Rechtssache C-519/04 P
David Meca-Medina und Igor Majcen
gegen
Kommission der Europäischen Gemeinschaften
„Rechtsmittel – Dopingkontrollregeln des Internationalen Olympischen Komitees – Unvereinbarkeit mit den Gemeinschaftsregelungen über den Wettbewerb und denen über die Dienstleistungsfreiheit – Beschwerde – Zurückweisung“
Schlussanträge des Generalanwalts P. Léger vom 23. März 2006
Urteil des Gerichtshofes (Dritte Kammer) vom 18. Juli 2006
Leitsätze des Urteils
1. Gemeinschaftsrecht – Geltungsbereich – Sport – Beschränkung auf Betätigungen im Rahmen des Wirtschaftslebens
(Artikel 2 EG)
2. Freizügigkeit und freier Dienstleistungsverkehr – Arbeitnehmer – Wettbewerb – Bestimmungen des Vertrages – Geltungsbereich
(Artikel 39 EG, 49 EG, 81 EG und 82 EG)
3. Wettbewerb – Kartelle – Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen – Begriff
(Artikel 81 Absatz 1 EG)
1. Nach den Zielen der Gemeinschaft fällt die Ausübung des Sports insoweit unter das Gemeinschaftsrecht, als sie zum Wirtschaftsleben im Sinne von Artikel 2 EG gehört.
(vgl. Randnr. 22)
2. Hat eine sportliche Betätigung den Charakter einer entgeltlichen Arbeits- oder Dienstleistung wie bei professionellen oder semiprofessionellen Sportlern, so gelten für sie die Artikel 39 ff. EG oder die Artikel 49 ff. EG.
Diese Gemeinschaftsbestimmungen über die Freizügigkeit und den freien Dienstleistungsverkehr gelten nicht nur für behördliche Maßnahmen, sondern erstrecken sich auch auf Vorschriften anderer Art, die zur kollektiven Regelung unselbständiger Arbeit und der Erbringung von Dienstleistungen dienen. Die in diesen Bestimmungen des EG-Vertrags enthaltenen Verbote gelten jedoch nicht für Fragen, die ausschließlich von sportlichem Interesse sind und als solche nichts mit wirtschaftlicher Betätigung zu tun haben.
Was die Trennung der wirtschaftlichen Aspekte einer sportlichen Tätigkeit von ihren sportlichen Aspekten betrifft, so stehen die Gemeinschaftsbestimmungen über die Freizügigkeit und den freien Dienstleistungsverkehr Regelungen oder Praktiken nicht entgegen, die aus nichtwirtschaftlichen Gründen, die mit dem spezifischen Charakter und Rahmen bestimmter Begegnungen zusammenhängen, gerechtfertigt sind. Diese Beschränkung des Geltungsbereichs der fraglichen Bestimmungen darf jedoch nicht weiter gehen, als ihr Zweck es erfordert. Sie kann daher nicht herangezogen werden, um eine sportliche Tätigkeit im Ganzen vom Geltungsbereich des Vertrages auszuschließen.
Nach alledem führt der bloße Umstand, dass eine Regelung rein sportlichen Charakters ist, nicht dazu, dass derjenige, der die dieser Regelung unterliegende sportliche Tätigkeit ausübt, oder die Institution, die diese Regelung erlassen hat, nicht in den Geltungsbereich des EG-Vertrags fällt. Fällt die fragliche sportliche Tätigkeit also in den Geltungsbereich des EG-Vertrags, so unterliegen die Bedingungen ihrer Ausübung sämtlichen sich aus den einzelnen Vorschriften des EG-Vertrags ergebenden Verpflichtungen. Daraus folgt, dass die für diese Tätigkeit geltenden Regeln die Voraussetzungen für die Anwendung dieser Vorschriften erfüllen müssen, die insbesondere die Freizügigkeit der Arbeitnehmer, die Niederlassungsfreiheit, die Dienstleistungsfreiheit und den Wettbewerb gewährleisten sollen.
Wenn also die Ausübung dieser sportlichen Tätigkeit nach den Vorschriften des EG-Vertrags über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer oder die Dienstleistungsfreiheit zu prüfen ist, so ist zu untersuchen, ob die für diese Tätigkeit geltenden Regeln den Tatbestand der Artikel 39 EG und 49 EG erfüllen, d. h., ob sie eine nach diesen Artikeln verbotene Beschränkung darstellen. Bei der Beurteilung der Ausübung der genannten Tätigkeit im Hinblick auf die Wettbewerbsregeln des EG-Vertrags ist außerdem zu prüfen, ob die Regeln für diese Tätigkeit unter Berücksichtigung des Tatbestands der Artikel 81 EG und 82 EG von einem Unternehmen aufgestellt wurden, ob dieses den Wettbewerb beschränkt oder seine marktbeherrschende Stellung missbraucht und ob diese Beschränkung oder dieser Missbrauch den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigt.
Selbst unterstellt, dass diese Regeln den freien Verkehr nicht beschränken, weil sie Fragen betreffen, die allein von sportlichem Interesse sind und als solche nichts mit wirtschaftlicher Betätigung zu tun haben, würde dies weder bedeuten, dass die entsprechende sportliche Tätigkeit zwangsläufig nicht in den Geltungsbereich der Artikel 81 EG und 82 EG fällt, noch, dass die genannten Regeln den Tatbestand dieser Artikel nicht erfüllen.
(vgl. Randnrn. 23-31)
3. Die Vereinbarkeit eines Regelwerks mit den gemeinschaftlichen Wettbewerbsregeln kann nicht abstrakt beurteilt werden. Nicht jede Vereinbarung zwischen Unternehmen oder jeder Beschluss einer Unternehmensvereinigung, durch die die Handlungsfreiheit der Parteien oder einer der Parteien beschränkt wird, fällt zwangsläufig unter das Verbot des Artikels 81 Absatz 1 EG. Bei der Anwendung dieser Vorschrift im Einzelfall sind nämlich der Gesamtzusammenhang, in dem der fragliche Beschluss zustande gekommen ist oder seine Wirkungen entfaltet, und insbesondere seine Zielsetzung zu würdigen. Weiter ist dann zu prüfen, ob die mit dem Beschluss verbundenen wettbewerbsbeschränkenden Wirkungen notwendig mit der Verfolgung der genannten Ziele zusammenhängen und ob sie im Hinblick auf diese Ziele verhältnismäßig sind.
Der allgemeine Zweck einer Anti-Doping-Regelung im Sport ist die Dopingbekämpfung mit dem Ziel eines fairen Ablaufs der Sportwettkämpfe; dieser Zweck soll zugleich die Chancengleichheit der Sportler, ihre Gesundheit, die Ehrlichkeit und Objektivität des Wettkampfs sowie die ethischen Werte des Sports gewährleisten. Da außerdem Sanktionen erforderlich sind, um die Einhaltung des Dopingverbots sicherzustellen, hängt die Auswirkung der Sanktionen auf die Handlungsfreiheit der Sportler im Prinzip notwendig mit der Anti-Doping-Regelung zusammen.
Selbst unterstellt, dass die streitige Anti-Doping-Regelung eine Entscheidung von Unternehmensverbänden wäre, die die Handlungsfreiheit der von ihr betroffenen Personen einschränkt, wäre sie deshalb nicht unbedingt eine mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbare Wettbewerbsbeschränkung im Sinne von Artikel 81 EG, da sie durch einen legitimen Zweck gerechtfertigt ist. Eine solche Beschränkung ist nämlich mit der Organisation und dem ordnungsgemäßen Ablauf eines sportlichen Wettkampfs untrennbar verbunden und dient gerade dazu, einen fairen Wettstreit zwischen den Sportlern zu gewährleisten.
Der Strafcharakter einer solchen Anti-Doping-Regelung und das Ausmaß der im Fall eines Verstoßes gegen die Regelung anwendbaren Sanktionen können jedoch negative Auswirkungen auf den Wettbewerb haben, denn sollten sich diese Sanktionen letztlich als unbegründet erweisen, könnten sie zum ungerechtfertigten Ausschluss eines Sportlers von Wettkämpfen führen und somit die Bedingungen für die Ausübung der fraglichen Tätigkeit verfälschen. Daraus folgt, dass die mit diesem Regelwerk auferlegten Beschränkungen nur dann nicht unter das Verbot des Artikels 81 Absatz 1 EG fallen, wenn sie auf das zum ordnungsgemäßen Funktionieren des sportlichen Wettkampfs Notwendige begrenzt sind. Ein solches Regelwerk könnte nämlich überzogen sein, zum einen hinsichtlich der Grenze zwischen Fällen von unter Sanktionsandrohung stehendem Doping und zum anderen hinsichtlich der Schärfe dieser Sanktionen.
(vgl. Randnrn. 42-45, 47-48)
URTEIL DES GERICHTSHOFES (Dritte Kammer)
18. Juli 2006(*)
„Rechtsmittel – Dopingkontrollregeln des Internationalen Olympischen Komitees – Unvereinbarkeit mit den Gemeinschaftsregelungen über den Wettbewerb und denen über die Dienstleistungsfreiheit – Beschwerde – Zurückweisung“
In der Rechtssache C‑519/04 P
betreffend ein Rechtsmittel nach Artikel 56 der Satzung des Gerichtshofes, eingereicht am 22. Dezember 2004,
David Meca-Medina, wohnhaft in Barcelona (Spanien),
Igor Majcen, wohnhaft in Ljubljana (Slowenien),
Prozessbevollmächtigte: J.‑L. Dupont und M.‑A. Lucas, avocats,
Rechtsmittelführer,
andere Verfahrensbeteiligte:
Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch O. Beynet und A. Bouquet als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,
Beklagte im ersten Rechtszug,
Republik Finnland, vertreten durch T. Pynnä als Bevollmächtigte,
Streithelferin im ersten Rechtszug,
erlässt
DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten A. Rosas sowie der Richter J. Malenovský (Berichterstatter), J.‑P. Puissochet, A. Borg Barthet und A. Ó Caoimh,
Generalanwalt: P. Léger,
Kanzler: B. Fülöp, Verwaltungsrat,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 23. März 2006,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 23. März 2006
folgendes
Urteil
1 Mit ihrem Rechtsmittel beantragen die Kläger Meca-Medina und Majcen die Aufhebung des Urteils des Gerichts erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften vom 30. September 2004 in der Rechtssache T‑313/02 (Meca-Medina und Majcen/Kommission, Slg. 2004, II‑3291, im Folgenden: angefochtenes Urteil), mit dem das Gericht ihre Klage auf Nichtigerklärung der Entscheidung der Kommission der Europäischen Gemeinschaften vom 1. August 2002 abgewiesen hat, mit der die von den Klägern gegen das Internationale Olympische Komitee (IOC) erhobene Beschwerde auf Feststellung der Unvereinbarkeit bestimmter vom IOC erlassener und vom Internationalen Schwimmverband (FINA) durchgeführter Vorschriften und bestimmter Dopingkontrollpraktiken mit den Gemeinschaftsregelungen über den Wettbewerb und die Dienstleistungsfreiheit zurückgewiesen wurde (COMP/38158 – Meca-Medina und Majcen/IOC, im Folgenden: streitige Entscheidung).
Vorgeschichte des Rechtsstreits
2 Das Gericht hat die fragliche Anti-Doping-Regelung (im Folgenden: „streitige Anti-Doping-Regelung“) in den Randnummern 1 bis 6 des angefochtenen Urteils folgendermaßen zusammengefasst:
„1 Das … IOC ist die höchste Instanz der Olympischen Bewegung, in der verschiedene internationale Sportverbände, darunter … [die] FINA, zusammengefasst sind.
2 Die FINA führt mit ihren Doping Control Rules (zur fraglichen Zeit geltende Dopingkontrollregeln, im Folgenden: DC) den Anti-Doping-Code der Olympischen Bewegung auf dem Gebiet des Schwimmens durch. Regel 1.2a DC definiert das Doping als einen Verstoß, bei dem eine verbotene Substanz im Gewebe oder in der Körperflüssigkeit eines Sportlers gefunden wird. Diese Definition entspricht der von Artikel 2 Absatz 2 des genannten Anti-Doping-Codes, wonach als Doping das Vorhandensein einer verbotenen Substanz im Körper eines Athleten oder deren Verwendung oder die Verwendung einer verbotenen Methode bezeichnet wird.
3 Das Nandrolon und seine Metaboliten Norandrosteron (NA) und Noretiocholanolon (NE) (im Folgenden insgesamt Nandrolon genannt) sind verbotene Anabolika. In der Praxis der 27 beim IOC und der FINA akkreditierten Labore und zur Berücksichtigung einer möglichen körpereigenen und mithin nicht vorwerfbaren Nandrolonproduktion wird allerdings das Vorhandensein dieser Substanz im Körper männlicher Athleten nur jenseits eines Schwellenwerts von zwei Nanogramm (ng) pro Milliliter (ml) Urin als Doping bezeichnet.
4 Beim erstmaligen Dopingverstoß mit einem Anabolikum verlangt die Regel 9.2a DC, dass der Athlet mindestens für vier Jahre gesperrt wird; jedoch kann diese Sanktion nach dem letzten Satz der Regel 9.2 DC und den Regeln 9.3 und 9.10 DC gemildert werden, wenn der Athlet beweist, dass er die verbotene Substanz nicht wissentlich eingenommen hat oder dass diese Substanz ohne Sorgfaltsverletzung seinerseits in seinen Körper gelangt ist.
5 Die Sanktionen werden vom Doping Panel (Doping-Ausschuss) der FINA verhängt, dessen Entscheidungen nach Regel 8.9 DC vor dem Sportschiedsgericht (im Folgenden: TAS) angefochten werden können. Das TAS mit Sitz in Lausanne wird von einer vom IOC unabhängigen Organisation, der Internationalen Schiedsgerichtskammer für Sportfragen (im Folgenden: CIAS), finanziert und verwaltet.
6 Die Schiedssprüche des TAS können Gegenstand eines Rechtsbehelfs beim Schweizer Bundesgerichtshof sein, der zuständigen Gerichtsbarkeit für die Überprüfung internationaler Schiedssprüche, die in der Schweiz ergangen sind.“
3 Das Gericht hat den dem Rechtsstreit zugrunde liegenden Sachverhalt in den Randnummern 7 bis 20 des angefochtenen Urteils folgendermaßen zusammengefasst:
„7 Die Kläger sind Berufssportler in der Disziplin des Langstreckenschwimmens, dem Gegenstück zum Marathon auf dem Gebiet des Wassersports.
8 Bei einer am 31. Januar 1999 durchgeführten Dopingkontrolle während der Weltmeisterschaft in dieser Disziplin in Salvador de Bahia (Brasilien), bei der die Kläger den ersten und den zweiten Platz belegten, fiel ihr Nandrolontest positiv aus. Bei Herrn D. Meca-Medina wurde ein Wert von 9,7 ng/ml und bei Herrn I. Majcen ein Wert von 3,9 ng/ml festgestellt.
9 Am 8. August 1999 wurden die Kläger vom Doping-Ausschuss der FINA für vier Jahre gesperrt.
10 Die Entscheidung über die Sperre wurde von den Klägern vor dem TAS angefochten und von diesem mit Schiedsspruch vom 29. Februar 2000 bestätigt.
11 Im Januar 2000 zeigten wissenschaftliche Versuche, dass Nandrolonmetaboliten bei Verzehr bestimmter Nahrungsmittel wie dem Fleisch unkastrierter Keiler endogen vom menschlichen Organismus in einer Größenordnung erzeugt werden können, die die zulässige Toleranzschwelle übersteigt.
12 Angesichts dieser Entwicklung einigten sich die FINA und die Kläger mit Schiedsvereinbarung vom 20. April 2000, die Sache dem TAS zwecks neuerlicher Prüfung vorzulegen.
13 Mit Schiedsspruch vom 23. Mai 2003 reduzierte das TAS die Sperre der Kläger auf zwei Jahre.
14 Gegen diesen Schiedsspruch legten die Kläger keinen Rechtsbehelf beim Schweizer Bundesgericht ... ein.
15 Mit Schreiben vom 30. Mai 2001 reichten die Kläger nach Artikel 3 der Verordnung Nr. 17 vom 6. Februar 1962: Erste Durchführungsverordnung zu den Artikeln [81 EG] und [82 EG] (ABl. 1962, Nr. 13, S. 204) bei der Kommission eine Beschwerde ein, mit der sie einen Verstoß gegen Artikel 81 EG und/oder 82 EG rügten.
16 Mit ihrer Beschwerde stellten die Kläger die Vereinbarkeit bestimmter vom IOC erlassener und von der FINA durchgeführter Vorschriften sowie bestimmter Dopingkontrollpraktiken mit den Gemeinschaftsregelungen über den Wettbewerb und die Dienstleistungsfreiheit in Frage. Zunächst sei die Festlegung der Toleranzschwelle bei 2 ng/ml eine zwischen dem IOC und den 27 bei diesen akkreditierten Laboren abgestimmte Verhaltensweise. Wissenschaftlich sei dieser Schwellenwert schlecht begründet und könne zum Ausschluss unschuldiger oder bloß nachlässiger Athleten führen. Im Fall der Kläger könnten die festgestellten Überschreitungen der Toleranzschwelle vom Verzehr eines Gerichts herrühren, das das Fleisch nicht kastrierter Keiler enthalten habe. Schließlich werde der wettbewerbswidrige Charakter dieser Schwelle dadurch verstärkt, dass das IOC ein System objektiver Verantwortlichkeit eingeführt habe und dass mit der schiedsrichterlichen Entscheidung von Streitfällen im Bereich des Sports betraute Instanzen (TAS und CIAS) geschaffen worden seien, die gegenüber dem IOC nicht hinlänglich unabhängig seien.
17 Der Beschwerde zufolge führt die Anwendung dieser Regeln (im Folgenden unterschiedslos: streitige Anti-Doping-Regeln oder streitige Anti-Doping-Regelung) zu einer Verletzung der wirtschaftlichen Freiheiten der Athleten, die insbesondere durch Artikel 49 EG garantiert seien, und in wettbewerbsrechtlicher Hinsicht zu einer Verletzung der Rechte, auf die sich die Athleten nach Artikel 81 EG und 82 EG berufen könnten.
18 Mit Schreiben vom 8. März 2002 teilte die Kommission den Klägern gemäß Artikel 6 der Verordnung (EG) Nr. 2842/98 der Kommission vom 22. Dezember 1998 über die Anhörung in bestimmten Verfahren nach Artikel [81 EG] und [82 EG] (ABl. L 354, S. 18) unter Angabe von Gründen mit, dass sie der Beschwerde nicht stattgeben wolle.
19 Mit Schreiben vom 11. April 2002 sandten die Kläger der Kommission ihre Erwiderung auf das Schreiben vom 8. März 2002.
20 Mit Entscheidung vom 1. August 2002 … wies die Kommission die Beschwerde der Beklagten zurück, nachdem sie die streitige Anti-Doping-Regelung nach wettbewerbsrechtlichen Kriterien analysiert hatte und zu dem Schluss gelangt war, dass diese Regelung nicht unter das Verbot der Artikel 81 EG und 82 EG falle ...“
Das Verfahren vor dem Gericht und das angefochtene Urteil
4 Am 11. Oktober 2002 erhoben die Kläger vor dem Gericht Klage auf Nichtigerklärung der streitigen Entscheidung. Dabei stützten sie sich auf drei Klagegründe. Zum einen sei der Kommission in tatsächlicher wie in rechtlicher Hinsicht ein offensichtlicher Beurteilungsfehler unterlaufen, als sie die Auffassung vertreten habe, das IOC sei kein Unternehmen im Sinne der Gemeinschaftsrechtsprechung. Zum anderen habe sie die im Urteil des Gerichtshofes vom 19. Februar 2002 in der Rechtssache C‑309/99 (Wouters u. a., Slg. 2002, I‑1577) aufgestellten Kriterien fehlerhaft angewandt, als sie festgestellt habe, dass die streitige Anti-Doping-Regelung keine Wettbewerbsbeschränkung im Sinne von Artikel 81 EG sei. Schließlich sei der Kommission in Nummer 71 der Begründung der streitigen Entscheidung in tatsächlicher und in rechtlicher Hinsicht ein offensichtlicher Beurteilungsfehler unterlaufen, als sie die von den Klägern auf Artikel 49 EG gestützten Rügen gegen die Anti-Doping-Regelung zurückgewiesen habe.
5 Am 24. Januar 2003 hat die Republik Finnland beantragt, als Streithelferin zur Unterstützung der Kommission zugelassen zu werden. Mit Beschluss vom 25. Februar 2003 hat der Präsident der Vierten Kammer des Gerichts diese Streithilfe zugelassen.
6 Das Gericht hat die von den Klägern erhobene Klage mit dem angefochtenen Urteil abgewiesen.
7 In den Randnummern 40 und 41 des angefochtenen Urteils hat das Gericht unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Gerichtshofes festgestellt, dass die in den Artikeln 39 EG und 49 EG enthaltenen Verbote zwar auf diejenigen Regeln auf dem Gebiet des Sports Anwendung fänden, die den wirtschaftlichen Aspekt beträfen, den die sportliche Betätigung aufweisen könne, dass aber die Verbote, die diese Bestimmungen des EG-Vertrags aufstellten, keine rein sportlichen Regeln, d. h. Regeln über Fragen erfassten, die allein von sportlichem Interesse seien und als solche nichts mit wirtschaftlicher Betätigung zu tun hätten.
8 In Randnummer 42 des angefochtenen Urteils erklärt das Gericht, dass ein rein sportliches Regelwerk nichts mit wirtschaftlicher Betätigung zu tun habe, weswegen es nicht in den Geltungsbereich der Artikel 39 EG und 49 EG falle, bedeute auch, dass es nichts mit wirtschaftlichen Wettbewerbsbeziehungen zu tun habe, so dass es auch nicht in den Geltungsbereich der Artikel 81 EG und 82 EG falle.
9 In den Randnummern 44 und 47 des angefochtenen Urteils hat das Gericht festgestellt, dass das Dopingverbot auf rein sportlichen Erwägungen beruhe und daher mit wirtschaftlichen Erwägungen nichts zu tun habe. Daraus folge, dass die Regeln zur Dopingbekämpfung nicht in den Geltungsbereich der Bestimmungen des EG-Vertrags über die wirtschaftlichen Freiheiten, insbesondere der Artikel 49 EG, 81 EG und 82 EG, fielen.
10 In Randnummer 49 des angefochtenen Urteils hat das Gericht festgestellt, dass die streitige Anti-Doping-Regelung, die keinen diskriminierenden Zweck verfolge, mit dem Sport als solchem eng verknüpft sei. Ferner heißt es in Randnummer 57 des angefochtenen Urteils, dass das IOC die – nach dem klägerischen Vorbringen legitime – Sorge gehabt haben möge, bei der Festlegung der streitigen Anti-Doping-Regelung das wirtschaftliche Potenzial der Olympischen Spiele zu wahren, führe als solches noch nicht dazu, dieser Regelung ihre rein sportliche Natur zu nehmen.
11 Des Weiteren heißt es in Randnummer 66 des angefochtenen Urteils, dass die Bezugnahme auf die Prüfungsmethode des Urteils Wouters jedenfalls nicht das Ergebnis in Frage stellen könne, zu dem die Kommission in der angefochtenen Entscheidung gelangt sei, wonach die streitige Anti-Doping-Regelung aufgrund ihrer rein sportlichen Natur nicht in den Geltungsbereich der Artikel 81 EG und 82 EG falle. Ferner hat das Gericht in Randnummer 67 des angefochtenen Urteils festgestellt, dass die Beanstandung der genannten Regelung in die Zuständigkeit der mit der Beilegung sportlicher Streitigkeiten betrauten Stellen falle.
12 Das Gericht hat auch den dritten von den Klägern geltend gemachten Klagegrund zurückgewiesen und in Randnummer 68 des angefochtenen Urteils festgestellt, dass die streitige Anti-Doping-Regelung nicht in den Geltungsbereich des Artikels 49 EG falle, da sie ein rein sportliches Regelwerk sei.
Die Rechtsmittelanträge
13 Die Kläger beantragen,
– das angefochtene Urteil aufzuheben;
– den in erster Instanz gestellten Anträgen stattzugeben;
– der Kommission die Kosten beider Instanzen aufzuerlegen.
14 Die Kommission beantragt,
– das Rechtsmittel in vollem Umfang zurückzuweisen;
– hilfsweise, den in erster Instanz gestellten Anträgen stattzugeben und die Klage auf Nichtigerklärung der streitigen Entscheidung abzuweisen;
– den Klägern die Kosten des Verfahrens einschließlich der Kosten des Verfahrens erster Instanz aufzuerlegen.
15 Die Republik Finnland beantragt,
– das Rechtsmittel in vollem Umfang zurückzuweisen.
Zum Rechtsmittel
16 Die Kläger stützen ihr Rechtsmittel auf vier Rechtsmittelgründe. Mit dem ersten Rechtsmittelgrund, der aus mehreren Teilen besteht, machen sie geltend, dass das angefochtene Urteil rechtsfehlerhaft sei, weil das Gericht festgestellt habe, dass die streitige Anti-Doping-Regelung nicht in den Geltungsbereich der Artikel 49 EG, 81 EG und 82 EG falle. Mit dem zweiten Rechtsmittelgrund tragen sie vor, dass das angefochtene Urteil den Inhalt der streitigen Entscheidung verfälsche. Mit dem dritten Rechtsmittelgrund machen sie geltend, dass dem Urteil ein Formfehler anhafte, da seine Begründung widersprüchlich und unzureichend sei. Mit dem vierten Rechtsmittelgrund tragen sie vor, dass das angefochtene Urteil nach einem Verfahren ergangen sei, das nicht ordnungsgemäß verlaufen sei, weil das Gericht ihre Verfahrensrechte verletzt habe.
Zum ersten Rechtsmittelgrund
17 Der auf einen Rechtsfehler gestützte erste Rechtsmittelgrund besteht aus drei Teilen. Erstens machen die Kläger geltend, dass das Gericht die Rechtsprechung des Gerichtshofes über das Verhältnis zwischen sportlichen Regelwerken und dem Geltungsbereich der Vorschriften des EG-Vertrags falsch ausgelegt habe. Zweitens habe das Gericht in Anbetracht dieser Rechtsprechung die Tragweite der Bestimmungen über das Dopingverbot im Allgemeinen und über die streitige Anti-Doping-Regelung im Besonderen verkannt. Drittens habe das Gericht zu Unrecht festgestellt, dass diese Regelung nicht mit einem Marktverhalten gleichgesetzt werden könne, das in den Geltungsbereich der Artikel 81 EG und 82 EG falle, und dass die vom Gerichtshof im Urteil Wouters u. a. angewandte Prüfungsmethode deshalb auf diese Regelung nicht anwendbar sei.
Zum ersten Teil
– Vorbringen der Parteien
18 Die Kläger machen geltend, dass das Gericht die Rechtsprechung des Gerichtshofes, nach der die Ausübung des Sports nur insoweit unter das Gemeinschaftsrecht falle, als er zum Wirtschaftsleben gehöre, falsch ausgelegt habe. Insbesondere habe der Gerichtshof entgegen dem Urteil des Gerichts rein sportliche Regelwerke niemals generell vom Geltungsbereich des EG-Vertrags ausgeschlossen. Zwar habe der Gerichtshof festgestellt, dass die Bildung von Nationalmannschaften ausschließlich den Sport betreffe und als solche nichts mit wirtschaftlicher Betätigung zu tun habe, jedoch könne das Gericht daraus nicht schließen, dass jede ausschließlich den Sport betreffende Regel als solche nichts mit wirtschaftlicher Betätigung zu tun habe und daher nicht unter die Verbote der Artikel 39 EG, 49 EG, 81 EG und 82 EG falle. Der Begriff des rein sportlichen Regelwerks müsse sich daher allein auf Regeln über die Zusammensetzung und Bildung von Nationalmannschaften beschränken.
19 Außerdem habe das Gericht zu Unrecht festgestellt, dass ein Regelwerk, das sich nur auf den Sport beziehe, mit der Organisation und dem ordnungsgemäßen Ablauf des sportlichen Wettkampfs untrennbar verbunden sei, obwohl es nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes auch den besonderen Charakter und den Rahmen dieser Begegnungen hätte berücksichtigen müssen. Da eine sachliche Unterteilung der professionellen Ausübung von Sport nicht möglich sei, sei die vom Gericht getroffene Unterscheidung zwischen der wirtschaftlichen und der nichtwirtschaftlichen Dimension ein und desselben Sports willkürlich.
20 Nach Ansicht der Kommission hat sich das Gericht genau an die Rechtsprechung des Gerichtshofes gehalten, nach der rein sportliche Regelwerke als solche nicht unter die Regeln über den freien Verkehr fielen. Es handele sich daher bei rein sportlichen Regelwerken sehr wohl um eine generelle Ausnahme, die sich nicht auf die Zusammensetzung und die Bildung von Nationalmannschaften beschränke. Überdies sei nicht nachzuvollziehen, wie eine Regelung, die sich nur auf den Sport beziehe und auf die Besonderheit von Sportveranstaltungen abstelle, mit dem ordnungsgemäßen Ablauf der Sportwettbewerbe nicht untrennbar verbunden sein könnte.
21 Nach Ansicht der finnischen Regierung steht das Vorgehen des Gerichts in Einklang mit dem Gemeinschaftsrecht.
– Würdigung durch den Gerichtshof
22 Nach den Zielen der Gemeinschaft fällt die Ausübung des Sports insoweit unter das Gemeinschaftsrecht, als sie zum Wirtschaftsleben im Sinne von Artikel 2 EG gehört (vgl. Urteile vom 12. Dezember 1974 in der Rechtssache 36/74, Walrave und Koch, Slg. 1974, 1405, Randnr. 4, vom 14. Juli 1976 in der Rechtssache 13/76, Donà, Slg. 1976, 1333, Randnr. 12, vom 15. Dezember 1995 in der Rechtssache C‑415/93, Bosman, Slg. 1995, I‑4921, Randnr. 73, vom 11. April 2000 in den Rechtssachen C‑51/96 und C‑191/97, Deliège, Slg. 2000, I‑2549, Randnr. 41, und vom 13. April 2000 in der Rechtssache C‑176/96, Lehtonen und Castors Braine, Slg. 2000, I‑2681, Randnr. 32).
23 Hat eine sportliche Betätigung den Charakter einer entgeltlichen Arbeits- oder Dienstleistung wie bei professionellen oder semiprofessionellen Sportlern (vgl. in diesem Sinne Urteile Walrave und Koch, Randnr. 5, Donà, Randnr. 12, und Bosman, Randnr. 73), so gelten für sie die Artikel 39 ff. EG oder die Artikel 49 ff. EG.
24 Diese Gemeinschaftsbestimmungen über die Freizügigkeit und den freien Dienstleistungsverkehr gelten nicht nur für behördliche Maßnahmen, sondern erstrecken sich auch auf Vorschriften anderer Art, die zur kollektiven Regelung unselbständiger Arbeit und der Erbringung von Dienstleistungen dienen (Urteile Deliège, Randnr. 47, sowie Lethonen und Castors Braine, Randnr. 35).
25 Der Gerichtshof hat jedoch festgestellt, dass die in diesen Bestimmungen des EG-Vertrags enthaltenen Verbote nicht für Fragen gelten, die ausschließlich von sportlichem Interesse sind und als solche nichts mit wirtschaftlicher Betätigung zu tun haben (vgl. in diesem Sinne Urteil Walrave und Koch, Randnr. 8).
26 Was die Trennung der wirtschaftlichen Aspekte einer sportlichen Tätigkeit von ihren sportlichen Aspekten betrifft, so hat der Gerichtshof im Urteil Donà (Randnrn. 14 f.) entschieden, dass die Gemeinschaftsbestimmungen über die Freizügigkeit und den freien Dienstleistungsverkehr Regelungen oder Praktiken nicht entgegenstehen, die aus nichtwirtschaftlichen Gründen, die mit dem spezifischen Charakter und Rahmen bestimmter Begegnungen zusammenhängen, gerechtfertigt sind. Jedoch dürfe diese Beschränkung des Geltungsbereichs der fraglichen Bestimmungen nicht weiter gehen, als ihr Zweck es erfordere. Sie könne daher nicht herangezogen werden, um eine sportliche Tätigkeit im Ganzen vom Geltungsbereich des Vertrages auszuschließen (Urteile Bosman, Randnr. 76, und Deliège, Randnr. 43).
27 Nach alledem führt der bloße Umstand, dass eine Regelung rein sportlichen Charakters ist, nicht dazu, dass derjenige, der die dieser Regelung unterliegende sportliche Tätigkeit ausübt, oder die Institution, die diese Regelung erlassen hat, nicht in den Geltungsbereich des EG-Vertrags fällt.
28 Fällt die fragliche sportliche Tätigkeit also in den Geltungsbereich des EG-Vertrags, so unterliegen die Bedingungen ihrer Ausübung sämtlichen sich aus den einzelnen Vorschriften des EG-Vertrags ergebenden Verpflichtungen. Daraus folgt, dass die für diese Tätigkeit geltenden Regeln die Voraussetzungen für die Anwendung dieser Vorschriften erfüllen müssen, die insbesondere die Freizügigkeit der Arbeitnehmer, die Niederlassungsfreiheit, die Dienstleistungsfreiheit und den Wettbewerb gewährleisten sollen.
29 Wenn also die Ausübung dieser sportlichen Tätigkeit nach den Vorschriften des EG-Vertrags über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer oder die Dienstleistungsfreiheit zu prüfen ist, so ist zu untersuchen, ob die für diese Tätigkeit geltenden Regeln den Tatbestand der Artikel 39 EG und 49 EG erfüllen, d. h., ob sie eine nach diesen Artikeln verbotene Beschränkung darstellen (Urteil Deliège, Randnr. 60).
30 Bei der Beurteilung der Ausübung der genannten Tätigkeit im Hinblick auf die Wettbewerbsregeln des EG-Vertrags ist außerdem zu prüfen, ob die Regeln für diese Tätigkeit unter Berücksichtigung des Tatbestands der Artikel 81 EG und 82 EG von einem Unternehmen aufgestellt wurden, ob dieses den Wettbewerb beschränkt oder seine marktbeherrschende Stellung missbraucht und ob diese Beschränkung oder dieser Missbrauch den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigt.
31 Selbst unterstellt, dass diese Regeln den freien Verkehr nicht beschränken, weil sie Fragen betreffen, die allein von sportlichem Interesse sind und als solche nichts mit wirtschaftlicher Betätigung zu tun haben (Urteile Walrave und Koch sowie Donà), würde dies weder bedeuten, dass die entsprechende sportliche Tätigkeit zwangsläufig nicht in den Geltungsbereich der Artikel 81 EG und 82 EG fällt, noch, dass die genannten Regeln den Tatbestand dieser Artikel nicht erfüllen.
32 Das Gericht hat in Randnummer 42 des angefochtenen Urteils festgestellt, dass ein rein sportliches Regelwerk nichts mit wirtschaftlicher Betätigung zu tun habe, weswegen es nach Ansicht des Gerichtshofes nicht in den Geltungsbereich der Artikel 39 EG und 49 EG falle, bedeute auch, dass es nichts mit wirtschaftlichen Wettbewerbsbeziehungen zu tun habe, so dass es auch nicht in den Anwendungsbereich der Artikel 81 EG und 82 EG falle.
33 Das Gericht hat dadurch, dass es entschieden hat, dass ein Regelwerk von vornherein dem Anwendungsbereich der genannten Artikel allein dadurch entzogen sein könne, dass es in Bezug auf die Anwendung der Artikel 39 EG und 49 EG rein sportlicher Art sei, ohne dass zuvor zu prüfen wäre, ob dieses Regelwerk den in Randnummer 30 dieses Urteils genannten Tatbestand der Artikel 81 EG und 82 EG erfüllt, einen Rechtsfehler begangen.
34 Folglich ist das Vorbringen der Kläger begründet, dass das Gericht ihren Antrag in Randnummer 68 des angefochtenen Urteils zu Unrecht mit der Begründung zurückgewiesen habe, dass die streitige Anti-Doping-Regelung weder unter Artikel 49 EG falle, noch dem Wettbewerbsrecht unterliege. Demzufolge ist das angefochtene Urteil aufzuheben, ohne dass es einer Prüfung der anderen Teile des ersten oder der übrigen Rechtsmittelgründe bedürfte.
Zur Begründetheit
35 Nach Artikel 61 der Satzung des Gerichtshofes ist, da der Rechtsstreit entscheidungsreif ist, über die Begründetheit der Anträge der Kläger auf Nichtigerklärung der streitigen Entscheidung zu entscheiden.
36 Wie erinnerlich, haben die Kläger ihre Klage auf drei Klagegründe gestützt. Sie haben der Kommission vorgeworfen, festgestellt zu haben, dass das IOC kein Unternehmen im Sinne der Gemeinschaftsrechtsprechung sei, dass die streitige Anti-Doping-Regelung keine Wettbewerbsbeschränkung im Sinne von Artikel 81 EG sei und dass ihre Beschwerde keinen Anhaltspunkt für einen Verstoß gegen Artikel 49 EG enthalte.
Zum ersten Klagegrund
37 Die Kläger machen geltend, dass die Kommission das IOC im Hinblick auf die Anwendung von Artikel 81 EG zu Unrecht nicht als Unternehmen eingestuft habe.
38 Es steht jedoch fest, dass die Kommission – wie Nummer 37 der streitigen Entscheidung ausdrücklich zu entnehmen ist – zur Entscheidung über die Beschwerde der Kläger betreffend die Artikel 81 EG und 82 EG unterstellt hat, dass das IOC als Unternehmen und im Rahmen der olympischen Bewegung als ein Verband von internationalen und nationalen Unternehmensverbänden zu beurteilen ist.
39 Da dieser Klagegrund auf einem falschen Verständnis der streitigen Entscheidung beruht, ist er verfehlt und deshalb zurückzuweisen.
Zum zweiten Klagegrund
40 Die Kläger tragen vor, dass die Kommission bei der Zurückweisung ihrer Beschwerde zu Unrecht festgestellt habe, dass die streitige Anti-Doping-Regelung keine Wettbewerbsbeschränkung im Sinne von Artikel 81 EG sei. Die Kommission habe die vom Gerichtshof im Urteil Wouters u. a. aufgestellten Kriterien fehlerhaft angewandt, um die restriktiven Auswirkungen der streitigen Anti-Doping-Regelung auf die Handlungsfreiheit der Kläger zu rechtfertigen. Die Regelung sei nämlich entgegen der Auffassung der Kommission zum einen mit den einzigen Zielen der Regelung, die Integrität des Wettbewerbs und die Gesundheit der Sportler zu erhalten, nicht untrennbar verbunden, sondern diene dazu, die eigenen wirtschaftlichen Interessen des IOC zu wahren. Zum anderen sei sie dadurch, dass sie einen Höchstwert von 2 ng/ml Urin vorsehe, der auf keinem wissenschaftlich abgesicherten Kriterium beruhe, überzogen und gehe daher über das hinaus, was für eine wirksame Dopingbekämpfung erforderlich sei.
41 Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die Kläger zwar geltend machen, der Kommission sei ein offensichtlicher Beurteilungsfehler unterlaufen, indem sie den Gesamtzusammenhang des Erlasses der fraglichen Regelung durch das IOC mit demjenigen gleichgesetzt habe, in dem die Niederländische Rechtsanwaltskammer die Regelung erlassen habe, über die der Gerichtshof im Urteil Wouters u. a. entschieden habe, erläutern diesen Klagegrund jedoch nicht derart, dass er geprüft werden könnte.
42 Außerdem kann die Vereinbarkeit eines Regelwerks mit den gemeinschaftlichen Wettbewerbsregeln nicht abstrakt beurteilt werden (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 15. Dezember 1994 in der Rechtssache C‑250/92, DLG, Slg. 1994, I‑5641, Randnr. 31). Nicht jede Vereinbarung zwischen Unternehmen oder jeder Beschluss einer Unternehmensvereinigung, durch die die Handlungsfreiheit der Parteien oder einer der Parteien beschränkt wird, fällt zwangsläufig unter das Verbot des Artikels 81 Absatz 1 EG. Bei der Anwendung dieser Vorschrift im Einzelfall sind nämlich der Gesamtzusammenhang, in dem der fragliche Beschluss zustande gekommen ist oder seine Wirkungen entfaltet, und insbesondere seine Zielsetzung zu würdigen. Weiter ist dann zu prüfen, ob die mit dem Beschluss verbundenen wettbewerbsbeschränkenden Wirkungen notwendig mit der Verfolgung der genannten Ziele zusammenhängen (Urteil Wouters u. a., Randnr. 97) und ob sie im Hinblick auf diese Ziele verhältnismäßig sind.
43 Bezüglich des Gesamtzusammenhangs, in dem das streitige Regelwerk erlassen wurde, durfte die Kommission annehmen, dass der allgemeine Zweck dieser Regelung – was keine der Parteien bestreitet – die Dopingbekämpfung mit dem Ziel eines fairen Ablaufs der Sportwettkämpfe ist; dieser Zweck soll zugleich die Chancengleichheit der Sportler, ihre Gesundheit, die Ehrlichkeit und Objektivität des Wettkampfs sowie die ethischen Werte des Sports gewährleisten.
44 Da außerdem Sanktionen erforderlich sind, um die Einhaltung des Dopingverbots sicherzustellen, hängt die Auswirkung der Sanktionen auf die Handlungsfreiheit der Sportler im Prinzip notwendig mit der Anti-Doping-Regelung zusammen.
45 Selbst unterstellt, dass die streitige Anti-Doping-Regelung eine die Handlungsfreiheit der Kläger einschränkende Entscheidung von Unternehmensverbänden wäre, wäre sie deshalb nicht unbedingt eine mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbare Wettbewerbsbeschränkung im Sinne von Artikel 81 EG, da sie durch einen legitimen Zweck gerechtfertigt ist. Eine solche Beschränkung ist nämlich mit der Organisation und dem ordnungsgemäßen Ablauf eines sportlichen Wettkampfs untrennbar verbunden und dient gerade dazu, einen fairen Wettstreit zwischen den Sportlern zu gewährleisten.
46 Die Kläger bestreiten zwar nicht, dass es tatsächlich um dieses Ziel geht, jedoch vertreten sie die Auffassung, dass die streitige Anti-Doping-Regelung auch den Zweck verfolge, die eigenen wirtschaftlichen Interessen des IOC zu wahren, und dass überzogene Regeln wie die hier angefochtenen im Hinblick auf diesen Zweck erlassen worden seien. Diese seien daher mit dem ordnungsgemäßen Ablauf des Wettkampfs nicht untrennbar verbunden und fielen unter die Verbote des Artikels 81 EG.
47 Sicherlich können der Strafcharakter der streitigen Anti-Doping-Regelung und das Ausmaß der im Fall eines Verstoßes gegen die Regelung anwendbaren Sanktionen negative Auswirkungen auf den Wettbewerb haben, denn sollten sich diese Sanktionen letztlich als unbegründet erweisen, könnten sie zum ungerechtfertigten Ausschluss eines Sportlers von Wettkämpfen führen und somit die Bedingungen für die Ausübung der fraglichen Tätigkeit verfälschen. Daraus folgt, dass die mit diesem Regelwerk auferlegten Beschränkungen nur dann nicht unter das Verbot des Artikels 81 Absatz 1 EG fallen, wenn sie auf das zum ordnungsgemäßen Funktionieren des sportlichen Wettkampfs Notwendige begrenzt sind (vgl. in diesem Sinne Urteil DLG, Randnr. 35).
48 Ein solches Regelwerk könnte nämlich überzogen sein, zum einen hinsichtlich der Grenze zwischen Fällen von unter Sanktionsandrohung stehendem Doping und anderen, zum anderen hinsichtlich der Schärfe dieser Sanktionen.
49 Im vorliegenden Fall liegt diese Grenze in der streitigen Anti-Doping-Regelung bei dem Schwellenwert von 2 ng/ml Urin; überschreitet die Konzentration von Nandrolon im Körper des Sportlers diesen Schwellenwert, liegt Doping vor. Die Kläger wenden sich gegen diese Regelung mit der Begründung, dass dieser Schwellenwert zu niedrig festgelegt sei und auf keinem wissenschaftlich abgesicherten Kriterium beruhe.
50 Sie haben jedoch nicht nachgewiesen, dass der Kommission dadurch ein offensichtlicher Beurteilungsfehler unterlaufen wäre, dass sie diese Regelung als gerechtfertigt bezeichnet habe.
51 Es ist nämlich unstreitig, dass Nandrolon ein Anabolikum ist, das, wenn es im Körper eines Sportlers vorhanden ist, dessen Leistungen verbessern und den fairen Ablauf des Wettkampfs, an dem der Sportler teilnimmt, verfälschen kann. Das grundsätzliche Verbot dieser Substanz ist daher im Hinblick auf den Zweck der Anti-Doping-Regelung gerechtfertigt.
52 Es ist ebenso unstreitig, dass diese Substanz endogen erzeugt werden kann und dass die sportlichen Instanzen, insbesondere das IOC, deshalb im Rahmen der streitigen Anti-Doping-Regelung einen Dopingfall nur dann angenommen haben, wenn die Konzentration der genannten Substanz einen bestimmten Schwellenwert übersteigt. Das genannte Regelwerk wäre daher nur dann im Hinblick auf den angestrebten Zweck nicht gerechtfertigt, wenn der Schwellenwert nach dem Stand der wissenschaftlichen Kenntnisse zum Zeitpunkt des Erlasses der streitigen Anti-Doping-Regelung oder auch zum Zeitpunkt der Anwendung der Anti-Doping-Regelung zur Sanktionierung der Kläger im Jahr 1999 derart niedrig festgesetzt worden wäre, dass dieser Umstand nicht hinreichend berücksichtigt worden wäre.
53 Aus den Akten ergibt sich jedoch, dass zum maßgeblichen Zeitpunkt die in allen bis dahin veröffentlichten Studien festgestellte durchschnittliche Erzeugung von Endogenen 20-mal niedriger als 2 ng/ml Urin war und dass der höchste festgestellte Wert für erzeugte Endogene um etwa ein Drittel niedriger lag. Die Kläger tragen zwar vor, dass das IOC seit 1993 den Hinweis eines Experten auf die Gefahr hätte kennen müssen, dass der bloße Verzehr einer beschränkten Menge von Fleisch unkastrierter Keiler dazu führen könne, dass bei völlig unschuldigen Sportlern der fragliche Schwellenwert überschritten werde, es ist aber jedenfalls nicht erwiesen, dass dieses Risiko zum maßgeblichen Zeitpunkt in der Wissenschaft herrschende Meinung war. Außerdem haben die Ergebnisse der Studien und Experimente, die nach der streitigen Entscheidung hierzu unternommen wurden, keinen Einfluss auf deren Rechtmäßigkeit.
54 Die Beschränkungen, die der Schwellenwert den Sportlern auferlegt, gehen unter diesen Umständen, zumal die Kläger nicht angeben, auf welchen Wert die Toleranzschwelle zum maßgeblichen Zeitpunkt hätte festgesetzt sein müssen, nicht über das hinaus, was für die Organisation und den ordnungsgemäßen Ablauf sportlicher Wettkämpfe erforderlich ist.
55 Da die Kläger im Übrigen nicht geltend gemacht haben, dass die im vorliegenden Fall anwendbaren und verhängten Sanktionen überzogen seien, ist die Unverhältnismäßigkeit der fraglichen Anti-Doping-Regelung nicht erwiesen.
56 Demzufolge ist der zweite Klagegrund zurückzuweisen.
Zum dritten Klagegrund
57 Die Kläger tragen vor, dass die streitige Entscheidung rechtsfehlerhaft sei, weil in deren Nummer 71 ihr Vorbringen zurückgewiesen werde, dass die IOC-Regeln gegen Artikel 49 EG verstießen.
58 Der Antrag, den die Kläger beim Gericht gestellt haben, bezieht sich jedoch auf die Rechtmäßigkeit einer Entscheidung, die die Kommission nach Abschluss eines Verfahrens getroffen hat, das auf einer nach der Verordnung Nr. 17 des Rates vom 6. Februar 1962, Erste Durchführungsverordnung zu den Artikeln [81 EG] und [82 EG] (ABl. 1962, Nr. 13, S. 204) eingereichten Beschwerde beruht. Daraus folgt, dass sich die gerichtliche Nachprüfung dieser Entscheidung auf die Wettbewerbsregeln beschränken muss, wie sie sich aus den Artikeln 81 EG und 82 EG ergeben, und sich nicht auf die Einhaltung anderer Vorschriften des EG-Vertrags erstrecken kann (vgl. in diesem Sinne Beschluss vom 23. Februar 2006 in der Rechtssache C‑171/05 P, Piau, Slg. 2006, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 58).
59 Der von den Klägern auf Artikel 49 EG gestützte Klagegrund ist daher, was auch immer der Grund der Kommission gewesen sein mag, ihn zurückzuweisen, verfehlt und ebenfalls zurückzuweisen.
60 Nach alledem ist die Klage der Kläger gegen die streitige Entscheidung abzuweisen.
Kosten
61 Nach Artikel 122 Absatz 1 der Verfahrensordnung entscheidet der Gerichtshof über die Kosten, wenn das Rechtsmittel zurückgewiesen wird oder wenn das Rechtsmittel begründet ist und er selbst den Rechtsstreit endgültig entscheidet. Nach Artikel 69 § 2 der Verfahrensordnung, der gemäß Artikel 118 der Verfahrensordnung auf das Rechtsmittelverfahren entsprechende Anwendung findet, ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Jedoch kann der Gerichtshof nach Artikel 69 § 3 erster Unterabsatz die Kosten teilen oder beschließen, dass jede Partei ihre eigenen Kosten trägt, wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt oder wenn ein außergewöhnlicher Grund gegeben ist. Nach Artikel 69 § 4 tragen die Mitgliedstaaten, die dem Rechtsstreit als Streithelfer beigetreten sind, ihre eigenen Kosten.
62 Da die Kommission die Verurteilung der Kläger zur Tragung der Kosten beantragt hat und die Kläger im Wesentlichen unterlegen sind, sind diesen die Kosten beider Rechtszüge aufzuerlegen.
Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Dritte Kammer) für Recht erkannt und entschieden:
1. Das Urteil des Gerichts erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften vom 30. September 2004 in der Rechtssache T‑313/02 (Meca-Medina und Majcen/Kommission) wird aufgehoben.
2. Die beim Gericht erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften erhobene, unter der Nummer T‑313/02 eingetragene Klage auf Nichtigerklärung der Entscheidung der Kommission vom 1. August 2002 über die Zurückweisung der Beschwerde der Kläger wird abgewiesen.
3. Die Kläger tragen die Kosten beider Rechtszüge.
4. Die Republik Finnland trägt ihre eigenen Kosten.
Unterschriften
* Verfahrenssprache: Französisch.