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Document 61992TJ0090

Urteil des Gerichts erster Instanz (Dritte Kammer) vom 28. September 1993.
Pedro Magdalena Fernández gegen Kommission der Europäischen Gemeinschaften.
Beamte - Voraussetzungen für die Gewährung der Auslandszulage.
Rechtssache T-90/92.

European Court Reports 1993 II-00971

ECLI identifier: ECLI:EU:T:1993:78

61992A0090

URTEIL DES GERICHTS ERSTER INSTANZ (DRITTE KAMMER) VOM 28. SEPTEMBER 1993. - PEDRO MAGDALENA FERNANDEZ GEGEN KOMMISSION DER EUROPAEISCHEN GEMEINSCHAFTEN. - BEAMTE - VORAUSSETZUNGEN FUER DIE GEWAEHRUNG DER AUSLANDSZULAGE. - RECHTSSACHE T-90/92.

Sammlung der Rechtsprechung 1993 Seite II-00971


Leitsätze
Entscheidungsgründe
Kostenentscheidung
Tenor

Schlüsselwörter


++++

1. Beamte ° Dienstbezuege ° Auslandszulage ° Ständiger Wohnsitz im Dienstmitgliedstaat während des Bezugszeitraums ° Begriff ° Sporadische und kurzfristige Abwesenheit von diesem Mitgliedstaat zu Beginn des Bezugszeitraums ° Umstand, der den ständigen Charakter des Wohnsitzes nicht berührt

(Beamtenstatut, Anhang VII, Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe a)

2. Beamte ° Dienstbezuege ° Auslandszulage ° Gewährung während der Tätigkeit in einem Mitgliedstaat ° Kein Anspruch auf Beibehaltung im Fall einer Änderung des Dienstorts

(Beamtenstatut, Anhang VII, Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe a)

Leitsätze


1. Unter dem Begriff des ständigen Wohnsitzes, auf den sich Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe a des Anhangs VII des Statuts für die Gewährung der Auslandszulage bezieht, ist der Ort zu verstehen, den der Betroffene als ständigen oder gewöhnlichen Mittelpunkt seiner Interessen mit dem Willen gewählt hat, ihm einen beständigen Charakter zu verleihen. Da es sich um eine Tatfrage handelt, erfordert die Feststellung dieses Ortes die Berücksichtigung des tatsächlichen Wohnsitzes des Beamten während des vor seinem Dienstantritt gelegenen Bezugszeitraums. Dabei kann eine sporadische und kurzfristige Abwesenheit vom Dienstmitgliedstaat zu Beginn dieses Zeitraums nicht ausreichen, um dem Wohnsitz in diesem Staat seinen ständigen Charakter im Sinne des Statuts zu nehmen, wenn der Betreffende, der sich bereits vor Beginn des Bezugszeitraums in diesem Staat befunden hatte, während des gesamten restlichen Zeitraums ununterbrochen dort gewohnt hat.

Weder die Absicht des Betreffenden, in seinem Heimatland eine Beschäftigung zu suchen und sich dort niederzulassen, noch der Umstand, daß er dort seine staatsbürgerlichen Rechte ausübt oder Vermögen hat, reichen aus, um die Beibehaltung des ständigen Wohnsitzes im Dienststaat auszuschließen, wenn der Betreffende den Mittelpunkt seiner Lebensinteressen während des gesamten Bezugszeitraums in diesem Staat hatte, wo sich sein Wohnsitz befand und er während des wesentlichen Teils dieses Zeitraums seine Tätigkeit ausgeuebt hat. Ebensowenig erheblich ist der Umstand, daß die Verwaltung auf Antrag des Betreffenden seinen Herkunftsort im Sinne von Artikel 7 Absatz 3 des Anhangs VII des Statuts in einem anderen Mitgliedstaat festgestellt hat, denn die Feststellung des Herkunftsorts und die Gewährung der Auslandszulage entsprechen unterschiedlichen Bedürfnissen und Interessen.

2. Ein Beamter, der die in Artikel 69 des Statuts vorgesehene Auslandszulage während des Zeitraums erhält, in dem er in einem Mitgliedstaat tätig ist, zu dem er vor seinem ursprünglichen Dienstantritt bei den Gemeinschaften keine dauerhaften Beziehungen hergestellt hat, verliert den Anspruch auf diese Zulage, wenn er später in dem Mitgliedstaat tätig ist, in dem er während des in Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe a des Anhangs VII des Statuts genannten Bezugszeitraums ständig gewohnt oder seine Berufstätigkeit ausgeuebt hat. Der Anspruch auf die Auslandszulage hängt nämlich von der konkreten Beziehung ab, die der Beamte zu jedem seiner Dienstorte unterhält, ohne daß sich aus dem Umstand, daß er zu einem bestimmten Zeitpunkt der Laufbahn die Voraussetzungen für die Gewährung dieser Zulage erfuellt hat, ein wohlerworbenes Recht auf deren Beibehaltung ergeben könnte.

Entscheidungsgründe


Sachverhalt und Verfahren

1 Der Kläger Pedro Magdalena Fernández, ein spanischer Staatsangehöriger, wurde am 17. September 1954 in Santianes (Spanien) geboren. Mit Ausnahme der neun Monate vom 1. Oktober 1980 bis zum 28. Juni 1981, die er in Torrevieja (Spanien) ° nach seinen Angaben mit der Absicht, eine Stelle zu suchen ° verbrachte, lebte er von 1965 bis zum 1. Mai 1986 in Belgien, wo er auch seine Ausbildung erhielt. Vom 29. Juni 1981 bis zum 30. April 1986 war der Kläger in einem kaufmännischen Betrieb in Belgien beschäftigt.

2 Durch Verfügung vom 4. Juni 1986 ernannte ihn die Kommission mit Wirkung vom 1. Mai 1986 zum Beamten auf Probe der Besoldungsgruppe B 5 und wies ihn in eine Stelle beim Statistischen Amt der Europäischen Gemeinschaften in Luxemburg ein. Er wurde mit Wirkung vom 1. Februar 1987 zum Beamten auf Lebenszeit ernannt.

3 Gemäß Artikel 7 Absatz 3 des Anhangs VII des Statuts der Beamten der Europäischen Gemeinschaften wurde mit Verfügung vom 7. August 1986 Amay (Belgien) als Herkunfts- und Einberufungsort des Klägers festgestellt.

4 Auf einen Änderungsantrag des Klägers, der unter Berufung darauf, daß seine Eltern in Torrevieja wohnten und er seine staatsbürgerlichen Rechte dort ausübe, geltend machte, der Mittelpunkt seiner Lebensinteressen falle nicht mit dem Ort seiner Einberufung zusammen, wurde mit Verfügung vom 18. März 1987 Torrevieja als Herkunftsort des Klägers festgestellt.

5 Während der gesamten Zeit, in der der Kläger seine Tätigkeit in Luxemburg ausübte, bezog er die Auslandszulage gemäß Artikel 4 des Anhangs VII des Statuts.

6 Ab 1. Februar 1992 wurde der Kläger in Brüssel bei der Generaldirektion Binnenmarkt und gewerbliche Wirtschaft (GD III) verwendet. Ab 1. März 1992 wurde ihm keine Auslandszulage mehr gewährt.

7 Mit Schreiben an das Generalsekretariat der Kommission vom 17. März 1992 legte der Kläger gemäß Artikel 90 Absatz 2 des Statuts Beschwerde dagegen ein, daß ihm in seiner Gehaltsabrechnung für März 1992 keine Auslandszulage gutgeschrieben worden war.

8 Mit Entscheidung vom 24. Juli 1992, die dem Kläger am 29. Juli 1992 mitgeteilt wurde, wies die Kommission die Beschwerde des Klägers ausdrücklich zurück.

9 Unter diesen Umständen hat der Kläger mit Klageschrift, die am 28. Oktober 1992 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, die vorliegende Klage erhoben.

10 Am Ende des schriftlichen Verfahrens hat das Gericht beschlossen, prozeßleitende Maßnahmen gemäß Artikel 64 seiner Verfahrensordnung zu treffen, nämlich zum einen die Kommission aufzufordern, alle Beschlüsse der Verwaltungschefs über die Durchführung des Artikels 4 Absätze 1 und 2 des Anhangs VII des Statuts und über die Modalitäten der Gewährung der Auslands- und Expatriierungszulage beizubringen, und zum anderen alle Gemeinschaftsorgane aufzufordern, Auskünfte über ihre Verwaltungspraxis bezueglich der Zahlung der Auslands- und Expatriierungszulage zu geben.

11 Auf Bericht des Berichterstatters hat das Gericht beschlossen, die mündliche Verhandlung zu eröffnen. Die Vertreter der Parteien haben in der Sitzung vom 24. Juni 1993 mündlich verhandelt und die Fragen des Gerichts beantwortet.

Anträge der Parteien

12 Der Kläger beantragt,

° die Klage für zulässig und begründet zu erklären;

° demgemäß die Entscheidung der Kommission vom 24. Juli 1992 aufzuheben, durch die ihm die Auslandszulage verweigert wird;

° die Kommission zur Zahlung der Auslandszulage ab 1. Februar 1992 zuzueglich der gesetzlichen Zinsen ab diesem Zeitpunkt bis zur vollständigen Zahlung zu verurteilen;

° hilfsweise, die Kommission zur Zahlung einer Entschädigung ad personam in Höhe von 12 % des Gesamtbetrags des Grundgehalts des Klägers ab 1. Februar 1992 zuzueglich der gesetzlichen Zinsen ab diesem Zeitpunkt bis zur vollständigen Zahlung zu verurteilen;

° die Beklagte zur Tragung der Kosten zu verurteilen.

13 Die Beklagte beantragt,

° die Klage als unbegründet abzuweisen;

° über die Kosten nach Rechtslage zu entscheiden.

Zu den Hauptanträgen

Vorbringen der Parteien

14 Zur Unterstützung dieser Anträge macht der Kläger einen einzigen Klagegrund geltend, der auf einem Verstoß gegen Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe a des Anhangs VII des Statuts beruht. Dieser Klagegrund gliedert sich in zwei Teile. Der Kläger macht zunächst geltend, die Kommission habe einen Beurteilungsfehler bei der Festlegung seines ständigen Wohnsitzes während des Bezugszeitraums dieser Bestimmung, nämlich des sechs Monate vor seinem Dienstantritt ablaufenden Zeitraums von fünf Jahren, begangen. Er beruft sich ferner darauf, daß die Gewährung der Auslandszulage den Charakter eines wohlerworbenen Rechts habe, und auf den Zweck, der mit dieser Zulage verfolgt werde.

15 Zum ersten Teil des Klagegrundes führt der Kläger aus, daß sich sein ständiger Wohnsitz bei seiner Einstellung durch die Kommission in Spanien befunden habe. Hierzu führt er folgendes an: Er habe seine staatsbürgerlichen Rechte immer in Spanien ausgeuebt; dort hätten sich die meisten seiner vermögensrechtlichen Interessen befunden; er habe gehofft, sich in Spanien niederlassen zu können, wenn er dort Arbeit gefunden habe; er habe neun Monate, nämlich vom 1. Oktober 1980 bis 28. Juni 1981, also zu Beginn des vorgenannten Bezugszeitraums, mit der Suche einer Stelle in Torrevieja (Spanien) verbracht, wo sein Herkunftsort festgelegt worden sei; obwohl er während des genannten Bezugszeitraums in Belgien gewohnt habe, habe er nicht beabsichtigt, dort den ständigen Mittelpunkt seiner Interessen einzurichten oder seinem Wohnsitz in diesem Land einen beständigen und endgültigen Charakter zu verleihen.

16 Der Kläger weist darauf hin, daß der Begriff des ständigen Wohnsitzes nach gefestigter Rechtsprechung des Gerichtshofes und des Gerichts als der Ort anzusehen sei, den der Betreffende als ständigen Mittelpunkt seiner Interessen mit dem Willen gewählt habe, ihm einen beständigen Charakter zu verleihen. Der Kläger schließt daraus, daß, obwohl sich sein tatsächlicher Wohnsitz in Belgien befunden habe, alle oben erwähnten Faktoren es nicht zuließen, seinen ständigen Wohnsitz während des Bezugszeitraums in Belgien festzulegen. Seines Erachtens liegt das für die Anwendung des Artikels 4 Absatz 1 Buchstabe a des Anhangs VII des Statuts zu berücksichtigende Kriterium in dem ständigen Wohnsitz, und es gehe aus der Gemeinschaftsrechtsprechung hervor, daß ein derartiges Kriterium für die Gewährung der Auslandszulage berücksichtigt worden sei.

17 Der Kläger räumt ein, daß das Gericht in seinem Urteil vom 8. April 1992 in der Rechtssache T-18/91 (Costacurta Gelabert/Kommission, Slg. 1992, II-1655) entschieden habe, daß Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe a des Anhangs VII des Statuts dahin gehend auszulegen sei, daß ein Beamter Anspruch auf die Auslandszulage habe, der während des Bezugszeitraums seinen ständigen Wohnsitz ausserhalb des Staates gehabt habe, in dem er seine Tätigkeit ausübe. Nichts erlaube aber aufgrund dieses Urteils den Schluß, daß das Gericht beabsichtigt habe, den Wortlaut des Artikels 4 Absatz 1 Buchstabe a des Anhangs VII des Statuts abzuändern, indem es das Kriterium des Fehlens eines ständigen Wohnsitzes durch das Kriterium des Fehlens jeglichen Wohnsitzes ersetze. Nach Ansicht des Klägers wollte das Gericht nur darauf hinweisen, daß das Fehlen eines Wohnsitzes im Dienstland während des Bezugszeitraums zum Bezug der Auslandszulage berechtige. Daraus könne jedoch nicht geschlossen werden, daß Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe a dem Beamten die Auslandszulage nehme, der nicht nachweisen könne, daß er während des gesamten Bezugszeitraums ständig ausserhalb des Landes gewohnt habe, in dem er tätig sei. Ein derartiger Schluß würde zu der "absurden" Konsequenz führen, daß ein Beamter, der sich kurz in allen Ländern aufgehalten habe, in denen er vielleicht tätig werden könne, auf jeden Fall die Auslandszulage verliere.

18 Die Kommission verweist auf die Bestimmungen des Artikels 4 Absatz 1 Buchstabe a des Anhangs VII des Statuts und macht geltend, daß die Auslandszulage nach ständiger Rechtsprechung vom Fehlen eines ständigen Wohnsitzes oder einer hauptberuflichen Tätigkeit im europäischen Hoheitsgebiet des Dienstlandes während des Bezugszeitraums abhänge (Urteil des Gerichtshofes vom 2. Mai 1985 in der Rechtssache 246/83, De Angelis/Kommission, Slg. 1985, 1253, Randnr. 14; Urteile des Gerichts Costacurta Gelabert/Kommission, a. a. O., Randnr. 44, und vom 10. Juli 1992 in der Rechtssache T-63/91, Benzler/Kommission, Slg. 1992, II-2095, Randnr. 6).

19 Einfache "Hoffnungen", sich eines Tages in Spanien niederlassen zu können, die dortige Ausübung der staatsbürgerlichen Rechte, dortige vermögensrechtliche Interessen und ein Aufenthalt von neun Monaten in Spanien in den Jahren 1980°1981 seien keine Gesichtspunkte, die die Tatsache in Frage stellen könnten, daß der Kläger während des Bezugszeitraums seinen ständigen Wohnsitz im belgischen Hoheitsgebiet gehabt oder dort eine Berufstätigkeit ausgeuebt habe. Die Rechtsprechung des Gerichtshofes und des Gerichts zu den Anwendungsvoraussetzungen des Artikels 4 Absatz 1 Buchstabe a des Anhangs VII des Statuts (insbesondere Urteil des Gerichtshofes vom 31. Mai 1988 in der Rechtssache 211/87, Nuñez/Kommission, Slg. 1988, 2791, Randnrn. 9 und 10, und Urteil Costacurta Gelabert/Kommission, a. a. O., Randnr. 42) habe das Bestehen "einfacher und objektiver Kriterien" herausgestellt, auf die sich die genannte Bestimmung gründe, ohne daß die Verwaltung die "geheimen Beweggründe" der Beamten bezueglich der Wahl des ständigen Mittelpunkts ihrer Interessen erforschen müsse. Diese Kriterien seien der ständige Wohnsitz oder das Fehlen einer beruflichen Tätigkeit des Beamten im Gebiet des Staates, in dem er seine Tätigkeit ausübe, während des Bezugszeitraums. Man könne aber im vorliegenden Fall nicht leugnen, daß der Kläger, der von 1965 bis 1. Oktober 1980 und vom 29. Juni 1981 bis 30. April 1986 in Belgien gewohnt habe, seinen ständigen Wohnsitz in diesem Land während des Bezugszeitraums, nämlich vom 1. November 1980 bis 30. Oktober 1985, gehabt habe.

20 Zum zweiten Teil des Klagegrundes erklärt der Kläger erstens, der Gerichtshof habe bezueglich des Zweckes der Auslandszulage entschieden, daß dieser darin liege, die besonderen Belastungen und Nachteile auszugleichen, die der Dienstantritt bei den Gemeinschaften für die Beamten mit sich bringe, die hierdurch zu einem Wechsel ihres Wohnsitzes von ihrem Wohnland in das Dienstland gezwungen seien und sich in eine neue Umgebung integrieren müssten (vgl. Urteile De Angelis/Kommission und Nuñez/Kommission, a. a. O.). Die Gewährung der Auslandszulage erfasse eine punktülle Situation, nämlich diejenige, die zum Zeitpunkt des Dienstantritts des betroffenen Beamten bei den Gemeinschaften bestehe. Im Gegensatz zum Tagegeld, das vorübergehend während einer begrenzten Zeit zum Ausgleich der Kosten und Nachteile gezahlt werde, die durch die Notwendigkeit entstuenden, fortzuziehen und sich einstweilen am Dienstort einzurichten, wobei ° ebenfalls vorläufig ° der frühere Wohnsitz beibehalten werde, werde die Auslandszulage dem Beamten während der gesamten Zeit seiner dienstlichen Tätigkeit gewährt, obwohl die sich aus seinem Dienstantritt ergebenden Belastungen und Nachteile schon lange entfallen seien.

21 Der Kläger weist darauf hin, daß Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe a des Anhangs VII des Statuts eine Ausnahme von der allgemeinen Regel vorsehe und festlege, daß "die Lage unberücksichtigt [bleibt], die sich aus dem Dienst für einen anderen Staat oder eine internationale Organisation ergibt", und der Gerichtshof diese Ausnahme in dem Sinne ausgelegt habe, daß dadurch erreicht werden solle, daß Personen, die im Dienstland für eine Betätigung im Dienst eines anderen Staates oder einer internationalen Organisation Wohnung genommen hätten, ohne eine dauerhafte Bindung zu diesem Land zu haben, nicht durch den Verlust der Auslandszulage benachteiligt würden (Urteil Nuñez/Kommission, a. a. O., Randnr. 11). Es seien sehr wahrscheinlich diese Überlegungen, die den Gemeinschaftsgesetzgeber bewogen hätten, den betroffenen Beamten die Auslandszulage während ihrer gesamten Dienstzeit bei den Gemeinschaften zu gewähren. So könne man davon ausgehen, daß die Auslandszulage bei einem Beamten aufrechterhalten werden müsse, der als Empfänger dieser Zulage aufgrund einer Versetzung in einem Staat tätig werde, in dem er die Auslandszulage nicht erhalten hätte, wenn er dort in den Dienst der Gemeinschaften getreten wäre. Die Auslandszulage müsse demnach als wohlerworbenes Recht eines Beamten angesehen werden, der diese Zulage zu einem beliebigen Zeitpunkt seiner Laufbahn im Dienst der Gemeinschaften erhalten habe. Wenn Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe a des Anhangs VII des Statuts zwar "einfache und objektive und zugleich klare und nicht an Bedingungen geknüpfte Kriterien" vorsehe (Urteil Costacurta Gelabert/Kommission, a. a. O., Randnr. 41), so zielten diese Kriterien darauf ab, eine besondere Situation zu einem bestimmten Zeitpunkt zu erfassen, wobei die Auslandszulage künftig für einen Beamten beibehalten werden müsse, der die Voraussetzungen für die Gewährung der Zulage zu einem bestimmten Zeitpunkt seiner Laufbahn im Dienst der Gemeinschaften erfuellt habe.

22 Zweitens erklärt der Kläger, es sei vorliegend klar, daß die besonderen Belastungen und Nachteile, denen die Auslandszulage nach Auffassung des Gerichtshofes abhelfen solle, seit seiner Versetzung nach Belgien in höherem Masse vorhanden seien als in der letzten Zeit, die er in Luxemburg verbracht habe, da er spanischer Staatsangehöriger sei und jede Bindung an Belgien abgebrochen habe, nachdem er fünf Jahre und zehn Monate in Luxemburg im Dienst der Kommission verbracht habe.

23 Die Kommission macht zunächst geltend, daß die These des Klägers eine Auslegung ultra legem des Artikels 4 Absatz 1 Buchstabe a des Anhangs VII des Statuts darstelle. Die für diesen Artikel zu berücksichtigende dienstliche Verwendung sei nicht nur diejenige, die bei Dienstantritt gegeben sei, so daß die Voraussetzungen für die Gewährung der Auslandszulage bei jeder Änderung des Dienstortes geprüft werden müssten. Die Darlegung des Klägers führe zu einer "absurden" Situation im Hinblick auf den Zweck des Artikels 4 Absatz 1 Buchstabe a, bei der die Zulage einem Beamten oder sonstigen Bediensteten belgischer Staatsangehörigkeit gewährt werden müsste, der nach einer Dienstzeit in Luxemburg, in der er die genannte Zulage erhalten habe, in Brüssel tätig werde, wo er eingestellt worden sei. Unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Gerichtshofes über den Zweck der Auslandszulage bemerkt die Kommission sodann, daß der Kläger jedenfalls zur Unterstützung seiner Darstellung in keiner Weise besondere Belastungen und Nachteile in Belgien nachgewiesen habe, die durch die Auslandszulage ausgeglichen werden müssten.

Würdigung durch das Gericht

24 Vorab ist darauf hinzuweisen, daß Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe a des Anhangs VII des Statuts vorschreibt, daß die Auslandszulage Beamten zu gewähren ist, die die Staatsangehörigkeit des Staates, in dessen Hoheitsgebiet sie ihre Tätigkeit ausüben, nicht besitzen und nicht besessen haben und während eines sechs Monate vor ihrem Dienstantritt ablaufenden Zeitraums von fünf Jahren in dem europäischen Hoheitsgebiet des genannten Staates weder ihre ständige hauptberufliche Tätigkeit ausgeuebt noch ihren ständigen Wohnsitz gehabt haben.

25 Zum ersten Teil des Klagegrundes des Klägers stellt das Gericht zunächst fest, daß die Frage, mit der es befasst ist, die Auslegung des in dem genannten Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe a enthaltenen Begriffes des ständigen Wohnsitzes betrifft, da der Kläger erklärt, er habe während des betreffenden Bezugszeitraums seinen ständigen Wohnsitz in Spanien gehabt.

26 Ferner weist das Gericht darauf hin, daß nach gefestigter Rechtsprechung die Gewährung der Auslandszulage vom Fehlen eines ständigen Wohnsitzes oder einer hauptberuflichen Tätigkeit im europäischen Hoheitsgebiet des Dienstlandes während des Bezugszeitraums abhängt (Urteile des Gerichtshofes vom 20. Februar 1975 in der Rechtssache 21/74, Airola/Kommission, Slg. 1975, 221, Randnr. 6, und in der Rechtssache 37/74, Van den Bröck/Kommission, Slg. 1975, 235, Randnr. 6; Urteile De Angelis/Kommission, a. a. O., Randnr. 14, Costacurta Gelabert/Kommission, a. a. O., Randnr. 44, und Benzler/Kommission, a. a. O., Randnr. 16).

27 Das Gericht stellt fest, daß der Begriff des ständigen Wohnsitzes nach ständiger Gemeinschaftsrechtsprechung als der Ort ausgelegt wird, den der Betroffene als ständigen oder gewöhnlichen Mittelpunkt seiner Interessen mit dem Willen gewählt hat, ihm einen beständigen Charakter zu verleihen (Urteile des Gerichtshofes vom 12. Juli 1973 in der Rechtssache 13/73, Angenieux, Slg. 1973, 935, vom 17. Februar 1977 in der Rechtssache 76/76, Di Paolo, Slg. 1977, 315, vom 14. Juli 1988 in der Rechtssache 284/87, Schäflein/Kommission, Slg. 1988, 4475, vom 23. April 1991 in der Rechtssache C-297/89, Ryborg, Slg. 1991, I-1943, Randnr. 19, und Urteil Benzler/Kommission, a. a. O., Randnr. 25), und daß es sich hierbei um eine Tatfrage handelt, die die Berücksichtigung des tatsächlichen Wohnsitzes des Betroffenen erfordert (Urteil Benzler/Kommission, a. a. O., Randnr. 17).

28 Im vorliegenden Fall stellt das Gericht fest, daß ausweislich der Akten der Kläger seit 1965 bis 1. Mai 1986 und demnach während des betreffenden Bezugszeitraums, nämlich vom 1. November 1980 bis 30. Oktober 1985, ständig in Belgien gewohnt hat. Dazu ist nur zu bemerken, daß der Kläger in seiner Erwiderung (S. 3 Absatz 2) selbst einräumt, während des Bezugszeitraums in Belgien gewohnt zu haben, daß aus der Bescheinigung des Polizeikommissariats der Gemeinde Amay (Provinz Lüttich) vom 3. Mai 1986 hervorgeht, daß der Kläger seit 9. Februar 1978 in Amay wohnhaft ist, und daß in der Bescheinigung des spanischen Generalkonsulats in Lüttich vom 2. Oktober 1989 erklärt wird, daß der Kläger vom 1. Oktober 1980 bis 28. Juni 1981 "vorübergehend" nach Torrevieja "gegangen ist".

29 Zu dem neunmonatigen Aufenthalt in Spanien zwischen diesen beiden Daten ist festzustellen, daß der Kläger danach weiter, wie vorher, in Lüttich gewohnt und gearbeitet hat. Eine derartige sporadische und kurzfristige Abwesenheit vom Dienstland kann nicht als ausreichend angesehen werden, um dem Wohnsitz des Klägers im Dienstland seinen ständigen Charakter im Sinne der vorgenannten Bestimmung des Statuts zu nehmen (Urteil des Gerichtshofes vom 9. Oktober 1984 in der Rechtssache 188/83, Witte/Parlament, Slg. 1984, 3465, Randnr. 11). Diese Abwesenheit betrifft nämlich nur die ersten acht Monate des Bezugszeitraums und reicht demnach nicht aus, um den seit 1965 in Belgien bestehenden ständigen Wohnsitz des Klägers zu unterbrechen, da er während des gesamten restlichen Bezugszeitraums ununterbrochen in diesem Staat gewohnt hat.

30 Dieses Ergebnis bezueglich des ständigen Wohnsitzes des Klägers in Belgien kann nicht allein dadurch in Frage gestellt werden, daß der Kläger möglicherweise die Absicht gehabt hat, eine Beschäftigung in Spanien zu suchen und sich dort niederzulassen und daß er dort seine staatsbürgerlichen Rechte ausgeuebt und Vermögen gehabt hat, da feststeht, daß der Mittelpunkt seiner Lebensinteressen während des gesamten Bezugszeitraums Belgien gewesen ist, wo er seinen Wohnsitz hatte und während des wesentlichen Teils dieses Zeitraums seine Tätigkeit ausgeuebt hat (vgl. Urteil des Gerichtshofes vom 17. Februar 1976 in der Rechtssache 42/75, Delvaux/Kommission, Slg. 1976, 167, Randnr. 8). Zudem kann der Umstand, daß die Kommission auf Antrag des Klägers seinen Herkunftsort in Spanien festgestellt hat, keinen Einfluß auf den Ausgang dieses Rechtsstreits haben, da die Feststellung des Herkunftsorts des Beamten und die Gewährung der Auslandszulage unterschiedlichen Bedürfnissen und Interessen entsprechen (Urteil des Gerichtshofes vom 10. Oktober 1989 in der Rechtssache 201/88, Atala-Palmerini/Kommission, Slg. 1989, 3109, Randnr. 13).

31 Daraus folgt, daß der erste Teil des Klagegrundes zurückzuweisen ist.

32 Bezueglich des zweiten Teils des Klagegrundes, wonach die Auslandszulage als ein wohlerworbenes Recht anzusehen sei, das gegenüber einem Beamten beibehalten werden müsse, der zu einem bestimmten Zeitpunkt seiner Laufbahn im Dienst der Gemeinschaften die Voraussetzungen für die Gewährung dieser Zulage erfuellt habe, ist das Gericht der Auffassung, daß sich diese Auslegung keineswegs aus dem Wortlaut des Artikels 4 Absatz 1 Buchstabe a des Anhangs VII des Statuts ergibt. Nach ständiger Rechtsprechung soll nämlich die Auslandszulage die besonderen Belastungen und Nachteile ausgleichen, die sich aus der ständigen Ausübung einer Tätigkeit in einem Land ergeben, zu dem der Beamte vor seinem Dienstantritt keine dauerhaften Beziehungen hergestellt hat (Urteile Nuñez/Kommission, a. a. O., Randnr. 9, und Costacurta Gelabert/Kommission, a. a. O., Randnr. 42; Urteil des Gerichts vom 30. März 1993 in der Rechtssache T-4/92, Vardakas/Kommission, Slg. 1993, II-357, Randnr. 39). Demgemäß ist die in Rede stehende Bestimmung in dem Sinne auszulegen, daß die Auslandszulage einem Beamten unter Berücksichtigung der Tatsache gewährt wird, daß er in einem Land tätig ist, zu dem er vor seinem Dienstantritt keine dauerhaften Beziehungen hergestellt hat, wobei der Begriff des Dienstantritts so zu verstehen ist, daß er sich auf den ursprünglichen Dienstantritt bei den Gemeinschaften bezieht. Ist dieser Beamte aber in einem Land tätig, zu dem er vor seinem Dienstantritt dauerhafte Beziehungen hergestellt hat, konkreter ausgedrückt, in einem Land, in dem er gemäß Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe a während des Bezugszeitraums ständig gewohnt oder seine Berufstätigkeit ausgeuebt hat, so verliert er den Anspruch auf die Auslandszulage. Der Anspruch auf die Auslandszulage hängt also von der konkreten Beziehung ab, die der Beamte zu jedem seiner Dienstorte unterhält.

33 Zu der Ansicht des Klägers, daß ihn im vorliegenden Fall die besonderen Belastungen und Nachteile, die durch die Auslandszulage ausgeglichen werden sollen, seit seiner Versetzung nach Brüssel stärker träfen, genügt der Hinweis darauf, daß das Gericht bereits festgestellt hat, daß der Kläger vor seinem Dienstantritt seinen ständigen Wohnsitz in Belgien hatte. Da der Kläger also in einem Land tätig ist, zu dem er vor seinem Dienstantritt dauerhafte Beziehungen hergestellt hatte, kann er sich auf keine besonderen Belastungen oder Nachteile berufen, die die Gewährung der Auslandszulage rechtfertigen.

34 Daraus ergibt sich, daß der zweite Teil des Klagegrundes ebenfalls zurückzuweisen ist und demnach die Hauptklageanträge ihrerseits zurückzuweisen sind. Folglich sind jedenfalls auch die Anträge zurückzuweisen, die darauf abzielen, daß die Kommission die streitige Auslandszulage zuzueglich der gesetzlichen Zinsen zu zahlen hat.

Zu den Hilfsanträgen

Vorbringen der Parteien

35 Der Kläger behauptet, daß einige Beamte der Kommission, die während des in Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe a des Anhangs VII des Statuts festgelegten Bezugszeitraums ständig in ihrem Dienstland gewohnt oder gearbeitet hätten, trotzdem die Auslandszulage erhielten. Dies treffe hauptsächlich auf Beamte zu, die zunächst ausserhalb des Landes tätig gewesen seien, in dessen Hoheitsgebiet sich ihr ständiger Wohnsitz während des Bezugszeitraums befunden habe, und die dann dorthin versetzt worden seien. Es handele sich um dieselbe Situation wie diejenige, in der sich der Kläger befände, wenn ° was allerdings "unmöglich" sei ° das Gericht seinen ständigen Wohnsitz während des Bezugszeitraums in Belgien festlegen würde. Nach Ansicht des Klägers würde eine solche Praxis seitens der Anstellungsbehörde zwischen Beamten, die sich tatsächlich in einer vergleichbaren Lage befänden, eindeutig zu einer unterschiedlichen Behandlung führen, die im Widerspruch zum Grundsatz der Gleichbehandlung und Nichtdiskriminierung stuende. Der Kläger fordert daher das Gericht auf, von Artikel 49 seiner Verfahrensordnung Gebrauch zu machen und so die erforderlichen Nachprüfungen bei den Dienststellen der Kommission vorzunehmen.

36 Der Kläger beantragt hilfsweise die Gewährung einer Zulage ad personam in Höhe von 12 % seines Grundgehalts, durch die allein die Gleichbehandlung zwischen ihm und den anderen Beamten wiederhergestellt werden könne, die sich in einer vergleichbaren Lage befänden und die Auslandszulage erhielten.

37 Die Kommission entgegnet, daß abgesehen davon, daß sie nicht wisse, auf welche präzisen Fälle der Kläger anspiele, eine rechtswidrige Zahlung der Auslandszulage an vom Kläger bezeichnete Beamte, sollte sie festgestellt werden, ausschließlich zur Rücknahme der Entscheidung führen würde, durch die ihnen dieses Recht zuerkannt worden sei, und auf keinen Fall die Verwaltung veranlassen dürfe, die Vorschriften des Statuts gegenüber dem Kläger zu verletzen. Selbst wenn man annehmen würde, es habe eine rechtswidrige Gewährung der Zulage gegeben, "könnte demnach schwerlich der Vorwurf der Diskriminierung erhoben und daraus die Konsequenz abgeleitet werden, der Kläger ... sei ebenso zu behandeln" (Schlussanträge des Generalanwalts Römer in den Rechtssachen 55/71 bis 76/71, 86/71, 87/71 und 95/71, Urteil des Gerichtshofes vom 13. Juli 1972, Besnard u. a./Kommission, Slg. 1972, 543, 567, 576).

Würdigung durch das Gericht

38 Das Gericht weist darauf hin, daß ° wie die Kommission richtig festgestellt hat ° nach ständiger Rechtsprechung der Grundsatz der Gleichbehandlung nur unter Wahrung der Rechtmässigkeit geltend gemacht werden kann (Urteil Besnard u. a./Kommission, a. a. O., Randnr. 39) und sich niemand zu seinem Vorteil auf eine Rechtswidrigkeit zugunsten anderer berufen kann (Urteil Witte/Parlament, a. a. O., Randnr. 15). Demnach ist die Rüge eines Verstosses gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung zurückzuweisen. Daher sind die Hilfsanträge ebenfalls zurückzuweisen.

39 Aus all diesen Erwägungen ergibt sich, daß die Klage unbegründet ist und daher abzuweisen ist.

Kostenentscheidung


Kosten

40 Gemäß Artikel 87 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Jedoch tragen gemäß Artikel 88 der Verfahrensordnung in den Streitsachen zwischen den Gemeinschaften und deren Bediensteten die Organe ihre Kosten selbst. Das Gericht hat daher zu entscheiden, daß jede Partei ihre eigenen Kosten trägt.

Tenor


Aus diesen Gründen

hat

DAS GERICHT (Dritte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1) Die Klage wird abgewiesen.

2) Jede Partei trägt ihre eigenen Kosten.

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