URTEIL DES GERICHTSHOFS (Erste Kammer)

6. Juni 2019 ( *1 )

„Vorlage zur Vorabentscheidung – Verbraucherschutz – Richtlinie 2008/48/EG – Vorvertragliche Pflichten – Art. 5 Abs. 6 – Pflicht des Kreditgebers, den geeignetsten Kredit zu suchen – Art. 8 Abs. 1 – Pflicht des Kreditgebers, bei Zweifeln an der Kreditwürdigkeit des Verbrauchers vom Abschluss eines Darlehensvertrags abzusehen – Pflicht des Kreditgebers zur Beurteilung der Zweckmäßigkeit des Kredits“

In der Rechtssache C‑58/18

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht von der Justice de paix du canton de Visé (Friedensgericht des Kantons von Visé, Belgien) mit Entscheidung vom 22. Januar 2018, beim Gerichtshof eingegangen am 30. Januar 2018, in dem Verfahren

Michel Schyns

gegen

Belfius Banque SA

erlässt

DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten J.‑C. Bonichot, der Richterin C. Toader (Berichterstatterin) und der Richter A. Rosas, L. Bay Larsen und M. Safjan,

Generalanwältin: J. Kokott,

Kanzler: R. Schiano, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 28. November 2018,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

der Belfius Banque SA, vertreten durch D. Blommaert, advocaat, und P. Algrain, avocate,

der belgischen Regierung, vertreten durch C. Pochet und P. Cottin als Bevollmächtigte im Beistand von F. de Patoul, avocat,

der Europäischen Kommission, vertreten durch N. Ruiz García, C. Valero und G. Goddin als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 14. Februar 2019

folgendes

Urteil

1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung des Art. 5 Abs. 6 der Richtlinie 2008/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2008 über Verbraucherkreditverträge und zur Aufhebung der Richtlinie 87/102/EWG des Rates (ABl. 2008, L 133, S. 66, berichtigt in ABl. 2009, L 207, S. 14, ABl. 2010, L 199, S. 40, und ABl. 2011, L 234, S. 46).

2

Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen Herrn Michel Schyns und der Belfius Banque SA (im Folgenden: Belfius), Rechtsnachfolgerin der Dexia Banque Belgique, über einen Darlehensvertrag, den er bei Belfius zur Finanzierung der Installation von Photovoltaikpaneelen durch Home Vision SPRL unterschrieb.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Richtlinie 2008/48

3

In den Erwägungsgründen 7, 9, 24, 26, 27 und 44 der Richtlinie 2008/48 heißt es:

„(7)

Um die Entwicklung eines reibungslos funktionierenden Binnenmarkts bei Verbraucherkrediten zu erleichtern, muss in einigen Schlüsselbereichen ein harmonisierter gemeinschaftsrechtlicher Rahmen geschaffen werden. Im Hinblick auf die permanente Weiterentwicklung des Marktes für Verbraucherkredite und die zunehmende Mobilität der europäischen Bürger kann ein zukunftsweisendes Gemeinschaftsrecht, das sich künftigen Kreditformen anpassen kann und das den Mitgliedstaaten einen angemessenen Gestaltungsspielraum bei der Umsetzung lässt, zu einem modernen Verbraucherkreditrecht beitragen.

(9)

Eine vollständige Harmonisierung ist notwendig, um allen Verbrauchern in der Gemeinschaft ein hohes und vergleichbares Maß an Schutz ihrer Interessen zu gewährleisten und um einen echten Binnenmarkt zu schaffen. Den Mitgliedstaaten sollte es deshalb nicht erlaubt sein, von dieser Richtlinie abweichende innerstaatliche Bestimmungen beizubehalten oder einzuführen. Diese Einschränkung sollte jedoch nur in den Fällen gelten, in denen Vorschriften durch diese Richtlinie harmonisiert werden. Soweit es keine solchen harmonisierten Vorschriften gibt, sollte es den Mitgliedstaaten freigestellt bleiben, innerstaatliche Rechtsvorschriften beizubehalten oder einzuführen. …

(24)

Der Verbraucher muss vor dem Abschluss des Kreditvertrags umfassend informiert werden, und zwar unabhängig davon, ob ein Kreditvermittler am Absatz des Kredits beteiligt ist. …

(26)

Die Mitgliedstaaten sollten unter Berücksichtigung der besonderen Merkmale des Kreditmarkts in ihrem jeweiligen Land geeignete Maßnahmen zur Förderung verantwortungsvoller Verfahren in allen Phasen der Kreditvergabe ergreifen. Zu diesen Maßnahmen kann beispielsweise die Unterrichtung und Aufklärung der Verbraucher, einschließlich Warnungen vor dem Risiko des Zahlungsverzugs oder der Überschuldung, gehören. Insbesondere auf dem expandierenden Kreditmarkt ist es wichtig, dass Kreditgeber nicht verantwortungslos in der Kreditvergabe tätig werden oder Kredite ohne vorherige Beurteilung der Kreditwürdigkeit vergeben, und die Mitgliedstaaten sollten die erforderlichen Kontrollen durchführen, um derartige Verhaltensweisen zu unterbinden und sie sollten die erforderlichen Sanktionsmittel für jene Kreditgeber bestimmen, die sich so verhalten. Unbeschadet der Bestimmungen der Richtlinie 2006/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2006 über die Aufnahme und Ausübung der Tätigkeit der Kreditinstitute … über das Kreditrisiko sollten Kreditgeber dafür verantwortlich sein, in jedem Einzelfall die Bewertung der Kreditwürdigkeit des Verbrauchers zu prüfen. …

(27)

Obgleich der Verbraucher Anspruch auf vorvertragliche Informationen hat, kann es sein, dass er darüber hinaus noch weitere Unterstützung braucht, um entscheiden zu können, welcher der ihm angebotenen Kreditverträge seinen Bedürfnissen und seiner finanziellen Situation am besten entspricht. Deshalb sollten die Mitgliedstaaten dafür sorgen, dass Kreditgeber diese Unterstützung in Bezug auf die Kreditprodukte, die sie dem Verbraucher anbieten, leisten. Gegebenenfalls sollten die entsprechenden vorvertraglichen Informationen sowie die Hauptmerkmale der angebotenen Produkte dem Verbraucher persönlich erläutert werden, so dass er ihre möglichen Auswirkungen auf seine wirtschaftliche Situation einschätzen kann. Diese Verpflichtung, dem Verbraucher Unterstützung zu leisten, sollte gegebenenfalls auch für Kreditvermittler gelten. Die Mitgliedstaaten sollten festlegen können, zu welchem Zeitpunkt und in welchem Umfang diese Erläuterungen dem Verbraucher zu geben sind, wobei den besonderen Umständen, unter denen der Kredit angeboten wird, dem Bedarf des Verbrauchers an Unterstützung und der Art des jeweiligen Kreditprodukts Rechnung zu tragen ist.

(44)

Zur Gewährleistung der Transparenz und der Stabilität des Marktes sollten die Mitgliedstaaten bis zu einer weiteren Harmonisierung sicherstellen, dass geeignete Maßnahmen im Hinblick auf die Kontrolle oder Überwachung der Tätigkeit von Kreditgebern getroffen werden.“

4

Ziel der Richtlinie 2008/48 ist nach ihrem Art. 1 die Harmonisierung bestimmter Aspekte der Rechts‑ und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über Verbraucherkreditverträge.

5

Art. 5 („Vorvertragliche Informationen“) dieser Richtlinie bestimmt in Abs. 6:

„Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass Kreditgeber und gegebenenfalls Kreditvermittler dem Verbraucher angemessene Erläuterungen geben, gegebenenfalls durch Erläuterung der vorvertraglichen Informationen gemäß Absatz 1, der Hauptmerkmale der angebotenen Produkte und der möglichen spezifischen Auswirkungen der Produkte auf den Verbraucher, einschließlich der Konsequenzen bei Zahlungsverzug des Verbrauchers, damit der Verbraucher in die Lage versetzt wird, zu beurteilen, ob der Vertrag seinen Bedürfnissen und seiner finanziellen Situation gerecht wird. Die Mitgliedstaaten können die Art und Weise dieser Unterstützung sowie deren Umfang und die Frage, durch wen sie zu geben ist, den besonderen Umständen der Situation, in der der Kreditvertrag angeboten wird, der Person, der er angeboten wird, und der Art des angebotenen Kredits anpassen.“

6

Art. 8 („Verpflichtung zur Bewertung der Kreditwürdigkeit des Verbrauchers“) dieser Richtlinie bestimmt in Abs. 1:

„Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass vor Abschluss des Kreditvertrages der Kreditgeber die Kreditwürdigkeit des Verbrauchers anhand ausreichender Informationen bewertet, die er gegebenenfalls beim Verbraucher einholt und erforderlichenfalls anhand von Auskünften aus der in Frage kommenden Datenbank. Diejenigen Mitgliedstaaten, die die Kreditgeber gesetzlich dazu verpflichten, die Kreditwürdigkeit aufgrund der Abfrage einer entsprechenden Datenbank zu beurteilen, können diese Anforderung beibehalten.“

7

Art. 22 („Harmonisierung und Unabdingbarkeit dieser Richtlinie“) Abs. 1 der Richtlinie lautet:

„Soweit diese Richtlinie harmonisierte Vorschriften enthält, dürfen die Mitgliedstaaten keine Bestimmungen in ihrem innerstaatlichen Recht aufrechterhalten oder einführen, die von den Bestimmungen dieser Richtlinie abweichen.“

Richtlinie 2014/17/EU

8

Durch die Richtlinie 2014/17/ЕU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Februar 2014 über Wohnimmobilienkreditverträge für Verbraucher und zur Änderung der Richtlinien 2008/48/EG und 2013/36/EU und der Verordnung (EU) Nr. 1093/2010 (ABl. 2014, L 60, S. 34) soll ein unionsweiter Markt für Wohnimmobilienkreditverträge mit einem hohen Verbraucherschutzniveau geschaffen werden.

9

Der dritte Erwägungsgrund der Richtlinie 2014/17 lautet:

„Die Finanzkrise hat gezeigt, dass unverantwortliches Handeln von Marktteilnehmern die Grundlagen des Finanzsystems untergraben und zu mangelndem Vertrauen bei sämtlichen Beteiligten, insbesondere den Verbrauchern, sowie potenziell schwerwiegenden sozialen und wirtschaftlichen Folgen führen kann. …“

10

Art. 18 Abs. 5 Buchst. a dieser Richtlinie bestimmt:

„Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass

a)

der Kreditgeber dem Verbraucher den Kredit nur bereitstellt, wenn aus der Kreditwürdigkeitsprüfung hervorgeht, dass es wahrscheinlich ist, dass die Verpflichtungen im Zusammenhang mit dem Kreditvertrag in der gemäß diesem Vertrag vorgeschriebenen Weise erfüllt werden“.

Belgisches Recht

11

Art. 10 Abs. 1 des Gesetzes vom 12. Juni 1991 über den Verbraucherkredit in seiner auf den Sachverhalt des Ausgangsverfahrens anwendbaren Fassung (Moniteur belge vom 21. Juni 2010, S. 38338, deutsche Fassung veröffentlicht im Moniteur belge vom 31. Mai 2011, im Folgenden: Verbraucherkreditgesetz) lautete:

„Kreditgeber und Kreditvermittler sind verpflichtet, bei dem einen Kreditvertrag beantragenden Verbraucher und gegebenenfalls demjenigen, der eine persönliche Sicherheit leistet, die genauen und vollständigen Auskünfte anzufragen, die sie für notwendig erachten, um deren Finanzlage und Rückzahlungsmöglichkeiten und auf jeden Fall deren laufende finanzielle Verpflichtungen zu beurteilen. …“

12

Art. 11 Abs. 4 dieses Gesetzes bestimmte:

„Die Kreditgeber und gegebenenfalls die Kreditvermittler geben dem Verbraucher angemessene Erläuterungen, gegebenenfalls durch Erläuterung der vorvertraglichen Informationen gemäß Abs. 1, der Hauptmerkmale der angebotenen Produkte und der möglichen spezifischen Auswirkungen der Produkte auf den Verbraucher, einschließlich der Konsequenzen bei Zahlungsverzug des Verbrauchers, damit der Verbraucher in die Lage versetzt wird, zu beurteilen, ob der Vertrag seinen Bedürfnissen und seiner finanziellen Situation gerecht wird.“

13

Art. 15 Abs. 1 und 2 des Verbraucherkreditgesetzes lautete:

„1. Der Kreditgeber und der Kreditvermittler sind verpflichtet, für Kreditverträge, die sie gewöhnlich anbieten oder vermitteln, die Kreditart und den Kreditbetrag zu suchen, die der Finanzlage des Verbrauchers bei Vertragsschluss und dem Zweck des Kredits am besten entsprechen.

2. Der Kreditgeber darf einen Kreditvertrag nur abschließen, wenn er unter Berücksichtigung der Informationen, über die er unter anderem aufgrund der in Artikel 9 des Gesetzes vom 10. August 2001 über die Zentrale für Kredite an Privatpersonen geregelten Konsultierung und aufgrund der in Artikel 10 erwähnten Auskünfte verfügt oder verfügen müsste, berechtigterweise annehmen muss, dass der Verbraucher in der Lage sein wird, die Verbindlichkeiten aus dem Kreditvertrag zu erfüllen.“

14

Das Verbraucherkreditgesetz wurde mit Wirkung vom 1. April 2015 aufgehoben; am selben Tag trat der Code de droit économique (im Folgenden: Wirtschaftsrechtsgesetzbuch) in Kraft, der aus zeitlichen Gründen auf den Sachverhalt des Ausgangsverfahrens nicht anwendbar ist. Der Wortlaut des Art. 15 Abs. 1 des Verbraucherkreditgesetzes wurde in Art. VII.75 des Wirtschaftsrechtsgesetzbuchs übernommen. Art. VII.77 § 2 Abs. 1 des Wirtschaftsrechtsgesetzbuchs lautet ähnlich wie Art. 15 Abs. 2 des Verbraucherkreditgesetzes.

Ausgangsverfahren und Vorlagefragen

15

Zur Finanzierung des Kaufs von Photovoltaikpaneelen und deren Installation durch Home Vision unterschrieb Herr Schyns am 22. Mai 2012 einen Darlehensvertrag mit der Dexia Banque Belgique, der Rechtsvorgängerin von Belfius, in Höhe von 40002 Euro mit einer Laufzeit von zehn Jahren. Dieses Darlehen war in monatlichen Raten von 427,72 Euro zurückzuzahlen. Am selben Tag zahlte Belfius den gesamten vereinbarten Betrag an Herrn Schyns aus, der ihn seinerseits an Home Vision überwies.

16

Nach dem zwischen Herrn Schyns und Home Vision vereinbarten Vertrag war Letztere verpflichtet, zum einen die Installation der Photovoltaikpaneele für einen Betrag von 40002 Euro durchzuführen und zum anderen Herrn Schyns den Gesamtbetrag in monatlichen Raten in Höhe von 622,41 Euro zurückzuzahlen. Als Gegenleistung musste Herr Schyns für die Dauer von zehn Jahren die grünen Zertifikate, die an die Stromerzeugung durch die Verwendung der genannten Paneele geknüpft waren, an Home Vision abtreten.

17

Am 5. Dezember 2013 wurde Home Vision für insolvent erklärt, ohne dass sie je die betreffenden Photovoltaikpaneele installiert hatte. Herr Schyns zahlte die monatlichen Kreditraten vier Jahre lang, bis er am 21. Dezember 2016 eine Klage bei der Justice de paix du canton de Visé (Friedensgericht des Kantons von Visé, Belgien) erhob und die Auflösung des Darlehensvertrags wegen Verschuldens von Belfius und seine Befreiung von jedweder Rückzahlungspflicht verlangte. Hilfsweise beantragte er die Abänderung dieses Vertrags dahin, dass seine Gesamtschuld auf 20000 Euro verringert wird, rückzahlbar in monatlichen Raten von 150 Euro.

18

Herr Schyns wirft Belfius insbesondere vor, ihm einen angesichts seiner Einkünfte viel zu hohen Darlehensbetrag gewährt und dadurch gegen die Art. 10 ff. des Verbraucherkreditgesetzes verstoßen zu haben.

19

Hierbei hebt Herr Schyns die Tatsache hervor, dass seine monatlichen Einkünfte zum Zeitpunkt des Abschlusses des betreffenden Darlehensvertrags monatlich 1900 Euro nicht überstiegen hätten und dass er zusätzlich zum unterzeichneten Kreditvertrag zwei Hypothekendarlehen in Höhe eines monatlichen Gesamtbetrags von 421,67 Euro habe zurückzahlen müssen.

20

Belfius tritt den Anträgen von Herrn Schyns entgegen und trägt vor, dass die von ihm genannten nationalen Rechtsvorschriften nicht mit Art. 5 Abs. 6 der Richtlinie 2008/48 vereinbar seien, der die Pflicht, die Zweckmäßigkeit des Kredits zu beurteilen, dem Verbraucher auferlege, ohne dem Kreditgeber eine generelle Pflicht aufzuerlegen, den geeignetsten Kredit zu suchen.

21

Nach Ansicht des vorlegenden Gerichts schreiben die anwendbaren nationalen Rechtsvorschriften, insbesondere Art. 15 des Verbraucherkreditgesetzes, der den Kreditgeber dazu verpflichtet, von einem Vertragsschluss abzusehen, wenn er der Ansicht ist, dass der Verbraucher nicht in der Lage sein wird, das Darlehen zurückzuzahlen, dem Kreditgeber vor, die Geeignetheit eines Kredits zu prüfen.

22

Im vorliegenden Fall bestanden nach Auffassung des vorlegenden Gerichts angesichts des Umfangs der Einkünfte und der schon vereinbarten Hypothekendarlehen zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses Zweifel an der Rückzahlungsfähigkeit von Herrn Schyns.

23

Unter diesen Umständen hat die Justice de paix du canton de Visé (Friedensgericht des Kantons von Visé) beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

1.

a

Steht Art. 5 Abs. 6 der Richtlinie 2008/48, der darauf abzielt, den Verbraucher in die Lage zu versetzen, zu beurteilen, ob der Kreditvertrag seinen Bedürfnissen und seiner finanziellen Situation gerecht wird, Art. 15 Abs. 1 des Gesetzes über den Verbraucherkredit (aufgehoben und ersetzt durch Art. VII.75 des Wirtschaftsrechtsgesetzbuchs) entgegen, der bestimmt, dass Kreditgeber und Kreditvermittler verpflichtet sind, für Kreditverträge, die sie gewöhnlich anbieten oder vermitteln, die Kreditart und den Kreditbetrag zu suchen, die der Finanzlage des Verbrauchers bei Vertragsschluss und dem Zweck des Kredits am besten entsprechen, soweit dadurch dem Kreditgeber oder dem Kreditvermittler eine generelle Pflicht auferlegt wird, den für den Verbraucher geeignetsten Kredit zu suchen, die sich nicht aus dem Wortlaut der genannten Richtlinie ergibt?

b)

Steht Art. 5 Abs. 6 der Richtlinie 2008/48, der darauf abzielt, den Verbraucher in die Lage zu versetzen, zu beurteilen, ob der Kreditvertrag seinen Bedürfnissen und seiner finanziellen Situation gerecht wird, Art. 15 Abs. 2 des Gesetzes über den Verbraucherkredit (aufgehoben und ersetzt durch Art. VII.77 § 2 Abs. 1 des Wirtschaftsrechtsgesetzbuchs) entgegen, wonach der Kreditgeber einen Kreditvertrag nur abschließen darf, wenn er unter Berücksichtigung der Informationen, über die er verfügt oder verfügen müsste, insbesondere auf der Grundlage der in Art. 9 des Gesetzes vom 10. August 2001 über die Zentrale für Kredite an Privatpersonen vorgesehenen Beratung und auf der Grundlage der in Art. 10 genannten Auskünfte, berechtigterweise annehmen muss, dass der Verbraucher in der Lage sein wird, die Verbindlichkeiten aus dem Kreditvertrag zu erfüllen, soweit dies zur Folge hat, dass der Kreditgeber selbst anstelle des Verbrauchers über die Zweckmäßigkeit des etwaigen Abschlusses eines Kreditvertrags befinden muss?

2.

Ist, sofern die erste Frage verneint wird, die Richtlinie 2008/48 dahin auszulegen, dass sie dem Kreditgeber und dem Kreditvermittler stets vorschreibt, anstelle des Verbrauchers die Zweckmäßigkeit des etwaigen Abschlusses des Kreditvertrags zu beurteilen?

Zu den Vorlagefragen

Zur Frage 1.a

24

Mit seiner Frage 1.a will das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob Art. 5 Abs. 6 der Richtlinie 2008/48 dahin auszulegen ist, dass er einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden entgegensteht, die den Kreditgebern oder den Kreditvermittlern vorschreibt, für Kreditverträge, die sie gewöhnlich anbieten, die Kreditart und den Kreditbetrag zu suchen, die der Finanzlage des Verbrauchers zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses und dem Zweck des Kredits am besten entsprechen.

25

Nach Art. 5 Abs. 6 der Richtlinie 2008/48 stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass Kreditgeber und gegebenenfalls Kreditvermittler dem Verbraucher angemessene Erläuterungen geben, gegebenenfalls durch Erläuterung der vorvertraglichen Informationen gemäß Art. 5 Abs. 1, der Hauptmerkmale der angebotenen Produkte und der möglichen spezifischen Auswirkungen der Produkte auf den Verbraucher, einschließlich der Konsequenzen bei Zahlungsverzug des Verbrauchers, damit der Verbraucher in die Lage versetzt wird, zu beurteilen, ob der Vertrag seinen Bedürfnissen und seiner finanziellen Situation gerecht wird.

26

Art. 6 („gegenseitige und vorherige Unterrichtung und Beratungspflicht“) des Vorschlags für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Harmonisierung der Rechts‑ und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über den Verbraucherkredit (KOM[2002] 443 endgültig, ABl. 2002, C 331 E, S. 200) sah in seinem Abs. 3 zwar vor, dass „[d]er Kreditgeber und gegebenenfalls der Kreditvermittler … aus der Palette der Kreditverträge, die sie anbieten oder bei deren Abschluss sie gewöhnlich mitwirken, denjenigen Kredittyp und Gesamtkreditbetrag aus[suchen], der sich in Anbetracht der finanziellen Situation des Verbrauchers, der Vorteile und Nachteile des vorgeschlagenen Produkts und des Zwecks, dem der Kredit dient, für den Verbraucher am besten eignet“. Diese Verpflichtung wurde aber nicht in der endgültigen Fassung der Richtlinie 2008/48 übernommen. Daraus folgt, dass die Richtlinie den Mitgliedstaaten nicht vorschreibt, eine generelle Pflicht für die Kreditgeber vorzusehen, den Verbrauchern den geeignetsten Kredit vorzuschlagen.

27

Allerdings ergibt sich aus Ziff. 5.4 des Geänderten Vorschlags für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. Oktober 2005 über Verbraucherkreditverträge und zur Änderung der Richtlinie 93/13/EG des Rates (KOM[2005] 483 endgültig), dass die Europäische Kommission „weiterhin davon aus[geht], dass ein Kreditgeber nicht nur zur Erteilung der vorvertraglichen Informationen verpflichtet ist, sondern dem Verbraucher nähere Erläuterungen geben sollte, damit dieser in Kenntnis der Sachlage eine Entscheidung treffen kann“, dass „der Verbraucher stets die Verantwortung für seine endgültige Entscheidung, einen Kreditvertrag abzuschließen, trägt“ und dass „den Mitgliedstaaten ein größerer Gestaltungsspielraum bei der Anpassung der Umsetzungsvorschriften an die Lage auf ihren Märkten eingeräumt [wurde]“.

28

Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass das von der Richtlinie 2008/48 verfolgte Ziel, wie sich aus ihren Erwägungsgründen 7 und 9 ergibt, darin besteht, in Bezug auf Verbraucherkredite eine vollständige und obligatorische Harmonisierung in einigen Schlüsselbereichen vorzusehen, die als notwendig erachtet wird, um allen Verbrauchern in der Europäischen Union ein hohes und vergleichbares Maß an Schutz ihrer Interessen zu gewährleisten und um die Entwicklung eines reibungslos funktionierenden Binnenmarkts bei Verbraucherkrediten zu erleichtern (Urteil vom 21. April 2016, Radlinger und Radlingerová, C‑377/14, EU:C:2016:283, Rn. 61 und die dort angeführte Rechtsprechung).

29

Auch wenn sich aus Art. 22 Abs. 1 dieser Richtlinie ergibt, dass diese eine vollständige Harmonisierung dahin verwirklicht, dass es den Mitgliedstaaten nicht gestattet ist, von der genannten Richtlinie abweichende innerstaatliche Rechtsvorschriften beizubehalten oder einzuführen (Urteil vom 12. Juli 2012, SC Volksbank România, C‑602/10, EU:C:2012:443, Rn. 38), lässt Art. 5 Abs. 6 letzter Satz der Richtlinie den Mitgliedstaaten einen Spielraum, indem sie „die Art und Weise [der] Unterstützung … anpassen“ können, die die Kreditgeber und gegebenenfalls die Kreditvermittler den Kreditnehmern geben müssen.

30

Ferner ergibt sich aus Art. 5 Abs. 6 und aus dem 27. Erwägungsgrund der Richtlinie 2008/48, dass der Verbraucher vor Abschluss des Kreditvertrags trotz der vorvertraglichen Informationen, die ihm nach Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie zu erteilen sind, möglicherweise noch weitere Unterstützung braucht, um zu entscheiden, welcher Kreditvertrag seinen Bedürfnissen und seiner finanziellen Situation am besten entspricht, und dass die Mitgliedstaaten dafür sorgen müssen, dass Kreditgeber diese Unterstützung für die Kreditprodukte, die sie anbieten, leisten (Urteil vom 18. Dezember 2014, CA Consumer Finance, C‑449/13, EU:C:2014:2464, Rn. 41). Außerdem wird im 24. Erwägungsgrund der Richtlinie 2008/48 darauf hingewiesen, dass der Verbraucher vor dem Abschluss des Kreditvertrags „umfassend“ informiert werden muss.

31

Im vorliegenden Fall bezweckt die im Ausgangsverfahren fragliche nationale Regelung, indem sie den Kreditgeber oder Kreditvermittler verpflichtet, den für die Bedürfnisse des Verbrauchers geeignetsten Kredit zu suchen, ein hohes Schutzniveau für dessen Rechte, indem das Ziel des Verbraucherschutzes in der vorvertraglichen Phase verfolgt wird.

32

Auch wenn den Mitgliedstaaten ein Gestaltungsspielraum eingeräumt wird, um die Art und den Inhalt der vorvertraglichen Unterstützung, die Kreditgeber und Kreditvermittler den Verbrauchern anbieten müssen, zu bestimmen, ändert dies aber jedenfalls nichts daran, dass die Mitgliedstaaten diesen Gestaltungsspielraum im Einklang mit sämtlichen Bestimmungen der Richtlinie 2008/48 zu nutzen haben.

33

Bei der Bestimmung der weiteren Unterstützung können die Mitgliedstaaten unbeschadet der anderen Bestimmungen der Richtlinie 2008/48 entscheiden, dass dem Verbraucher mehrere Arten der Kreditgewährung aufgezeigt werden. Da der gewerbliche Kreditgeber am besten bestimmen kann, welcher Kredit aus seinem gewöhnlichen Angebotsspektrum für die Bedürfnisse des Verbrauchers am geeignetsten ist, stellt dessen Präsentation eine Form der weiteren Unterstützung dar.

34

Denn zum einen ist es für den Verbraucher von grundlegender Bedeutung, dass er vor und bei Abschluss des Vertrags über die Vertragsbedingungen und die Folgen des Vertragsschlusses informiert ist. Insbesondere auf der Grundlage dieser Information entscheidet er, ob er sich durch die vom Gewerbetreibenden vorformulierten Bedingungen binden möchte (Urteil vom 21. April 2016, Radlinger und Radlingerová, C‑377/14, EU:C:2016:283, Rn. 64). Zum anderen werden durch die Identifizierung des geeignetsten Kredits die Informationen des Verbrauchers ergänzt, was es ihm ermöglicht, in voller Kenntnis der Sachlage eine endgültige Entscheidung zu treffen. Schließlich kann die Verpflichtung, eine solche Information vorzulegen, nicht den Grundsatz in Frage stellen, dass der Verbraucher die Verantwortung für die endgültige Entscheidung trägt, welchen der ihm vom Kreditgeber in der vorvertraglichen Phase vorgelegten Kreditverträge er abzuschließen wünscht.

35

Nach alledem geht eine nationale Regelung, die den Kreditgebern oder den Kreditvermittlern vorschreibt, den für die Bedürfnisse des Verbrauchers geeignetsten Kredit zu suchen und diesem vorzulegen, nicht über den Gestaltungsspielraum hinaus, den die Richtlinie 2008/48 den Mitgliedstaaten einräumt, solange sie deren harmonisierte Bestimmungen einhalten.

36

Daher ist auf die Frage 1.a zu antworten, dass Art. 5 Abs. 6 der Richtlinie 2008/48 dahin auszulegen ist, dass er einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden nicht entgegensteht, die den Kreditgebern oder den Kreditvermittlern vorschreibt, für Kreditverträge, die sie gewöhnlich anbieten, die Kreditart und den Kreditbetrag zu suchen, die der Finanzlage des Verbrauchers zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses und dem Zweck des Kredits am besten entsprechen.

Zu den Fragen 1.b und 2

37

Mit seinen Fragen 1.b und 2, die zusammen zu prüfen sind, will das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob Art. 5 Abs. 6 der Richtlinie 2008/48 dahin auszulegen ist, dass er einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden entgegensteht, die dem Kreditgeber vorschreibt, keinen Kreditvertrag abzuschließen, wenn er nach Abschluss der Prüfung der Kreditwürdigkeit des Verbrauchers nicht berechtigterweise annehmen kann, dass Letzterer in der Lage sein wird, die Verbindlichkeiten aus dem geplanten Kreditvertrag zu erfüllen.

38

Es ist wichtig, klarzustellen, dass sich die genannten Fragen, obwohl das vorlegende Gericht nur Art. 5 Abs. 6 der Richtlinie 2008/48 nennt, im Wesentlichen auf die Überprüfung der Kreditwürdigkeit des Verbrauchers durch den Kreditgeber, die in Art. 8 Abs. 1 dieser Richtlinie vorgesehen ist, beziehen. Daher ist diese Bestimmung, wie die Generalanwältin in Nr. 66 ihrer Schlussanträge festgestellt hat, zu den Rechtsvorschriften der Union zu zählen, um deren Auslegung das vorlegende Gericht den Gerichtshof bittet (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 10. September 2014, Kušionová, C‑34/13, EU:C:2014:2189, Rn. 45).

39

Nach Art. 8 Abs. 1 der Richtlinie 2008/48 stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass vor Abschluss des Kreditvertrags der Kreditgeber die Kreditwürdigkeit des Verbrauchers anhand ausreichender Informationen bewertet, die er gegebenenfalls beim Verbraucher einholt, und erforderlichenfalls anhand von Auskünften aus der in Frage kommenden Datenbank.

40

Insoweit hat der Gerichtshof entschieden, dass die Verpflichtung zur Bewertung der Kreditwürdigkeit des Verbrauchers die verantwortungsbewusste Vergabe von Krediten und die Vermeidung der Kreditvergabe an nicht zahlungsfähige Verbraucher zum Ziel hat (Urteil vom 18. Dezember 2014, CA Consumer Finance, C‑449/13, EU:C:2014:2464, Rn. 43).

41

So trägt die vorvertragliche Verpflichtung des Kreditgebers zur Beurteilung der Kreditwürdigkeit des Kreditnehmers insoweit, als sie den Schutz der Verbraucher vor der Gefahr der Überschuldung und der Zahlungsunfähigkeit bezweckt, zur Verwirklichung des in Rn. 28 des vorliegenden Urteils wiedergegebenen Ziels der Richtlinie 2008/48 bei.

42

Es ist festzustellen, dass die Richtlinie 2008/48 keine Bestimmung in Bezug auf das Verhalten des Darlehensgebers bei Zweifeln an der Kreditwürdigkeit des Verbrauchers enthält.

43

In diesem Zusammenhang bleibt, wie die Generalanwältin in Nr. 71 ihrer Schlussanträge festgestellt hat, die Bestimmung der Pflichten, die dem Kreditgeber bei unter die Richtlinie 2008/48 fallenden Kreditverträgen nach der Kontrolle der Kreditwürdigkeit vorgeschrieben werden können, in der Kompetenz der Mitgliedstaaten und fällt daher nicht in den Anwendungsbereich dieser Richtlinie.

44

Obwohl die Richtlinie 2008/48, wie in Rn. 29 des vorliegenden Urteils ausgeführt, nur bestimmte Aspekte der Vorschriften der Mitgliedstaaten über Verbraucherkreditverträge harmonisiert, ergibt sich aus dem 44. Erwägungsgrund der Richtlinie, dass zur Gewährleistung der Transparenz und der Stabilität des Marktes die Mitgliedstaaten bis zu einer weiteren Harmonisierung sicherstellen sollten, dass geeignete Maßnahmen im Hinblick auf die Kontrolle oder Überwachung der Tätigkeit von Kreditgebern getroffen werden.

45

Wenn die Prüfung der Kreditwürdigkeit des Verbrauchers mit einer juristischen Folge in Bezug auf das bei einer negativen Bewertung vom Kreditgeber verlangte Verhalten versehen wird, beeinträchtigt dies nicht das in Art. 8 Abs. 1 der Richtlinie 2008/48 verfolgte Ziel. Denn der 26. Erwägungsgrund der Richtlinie wiederholt das Ziel der verantwortungsbewussten Vergabe durch die Kreditgeber und die Vermeidung von verantwortungslos gewährten Krediten.

46

Zudem zeigt die Richtlinie 2014/17, die gemäß ihrem dritten Erwägungsgrund für den Bereich der Verbraucherimmobilienkredite nach der internationalen Finanzkrise erlassen wurde, die gezeigt hat, dass unverantwortliches Handeln von Marktteilnehmern die Grundlagen des Finanzsystems untergraben kann, obwohl sie weder nach ihrem zeitlichen noch nach ihrem materiellen Geltungsbereich anwendbar ist, den Willen des Unionsgesetzgebers, die Kreditgeber verantwortlich zu machen, indem in deren Art. 18 Abs. 5 Buchst. a festgelegt wird, dass die Mitgliedstaaten sicherstellen, dass „der Kreditgeber dem Verbraucher den Kredit nur bereitstellt, wenn aus der Kreditwürdigkeitsprüfung hervorgeht, dass es wahrscheinlich ist, dass die Verpflichtungen im Zusammenhang mit dem Kreditvertrag in der gemäß diesem Vertrag vorgeschriebenen Weise erfüllt werden“.

47

So kann die in einer nationalen Regelung vorgesehene Pflicht des Kreditgebers, keinen Kreditvertrag abzuschließen, wenn er nicht berechtigterweise annehmen kann, dass der Verbraucher unter Berücksichtigung seiner persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse in der Lage sein wird, den Kredit vertragsgemäß zurückzuzahlen, weder das Ziel des Art. 8 Abs. 1 der Richtlinie 2008/48 beeinträchtigen noch die grundsätzliche Verantwortung des Verbrauchers, seine eigenen Interessen wahrzunehmen, in Frage stellen.

48

Nach alledem steht eine nationale Regelung, die den Kreditgeber verpflichtet, keinen Kreditvertrag abzuschließen, wenn er die Zahlungsunfähigkeit des Verbrauchers feststellt, nicht im Widerspruch zur Richtlinie 2008/48.

49

Daher ist auf die Fragen 1.b und 2 zu antworten, dass Art. 5 Abs. 6 und Art. 8 Abs. 1 der Richtlinie 2008/48 dahin auszulegen sind, dass sie einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden nicht entgegenstehen, die dem Kreditgeber vorschreibt, keinen Kreditvertrag abzuschließen, wenn er nach Abschluss der Prüfung der Kreditwürdigkeit des Verbrauchers nicht berechtigterweise annehmen kann, dass Letzterer in der Lage sein wird, die Verbindlichkeiten aus dem geplanten Kreditvertrag zu erfüllen.

Kosten

50

Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

 

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Erste Kammer) für Recht erkannt:

 

1.

Art. 5 Abs. 6 der Richtlinie 2008/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2008 über Verbraucherkreditverträge und zur Aufhebung der Richtlinie 87/102/EWG des Rates ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden nicht entgegensteht, die den Kreditgebern oder den Kreditvermittlern vorschreibt, für Kreditverträge, die sie gewöhnlich anbieten, die Kreditart und den Kreditbetrag zu suchen, die der Finanzlage des Verbrauchers zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses und dem Zweck des Kredits am besten entsprechen.

 

2.

Art. 5 Abs. 6 und Art. 8 Abs. 1 der Richtlinie 2008/48 sind dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden nicht entgegenstehen, die dem Kreditgeber vorschreibt, keinen Kreditvertrag abzuschließen, wenn er nach Abschluss der Prüfung der Kreditwürdigkeit des Verbrauchers nicht berechtigterweise annehmen kann, dass Letzterer in der Lage sein wird, die Verbindlichkeiten aus dem geplanten Kreditvertrag zu erfüllen.

 

Unterschriften


( *1 ) Verfahrenssprache: Französisch.