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Document 52020DC0575

MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT, DEN EUROPÄISCHEN RAT, DEN RAT, DIE EUROPÄISCHE ZENTRALBANK, DEN EUROPÄISCHEN WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSS, DEN AUSSCHUSS DER REGIONEN UND DIE EUROPÄISCHE INVESTITIONSBANK Jährliche Strategie für nachhaltiges Wachstum 2021

COM/2020/575 final

Brüssel, den 17.9.2020

COM(2020) 575 final

MITTEILUNG DER KOMMISSION

Jährliche Strategie für nachhaltiges Wachstum 2021


I.Einleitung

Die COVID-19-Pandemie hat die Welt in eine plötzliche und tiefe Rezession getrieben. Trotz der starken, koordinierten und innovativen Reaktion auf nationaler und EU-Ebene bleiben viele Unsicherheiten bestehen; insbesondere wie lange diese Krise andauern wird und wie sie sich auf unser Leben und unsere Volkswirtschaften auswirken wird. Wir müssen die europäischen Bürgerinnen und Bürger, ihre Gesundheit und ihre Arbeitsplätze schützen und gleichzeitig für Gerechtigkeit, Resilienz und makroökonomische Stabilität in der gesamten Union sorgen. Zwar hat die Pandemie alle Mitgliedstaaten getroffen, aber das Ausmaß der Auswirkungen sowie das Tempo und die Stärke des Aufschwungs werden von Region zu Region sehr unterschiedlich sein.

In der Wirtschaftsprognose Sommer 2020 wird davon ausgegangen, dass die Wirtschaft des Euro-Währungsgebiets 2020 um 8,7 % schrumpfen und 2021 wieder um 6,1 % wachsen wird, während die EU-Wirtschaft 2020 um 8,3 % schrumpfen und 2021 um 5,8 % wachsen wird. 1 Auch die Beschäftigung ging im zweiten Quartal mehr denn je zurück, wenn auch deutlich weniger stark als das Bruttoinlandsprodukt, was zum einen auf die beispiellose Unterstützung zurückzuführen ist, die in den Mitgliedstaaten und in der EU durch das neue SURE-Instrument 2 gewährt wurde, und zum anderen auf die ebenfalls beispiellose Flexibilität beim Einsatz von Mitteln aus den Kohäsionsfonds im Rahmen der Investitionsinitiative zur Bewältigung der Coronavirus-Krise 3 . Die wirtschaftlichen Aussichten hängen entscheidend davon ab, wie sich die Pandemie entwickelt und in welchem Umfang die Wirtschaftstätigkeit beschränkt werden muss, um die Pandemie einzudämmen. Die politische Unterstützung auf nationaler und EU-Ebene wird für den Aufschwung von zentraler Bedeutung sein. In diesem Zusammenhang dürften durch die am 21. Juli 2020 vom Europäischen Rat erzielte Einigung über den nächsten mehrjährigen Finanzrahmen und das Aufbauinstrument „Next Generation EU“ positive Impulse für die Wachstums- und Beschäftigungsaussichten ausgehen. Auf der Ebene der Union und der Mitgliedstaaten müssen wir nun das Beste aus dieser wegweisenden Übereinkunft machen.

Die Union hat entschlossen reagiert. Derzeit laufen Verhandlungen zwischen dem Europäischen Parlament und dem Rat über den nächsten mehrjährigen Finanzrahmen und das neue Instrument „Next Generation EU“; Ziel ist es, die Arbeit an allen Rechtsakten rasch zum Abschluss zu bringen. Dies muss spätestens bis zum 1. Januar 2021 erfolgen, damit die Programme rechtzeitig anlaufen können. Im Hinblick auf eine rasche und nachhaltige Erholung ist es wichtig, die Schlagkraft des EU-Haushalts voll zu nutzen. Ein entscheidender Punkt ist, dass der Eigenmittelbeschluss nach seiner Annahme durch den Rat von allen Mitgliedstaaten im Einklang mit ihren verfassungsrechtlichen Vorschriften gebilligt wird. Erst dann kann die Kommission damit beginnen, auf dem Finanzmarkt Mittel zur Finanzierung der „Next Generation EU“-Programme aufzunehmen. Wie schnell das Instrument „Next Generation EU“ eingesetzt werden kann, hängt daher in hohem Maße von einer zeitnahen Billigung durch die Mitgliedstaaten ab.

Die Aufbau- und Resilienzfazilität wird eines der wichtigsten Instrumente für die Erholung sein, da sie in den ersten, entscheidenden Jahren der Erholung eine vorgezogene Unterstützung durch Darlehen und Zuschüsse in einer beispiellosen Höhe von 672,5 Mrd. EUR vorsieht. Die Mitgliedstaaten werden in ihre Aufbau- und Resilienzpläne ihre jeweiligen nationalen Agenden für Reformen und Investitionen aufnehmen, die im Einklang mit den politischen Zielen der EU konzipiert wurden und auf den ökologischen und den digitalen Wandel ausgerichtet sind. Im Rahmen der Fazilität werden die Mitgliedstaaten in ihren Bemühungen unterstützt, ihre soziale und wirtschaftliche Widerstandsfähigkeit und damit das Wachstumspotenzial ihrer Volkswirtschaften und die Schaffung von Arbeitsplätzen effektiv zu verbessern, was auch den EU-Zielen zugutekommt.

Die Aufbau- und Resilienzfazilität steht für die Entschlossenheit der EU, ihre Herausforderungen mit einem gemeinsamen Ansatz anzugehen. Die Erhaltung eines funktionierenden Binnenmarkts ist von entscheidender Bedeutung, um den Aufschwung anzukurbeln, einen fairen Wettbewerb zu gewährleisten und Störungen grenzüberschreitender Wertschöpfungsketten und des freien Verkehrs von Arbeitnehmern und Waren zu verhindern. Dadurch wird die Aufwärtskonvergenz hinsichtlich der Lebensstandards gefördert und eine Verzerrung der Wettbewerbsbedingungen verhindert. Durch eine wirksame Umsetzung der Initiative „Next Generation EU“ und die damit verbundene Beschleunigung des ökologischen und des digitalen Wandels können bis 2024 ein Zuwachs des Bruttoinlandsprodukts von 2 % und die Schaffung von 2 Millionen Arbeitsplätzen erreicht werden. 4 Im Laufe der Zeit dürfte sich die Aufbau- und Resilienzfazilität durch dieses zusätzliche Wachstum, durch die zusätzlichen Tätigkeiten und zusätzliche Steuereinnahmen für die Mitgliedstaaten und die EU selbst finanzieren.

Diese EU-Maßnahmen müssen so schnell wie möglich umgesetzt werden. Zwar trägt bereits die Einigung über das Aufbaupaket dazu bei, die Unsicherheit einzudämmen, doch ist eine wirksame Umsetzung in den kommenden Jahren von entscheidender Bedeutung für die Unterstützung der Erholung. Die unmittelbare Priorität der Union besteht darin, in Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten entscheidende Fortschritte bei der Festlegung der richtigen Reform- und Investitionsschwerpunkte im Einklang mit den europäischen Zielen zu erreichen und anschließend deren wirksame Umsetzung zu gewährleisten.

II.Aufbau- und Resilienzfazilität: Verwirklichung des EU-Ziels einer wettbewerbsfähigen Nachhaltigkeit

Hinter der Aufbau- und Resilienzfazilität steht das Ziel der EU, durch eine neue Wachstumsstrategie, den europäischen Grünen Deal, wettbewerbsfähige Nachhaltigkeit und Kohäsion zu erreichen. Der Übergang zu einem nachhaltigen und inklusiven Wirtschaftsmodell, das durch eine weite Verbreitung und Einführung digitaler und sauberer Technologien ermöglicht wird, kann Europa zu einer führenden Kraft im Wandel machen. Dies bedeutet keinesfalls eine Abkehr von der Agenda aus der Zeit vor der COVID-19-Pandemie. Vielmehr sollten im Rahmen der Aufbau- und Resilienzfazilität Maßnahmen beschleunigt werden, um bereits bestehende Herausforderungen anzugehen und gleichzeitig neue Rückschläge im Zusammenhang mit der Krise zu vermeiden. Die vier in der jährlichen Strategie für nachhaltiges Wachstum 2020 festgelegten Dimensionen – ökologische Nachhaltigkeit, Produktivität, Gerechtigkeit und makroökonomische Stabilität – sollten weiterhin die Leitprinzipien für die Aufbau- und Resilienzpläne der Mitgliedstaaten sein. Diese Prioritäten stehen im Mittelpunkt des Europäischen Semesters und stellen sicher, dass die neue Wachstumsagenda das Beste für die Menschen und den Planeten leistet.

Wettbewerbsfähige Nachhaltigkeit und Resilienz sind zwei Seiten derselben Medaille; dies wurde durch die COVID-19-Krise deutlich. Resilienz steht nicht nur für die Fähigkeit, Herausforderungen zu meistern, sondern auch für die Fähigkeit, den Wandel in nachhaltiger, fairer und demokratischer Weise zu gestalten. 5 Für weniger resiliente EU-Länder und weniger resiliente Branchen ist es schwieriger, der Krise standzuhalten und richtig darauf zu reagieren. Ohne angemessene Krisenreaktion werden die wirtschaftlichen und sozialen Ergebnisse in den kommenden Jahren und Jahrzehnten leiden. Unterschiede hinsichtlich der Resilienz in der EU wirken sich auch auf den sozialen, wirtschaftlichen und territorialen Zusammenhalt sowie auf die Konvergenz innerhalb des Euro-Währungsgebiets und die Wirksamkeit der einheitlichen Geldpolitik aus. Die Aufbau- und Resilienzfazilität wird die Volkswirtschaften und Gesellschaften der Mitgliedstaaten widerstandsfähiger machen und besser für die Zukunft rüsten, indem sie öffentliche Investitionen und Reformen in großem Umfang finanziell unterstützt und gleichzeitig Zusammenhalt und Konvergenz fördert. Außerdem muss die Resilienz einiger kritischer Lieferketten gestärkt werden, insbesondere in Branchen, die externen Schocks am stärksten ausgesetzt sind.

Die Aufbau- und Resilienzfazilität wird dazu beitragen, die durch die Krise verursachten Schäden zu beheben und den nächsten Generationen eine bessere Zukunft zu bieten. Der aktuelle Anstieg der Verschuldung ist unmittelbares Ergebnis der Bemühungen, die Herausforderungen, mit denen die künftigen Generationen konfrontiert sein werden, anzugehen. Die massiven Investitionen, die zur Ankurbelung der Wirtschaft erforderlich sind, müssen sie entlasten, nicht stärker belasten. Deshalb muss die Aufbau- und Resilienzfazilität die Richtung aufzeigen und ein nachhaltigeres, widerstandsfähigeres und gerechteres Europa für die nächste Generation im Einklang mit den Zielen der Vereinten Nationen für nachhaltige Entwicklung schaffen.

Die Bewältigung der Klima- und Umweltkrise ist die entscheidende Herausforderung unserer Zeit und bietet die Chance, unsere Volkswirtschaften auf nachhaltige Weise neu zu beleben. Dazu sind dringende und fortgesetzte Maßnahmen aller gesellschaftlichen Akteure erforderlich, um die Gesundheit, den Wohlstand und das Wohlergehen der Menschen in Europa und in der ganzen Welt zu erhalten. Der europäische Grüne Deal ist unser politisches Engagement und unsere Antwort auf diese Herausforderung. Er ist gleichzeitig Europas Wachstumsstrategie, die darauf abzielt, die EU zu einer fairen und wohlhabenden Gesellschaft mit einer ressourceneffizienten und wettbewerbsfähigen Wirtschaft zu machen. Die wirtschaftliche Reaktion auf die COVID-19-Krise bietet eine einzigartige Gelegenheit, den ökologischen Wandel zu beschleunigen. Zur Überwindung dieser Krise bedarf es massiver Investitionen und umfassender Reformen, die von der Aufbau- und Resilienzfazilität der EU in großem Umfang unterstützt werden. Die Verwirklichung des ökologischen Wandels erfordert Reformen, um öffentliche und private Investitionen in Klima- und Umweltmaßnahmen zu lenken, sowie tief greifende Veränderungen unserer verschiedenen Politikbereiche. Neben der Beseitigung der kurzfristigen Schäden, die durch die Krise entstanden sind, müssen daher unsere Konjunkturinstrumente die Wirtschaft auf den richtigen Weg zu langfristigem nachhaltigem Wachstum und Beschäftigung führen, um bis 2050 Klimaneutralität zu erreichen und das Wirtschaftswachstum von der Ressourcennutzung zu entkoppeln. Dies bietet eine wichtige Gelegenheit, traditionelle Industriemodelle zu modernisieren und in innovative grüne Technologien und in eine nachhaltigere und stärker digital ausgerichtete Infrastruktur zu investieren, wodurch der Übergang zu einem nachhaltigeren, widerstandsfähigeren und inklusiveren Europa beschleunigt wird. Da der private Verbrauch mehr als die Hälfte des Bruttoinlandsprodukts der EU ausmacht, wird die Förderung nachhaltigerer Verbrauchsmuster eine wesentliche Voraussetzung für einen solchen Wandel sein.

Der digitale Wandel ist von entscheidender Bedeutung für die Stärkung der sozialen und wirtschaftlichen Resilienz der EU und der Mitgliedstaaten, ihres Potenzials für nachhaltiges Wachstum und die Schaffung von Arbeitsplätzen. Die COVID-19-Pandemie hat die Trends hin zum digitalen Wandel beschleunigt: Die Mitgliedstaaten haben Maßnahmen ergriffen, um die digitale Infrastruktur auszubauen, Online-Kurse angeboten oder KMU bei ihren Digitalisierungsbemühungen unterstützt. Diese Krise hat jedoch auch Mängel und Schwachstellen aufgedeckt. So bestehen in Bezug auf die Digitalisierung der Volkswirtschaften und Gesellschaften weiterhin Unterschiede. Die verbleibenden Hindernisse und der ungleiche Zugang zu Infrastruktur bremsen den Fortschritt und Europa ist bei vielen digitalen Schlüsselfähigkeiten oder -diensten weiterhin weitgehend von anderen Regionen abhängig. Der einzige Weg zur Gewährleistung des Produktivitätswachstums und der Wettbewerbsfähigkeit Europas und damit der Wahrung seiner technologischen Souveränität – einem zentralen Aspekt seiner offenen strategischen Autonomie – ist die Entwicklung einer transformativen und zukunftsorientierten Forschungs-, Innovations- und Verbreitungsstrategie auf der Grundlage des wissenschaftlichen und technologischen Fachwissens Europas.

Die COVID-19-Pandemie hat deutlich gemacht, dass seit langem bestehende Herausforderungen, die sich auf die Gerechtigkeit in der Gesellschaft auswirken, dringend angegangen werden müssen. Dazu gehören die Vorsorge und Resilienz der nationalen Gesundheits- und Sozialschutzsysteme sowie der gleichberechtigte Zugang zu erschwinglicher und hochwertiger Gesundheitsversorgung, Langzeitpflege und Kinderbetreuungssystemen, der demografische Wandel, die Globalisierung oder der digitale und ökologische Wandel. Bereiche, die davon betroffen sind, sind unter anderen Beschäftigung, Kompetenzen, Gesundheit und Bildung, insbesondere wenn es darum geht, die zunehmenden Ungleichheiten anzugehen und diejenigen zu unterstützen, die am stärksten von der Krise betroffen sind, wie die junge Generation, Frauen und besonders schutzbedürftige Gruppen. Die COVID-19-Pandemie hat auch gezeigt, dass in vielen Sektoren gerechtere und nachhaltigere Rahmenbedingungen für Unternehmen geschaffen und die Arbeitsbedingungen überdacht werden müssen. Online-Dienste und der elektronische Handel wurden durch die erweiterten Ausgangsbeschränkungen gefördert. Ein Trend, der sich voraussichtlich fortsetzen wird. Derzeit wird das Online-Umfeld jedoch von einigen wenigen großen Akteuren mit wachsender Marktmacht und mobilen Steuerbemessungsgrundlagen dominiert, wodurch es vielen kleineren europäischen Unternehmen mitunter schwerer fällt, im Binnenmarkt Fuß zu fassen und zu expandieren. Besonders Branchen mit Schlüsselrollen für unsere Demokratien sollte mehr Unterstützung zukommen; dies gilt insbesondere für den Mediensektor, der auf eine Weise unterstützt werden sollte, die die Medienfreiheit und den Medienpluralismus achtet und fördert. Ferner müssen die vom ökologischen Wandel am stärksten betroffenen Regionen, Industriezweige und Beschäftigte unterstützt und die sozioökonomischen Auswirkungen des Wandels abgemildert werden. Das ist notwendig, um gleiche und faire Chancen für Menschen und Unternehmen zu gewährleisten.

Seit der Finanz- und Wirtschaftskrise im Jahr 2008 ist die Wirtschafts- und Währungsunion in der Bewältigung von Krisen viel robuster geworden, doch treten neue Herausforderungen für die makroökonomische Stabilität zutage. Die COVID-19-Krise unterscheidet sich stark von der Finanzkrise des Jahres 2008: Sie hat unmittelbare negative Auswirkungen auf die Wirtschaftstätigkeit und könnte Auswirkungen auf die makroökonomische Stabilität nach sich ziehen, die durch rasches und entschlossenes Handeln angegangen werden müssen. Die bestehenden Ungleichgewichte könnten sich noch verschärfen, während gleichzeitig neue Ungleichgewichte entstehen. Daher hat die Förderung einer tragfähigen Erholung unmittelbare Priorität. Kontinuierliche Überwachung und Wachsamkeit werden erforderlich sein. Die Mitgliedstaaten sollten aufkommende Ungleichgewichte durch Reformen, die die wirtschaftliche und soziale Resilienz stärken, angehen. Die Aufbau- und Resilienzfazilität wird die Mitgliedstaaten bei der Bewältigung der wirtschaftlichen und sozialen Herausforderungen, mit denen sie konfrontiert sind, unterstützen. Die Mitgliedstaaten sollten die Wirtschaft auch im Jahr 2021 durch sinnvolle Nutzung ihrer fiskalpolitischen Flexibilität unterstützen. Öffentliche Finanzmittel werden dazu beitragen, Anreize für nachhaltiges und integratives Wachstum zu schaffen, wirtschaftliche Stabilität und die Unterstützung der Nachfrage zu gewährleisten und in Notsituationen Hilfe zu leisten. Die COVID-19-Pandemie stellt eine erhebliche Belastung für die Wirtschaftstätigkeit dar, die sich negativ auf sowohl die staatliche als auch die private Verschuldung auswirkt. Sobald die wirtschaftlichen Bedingungen dies zulassen, sollten die Mitgliedstaaten zu einer Haushaltspolitik zurückkehren, die darauf abzielt, mittelfristig eine vorsichtige Haushaltslage zu erreichen und gleichzeitig Investitionen, den doppelten Wandel und die soziale Inklusion fördert.

Wettbewerbsfähige Nachhaltigkeit erfordert Offenheit und einen starken Binnenmarkt. Die Beteiligung privater Interessenträger und Investoren ist unerlässlich, um die erfolgreiche Umsetzung der Aufbau- und Resilienzfazilität zu gewährleisten. Die öffentlichen Gelder sollten private Investoren nicht ersetzen oder verdrängen, sondern private Investitionen bei Bedarf – d. h. wenn System- oder Marktversagen oder Folgen des COVID-19-Ausbruchs und der anschließenden Wirtschaftskrise es dem Markt unmöglich machen, sich allein zu erholen und die politische Ziele zu erreichen, – ergänzen und lenken. Um Innovationen zu fördern und den Aufschwung zu beschleunigen, ist es notwendig, die gleichen Wettbewerbsbedingungen im Binnenmarkt zu wahren.

III.Grundprinzipien der Aufbau- und Resilienzpläne: Prioritätensetzung der Mitgliedstaaten

Das Europäische Semester bietet einen bewährten Rahmen für die Koordinierung von wirtschafts- und beschäftigungspolitischen Strategien, der der Union und den Mitgliedstaaten bei der Bewältigung der Herausforderungen der Erholung und des zweifachen Wandels als Richtschnur dienen kann. Die Aufbau- und Resilienzpläne der Mitgliedstaaten sollten wirksam auf die politischen Herausforderungen, die in den länderspezifischen Empfehlungen des Rates dargelegt werden, ausgerichtet sein. Unser gemeinsames Ziel wird es sein, den Reform- und Investitionsbedarf parallel anzugehen. Nur wenn die einschlägigen Maßnahmen gut aufeinander abgestimmt sind, können sie eine sich gegenseitig verstärkende Wirkung erzielen.

Die Aufbau- und Resilienzpläne müssen die jeweiligen länderspezifischen Herausforderungen widerspiegeln und auf die Prioritäten der EU abgestimmt sein. Dazu gehören auch die länderspezifischen Empfehlungen, die in den letzten Jahren und insbesondere in den Zyklen 2019 und 2020 an die Mitgliedstaaten gerichtet wurden. Bei der Umsetzung dieser Empfehlungen in spezifische Reformen und Investitionen sollten sich die Mitgliedstaaten auf jene Herausforderungen und Prioritäten konzentrieren, die eine besonders nachhaltige Wirkung generieren und das Wachstumspotenzial, die Schaffung von Arbeitsplätzen, die Gesundheitssysteme sowie die wirtschaftliche und soziale Resilienz und den regionalen Zusammenhalt des Mitgliedstaats stärken werden. Gleichzeitig muss bei Reformen und Investitionen der Grundsatz der Schadensvermeidung eingehalten werden, wobei die EU-Taxonomieverordnung 6 so weit wie möglich als Bezugsgröße dienen sollte.

Ökologischer Wandel

Im Zentrum aller nationalen Aufbau- und Resilienzpläne müssen Reformen und Investitionen zur Unterstützung des ökologischen Wandels stehen. Um der Zusage des Europäischen Rates nachzukommen, ein Klimaschutz-Mainstreaming-Ziel von 30 % sowohl für den mehrjährigen Finanzrahmen als auch für „Next Generation EU“ zu erreichen, müssen mindestens 37 % der in jedem Aufbau- und Resilienzplan vorgesehenen Ausgaben Bezug zum Klimaschutz haben.

Europa will bis 2050 Klimaneutralität erreichen und sein Ziel zur Verringerung der Treibhausgasemissionen bis 2030 deutlich erhöhen. Um das Klimaziel, die Emissionen bis 2030 um 55 % unter das Niveau von 1990 zu senken, zu erreichen, sollten die Mitgliedstaaten Reformen und Investitionen zur Unterstützung des ökologischen Wandels in den Bereichen Energie, Verkehr, Dekarbonisierung der Industrie, Kreislaufwirtschaft, Wasserwirtschaft und biologische Vielfalt vorlegen. Dies steht auch im Einklang mit den zentralen Investitionsbereichen, die im Rahmen des Europäischen Semesters ermittelt wurden. Dabei sollten die Mitgliedstaaten auf ihren nationalen Energie- und Klimaplänen aufbauen, in denen sie ihre nationalen Beiträge zu den gemeinsamen EU-weiten Klima- und Energiezielen festlegen und Reformen und Investitionen skizzieren, die sie im Zeitraum 2021-2030 durchzuführen beabsichtigen, um diese Ziele zu erreichen. Die Kommission wird im Oktober dieses Jahres eine individuelle Bewertung der nationalen Energie- und Klimapläne der einzelnen Mitgliedstaaten vorlegen, auf die sich die Mitgliedstaaten bei der Ausarbeitung ihrer Aufbau- und Resilienzpläne stützen können.

Die Mitgliedstaaten sollten die Verringerung der Emissionen beschleunigen, indem sie den Einsatz von erneuerbaren Energien und Wasserstoff rasch ausweiten und die Maßnahmen zur Verbesserung der Energieeffizienz von Gebäuden verstärken. Im Rahmen ihrer Aufbau- und Resilienzpläne sollten sich die Mitgliedstaaten auf die ausgereiftesten und innovativsten Projekte konzentrieren, um die Einführung erneuerbarer Energien zu beschleunigen. Gebäuderenovierungsprogramme werden für die wirtschaftliche Erholung von entscheidender Bedeutung sein, da sie Arbeitsplätze im Bausektor schaffen und dazu beitragen, Energiekosten zu sparen, die Lebensbedingungen zu verbessern und Energiearmut zu bekämpfen. Die Kommission wird Maßnahmen zur Gebäuderenovierung unterstützen und strebt an, die jährliche Renovierungsquote des Gebäudebestands, insbesondere durch die Initiative „Renovierungswelle“, mindestens zu verdoppeln. Um solche Investitionen zu ermöglichen und nachhaltig zu machen, sollten sie mit den notwendigen regulatorischen Reformen einhergehen.

Auch Investitionen in nachhaltige Mobilität können maßgeblich zur Erholung beitragen. Verkehrsbezogene Maßnahmen können zu erheblichen Reduktionen der Treibhausgasemissionen und zur Verbesserung der Luftqualität führen und gleichzeitig das Produktivitätswachstum fördern. Bei der Ausarbeitung ihrer nationalen Aufbau- und Resilienzpläne sollten die Mitgliedstaaten Maßnahmen, wie Investitionen in den Nahverkehr und in Infrastruktur, in Betracht ziehen, die den Übergang zu einer nachhaltigeren und intelligenteren Mobilität unterstützen, einschließlich nahtloser und effizienter multimodaler europäischer Netze sowie des Ausbaus der transeuropäischen Verkehrsnetze für den Personen- und Güterverkehr. Reformen und Investitionen, die darauf abzielen, die Nachfrage nach emissionsfreien und emissionsarmen Fahrzeugen zu erhöhen und den Ausbau der Lade- und Betankungsinfrastruktur zu beschleunigen, spielen ebenfalls eine wichtige Rolle für die Erreichung dieses Ziels. Ergänzt werden sollte dies durch Investitionen in kohlenstoffarme Energietechnologien und Wertschöpfungsketten, einschließlich Wasserstoff oder Batterien, sowie in nachhaltige Energieinfrastrukturen. Eine Reform der Umweltschutzanreize, die durch die Besteuerung von Fahrzeugen und Kraftstoffen geboten werden, wird als Begleitmaßnahme dieses Trends besonders wichtig sein. Die Strategie der Kommission für eine nachhaltige und intelligente Mobilität, die vor Ende des Jahres 2020 angenommen werden soll, wird sich weiter mit den Chancen befassen, die der Verkehrssektor bietet.

Die Mitgliedstaaten sollten auch Maßnahmen zur Förderung einer stärker kreislauforientierten Wirtschaft, zur Verbesserung der Umweltinfrastruktur sowie zum Schutz und zur Wiederherstellung der biologischen Vielfalt ergreifen. Die Kreislaufwirtschaft schafft nachhaltige Arbeitsplätze vor Ort durch Abfallvermeidung und -wiederverwendung, Reparatur, Refabrikation und Recycling. Sie erhöht die Resilienz und offene strategische Autonomie der EU, indem innovative Geschäftsmodelle entwickelt werden, die sich auf digitale Technologien stützen und dazu beitragen, die effiziente Nutzung von Ressourcen und Sekundärrohstoffen anzukurbeln. Die Verbesserung der Umweltinfrastruktur, insbesondere im Zusammenhang mit der Abfall- und Wasserbewirtschaftung und der Verringerung der Umweltverschmutzung, schützt die Gesundheit und das Wohlergehen der Bürgerinnen und Bürger vor umweltbedingten Gefahren und Auswirkungen. Der Schutz und die Wiederherstellung der biologischen Vielfalt und der natürlichen Ökosysteme sowie die Gewährleistung nachhaltiger Lebensmittelsysteme sind unerlässlich für die Verstärkung der CO2-Senke, die Stärkung unserer Resilienz und die künftige Vermeidung der Entstehung und Verbreitung neuer Krankheiten. Durch eine nachhaltigere Landnutzung werden auch neue wirtschaftliche Chancen im ländlichen Raum geschaffen.

Schließlich müssen die Mitgliedstaaten berücksichtigen, dass der Übergang in allen Umweltpolitikbereichen fair und sozial gerecht gestaltet werden muss. Dies bedeutet insbesondere, dass nationale Aufbau- und Resilienzpläne in vollständiger Übereinstimmung mit den im Rahmen des Mechanismus für einen gerechten Übergang vorgeschlagenen territorialen Plänen ausgearbeitet werden sollten.

Digitaler Wandel und Produktivität

Die Mitgliedstaaten sollten sich in ihren Aufbau- und Resilienzplänen ehrgeizige Ziele in Bezug auf den digitalen Wandel setzen. Die Aufbau- und Resilienzfazilität bietet eine einzigartige Gelegenheit, den digitalen Wandel in allen Wirtschafts- und Sozialbereichen, einschließlich der öffentlichen Dienstleistungen, zu fördern. Damit die Aufbau- und Resilienzpläne die gewünschte Wirkung erzielen, schlägt die Kommission vor, dass in jedem Plan mindestens 20 % der Ausgaben einen Bezug zur Digitalisierung haben sollten.

Die Mitgliedstaaten sollten vor allem Reformen und Investitionen vornehmen, die die Konnektivität verbessern. Dazu gehören beispielsweise die Förderung und Erleichterung der flächendeckenden Einrichtung von Netzen mit sehr hoher Kapazität, einschließlich 5G und Gigabit-Anbindung für Haushalte in der Stadt und auf dem Land sowie an wichtigen Verkehrsadern im Einklang mit den Zielen der EU für 2025 in Bezug auf 5G und Gigabit-Anbindung. Diese Investitionen sind wichtig, um die digitale Kluft zu überbrücken, wobei jedoch darauf geachtet werden muss, dass keine privaten Investitionen verdrängt werden, wenn kein Marktversagen vorliegt. Wie in der Initiative „Next Generation EU“ dargelegt, wird der schnelle Ausbau von Netzen mit sehr hoher Kapazität, einschließlich 5G und Glasfaser, positive Spillover-Effekte für die gesamte Gesellschaft haben. Dazu gehört etwa die Bereitstellung einer angemessenen Bandbreite und Abdeckung für Bereiche, die für die Erholung und Resilienz von wesentlicher Bedeutung sind, wie Landwirtschaft, Verkehr, Gesundheit oder Bildung. Die Initiative wird auch dazu beitragen, die offene strategische Autonomie Europas zu stärken, wobei durch die Förderung der für künftige Anwendungen und Prozesse benötigten Infrastruktur gleichzeitig die Vorteile einer offenen Wirtschaft genutzt werden können.

Die Entwicklung digitaler Kompetenzen auf allen Ebenen ist eine Voraussetzung dafür, dass alle Menschen in Europa am gesellschaftlichen Leben teilhaben und die Vorteile des digitalen Wandels nutzen können. Dies erfordert Reformen in den Bereichen Grundbildung und Hochschulbildung, Qualifikationen und lebenslanges Lernen: Insbesondere gilt es, den im Wandel befindlichen Arbeitsmarkt zu unterstützen, digitale Schlüsseltechnologien zu entwickeln und zu verbreiten und so die digitale Zukunft Europas zu gestalten. Um der Entstehung einer digitalen Kluft vorzubeugen, sollten der gleichberechtigte Zugang zu digitaler Infrastruktur und Ausrüstung sowie digitale Kompetenzen gefördert werden. Durch den Umbau der öffentlichen Verwaltung, einschließlich der Digitalisierung der Justizsysteme, unter Einsatz neuer Generationen digitaler Instrumente können die Verwaltungsverfahren sowie die Online-Interaktion mit Bürgerinnen und Bürgern und Unternehmen verbessert werden. Die Digitalisierung der Unternehmen sollte durch die nachhaltige Einführung digitaler Lösungen und digitalen Wandel unter Berücksichtigung des Schutzes vor Cyberangriffen in allen Wirtschaftszweigen beschleunigt werden. Die Entwicklung digitaler Lösungen wird eine wesentliche Voraussetzung für den ökologischen Wandel sein.

Die Aufbau- und Resilienzpläne sollten insbesondere auf den Aufbau und den Einsatz modernster digitaler Kapazitäten ausgerichtet sein. Reformen und Investitionen, die künstliche Intelligenz, Hochleistungsrechnen, Cybersicherheit, Quantentechnologien und -infrastrukturen, sichere Konnektivität, Mikroelektronik und Elektronikkomponenten, Cloud-Infrastruktur und -Dienste, Weltraumdienste oder Blockchain ermöglichen, bieten die einzigartige Chance, die Produktivität langfristig zu steigern und Europa in diesen von weltweitem Wettbewerb geprägten Bereichen eine Führungsposition zu verschaffen. Da eines ihrer Ziele darin besteht, die offene strategische Autonomie der EU zu stärken, kann die Aufbau- und Resilienzfazilität die Mitgliedstaaten bei Investitionen und Reformen in diesen Schlüsselbereichen ihrer Volkswirtschaften unterstützen.

Gerechtigkeit

Der Wiederaufbau und der Übergang müssen für alle Menschen in Europa fair gestaltet werden, um wachsenden Ungleichheiten vorzubeugen und so dazu beizutragen, dass die Maßnahmen von allen Teilen der Gesellschaft mitgetragen werden und zum sozialen, wirtschaftlichen und territorialen Zusammenhalt beitragen. Die Aufbau- und Resilienzfazilität wird die Mitgliedstaaten bei der Bewältigung der seit vielen Jahren im Rahmen des Europäischen Semesters hervorgehobenen strukturellen Herausforderungen unterstützen, die durch die COVID-19-Krise noch verschärft wurden. Wenngleich die Auswirkungen der Krise auf die Beschäftigung durch Kurzarbeitsregelungen eingedämmt werden konnten, verschlechtert sich die Lage auf dem Arbeitsmarkt, sodass in einigen Wirtschaftszweigen und Regionen Europas mit einem drastischen Anstieg der Arbeitslosigkeit zu rechnen ist. Besondere Aufmerksamkeit erfordert die Situation der Jugendlichen. Es sollten alle erdenklichen Anstrengungen unternommen werden, um zu verhindern, dass Arbeitslosigkeit und soziale Ausgrenzung sich verfestigen, und um die Anpassung des Arbeitsmarktes im Hinblick auf den ökologischen und den digitalen Wandel zu fördern. Außerdem sollten die Konvergenz gefördert und die Resilienz der Regionen verbessert werden, insbesondere um die territorialen Unterschiede zu verringern.

In Anbetracht der europäischen Säule sozialer Rechte sollten die Mitgliedstaaten Maßnahmen ergreifen, um Chancengleichheit, inklusive Bildung, faire Arbeitsbedingungen und einen angemessenen Sozialschutz zu gewährleisten. Vor dem Hintergrund des demografischen Wandels sowie des ökologischen und digitalen Wandels müssen die heutigen Sozialschutzsysteme und Arbeitsmärkte überdacht werden. Neben jungen Menschen hat die Krise auch Frauen und benachteiligte Gruppen wie Geringqualifizierte, Menschen mit Behinderungen sowie Menschen, die einer rassischen oder ethnischen Minderheit angehören, unverhältnismäßig stark getroffen. Deshalb sind erhebliche Anstrengungen nötig, um ihnen den Zugang zum Arbeitsmarkt zu erleichtern, etwa indem die in vielen Mitgliedstaaten bestehende Segmentierung des Arbeitsmarktes angegangen, aktive arbeitsmarktpolitische Maßnahmen ausgebaut oder auch die Inklusivität der Bildungssysteme erhöht wird. In diesem Zusammenhang sollte insbesondere dafür gesorgt werden, dass benachteiligte Gruppen gleichberechtigt Zugang zu hochwertiger allgemeiner und beruflicher Bildung haben, da das Bildungsergebnis von Kindern und Jugendlichen gegenwärtig maßgeblich durch ihren sozioökonomischen Hintergrund bestimmt wird.

Verschiedene Formen von Ungleichheit beeinträchtigen das Wachstum und den sozialen Zusammenhalt. Die Gewährleistung eines gleichberechtigten Zugangs zu Bildung und einer hochwertigen Gesundheitsversorgung sowie die Stärkung der Langzeitpflege werden auch insofern an Bedeutung gewinnen, als COVID-19 noch auf Jahre hinaus weitreichende Auswirkungen auf die öffentliche Gesundheit haben wird. Qualitativ hochwertige, solide finanzierte, erschwingliche und zugängliche Gesundheitsdienste tragen zu einer gesunden und widerstandsfähigen Gesellschaft und zur Gewährleistung produktiver Arbeitskräfte bei. Auch das anhaltend große Gefälle zwischen der Beschäftigungsquote und den Löhnen von Männern und Frauen muss angegangen werden. In diesem Zusammenhang bedarf es insbesondere angemessener Strategien zur Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben, der Gewährleistung des Zugangs zu hochwertiger Kinderbetreuung, Einkommensstützungsregelungen, Reformen der Steuer- und Sozialleistungssysteme zur Förderung der Schaffung hochwertiger Arbeitsplätze sowie des Abbaus von Negativanreizen für Erwerbstätigkeit. Reformen der Sozialschutzsysteme können ebenso zu Verringerung solcher Ungleichheiten beitragen wie steuerliche Reformen, durch die beispielsweise die Steuerlast vom Faktor Arbeit auf weniger verzerrende Steuern verlagert wird.

Makroökonomische Stabilität

Die Mitgliedstaaten sollten 2021 angesichts der gegenwärtig aktivierten allgemeinen Ausweichklausel weiterhin gezielte und befristete fiskalische Unterstützung leisten, dabei jedoch die mittelfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen wahren. Sie sollten schrittweise von Notfall-Schutzmaßnahmen zu Maßnahmen übergehen, die die Reallokation von Ressourcen fördern und die Konjunktur ankurbeln helfen. Wenn die wirtschaftlichen Bedingungen dies zulassen, sollte die Haushaltspolitik darauf ausgerichtet sein, mittelfristig eine vorsichtige Haushaltslage wiederherzustellen, die Schuldentragfähigkeit zu gewährleisten und gleichzeitig die Investitionen zu erhöhen. Im Laufe der Zeit sollten auch wieder Haushaltspuffer aufgebaut werden, um für künftige Krisen gewappnet zu sein. Durch die Aktivierung der allgemeinen Ausweichklausel werden die Verfahren des Stabilitäts- und Wachstumspakts nicht ausgesetzt.

Die Qualität der öffentlichen Finanzen sollte verbessert werden, um das Wachstumspotenzial zu steigern und den wirtschaftlichen Wandel zu unterstützen. Darüber hinaus kommt es angesichts der in den Mitgliedstaaten in nie da gewesener Höhe angenommenen Fiskalpakete und der damit verbundenen zunehmenden Bedeutung des öffentlichen Sektors in der Wirtschaft besonders darauf an, dass die öffentlichen Verwaltungen wirksam und effizient agieren. Was die künftige Entwicklung betrifft, so werden sich diejenigen Mitgliedstaaten, die einen soliden Umgang mit den öffentlichen Finanzen sicherstellen, rascher von der Krise erholen. Öffentliche Ausgaben müssen den ökologischen und digitalen Wandel unterstützen, unter anderem durch ein umweltgerechtes und digitales öffentliches Beschaffungswesen sowie eine umweltgerechte Haushaltsplanung. Darüber hinaus werden die Bepreisung von Kohlendioxidemissionen und die Umweltbesteuerung wichtige umwelt- und steuerpolitische Instrumente zur Umsetzung des ökologischen Wandels sein. Damit die für die Ankurbelung der Konjunktur mobilisierten öffentlichen Gelder eine Hebelwirkung entfalten, müssen mehr Anreize für private Finanzierungen gesetzt werden, beispielsweise durch eine weitere Vertiefung der Kapitalmarktunion sowie die Förderung der lokalen Kapitalmärkte und eines nachhaltigen Finanzwesens.

Es sollten geeignete Maßnahmen getroffen werden, um sicherzustellen, dass die private Verschuldung in geordneten Bahnen verläuft. Die COVID-19-Krise verringert die Beschäftigung und beeinträchtigt die Rentabilität der Unternehmen. Infolgedessen nimmt die private Verschuldung zu und verschlechtern sich die Aussichten auf eine fristgerechte Rückzahlung der ausstehenden Schulden. Vor diesem Hintergrund müssen die Voraussetzungen für schnelle und wirksame Abhilfemaßnahmen geschaffen werden, unter anderem in Bezug auf die Insolvenzbestimmungen; gleichzeitig muss sichergestellt werden, dass die Kreditvergabe an Unternehmen und private Haushalte im Einklang mit den zwischen dem Finanzsektor, Verbrauchern und Unternehmen vereinbarten bewährten Verfahren aufrechterhalten wird.

IV.Förderung von Reformen und Investitionen zur Unterstützung einer robusten Erholung: Europäische Leitinitiativen

In den Plänen wird sich zwar die spezifische Situation der einzelnen Mitgliedstaaten widerspiegeln, doch gibt es einige gemeinsame Herausforderungen, die koordinierte Investitionen und Reformen erforderlich machen. Mit der Aufbau- und Resilienzfazilität bietet sich die Gelegenheit, europäische Leitinitiativen ins Leben zu rufen, die den Unternehmen und den Bürgerinnen und Bürgern EU-weit spürbare Vorteile bringen werden. Diese Leitinitiativen sollten Themen gewidmet sein, die für alle Mitgliedstaaten von Belang sind, erhebliche Investitionen erfordern, Beschäftigung und Wachstum schaffen und für den doppelten Übergang unentbehrlich sind. Die Kommission fordert die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, in ihre Aufbau- und Resilienzpläne Investitionen und Reformen in den nachstehend aufgeführten Bereichen aufzunehmen. Mit der Strategie der Leitinitiativen wird gewährleistet, dass sich Europa erfolgreich erholt und zu einem digitalen und grüneren Kontinent wird, während der Zusammenhalt zwischen den Mitgliedstaaten gestärkt wird.

1.Hochfahren – Zukunftsfähige saubere Technologien sollen möglichst früh eingeführt werden, während die Entwicklung und Nutzung erneuerbarer Energien und ihre Integration über modernisierte Netze und verbesserte Interkonnektivität beschleunigt werden soll. Mit der Leitinitiative werden die Fundamente für Wasserstoff-Leitmärkte in Europa und die damit verbundene Infrastruktur gelegt. In diesem Rahmen sollen der Aufbau und die Sektorintegration von fast 40 % der bis 2030 benötigten 500 GW Stromerzeugung aus erneuerbaren Energiequellen sowie die Schaffung von 6 GW Elektrolyseleistung und die Erzeugung und Beförderung von 1 Mio. t erneuerbarem Wasserstoff in der gesamten EU bis 2025 unterstützt werden.

2.Renovieren – Die Verbesserung der Energie- und Ressourceneffizienz öffentlicher und privater Gebäude trägt wesentlich zur Verwirklichung der Klimaziele der EU bei, schafft in allen Mitgliedstaaten dezentral zahlreiche Arbeitsplätze und bringt die digitale Entwicklung durch intelligentes Wohnen und intelligente Verbrauchsmessung voran. Bis 2025 wird die Leitinitiative zu einer Verdopplung der Renovierungsrate und zur Förderung umfassender Renovierungen beitragen.

3.Aufladen und Betanken – Die Förderung zukunftsfähiger sauberer Technologien zur Beschleunigung der Nutzung nachhaltiger, zugänglicher und intelligenter Verkehrsmittel, der Errichtung von Ladestationen und Tankstellen und des Ausbaus der öffentlichen Verkehrsnetze macht die europäischen Städte und Regionen sauberer, beschleunigt den industriellen Wandel und trägt zur Verwirklichung der Klimaziele von Paris bei. Bis 2025 soll im Rahmen der Leitinitiative eine der bis 2030 benötigten drei Millionen Ladestationen und die Hälfte der 1000 benötigten Wasserstoffstationen gebaut werden.

4.Anbinden – Die Bürgerinnen und Bürger und die Unternehmen in Europa sollten Zugang zu schnellen Breitbanddiensten haben. Derzeit haben nur 44 % der Haushalte Zugang zu Netzen mit sehr hoher Kapazität, die zumindest eine Gigabit-Anbindung ermöglichen, wobei die Netzabdeckung in ländlichen Gebieten noch deutlich darunter liegt. Der zügige Ausbau schneller Breitbanddienste zugunsten aller Regionen und Haushalte, einschließlich Glasfaser- und 5G-Netzen, und die Entwicklung der Quantenverschlüsselungskommunikation sind von wesentlicher Bedeutung, um in Gebieten, die nicht vom Markt versorgt werden, für eine möglichst hohe territoriale Abdeckung zu sorgen und gleichzeitig die offene strategische Autonomie der EU zu gewährleisten. Während die städtischen Gebiete und die wichtigsten Adern des Landverkehrs rascher durch private Finanzierung abgedeckt sein dürften, sollte mit der Aufbau- und Resilienzfazilität dafür gesorgt werden, dass bis 2025 eine möglichst hohe 5G-Versorgung in allen Gebieten gewährleistet ist.

5.Modernisieren – EU-Ausweisdienste und wichtige digitale öffentliche Dienste sollten modernisiert und für alle zugänglich sein. Mit einer sicheren und EU-weiten elektronischen Identifizierung und Authentifizierung gegenüber Regierungsstellen und privaten Akteuren und dem Zugang zu deren Diensten werden die Bürgerinnen und Bürgern Kontrolle über ihre Online-Identität und ihre Daten erhalten und der Zugang zu digitalen Online-Diensten erleichtert werden. Die Digitalisierung wird die öffentliche Verwaltung und die öffentlichen Dienstleistungen effizienter machen, einschließlich des Justiz- und des Gesundheitssystems. Bis 2025 sollten die Mitgliedstaaten eine europäische digitale Identität (e-ID) einführen und die Behörden interoperable, personalisierte und benutzerfreundliche digitale öffentliche Dienste bereitstellen.

6.Expandieren – Der digitale Wandel in der EU hängt davon ab, dass die Cloud-Kapazitäten der europäischen Industrie gesteigert und die leistungsfähigsten, modernsten und nachhaltigsten Prozessoren entwickelt werden. Bis 2025 zielt die Leitinitiative darauf ab, die Produktion von Halbleitern in Europa zu verdoppeln und zehnmal energieeffizientere Prozessoren herzustellen. Damit wird es etwa möglich sein, zügig die Nutzung vernetzter Fahrzeuge voranzubringen und den Anteil derjenigen EU-Unternehmen, die fortgeschrittene Cloud-Dienste und Big Data nutzen, zu verdoppeln (von derzeit 16 %).

7.Umschulen und Weiterbilden – Nie da gewesene Investitionen in Umschulungs- und Weiterbildungsmaßnahmen sind von zentraler Bedeutung, um den ökologischen und digitalen Wandel zu unterstützen, das Innovations- und Wachstumspotenzial auszubauen, die wirtschaftliche und soziale Widerstandsfähigkeit zu stärken und für hochwertige Beschäftigung und soziale Inklusion zu sorgen. Die Investitionen und Reformen sollten auf digitale Kompetenzen und die allgemeine und berufliche Bildung in allen Altersgruppen ausgerichtet sein. Im Jahr 2019 verfügten immer noch 42 % der Europäer nicht über zumindest grundlegende digitale Kompetenzen. Bis 2025 sollte der Anteil der Europäer im Alter von 16 bis 74 Jahren mit grundlegenden digitalen Kompetenzen auf 70 % gesteigert werden. Die Bildungssysteme müssen weiter an die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts angepasst werden. Die Mitgliedstaaten sollten für eine erhebliche Verbesserung der digitalen Kompetenzen von Schülerinnen und Schülern sorgen, sodass der Anteil der 13- und 14-jährigen Schülerinnen und Schüler, deren Leistungen im Bereich der Computer- und Informationskompetenz unter dem Durchschnitt liegen, unter 15 % sinkt. Die Mitgliedstaaten sollten benachteiligte Gruppen, Frauen und vor allem junge Menschen, die in den Arbeitsmarkt eintreten, in den Vordergrund rücken und für diese hochwertige Beschäftigungsmöglichkeiten und ein angemessenes Angebot an Lehrstellen schaffen und die berufliche Bildung stärken. Bis 2025 sollten mindestens vier von fünf Personen mit abgeschlossener Berufsausbildung in Arbeit sein und drei von fünf Personen berufsbegleitende Weiterbildungsmaßnahmen absolvieren.

Die Schaffung der richtigen Voraussetzungen für eine zügige Umsetzung von Investitionsprojekten ist entscheidend für eine rasche Bereitstellung der Wiederaufbauhilfe. Für eine zügige Durchführung von Investitionen ist es unabdingbar festzustellen, wo in den Mitgliedstaaten und auf EU-Ebene Engpässe bestehen, und die Gründe dafür zu ermitteln. Hindernisse, die Investitionsprojekte gefährden können, sind vielfältiger Art und reichen vom bürokratischen Aufwand bei der Unternehmensgründung über einen Mangel an Qualifikationen, eine hohe oder komplexe Besteuerung und Steuerhinterziehung bis hin zu restriktiven sektorspezifischen Rechtsvorschriften oder langwierigen Gerichtsverfahren. Die erfolgreiche Umsetzung der Aufbau- und Resilienzfazilität hängt davon ab, dass Investitionshindernissen wirksam begegnet und das Unternehmensumfeld verbessert wird. Dies zeigt erneut, wie wichtig es ist, die Investitionspolitik durch ergänzende Strukturreformen zu unterstützen.

Die Mitgliedstaaten sollten ihre Aufmerksamkeit auf Investitionen richten, die dem Binnenmarkt zugutekommen. Grenzüberschreitende bzw. mehrere Länder umfassende Projekte sind von entscheidender Bedeutung, um bestimmte Investitionsarten zu fördern, z. B. Energieverbundnetze, Verkehrsnetze oder zukunftsorientierte digitale und grüne Projekte, die greifbare Vorteile für den Binnenmarkt bringen werden. Die Kommission wird proaktiv sicherstellen, dass länderübergreifende Projekte allen interessierten Mitgliedstaaten offenstehen, um das Potenzial zur Integration der Wertschöpfungsketten zu maximieren, die Widerstandsfähigkeit der industriellen Ökosysteme zu stärken und den Binnenmarkt zu vertiefen – ganz im Sinne der mit der Fazilität verfolgten Ziele des wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalts. Grenzüberschreitende bzw. mehrere Länder umfassende Projekte würden – insbesondere wenn noch andere EU-Programme beteiligt sind – von einer effizienten Koordinierung profitieren; die Kommission ist bereit, dafür zu sorgen. Viele dieser Projekte werden auch die strategische Autonomie der europäischen Wirtschaft stärken.

Die Mitgliedstaaten müssen die Absorptionsfähigkeit für EU-Mittel auf nationaler Ebene erhöhen. Daher sollten sie sich auf die länderspezifischen Empfehlungen konzentrieren, die besonders wichtig sind, um die Durchführung von Reformen und damit zusammenhängenden Investitionen zu erleichtern. Rechtsstaatlichkeit und verantwortungsvolle Staatsführung, wirksame Institutionen, unabhängige und effiziente Justizsysteme, eine hochwertige öffentliche Verwaltung, ein robuster Rahmen für die Bekämpfung von Korruption, Geldwäsche und Betrug, eine effiziente öffentliche Auftragsvergabe, wirksame Insolvenzregelungen und effiziente Steuersysteme sind wichtige Faktoren für das Unternehmensumfeld in einem Mitgliedstaat. All diese Faktoren können sich auf Entscheidungen über Investitionen und die Geschwindigkeit, mit der die beteiligten Akteure Investitionsprojekte in Gang bringen, auswirken. Auch auf EU-Ebene sollten die Arbeiten zu rechtlichen und verfahrenstechnischen Aspekten beschleunigt werden, um die Anstrengungen der Mitgliedstaaten zu ergänzen – insbesondere auch zum Schutz der finanziellen Interessen der Union. Die Kommission wird weitere Orientierungshilfen zu den wichtigsten Maßnahmen geben, die ergriffen werden können, um eine rasche Durchführung der Investitionen zu gewährleisten, und den Mitgliedstaaten bei der Umsetzung der Aufbau- und Resilienzpläne im Rahmen des Instruments für technische Unterstützung Hilfestellung leisten.

Die Mittel, die die Mitgliedstaaten im Rahmen der Aufbau- und Resilienzfazilität erhalten, kommen zu den Mitteln hinzu, die sie normalerweise im Rahmen der EU-Kohäsionspolitik oder aus anderen EU-Quellen erhalten. Um für Kohärenz und Synergien zu sorgen, können die Mitgliedstaaten Finanzmittel aus verschiedenen Instrumenten kombinieren, wobei jedoch Doppelfinanzierungen zu vermeiden und die verschiedenen Finanzierungsbeiträge in den Aufbau- und Resilienzplänen der Mitgliedstaaten auszuweisen sind. Es wird darauf ankommen, dass die Mitgliedstaaten sowohl für die Planungs- als auch für die Durchführungsphase robuste Koordinierungsmechanismen einrichten und einen umfassenden Dialog mit Interessenträgern und regionalen, wirtschaftlichen und sozialen Partnern gewährleisten. Die Aufbau- und Resilienzfazilität kann auch genutzt werden, um private Investitionen zu fördern, etwa zusammen mit InvestEU oder mit Missionen und Partnerschaften im Rahmen von Horizont Europa. Die Aufbau- und Resilienzfazilität wird für Großprojekte, die auf nationaler Ebene durchgeführt werden, von besonderem Nutzen sein. Angesichts des Zeithorizonts 2023 für die Mittelbindung im Rahmen der Aufbau- und Resilienzfazilität können sich die Mitgliedstaaten auf diejenigen Projekte konzentrieren, deren Vorbereitung bereits relativ weit fortgeschritten ist.

V.Alle Teile des Europäischen Semesters sollten miteinander verknüpft werden, um den Schwerpunkt auf Reformen und Investitionen zu legen

Das Europäische Semester und die neue Aufbau- und Resilienzfazilität sind untrennbar miteinander verbunden. Die Bewertung der Aufbau- und Resilienzpläne wird anhand der länderspezifischen Empfehlungen überprüft. Da sich die Fristen für das Europäische Semester und für die Aufbau- und Resilienzfazilität überschneiden werden, muss das Europäische Semester vorübergehend an den Start der Aufbau- und Resilienzfazilität angepasst werden.

Die Aufbau- und Resilienzpläne werden als wichtigstes Referenzdokument zu den zukunftsorientierten politischen Initiativen der Mitgliedstaaten dienen. Angesichts der Komplementarität mit dem Semester und zur Straffung des Inhalts und der Zahl der erforderlichen Dokumente werden die Mitgliedstaaten aufgefordert, das nationale Reformprogramm und ihren Aufbau- und Resilienzplan in einem einzigen integrierten Dokument vorzulegen. Dieses Dokument soll einen Überblick über die Reformen und Investitionen geben, die der Mitgliedstaat im Einklang mit den Zielen der Aufbau- und Resilienzfazilität in den nächsten Jahren durchführen wird. Für die Mitgliedstaaten, die ihren Aufbau- und Resilienzplan im Jahr 2021 vorlegen, wird die Kommission den Vorschlägen für Durchführungsrechtsakte des Rates analytische Dokumente beifügen, in denen der Inhalt der Aufbau- und Resilienzpläne bewertet wird. Diese Dokumente werden 2021 die Länderberichte im Rahmen des Europäischen Semesters ersetzen. Das Paket mit Vorschlägen für Durchführungsrechtsakte und neu ausgerichtete Länderbewertungen wird je nach Vorlage der Aufbau- und Resilienzpläne und dem Abschluss der Bewertungen der Kommission gestaffelt veröffentlicht.

Angesichts der umfassenden und zukunftsorientierten politischen Ausrichtung der Aufbau- und Resilienzpläne wird es nicht erforderlich sein, dass die Kommission im Jahr 2021 für Mitgliedstaaten, die einen solchen Plan vorgelegt haben, länderspezifische Empfehlungen abgibt. Die Kommission wird 2021 dennoch – wie im Stabilitäts- und Wachstumspakt vorgesehen – Empfehlungen zur Haushaltslage der Mitgliedstaaten vorlegen. Die Umsetzung der Reformen wird auf der Grundlage der länderspezifischen Empfehlungen der Vorjahre weiterhin überwacht.

Der durch die COVID-19-Krise verursachte starke Konjunkturrückgang birgt – insbesondere aufgrund der wachsenden Verschuldung von Unternehmen und Haushalten und damit verbundener Auswirkungen auf den Finanzsektor – das Risiko neuer makroökonomischer Ungleichgewichte. Die Überwachung im Rahmen des Verfahrens bei einem makroökonomischen Ungleichgewicht muss daher im kommenden Zyklus vorrangig auf solche unvermittelt auftretende Risiken ausgerichtet sein. Dies wird ein zentraler Schwerpunkt des Warnmechanismus-Berichts im November 2020 sein. Im Zuge der Bewertung der Stabilitäts- und Konvergenzprogramme, die die Mitgliedstaaten bis Ende April 2021 vorlegen müssen, wird die Kommission auch eingehende Überprüfungen des aktuellen Stands der Ungleichgewichte in den ausgewählten Mitgliedstaaten vornehmen.

In Zypern, Irland, Spanien und Portugal läuft derzeit die Überwachung nach Abschluss des Anpassungsprogramms, mit der die wirtschaftliche, haushaltspolitische und finanzielle Lage mit Blick auf mögliche Risiken im Zusammenhang mit ihren Rückzahlungskapazitäten bewertet wird. Dazu gehört auch eine sechsmonatliche Berichterstattung. 7 Im Falle Griechenlands wird die verstärkte Überwachung seit dem Ende des makroökonomischen Anpassungsprogramms im August 2018 durchgeführt. Angesichts der Einführung der Aufbau- und Resilienzfazilität wird es wichtig sein, für Kohärenz zwischen den Instrumenten zu sorgen, den Berichtsaufwand so gering wie möglich zu halten und unnötige Doppelarbeit zu vermeiden, und dabei gleichzeitig die Einhaltung der unterschiedlichen rechtlichen und institutionellen Anforderungen zu gewährleisten. Die Kommission wird die Berichterstattungstätigkeiten im Rahmen der Überwachung nach Abschluss des Anpassungsprogramms und der verstärkten Überwachung so weit wie möglich an den gestrafften Zeitplan des Europäischen Semesters anpassen. Ab Herbst 2020 wird die Kommission die halbjährlichen Berichte über die Überwachung nach Abschluss des Anpassungsprogramms sowie zwei der vierteljährlichen Berichte über Griechenland im Rahmen der breiter angelegten wirtschafts- und haushaltspolitischen Überwachungspakete im November und im Mai veröffentlichen.

VI.Schlussfolgerung

Von entscheidender Bedeutung wird sein, dass sich die Mitgliedstaaten zur Ausarbeitung ihrer Aufbau- und Resilienzpläne so bald wie möglich in einen breit angelegten politischen Dialog einbringen, in den die Sozialpartner und alle anderen einschlägigen Interessenträger einbezogen werden. Nationale Eigenverantwortung wird eine wesentliche Voraussetzung für eine erfolgreiche Umsetzung der Fazilität und die Gewährleistung eines dauerhaften Erfolgs auf nationaler Ebene sowie die Glaubwürdigkeit auf europäischer Ebene sein. Die Kommission ist bereit, in enger Zusammenarbeit mit den zuständigen nationalen Behörden und den einschlägigen Interessenträgern Konsultationen und Informationsmaßnahmen auf allen Ebenen durchzuführen sowie gegebenenfalls technische Unterstützung zu leisten. Die Kommission fordert die Mitgliedstaaten auf, eng mit ihren Dienststellen zusammenzuarbeiten, um die Entwürfe für die Pläne frühzeitig zu besprechen. Um die Kohärenz zwischen den Plänen der Mitgliedstaaten zu gewährleisten, stellen die Dienststellen der Kommission den Mitgliedstaaten zusätzliche Orientierungshilfen für eine optimale Präsentation ihrer Aufbau- und Resilienzpläne bereit. Die Kommission wird gleichzeitig mit dem Europäischen Parlament im Rahmen des regelmäßigen wirtschaftspolitischen Dialogs einen Gedankenaustausch über den aktuellen Stand des Aufbaus führen.

Die Umsetzung der Aufbau- und Resilienzfazilität ist eine gemeinsame Anstrengung, die in zahlreichen parallelen Schritten erfolgt. Die Kommission fordert das Europäische Parlament und den Rat auf, so rasch wie möglich eine Einigung über den Gesetzgebungsakt zu erzielen, damit die Fazilität ab dem 1. Januar 2021 einsatzbereit ist.

(1)

Siehe „European Economic Forecast (Summer 2020)“, European Economy – Institutional Paper, 132 (Juli).

(2)

Verordnung (EU) 2020/672 des Rates zur Schaffung eines Europäischen Instruments zur vorübergehenden Unterstützung bei der Minderung von Arbeitslosigkeitsrisiken in einer Notlage (SURE) im Anschluss an den COVID‐19‐Ausbruch; finanzieller Beistand in Form von Darlehen in Höhe von 100 Mrd. EUR für die Mitgliedstaaten, die einen entsprechenden Antrag stellen.

(3)

CRII und CRII+, Verordnung (EU) 2020/460 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. März 2020 und Verordnung (EU) 2020/558 vom 23. April 2020.

(4)

COM(2020) 456 final.

(5)

Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat: „2020 Strategic Foresight Report, Charting the course towards a more resilient Europe“ (Strategische Vorausschau 2020: Weichenstellung für ein widerstandsfähigeres Europa).

(6)

Verordnung (EU) 2020/852.

(7)

   Verordnung (EU) Nr. 472/2013.

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