Urteil des Gerichtshofes vom 14. Januar 1997. - Société Comateb (C-192/95), Société Panigua (C-193/95), Société Edouard et fils (C-194/95), Société de distribution de vins et liqueurs (C-195/95), Etablissements André Haan (C-196/95), Société Diffusion générale de quincaillerie (C-197/95), Société Diffusion générale (C-198/95), Société Cama Renault (C-199/95), Scp Ovide et Dorville (C-200/95), Société Ducros Guadeloupe (C-201/95), Société Comptoir commercial Caraïbes (C-202/95), Société Giafa (C-203/95), Société LVS (C-204/95), Société Catherine et Jean-Claude Tabar Nouval (C-205/95), Société L'Heure et L'Or (C-206/95), Société Général bazar bricolage (C-207/95), Société Grain d'or (C-208/95), Société Cash Service (C-209/95), Etablissements Efira (C-210/95), Société Farandole (C-211/95), Société Carat (C-212/95), Société Rio (C-213/95), Société guadeloupéenne de distribution moderne (SGDM) (C-214/95), Martinique automobiles SA (C-215/95), Socovi SARL (C-216/95), Etablissements Gabriel Vangour et Cie SARL (C-217/95), Simat Guadeloupe SARL (C-218/95) gegen Directeur général des douanes et droits indirects. - Ersuchen um Vorabentscheidung: Tribunal d'instance de Paris - Frankreich. - Octroi de mer - Erstattung rechtsgrundlos gezahlter Beträge - Verpflichtung zur Abwälzung der Steuer - Überseeische Departements. - Verbundene Rechtssachen C-192/95 bis C-218/95.
Sammlung der Rechtsprechung 1997 Seite I-00165
Leitsätze
Entscheidungsgründe
Kostenentscheidung
Tenor
Gemeinschaftsrecht - Unmittelbare Wirkung - Mit dem Gemeinschaftsrecht unvereinbare innerstaatliche Abgaben - Erstattung - Ablehnung - Voraussetzungen - Vollständige Abwälzung und Eintritt einer ungerechtfertigten Bereicherung beim Abgabenpflichtigen - Gesetzliche Verpflichtung des Abgabenpflichtigen, die Abgabe auf den Abnehmer abzuwälzen - Auswirkung - Keine Vermutung der vollständigen Abwälzung - Berücksichtigung eines trotz ihrer Abwälzung durch die Abgabe hervorgerufenen möglichen Schadens
Ein Mitgliedstaat kann einem Abgabenpflichtigen die Erstattung einer unter Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht erhobenen innerstaatlichen Abgabe nur verweigern, wenn die gesamte Abgabenlast nachweislich von einem anderen getragen worden ist und die Erstattung gegenüber diesem Abgabenpflichtigen ihn ungerechtfertigt bereichern würde. Es ist Sache der nationalen Gerichte, im Licht der Umstände des jeweiligen Einzelfalles zu beurteilen, ob diese Voraussetzungen vorliegen. Ist nur ein Teil der Abgaben abgewälzt worden, so haben die nationalen Behörden dem Abgabenpflichtigen den nicht abgewälzten Betrag zu erstatten. Eine gesetzliche Verpflichtung, die Abgabe in den Selbstkostenpreis einzurechnen, hat die Vermutung der vollständigen Abwälzung der Abgabenlast nicht einmal dann zur Folge, wenn der Verstoß gegen diese Verpflichtung geahndet werden kann.
Kann der Abgabenpflichtige nach innerstaatlichem Recht ungeachtet der Abwälzung der Abgabe auf den Abnehmer einen durch die rechtswidrige Abgabenerhebung verursachten Nachteil geltend machen, der eine ungerechtfertigte Bereicherung ganz oder teilweise ausschließt, so ist es Sache des nationalen Gerichts, dem Rechnung zu tragen. Ein solcher Nachteil könnte sich namentlich daraus ergeben, daß die rechtswidrige Abgabe durch eine Erhöhung des Preises des eingeführten Erzeugnisses eine Verringerung seines Absatzes und somit des Gewinns bewirkt hat.
1 Das Tribunal d'instance Paris hat mit 27 Zwischenurteilen vom 20. Dezember 1994, beim Gerichtshof eingegangen am 19. Juni 1995, gemäß Artikel 177 EG-Vertrag eine Frage betreffend die Erstattung einer unter Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht erhobenen Abgabe zur Vorabentscheidung vorgelegt.
2 Diese Frage stellt sich in Rechtsstreitigkeiten zwischen 27 Firmen (im folgenden: Klägerinnen) und dem Directeur général des douanes et droits indirects (Beklagter), in denen es um die Erstattung des "octroi de mer", den die Dienststelle für Zölle und indirekte Steuern des Departements Guadeloupe bei der Einfuhr verschiedener Waren aus einem anderen Mitgliedstaat, aus Drittstaaten und aus anderen Teilen des französischen Hoheitsgebiets in dieses Departement in der Zeit vom 17. Juli 1992 - dem Tag nach dem Erlaß des Urteils in der Rechtssache C-163/90 (Legros u. a., Slg. 1992, I-4625) - bis 31. Dezember 1992 erhoben hatte, sowie um die Verurteilung der Zollverwaltung geht, auf der Grundlage von Artikel 700 des neuen französischen Code de procédure civile Schadensersatz an die Firmen zu zahlen.
3 Im Urteil Legros u. a. hat der Gerichtshof zum "octroi de mer" entschieden, daß eine Abgabe, die ein Mitgliedstaat auf aus einem anderen Mitgliedstaat eingeführte Waren wegen deren Einführung in eine zum Hoheitsgebiet des erstgenannten Mitgliedstaats gehörende Region nach Maßgabe des Zollwerts der Waren erhebt, auch dann eine Abgabe mit gleicher Wirkung wie ein Einfuhrzoll darstellt, wenn sie auch die in diese Region aus einem anderen Teil desselben Staates eingeführten Waren trifft.
4 Der Beklagte macht geltend, die streitigen Abgaben könnten, da sie auf den Abnehmer abgewälzt worden seien, gemäß Artikel 352bis des Code des douanes nicht erstattet werden, der bestimme: "Wer nach den Verfahren dieses Code erhobene nationale Abgaben und Steuern ohne Rechtsgrund entrichtet hat, hat Anspruch auf Erstattung, es sei denn, daß die Abgaben und Steuern auf den Abnehmer abgewälzt worden sind."
5 Das vorlegende Gericht führt aus, es stehe fest, daß der streitige "octroi de mer" von den Klägerinnen auf die Abnehmer abgewälzt worden sei.
6 Es hat weiter ausgeführt, daß der Steuerpflichtige nach den innerstaatlichen französischen Rechtsvorschriften verpflichtet sei, die streitige Abgabe für die Berechnung des zu versteuernden Gewinns in den Einkaufspreis der für seine Tätigkeit benötigten Waren und damit sodann in den Selbstkostenpreis der verkauften Ware einzurechnen. Diese Rechtsvorschriften sähen die Erhebung der Steuer vor, die - anders als die Mehrwertsteuer - nicht abgezogen werden könne, da sie nicht gesondert in Rechnung gestellt werde, und verlangten die Abwälzung, mit der die Steuerverwaltung die Ablehnung der Erstattung begründe.
7 Hierzu haben die Beteiligten in der Sitzung des Gerichtshofes insbesondere auf das Verbot des Weiterverkaufs mit Verlust nach Artikel 1 des französischen Gesetzes vom 2. Juli 1963, geändert durch Artikel 32 der Ordonnance vom 1. Dezember 1986, hingewiesen; dieser bestimme:
"Ein Händler, der ein nicht weiterverarbeitetes Erzeugnis zu einem Preis verkauft, der unter dessen tatsächlichem Einkaufspreis liegt, wird mit Geldstrafe zwischen 5 000 und 100 000 FF bestraft. Als tatsächlicher Einkaufspreis wird der Preis angenommen, der auf der Rechnung über den Einkauf ausgewiesen ist, zuzueglich der Umsatzsteuern, besonderen, mit diesem Weiterverkauf verbundenen Steuern und gegebenenfalls der Transportkosten."
8 Das Tribunal d'instance Paris war der Auffassung, das französische Recht habe die Abwälzung - und damit die Nichterstattung - ausgelöst; es hat das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:
Macht der Umstand, daß ein Mitgliedstaat die Erstattung einer unter Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht erhobenen Abgabe mit der Begründung verweigert, die Steuer sei auf den Abnehmer abgewälzt worden, die Erstattung praktisch unmöglich oder übermässig schwierig, wenn das Unternehmen nach dem Recht des Mitgliedstaats verpflichtet ist, die Abgabe in den Selbstkostenpreis der verkauften Ware einzurechnen?
9 Zunächst geht es in der Frage des vorlegenden Gerichts nicht um die Erstattung des auf Erzeugnisse aus Drittländern erhobenen "octroi de mer", zu der der Gerichtshof im Urteil vom 7. November 1996 in der Rechtssache C-126/94 (Cadi Surgelés u. a., I-0000) eine Auslegung des Gemeinschaftsrechts vorgenommen hat.
10 Zweitens ist darauf hinzuweisen, daß die Klägerinnen sich auf die Verordnung (EWG) Nr. 1430/79 des Rates vom 2. Juli 1979 über die Erstattung oder den Erlaß von Eingangs- oder Ausfuhrabgaben (ABl. L 175, S. 1) berufen.
11 Wie der Gerichtshof bereits im Urteil vom 9. November 1983 in der Rechtssache 199/82 (San Giorgio, Slg. 1983, 3595, Randnr. 20) festgestellt hat, gilt diese Verordnung nach ihrem Artikel 1 Absatz 2 nur für durch bestimmte Gemeinschaftsregelungen geschaffene und von den Mitgliedstaaten für Rechnung der Gemeinschaft erhobene Zölle, Abgaben und Abschöpfungen.
12 Diese Verordnung gilt somit selbst dann nicht für nationale Gebühren, Steuern und Abgaben, wenn diese unter Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht erhoben worden sind.
13 Mit seiner Vorabentscheidungsfrage möchte das vorlegende Gericht der Sache nach wissen, ob ein Mitgliedstaat die Erstattung einer ohne Rechtsgrund gezahlten Abgabe unter Hinweis auf ihre Abwälzung auf den Abnehmer verweigern darf, obwohl seine Rechtsvorschriften diese Abwälzung vorschreiben.
14 Sämtliche Beteiligten verweisen auf die Rechtsprechung des Gerichtshofes zur Erstattung ohne Rechtsgrund gezahlter Beträge, insbesondere auf die Urteile vom 27. Februar 1980 in der Rechtssache 68/79 (Just, Slg. 1980, 501), vom 27. März 1980 in der Rechtssache 61/79 (Denkavit, Slg. 1980, 1205), San Giorgio, a. a. O., und vom 25. Februar 1988 in den verbundenen Rechtssachen 331/85, 376/85 und 378/85 (Bianco und Girard, Slg. 1988, 1099).
15 Nach Auffassung der französischen und der spanischen Regierung ergibt sich aus dieser Rechtsprechung, daß Bestimmungen über den Ausschluß der Erstattung von unter Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht erhobenen Steuern, Gebühren oder Abgaben nicht gemeinschaftsrechtswidrig seien, wenn die zur Zahlung dieser Abgaben herangezogene Person sie nachweislich tatsächlich auf andere abgewälzt habe.
16 Die Klägerinnen vertreten die Meinung, diese Rechtsprechung könne keine Anwendung finden, wenn ein Abgabenpflichtiger nach dem Recht eines Mitgliedstaats verpflichtet sei, die Abgabe in den Selbstkostenpreis der Ware einzurechnen. Solche Bestimmungen würden nämlich die Erstattung gemeinschaftsrechtswidrig erhobener Abgaben selbst dann praktisch unmöglich machen, wenn sie die Beweislast für die Nichtabwälzung der Abgabe auf den Abnehmer nicht dem Abgabepflichtigen auferlegten.
17 Die französische Regierung und die Kommission halten dem entgegen, daß eine gesetzliche Verpflichtung, die Abgabe in den Selbstkostenpreis einzurechnen, den Abgabenpflichtigen nicht dazu zwinge, die Abgabe auf den Abnehmer abzuwälzen. Der Abgabenpflichtige könne nämlich jederzeit die unternehmerische Entscheidung treffen, die Abgabe ganz oder teilweise selbst zu tragen, so daß sie sich nicht auf den Verkaufspreis auswirke.
18 Eine gesetzliche Verpflichtung, die Abgabe in den Selbstkostenpreis einzurechnen, berühre somit die Rechtsprechung des Gerichtshofes zur Erstattung ohne Rechtsgrund gezahlter Beträge nicht. Demnach müsse in jedem Einzelfall festgestellt werden, ob die streitige Abgabe tatsächlich abgewälzt worden sei oder nicht.
19 Da die Annahme, auf die sich die Vorabentscheidungsfrage stützt, somit umstritten ist, ist die Rechtsprechung zur Erstattung von unter Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht erhobenen Abgaben zu verdeutlichen, um dem vorlegenden Gericht eine sachdienliche Antwort zu geben.
20 Das Recht auf Erstattung von Abgaben, die ein Mitgliedstaat unter Verstoß gegen die Vorschriften des Gemeinschaftsrechts erhoben hat, ist Folge und Ergänzung der Rechte, die den einzelnen aus den gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften zustehen, die solche Abgaben verbieten (Urteil San Giorgio, a. a. O., Randnr. 12). Der Mitgliedstaat ist somit grundsätzlich verpflichtet, die unter Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht erhobenen Abgaben zu erstatten.
21 Allerdings gibt es eine Ausnahme von diesem Grundsatz. Wie der Gerichtshof in den Urteilen Just, Denkavit und San Giorgio ausgeführt hat, verlangt der Schutz der in diesem Bereich durch die Gemeinschaftsrechtsordnung garantierten Rechte die Erstattung von unter Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht erhobenen Steuern, Gebühren oder Abgaben nicht, wenn die zur Zahlung dieser Abgaben herangezogene Person sie nachweislich tatsächlich auf andere abgewälzt hat (vgl. insbesondere Urteil San Giorgio, Randnr. 13).
22 Unter solchen Umständen hat nämlich nicht der Abgabenpflichtige die Last der ohne Rechtsgrund erhobenen Abgabe getragen, sondern der Abnehmer, auf den die Last abgewälzt worden ist. Würde man daher dem Abgabenpflichtigen den Abgabenbetrag erstatten, den er bereits beim Abnehmer erhoben hat, käme dies einer Doppelzahlung an ihn gleich, die als ungerechtfertigte Bereicherung beurteilt werden könnte, ohne daß damit die Folgen der Rechtswidrigkeit der Abgabe für den Abnehmer beseitigt wären.
23 Somit ist es Sache der nationalen Gerichte, im Licht der Umstände des jeweiligen Einzelfalles zu beurteilen, ob der Abgabenpflichtige die Abgabenlast ganz oder teilweise auf andere abgewälzt hat und ob die Erstattung an den Abgabenpflichtigen gegebenenfalls eine ungerechtfertigte Bereicherung darstellen würde.
24 Hieraus folgt zunächst, daß der Abgabenpflichtige dann Anspruch auf Erstattung der Abgabe durch die innerstaatlichen Behörden haben muß, wenn er dem Endabnehmer den auf diesen abgewälzten Abgabenbetrag erstatten muß. Kann dagegen der Endabnehmer die Erstattung der ohne Rechtsgrund gezahlten Abgabe, deren Last er getragen hat, unmittelbar von den nationalen Behörden fordern, stellt sich die Frage der Erstattung an den Abgabenpflichtigen als solche nicht.
25 Sodann hat der Gerichtshof bereits im Urteil Bianco und Girard in Randnummer 17 ausgeführt, auch wenn indirekte Abgaben nach nationalem Recht dazu bestimmt seien, auf den Endverbraucher abgewälzt zu werden, und im Handel gewöhnlich auch ganz oder zum Teil abgewälzt würden, könne nicht generell davon ausgegangen werden, daß die Abgabe tatsächlich in jedem Fall abgewälzt werde. Denn die tatsächliche völlige oder teilweise Abwälzung hänge bei jedem Handelsgeschäft von mehreren Faktoren ab, die es von anderen Fallkonstellationen unterschieden. Somit sei die Frage der Abwälzung oder Nichtabwälzung einer indirekten Abgabe in jedem Einzelfall eine Tatfrage, die in die Zuständigkeit des nationalen Gerichts falle, das in der Beweiswürdigung frei sei. Jedoch dürfe im Fall indirekter Abgaben nicht vermutet werden, daß die Abwälzung erfolgt sei; es obliege dem Abgabenpflichtigen nicht, im Wege eines negativen Beweises das Gegenteil nachzuweisen.
26 Das gleiche gilt, wenn der Abgabenpflichtige gesetzlich verpflichtet war, die Abgabe in den Selbstkostenpreis des betreffenden Erzeugnisses einzurechnen. Eine solche Verpflichtung hat die Vermutung der vollständigen Abwälzung der Abgabenlast nicht einmal dann zur Folge, wenn der Verstoß gegen diese Verpflichtung geahndet werden kann.
27 Ein Mitgliedstaat kann daher einem Abgabenpflichtigen die Erstattung einer unter Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht erhobenen Abgabe nur dann verweigern, wenn die Abgabenlast nachweislich in vollem Umfang von einem anderen getragen wurde und wenn die Erstattung an den Abgabenpflichtigen zu dessen ungerechtfertigter Bereicherung führen würde.
28 Folglich obliegt es den innerstaatlichen Behörden dann, wenn die Abgabenlast nur teilweise abgewälzt worden ist, dem Abgabenpflichtigen den nicht abgewälzten Betrag zu erstatten.
29 Jedoch führt selbst die Erstattung des Betrages der Abgabenlast, die nachweislich ganz oder teilweise auf den Abnehmer abgewälzt worden ist, nicht notwendig zu einer ungerechtfertigten Bereicherung des Abgabenpflichtigen.
30 Der Gerichtshof hat im Urteil Just in Randnummer 26 nämlich festgestellt, daß es gemeinschaftsrechtlichen Grundsätzen entspreche, wenn die mit Erstattungsklagen befassten Gerichte den Nachteil berücksichtigten, den ein Importeur möglicherweise erlitten habe, weil die diskriminierenden oder schützenden steuerlichen Maßnahmen im Ergebnis zu einem Rückgang der Einfuhren aus anderen Mitgliedstaaten geführt hätten.
31 Wie der Generalanwalt in Nummer 23 seiner Schlussanträge dargelegt hat, kann der Abgabenpflichtige dadurch einen Nachteil erlitten haben, daß er die von der Verwaltung unter Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht erhobene Abgabe abgewälzt hat, weil die durch die Abwälzung der Abgabe bewirkte Erhöhung des Preises des Erzeugnisses zu einer Verringerung seines Absatzes geführt hat. So kann wegen der Erhebung des "octroi de mer" der Preis von Erzeugnissen aus anderen Teilen der Gemeinschaft beträchtlich höher sein als der einheimischer Erzeugnisse, die hiervon ausgenommen sind, so daß die Importeure unabhängig von einer möglichen Abwälzung der Abgabe einen Nachteil erleiden.
32 Unter diesen Umständen könnte der Abgabenpflichtige zu Recht geltend machen, daß das Einfließen der Abgabe in den Selbstkostenpreis, das zur Erhöhung des Preises der Erzeugnisse und zur Verringerung des Absatzes geführt habe, unabhängig von der Abwälzung der Abgabe auf den Abnehmer zu einem Nachteil geführt habe, der eine ungerechtfertigte Bereicherung ganz oder teilweise ausschließe, die andernfalls durch die Erstattung hervorgerufen würde.
33 Kann der Abgabenpflichtige nach innerstaatlichem Recht einen solchen Nachteil im Rahmen des Ausgangsrechtsstreits geltend machen, ist es folglich Sache des nationalen Gerichts, dem Rechnung zu tragen.
34 Im übrigen steht es dem Abgabenpflichtigen frei, bei den zuständigen Gerichten nach den einschlägigen Verfahren des nationalen Rechts und unter den im Urteil vom 5. März 1996 in den verbundenen Rechtssachen C-46/93 und C-48/93 (Brasserie du pêcheur und Factortame, Slg. 1996, I-1029) genannten Voraussetzungen unabhängig von der Frage der Abwälzung dieser Abgabe den Ersatz des wegen der ohne Rechtsgrund erfolgten Erhebung der Abgabe erlittenen Schadens zu fordern.
35 Dem vorlegenden Gericht ist daher zu antworten:
- Ein Mitgliedstaat kann einem Abgabenpflichtigen die Erstattung einer unter Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht erhobenen Abgabe nur verweigern, wenn die gesamte Abgabenlast nachweislich von einem anderen getragen worden ist und die Erstattung den Abgabenpflichtigen ungerechtfertigt bereichern würde. Es ist Sache der nationalen Gerichte, im Licht der Umstände des jeweiligen Einzelfalles zu beurteilen, ob diese Voraussetzungen vorliegen. Ist nur ein Teil der Abgabenlast abgewälzt worden, so haben die nationalen Behörden dem Abgabenpflichtigen den nicht abgewälzten Betrag zu erstatten.
- Eine gesetzliche Verpflichtung, die Abgabe in den Selbstkostenpreis einzurechnen, hat die Vermutung der vollständigen Abwälzung der Abgabenlast nicht einmal dann zur Folge, wenn der Verstoß gegen diese Verpflichtung geahndet werden kann.
- Kann der Abgabenpflichtige nach innerstaatlichem Recht ungeachtet der Abwälzung der Abgabe auf den Abnehmer einen durch die rechtswidrige Abgabenerhebung verursachten Nachteil geltend machen, der eine ungerechtfertigte Bereicherung ganz oder teilweise ausschließt, so ist es Sache des nationalen Gerichts, dem Rechnung zu tragen.
Kosten
36 Die Auslagen der französischen und der spanischen Regierung sowie der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, die vor dem Gerichtshof Erklärungen abgegeben haben, sind nicht erstattungsfähig. Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts.
Aus diesen Gründen
hat
DER GERICHTSHOF
auf die ihm vom Tribunal d'instance Paris mit Urteilen vom 20. Dezember 1994 vorgelegte Frage für Recht erkannt:
1. Ein Mitgliedstaat kann einem Abgabenpflichtigen die Erstattung einer unter Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht erhobenen Abgabe nur verweigern, wenn die gesamte Abgabenlast nachweislich von einem anderen getragen worden ist und die Erstattung den Abgabenpflichtigen ungerechtfertigt bereichern würde. Es ist Sache der nationalen Gerichte, im Licht der Umstände des jeweiligen Einzelfalles zu beurteilen, ob diese Voraussetzungen vorliegen. Ist nur ein Teil der Abgabenlast abgewälzt worden, so haben die nationalen Behörden dem Abgabenpflichtigen den nicht abgewälzten Betrag zu erstatten.
2. Eine gesetzliche Verpflichtung, die Abgabe in den Selbstkostenpreis einzurechnen, hat die Vermutung der vollständigen Abwälzung der Abgabenlast nicht einmal dann zur Folge, wenn der Verstoß gegen diese Verpflichtung geahndet werden kann.
3. Kann der Abgabenpflichtige nach innerstaatlichem Recht ungeachtet der Abwälzung der Abgabe auf den Abnehmer einen durch die rechtswidrige Abgabenerhebung verursachten Nachteil geltend machen, der eine ungerechtfertigte Bereicherung ganz oder teilweise ausschließt, so ist es Sache des nationalen Gerichts, dem Rechnung zu tragen.