URTEIL DES GERICHTSHOFS (Vierte Kammer)

20. Dezember 2017 ( *1 )

„Rechtsmittel – Verordnung (EG) Nr. 834/2007 – Produktion und Kennzeichnung von ökologischen/biologischen Erzeugnissen – Verordnung (EG) Nr. 889/2008 – Durchführungsverordnung (EU) Nr. 1358/2014 – Rechtsschutzinteresse – Begriff ‚eigener Vorteil‘“

In der Rechtssache C‑268/16 P

betreffend ein Rechtsmittel nach Art. 56 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, eingelegt am 13. Mai 2016,

Binca Seafoods GmbH mit Sitz in München (Deutschland), Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt H. Schmidt,

Rechtsmittelführerin,

andere Partei des Verfahrens:

Europäische Kommission, vertreten durch A. Lewis, G. von Rintelen und K. Walkerová als Bevollmächtigte,

Beklagte im ersten Rechtszug,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten T. von Danwitz, der Richter C. Vajda und E. Juhász (Berichterstatter), der Richterin K. Jürimäe und des Richters C. Lycourgos,

Generalanwalt: M. Bobek,

Kanzler: K. Malacek, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 29. März 2017,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 8. Juni 2017

folgendes

Urteil

1

Mit ihrem Rechtsmittel beantragt die Binca Seafoods GmbH (im Folgenden: Binca) die Aufhebung des Beschlusses des Gerichts der Europäischen Union vom 11. März 2016, Binca Seafoods/Kommission (T‑94/15, nicht veröffentlicht, im Folgenden: angefochtener Beschluss, EU:T:2016:164), mit dem ihre Klage auf Nichtigerklärung der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 1358/2014 der Kommission vom 18. Dezember 2014 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 889/2008 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EG) Nr. 834/2007 des Rates hinsichtlich der Herkunft der Tiere in ökologischer/biologischer Aquakultur, der Haltungspraktiken in der Aquakultur, der Futtermittel für Tiere in ökologischer/biologischer Aquakultur und der in der ökologischen/biologischen Aquakultur zugelassenen Erzeugnisse und Stoffe (ABl. 2014, L 365, S. 97, im Folgenden: streitige Verordnung) abgewiesen wurde.

Rechtlicher Rahmen

Grundverordnung

2

Art. 1 der Verordnung (EG) Nr. 834/2007 des Rates vom 28. Juni 2007 über die ökologische/biologische Produktion und die Kennzeichnung von ökologischen/biologischen Erzeugnissen und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 2092/91 (ABl. 2007, L 189, S. 1, im Folgenden: Grundverordnung) sieht vor:

„(1)   Diese Verordnung schafft die Grundlage für eine nachhaltige Entwicklung der ökologischen/biologischen Produktion, wobei gleichzeitig ein reibungsloses Funktionieren des Binnenmarkts sichergestellt, ein fairer Wettbewerb gewährleistet, das Vertrauen der Verbraucher gewahrt und die Verbraucherinteressen geschützt werden.

In ihr sind allgemeine Ziele und Grundsätze festgelegt, um die Vorschriften dieser Verordnung zu untermauern und die Folgendes betreffen:

a)

alle Stufen der Produktion, der Aufbereitung und des Vertriebs ökologischer/biologischer Erzeugnisse und deren Kontrollen;

(2)   Diese Verordnung gilt für folgende Erzeugnisse der Landwirtschaft, einschließlich der Aquakultur, sofern sie in Verkehr gebracht werden oder dazu bestimmt sind, in Verkehr gebracht zu werden:

a)

lebende oder unverarbeitete landwirtschaftliche Erzeugnisse,

b)

verarbeitete landwirtschaftliche Erzeugnisse, die zur Verwendung als Lebensmittel bestimmt sind,

c)

Futtermittel,

d)

vegetatives Vermehrungsmaterial und Saatgut für den Anbau.

Die Erzeugnisse der Jagd und der Fischerei wild lebender Tiere gelten nicht als aus ökologischer/biologischer Produktion stammend.

…“

3

Art. 2 der Grundverordnung bestimmt:

„Für die Zwecke dieser Verordnung gelten folgende Begriffsbestimmungen:

a)

‚ökologische/biologische Produktion‘: Anwendung des Produktionsverfahrens nach den Vorschriften dieser Verordnung auf allen Stufen der Produktion, der Aufbereitung und des Vertriebs;

d)

‚Unternehmer‘: die natürlichen oder juristischen Personen, die für [die] Einhaltung der Vorschriften dieser Verordnung in den ihrer Kontrolle unterliegenden ökologischen/biologischen Betrieben verantwortlich sind;

…“

4

Art. 15 der Grundverordnung, der Vorschriften für die Erzeugung von Aquakulturtieren enthält, sieht vor:

„(1)   Neben den allgemeinen Vorschriften für die landwirtschaftliche Erzeugung des Artikels 11 gelten für die Erzeugung von Aquakulturtieren folgende Vorschriften:

a)

Herkunft der Aquakulturtiere:

i)

Die ökologische/biologische Aquakultur beruht auf der Aufzucht eines Jungbestands, der aus ökologischen/biologischen Brutbeständen und ökologischen/biologischen Betrieben stammt.

ii)

Sind keine Jungbestände aus ökologischen/biologischen Brutbeständen oder Betrieben erhältlich, so können unter bestimmten Bedingungen nichtökologisch/nichtbiologisch erzeugte Tiere in einen Betrieb eingebracht werden.

c)

Fortpflanzung:

iii)

Es sind artenspezifische Bedingungen für die Bewirtschaftung der Brutbestände, für die Aufzucht und die Erzeugung von Jungfischen festzulegen.

…“

5

Art. 38 der Grundverordnung ermächtigt die Europäische Kommission, Durchführungsbestimmungen zu dieser Verordnung zu erlassen.

6

Nach ihrem Art. 42 gilt die Grundverordnung ab dem 1. Januar 2009.

Durchführungsverordnung

7

In seiner ursprünglichen Fassung schloss Art. 1 Abs. 2 Buchst. a der Verordnung (EG) Nr. 889/2008 der Kommission vom 5. September 2008 mit Durchführungsvorschriften zur Verordnung Nr. 834/2007 hinsichtlich der ökologischen/biologischen Produktion, Kennzeichnung und Kontrolle (ABl. 2008, L 250, S. 1, im Folgenden: Durchführungsverordnung), die nach ihrem Art. 97 ab dem 1. Januar 2009 galt, Erzeugnisse aus der Aquakultur vom Geltungsbereich dieser Verordnung aus.

Erste Änderungsverordnung zur Durchführungsverordnung

8

Mit der Verordnung (EG) Nr. 710/2009 der Kommission vom 5. August 2009 (ABl. 2009, L 204, S. 15, im Folgenden: erste Änderungsverordnung zur Durchführungsverordnung) wurde der Geltungsbereich der Durchführungsverordnung auf bestimmte Aquakulturtiere ausgedehnt, und es wurden spezielle Produktionsvorschriften für Erzeugnisse aus Aquakulturproduktion in die Durchführungsverordnung eingefügt.

9

Die erste Änderungsverordnung zur Durchführungsverordnung fügte in Titel II ein Kapitel 2a mit der Überschrift „Tierproduktion in Aquakultur“ ein. In Abschnitt 2 („Herkunft der Aquakulturtiere“) dieses Kapitels legte Art. 25e die Voraussetzungen fest, unter denen nichtökologisch/nichtbiologisch erzeugte Aquakulturtiere in einen Betrieb eingebracht werden konnten.

10

In seiner ursprünglichen, aus der ersten Änderungsverordnung zur Durchführungsverordnung hervorgegangenen Fassung bestimmte Art. 25e:

„(1)   Zu Zuchtzwecken oder zur Verbesserung der Genetik des Zuchtbestands und wenn ökologisch/biologisch erzeugte Aquakulturtiere nicht verfügbar sind, dürfen wild gefangene oder nichtökologisch/nichtbiologisch erzeugte Aquakulturtiere in einen Betrieb eingebracht werden. Sie müssen mindestens drei Monate in ökologischer/biologischer Haltung verbringen, bevor sie zu Zuchtzwecken eingesetzt werden dürfen.

(2)   Als Besatzmaterial und wenn ökologisch/biologisch erzeugte juvenile Aquakulturtiere nicht verfügbar sind, dürfen nichtökologisch/nichtbiologisch erzeugte juvenile Aquakulturtiere in einen Betrieb eingebracht werden. Sie müssen mindestens die beiden letzten Drittel des Produktionszyklus in ökologischer/biologischer Haltung verbringen.

(3)   Der Anteil nichtökologisch/nichtbiologisch erzeugter juveniler Aquakulturtiere, die in einen Betrieb eingesetzt werden dürfen, wird zum 31. Dezember 2011 auf 80 %, zum 31. Dezember 2013 auf 50 % und zum 31. Dezember 2015 auf 0 % reduziert.

(4)   Die Verwendung von Wildfängen als Besatzmaterial ist nur in den beiden nachstehenden Fällen erlaubt:

a)

natürliches Einströmen von Fisch- oder Krebstierlarven und Juvenilen beim Auffüllen von Teichen und anderen Haltungseinrichtungen;

b)

Europäischer Glasaal, solange es für den betreffenden Standort einen genehmigten Aalbewirtschaftungsplan gibt und die künstliche Vermehrung von Aal weiterhin Probleme aufwirft.“

11

Art. 25i („Hormonverbot“), der durch die erste Änderungsverordnung zur Durchführungsverordnung in Abschnitt 4 („Züchtung und Reproduktion“) des Kapitels 2a des Titels II der Durchführungsverordnung eingefügt wurde, bestimmt:

„Der Einsatz von Hormonen und Hormonderivaten ist verboten.“

12

Art. 25k („Spezifische Vorschriften für Futtermittel für karnivore Aquakulturtiere“), der durch die erste Änderungsverordnung zur Durchführungsverordnung in die Durchführungsverordnung eingefügt wurde, sieht in der Fassung der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 505/2012 der Kommission vom 14. Juni 2012 zur Änderung und Berichtigung der Verordnung Nr. 889/2008 (ABl. 2012, L 154, S. 12) vor:

„(1)   Karnivore Aquakulturtiere werden nach folgender Rangfolge gefüttert:

a)

mit Futtermitteln aus ökologischer/biologischer Aquakulturproduktion;

b)

mit Fischmehl und Fischöl aus Überresten der Verarbeitung von Fischen aus ökologischer/biologischer Aquakulturproduktion;

c)

mit Fischmehl und Fischöl und anderen Fischzutaten aus Überresten der Verarbeitung von Wildfischen für den menschlichen Verzehr aus nachhaltiger Fischerei;

d)

mit ökologischen/biologischen Futtermitteln pflanzlichen oder tierischen Ursprungs.

(3)   Die Futterrationen dürfen höchstens 60 % pflanzliche Erzeugnisse ökologischer/biologischer Herkunft enthalten.

(4)   Im Rahmen ihrer physiologischen Bedürfnisse darf Lachsen und Forellen mit dem Futter Astaxanthin, vorrangig aus ökologischen/biologischen Quellen wie den Schalen ökologisch/biologisch erzeugter Krebstiere, verabreicht werden. Stehen ökologische/biologische Ausgangsstoffe nicht zur Verfügung, dürfen natürliche Astaxanthinquellen (z. B. Phaffia-Hefe) verwendet werden.“

13

Gemäß ihrem Art. 2 galt die erste Änderungsverordnung zur Durchführungsverordnung ab dem 1. Juli 2010.

14

Allerdings wurde Art. 95 der Durchführungsverordnung durch die erste Änderungsverordnung zur Durchführungsverordnung um folgenden Absatz ergänzt:

„(11)   Für eine am 1. Juli 2013 ablaufende Übergangszeit kann die zuständige Behörde Aquakulturproduktionseinheiten, die vor Inkrafttreten der vorliegenden Verordnung nach anerkannten einzelstaatlichen Regeln Meeresalgen und Tiere ökologisch/biologisch produzieren, genehmigen, während der Anpassung an die vorliegende Verordnung den Status ökologischer/biologischer Produktionseinheiten aufrechtzuerhalten, wenn die Gewässer nicht ungebührlich durch Stoffe verunreinigt werden, die für die ökologische/biologische Produktion unzulässig sind. Unternehmer, die von dieser Möglichkeit Gebrauch machen, melden der zuständigen Behörde die betreffenden Fischteiche, Netzkäfige oder Meeresalgenplätze.“

15

Art. 2 Abs. 3 der ersten Änderungsverordnung zur Durchführungsverordnung sah vor:

„Diese Verordnung kann ab 1. Juli 2013 auf der Grundlage begründeter Vorschläge der Mitgliedstaaten überprüft und gegebenenfalls geändert werden.“

Zweite Änderungsverordnung zur Durchführungsverordnung

16

Mit der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 1030/2013 der Kommission vom 24. Oktober 2013 (ABl. 2013, L 283, S. 15, im Folgenden: zweite Änderungsverordnung zur Durchführungsverordnung) wurde das in Art. 95 Abs. 11 der Durchführungsverordnung auf den 1. Juli 2013 festgesetzte Datum für den Ablauf der Übergangszeit, in der die erste Änderungsverordnung zur Durchführungsverordnung nicht geändert werden durfte (im Folgenden: Übergangszeit), durch das Datum 1. Januar 2015 ersetzt.

Dritte Änderungsverordnung zur Durchführungsverordnung

17

Durch die Durchführungsverordnung (EU) Nr. 1364/2013 der Kommission vom 17. Dezember 2013 zur Änderung der Durchführungsverordnung in Bezug auf die Verwendung von nichtökologisch/nichtbiologisch erzeugten juvenilen Aquakulturtieren und nichtökologisch/nichtbiologisch erzeugten Muscheln in der ökologischen/biologischen Aquakultur (ABl. 2013, L 343, S. 29, im Folgenden: dritte Änderungsverordnung zur Durchführungsverordnung) wurde Art. 25e Abs. 3 der Durchführungsverordnung geändert.

18

Der Zeitraum, in dem der Anteil nichtökologisch/nichtbiologisch erzeugter juveniler Aquakulturtiere, die in einen Betrieb eingesetzt werden dürfen, 50 % betragen durfte, wurde bis zum 31. Dezember 2014 verlängert.

19

Das auf den 31. Dezember 2015 festgesetzte Datum, zu dem der maximale Anteil 0 % betragen musste, wurde nicht geändert.

Streitige Verordnung

20

Durch Art. 1 Nr. 1 der streitigen Verordnung erhielt Art. 25e Abs. 4 der Durchführungsverordnung folgende Fassung:

„(4)   Die Verwendung von Wildfängen als Besatzmaterial ist nur in den nachstehenden Fällen erlaubt:

a)

natürliches Einströmen von Fisch- oder Krebstierlarven und Juvenilen beim Auffüllen von Teichen und anderen Haltungseinrichtungen;

b)

Europäischer Glasaal, solange es für den betreffenden Standort einen genehmigten Aalbewirtschaftungsplan gibt und die künstliche Vermehrung von Aal weiterhin Probleme aufwirft;

c)

die Verwendung wilder Fischbrut anderer Arten als Europäischer Aal als Besatzmaterial in der traditionellen extensiven Aquakulturhaltung in Feuchtbiotopen, wie durch Dämme und Böschungen abgetrennten Brackwasserteichen, Gezeitenzonen und Küstenlagunen, sofern

i)

der Besatz mit den Bewirtschaftungsmaßnahmen im Einklang steht, die von den für die Bewirtschaftung der betreffenden Fischbestände zuständigen Behörden genehmigt wurden, um die nachhaltige Bewirtschaftung der betreffenden Art zu gewährleisten, und

ii)

die Fische ausschließlich mit Futtermitteln gefüttert werden, die in dem Umfeld natürlich vorkommen.“

21

In den Erwägungsgründen 3 und 4 dieser Verordnung werden die in Art. 25e Abs. 4 der Durchführungsverordnung aufgenommenen Ergänzungen wie folgt begründet:

„(3)

Gemäß Artikel 15 Absatz 1 Buchstabe a Ziffer ii der [Grundverordnung] können unter bestimmten Bedingungen nichtökologisch/nichtbiologisch erzeugte Tiere in einen Betrieb eingebracht werden, wenn keine Jungbestände aus ökologischen/biologischen Brutbeständen oder Betrieben erhältlich sind. In der [Durchführungsverordnung] sind die besonderen Beschränkungen in Bezug auf wild gefangene Aquakulturtiere, einschließlich wilder juveniler Aquakulturtiere, festgelegt. Einige traditionelle Methoden der extensiven Fischzucht in Feuchtbiotopen, wie durch Dämme und Böschungen abgetrennten Brackwasserteichen, Gezeitenzonen und Küstenlagunen, bestehen seit Jahrhunderten und sind für die örtlichen Gemeinschaften hinsichtlich des kulturellen Erbes, der Erhaltung der biologischen Vielfalt und der wirtschaftlichen Perspektiven von besonderem Wert. Unter bestimmten Bedingungen wirken sich diese Methoden nicht auf die Bestandslage der betreffenden Arten aus.

(4)

Die Verwendung wilder Fischbrut als Besatzmaterial im Rahmen solcher traditioneller Aquakulturmethoden gilt daher als mit den Zielen, Kriterien und Grundsätzen der ökologischen/biologischen Aquakultur unter der Voraussetzung vereinbar, dass von der für die Bewirtschaftung der betreffenden Fischbestände zuständigen Behörde genehmigte Bewirtschaftungsmaßnahmen umgesetzt werden, um die nachhaltige Bewirtschaftung der betreffenden Arten zu gewährleisten, dass der Besatz mit diesen Maßnahmen im Einklang steht und dass die Fische ausschließlich mit Futtermitteln gefüttert werden, die in dem Umfeld natürlich vorkommen.“

22

Durch Art. 1 Nr. 3 der streitigen Verordnung wurde Art. 25k Abs. 1 der Durchführungsverordnung wie folgt ergänzt:

„e) mit Futtermitteln aus ganzen Fischen, die aus Fischereien stammen, die im Rahmen einer von der zuständigen Behörde anerkannten Regelung gemäß den Grundsätzen der Verordnung (EU) Nr. 1380/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates [vom 11. Dezember 2013 über die Gemeinsame Fischereipolitik und zur Änderung der Verordnungen (EG) Nr. 1954/2003 und (EG) Nr. 1224/2009 des Rates sowie zur Aufhebung der Verordnungen (EG) Nr. 2371/2002 und (EG) Nr. 639/2004 des Rates und des Beschlusses 2004/585/EG des Rates (ABl. 2013, L 354, S. 22)] als nachhaltig eingestuft wurden“.

23

Gemäß Art. 1 Nr. 5 der streitigen Verordnung wurde ferner in Art. 25k der Durchführungsverordnung folgender neuer Absatz angefügt:

„Durch Gärung gewonnenes Histidin darf Bestandteil der Futterration von Salmoniden sein, wenn durch die in Absatz 1 aufgeführten Futtermittel keine ausreichende Menge an Histidin gewährleistet werden kann, um den Nahrungsmittelbedarf der Fische zu decken und die Bildung von Katarakten zu verhindern.“

Vorgeschichte des Rechtsstreits

24

Binca, eine ökozertifizierte Gesellschaft deutschen Rechts, führt Fisch der Bezeichnung „Pangasius“, der in Vietnam in dem Zuchtbetrieb „Binca Organic Farm“ in ökologischer/biologischer Aquakultur hergestellt wird, nach Deutschland ein und verkauft ihn dann an feste Handelspartner in Deutschland, Österreich und den skandinavischen Ländern.

25

Binca erwirbt den Pangasius tiefgekühlt über ein in Vietnam börsennotiertes und ökozertifiziertes Unternehmen (im Folgenden: Zwischenhändler), das den Aquakulturfisch verarbeitet und gefriert und die an Binca gelieferte Ware als Exporteur in Rechnung stellt.

26

Binca kauft selbst das Fischfutter, das sie an den Zwischenhändler liefert, und verrechnet den entsprechenden Betrag mit dem Preis, den sie dem Zwischenhändler zahlt.

27

Mit Schreiben an die Kommission legte Binca im September 2014 Vorschläge zur Änderung der Durchführungsverordnung, insbesondere des Art. 25e Abs. 3, in der durch die dritte Änderungsverordnung geänderten Fassung mit dem Ziel vor, den Zeitraum, in dem nichtökologisch/nichtbiologisch erzeugte juvenile Aquakulturtiere in einen Betrieb eingesetzt werden dürfen, bis zum Jahr 2021 zu verlängern.

28

Mit Schreiben vom 15. Oktober 2014 teilte die Kommission Binca mit, dass das Verfahren zur Änderung der Durchführungsverordnung laufe und dass die Stellungnahmen der Mitgliedstaaten und aller interessierten Parteien berücksichtigt würden.

29

Die streitige Verordnung wurde am 18. Dezember 2014 angenommen.

30

Mit Schreiben vom 18. Februar 2015 beantragte Binca bei der Kommission gemäß Art. 265 AEUV, den in Art. 95 Abs. 11 der Durchführungsverordnung vorgesehenen Übergangszeitraum für in Vietnam erzeugten Pangasius bis 1. Januar 2018 zu verlängern.

Verfahren vor dem Gericht und angefochtener Beschluss

31

Mit am 19. Februar 2015 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangener Klageschrift erhob Binca Klage auf Nichtigerklärung der streitigen Verordnung. Sie machte geltend, diskriminiert worden zu sein, weil die Kommission in der streitigen Verordnung Übergangsmaßnahmen und spezielle Sonderregelungen nur für andere Bio-Aquakulturen vorgesehen habe. Die Verordnung sei damit ihren Wettbewerbern zugutegekommen, während sie selbst von keiner der darin vorgesehenen Übergangs- und Sonderregelungen habe profitieren können. Diese Übergangsmaßnahmen und Sonderregelungen beträfen insbesondere die Herkunft der Jungtiere.

32

Binca trug vor, dass andere Wirtschaftsteilnehmer ihre Produkte unter Bedingungen weiterhin als „Bio“ kennzeichnen könnten, die für sie nicht verfügbar gewesen seien. Insoweit verwies sie in der Klageschrift ausdrücklich auf die Ungleichbehandlung der Fischproduktion im Mekong-Delta (Vietnam) und in Brackwasserbereichen in Europa.

33

Die Kommission erhob mit gesondertem Schriftsatz, der am 21. Mai 2015 bei der Kanzlei des Gerichts einging, eine Einrede der Unzulässigkeit gemäß Art. 114 der Verfahrensordnung des Gerichts vom 2. Mai 1991.

34

Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Gericht die Klage von Binca als unzulässig abgewiesen, weil diese kein Rechtsschutzinteresse hinsichtlich einer Klage auf Nichtigerklärung der streitigen Verordnung habe.

Anträge der Parteien vor dem Gerichtshof

35

Mit ihrem Rechtsmittel beantragt Binca,

den angefochtenen Beschluss aufzuheben und

die streitige Verordnung für nichtig zu erklären.

36

Die Kommission beantragt,

das Rechtsmittel zurückzuweisen,

Binca die Kosten aufzuerlegen.

Zum Rechtsmittel

37

Binca stützt ihr Rechtsmittel im Wesentlichen auf fünf Rechtsmittelgründe, mit denen sie erstens rügt, dass ihr Vorbringen zum Schutz des Wettbewerbs nicht berücksichtigt und kein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz festgestellt worden sei, zweitens ihr Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf, drittens ihr Anspruch auf angemessenes rechtliches Gehör und die Begründungspflicht, viertens ihr Recht auf eine öffentliche Verhandlung und fünftens die unternehmerische Freiheit verletzt worden seien.

Vorbringen der Parteien

38

Mit ihrem ersten Rechtsmittelgrund wirft Binca dem Gericht vor, eine Prüfung vorgenommen zu haben, die zu einer fehlerhaften Umdeutung ihrer Klage geführt habe. Während sie eine Diskriminierung im Verhältnis zu Mitbewerbern gerügt habe, die wegen einer willkürlich selektiv fortgeschriebenen Übergangsregelung die Angabe „Bio“ aufrechterhalten könnten, habe das Gericht die Klage so behandelt, als ziele sie ausschließlich darauf ab, eine Verlängerung der Übergangsregelung zu erzielen.

39

Die Kommission macht geltend, dass der Schwerpunkt der Begründung des angefochtenen Beschlusses zu Recht auf dem Interesse von Binca liege, die Nichtigerklärung der streitigen Verordnung zu beantragen, um weiter Pangasius mit der Angabe „Bio“ vermarkten zu können, da in ihrer Klageschrift ausdrücklich als Klageziel festgelegt sei, dass die Übergangsregelung des Art. 95 Abs. 11 der Durchführungsverordnung verlängert werde. Dieses Ziel habe Binca auch mit ihren im angefochtenen Beschluss erwähnten außergerichtlichen Anstrengungen verfolgt.

40

Außerdem befinde sich Binca nicht auf derselben Wettbewerbsstufe wie die Normadressaten der streitigen Verordnung, bei denen es sich um Betreiber von Aquakulturen handele, während Binca im Import von Pangasius als Bioprodukt tätig sei.

41

Binca habe keinen stichhaltigen Anhaltspunkt dafür geliefert, dass zwischen ihr und den anderen Produzenten von Fisch aus ökologischer/biologischer Aquakultur ein Konkurrenzverhältnis bestehe. Daher habe das Gericht dadurch, dass es nicht ausführlicher auf das Vorbringen von Binca zum Konkurrentenschutz eingegangen sei, keinen Rechtsfehler begangen.

Würdigung durch den Gerichtshof

42

Vorab ist festzustellen, dass das Gericht die bei ihm erhobene Klage auf der Stufe der Zulässigkeitsprüfung so behandelt hat, als zielte sie ausschließlich auf die Verlängerung der Übergangsfrist gemäß Art. 95 Abs. 11 der Durchführungsverordnung zugunsten von Binca ab. Da diese Übergangsfrist durch die streitige Verordnung nicht geändert wurde, hat das Gericht im angefochtenen Beschluss festgestellt, dass eine Nichtigerklärung der Verordnung am anwendbaren rechtlichen Rahmen nichts ändern würde. Ohne die übrigen Zulässigkeitsvoraussetzungen der Klage zu prüfen, ist das Gericht daher in Rn. 73 des angefochtenen Beschlusses zu dem Ergebnis gelangt, dass Binca kein Rechtsschutzinteresse für eine Nichtigkeitsklage gegen die streitige Verordnung habe, so dass ihre Klage unzulässig sei.

43

Mit ihrem Rechtsmittel macht Binca geltend, das Gericht hätte im Rahmen der Prüfung der Zulässigkeit ihrer Klage feststellen müssen, dass mit dieser eine Ungleichbehandlung gerügt werde, die durch die streitige Verordnung eingeführt worden sei, deren Anwendung zu einer Verfälschung des Wettbewerbs führe.

44

Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs ist eine Nichtigkeitsklage einer natürlichen oder juristischen Person nur zulässig, wenn diese ein Interesse an der Nichtigerklärung der angefochtenen Handlung hat. Ein solches Interesse setzt voraus, dass die Nichtigerklärung dieser Handlung als solche Rechtswirkungen haben kann und der Rechtsbehelf der Partei, die ihn eingelegt hat, damit im Ergebnis einen Vorteil verschaffen kann (Urteile vom 4. Juni 2015, Andechser Molkerei Scheitz/Kommission,C‑682/13 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2015:356, Rn. 25, vom 17. September 2015, Mory u. a./Kommission, C‑33/14 P, EU:C:2015:609, Rn. 55, und Beschluss vom 6. April 2017, Proforec/Kommission, C‑176/16 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2017:290, Rn. 32).

45

Nach dieser Rechtsprechung muss der Kläger für sein Rechtsschutzinteresse, das die wesentliche Grundvoraussetzung jeder Klage darstellt, den Nachweis erbringen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 17. September 2015, Mory u. a./Kommission, C‑33/14 P, EU:C:2015:609, Rn. 58). Insbesondere ist es für die Zulässigkeit der Nichtigkeitsklage einer natürlichen oder juristischen Person gegen eine Handlung erforderlich, dass der Kläger sein Interesse an der Nichtigerklärung der Handlung schlüssig darlegt (Urteil vom 4. Juni 2015, Andechser Molkerei Scheitz/Kommission, C‑682/13 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2015:356, Rn. 26 bis 28, und Beschluss vom 6. April 2017, Proforec/Kommission, C‑176/16 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2017:290, Rn. 33 und 34).

46

Im vorliegenden Fall geht aus den Rn. 60 und 62 des angefochtenen Beschlusses hervor, dass Binca vor dem Gericht geltend gemacht hat, dass die streitige Verordnung es einigen ihrer Wettbewerber erlaube, ihre Produkte weiter mit der Angabe „Bio“ zu vermarkten, ihr jedoch nicht, und dass, wenn sie den Pangasius nicht mehr mit dieser Angabe verkaufen könne, die Verbraucher auf Fisch anderer Arten aus ökologischer/biologischer Aquakultur ausweichen würden. Binca hat also vorgetragen, dass sie im Fall der Nichtigerklärung der streitigen Verordnung ihre Kunden halten könnte, weil es auch ihren Wettbewerbern nicht mehr gestattet wäre, die Angabe „Bio“ zu verwenden.

47

Aus Rn. 70 des angefochtenen Beschlusses ergibt sich ferner, dass Binca vor dem Gericht vorgetragen hat, sie könne mit ihrer Nichtigkeitsklage faire, gleiche Bedingungen zwischen ihr und den anderen Produzenten von Biofisch aus Aquakultur dahin erreichen, dass diese – wie sie selbst – nicht mehr mit der Angabe „Bio“ an den Markt gehen könnten.

48

Binca hat folglich vor dem Gericht geltend gemacht, dass sie ein Interesse an der Nichtigerklärung der streitigen Verordnung habe, weil dadurch der Ungleichbehandlung abgeholfen werden könne, die diese Verordnung zwischen ihr und anderen Produzenten von Biofisch aus Aquakultur geschaffen habe, und nicht ausschließlich deshalb, weil die Übergangsfrist des Art. 95 Abs. 11 der Durchführungsverordnung durch die streitige Verordnung nicht verlängert worden sei.

49

Außerdem hat Binca, wie aus Rn. 69 des angefochtenen Beschlusses hervorgeht, vor dem Gericht eingeräumt, dass sie mit ihrer Klage eine Verlängerung der Übergangsregelung des Art. 95 Abs. 11 der Durchführungsverordnung in der Fassung der zweiten Änderungsverordnung zur Durchführungsverordnung nicht erreichen könne, dabei aber geltend gemacht, dass die ihr gegenüber bestehende Diskriminierung beendet werden könne, indem den anderen Produzenten von Biofisch aus Aquakultur die Verwendung der Angabe „Bio“ untersagt werde.

50

Unter diesen Umständen hat das Gericht, als es zu Unrecht die Auffassung vertreten hat, dass Binca mit der bei ihm erhobenen Klage die Nichtigerklärung der streitigen Verordnung allein deshalb begehre, weil mit dieser die Übergangsfrist nicht verlängert worden sei, die Klage fehlerhaft umgedeutet und damit einen Rechtsfehler begangen.

51

Folglich ist der angefochtene Beschluss aufzuheben, ohne dass eine Prüfung der anderen von Binca geltend gemachten Rechtsmittelgründe erforderlich wäre.

Zur Klage vor dem Gericht

52

Nach Art. 61 Abs. 1 Satz 2 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union kann der Gerichtshof, wenn er die Entscheidung des Gerichts aufhebt, den Rechtsstreit endgültig entscheiden, wenn dieser zur Entscheidung reif ist.

53

Im vorliegenden Fall verfügt der Gerichtshof über die erforderlichen Angaben, um endgültig über die Frage entscheiden zu können, ob Binca ein Rechtsschutzinteresse hatte.

54

Insoweit ist vorab festzustellen, dass Binca in ihrer Klageschrift geltend gemacht hat, dass die streitige Verordnung wegen einer willkürlichen Ungleichbehandlung der verschiedenen biologischen Aquakulturen für nichtig zu erklären sei und dass diese Nichtigerklärung die Diskriminierung beenden und die Kommission zwingen werde, eine diskriminierungsfreie Entscheidung über die Übergangsmaßnahmen zu treffen. Zur Herkunft der Jungtiere hat Binca in der Klageschrift ausgeführt, dass die Änderung von Art. 25e Abs. 4 der Durchführungsverordnung durch Art. 1 Nr. 1 der streitigen Verordnung zu einer Ungleichbehandlung zwischen der Aquakultur im Mekongdelta und derjenigen in den Brackwasserbereichen in Europa geführt habe.

55

In ihrer Stellungnahme zu der von der Kommission vor dem Gericht erhobenen Unzulässigkeitseinrede hat Binca weiter ausgeführt, dass die Produzenten von Bio-Lachs und Bio-Forellen durch zwei Ausnahmeregelungen – zum einen Art. 25k Abs. 1 Buchst. e der Durchführungsverordnung, eingefügt durch Art. 1 Nr. 3 der streitigen Verordnung, und zum anderen Art. 25k Abs. 5 der Durchführungsverordnung, eingefügt durch Art. 1 Nr. 5 der streitigen Verordnung – privilegiert worden seien, mit denen die Verwendung von ganzen Fischen als Futtermittelquelle für fleischfressende Tiere bzw. die zusätzliche Gabe von Histidin zur Deckung des Nahrungsmittelbedarfs von Salmoniden zugelassen worden seien.

56

Wie der Generalanwalt in den Nrn. 69 bis 73 seiner Schlussanträge festgestellt hat, kann das konkrete Vorbringen zu Art. 1 Nrn. 3 und 5 der streitigen Verordnung, mit dem Buchst. e in Art. 25k Abs. 1 bzw. Abs. 5 in Art. 25k der Durchführungsverordnung eingefügt wurden, bei der Beurteilung, ob Binca ein Interesse an der Nichtigerklärung der streitigen Verordnung hatte, nicht berücksichtigt werden, da es nicht in ihrer Klageschrift enthalten war. Aus Art. 21 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union und Art. 44 § 1 der Verfahrensordnung des Gerichts vom 2. Mai 1991 (jetzt Art. 76 der Verfahrensordnung des Gerichts vom 23. April 2015) ergibt sich nämlich, dass die Klageschrift u. a. den Streitgegenstand und eine kurze Darstellung der geltend gemachten Klagegründe enthalten muss.

57

Was dagegen die Frage betrifft, ob Binca ein Rechtsschutzinteresse hinsichtlich der Nichtigerklärung von Art. 1 Nr. 1 der streitigen Verordnung hatte, mit dem Art. 25e Abs. 4 der Durchführungsverordnung geändert wurde, so weist die Kommission darauf hin, dass zum einen Binca, da sie den Fisch nur einführe, nicht im Wettbewerb mit den von der streitigen Verordnung angeblich bevorzugten Produzenten stehe und dass zum anderen der Pangasius nicht in Konkurrenz zu den anderen Fischarten stehe, die nach Auffassung von Binca durch die streitige Verordnung privilegiert behandelt würden.

58

Erstens ist jedoch, wie aus den Rn. 25 und 26 des vorliegenden Urteils hervorgeht, die Rolle von Binca in der Lieferkette für Bio-Pangasius aus Vietnam größer und komplexer als die eines konventionellen Importeurs. Da, wie die Kommission in der mündlichen Verhandlung vor dem Gerichtshof eingeräumt hat, die Anforderungen an die Kennzeichnung von Bioprodukten, denen die Importeure von Erzeugnissen aus ökologischer/biologischer Aquakultur unterliegen, die in der streitigen Verordnung festgelegten Anforderungen an die Produktion einschließen, lässt sich im vorliegenden Fall jedenfalls nicht annehmen, dass nur die Fischproduzenten ein Interesse daran haben können, die streitige Verordnung für nichtig erklären zu lassen.

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Zweitens ist es nicht Sache des Gerichtshofs, im Rahmen der Zulässigkeitsprüfung endgültig zum Bestehen eines Wettbewerbsverhältnisses zwischen Binca und den Fischproduzenten, die durch die streitige Verordnung begünstigt sein sollen, oder zwischen Bio-Pangasius und anderem Fisch aus ökologischer/biologischer Aquakultur Stellung zu nehmen, um das Rechtsschutzinteresse von Binca festzustellen (vgl. entsprechend Urteil vom 28. Januar 1986, Cofaz u. a./Kommission, 169/84, EU:C:1986:42, Rn. 28). Im vorliegenden Fall genügt es, zu prüfen, ob Binca das Interesse, das sie an der Nichtigerklärung der streitigen Verordnung hat, schlüssig dargelegt hat.

60

Insoweit hat Binca vor dem Gericht nicht nur vorgetragen, dass ihr die Nichtigerklärung von Art. 1 Nr. 1 der streitigen Verordnung, durch den Art. 25e Abs. 4 der Durchführungsverordnung geändert wurde, einen Vorteil verschaffen würde, sondern auch erläutert, auf welche Weise diese durch die streitige Verordnung vorgenommene Änderung bestimmten anderen Produzenten von Fisch aus ökologischer/biologischer Aquakultur Vorteile gewähre und für sie nachteilige wirtschaftliche Folgen habe.

61

Im Rahmen dieser Ausführungen hat Binca auch dargelegt, dass ihr Zulieferbetrieb wegen der besonderen natürlichen Bedingungen der Aquakulturhaltung im Mekongdelta – anders als Betriebe in europäischen Gewässern – nicht von Art. 25e Abs. 4 Buchst. c der Durchführungsverordnung in seiner durch Art. 1 Nr. 1 der streitigen Verordnung geänderten Fassung profitieren könne.

62

Hierzu ist festzustellen, dass, wie aus Nr. 87 der Schlussanträge des Generalanwalts hervorgeht, die in Art. 25e Abs. 4 der Durchführungsverordnung vorgesehenen Ausnahmeregelungen gemäß den Erwägungsgründen 3 und 4 der streitigen Verordnung dazu dienen sollen, die bestehende Produktion von ökologischem/biologischem Fisch fortzusetzen, die anderenfalls unterbrochen würde. Die von Binca begehrte Nichtigerklärung würde diese Ausnahmeregelungen beseitigen und es für andere Produzenten schwieriger, wenn nicht sogar unmöglich machen, bestimmte Fischarten ökologisch/biologisch im Sinne der Grundverordnung, der Durchführungsverordnung und der Änderungsverordnungen zur Durchführungsverordnung zu produzieren.

63

Somit hat Binca ihr Rechtsschutzinteresse rechtlich hinreichend begründet, als sie vor dem Gericht schlüssig dargelegt hat, welche nachteiligen Auswirkungen die mit ihrer Nichtigkeitsklage angegriffenen Bestimmungen der streitigen Verordnung auf sie haben und welcher Vorteil sich aus der Nichtigerklärung dieser Bestimmungen für sie ergeben kann. Auf der Stufe der Prüfung der Zulässigkeit der Klage vor dem Gericht ist dieser Vorteil unabhängig davon anzuerkennen, ob das Gericht am Ende des bei ihm anhängigen Verfahrens die angefochtene Bestimmung für nichtig erklärt oder nicht.

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Daraus folgt, dass Binca ein Rechtsschutzinteresse hatte.

65

Es ist allerdings festzustellen, dass der Gerichtshof nicht über die erforderlichen Angaben verfügt, um über die weiteren in der Unzulässigkeitseinrede der Kommission gegen die Nichtigkeitsklage von Binca vorgebrachten Argumente und über die Begründetheit der Klage entscheiden zu können.

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Daher ist die Rechtssache an das Gericht zurückzuverweisen und die Kostenentscheidung vorzubehalten.

 

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Vierte Kammer) für Recht erkannt und entschieden:

 

1.

Der Beschluss des Gerichts der Europäischen Union vom 11. März 2016, Binca Seafoods/Kommission (T‑94/15, nicht veröffentlicht, EU:T:2016:164), wird aufgehoben.

 

2.

Die Rechtssache wird an das Gericht der Europäischen Union zurückverwiesen.

 

3.

Die Kostenentscheidung bleibt vorbehalten.

 

von Danwitz

Vajda

Juhász

Jürimäe

Lycourgos

Verkündet in Luxemburg in öffentlicher Sitzung am 20. Dezember 2017.

Der Kanzler

A. Calot Escobar

Der Präsident der Vierter Kammer

T. von Danwitz


( *1 ) Verfahrenssprache: Deutsch.