, nicht in der Lage gewesen, diesen Betrag selbst zu überprüfen, da es nicht im Besitz des Softwareprogramms sei, über das der SRB verfüge.

97

Fünftens entspreche das Vorbringen des SRB, was speziell die Rechtmäßigkeit der mit der Delegierten Verordnung 2015/63 festgelegten Berechnungsmethode betreffe, nicht den Anforderungen von Art. 169 Abs. 2 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs, da dieses Vorbringen nicht die Punkte des angefochtenen Urteils bezeichne, die damit in Frage gestellt werden sollten.

98

Jedenfalls gebiete es das Bestehen einer Zielausstattung und eines maximalen Anteils an dieser Ausstattung, der jährlich erhoben werden könne, nicht, auf einen relativen Ansatz bei der Bewertung des Risikoprofils zurückzugreifen, wie die Berechnung der Beiträge zur Finanzierung des durch die Richtlinie 2014/49/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. April 2014 über Einlagensicherungssysteme (ABl. 2014, L 173, S. 149) eingeführten Einlagensicherungssystems zeige.

Würdigung durch den Gerichtshof

99

Das Gericht stellte in den Rn. 141 und 143 des angefochtenen Urteils nicht nur fest, dass der SRB gegen die Begründungspflicht sowie gegen das Recht auf effektiven Rechtsschutz verstoßen habe, sondern auch, dass die Art. 4 bis 7 und 9 sowie Anhang I der Delegierten Verordnung 2015/63 rechtswidrig seien. Folglich gab es den von der Landesbank Baden-Württemberg im ersten Rechtszug geltend gemachten Klagegründen 1, 3 und 6 statt.

100

Als Erstes ist festzustellen, dass aus den Rn. 97, 103, 109 und 110 des angefochtenen Urteils hervorgeht, dass das Gericht befand, dass der SRB nach Art. 296 AEUV verpflichtet gewesen sei, in die Begründung des streitigen Beschlusses die Elemente aufzunehmen, die es der Landesbank Baden-Württemberg erlauben würden, die Richtigkeit der Berechnung ihres im Voraus erhobenen Beitrags zum SRF für das Jahr 2017 zu überprüfen, und dass er dieser Verpflichtung nicht nachgekommen sei.

101

Zur Beurteilung der Begründetheit des fünften Rechtsmittelgrundes in der Rechtssache C‑584/20 P und des zweiten Rechtsmittelgrundes in der Rechtssache C‑621/20 P ist zu prüfen, ob das Gericht den Umfang der dem SRB obliegenden Begründungspflicht zutreffend beurteilt hat.

102

Zunächst ist zum einen darauf hinzuweisen, dass nach Art. 296 Abs. 2 AEUV die Rechtsakte der Unionsorgane mit einer Begründung zu versehen sind, und zum anderen darauf, dass das in Art. 41 der Charta verankerte Recht auf eine gute Verwaltung die Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union verpflichtet, ihre Entscheidungen zu begründen.

103

Der Begründung einer Entscheidung eines Organs, einer Einrichtung oder einer sonstigen Stelle der Union kommt eine ganz besondere Bedeutung zu, da sie es dem Betroffenen ermöglicht, in Kenntnis aller Umstände zu entscheiden, ob er einen Rechtsbehelf gegen diese Entscheidung einlegen möchte, und dem zuständigen Gericht, seine Kontrolle auszuüben, so dass sie eine der Voraussetzungen für die Wirksamkeit der durch Art. 47 der Charta gewährleisteten gerichtlichen Kontrolle darstellt (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 9. November 2017, LS Customs Services, C‑46/16, EU:C:2017:839, Rn. 40, und vom 24. November 2020, Minister van Buitenlandse Zaken, C‑225/19 und C‑226/19, EU:C:2020:951, Rn. 43 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

104

Aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs ergibt sich ferner, dass diese Begründung der Natur des betreffenden Rechtsakts und dem Kontext, in dem er erlassen wurde, angepasst sein muss. In der Begründung brauchen nicht alle tatsächlich und rechtlich einschlägigen Gesichtspunkte genannt zu werden, da die Frage, ob eine Begründung ausreichend ist, nicht nur anhand des Wortlauts des Rechtsakts zu beurteilen ist, sondern auch anhand seines Kontexts sowie sämtlicher Rechtsvorschriften auf dem betreffenden Gebiet und insbesondere anhand des Interesses, das die Adressaten des Rechtsakts an Erläuterungen haben können. Ein beschwerender Rechtsakt ist folglich hinreichend begründet, wenn er in einem Kontext ergangen ist, der dem Betroffenen bekannt war und ihm gestattet, die Tragweite der ihm gegenüber getroffenen Maßnahme zu verstehen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 28. März 2017, Rosneft, C‑72/15, EU:C:2017:236, Rn. 122 und die dort angeführte Rechtsprechung).

105

In diesem Zusammenhang ist erstens darauf hinzuweisen, dass aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs nicht abgeleitet werden kann, dass die Begründung jeder Entscheidung eines Organs, einer Einrichtung oder einer sonstigen Stelle der Union, mit der einem privaten Wirtschaftsteilnehmer die Zahlung eines Geldbetrags auferlegt wird, zwingend sämtliche Elemente enthalten muss, die es ihrem Adressaten ermöglichen, die Richtigkeit der Berechnung der Höhe dieses Geldbetrags zu überprüfen.

106

Zwar hat der Gerichtshof, wie das Gericht im Wesentlichen in Rn. 122 des angefochtenen Urteils ausgeführt hat, entschieden, dass die Begründung eines vollstreckbaren Titels, der sich auf die Erhebung einer steuerähnlichen Abgabe bezieht, eine genaue und aufgegliederte Berechnung aller Einzelposten der betreffenden Forderung enthalten muss und dass lediglich eine solche Berechnung die richterliche Nachprüfung einer solchen Entscheidung ermöglicht (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 13. Juni 1958, Meroni/Hohe Behörde, 9/56, EU:C:1958:7, S. 30, und vom 16. Dezember 1963, Macchiorlati Dalmas/Hohe Behörde, 1/63, EU:C:1963:58, S. 677 und 678).

107

Die mit dem streitigen Beschluss festgelegten im Voraus erhobenen Beiträge zum SRF können jedoch entgegen den vom Gericht in Rn. 122 des angefochtenen Urteils getroffenen Feststellungen nicht den Forderungen gleichgestellt werden, um die es in den Rechtssachen ging, in denen die in der vorstehenden Randnummer genannten Urteile des Gerichtshofs ergangen sind.

108

Während sich diese Forderungen nämlich sowohl auf eine steuerähnliche Abgabe als auch auf Verzugszinsen bezogen, deren jeweilige Höhe und Berechnungsmodi mangels einer genauen und aufgegliederten Berechnung nicht ermittelt werden konnten, beschränkt sich der streitige Beschluss darauf, die im Voraus erhobenen Beiträge des jeweiligen Instituts zum SRF auf der Grundlage von Berechnungsregeln festzulegen, die in der Delegierten Verordnung 2015/63 im Einzelnen vorgesehen sind.

109

Zweitens sind die Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union nach dem Grundsatz des Schutzes von Geschäftsgeheimnissen, der einen allgemeinen Grundsatz des Unionsrechts darstellt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 14. Februar 2008, Varec, C‑450/06, EU:C:2008:91, Rn. 49 und die dort angeführte Rechtsprechung), der u. a. in Art. 339 AEUV konkretisiert wird, grundsätzlich verpflichtet, den Wettbewerbern eines privaten Wirtschaftsteilnehmers von diesem erteilte vertrauliche Informationen nicht preiszugeben (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 1. Juli 2008, Chronopost/UFEX u. a., C‑341/06 P und C‑342/06 P, EU:C:2008:375, Rn. 109).

110

Um die Einhaltung dieser Verpflichtungen sicherzustellen, hat der Gerichtshof in mehreren Bereichen des Unionsrechts entschieden, dass die Begründung eines einen Rechtsunterworfenen beschwerenden Rechtsakts, der auf einer Beurteilung der relativen Position privater Wirtschaftsteilnehmer beruht, in gewissem Maße eingeschränkt werden kann, um Informationen bezüglich dieses Wirtschaftsteilnehmers, die unter das Geschäftsgeheimnis fallen, zu schützen.

111

Insbesondere kann eine Entscheidung der Kommission, mit der verneint wird, dass es sich bei einer von einem Beschwerdeführer gerügten Maßnahme um eine staatliche Beihilfe handelt, im Hinblick auf die Pflicht zur Wahrung des Geschäftsgeheimnisses ausreichend begründet sein, ohne dass sie sämtliche Zahlen enthält, auf die sich die Erwägungen der Kommission stützen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 1. Juli 2008, Chronopost/UFEX u. a., C‑341/06 P und C‑342/06 P, EU:C:2008:375, Rn. 108 bis 111). Eine nicht vertrauliche Fassung einer solchen Entscheidung reicht somit aus, um der Begründungspflicht des Organs zu genügen, wenn sie klar und eindeutig die Überlegungen der Kommission und die von ihr verwendete Methodik zum Ausdruck bringt und es damit den Betroffenen ermöglicht, von diesen Gründen Kenntnis zu nehmen, und dem Gericht, insoweit seine Kontrolle auszuüben (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 21. Dezember 2016, Club Hotel Loutraki u. a./Kommission, C‑131/15 P, EU:C:2016:989, Rn. 55).

112

Ebenso bedeutet die Pflicht zur Begründung einer Entscheidung, mit der das Angebot eines Bieters im Rahmen eines Verfahrens zur Vergabe eines öffentlichen Auftrags abgelehnt wird, nicht, dass dieser Bieter über vollständige Informationen über die Merkmale des vom öffentlichen Auftraggeber ausgewählten Angebots verfügen müsste (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 4. Oktober 2012, Evropaïki Dynamiki/Kommission, C‑629/11 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2012:617, Rn. 21 und 22), wobei der Zugang zu solchen Informationen u. a. zu beschränken ist, um ein Vertrauensverhältnis zwischen diesem Auftraggeber und den Wirtschaftsteilnehmern, die an einem solchen Verfahren teilnehmen, aufrechtzuerhalten (vgl. entsprechend Urteil vom 14. Februar 2008, Varec, C‑450/06, EU:C:2008:91, Rn. 36).

113

Wegen der besonderen Natur der im Voraus erhobenen Beiträge zum SRF – die, wie sich aus den Erwägungsgründen 105 bis 107 der Richtlinie 2014/59 und dem 41. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 806/2014 ergibt, darin besteht, in einer auf dem Versicherungsgedanken basierenden Logik sicherzustellen, dass der Finanzsektor dem SRM ausreichende Finanzmittel zur Verfügung stellt, damit er seine Aufgaben erfüllen kann, und dabei für die betroffenen Institute Anreize zu schaffen, weniger riskant zu operieren – beruht die Berechnung dieser Beiträge jedoch, wie der Generalanwalt in Nr. 143 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, nicht auf der Anwendung eines bestimmten Satzes auf eine Bemessungsgrundlage, sondern gemäß den Art. 102 und 103 der Richtlinie 2014/59 und den Art. 69 und 70 der Verordnung Nr. 806/2014 auf der Festlegung einer Zielausstattung, die durch die Summe der bis Ende 2023 erhobenen Beiträge erreicht werden muss, und dann einer jährlichen Zielausstattung, die auf die im Hoheitsgebiet der am SRM teilnehmenden Mitgliedstaaten zugelassenen Institute zu verteilen ist.

114

Da die Gesamtzielausstattung 1 % der gedeckten Einlagen aller dieser Institute ausmachen muss und der jährliche Grundbeitrag der einzelnen Institute mindestens jährlich erhoben und anteilig zur Gesamthöhe ihrer Verbindlichkeiten (ohne Eigenmittel) abzüglich gedeckter Einlagen im Verhältnis zu den aggregierten Verbindlichkeiten (ohne Eigenmittel) abzüglich gedeckter Einlagen aller im Hoheitsgebiet aller dieser Mitgliedstaaten zugelassenen Institute berechnet wird, ergibt sich, dass bereits der Grundsatz der Methode zur Berechnung der im Voraus erhobenen Beiträge zum SRF, wie er aus der Richtlinie 2014/59 und der Verordnung Nr. 806/2014 hervorgeht und dessen Gültigkeit von der Landesbank Baden-Württemberg in keiner Weise bestritten worden ist, die Nutzung von Daten durch den SRB impliziert, die unter das Geschäftsgeheimnis fallen und nicht in die Begründung des streitigen Beschlusses übernommen werden können.

115

Insoweit ist das Vorbringen der Landesbank Baden-Württemberg zurückzuweisen, wonach keine Abwägung zwischen der Begründungspflicht und dem in Rn. 109 des vorliegenden Urteils angeführten allgemeinen Grundsatz des Schutzes von Geschäftsgeheimnissen vorzunehmen sei, weil der Unionsgesetzgeber eine alternative Methode zur Berechnung der im Voraus erhobenen Beiträge zum SRF hätte einführen können, die nicht die Verwendung vertraulicher Daten impliziere.

116

Der Umstand, dass sich der Unionsgesetzgeber im Vorhinein für eine alternative Berechnungsmethode hätte entscheiden können, kann sich im Rahmen einer Methode, die teilweise auf der Verwendung vertraulicher Daten beruht, nicht auf die Bestimmung des Umfangs der Begründungspflicht im Verhältnis zum Grundsatz des Schutzes von Geschäftsgeheimnissen auswirken. Da der Unionsgesetzgeber eine solche Methode rechtsgültig gewählt hat, setzt sie zwangsläufig eine Abwägung zwischen dieser Pflicht und diesem Grundsatz voraus.

117

Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs verfügt der Unionsgesetzgeber nämlich über ein weites Ermessen, wenn er in einem Bereich tätig wird, in dem von ihm politische, wirtschaftliche und soziale Entscheidungen verlangt werden und in dem er komplexe Beurteilungen vornehmen muss (Urteil vom 17. Oktober 2013, Billerud Karlsborg und Billerud Skärblacka, C‑203/12, EU:C:2013:664, Rn. 35 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

118

Ginge man, wie es das Gericht getan hat, davon aus, dass die Begründung des streitigen Beschlusses es der Landesbank Baden-Württemberg zwingend ermöglichen muss, die Richtigkeit der Berechnung ihres im Voraus erhobenen Beitrags zum SRF für das Jahr 2017 zu überprüfen, bedeutete dies zwangsläufig, es dem Unionsgesetzgeber zu verwehren, einen Modus für die Berechnung dieses Beitrags einzuführen, der Daten einbezieht, deren Vertraulichkeit durch das Unionsrecht geschützt ist, und damit das weite Ermessen, über das der Gesetzgeber zu diesem Zweck verfügen muss, übermäßig einzuschränken, indem er u. a. daran gehindert würde, sich für eine Methode zu entscheiden, die geeignet ist, eine dynamische Anpassung der Finanzierung des SRF an die Entwicklungen des Finanzsektors zu gewährleisten, indem sie vergleichend insbesondere die finanzielle Situation aller im Gebiet eines am SRF teilnehmenden Mitgliedstaats zugelassenen Institute berücksichtigt.

119

Des Weiteren ist darauf hinzuweisen, dass das durch die Richtlinie 2014/49 eingeführte Einlagensicherungssystem, auf das sich die Landesbank Baden-Württemberg bezieht, um die Möglichkeit zu belegen, eine alternative Methode für die Berechnung der im Voraus erhobenen Beiträge zum SRF zu gestalten, ebenfalls, wie der Generalanwalt in Nr. 160 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, auf Beiträgen beruht, die unter Heranziehung von Daten berechnet werden, die unter das Geschäftsgeheimnis der betroffenen Institute fallen.

120

Drittens ergibt sich aus dem Vorstehenden zwar, dass die Begründungspflicht des SRB aufgrund der Logik des Systems der Finanzierung des SRF und des vom Unionsgesetzgeber festgelegten Berechnungsmodus gegen die Pflicht des SRB zur Wahrung des Geschäftsgeheimnisses der betreffenden Institute abgewogen werden muss, doch darf die letztgenannte Pflicht nicht so extensiv ausgelegt werden, dass dadurch die Begründungspflicht ihres Inhalts beraubt wird (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 21. Dezember 2016, Club Hotel Loutraki u. a./Kommission, C‑131/15 P, EU:C:2016:989, Rn. 48 und die dort angeführte Rechtsprechung).

121

Allerdings kann im Rahmen der Abwägung zwischen der Begründungspflicht und dem Grundsatz des Schutzes von Geschäftsgeheimnissen nicht davon ausgegangen werden, dass die Begründung einer Entscheidung, mit der einem privaten Wirtschaftsteilnehmer die Zahlung eines Geldbetrags auferlegt wird, ohne dass ihm sämtliche Informationen gegeben werden, anhand deren die Richtigkeit der Berechnung der Höhe dieses Geldbetrags überprüft werden kann, zwangsläufig in allen Fällen den Inhalt der Begründungspflicht beeinträchtigt.

122

Im vorliegenden Fall ist die Begründungspflicht als erfüllt anzusehen, wenn den Adressaten eines Beschlusses, mit dem im Voraus erhobene Beiträge zum SRF festgesetzt werden, zwar keine unter das Geschäftsgeheimnis fallenden Daten übermittelt werden, sie aber über die vom SRB angewandte Berechnungsmethode und über ausreichende Informationen verfügen, um im Wesentlichen nachzuvollziehen, auf welche Weise ihre individuelle Situation bei der Berechnung ihres im Voraus erhobenen Beitrags zum SRF in Anbetracht der Situation aller anderen betroffenen Institute berücksichtigt wurde.

123

In diesem Fall sind diese Adressaten nämlich in der Lage, zu überprüfen, ob ihr im Voraus erhobener Beitrag zum SRF willkürlich unter Verkennung der Realität ihrer wirtschaftlichen Situation oder unter Verwendung nicht plausibler Daten betreffend den restlichen Finanzsektor festgesetzt worden ist. Somit können die Adressaten die Gründe für den Beschluss zur Festsetzung ihres im Voraus erhobenen Beitrags zum SRF nachvollziehen und beurteilen, ob es zweckmäßig erscheint, gegen diesen Beschluss Klage zu erheben, so dass es übertrieben wäre, vom SRB zu verlangen, jede Zahl, auf die sich die Berechnung des Beitrags jedes betroffenen Instituts stützt, mitzuteilen (vgl. entsprechend Urteil vom 1. Juli 2008, Chronopost/UFEX u. a., C‑341/06 P und C‑342/06 P, EU:C:2008:375, Rn. 108 und die dort angeführte Rechtsprechung).

124

Folglich hat das Gericht einen Rechtsfehler begangen, indem es in den Rn. 97, 103 und 109 des angefochtenen Urteils festgestellt hat, dass der SRB nach Art. 296 AEUV verpflichtet gewesen sei, in die Begründung des streitigen Beschlusses die Elemente aufzunehmen, die es der Landesbank Baden-Württemberg erlauben würden, die Richtigkeit der Berechnung ihres im Voraus erhobenen Beitrags zum SRF für das Jahr 2017 zu überprüfen, ohne dass dieser Verpflichtung die Vertraulichkeit bestimmter dieser Elemente entgegenstehen könnte.

125

Das Gericht konnte der Begründungspflicht daher nicht rechtswirksam einen solchen Umfang beimessen, um in Rn. 110 des angefochtenen Urteils festzustellen, dass der SRB gegen diese Pflicht verstoßen habe.

126

Als Zweites ist festzustellen, dass das Gericht in den Rn. 129 bis 140 des angefochtenen Urteils die Einrede der Rechtswidrigkeit prüfte, die die Landesbank Baden-Württemberg im Rahmen ihres im ersten Rechtszug geltend gemachten sechsten Klagegrundes in Bezug auf mehrere Bestimmungen der Delegierten Verordnung 2015/63 und von deren Anhang I erhoben hatte, und diesem Klagegrund sodann in Rn. 141 dieses Urteils stattgab.

127

So hat das Gericht festgestellt, dass die von der Kommission in den Art. 4 bis 7 und 9 sowie in Anhang I der Delegierten Verordnung 2015/63 festgelegte Berechnungsmethode zumindest in Bezug auf die Anpassung der im Voraus erhobenen Beiträge zum SRF entsprechend dem Risikoprofil der betreffenden Institute intransparent sei und dass diese Intransparenz den SRB daran hindere, seiner Begründungspflicht aus Art. 296 AEUV nachzukommen.

128

Hierzu ist erstens festzustellen, dass die vom SRB zur Bestimmung der Höhe der im Voraus erhobenen Beiträge zum SRF angewandte genaue Berechnungsmethode in der Delegierten Verordnung 2015/63 festgelegt ist. Insbesondere sind in Anhang I dieser Delegierten Verordnung die verschiedenen Schritte dieser Berechnungsmethode im Einzelnen aufgeführt und die mathematischen Formeln genannt, die vom SRB anzuwenden sind.

129

Die Delegierte Verordnung stellt somit ein wesentliches Element des Kontexts des streitigen Beschlusses dar, das nach der in Rn. 104 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung bei der Würdigung der Begründung dieses Beschlusses zu berücksichtigen ist, da sie gewährleistet, dass die Adressaten dieses Beschlusses umfassend über die vom SRB verwendete Berechnungsmethode informiert sind.

130

Was zweitens speziell die nach Art. 103 Abs. 2 und 7 der Richtlinie 2014/59 und Art. 70 Abs. 2 der Verordnung Nr. 806/2014 vorgeschriebene Anpassung der im Voraus erhobenen Beiträge zum SRF entsprechend dem Risikoprofil betrifft, sind die Grundsätze, die der SRB insoweit anzuwenden hat, in den Art. 6 bis 9 der Delegierten Verordnung 2015/63 aufgeführt und konkret in Anhang I dieser Delegierten Verordnung umgesetzt worden.

131

Die Anpassung des im Voraus erhobenen Beitrags zum SRF an das Risikoprofil eines Instituts beruht auf einem Vergleich der Exponiertheit dieses Instituts gegenüber relevanten Risikofaktoren mit der der anderen betroffenen Institute.

132

Aus den in Anhang I der Delegierten Verordnung vorgesehenen Schritten 2 bis 4 der Methode zur Berechnung der im Voraus erhobenen Beiträge zum SRF ergibt sich, dass diese Anpassung im Wesentlichen zunächst dadurch sichergestellt wird, dass jedes der betroffenen Institute für die meisten Risikofaktoren einer „Klasse“ zugeordnet wird, in der eine Reihe von Instituten zusammengefasst sind, die auf der Grundlage der Rohindikatorwerte bezüglich des betreffenden Risikofaktors als gleichartig angesehen werden, und dass den Instituten, die derselben „Klasse“ angehören, ein gemeinsamer Wert für den neu skalierten Indikator zugewiesen wird.

133

Die auf diese Weise jedem Risikoindikator für ein bestimmtes Institut zugewiesenen Werte werden anschließend im Rahmen des in Anhang I der Delegierten Verordnung 2015/63 vorgesehenen fünften Schritts der Berechnung der im Voraus erhobenen Beiträge zum SRF in einem zusammengesetzten Indikator unter Berücksichtigung der Gewichtung der verschiedenen Risikofelder konsolidiert.

134

Der Risikoanpassungsmultiplikator wird schließlich im sechsten Schritt dieser Berechnung auf der Grundlage einer Neuskalierung des zusammengesetzten Indikators innerhalb einer Bandbreite von 0,8 bis 1,5 bestimmt.

135

Daraus folgt zwar, dass der SRB nicht in der Lage ist, einem Institut Daten zur Verfügung zu stellen, die es diesem ermöglichen würden, die Richtigkeit des Werts des Risikoanpassungsmultiplikators, der diesem Institut für die Zwecke der Berechnung seines im Voraus erhobenen Beitrags zum SRF zugewiesen wurde, vollständig zu überprüfen, da eine solche Überprüfung unter das Geschäftsgeheimnis fallende Daten betreffend die wirtschaftliche Situation jedes der anderen betroffenen Institute erfordern würde.

136

Jedoch ist darauf hinzuweisen, dass Art. 88 Abs. 1 Unterabs. 1 der Verordnung Nr. 806/2014 die Möglichkeit vorsieht, vertrauliche Informationen, die der SRB im Rahmen seiner Tätigkeit erhalten hat, weiterzugeben, wenn die Weitergabe dieser Informationen in zusammengefasster oder allgemeiner Form geschieht, die keine Rückschlüsse auf die betroffenen Institute zulässt.

137

Somit kann der SRB in dem durch die Delegierte Verordnung 2015/63 festgelegten Rahmen, ohne gegen seine Pflicht zur Wahrung des Geschäftsgeheimnisses zu verstoßen, die Grenzwerte jeder „Klasse“ und die sich darauf beziehenden Indikatoren weitergeben, um es dem betreffenden Institut zu ermöglichen, sich u. a. zu vergewissern, dass die Klassierung, die ihm bei der Diskretisierung der Indikatoren, wie sie in Anhang I der Delegierten Verordnung festgelegt wurde, zugewiesen worden ist, tatsächlich seiner wirtschaftlichen Situation entspricht, dass diese Diskretisierung gemäß der in dieser Delegierten Verordnung festgelegten Methode auf der Grundlage plausibler Daten vorgenommen worden ist und dass alle Risikofaktoren, die gemäß der Verordnung Nr. 806/2014 und der Delegierten Verordnung zu berücksichtigen sind, tatsächlich berücksichtigt worden sind.

138

Drittens ist darauf hinzuweisen, dass die anderen Schritte der Methode zur Berechnung der im Voraus erhobenen Beiträge zum SRF, wie der Generalanwalt in Nr. 149 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, auf aggregierten Daten der betroffenen Institute beruhen, die in allgemeiner Form weitergegeben werden können, ohne dass dadurch die Pflicht des SRB zur Wahrung des Geschäftsgeheimnisses verletzt würde.

139

Aus alledem ergibt sich, dass die Delegierte Verordnung 2015/63 in keiner Weise der Möglichkeit für den SRB entgegensteht, in allgemeiner und anonymisierter Form ausreichende Informationen offenzulegen, um es einem Institut zu ermöglichen, nachzuvollziehen, auf welche Weise seine individuelle Situation bei der Berechnung seines im Voraus erhobenen Beitrags zum SRF in Anbetracht der Situation aller anderen betroffenen Institute berücksichtigt wurde.

140

Hinzuzufügen ist, dass eine Begründung, die auf die Offenlegung der relevanten Informationen in einer solchen Form gestützt wird, es dem einzelnen Institut zwar nicht ermöglicht, systematisch einen etwaigen Fehler des SRB bei der Erhebung und der Aggregierung der betreffenden Daten zu erkennen, andererseits aber genügt, um es dem Institut zu ermöglichen, sich zu vergewissern, dass die Informationen, die es den zuständigen Behörden übermittelt hat, tatsächlich, im Einklang mit den einschlägigen Vorschriften des Unionsrechts, in die Berechnung seines im Voraus erhobenen Beitrags zum SRF einbezogen wurden, und auf der Grundlage seiner allgemeinen Kenntnis des Finanzsektors eine etwaige Verwendung unplausibler oder offensichtlich falscher Informationen festzustellen sowie zu entscheiden, ob gegen einen Beschluss des SRB, mit dem sein im Voraus erhobener Beitrag zum SRF festgesetzt wird, eine Nichtigkeitsklage zu erheben ist.

141

Daraus folgt, dass die Delegierte Verordnung 2015/63 den SRB nicht daran hindert, seiner Begründungspflicht, wie sie in Rn. 122 des vorliegenden Urteils definiert worden ist, nachzukommen, und dass diese Delegierte Verordnung es ihm ermöglicht, den betroffenen Instituten ausreichende Informationen zu geben, um die Gründe, die die Beschlüsse zur Festsetzung der im Voraus erhobenen Beiträge zum SRF rechtfertigen, nachvollziehen und die Notwendigkeit der Erhebung einer Klage gegen diese Beschlüsse beurteilen zu können.

142

Folglich ist die Beurteilung des Gerichts in Rn. 141 des angefochtenen Urteils, mit der die Rechtswidrigkeit der Art. 4 bis 7 und 9 sowie des Anhangs I der Delegierten Verordnung 2015/63 festgestellt worden ist, da sich der in Rn. 110 dieses Urteils festgestellte Verstoß gegen die Begründungspflicht aus diesen Bestimmungen ergebe, rechtsfehlerhaft.

143

Als Drittes ist festzustellen, dass aus den Rn. 127 und 143 des angefochtenen Urteils hervorgeht, dass das Gericht annahm, dass der SRB das Recht auf effektiven Rechtsschutz dadurch verletzt habe, dass er der Landesbank Baden-Württemberg in der Begründung des streitigen Beschlusses keine Angaben gemacht habe, die es dieser ermöglicht hätten, die Richtigkeit der Berechnung ihres im Voraus erhobenen Beitrags zum SRF für das Jahr 2017 zu überprüfen, ohne dass die für das Gericht bestehende Möglichkeit, den SRB aufzufordern, ihm Informationen hierzu vorzulegen, die Wahrung dieses Rechts garantieren könne.

144

Auch wenn die Beachtung der Begründungspflicht durch den SRB erforderlich ist, um den Rechtsschutz der Adressaten seiner Beschlüsse zu gewährleisten, ergibt sich aus dem Vorstehenden gleichwohl, dass die Beurteilung des Gerichts, wonach der SRB im vorliegenden Fall gegen diese Pflicht verstoßen habe, auf einer rechtsfehlerhaften Vorstellung von dieser Pflicht beruht.

145

Zudem ergibt sich aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs, dass es in den Fällen, in denen die Begründung einer Entscheidung eingeschränkt werden musste, um den Schutz vertraulicher Daten, die der Urheber dieser Entscheidung berücksichtigt hat, zu gewährleisten, dessen Sache ist, sich im Fall der Vorlage bei den Unionsgerichten, die diese Daten in Frage stellen, im Rahmen des streitigen Verfahrens vor diesen Gerichten zu rechtfertigen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 1. Juli 2008, Chronopost/UFEX u. a., C‑341/06 P und C‑342/06 P, EU:C:2008:375, Rn. 110).

146

Um eine effektive, den Anforderungen von Art. 47 der Charta entsprechende gerichtliche Kontrolle auszuüben, können die Unionsgerichte den SRB somit gegebenenfalls zur Vorlage von Daten auffordern, die die Berechnungen rechtfertigen können, deren Richtigkeit vor ihnen bestritten wird, und dabei, soweit erforderlich, die Vertraulichkeit dieser Daten gewährleisten (vgl. entsprechend Urteil vom 18. Juli 2013, Kommission u. a./Kadi, C‑584/10 P, C‑593/10 P und C‑595/10 P, EU:C:2013:518, Rn. 120 und 125).

147

Art. 88 Abs. 1 Unterabs. 2 der Verordnung Nr. 806/2014 sieht im Übrigen für den SRB die Möglichkeit vor, Informationen offenzulegen, die unter die Verpflichtung zur Wahrung des Berufsgeheimnisses fallen, wenn die Offenlegung für ein Gerichtsverfahren erforderlich ist.

148

Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass das Gericht in Rn. 143 des angefochtenen Urteils nach einer rechtsfehlerhaften Argumentation festgestellt hat, dass der streitige Beschluss aufgrund eines Verstoßes gegen die Begründungspflicht und einer Verletzung des Rechts auf effektiven Rechtsschutz für nichtig zu erklären sei, und damit den von der Landesbank Baden-Württemberg im ersten Rechtszug geltend gemachten Klagegründen 1, 3 und 6 stattgegeben hat.

149

Da der fünfte Rechtsmittelgrund in der Rechtssache C‑584/20 P und der zweite Rechtsmittelgrund in der Rechtssache C‑621/20 P begründet sind, ist das angefochtene Urteil aufzuheben, ohne dass die Rechtsmittelgründe 2 bis 4 in der Rechtssache C‑584/20 P geprüft zu werden bräuchten.

Zur Klage vor dem Gericht

150

Gemäß Art. 61 Abs. 1 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union kann der Gerichtshof im Fall der Aufhebung der Entscheidung des Gerichts den Rechtsstreit selbst endgültig entscheiden, wenn dieser zur Entscheidung reif ist.

151

Dies ist in der vorliegenden Rechtssache der Fall, da der Gerichtshof über alle erforderlichen Angaben verfügt, um über die Klage zu entscheiden.

Zur Feststellung des streitigen Beschlusses

152

Aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs zu den Rechtsakten der Kommission geht im Wesentlichen hervor, dass die Feststellung dieser Rechtsakte die Rechtssicherheit gewährleisten soll, indem sie den vom Kollegium angenommenen Text feststellt, was es ermöglicht, im Streitfall die vollkommene Übereinstimmung der veröffentlichten oder zugestellten Texte mit dem angenommenen Text zu überprüfen. Die Feststellung stellt eine wesentliche Formvorschrift dar, deren Verletzung zur Nichtigerklärung des betreffenden Rechtsakts führen und vom Gericht von Amts wegen geprüft werden kann (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 15. Juni 1994, Kommission/BASF u. a., C‑137/92 P, EU:C:1994:247, Rn. 75 und 76, sowie vom 6. April 2000, Kommission/ICI, C‑286/95 P, EU:C:2000:188, Rn. 40, 41 und 51).

153

Im vorliegenden Fall steht fest, dass der streitige Beschluss zum einen aus dem Text des Beschlusses und zum anderen aus einem Anhang besteht.

154

Aus den vom SRB vor dem Gericht vorgebrachten Angaben geht hervor, dass das Verfahren, das innerhalb dieser Einrichtung festgelegt wurde, um die Feststellung eines solchen Beschlusses zu gewährleisten, auf der eigenhändigen Unterzeichnung des Beschlusstexts und eines Laufzettels beruht.

155

Die Feststellung des Textes des streitigen Beschlusses ist hinreichend durch die eigenhändige Unterschrift auf diesem Beschluss durch die Vorsitzende des SRB gewährleistet.

156

Was den Anhang des streitigen Beschlusses betrifft, legte der SRB dem Gericht einen von der Vorsitzenden des SRB eigenhändig unterzeichneten Laufzettel vor, der ausdrücklich auf zwei beigefügte Dokumente verweist und eine Identifikationsnummer enthält.

157

Außerdem legte der SRB dem Gerichtshof einen Screenshot des Inhalts des ARES-Systems vor.

158

Aus diesem Screenshot geht zunächst hervor, dass es sich bei der Nummer, die auf den in Rn. 156 des vorliegenden Urteils genannten Laufzettel übertragen wurde, um die Referenznummer (Save number) handelt, die im ARES-System die dem streitigen Beschluss entsprechende Akte bezeichnet.

159

Der genannte Screenshot ermöglicht es des Weiteren, die beiden in dem Laufzettel genannten beigefügten Dokumente als zum einen den Text des streitigen Beschlusses und zum anderen den Anhang dieses Beschlusses zu identifizieren.

160

Schließlich ergibt sich aus diesem Screenshot, dass die im ARES-System dem streitigen Beschluss entsprechende Akte am 11. April 2017, also am Tag der Annahme des streitigen Beschlusses, angelegt und versandt wurde.

161

In Anbetracht dessen ist das Vorbringen des SRB, wonach das ARES-System zu diesem Zeitpunkt eine dem Anhang des streitigen Beschlusses entsprechende Datei umfasst habe, auf die in dem Laufzettel verwiesen worden sei, als erwiesen anzusehen.

162

Diese Beurteilung wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass der vom SRB vorgelegte Screenshot auch eine von der Referenznummer verschiedene Registrierungsnummer (Reg. number) und ein Datum der Registrierung der Akte, nämlich den 13. Juni 2017, angibt, die nach den unbestrittenen Erläuterungen des SRB auf die Schließung der betreffenden Akte verweisen.

163

Unter diesen Umständen genügt die eigenhändige Unterschrift der Vorsitzenden des SRB auf dem Laufzettel, um die Feststellung des Anhangs des streitigen Beschlusses zu gewährleisten.

Zum ersten Klagegrund, mit dem ein Verstoß gegen die Begründungspflicht gerügt wird

164

Mit ihrem ersten im ersten Rechtszug geltend gemachten Klagegrund macht die Landesbank Baden-Württemberg geltend, der streitige Beschluss sei nicht hinreichend begründet, da darin eine Reihe relevanter Informationen, insbesondere bezüglich der Anpassung ihres im Voraus erhobenen Beitrags zum SRF für das Jahr 2017 an ihr Risikoprofil, fehle.

165

Aus Rn. 122 des vorliegenden Urteils geht hervor, dass die Begründung des streitigen Beschlusses unter Berücksichtigung des Kontexts dieses Beschlusses gewährleisten muss, dass der Landesbank Baden-Württemberg ausreichende Informationen übermittelt werden, um nachvollziehen zu können, auf welche Weise ihre individuelle Situation bei der Berechnung ihres im Voraus erhobenen Beitrags zum SRF für das Jahr 2017 in Anbetracht der Situation aller anderen betroffenen Institute berücksichtigt wurde.

166

Insoweit obliegt es, wie in Rn. 139 des vorliegenden Urteils festgestellt worden ist, dem SRB, die zur Berechnung dieses Beitrags verwendeten Informationen zu den betreffenden Instituten in allgemeiner und anonymisierter Form zu veröffentlichen oder an die Landesbank Baden-Württemberg zu übermitteln, soweit diese Informationen ohne Beeinträchtigung des Geschäftsgeheimnisses mitgeteilt werden können.

167

Zu den Informationen, die der Landesbank Baden-Württemberg somit zur Verfügung zu stellen sind, damit diese über eine hinreichende Begründung des streitigen Beschlusses verfügt, gehören u. a. die Grenzwerte jeder „Klasse“ und der sich darauf beziehenden Indikatoren, auf deren Grundlage der im Voraus erhobene Beitrag zum SRF der Landesbank Baden-Württemberg für das Jahr 2017 deren Risikoprofil angepasst wurde.

168

Es steht aber fest, dass sich die Angaben im streitigen Beschluss und im harmonisierten Anhang sowie die Angaben, die zum Zeitpunkt des streitigen Beschlusses auf der Website des SRB zugänglich waren, nur auf einen Teil der relevanten Informationen erstreckten, die der SRB hätte übermitteln können, ohne das Geschäftsgeheimnis zu verletzen.

169

Insbesondere enthielt der harmonisierte Anhang keine Daten zu den Grenzwerten jeder „Klasse“ und den sich darauf beziehenden Indikatorwerten.

170

Außerdem wies der SRB vor dem Gerichtshof darauf hin, dass solche Informationen zum Zeitpunkt des Erlasses des streitigen Beschlusses auch nicht auf seiner Website veröffentlicht gewesen seien.

171

Daraus folgt, dass der streitige Beschluss nicht hinreichend begründet ist und dass der erste im ersten Rechtszug von der Landesbank Baden-Württemberg geltend gemachte Klagegrund begründet ist.

172

Folglich ist der streitige Beschluss für nichtig zu erklären, soweit er die Landesbank Baden-Württemberg betrifft, ohne dass die übrigen im ersten Rechtszug geltend gemachten Klagegründe geprüft zu werden bräuchten.

Zur Aufrechterhaltung der Wirkungen des streitigen Beschlusses

173

Der SRB beantragte beim Gericht, anzuordnen, dass die Wirkungen einer etwaigen Nichtigerklärung des streitigen Beschlusses erst sechs Monate nach dem Tag der Rechtskraft von dessen Urteil eintreten.

174

Der Gerichtshof kann, wenn er eine Handlung für nichtig erklärt, nach Art. 264 Abs. 2 AEUV, falls er dies für notwendig hält, diejenigen ihrer Wirkungen bezeichnen, die als fortgeltend zu betrachten sind.

175

Insoweit geht aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs hervor, dass aus Gründen der Rechtssicherheit die Wirkungen einer solchen Handlung aufrechterhalten werden können, insbesondere wenn die unmittelbaren Auswirkungen ihrer Nichtigerklärung schwerwiegende negative Folgen für die Betroffenen hätten und die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Handlung nicht wegen ihres Ziels oder ihres Inhalts in Abrede gestellt wird, sondern aus Gründen der Unzuständigkeit ihres Urhebers oder der Verletzung wesentlicher Formvorschriften (Urteil vom 7. September 2016, Deutschland/Parlament und Rat, C‑113/14, EU:C:2016:635, Rn. 81 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

176

Im vorliegenden Fall wurde der streitige Beschluss zwar unter Verletzung wesentlicher Formvorschriften erlassen, jedoch hat der Gerichtshof im vorliegenden Verfahren keinen Fehler festgestellt, der die Vereinbarkeit dieses Rechtsakts mit den in der Richtlinie 2014/59, der Verordnung Nr. 806/2014 und der Delegierten Verordnung 2015/63 festgelegten Bestimmungen, die die Berechnung der im Voraus erhobenen Beiträge zum SRF regeln, berühren würde.

177

Den streitigen Beschluss für nichtig zu erklären, ohne die Aufrechterhaltung seiner Wirkungen vorzusehen, bis er durch einen neuen Rechtsakt ersetzt wird, würde aber die Durchführung der Richtlinie 2014/59, der Verordnung Nr. 806/2014 und der Delegierten Verordnung 2015/63 beeinträchtigen, die einen wesentlichen Teil der Bankenunion darstellen, die zur Stabilität des Euro-Währungsgebiets beiträgt.

178

Unter diesen Umständen sind die Wirkungen des streitigen Beschlusses, soweit er die Landesbank Baden-Württemberg betrifft, aufrechtzuerhalten, bis innerhalb einer angemessenen Frist, die sechs Monate ab dem Tag der Verkündung des vorliegenden Urteils nicht überschreiten darf, ein neuer Beschluss des SRB in Kraft tritt, mit dem der im Voraus erhobene Beitrag dieses Instituts zum SRF für das Jahr 2017 festgesetzt wird.

Kosten

179

Nach Art. 184 Abs. 2 seiner Verfahrensordnung entscheidet der Gerichtshof über die Kosten, wenn das Rechtsmittel begründet ist und er den Rechtsstreit selbst endgültig entscheidet.

180

Nach Art. 138 Abs. 1 der Verfahrensordnung, der nach deren Art. 184 Abs. 1 auf das Rechtsmittelverfahren Anwendung findet, ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Ferner sieht Art. 138 Abs. 3 der Verfahrensordnung, der nach deren Art. 184 Abs. 1 auf das Rechtsmittelverfahren Anwendung findet, vor, dass jede Partei ihre eigenen Kosten trägt, wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt. Der Gerichtshof kann jedoch entscheiden, dass eine Partei außer ihren eigenen Kosten einen Teil der Kosten der Gegenpartei trägt, wenn dies in Anbetracht der Umstände des Einzelfalls gerechtfertigt erscheint.

181

Im vorliegenden Fall sind in Anbetracht der Aufhebung des angefochtenen Urteils und des Umstands, dass der Klage stattgegeben wird, zum einen der Kommission, dem SRB und der Landesbank Baden-Württemberg ihre eigenen Kosten im Zusammenhang mit dem Rechtsmittelverfahren aufzuerlegen und zum anderen dem SRB neben seinen eigenen Kosten im Zusammenhang mit dem Verfahren des ersten Rechtszugs die Kosten der Landesbank Baden-Württemberg im Zusammenhang mit diesem Verfahren aufzuerlegen.

182

Gemäß Art. 140 Abs. 1 der Verfahrensordnung, der nach deren Art. 184 Abs. 1 auf das Rechtsmittelverfahren Anwendung findet, tragen die Mitgliedstaaten und die Organe, die dem Rechtsstreit als Streithelfer beigetreten sind, ihre eigenen Kosten. Folglich trägt das Königreich Spanien seine eigenen Kosten im Zusammenhang mit dem Rechtsmittelverfahren, und die Kommission trägt als Streithelferin vor dem Gericht ihre eigenen Kosten im Zusammenhang mit dem Verfahren des ersten Rechtszugs.

183

Nach Art. 140 Abs. 3 der Verfahrensordnung, der nach deren Art. 184 Abs. 1 auf das Rechtsmittelverfahren Anwendung findet, kann der Gerichtshof entscheiden, dass ein anderer Streithelfer als die in Art. 140 Abs. 1 und 2 der Verfahrensordnung genannten seine eigenen Kosten trägt. Im vorliegenden Fall ist zu entscheiden, dass die Fédération bancaire française ihre eigenen Kosten im Zusammenhang mit dem Rechtsmittelverfahren trägt.

 

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Große Kammer) für Recht erkannt und entschieden:

 

1.

Das Urteil des Gerichts der Europäischen Union vom 23. September 2020, Landesbank Baden-Württemberg/SRB (T‑411/17, EU:T:2020:435), wird aufgehoben.

 

2.

Der Beschluss der Präsidiumssitzung des Einheitlichen Abwicklungsausschusses vom 11. April 2017 über die Berechnung der im Voraus erhobenen Beiträge zum Einheitlichen Abwicklungsfonds für 2017 (SRB/ES/SRF/2017/05) wird für nichtig erklärt, soweit er die Landesbank Baden-Württemberg betrifft.

 

3.

Die Wirkungen des Beschlusses der Präsidiumssitzung des Einheitlichen Abwicklungsausschusses vom 11. April 2017 über die Berechnung der im Voraus erhobenen Beiträge zum Einheitlichen Abwicklungsfonds für 2017 (SRB/ES/SRF/2017/05), soweit er die Landesbank Baden-Württemberg betrifft, werden aufrechterhalten, bis innerhalb einer angemessenen Frist, die sechs Monate ab dem Tag der Verkündung des vorliegenden Urteils nicht überschreiten darf, ein neuer Beschluss des Einheitlichen Abwicklungsausschusses in Kraft tritt, mit dem der im Voraus erhobene Beitrag dieses Instituts zum Einheitlichen Abwicklungsfonds für das Jahr 2017 festgesetzt wird.

 

4.

Die Europäische Kommission trägt ihre eigenen Kosten sowohl im Zusammenhang mit dem Verfahren des ersten Rechtszugs als auch mit dem Rechtsmittelverfahren.

 

5.

Der Einheitliche Abwicklungsausschuss trägt neben seinen eigenen Kosten sowohl im Zusammenhang mit dem Verfahren des ersten Rechtszugs als auch mit dem Rechtsmittelverfahren die Kosten der Landesbank Baden-Württemberg im Zusammenhang mit dem Verfahren des ersten Rechtszugs.

 

6.

Die Landesbank Baden-Württemberg, die Fédération bancaire française und das Königreich Spanien tragen ihre eigenen Kosten im Zusammenhang mit dem Rechtsmittelverfahren.

 

Lenaerts

Silva de Lapuerta

Bonichot

Vilaras

Regan

Ilešič

Bay Larsen

Kumin

Wahl

von Danwitz

Safjan

Lycourgos

Jarukaitis

Jääskinen

Ziemele

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 15. Juli 2021.

Der Kanzler

A. Calot Escobar

Der Präsident

K. Lenaerts


( *1 ) Verfahrenssprache: Deutsch.