EUR-Lex Access to European Union law

Back to EUR-Lex homepage

This document is an excerpt from the EUR-Lex website

Document 62021TJ0273

Urteil des Gerichts (Fünfte Kammer) vom 26. Oktober 2022 (Auszüge).
The Bazooka Companies, Inc. gegen Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum.
Unionsmarke – Verfallsverfahren – Dreidimensionale Unionsmarke – Form eines Babyfläschchens – Ernsthafte Benutzung der Marke – Art. 18 Abs. 1 Unterabs. 2 Buchst. a und Art. 58 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung (EU) 2017/1001 – Art der Benutzung der Marke – Form, die nur in Bestandteilen abweicht, ohne dass dadurch die Unterscheidungskraft beeinflusst wird – Begründungspflicht.
Rechtssache T-273/21.

Court reports – general – 'Information on unpublished decisions' section

ECLI identifier: ECLI:EU:T:2022:675

 URTEIL DES GERICHTS (Fünfte Kammer)

26. Oktober 2022 ( *1 )

„Unionsmarke – Verfallsverfahren – Dreidimensionale Unionsmarke – Form eines Babyfläschchens – Ernsthafte Benutzung der Marke – Art. 18 Abs. 1 Unterabs. 2 Buchst. a und Art. 58 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung (EU) 2017/1001 – Art der Benutzung der Marke – Form, die nur in Bestandteilen abweicht, ohne dass dadurch die Unterscheidungskraft beeinflusst wird – Begründungspflicht“

In der Rechtssache T-273/21,

The Bazooka Companies, Inc., mit Sitz in New York, New York (Vereinigte Staaten), vertreten durch Rechtsanwälte D. Wieddekind und D. Wiemann, zugelassen als Klägerin anstelle der The Topps Company, Inc.,

Klägerin,

gegen

Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO), vertreten durch R. Raponi und D. Gája als Bevollmächtigte,

Beklagter,

anderer Beteiligter im Verfahren vor der Beschwerdekammer des EUIPO und Streithelfer vor dem Gericht:

Trebor Robert Bilkiewicz, wohnhaft in Gdansk (Danzig) (Polen), vertreten durch Rechtsanwalt P. Ratnicki-Kiczka,

erlässt

DAS GERICHT (Fünfte Kammer)

zum Zeitpunkt der Beratung unter Mitwirkung des Präsidenten D. Spielmann sowie der Richter R. Mastroianni und I. Gâlea (Berichterstatter),

Kanzler: R. Ūkelytė, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens, insbesondere des Antrags von The Bazooka Companies auf Ersetzung gemäß Art. 174 der Verfahrensordnung des Gerichts, der am 13. Mai 2022 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, und der Stellungnahmen des EUIPO und der The Topps Company, die am 20. Mai bzw. am 29. Mai 2022 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen sind,

auf die mündliche Verhandlung vom 31. Mai 2022

folgendes

Urteil ( 1 )

[nicht wiedergegeben]

Rechtliche Würdigung

[nicht wiedergegeben]

Zum Aufhebungsantrag

[nicht wiedergegeben]

Zum einzigen Klagegrund: Verstoß gegen Art. 58 Abs. 1 Buchst. a und Art. 18 Abs. 1 Unterabs. 2 Buchst. a der Verordnung 2017/1001

[nicht wiedergegeben]

– Zur ersten Rüge: Identität zwischen der Form der Ware und der Form der angegriffenen Marke

[nicht wiedergegeben]

38

Einleitend ist festzustellen, dass die englische Fassung der Verordnung 2017/1001 zum einen in ihrem Art. 4 Abs. 1, wonach „Unionsmarken... Zeichen aller Art sein [können], insbesondere... die Form oder Verpackung der Ware…“ das Wort „shape“ verwendet. Zum anderen findet sich in Art. 18 Abs. 1 Unterabs. 2 Buchst. a der Verordnung betreffend „die Benutzung der Unionsmarke in einer Form, die von der Eintragung nur in Bestandteilen abweicht, ohne dass dadurch die Unterscheidungskraft der Marke beeinflusst wird,“ [im Englischen] das Wort „form“. Die [deutsche] Fassung dieser Verordnung verwendet jedoch in beiden Bestimmungen das Wort „Form“.

39

Folglich ist als Erstes zu prüfen, ob die Form, aus der die angegriffene Marke, wie sie benutzt wird, besteht, also die dreidimensionale Form im Sinne des englischen Wortes „shape“, sich von der Form unterscheidet, in der die angegriffene Marke eingetragen ist. Danach ist zu bestimmen, ob das Hinzufügen von Wort- und Bildbestandteilen zu einer Benutzung der angegriffenen Marke in einer Form (im Sinne des englischen Wortes „form“) führen konnte, die von der Eintragung nur in Bestandteilen abweicht, ohne dass dadurch die Unterscheidungskraft der Marke beeinflusst wird. Nach der Rechtsprechung wird eine Situation wie die im Ausgangsverfahren fragliche, in der eine Wort- oder Bildmarke eine dreidimensionale Marke überlagert, von dem in Art. 18 Abs. 1 Unterabs. 2 Buchst. a der Verordnung 2017/1001 genannten Fall erfasst, nämlich dem der Benutzung der Marke in einer Form, die von der Eintragung abweicht (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 18. Juli 2013, Specsavers International Healthcare u. a., C‑252/12, EU:C:2013:497, Rn. 19). Diese Rüge betrifft ausschließlich die erste Frage, während die zweite Frage im Rahmen der dritten Rüge erörtert wird.

40

Zunächst geht aus Rn. 2 hervor, dass die angegriffene Marke, so wie sie eingetragen ist, aus der Form eines Babyfläschchens mit einem Sauger, einem der Form dieses Saugers entsprechenden Deckel und einer geriffelten Oberfläche unterhalb des Saugers besteht.

41

Daher ist zu prüfen, ob – wie von der Klägerin vorgetragen – die Beschwerdekammer anerkannt hat, dass die eingetragene Form der angegriffenen Marke identisch mit der Form ist, in der diese Marke benutzt wurde. Insoweit ist festzustellen, dass die Beschwerdekammer in der angefochtenen Entscheidung unter der Überschrift „Rechtlicher Rahmen“ mit Hinweis auf das Urteil vom 8. Dezember 2005, Castellblanch/HABM – Champagne Roederer (CRISTAL CASTELLBLANCH) (T‑29/04, EU:T:2005:438, Rn. 34), ausgeführt hat, dass das Gericht auf Situationen Bezug genommen habe, in denen mehrere Zeichen gleichzeitig und eigenständig benutzt würden und in denen das Zeichen in seiner eingetragenen Form folglich in der betreffenden Kombination unabhängig wahrgenommen werde. Weiter hat die Beschwerdekammer darauf verwiesen, dass es „vorliegend“ nicht um die Situation gehe, in der das eingetragene Zeichen in einer Form benutzt werde, die von seiner Eintragung abweiche, sondern um die Situation, in der mehrere Zeichen gleichzeitig benutzt würden.

42

Was den von der Beschwerdekammer verwendeten Ausdruck „vorliegend“ betrifft, ist festzustellen, dass dieser nicht im angeführten Urteil vom 8. Dezember 2005, CRISTAL CASTELLBLANCH (T‑29/04, EU:T:2005:438), stand. Somit könnte man, wie die Klägerin geltend macht, annehmen, die Beschwerdekammer habe eingeräumt, dass unter den Umständen des vorliegenden Falls die eingetragene Form des Zeichens identisch sei mit der Form des Zeichens, wie es benutzt werde. Allerdings hat die Beschwerdekammer im Rahmen ihrer Prüfung unter der Überschrift „Die vorliegende Sache“ sodann ausgeführt, dass die in den Beweisunterlagen gezeigten Formen sich von der durch die angegriffene Marke geschützten Form durch erhebliche Abweichungen hinsichtlich ihrer Art, Länge und Position unterschieden, ohne diese Abweichungen zu beschreiben. Somit geht aus der angefochtenen Entscheidung hervor, dass die Beschwerdekammer nicht anerkannt hat, dass die durch die angegriffene Marke geschützte eingetragene Form und die Form der angegriffenen Marke, wie sie benutzt wird, identisch sind.

43

Zudem macht das EUIPO zum einen geltend, dass die Kappe bei der angegriffenen Marke, wie sie benutzt werde, transparent sei, so dass – anders als bei der Eintragung der angegriffenen Marke – der Sauger und die gesamte Riffelung des Rings zu sehen seien. Zum anderen sei diese Kappe bei der angegriffenen Marke, wie sie eingetragen sei, weniger dünn und proportional ein wenig größer als auf den nachstehenden Abbildungen der angegriffenen Marke, wie sie benutzt werde:

Image

44

Vorliegend kann im Hinblick auf die oben in Rn. 40 beschriebene eingetragene Form der angegriffenen Marke (also die dreidimensionale Form im Sinne des englischen Wortes „shape“) keine der Abweichungen zwischen dieser und der oben in Rn. 43 wiedergegebenen Form der angegriffenen Marke, wie sie benutzt wird, als erheblich angesehen werden. Bei beiden handelt es sich um die Form eines Babyfläschchens mit einem Sauger, einer geriffelten Oberfläche und einem Deckel. Somit ist es praktisch unmöglich, dass die aus der breiten Öffentlichkeit bestehenden maßgeblichen Verkehrskreise mit einem durchschnittlichen Aufmerksamkeitsgrad die vom EUIPO angeführten Unterschiede, insbesondere in Bezug auf die Proportionen, erkennen wird, da sie mit bloßem Auge kaum wahrnehmbar sind. Trotz der transparenten Kappe wird die Form des Babyfläschchens der angegriffenen Marke, wie sie benutzt wird, von den maßgeblichen Verkehrskreisen daher als identisch mit der durch die angegriffene Marke geschützten eingetragenen Form wahrgenommen werden.

45

Folglich ist festzustellen, dass die Form der angegriffenen Marke, wie sie benutzt wird (also die dreidimensionale Form im Sinne des englischen Wortes „shape“), als identisch mit der eingetragenen Form der angegriffenen Marke wahrgenommen wird.

– Zur zweiten Rüge: erhöhte Unterscheidungskraft der angegriffenen Marke

[nicht wiedergegeben]

– Zur dritten Rüge, mit der im Wesentlichen geltend gemacht wird, dass die Kombination einer dreidimensionalen Marke mit einer Bild- oder Wortmarke oder mit anderen Bestandteilen nichts an der Unterscheidungskraft dieser Marke ändere und dass diese Bestandteile im Gesamteindruck nicht dominierend seien

[nicht wiedergegeben]

71

Wie sich aus Rn. 44 ergibt, besteht die angegriffene Marke, wie sie benutzt wird, aus der Form eines Babyfläschchens, die nahezu identisch mit der durch die angegriffene Marke geschützten eingetragenen Form ist. Zudem ist diese häufig mit farbigen ergänzenden Wort- und Bildelementen versehen, etwa „big baby pop!“ mit einem stilisierten Buchstaben „i“ in Form eines Babyfläschchens sowie eine Babyfigur und ein den Geschmack der Ware näher beschreibendes Bildelement.

72

Erstens ist darauf hinzuweisen, dass im Rahmen eines Verfallsverfahrens der Nachweis einer ernsthaften Benutzung der Marke grundsätzlich deren Inhaber obliegt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 26. September 2013, Centrotherm Systemtechnik/HABM und centrotherm Clean Solutions, C‑610/11 P, EU:C:2013:593, Rn. 63).

73

Zweitens ist festzustellen, dass das Kriterium der Benutzung bei der Prüfung der Frage, ob es geeignet ist, Rechte an einer Marke entstehen zu lassen, oder ob es geeignet ist, die Erhaltung solcher Rechte zu gewährleisten, nicht anhand unterschiedlicher Gesichtspunkte beurteilt werden kann. Ist es nämlich möglich, aufgrund einer bestimmten Form der Benutzung eines Zeichens Markenschutz für dieses zu erhalten, so muss durch die gleiche Form der Benutzung auch die Erhaltung dieses Schutzes gewährleistet werden können. Deshalb ist davon auszugehen, dass die Anforderungen an die Prüfung der ernsthaften Benutzung einer Marke im Sinne von Art. 18 Abs. 1 der Verordnung 2017/1001 denen entsprechen, die für den Erwerb der Unterscheidungskraft eines Zeichens durch Benutzung im Hinblick auf dessen Eintragung im Sinne von Art. 7 Abs. 3 dieser Verordnung gelten (vgl. entsprechend Urteil vom 18. April 2013, Colloseum Holding, C‑12/12, EU:C:2013:253, Rn. 33 und 34).

74

Nach der Rechtsprechung kann sich der Erwerb der Unterscheidungskraft aus der Benutzung eines Teils einer eingetragenen Marke als deren Bestandteil ebenso aber auch aus der Benutzung einer anderen Marke in Verbindung mit einer eingetragenen Marke ergeben. In beiden Fällen genügt es, dass infolge dieser Benutzung die angesprochenen Verkehrskreise die nur durch die angemeldete Marke gekennzeichnete Ware oder Dienstleistung tatsächlich als von einem bestimmten Unternehmen stammend wahrnehmen (vgl. entsprechend Urteile vom 7. Juli 2005, Nestlé, C‑353/03, EU:C:2005:432, Rn. 30, und vom 18. April 2013, Colloseum Holding, C‑12/12, EU:C:2013:253, Rn. 27).

75

Somit ist im Licht der Rn. 73 und 74 des vorliegenden Urteils darauf hinzuweisen, dass eine eingetragene Marke, die nur als Teil einer zusammengesetzten Marke oder in Verbindung mit einer anderen Marke benutzt wird, weiterhin als Hinweis auf die Herkunft der betreffenden Ware wahrgenommen werden muss, wenn diese Benutzung dem Begriff der „ernsthaften Benutzung“ im Sinne von Art. 18 Abs. 1 Unterabs. 2 Buchst. a der Verordnung 2017/1001 genügen soll (vgl. entsprechend Urteil vom 18. April 2013, Colloseum Holding, C‑12/12, EU:C:2013:253, Rn. 35).

76

Überdies geht aus der Rechtsprechung zum Erwerb der Unterscheidungskraft eines Zeichens durch Benutzung im Sinne von Art. 7 Abs. 3 der Verordnung 2017/1001 hervor, dass die angegriffene Marke zwar als Teil einer eingetragenen Marke oder in Verbindung mit einer solchen Marke Gegenstand einer Benutzung gewesen sein kann, der Anmelder aber für die Eintragung der Marke selbst gleichwohl nachweisen muss, dass allein diese Marke und keine anderen etwa vorhandenen Marken auf die Herkunft der Waren als von einem bestimmten Unternehmen stammend hinweist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 16. September 2015, Société des Produits Nestlé, C‑215/14, EU:C:2015:604, Rn. 66).

77

Insoweit geht oben aus Rn. 73 hervor, dass die Anforderungen an die Prüfung der ernsthaften Benutzung einer Marke im Sinne von Art. 18 Abs. 1 der Verordnung 2017/1001 denen entsprechen, die für den Erwerb der Unterscheidungskraft eines Zeichens durch Benutzung im Hinblick auf dessen Eintragung im Sinne von Art. 7 Abs. 3 dieser Verordnung gelten. Außerdem ist darauf hinzuweisen, dass das Gericht diese Rechtsprechung dahin ausgelegt hat, dass die Tatsache, dass die maßgeblichen Verkehrskreise die angegriffene Marke erkennen können, indem sie auf eine andere Marke Bezug nehmen, die dieselben Waren kennzeichnet und die mit ihr zusammen benutzt wird, nicht bedeutet, dass die angegriffene Marke für sich genommen nicht zur Identifizierung benutzt wird (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 15. Dezember 2016, Mondelez UK Holdings & Services/EUIPO – Société des produits Nestlé [Form einer Schokoladentafel], T‑112/13, nicht veröffentlicht, EU:T:2016:735, Rn. 99, und vom 28. Februar 2019, Lotte/EUIPO – Générale Biscuit-Glico France [PEPERO original], T‑459/18, nicht veröffentlicht, EU:T:2019:119, Rn. 74).

78

Vorliegend ist die Beschwerdekammer, anders als von der Klägerin geltend gemacht, zutreffend davon ausgegangen, dass die Inhaberin der angegriffenen Marke beweisen müsse, dass diese immer als eigenständige Marke wahrgenommen werde und dass ihre Unterscheidungskraft durch die Kombination mit einer anderen Marke nicht beeinflusst werde. Zudem ist darauf hinzuweisen, dass die Klägerin im Laufe des Verfahrens vor dem EUIPO verschiedene Beweise wie Artikel und Screenshots von Internetseiten vorgelegt hat, wonach die von der angegriffenen Marke beanspruchten Waren zum Kauf angeboten und wiederholt als Bonbons oder Lutscher in Form eines Babyfläschchens beschrieben werden. Im Übrigen wird die in Rede stehende Ware, wie von der Klägerin geltend gemacht, auch als „berühmte Süßigkeit in Form eines Babyfläschchens“ beschrieben.

79

Drittens hat das Gericht im Rahmen der Rechtssache, in der das Urteil vom 10. Oktober 2017, Klement/EUIPO – Bullerjan (Form eines Ofens), (T‑211/14 RENV, nicht veröffentlicht, EU:T:2017:715), ergangen ist, darauf hingewiesen, dass die Voraussetzung der ernsthaften Benutzung einer Marke im Sinne von Art. 18 Abs. 1 Unterabs. 2 Buchst. a der Verordnung 2017/1001 erfüllt sein kann, wenn eine Marke in Verbindung mit einer anderen Marke benutzt wird, sofern die Marke weiterhin als Hinweis auf die Herkunft der betreffenden Ware wahrgenommen wird. Dies sei der Fall, wenn die zusätzliche Anbringung der in der oben genannten Rechtssache in Rede stehenden Wortmarke die Form der angegriffenen Marke insoweit nicht verändere, als der Verbraucher nach wie vor die Form der dreidimensionalen Marke, die dieselbe bleibe, als Hinweis auf die Herkunft der Waren erkennen könne (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 10. Oktober 2017, Form eines Ofens, T‑211/14 RENV, nicht veröffentlicht, EU:T:2017:715, Rn. 47). Darüber hinaus hat der Gerichtshof bestätigt, dass eine dreidimensionale Marke in Verbindung mit einem Wortbestandteil benutzt werden kann, ohne dass dies zwangsläufig die Wahrnehmung der Form als Hinweis auf die betriebliche Herkunft der Waren durch den Verbraucher in Frage stellt (Urteil vom 23. Januar 2019, Klement/EUIPO, C‑698/17 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2019:48, Rn. 47).

80

Als Erstes ist insoweit festzustellen, dass die tatsächlichen Umstände im Zusammenhang mit den Rechtssachen, in denen die Urteile vom 23. Januar 2019, Klement/EUIPO (C‑698/17 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2019:48), und vom 10. Oktober 2017, Form eines Ofens (T‑211/14 RENV, nicht veröffentlicht, EU:T:2017:715), ergangen sind, sich von denen der vorliegenden Rechtssache unterscheiden. Allerdings verändert die zusätzliche Anbringung der Marke BIG BABY POP! und einiger anderer Bild- und Wortbestandteile auf der Oberfläche der angegriffenen Marke, wie sie benutzt wird, nicht deren Form, da der Verbraucher immer noch die Form der dreidimensionalen Marke erkennen kann, die in seinen Augen dieselbe bleibt. Zudem wird die in Rede stehende Ware, wie oben aus Rn. 78 hervorgeht, in den im Verfahren vor dem EUIPO vorgelegten Dokumenten verschiedentlich als ein Bonbon in Form eines Babyfläschchens beschrieben. Beispielsweise wird sie manchmal sogar als „berühmte Süßigkeit in Form eines Babyfläschchens“ bezeichnet.

81

Als Zweites steht der Umstand, dass die Marke BIG BABY POP! die Bestimmung der betrieblichen Herkunft der fraglichen Bonbons erleichtern kann, nicht im Widerspruch zu dem Umstand, dass sie die Unterscheidungskraft der aus der Form oder dem Erscheinungsbild dieser Waren bestehenden dreidimensionalen Marke im Sinne von Art. 18 Abs. 1 Unterabs. 2 Buchst. a der Verordnung 2017/1001 möglicherweise nicht beeinflusst. Andernfalls würde die relativ geläufige Ergänzung einer dreidimensionalen Marke um einen Wortbestandteil, die die Bestimmung der betrieblichen Herkunft der betreffenden Waren stets erleichtern kann, zwangsläufig eine Beeinflussung der Unterscheidungskraft der dreidimensionalen Marke bedeuten (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 23. Januar 2019, Klement/EUIPO, C‑698/17 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2019:48, Rn. 44 und 45).

82

Zudem könnte es zwar im Fall einer Benutzung einer dreidimensionalen Marke in Verbindung mit einer anderen Marke leichter sein, die Beeinflussung der Unterscheidungskraft dieser dreidimensionalen Marke nachzuweisen, als es bei einer Wort- oder Bildmarke der Fall wäre (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 24. September 2015, Klement/HABM – Bullerjan [Form eines Kochherdes], T‑317/14, nicht veröffentlicht, EU:T:2015:689, Rn. 37), doch ist im betroffenen Sektor der Bonbons, Süßwaren und Süßigkeiten die Kombination einer dreidimensionalen Form mit zusätzlichen Wort- oder Bildelementen geläufig.

83

Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass es aus kommerzieller und regulatorischer Sicht unvorstellbar ist, die in Rede stehenden Waren allein in der Form der angegriffenen Marke ohne jegliches auf ihrer Oberfläche angebrachtes Etikett zu verkaufen, auch wenn der Inhaber der angegriffenen Marke, wie das EUIPO ausgeführt hat, bei der Wahl des Formats, der Farbe, der Größe und des Aussehens des diese bedeckenden Etiketts freibleibt. Im vorliegenden Fall hindern die auf diese Form aufgebrachten Bild- und Wortelemente den Durchschnittsverbraucher jedoch nicht daran, die Form in ihrer Gesamtheit sowie ihr Inneres wahrzunehmen.

84

Als Drittes ist gerade in Bezug auf die Bild- und Wortelemente auf der angegriffenen Marke, wie sie benutzt wird, darauf hinzuweisen, dass die Marke BIG BABY POP! zwar einen Großteil der Oberfläche der Ware bedeckt, aber auf die Form des Babyfläschchens anspielt, aus dem die angegriffene Marke besteht. Der in der Form eines Babyfläschchens stilisierte Buchstabe „i“ ruft nämlich diese Form in Erinnerung, und das Wort „Baby“ nimmt auf die Nutzer von Babyfläschchen Bezug. Im Übrigen kann das englische Wort „pop“ an das Wort „lollipop“, also an einen Lutscher, denken lassen und hat daher nur geringe Unterscheidungskraft für die von der angegriffenen Marke beanspruchten Waren.

85

In Bezug auf die anderen auf den im Verfahren vor dem EUIPO vorgelegten Beispielen häufig dargestellten Bild- oder Wortelemente ist zum einen darauf hinzuweisen, dass auch die Darstellung des Babys in Gestalt einer Comicfigur, selbst wenn diese gelegentlich durch andere Figuren ersetzt wird, auf das Wortfeld des Babyfläschchens verweist. Zum anderen dient das den Geschmack der Ware näher beschreibende Bildelement, sofern vorhanden, der Information und hat damit in Bezug auf die in Rede stehenden Waren geringe Unterscheidungskraft. Folglich erscheint die Annahme, dass ein Teil der Bild- und Wortelemente auf die Form des Babyfläschchens anspielt, aus dem die angegriffene Marke besteht, und dass ein anderer Teil dieser Elemente geringe Unterscheidungskraft hat, nicht widersprüchlich. Da diese Elemente weniger auffallen als die Form der Ware selbst, und im Hinblick auf das oben in Rn. 81 Ausgeführte, ist somit eindeutig festzustellen, dass der Verbraucher in der Lage ist, die durch die angegriffene Marke geschützte Form mit einem bestimmten Unternehmen zu verbinden, und dass diese daher weiterhin als Hinweis auf die betriebliche Herkunft der Waren wahrgenommen wird (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 28. Februar 2019, PEPERO original, T‑459/18, nicht veröffentlicht, EU:T:2019:119, Rn. 72, und vom 23. September 2020, Underberg [Form eines Grashalms in einer Flasche], T‑796/16, EU:T:2020:439, Rn. 147).

86

Was als Viertes den Vortrag des Streithelfers angeht, wonach die von der Klägerin vorgelegten Rechnungen dafür sprächen, dass die mit der angegriffenen Marke beanspruchten Waren mit dem Ausdruck „big baby pop“ in Verbindung gebracht würden, ist festzustellen, dass das Fehlen der die angegriffene Marke bildenden Form auf diesen Rechnungen nicht zu widerlegen vermag, dass der Verbraucher diese Form als einen Hinweis auf die betriebliche Herkunft der fraglichen Waren erkennt. Die Praxis, dass auf diesen Rechnungen nur die Marke BIG BABY POP oder deren Abkürzung steht, ist für solche Dokumente nicht ungewöhnlich, bei denen die Verwendung eines Wortelements die Geschäftsabläufe erleichtert und es schwer vorstellbar ist, die Form des Babyfläschchens, aus dem die angegriffene Marke besteht, neben jeder die fraglichen Waren betreffenden Position abzubilden.

87

An diesem Ergebnis ändert auch die Tatsache nichts, dass die angegriffene Marke, so wie sie benutzt wird, mit verschiedenen leuchtenden Farben überzogen ist, obwohl sie ohne Farbe eingetragen wurde. Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung Farben zwar bestimmte gedankliche Verbindungen vermitteln und Gefühle hervorrufen können, aber ihrer Natur nach kaum geeignet sind, eindeutige Informationen zu übermitteln. Sie sind dies umso weniger, als sie in der Werbung und bei der Vermarktung von Waren und Dienstleistungen – einschließlich solcher Waren, wie sie hier in Rede stehen – wegen ihrer Anziehungskraft gewöhnlich in großem Umfang ohne eindeutigen Inhalt verwendet werden. Darüber hinaus sind diese Farben zwar leuchtend, aber doch eher gewöhnlich, und variieren in den vorgelegten Beispielen für die Benutzung der angegriffenen Marke. Sie sind als solche nicht in dem Maße außergewöhnlich, dass sie für die betreffenden Waren im Gedächtnis behalten würden. Vielmehr werden sie als rein ästhetische Elemente oder als Aufmachungselemente wahrgenommen werden und nicht als ein Hinweis auf die betriebliche Herkunft der Waren (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 23. Oktober 2017, Galletas Gullón/EUIPO – O2 Holdings [Form einer Kekspackung], T‑418/16, nicht veröffentlicht, EU:T:2017:746, Rn. 33 und die dort angeführte Rechtsprechung).

88

In Anbetracht der vorstehenden Erwägungen und im Hinblick auf die durchschnittliche Unterscheidungskraft der angegriffenen Marke ist festzustellen, dass die Bild- und Wortelemente auf der angegriffenen Marke, wie sie benutzt wird, zwar die Bestimmung der betrieblichen Herkunft der beanspruchten Waren erleichtern können, aber im Sinne von Art. 18 Abs. 1 Unterabs. 2 Buchst. a der Verordnung 2017/1001 nicht die Unterscheidungskraft der angegriffenen Marke beeinflussen und nicht in Frage stellen, dass bei der Verwendung dieser Elemente von einer Benutzung dieser Marke in einer akzeptablen Variante ausgegangen werden kann. Folglich hat die Beschwerdekammer unzutreffend festgestellt, dass die angegriffene Marke mit den zusätzlichen Bild- und Wortelementen verschmolzen sei, um in den Augen der maßgeblichen Verbraucher ein anderes Zeichen zu bilden, obwohl die Form, aus der diese Marke besteht, von den maßgeblichen Verkehrskreisen weiterhin als ein Hinweis auf die betriebliche Herkunft der fraglichen Waren verstanden wurde.

89

Nach alledem ist die angefochtene Entscheidung aufzuheben.

[nicht wiedergegeben]

 

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Fünfte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

 

1.

Die The Bazooka Companies, Inc., ersetzt die The Topps Company, Inc., als Klägerin.

 

2.

Die Entscheidung der Zweiten Beschwerdekammer des Amts der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) vom 10. März 2021 (Sache R 1326/2020-2) wird aufgehoben.

 

3.

Das EUIPO trägt neben seinen eigenen Kosten die Kosten von The Bazooka Companies.

 

4.

Herr Trebor Robert Bilkiewicz trägt seine eigenen Kosten.

 

Spielmann

Mastroianni

Gâlea

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 26. Oktober 2022.

Unterschriften


( *1 ) Verfahrenssprache: Englisch.

( 1 ) Es werden nur die Randnummern des Urteils wiedergegeben, deren Veröffentlichung das Gericht für zweckdienlich erachtet.

Top