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Document 62023CC0314

    Schlussanträge des Generalanwalts M. Szpunar vom 6. Juni 2024.


    ECLI identifier: ECLI:EU:C:2024:475

    Vorläufige Fassung

    SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS

    MACIEJ SZPUNAR

    vom 6. Juni 2024(1)

    Rechtssache C314/23

    Sindicato de Tripulantes Auxiliares de Vuelo de Líneas Aéreas (STAVLA),

    Ministerio Fiscal

    gegen

    Air Nostrum, Líneas Aéreas del Mediterráneo SA,

    Federación de Servicios de Comisiones Obreras (CCOO),

    Unión General de Trabajadores (UGT),

    Unión Sindical Obrera (USO),

    Comité de empresa de Air Nostrum Líneas Aéreas del Mediterráneo SA,

    Dirección General de Trabajo,

    Instituto de las Mujeres,

    Beteiligte:

    Sindicato Español de Pilotos de Líneas Aéreas (SEPLA),

    Sindicato Unión Profesional de Pilotos de Aerolíneas (UPPA)

    (Vorabentscheidungsersuchen der Audiencia Nacional [Nationaler Gerichtshof, Spanien])

    „Vorlage zur Vorabentscheidung – Verwirklichung des Grundsatzes der Chancengleichheit und Gleichbehandlung von Männern und Frauen in Arbeits- und Beschäftigungsfragen – Richtlinie 2006/54/EG – Art. 14 – Verbot mittelbarer Diskriminierung aufgrund des Geschlechts – Tarifverträge mit unterschiedlichen Tagegeldbeträgen, die Piloten und Mitarbeitern des Flugkabinenpersonals als Zuschuss zu ihrer Verpflegung auf Reisen zu gewähren sind“






    I.      Einleitung

    1.        Kann es nach der Richtlinie 2006/54/EG(2) sachlich gerechtfertigt sein, wenn Mitglieder des Kabinenpersonals einer Fluggesellschaft zur Deckung der auf Dienstreisen anfallenden Verpflegungskosten ein Tagegeld in geringerer Höhe als Piloten erhalten und sich dieser Unterschied aus der Anwendung zweier Tarifverträge ergibt? Diese Frage steht im Mittelpunkt der vorliegenden Rechtssache.

    2.        Das Vorabentscheidungsersuchen, das von der Audiencia Nacional (Nationaler Gerichtshof, Spanien) eingereicht worden ist, bezieht sich auf die Auslegung von Art. 14 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2006/54.

    3.        Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen einer Gewerkschaft, die Mitglieder des Flugkabinenpersonals vertritt, und einer Fluggesellschaft über eine Klage auf teilweise Nichtigerklärung des für die Mitglieder des Flugkabinenpersonals dieser Gesellschaft geltenden Tarifvertrags.

    4.        Die vorliegende Rechtssache bietet dem Gerichtshof eine weitere Gelegenheit, auf Aspekte im Zusammenhang mit dem Verbot von Diskriminierung aufgrund des Geschlechts in Arbeits- und Beschäftigungsfragen und insbesondere auf die Frage der sachlichen Rechtfertigung einer Maßnahme zurückzukommen, mit der eine Ungleichbehandlung in Bezug auf Arbeitsbedingungen eingeführt wird, wenn sich diese Ungleichbehandlung aus der Anwendung zweier gesonderter Tarifverträge ergibt, die zwischen dem Arbeitgeber und den verschiedenen Gewerkschaften ausgehandelt worden sind.

    II.    Rechtlicher Rahmen

    A.      Unionsrecht

    5.        Art. 2 („Begriffsbestimmungen“) Abs. 1 der Richtlinie 2006/54 bestimmt:

    „Im Sinne dieser Richtlinie bezeichnet der Ausdruck

    b)      ‚mittelbare Diskriminierung‘ eine Situation, in der dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen des einen Geschlechts in besonderer Weise gegenüber Personen des anderen Geschlechts benachteiligen können, es sei denn, die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel sind zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich;

    …“

    6.        Art. 14 („Diskriminierungsverbot“) Abs. 1 der Richtlinie sieht vor:

    „Im öffentlichen und privaten Sektor einschließlich öffentlicher Stellen darf es in Bezug auf folgende Punkte keinerlei unmittelbare oder mittelbare Diskriminierung aufgrund des Geschlechts geben:

    c)      die Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen einschließlich der Entlassungsbedingungen sowie das Arbeitsentgelt nach Maßgabe von Artikel 141 des Vertrags;

    …“

    B.      Spanisches Recht

    7.        Das Real Decreto Legislativo 2/2015 por el que se aprueba el texto refundido de la Ley del Estatuto de los Trabajadores (Königliches Gesetzesdekret Nr. 2/2015 zur Billigung der Neufassung des Gesetzes über das Arbeitnehmerstatut) vom 23. Oktober 2015(3) (im Folgenden: Gesetz über das Arbeitnehmerstatut) bestimmt in seinem Art. 3 („Quellen des Arbeitsverhältnisses“):

    „(1)      Die Rechte und Pflichten in Bezug auf das Arbeitsverhältnis werden geregelt

    a)      durch staatliche Rechts- und Verwaltungsvorschriften;

    b)      durch Tarifverträge;

    …“

    8.        Art. 4 Abs. 2 Buchst. c dieses Gesetzes sieht vor:

    „Im Arbeitsverhältnis haben die Arbeitnehmer das Recht,

    c)      bei oder nach der Einstellung keiner unmittelbaren oder mittelbaren Diskriminierung aufgrund des Geschlechts ausgesetzt zu werden …“.

    9.        Art. 17 Abs. 1 des genannten Gesetzes hat folgenden Wortlaut:

    „Rechtsvorschriften, tarifvertragliche Klauseln, individuelle Vereinbarungen und einseitige Entscheidungen des Arbeitgebers, die bei der Beschäftigung und im Hinblick auf das Arbeitsentgelt, die Arbeitszeit und auf sonstige Arbeitsbedingungen zu … Diskriminierungen aufgrund des Geschlechts … führen, sind nichtig und unwirksam.“

    10.      In Art. 26 Abs. 2 desselben Gesetzes heißt es:

    „Beträge, die der Arbeitnehmer als Entschädigung oder zur Erstattung von Auslagen für von ihm im Zusammenhang mit seiner Berufstätigkeit getätigte Ausgaben erhält, Leistungen und Entschädigungen der sozialen Sicherheit sowie Entschädigungen für Versetzungen, Beurlaubungen oder Entlassungen fallen nicht unter den Begriff des Arbeitsentgelts.“

    11.      Art. 87 des Gesetzes über das Arbeitnehmerstatut lautet:

    „(1) Zur Aushandlung von Tarifverträgen auf betrieblicher oder untergeordneter Ebene sind in Vertretung der Arbeitnehmer der Betriebsrat, gegebenenfalls die Personalvertreter, oder gewerkschaftliche Arbeitsgruppen berechtigt, wenn sie zusammen die Mehrheit der Mitglieder des Betriebsrats stellen.

    Die Verhandlungen werden von den gewerkschaftlichen Arbeitsgruppen geführt, wenn sich diese darüber verständigt haben, vorausgesetzt, sie stellen die Mehrheit der Mitglieder im Betriebsrat oder unter den Personalvertretern.

    Für Tarifverträge, die sich an eine Gruppe von Arbeitnehmern mit einem spezifischen Berufsbild richten, sind gewerkschaftliche Arbeitsgruppen, die mehrheitlich von den von ihnen Vertretenen in persönlicher, freier, unmittelbarer und geheimer Wahl benannt worden sind, verhandlungsberechtigt.“

    12.      Der IV Convenio colectivo de Air Nostrum (personal de tierra y TCP’S[(4)]) (IV. Tarifvertrag der Air Nostrum [Boden- und Flugkabinenpersonal]), eingetragen und veröffentlicht durch die Resolución de la Dirección General de Trabajo (Entschließung der Generaldirektion für Arbeit) vom 18. Dezember 2018(5), in seiner auf den Sachverhalt des Ausgangsverfahrens anwendbaren Fassung (im Folgenden: PNC‑Vereinbarung), unterzeichnet von der Geschäftsleitung auf der einen und den Gewerkschaften Unión general de trabajadores (Allgemeine Arbeiterunion [UGT]), Comisiones obreras (Arbeiterkommissionen [CCOO]) und Unión Sindical Obrera (Arbeitergewerkschaftsunion [USO]) auf der anderen Seite, regelt in seinen Art. 59 bis 93 die Arbeitsbedingungen des Flugkabinenpersonals (im Folgenden: PNC).

    13.      Art. 93 („Tagegeld“) der PNC‑Vereinbarung definiert den Begriff „Tagegeld“ als den „Betrag, mit dem das [PNC] für die nicht mit Beförderung und Unterkunft zusammenhängenden Kosten für Reisen entschädigt wird, die inhaltlich zu seiner Arbeitsleistung gehören“. In diesem Artikel heißt es: „Es wird ausdrücklich vereinbart, dass das Tagegeldsystem das Unternehmen von der Übernahme der Kosten für die Verpflegung auf Reisen entbindet.“

    14.      Der Convenio Colectivo de Air Nostrum (pilotos) (Tarifvertrag für Air Nostrum [Piloten]), eingetragen und veröffentlicht durch die Resolución de la Dirección General de Trabajo (Entschließung der Generaldirektion für Arbeit) vom 10. März 2020(6), in seiner auf den Sachverhalt des Ausgangsverfahrens anwendbaren Fassung (im Folgenden: PNT‑Vereinbarung), unterzeichnet von der Geschäftsleitung auf der einen und den gewerkschaftlichen Arbeitsgruppen der Gewerkschaften Sindicato Español de Pilotos de Líneas Aéreas (spanische Gewerkschaft der Linienpiloten [im Folgenden: SEPLA]) und Sindicato Unión Profesional de Pilotos de Aerolíneas (UPPA) auf der anderen Seite, regelt die Arbeitsverhältnisse der Piloten (technisches Flugpersonal, im Folgenden: PNT).

    15.      Art. 16.19 („Tagegeld“) der PNT‑Vereinbarung bestimmt, dass „Tagegeld … der Betrag [ist], der anfällt, damit der Pilot die Kosten decken kann, die ihm durch Reisen zu betrieblichen Zwecken oder durch Aufenthalte fern seines Stammflughafens entstehen und die nicht Unterkunfts- oder Beförderungskosten sind“. Nach diesem Artikel wird ausdrücklich vereinbart, dass das Tagegeldsystem das Unternehmen von der Übernahme der Kosten für jegliche Art von Verpflegung befreit.

    III. Sachverhalt des Ausgangsrechtsstreits, Vorlagefrage und Verfahren vor dem Gerichtshof

    16.      Die Arbeitsbeziehungen zwischen der Air Nostrum, Líneas Aéreas del Mediterráneo SA (im Folgenden: Air Nostrum) und ihrem PNC werden durch die PNC‑Vereinbarung sowie die Arbeitsbeziehungen zwischen Air Nostrum und ihrem PNT durch die PNT‑Vereinbarung geregelt. Art. 93 der PNC‑Vereinbarung und Art. 16.19 der PNT‑Vereinbarung regeln das Tagegeld, das u. a. die Kosten deckt, die dem PNC bzw. dem PNT auf Reisen im Rahmen der Erbringung ihrer Arbeitsleistung entstehen (im Folgenden: Tagegeld).

    17.      Am 8. November 2022 erhob das Sindicato de Tripulantes Auxiliares de Vuelo de Líneas Aéreas (Gewerkschaft der Flugbegleiter der Luftfahrtgesellschaften, im Folgenden: STAVLA) – eine Gewerkschaft, die das PNC vertritt – beim vorlegenden Gericht Klage auf Grundrechtsschutz durch die Verfahrensmodalität der Anfechtung eines Tarifvertrags („procedimiento de impugnación de convenio colectivo“), insbesondere auf Nichtigerklärung von Art. 93 und Anhang I der PNC‑Vereinbarung, soweit dieser Artikel die Höhe der Tagegelder festlegt. Da, worauf das vorlegende Gericht hinweist, Frauen 94 % des PNC und Männer 93,71 % des PNT ausmachen, stellt es nach Ansicht dieser Gewerkschaft eine durch Art. 14 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2006/54 verbotene mittelbare Diskriminierung aufgrund des Geschlechts bei den Arbeitsbedingungen dar, wenn der in der PNC‑Vereinbarung vorgesehene Tagegeldbetrag erheblich niedriger ist als der Betrag, der in der PNT‑Vereinbarung vorgesehen ist, um die gleiche Situation zu bewältigen.

    18.      Das vorlegende Gericht stellt klar, dass die als Tagegelder gezahlten Beträge weder nach spanischem Arbeitsrecht, da sie ausdrücklich vom Begriff „Arbeitsentgelt“ in Art. 26 Abs. 2 des Gesetzes über das Arbeitnehmerstatut ausgeschlossen seien, noch im Einklang mit Art. 157 AEUV und Art. 2 Abs. 1 Buchst. e der Richtlinie 2006/54 aus Sicht des Unionsrechts als Arbeitsentgelt gelten würden. Da mit diesen Entschädigungen keine bestimmte Arbeit nach Zeit- oder Arbeitseinheiten vergütet werde, könne der unterschiedliche Wert der vom PNT und vom PNC geleisteten Arbeit keinen Gesichtspunkt darstellen, der eine Ungleichbehandlung in Bezug auf ihre Höhe rechtfertige. Solche Entschädigungen, die gezahlt würden, um die auf Reisen entstehenden Kosten, beispielweise für die tägliche Verpflegung außerhalb des gewöhnlichen Aufenthaltsorts, zu decken, fielen daher unter die Arbeitsbedingungen.

    19.      Daraus ergebe sich, dass bei Air Nostrum eine Gruppe von Arbeitnehmern, die mehrheitlich aus Frauen bestehe, als Ausgleich für Kosten, insbesondere für Verpflegung, die ihnen auf Reisen entstünden, einen Betrag erhalte, der deutlich niedriger sei als der Betrag, den eine andere Gruppe von Arbeitnehmern, die mehrheitlich aus Männern bestehe, erhalte, um die gleichen Kosten zu decken, die sich aus dem gleichen Grund ergäben.

    20.      Das vorlegende Gericht vertritt die Auffassung, dass eine mittelbare Diskriminierung aufgrund des Geschlechts vorläge, wenn in demselben Tarifvertrag unterschiedliche Tagegeldsätze festgelegt worden wären(7). Es bezweifelt hingegen, dass im vorliegenden Fall eine solche Diskriminierung vorliegt, da die Ungleichbehandlung damit zusammenhänge, dass das Unternehmen zwei verschiedene Tarifverträge anwende, die mit unterschiedlichen Gewerkschaftsvertretungen ausgehandelt worden seien. Es sei mithin anzunehmen, dass jede Gewerkschaftsvertretung in den einzelnen Verhandlungsrunden bestimmten Forderungen gegenüber dem Unternehmen den Vorzug vor anderen gegeben habe.

    21.      Außerdem sei die PNC‑Vereinbarung zum Zeitpunkt der Aushandlung der PNT‑Vereinbarung durch Air Nostrum bereits unterzeichnet gewesen, so dass diese die für die Tagegelder des PNC festgelegten Beträge gekannt habe.

    22.      Unter den gegebenen Umständen hat die Audiencia Nacional (Nationaler Gerichtshof) mit Entscheidung vom 17. März 2023, beim Gerichtshof eingegangen am 22. Mai 2023, beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen:

    Stellt der Umstand, dass Air Nostrum eine Gruppe wie die des PNC, die zum Großteil aus Frauen besteht, für Reisekosten dieses Personals, die nicht mit Beförderung und Unterkunft zusammenhängen, mit einem geringeren Betrag entschädigt als eine andere Gruppe von Arbeitnehmern wie die der Piloten, die mehrheitlich aus Männern besteht, eine unionsrechtswidrige, nach Art. 14 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2006/54 verbotene mittelbare Diskriminierung aufgrund des Geschlechts hinsichtlich der Arbeitsbedingungen dar, wenn diese unterschiedliche Behandlung deshalb erfolgt, weil für diese Gruppen unterschiedliche Tarifverträge gelten, die beide von demselben Unternehmen, aber gemäß Art. 87 des Gesetzes über das Arbeitnehmerstatut mit unterschiedlichen Gewerkschaftsvertretungen ausgehandelt worden sind?

    23.      Das Ministerio Fiscal (Staatsanwaltschaft, Spanien), die SEPLA, die spanische, die dänische und die schwedische Regierung sowie die Europäische Kommission haben schriftliche Erklärungen eingereicht.

    24.      Aus den dem Gerichtshof vorliegenden Akten geht hervor, dass die STAVLA ihre Klage am 21. September 2023 zurückgenommen hat. Während die übrigen Parteien des Ausgangsverfahrens keine Einwände gegen die Rücknahme und die Streichung der Rechtssache erhoben haben, ist die Staatsanwaltschaft hingegen der Ansicht gewesen, dass die Klage aufrechterhalten werden sollte(8).

    25.      Mit Beschluss vom 26. Oktober 2023 hat das vorlegende Gericht die Klagerücknahme durch die STAVLA zwar zur Kenntnis genommen, an seinem Vorabentscheidungsersuchen aber festgehalten, wobei die Staatsanwaltschaft anstelle der STAVLA als Klägerin angesehen worden ist.

    26.      Die Staatsanwaltschaft, Air Nostrum, die UGT, die SEPLA, die spanische, die dänische und die schwedische Regierung sowie die Kommission waren in der mündlichen Verhandlung vom 19. März 2024 vertreten.

    IV.    Würdigung

    27.      Mit seiner Vorlagefrage möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob Art. 14 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2006/54 dahin auszulegen ist, dass er einer Praxis entgegensteht, nach der eine Fluggesellschaft dem überwiegend aus Frauen bestehenden PNC zur Deckung der auf Dienstreisen anfallenden Verpflegungskosten ein Tagegeld in geringerer Höhe zahlt, als es dem überwiegend aus Männern bestehenden PNT aus dem gleichen Grund gezahlt wird, wenn sich diese Ungleichbehandlung aus der Anwendung zweier gesonderter Tarifverträge ergibt, die zwischen dem Arbeitgeber und den verschiedenen Gewerkschaften ausgehandelt worden sind.

    28.      Die Beteiligten des Ausgangsverfahrens sind insoweit geteilter Meinung über die Frage, ob eine Diskriminierung aufgrund des Geschlechts zum Nachteil des PNC vorliegt. Air Nostrum und die SEPLA sowie die dänische und die schwedische Regierung bestreiten nicht das Vorliegen einer solchen Diskriminierung, halten sie aber für gerechtfertigt durch die Autonomie der Sozialpartner, Tarifverträge auszuhandeln und abzuschließen, die für die von ihnen vertretenen Arbeitnehmer gelten. Bei der Anwendung eines Tarifvertrags dürften daher keine anderen Tarifverträge berücksichtigt werden, die derselbe Arbeitgeber möglicherweise mit den Gewerkschaftsvertretungen anderer Gruppen von Arbeitnehmern abgeschlossen habe.

    29.      Demgegenüber vertritt die UGT die Auffassung, es liege eine mittelbare Diskriminierung vor, da sich die fragliche Ungleichbehandlung unter Berufung auf das Recht auf Kollektivverhandlungen sachlich nicht rechtfertigen lasse. Die Tatsache, dass sich diese Ungleichbehandlung aus der Anwendung zweier gesonderter Tarifverträge ergebe, die zwischen dem Arbeitgeber und den verschiedenen Gewerkschaften ausgehandelt worden seien, wirke sich auf das Fehlen einer Rechtfertigung im Hinblick auf die Bestimmungen der Richtlinie 2006/54 nicht aus. Die Staatsanwaltschaft trägt vor, die PNC‑Vereinbarung beinhalte eine mittelbare Diskriminierung hinsichtlich der Arbeitsbedingungen innerhalb desselben Unternehmens, die unabhängig von der Quelle dieser Diskriminierung nicht zulässig sei, da die Ausübung des Rechts auf Kollektivverhandlungen nicht als sachliches Rechtfertigungskriterium angesehen werden könne. Das Recht auf Kollektivverhandlungen falle nämlich unter das Unionsrecht und müsse im Einklang mit diesem ausgeübt werden. Die spanische Regierung und die Kommission machen geltend, es sei Sache des vorlegenden Gerichts, zu prüfen, ob die fragliche Diskriminierung gerechtfertigt sei. Allerdings könne dabei der bloße Umstand, dass sich diese Diskriminierung aus zwei Tarifverträgen ergebe, nicht genügen, um die Ungleichbehandlung im Hinblick auf die Bestimmungen der Richtlinie 2006/54 zu rechtfertigen.

    30.      Um dem vorlegenden Gericht eine sachdienliche Antwort vorschlagen zu können, ist in diesem Zusammenhang zunächst zu prüfen, ob die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Tagegelder, die in der PNC‑Vereinbarung vorgesehen sind, in den Anwendungsbereich der Richtlinie 2006/54 fallen (Abschnitt B), und sodann zu untersuchen, ob die Zahlung dieser Gelder eine nach der Richtlinie verbotene Diskriminierung aufgrund des Geschlechts beinhalten kann (Abschnitt C). Vor dieser Analyse halte ich es für notwendig, kurz einige einleitende Bemerkungen zum primär- und sekundärrechtlichen Rahmen für die Grundsätze der Gleichheit, der Gleichbehandlung und der Nichtdiskriminierung zu machen, in den sich der vorliegende Rechtsstreit einfügt (Abschnitt A).

    A.      Einleitende Bemerkungen

    31.      Vorab stelle ich fest, dass sich die Europäische Union auf eine Reihe von Werten gründet, die in Art. 2 EUV enthalten sind. Diese Werte, deren integraler Bestandteil neben der Menschenwürde, der Freiheit, der Demokratie, der Rechtsstaatlichkeit und der Wahrung der Menschenrechte die „Achtung der Gleichheit“ ist, „bilden den Kern der Identität der Union“(9). Nach der genannten Vorschrift sind die Werte allen Mitgliedstaaten in einer Gesellschaft gemeinsam, die sich u. a. durch Nichtdiskriminierung und die Gleichheit von Frauen und Männern auszeichnet. Art. 3 Abs. 3 Unterabs. 2 EUV bestimmt, dass die Union im Rahmen der Errichtung des Binnenmarkts Diskriminierungen bekämpft und die Gleichstellung von Frauen und Männern fördert. Außerdem sieht Art. 21 Abs. 1 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden: Charta) das Verbot von Diskriminierungen wegen des Geschlechts vor, wobei diese Bestimmung eine besondere Ausprägung des in Art. 20 der Charta anerkannten allgemeinen Grundsatzes der Gleichbehandlung darstellt(10). Die Gleichheit von Männern und Frauen ist auch in Art. 23 der Charta verankert.

    32.      Im zweiten Erwägungsgrund der Richtlinie 2006/54 heißt es, dass „die Gleichstellung von Männern und Frauen [zugleich] Aufgabe und Ziel der [Union ist]“. In diesem Erwägungsgrund wird auch darauf hingewiesen, dass die Gleichstellung nach Art. 2 und Art. 3 Abs. 2 AEUV den Status eines „grundlegende[n] Prinzip[s]“ hat(11). Außerdem ist die Richtlinie auf der Grundlage von Art. 141 Abs. 3 des EG-Vertrags (nunmehr Art. 157 Abs. 3 AEUV) erlassen worden. Nach ihrem vierten Erwägungsgrund bietet sie „eine spezifische Rechtsgrundlage für den Erlass von [Maßnahmen] zur Sicherstellung des Grundsatzes der Chancengleichheit und der Gleichbehandlung in Arbeits- und Beschäftigungsfragen“. So ist es gemäß Art. 1 der Richtlinie 2006/54 deren Ziel, die Verwirklichung dieses Grundsatzes in Arbeits- und Beschäftigungsfragen sicherzustellen. Im Einklang damit verbietet Art. 14 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2006/54 jede unmittelbare oder mittelbare Diskriminierung aufgrund des Geschlechts in Bezug auf die Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen.

    33.      Dies ist also der Rahmen, in den sich die Vorabentscheidungsfrage des vorlegenden Gerichts allgemein einfügt.

    B.      Zum Vorliegen einer durch die Richtlinie 2006/54 verbotenen mittelbaren Diskriminierung aufgrund des Geschlechts

    34.      Der Ausgangspunkt meiner Würdigung betrifft die Frage, ob die Zahlung der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Tagegelder in den Anwendungsbereich der Richtlinie 2006/54 fällt.

    35.      Das vorlegende Gericht weist insoweit darauf hin, dass diese Tagegelder, soweit sie einen Ausgleich darstellen, der von der Fluggesellschaft an ihre Beschäftigten gezahlt wird, um die auf Dienstreisen anfallenden Kosten – wie beispielsweise im Wesentlichen für die täglichen Mahlzeiten außerhalb des gewöhnlichen Aufenthaltsorts – zu decken, unter die „Arbeitsbedingungen“ fielen(12).

    36.      Demnach besteht kaum ein Zweifel daran, dass die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Tagegelder in den sachlichen Anwendungsbereich der Richtlinie 2006/54 fallen, da diese in ihrem Art. 1 Abs. 2 Buchst. b auf die Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung in Bezug auf „Arbeitsbedingungen“ abzielt. Folglich ist die Richtlinie meiner Ansicht nach auf die vorliegende Rechtssache anwendbar.

    37.      Was die Prüfung des Vorliegens einer mittelbaren Diskriminierung aufgrund des Geschlechts angeht, so weise ich zunächst darauf hin, dass es Sache des vorlegenden Gerichts ist, unter Berücksichtigung der tatsächlichen Umstände des vorliegenden Falls zu prüfen, ob die Zahlung der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Tagegelder eine solche durch die Richtlinie 2006/54 verbotene Diskriminierung begründet.

    38.      Nach Art. 2 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2006/54 ist eine mittelbare Diskriminierung als eine Situation definiert, in der dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen des einen Geschlechts in besonderer Weise gegenüber Personen des anderen Geschlechts benachteiligen können, es sei denn, die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel sind zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich(13). Aus der Definition ergibt sich, dass eine mittelbare Diskriminierung im Sinne der Richtlinie 2006/54 vorliegt, wenn die drei dort genannten Voraussetzungen erfüllt sind.

    39.      Um beurteilen zu können, ob eine durch die Richtlinie 2006/54 verbotene mittelbare Diskriminierung vorliegt, muss daher der normativen Struktur von Art. 2 Abs. 1 Buchst. b dieser Richtlinie gefolgt und eine dreistufige Analyse durchgeführt werden. Dazu werde ich zunächst auf die Frage eingehen, ob die betreffende Maßnahme dem Anschein nach neutral ist (Abschnitt 1)(14). Anschließend werde ich untersuchen, ob diese Maßnahme eine besondere Benachteiligung von Personen des einen Geschlechts gegenüber Personen des anderen Geschlechts bewirkt (Abschnitt 2). Schließlich werde ich prüfen, ob eine solche besondere Benachteiligung durch objektive Faktoren, die nichts mit einer Diskriminierung aufgrund des Geschlechts zu tun haben, gerechtfertigt ist (Abschnitt 3).

    1.      Ist die im Ausgangsverfahren in Rede stehende Praxis dem Anschein nach neutral?

    40.      Vorab weise ich darauf hin, dass mittelbare Diskriminierungen im Gegensatz zu unmittelbaren Diskriminierungen nicht durch den Anschein einer nationalen Maßnahme (oder die Absicht ihres Urhebers) gekennzeichnet sind, sondern durch die mögliche schädliche Wirkung dieser Maßnahme. Daher geht es ganz allgemein darum, ob eine bestimmte Maßnahme oder Praxis, die nur dem Anschein nach neutral ist, eine „schädliche oder unerwünschte Wirkung“ auf Personen eines Geschlechts im Vergleich zu Personen des anderen Geschlechts haben könnte(15). Anders ausgedrückt beruht eine solche Maßnahme oder Praxis nicht unmittelbar auf einem verbotenen Diskriminierungsgrund, da der für die Prüfung einer mittelbaren Diskriminierung entscheidende Gesichtspunkt die Ungleichheit zwischen beiden Gruppen ist(16).

    41.      Im vorliegenden Fall geht aus der Vorlageentscheidung klar hervor, dass die Zahlung der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Tagegelder keine Diskriminierung darstellt, die im Sinne von Art. 2 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2006/54 unmittelbar auf das Geschlecht gestützt wird, da die Bestimmungen der Tarifverträge, die diese Gelder (oder ihre zu einer Ungleichbehandlung führende Höhe) vorsehen, formal neutral sind. Die Gelder werden von der Fluggesellschaft nämlich unterschiedslos an die betroffenen männlichen und weiblichen Arbeitnehmer gezahlt(17).

    42.      Das vorlegende Gericht neigt daher zu der Auffassung, dass die Zahlung der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Tagegelder eine nach Art. 14 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2006/54 verbotene mittelbare Diskriminierung beinhalte. Es stellt insoweit fest, dass eine solche dem Anschein nach neutrale Praxis eine Ungleichbehandlung zwischen dem PNC und dem PNT und folglich zwischen Frauen und Männern begründe.

    2.      Führt die im Ausgangsverfahren in Rede stehende Praxis zu einer besonderen Benachteiligung von Personen des einen Geschlechts gegenüber Personen des anderen Geschlechts?

    43.      Die Besonderheit der vorliegenden Rechtssache hängt mit der Tatsache zusammen, dass die Ungleichbehandlung, die sich aus der Zahlung der Tagegelder durch den Arbeitgeber ergibt, aus der Anwendung der jeweiligen Bestimmungen der PNC‑ und der PNT‑Vereinbarung folgt. Dem vorlegenden Gericht zufolge ist der Betrag für Verpflegungskosten, der dem überwiegend aus Frauen bestehenden PNC auf Dienstreisen gezahlt wird, geringer als der Betrag, der dem überwiegend aus Männern bestehenden PNT aus dem gleichen Grund gezahlt wird. Eine solche dem Anschein nach neutrale Praxis, die aufgrund der Anwendung der genannten Vereinbarungen zu einer Ungleichbehandlung führe, sei geeignet, eine Benachteiligung des PNC zu bewirken.

    44.      Bevor ich prüfe, ob die im Ausgangsverfahren in Rede stehende Praxis geeignet ist, einen solchen komparativen Nachteil im Sinne von Art. 2 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2006/54 herbeizuführen, halte ich es für sinnvoll, folgende Erwägungen anzustellen.

    a)      Allgemeine Erwägungen zur Vergleichsprüfung

    45.      In Bezug auf den Grundsatz der Gleichbehandlung hat der Gerichtshof festgestellt, dass eine Diskriminierung „vor[liegt], wenn unterschiedliche Vorschriften auf vergleichbare Sachverhalte angewandt werden oder wenn dieselbe Vorschrift auf unterschiedliche Sachverhalte angewandt wird“(18). Wie im Schrifttum bemerkt wird, bleiben die auf der Rechtsprechung des Gerichtshofs beruhenden Definitionen betreffend u. a. die unmittelbare und die mittelbare Diskriminierung in Bereichen, in denen der Unionsgesetzgeber diese Begriffe nicht definiert hat, weiterhin unerlässlich. Der Begriff „mittelbare Diskriminierung“ hängt für die Zwecke der Ziele des Sozialrechts der Union insoweit vor allem mit der unterschiedlichen Behandlung vergleichbarer Sachverhalte zusammen(19).

    46.      In Bereichen, in denen der Unionsgesetzgeber eine Kodifizierung der in der Rechtsprechung des Gerichtshofs entwickelten Begriffe der verschiedenen Formen von Diskriminierung vorgenommen hat(20), ist es Sache des nationalen Gerichts, das allein für die Würdigung des Sachverhalts des bei ihm anhängigen Rechtsstreits und für die Auslegung der anwendbaren nationalen Rechtsvorschriften zuständig ist, im Kontext dieser Begriffe und Rechtsprechung konkret festzustellen, ob die behauptete Diskriminierung oder gegebenenfalls eine andere Form von Diskriminierung vorliegt(21).

    47.      Wie ich bereits dargelegt habe, liegt eine unmittelbare oder mittelbare Diskriminierung im Sinne der Richtlinie 2006/54 nur dann vor, wenn die in den jeweiligen Bestimmungen vorgesehenen Voraussetzungen erfüllt sind. Insbesondere in Bezug auf die Prüfung der Voraussetzung der „Vergleichbarkeit von Sachverhalten“ im Rahmen des Begriffs „unmittelbare Diskriminierung“ (Art. 2 Abs. 1 Buchst. a) und der Voraussetzung der „besonderen Benachteiligung von Personen des einen Geschlechts gegenüber Personen des anderen Geschlechts“ im Rahmen der mittelbaren Diskriminierung (Art. 2 Abs. 1 Buchst. b) scheint mir darauf hingewiesen werden zu müssen, dass eine Vergleichsprüfung je nach Art der fraglichen Diskriminierung und damit der normativen Struktur der Bestimmung, in die sich die jeweilige Voraussetzung einfügt, unterschiedlich ausfällt(22).

    48.      Das Erfordernis der Vergleichbarkeiten von Sachverhalten („in einer vergleichbaren Situation“) wird in der Definition einer „unmittelbaren Diskriminierung“ in Art. 2 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2006/54 insoweit ausdrücklich erwähnt.(23). Wie aus der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs hervorgeht, setzt das Vorliegen einer solchen Diskriminierung daher voraus, dass die gegeneinander abgewogenen Situationen vergleichbar sind(24).

    49.      Dagegen wird das Erfordernis der Vergleichbarkeit von Sachverhalten in der Definition einer „mittelbaren Diskriminierung“ in Art. 2 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2006/54 nicht erwähnt. Die Wendung „Personen des einen Geschlechts … gegenüber Personen des anderen Geschlechts“ in der letztgenannten Bestimmung bezieht sich nämlich schlicht und ergreifend auf die besondere Benachteiligung, die sich aus den dem Anschein nach neutralen Vorschriften, Kriterien oder Verfahren für eine Personengruppe gegenüber einer anderen Personengruppe ergibt, und nicht auf irgendeine Vergleichbarkeit der Sachverhalte(25). Die Vergleichsprüfung ist, obwohl in beiden Fällen wesentlich, im Fall einer unmittelbaren und in dem einer mittelbaren Diskriminierung gemäß Art. 2 Abs. 1 Buchst. a und b dieser Richtlinie somit nicht genau die gleiche(26).

    50.      Zu Art. 2 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2006/54 wird im Schrifttum bemerkt, dass „die Feststellung des Vorliegens einer mittelbaren Diskriminierung nicht die Vergleichbarkeit der jeweiligen Situationen der Personen, die eine vorteilhafte Behandlung erfahren, und derjenigen, die eine nachteilige Behandlung erfahren, erfordert“(27). Mit anderen Worten geht aus Art. 2 Abs. 1 Buchst. b dieser Richtlinie nicht hervor, dass der Vergleich ausschließlich mit Arbeitnehmern zu erfolgen hat, die sich in einer identischen oder ähnlichen Situation befinden (beispielsweise ausschließlich mit Teilzeitbeschäftigten)(28). Die Vergleichsgruppen müssen vielmehr alle Arbeitnehmer umfassen, die von der Maßnahme, d. h. den beanstandeten Vorschriften, Kriterien oder Verfahren, betroffen sind (beispielsweise Teilzeitbeschäftigte und Vollzeitbeschäftigte)(29). Soweit die Unterschiede in Bezug auf die Situation der in besonderer Weise benachteiligten Gruppe im Hinblick auf das angewandte Vergleichskriterium als nicht erheblich angesehen werden (was die Feststellung des beanstandeten Unterschieds ermöglicht), stellt sich nämlich lediglich die Frage, ob, obwohl ein komparativer Nachteil zulasten einer der beiden Gruppen vorliegt, die Unterscheidung zwischen diesen Gruppen zur Erreichung eines rechtmäßigen Ziels angemessen und erforderlich ist.

    51.      Gemäß Art. 2 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2006/54 müssen für den Nachweis einer mittelbaren Diskriminierung daher eine besondere Benachteiligung, das Vergleichskriterium, insbesondere eine bestimmte Anzahl von Vergleichsgruppen, d. h. Gruppen von Arbeitnehmern, die von der Maßnahme betroffen sind, und das Fehlen einer sachlichen Rechtfertigung festgestellt werden. Im Schrifttum wird u. a. hervorgehoben, dass der Gerichtshof die Vergleichsfrage im Rahmen der Auslegung der Gleichbehandlungsrichtlinien in seiner Rechtsprechung zur mittelbaren Diskriminierung häufig im Kontext der Prüfung der sachlichen Rechtfertigung untersucht habe(30).

    52.      Dies vorausgeschickt, werde ich in Anbetracht der soeben herausgearbeiteten Gesichtspunkte nunmehr das Argument von Air Nostrum und der SEPLA untersuchen, wonach die Ermittlung des PNT als Referenzgruppe für Vergleichszwecke für die Feststellung irrelevant sein soll, ob die benachteiligte Gruppe, nämlich das PNC, mittelbar diskriminiert wird. Die Ermittlung der Referenzgruppe für einen Vergleich geht nämlich in konzeptioneller Hinsicht der Analyse der sachlichen Rechtfertigung voraus, weshalb ich diesen Punkt aus Gründen der Klarheit behandeln werde, bevor ich mich der konkreten Prüfung der besonderen Benachteiligung zuwende, die das PNC gegenüber dem PNT durch die fragliche Praxis erfährt(31).

    b)      Zur angeblichen Irrelevanz der Ermittlung des PNT als Referenzgruppe für Vergleichszwecke im Kontext der behaupteten mittelbaren Diskriminierung

    53.      Aus der Vorlageentscheidung geht hervor, dass Air Nostrum und die SEPLA in ihren schriftlichen und mündlichen Erklärungen im Ausgangsverfahren geltend gemacht haben, die Situation des PNC sei mit der des PNT „nicht vergleichbar“, da die fraglichen Tagegelder als „Entgelt“ anzusehen seien und der Grundsatz des gleichen Entgelts nur dann gelte, wenn diese beiden Gruppen von Arbeitnehmern eine identische oder gleichwertige Arbeit leisteten, was beim PNC und PNT nicht der Fall sei.

    54.      Ich bin anderer Ansicht. Mit diesem Argument soll zum einen die „Vergleichbarkeit der Sachverhalte“, die für die Prüfung einer unmittelbaren Diskriminierung typisch ist, mit der Ermittlung der Referenzgruppe, die für Vergleichszwecke zur Feststellung der besonderen Benachteiligung im Kontext einer mittelbaren Diskriminierung im Sinne der Richtlinie 2006/54 Anwendung findet(32), und zum anderen die Frage der Ungleichbehandlung in Bezug auf das Arbeitsentgelt mit der Frage der Ungleichbehandlung in Bezug auf Arbeitsbedingungen im Sinne dieser Richtlinie vermengt werden. Mit anderen Worten versuchen die genannten Verfahrensbeteiligten tatsächlich, das mit dem Vergleich verfolgte Ziel, das sich auf die unter die Arbeitsbedingungen fallenden Tagegelder bezieht, zu einer Frage der Gleichheit des Arbeitsentgelts umzudefinieren(33).

    55.      Was als Erstes die Ungleichbehandlung in Bezug auf „Arbeitsbedingungen“ angeht, so erläutert das vorlegende Gericht, dass die gezahlten Tagegeldbeträge nicht als „Entgelt“ angesehen werden könnten, da sie in Art. 26 Abs. 2 des Gesetzes über das Arbeitnehmerstatut ausdrücklich vom Begriff des „Arbeitsentgelts“ ausgenommen seien. Diese Gelder variieren den Angaben des vorlegenden Gerichts zufolge nämlich nicht nach Maßgabe des Werts der Arbeit der betroffenen Arbeitnehmer, sondern fallen, wie ich bereits dargelegt habe(34), unter die „Arbeitsbedingungen“ im Sinne der Richtlinie 2006/54, da sie lediglich zur Deckung der auf Dienstreisen anfallenden Kosten – wie beispielsweise im Wesentlichen für die täglichen Mahlzeiten außerhalb des gewöhnlichen Aufenthaltsortes – gezahlt werden.

    56.      Die spanische Regierung, die Staatsanwaltschaft und die Kommission teilen diesen Standpunkt in ihren schriftlichen und mündlichen Erklärungen und tragen vor, die fraglichen Tagegelder hätten keinen Entgeltcharakter. Die Gelder entlohnten nämlich keine spezifische Arbeit, die in Zeit- oder Arbeitseinheiten berechnet werde, sondern fielen unter den Begriff „Zusatzentgelt“ und damit unter die Arbeitsbedingungen des PNC und des PNT auf deren Dienstreisen. In der mündlichen Verhandlung hat die UGT den gleichen Standpunkt vertreten. Wie die Kommission bemerkt, hängen die Tagegelder nicht von der Erfahrung eines Piloten oder eines Mitglieds des PNC ab(35). Auf einem Flug der betreffenden Luftfahrtgesellschaft erhält somit zum einen ein Flugkapitän offenbar das gleiche Tagegeld wie ein Kopilot und zum anderen ein Kabinenchef das gleiche Tagegeld wie ein Mitglied des PNC, obwohl sie höchstwahrscheinlich nicht das gleiche Gehalt beziehen.

    57.      Was als Zweites die Ermittlung des Vergleichskriteriums, d. h. der Referenzgruppe für Vergleichszwecke, im Sinne der Richtlinie 2006/54 anbelangt, so habe ich bereits dargelegt, dass im Kontext unmittelbarer Diskriminierungen ähnliche Situationen verglichen werden müssen, während im Kontext mittelbarer Diskriminierungen der komparative Nachteil einer der beiden von der Maßnahme betroffenen Personengruppen ermittelt werden muss(36). Mittelbare Diskriminierungen aufgrund des Geschlechts betreffen nämlich in erster Linie die Auswirkungen einer Maßnahme auf verschiedene Personengruppen. Es geht also um die Feststellung, ob diese Maßnahme die dem einem Geschlecht angehörende Gruppe gegenüber der anderen benachteiligen oder begünstigen und daher einen komparativen Nachteil für eine dieser Gruppen begründen könnte(37).

    58.      Im vorliegenden Fall stellt das vorlegende Gericht zum Nachweis einer Ungleichbehandlung in der Ausgangsrechtssache auf die Zahlung von Tagegeldern durch den Arbeitgeber ab und benennt somit als einschlägiges Vergleichskriterium (die tertium comparationis) die Personengruppen, die in den Genuss der Zahlung der Gelder kommen, die zu dem zu rechtfertigenden Unterschied führen. Es stellt daher die benachteiligte Gruppe von Arbeitnehmern (das PNC) heraus, die in einer Dienstreisesituation im Vergleich zu einer anderen Gruppe (dem PNT) in Bezug auf Arbeitsbedingungen im Sinne der Richtlinie 2006/54 ungleich behandelt wird(38).

    59.      Meiner Meinung nach folgt daraus, dass die vom vorlegenden Gericht zugrunde gelegte Höhe der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Tagegelder der gültige Vergleichsmaßstab ist, der die besondere Benachteiligung des PNC gegenüber dem PNT in einer Dienstreisesituation aufzeigt. Ich weise ferner darauf hin, dass die Ermittlung des komparativen Nachteils nicht abstrakt, sondern ausschließlich in Bezug auf die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren zu erfolgen hat, die zu einem solchen besonderen Nachteil führen(39). Anders ausgedrückt muss das allgemeine Ziel der fraglichen Maßnahme berücksichtigt werden.

    60.      Im vorliegenden Fall ist zur Feststellung des komparativen Nachteils des PNC gegenüber dem PNT zu prüfen, welches Ziel mit der Zahlung der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Tagegelder verfolgt wird. Aus der Vorlageentscheidung geht insoweit hervor, dass dieses Ziel für die beiden betroffenen Gruppen von Arbeitnehmern das gleiche ist, nämlich der Ausgleich der den Arbeitnehmern im Rahmen ihrer Dienstreisen entstehenden Verpflegungskosten, die keine Beförderungs- oder Unterbringungskosten sein dürfen, durch den Arbeitgeber. Dies ist von der Staatsanwaltschaft und der Kommission in der mündlichen Verhandlung bestätigt worden.

    61.      In Anbetracht ihres Ziels ermöglicht die Zahlung der Tagegelder folglich die Ermittlung des Vorliegens einer besonderen Benachteiligung einer überwiegend weiblichen Personengruppe (des PNC) gegenüber einer anderen, überwiegend männlichen Personengruppe (dem PNT) als gültigem Vergleichskriterium.

    c)      Zum Vorliegen einer besonderen Benachteiligung von Personen des eines Geschlechts gegenüber Personen des anderen Geschlechts

    62.      Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs könnte das Vorliegen eines besonderen Nachteils u. a. festgestellt werden, wenn nachgewiesen würde, dass sich dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren auf einen signifikant höheren Anteil von Personen eines Geschlechts im Vergleich zu Personen des anderen Geschlechts ungünstig auswirken. Es ist Sache des nationalen Gerichts, zu prüfen, ob dies im Ausgangsverfahren der Fall ist(40).

    63.      Der Gerichtshof erkennt insoweit seit Langem den Nutzen von Statistiken im Rahmen der Analyse an, ob eine mittelbare Diskriminierung vorliegt oder nicht(41). In diesem Zusammenhang spielen statistische Daten eine grundlegende Rolle bei der Feststellung, ob Personen eines Geschlechts im Vergleich zu Personen des anderen Geschlechts tatsächlich benachteiligt werden. Es ist jedoch Sache des nationalen Gerichts, zu beurteilen, ob diese Daten zuverlässig sind und berücksichtigt werden können(42). Wenn es der Ansicht ist, dass ein höherer Prozentsatz von Frauen als von Männern von der Zahlung der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Tagegelder betroffen ist, würde diese Zahlung eine nach Art. 14 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2006/54 verbotene Ungleichbehandlung darstellen.

    64.      Bei der Beurteilung der Daten hat das nationale Gericht, wie der Gerichtshof entschieden hat, die Gesamtheit der Beschäftigten zu berücksichtigen, für die die nationale Regelung gilt, auf der die Ungleichbehandlung beruht(43), und die Gruppe der in den Geltungsbereich dieser Regelung fallenden männlichen mit der der weiblichen Arbeitskräfte daraufhin zu vergleichen, wie hoch in jeder Gruppe der Anteil der Personen ist, die von der angeblichen Ungleichbehandlung betroffen sind, und derjenigen, die es nicht sind(44).

    65.      Im vorliegenden Fall stellen, worauf ich bereits hingewiesen habe, nach den dem vorlegenden Gericht zur Verfügung stehenden statistischen Daten Frauen 94 % des PNC (6 % sind Männer) und Männer 93,71 % des PNT (6,29 % sind Frauen). Die in der PNC‑Vereinbarung vorgesehene Höhe der Tagegelder ist aber signifikant niedriger als die in der PNT‑Vereinbarung für die gleiche Dienstreisesituation vorgesehene Höhe der Tagegelder(45). Somit ließe sich diesen Daten entnehmen, dass der Anteil der weiblichen Arbeitnehmer, die von der sich aus der Zahlung der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Tagegelder ergebenden Ungleichbehandlung betroffen sind, signifikant höher ist als der Anteil der männlichen Arbeitnehmer.

    66.      Sollte das vorlegende Gericht auf der Grundlage der von mir soeben geprüften statistischen Daten und gegebenenfalls anderer relevanter Gesichtspunkte zu dem Schluss kommen, dass die im Ausgangsverfahren in Rede stehende Praxis das PNC, das überwiegend aus Frauen besteht, in besonderer Weise benachteiligt, wäre meiner Meinung nach demnach davon auszugehen, dass diese Praxis gegen Art. 14 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2006/54 verstößt, es sei denn, sie ist durch objektive Faktoren gerechtfertigt, die nichts mit einer Diskriminierung aufgrund des Geschlechts zu tun haben(46).

    3.      Inwiefern ist die angeblich diskriminierende Praxis sachlich gerechtfertigt?

    67.      Ich weise vorab darauf hin, dass die Richtlinie 2006/54 in dem Sinne zwischen unmittelbaren und mittelbaren Diskriminierungen aufgrund des Geschlechts unterscheidet, dass Erstere nicht durch ein rechtmäßiges Ziel gerechtfertigt werden können(47). Dagegen können Vorschriften, Kriterien oder Verfahren, die möglicherweise mittelbare Diskriminierungen darstellen, gemäß Art. 2 Abs. 1 Buchst. b dieser Richtlinie einer Einstufung als „Diskriminierung“ entgehen, sofern sie „durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel … zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich [sind]“.

    a)      Zur Rechtmäßigkeit des zur Rechtfertigung der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Praxis geltend gemachten Ziels

    68.      Aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs ergibt sich, dass es zwar letztlich Sache des für die Beurteilung des Sachverhalts und die Auslegung des innerstaatlichen Rechts allein zuständigen nationalen Gerichts ist, festzustellen, ob und in welchem Umfang die fragliche Praxis durch objektive Faktoren, die mit einer Diskriminierung aufgrund des Geschlechts nichts zu tun haben, gerechtfertigt ist, doch kann der Gerichtshof, der im Rahmen eines Vorabentscheidungsverfahrens die Fragen des vorlegenden Gerichts sachdienlich zu beantworten hat, auf der Grundlage der Akten des Ausgangsverfahrens und der vor ihm abgegebenen schriftlichen und mündlichen Erklärungen Hinweise geben, die dem vorlegenden Gericht die Entscheidung ermöglichen(48).

    69.      Aus der Rechtsprechung ergibt sich außerdem, dass der Arbeitgeber im Rahmen einer mittelbaren Diskriminierung aufgrund des Geschlechts in Bezug auf Arbeitsbedingungen beweisen muss, dass kein Verstoß gegen den Grundsatz der Nichtdiskriminierung vorliegt, indem er eine sachliche Rechtfertigung für die Ungleichbehandlung zulasten der benachteiligten Gruppe von Arbeitnehmern liefert(49).

    70.      In ihren schriftlichen und mündlichen Erklärungen haben Air Nostrum, die SEPLA sowie die dänische und die schwedische Regierung geltend gemacht, die Ungleichbehandlung des PNC sei durch die Autonomie der Sozialpartner bei der Aushandlung und beim Abschluss von Tarifverträgen für die von ihnen vertretenen Arbeitnehmer sachlich gerechtfertigt. Die UGT, die Staatsanwaltschaft, die spanische Regierung und die Kommission teilen diesen Ansatz nicht(50).

    71.      In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, ob die Autonomie der Sozialpartner allein ein hinreichender Grund für die sachliche Rechtfertigung einer Ungleichbehandlung wie der in der Ausgangsrechtssache geprüften sein kann (unter 1) oder ob die Unterschiede in der Höhe der Tagegelder zweier Gruppen von Arbeitnehmern vielmehr durch andere objektive Faktoren, die nichts mit einer Diskriminierung aufgrund des Geschlechts zu tun haben, gerechtfertigt werden müssen (unter 2).

    1)      Zur Autonomie der Sozialpartner als hinreichender Grund für die sachliche Rechtfertigung

    72.      Ich werde zunächst die aus der Autonomie der Sozialpartner im Kontext einheitlicher Tarifverhandlungen hergeleitete sachliche Rechtfertigung und erst danach die aus gesonderten Tarifverhandlungen hergeleitete Rechtfertigung untersuchen.

    i)      Zu der sachlichen Rechtfertigung, die aus der Autonomie der Sozialpartner im Kontext einheitlicher Tarifverhandlungen hergeleitet wird

    73.      Ich stelle vorab fest, dass die Tarifautonomie in den nationalen Rechtstraditionen und Praktiken der Mitgliedstaaten besondere Anerkennung genießt und daher den Schlüsselbegriff für das Verständnis der Entwicklung des europäischen Arbeitsrechts darstellt, um den herum sich die Regeln der demokratischen Vertretungssysteme und die Grenzen des Gesetzes gegenüber der Vereinigungsfreiheit gruppieren(51).

    74.      Im Rahmen des Unionsrechts ist der Schutz der Tarifautonomie in Art. 28 der Charta festgeschrieben, in dem das Grundrecht auf Kollektivverhandlungen verankert ist, auf das Art. 6 EUV durch die allgemeine Anerkennung der in der Charta niedergelegten Rechte, Freiheiten und Grundsätze verweist(52). Wie aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs hervorgeht, unterscheidet sich das Wesen durch Tarifvertrag erlassener Maßnahmen vom Wesen einseitig im Gesetz- oder Verordnungsweg von den Mitgliedstaaten erlassener Maßnahmen dadurch, dass die Sozialpartner bei der Wahrnehmung dieses Grundrechts darauf geachtet haben, einen Ausgleich zwischen ihren jeweiligen Interessen festzulegen(53). Die Bedeutung der Funktion von Kollektivverhandlungen, die heute durch die Charta garantiert werden, ist somit unbestreitbar(54).

    75.      Aus derselben Rechtsprechung ergibt sich, dass das in Art. 28 der Charta niedergelegte Recht auf Kollektivverhandlungen, soweit es Bestandteil des Unionsrechts ist, im Rahmen der Anwendung des Unionsrechts im Einklang mit diesem ausgeübt werden muss(55). Deshalb müssen die Sozialpartner beim Erlass von Maßnahmen, die in den Anwendungsbereich der Richtlinie 2006/54 (die, worauf ich in meinen einleitenden Bemerkungen bereits hingewiesen habe, in Arbeits- und Beschäftigungsfragen das Verbot der Diskriminierung aufgrund des Geschlechts konkretisiert) fallen, diese Richtlinie beachten(56). Seit dem Urteil Defrenne(57) geht nämlich aus einer umfangreichen Rechtsprechung hervor, dass sich das Verbot der Diskriminierung männlicher und weiblicher Arbeitnehmer auf alle Tarifverträge erstreckt, die abhängige Erwerbstätigkeit kollektiv regeln(58).

    76.      Im Einzelnen geht aus Art. 21 Abs. 2 der Richtlinie 2006/54 klar hervor, dass Vereinbarungen zwischen den Sozialpartnern „den Bestimmungen dieser Richtlinie sowie den einschlägigen nationalen Durchführungsbestimmungen“ entsprechen müssen. Auch müssen die Mitgliedstaaten gemäß Art. 23 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie alle erforderlichen Maßnahmen treffen, um sicherzustellen, dass „mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz nicht zu vereinbarende Bestimmungen in … Tarifverträgen … nichtig sind, für nichtig erklärt werden können oder geändert werden“. In diesem Zusammenhang hat der Gerichtshof mehrfach entschieden, dass Tarifverträge ebenso wie Rechts- oder Verwaltungsvorschriften den Grundsatz der Gleichbehandlung beachten müssen(59).

    77.      Nach meinem Dafürhalten folgt daraus, dass die Autonomie der Sozialpartner im Kontext der Richtlinie 2006/54 allein nicht ausreicht, um eine Ungleichbehandlung wie die im vorliegenden Fall in Rede stehende sachlich zu rechtfertigen.

    78.      Wie der Gerichtshof außerdem bereits entschieden hat, beeinträchtigt die Tatsache, dass das Unionsrecht einer in einem Tarifvertrag enthaltenen Maßnahme entgegensteht, nicht das in Art. 28 der Charta anerkannte Recht, Tarifverträge auszuhandeln und zu schließen(60), da es den betreffenden Parteien freisteht, die einschlägigen Bestimmungen dieser Verträge zu überprüfen. Daher würde eine solche Überprüfung entgegen dem Vorbringen von Air Nostrum und der SEPLA nicht die Neuverhandlung des gesamten in Rede stehenden Tarifvertrags bedeuten, sondern nur der einschlägigen Bestimmungen über Tagegelder, die es ermöglichen, das zwischen den Parteien ausgehandelte Gleichgewicht zu erhalten.

    79.      Dies vorausgeschickt, werde ich, da sich die von mir soeben erörterte Rechtsprechung auf Diskriminierungen bezieht, die ihren Ursprung unmittelbar oder mittelbar in einem einzigen Tarifvertrag haben, nunmehr die Besonderheit der vorliegenden Rechtssache, nämlich die aus der Autonomie der Sozialpartner im Kontext getrennter und gesonderter Tarifverhandlungen hergeleitete sachliche Rechtfertigung, untersuchen.

    ii)    Zu der sachlichen Rechtfertigung, die aus der Autonomie der Sozialpartner im Kontext gesonderter Tarifverhandlungen hergeleitet wird

    80.      Das vorlegende Gericht fragt sich im Wesentlichen, ob der Umstand, dass sich die festgestellte Ungleichbehandlung im Ausgangsrechtsstreit aus der Anwendung zweier gesonderter Tarifverträge ergibt, die von unterschiedlichen Gewerkschaften ausgehandelt worden sind, allein ausreicht, um die behauptete mittelbare Diskriminierung im Hinblick auf die Richtlinie 2006/54 sachlich zu rechtfertigen.

    81.      Als Erstes muss im Kontext des gleichen Entgelts auf die Rechtssache verwiesen werden, in der das Urteil Enderby ergangen ist, das sich auf eine mittelbare Diskriminierung aufgrund des Geschlechts nach Art. 157 AEUV (ex-Art. 119 EWG und Art. 141 EG) bezog. In jener Rechtssache waren die betroffenen Gruppen als Logopäden und Apotheker tätig, wobei Erstere fast ausschließlich aus Frauen und Letztere hauptsächlich aus Männern bestand und ein Unterschied im Entgelt zum Nachteil der Logopäden vorlag. Der Gerichtshof hat zunächst entschieden: „Dass die fraglichen Entgelte in je eigenen Tarifverhandlungen für die beiden betroffenen Berufsgruppen festgelegt wurden, die jeweils getrennt durchgeführt wurden und die jeweils innerhalb dieser beiden Gruppen keine diskriminierende Wirkung hatten, steht der Feststellung, dass dem ersten Anschein nach eine Diskriminierung vorliegt, dann nicht entgegen, wenn diese Verhandlungen im Ergebnis zu einer unterschiedlichen Behandlung von zwei Gruppen geführt haben, die denselben Arbeitgeber haben und derselben Gewerkschaft angehören.“(61) Er hat sodann die Auffassung vertreten, dass sich der Arbeitgeber, „[w]enn [er] einen Unterschied im Entgelt damit rechtfertigen könnte, dass bei jeder dieser Verhandlungen für sich genommen keine Diskriminierung vorliege, … der Beachtung des Grundsatzes des gleichen Entgelts leicht durch getrennte Verhandlungen entziehen [könnte]“(62). Schließlich hat er festgestellt, dass ein solcher Unterschied im Entgelt nicht allein damit sachlich zu rechtfertigen ist, dass die jeweiligen Entgelte für diese beiden Tätigkeiten „in Tarifverhandlungen festgelegt wurden, die zwar von denselben Parteien, aber unabhängig voneinander geführt wurden und die, je für sich betrachtet, keine diskriminierende Wirkung haben“(63).

    82.      Es trifft zwar zu, dass die Ungleichbehandlung in der Rechtssache, in der das Urteil Enderby ergangen ist, ihren Ursprung in gesonderten Tarifverhandlungen hatte, die zwischen denselben Parteien, nämlich dem Arbeitgeber und der die beiden betroffenen Berufe vertretenden Gewerkschaft, geführt worden waren. Gleichwohl geht aus diesem Urteil klar hervor, dass das zentrale Element der vom Gerichtshof durchgeführten Rechtfertigungsprüfung der Umstand war, dass die Tarifverhandlungen für Logopäden „getrennt und unabhängig“ von den Tarifverhandlungen für Apotheker durchgeführt worden waren.

    83.      Auch wenn die festgestellte Ungleichbehandlung im vorliegenden Fall darauf zurückzuführen ist, dass die beiden Tarifverträge mit unterschiedlichen Gewerkschaften ausgehandelt worden sind, kommt es – wie in der Rechtssache, in der das Urteil Enderby ergangen ist – daher jedoch entscheidend darauf an, ob gesonderte Tarifverträge getrennt und unabhängig voneinander ausgehandelt worden sind. Da die Tarifverträge in beiden Rechtssachen getrennt und unabhängig voneinander ausgehandelt worden sind und sich damit auf unterschiedliche Tarifverhandlungen beziehen, genügt die Tatsache, dass die Tarifverträge in der vorliegenden Rechtssache mit unterschiedlichen Gewerkschaften ausgehandelt worden sind, nach meinem Dafürhalten folglich nicht, um die Übertragung der Lehren aus dem Urteil Enderby auf den vorliegenden Fall auszuschließen(64).

    84.      Als Zweites stehen die Befugnis zur Beantragung von Verhandlungen und die Wahl der Verhandlungspartner, worauf die spanische Regierung in Beantwortung einer Frage des Gerichtshofs hingewiesen hat, gemäß Art. 89 des Gesetzes über das Arbeitnehmerstatut sowohl dem Arbeitgeber als auch den Arbeitnehmervertretern zu(65). Dieser Regierung zufolge können beide Parteien die Aufnahme von Verhandlungen, die von der anderen Partei beantragt worden sind, unter den in den nationalen Rechtsvorschriften festgelegten Voraussetzungen ablehnen. In diesem Kontext beträfe der Handlungsspielraum des Arbeitgebers die Möglichkeit, die legitimen Gesprächspartner unter Einhaltung bestimmter Regeln auszuwählen(66).

    85.      Haben die Arbeitnehmer die Verhandlungen beantragt und sind sie dazu ermächtigt, ist der Arbeitgeber zu Verhandlungen verpflichtet. Die Staatsanwaltschaft hat in der mündlichen Verhandlung insoweit klargestellt, dass der Arbeitgeber Verhandlungen mit Arbeitnehmervertretern aufnehmen „und frei entscheiden kann, ob er bereit ist, eine Einigung über konkrete Fragen zu erzielen“.

    86.      Zwar hatte jede Gewerkschaftsvertretung, wie das vorlegende Gericht annimmt, in den einzelnen Verhandlungen bestimmten Forderungen gegen Air Nostrum den Vorzug vor anderen gegeben; das vorlegende Gericht weist gleichwohl darauf hin, dass die PNC‑Vereinbarung zu dem Zeitpunkt, zu dem das Unternehmen die PNT‑Vereinbarung ausgehandelt habe, bereits unterzeichnet gewesen sei und Air Nostrum die für die Tagegelder des PNC festgelegten Beträge somit gekannt habe. Folglich kann ohne Weiteres davon ausgegangen werden, dass das Unternehmen Kenntnis davon hatte, dass die sich aus der Zahlung der fraglichen Tagegelder ergebende Ungleichbehandlung in Bezug auf Arbeitsbedingungen einen komparativen Nachteil zulasten des PNC begründete, der gegen die nationalen Rechtsvorschriften zur Umsetzung der Richtlinie 2006/54 und damit gegen diese Richtlinie selbst verstieß.

    87.      Als Drittes könnte zwar auf den ersten Blick erwogen werden, einen Tarifvertrag infolge der Zurückweisung der von Air Nostrum vorgebrachten Rechtfertigung – wenn auch indirekt – auf Arbeitnehmer anzuwenden, deren Gewerkschaftsvertretungen diesen Vertrag nicht ausgehandelt, geschweige denn geschlossen haben.

    88.      Würde man jedoch die Autonomie der Sozialpartner als einzigen sachlichen Rechtfertigungsgrund für eine Diskriminierung wie die vorliegende akzeptieren, würde dies meiner Meinung nach darauf hinauslaufen, das Nichtvorliegen einer mittelbaren Diskriminierung in allen Fällen hinzunehmen, in denen es gesonderte Tarifverträge gibt, die u. a. die Arbeitsbedingungen betreffen. Denn wie aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs hervorgeht, könnte sich der Arbeitgeber, wenn er einen Unterschied in den Arbeitsbedingungen damit rechtfertigen könnte, dass bei jeder dieser Verhandlungen für sich genommen keine Diskriminierung vorliege, der Beachtung des grundlegenden Prinzips der Gleichbehandlung leicht durch getrennte Verhandlungen entziehen(67).

    89.      Als Viertes könnte, wie die Kommission in ihren schriftlichen Erklärungen bemerkt hat, die Annahme, dass die Autonomie der Sozialpartner und die Möglichkeit der Parteien, unterschiedliche Verhandlungsstrategien zu verfolgen, allgemein geltend gemacht werden, in Ermangelung konkreter Angaben zum Ablauf der Verhandlungen zumindest die Tatsache verschleiern, dass, selbst wenn sich die Gewerkschaften um die Verbesserung der Arbeitsbedingungen aller Arbeitnehmer bemühen, sowohl der Arbeitgeber als auch die Gewerkschaften unbewusste Vorurteile haben können, die sie dazu veranlassen, die Bedürfnisse der weiblichen Arbeitnehmer im Vergleich zu denen der männlichen Arbeitnehmer zu unterschätzen und folglich andere Bedingungen für Gruppen hinzunehmen, die überwiegend aus Frauen bestehen(68).

    90.      Selbst wenn man auf den ersten Blick die Möglichkeit in Betracht zöge, die Existenz zweier gesonderter Tarifverträge als sachliche Rechtfertigung für die in Rede stehende Ungleichbehandlung zu akzeptieren, ist jedenfalls daran zu erinnern, dass die PNC‑Vereinbarung mehrheitlich Frauen und die PNT‑Vereinbarung mehrheitlich Männer betrifft und im Rahmen einer mittelbaren Diskriminierung deshalb nicht ermittelt werden kann, welcher Umstand genau den komparativen Nachteil verursacht, da die Rechtfertigung mit einem anderen Ziel verknüpft sein muss, das nichts mit einer Diskriminierung aufgrund des Geschlechts zu tun hat(69).

    91.      Nach alledem ist die Autonomie der Sozialpartner im Kontext getrennter und gesonderter Tarifverhandlungen, wenn Art. 23 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2006/54 nicht seiner praktischen Wirksamkeit beraubt werden soll, allein kein sachlicher Grund, der nichts mit einer Diskriminierung aufgrund des Geschlechts zu tun hat, und genügt folglich allein nicht als sachlicher Rechtfertigungsgrund für eine Ungleichbehandlung wie die vorliegende.

    2)      Zu der Frage, ob es andere objektive Faktoren gibt, die nichts mit einer Diskriminierung aufgrund des Geschlechts zu tun haben und die fragliche Ungleichbehandlung rechtfertigen könnten

    92.      Ich halte es für wichtig, zwischen der Annahme, dass der Umstand, dass sich die Ungleichbehandlung aus der Anwendung zweier gesonderter Tarifverträge ergibt, als solcher einen hinreichenden Grund für die Rechtfertigung einer Ungleichbehandlung aufgrund des Geschlechts darstellen kann, einerseits, und der Annahme, dass diese Rechtfertigung nach der Richtlinie 2006/54 in Verbindung mit anderen Kriterien zur Herausbildung eines sachlichen Rechtfertigungsgrundes beitragen könnte, der nichts mit einer Diskriminierung aufgrund des Geschlechts zu tun hat, andererseits, zu unterscheiden.

    93.      Was den letztgenannten Umstand angeht, so kann das vorlegende Gericht die Existenz zweier Tarifverträge, wie aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs hervorgeht, bei der Beurteilung der Frage berücksichtigen, ob Unterschiede zwischen den Tagegeldern der beiden betroffenen Gruppen bestehen und ob diese Unterschiede auf objektive Faktoren zurückgehen, die nichts mit einer Diskriminierung aufgrund des Geschlechts zu tun haben(70).

    94.      Festzuhalten ist jedoch, dass solche Faktoren weder aus der Vorlageentscheidung noch aus den Erklärungen von Air Nostrum hervorgehen. Selbst wenn unterstellt wird, dass mit der behaupteten Rechtfertigung ein rechtmäßiges Ziel geltend gemacht werden soll, ergibt sich aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs insoweit, dass eine allgemeine Erklärung nicht ausreicht, um erkennen zu lassen, dass das Ziel der streitigen Maßnahme nichts mit einer Diskriminierung aufgrund des Geschlechts zu tun hat(71).

    95.      Würde der Arbeitgeber genaue und überzeugende Beweise dafür vorlegen, dass sich die Ungleichbehandlung tatsächlich aus einem rechtmäßigen Ziel und nicht aus dem Geschlechtsunterschied ergibt, hätte das vorlegende Gericht hingegen zu prüfen, ob das tatsächlich der Fall ist. Wie die Kommission zu Recht bemerkt hat, können sich diese Beweise u. a. auf das Bestehen der jeweiligen Prioritäten der die Arbeitnehmer vertretenden Gewerkschaften beziehen.

    96.      In diesem Zusammenhang kann sich der Arbeitgeber, wie aus den vorstehenden Nummern hervorgeht, nicht auf einen Verweis auf zwei gesonderte Tarifverhandlungen beschränken, sondern hat konkret nachzuweisen, dass die Prioritäten jeder Gruppe unterschiedlich waren, dass sie wirklich und unabhängig voneinander verhandelt worden sind und dass die Parteien tatsächlich entsprechend ihren jeweiligen Prioritäten verhandelt haben, indem sie auf bestimmte Aspekte bestanden und sich bei anderen flexibel gezeigt haben, um eine Vereinbarung zu erzielen, die den Interessen beider Parteien Rechnung trägt. Das vorlegende Gericht sollte insoweit prüfen, ob die von vornherein benachteiligte Gruppe die Unterschiede bei der Höhe der fraglichen Tagegelder in voller Kenntnis der Sachlage akzeptiert und dafür anderen, sich u. a. auf die Arbeitsbedingungen beziehenden Gesichtspunkten wie beispielsweise der Qualität der Hotels oder der Anzahl der Urlaubstage Vorrang eingeräumt hat.

    b)      Zu der Frage, ob die im Ausgangsverfahren in Rede stehende Praxis zur Erreichung des geltend gemachten Ziels geeignet und erforderlich ist

    97.      In Anbetracht meiner Würdigung braucht die Frage der Eignung der betreffenden Praxis zur Erreichung des angestrebten Ziels nicht geprüft zu werden. Ich möchte jedoch darauf hinweisen, dass das vorlegende Gericht für den Fall, dass Beweise für das Vorliegen eines rechtmäßigen Ziels beigebracht werden, zu prüfen haben wird, ob die Mittel zur Erreichung dieses rechtmäßigen Ziels im Sinne von Art. 2 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2006/54 angemessen und erforderlich sind.

    98.      Im Rahmen dieser Prüfung sollte das vorlegende Gericht Gesichtspunkte wie beispielsweise die Plausibilität der vom Arbeitgeber gemachten Angaben zu den fraglichen Tagegeldern – insbesondere die Tatsache, ob diese Gelder ihren Zweck erfüllen, die auf Dienstreisen anfallenden Verpflegungskosten zu decken – berücksichtigen.

    V.      Ergebnis

    99.      Nach alledem schlage ich dem Gerichtshof vor, die Frage der Audiencia Nacional (Nationaler Gerichtshof, Spanien) wie folgt zu beantworten:

    Art. 14 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2006/54/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. Juli 2006 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Chancengleichheit und Gleichbehandlung von Männern und Frauen in Arbeits- und Beschäftigungsfragen

    ist dahin auszulegen, dass

    er einer Praxis entgegensteht, nach der eine Fluggesellschaft dem mehrheitlich aus Frauen bestehenden Flugkabinenpersonal zur Deckung der auf Dienstreisen anfallenden Verpflegungskosten ein Tagegeld in geringerer Höhe zahlt, als es aus dem gleichen Grund dem mehrheitlich aus Männern bestehenden technischen Flugpersonal gezahlt wird, wenn sich diese Ungleichbehandlung aus der Anwendung zweier gesonderter Tarifverträge ergibt, die zwischen dem Arbeitgeber und den verschiedenen Gewerkschaften ausgehandelt worden sind.


    1      Originalsprache: Französisch.


    2      Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. Juli 2006 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Chancengleichheit und Gleichbehandlung von Männern und Frauen in Arbeits- und Beschäftigungsfragen (ABl. 2006, L 204, S. 23).


    3      BOE Nr. 255 vom 24. Oktober 2015, S. 100224.


    4      Tripulantes de cabina de pasajeros.


    5      BOE Nr. 12 vom 14. Januar 2019, S. 2519, verfügbar unter folgender Internetadresse: https://www.boe.es/eli/es/res/2018/12/18/(14).


    6      BOE Nr. 134 vom 13. Mai 2020, S. 32752, verfügbar unter folgender Internetadresse: https://www.boe.es/eli/es/res/2020/03/10/(12).


    7      Was sich auch aus dem Urteil vom 8. September 2011, Hennigs und Mai (C‑297/10 und C‑298/10, EU:C:2011:560), ergeben soll.


    8      Zum Standpunkt der Staatsanwaltschaft vgl. Nr. 29 der vorliegenden Schlussanträge. Die Staatsanwaltschaft und die spanische Regierung haben die Gründe für die Aufrechterhaltung des Verfahrens vor dem vorlegenden Gericht in der mündlichen Verhandlung erläutert.


    9      Vgl. Lenaerts, K., und Gutièrrez-Fons, J. A., „Epilogue. High Hopes: Autonomy and the Identity of the EU“, European Papers, 2023, Bd. 8, Nr. 3, S. 1495 bis 1511.


    10      Vgl. u. a. Urteil vom 5. Juli 2017, Fries (C‑190/16, EU:C:2017:513, Rn. 29).


    11      Zur Erinnerung: Die Richtlinie 2006/54 übernimmt einige Elemente der Rechtsprechung des Gerichtshofs und fasst die bestehenden Bestimmungen verschiedener Richtlinien zur Gleichstellung von Frauen und Männern, nämlich der Richtlinie 75/117/EWG des Rates vom 10. Februar 1975 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Anwendung des Grundsatzes des gleichen Entgelts für Männer und Frauen (ABl. 1975, L 45, S. 19), der Richtlinie 76/207/EWG des Rates vom 9. Februar 1976 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen hinsichtlich des Zugangs zur Beschäftigung, zur Berufsbildung und zum beruflichen Aufstieg sowie in Bezug auf die Arbeitsbedingungen (ABl. 1976, L 39, S. 40), der Richtlinie 86/378/EWG des Rates vom 24. Juli 1986 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen bei den betrieblichen Systemen der sozialen Sicherheit (ABl. 1986, L 225, S. 40) und der Richtlinie 97/80/EG des Rates vom 15. Dezember 1997 über die Beweislast bei Diskriminierung aufgrund des Geschlechts (ABl. 1997, L 14, S. 6), zusammen.


    12      Vgl. Nr. 18 der vorliegenden Schlussanträge.


    13      Vgl. Urteile vom 8. Mai 2019, Villar Láiz (C‑161/18, EU:C:2019:382, Rn. 37 und die dort angeführte Rechtsprechung), und vom 21. Januar 2021, INSS (C‑843/19, EU:C:2021:55, Rn. 24). Diese Urteile stellen eine Weiterentwicklung der Definition des Begriffs „mittelbare Diskriminierung“ im Vergleich zur früheren Rechtsprechung dar, nach der „eine mittelbare Diskriminierung vorliegt, wenn eine nationale Maßnahme zwar neutral formuliert ist, in ihrer Anwendung aber wesentlich mehr Frauen als Männer benachteiligt“. Hervorhebung nur hier. Vgl. u. a. Urteile vom 14. April 2015, Cachaldora Fernández (C‑527/13, EU:C:2015:215, Rn. 28), und vom 9. November 2017, Espadas Recio (C‑98/15, EU:C:2017:833, Rn. 38 und die dort angeführte Rechtsprechung).


    14      Die fragliche Maßnahme betrifft die Praxis des Arbeitgebers, dem PNC und dem PNT Tagegelder in unterschiedlicher Höhe, die in zwei gesonderten Tarifverträgen vorgesehen sind, zu zahlen.


    15      Zum Einfluss der US-amerikanischen Doktrin des „disparate impact“ im Rahmen mittelbarer Diskriminierungen im Sozialrecht der Union vgl. u. a. Tobler, C., Indirect Discrimination. A Case Study into the Development of the Legal Concept of Indirect Discrimination under EC Law, Intersentia, Antwerpen-Oxford, 2005, S. 91 bis 96 und 235, sowie Mulder, J., Indirect sex discrimination in employment. Theoretical analysis and reflections on the CJEU case law and national application of the concept of indirect sex discrimination, Directorate-General for Justice and Consumers (EC), 2021, S. 44. Vgl. insoweit Urteil vom 31. März 1981, Jenkins (96/80, EU:C:1981:80, S. 925, 13. Erwägungsgrund). Vgl. auch Schlussanträge des Generalanwalts Warner in der Rechtssache Jenkins (96/80, EU:C:1981:21, S. 936 und 937) und Schlussanträge des Generalanwalts Poiares Maduro in der Rechtssache Coleman (C‑303/06, EU:C:2008:61, Nr. 19).


    16      Wie im Schrifttum hervorgehoben worden ist, geht es darum, in qualitativer Weise zu prüfen, welche möglichen nachteiligen Auswirkungen eine Maßnahme auf Personen, die ein bestimmtes Kriterium erfüllen, im Vergleich zu anderen Personen hat. Die Definition einer „mittelbaren Diskriminierung“ ermöglicht die Prüfung von Ungleichbehandlungen im Zusammenhang mit Kriterien, für die es keine quantitativen Daten gäbe. Vgl. Miné, M., „Les concepts de discrimination directe et indirecte“, ERA Forum, Bd. 4, 2003, S. 30 bis 44, insbesondere S. 38 und 39, und Tridimas, T., The General Principles of EU Law, Oxford University Press, Oxford, 2005, 2. Aufl., S. 67 bis 72. Vgl. auch Fn. 42 der vorliegenden Schlussanträge.


    17      Aus der Vorlageentscheidung ergibt sich, dass Art. 93 und Anhang I der PNC‑Vereinbarung sowie Art. 16.19 der PNT‑Vereinbarung dem Anschein nach neutral sind, da diese Bestimmungen sowohl für das männliche als auch für das weibliche PNC bzw. PNT gelten.


    18      Vgl. u. a. Urteile vom 27. Oktober 1998, Boyle u. a. (C‑411/96, EU:C:1998:506, Rn. 39), vom 21. Oktober 1999, Lewen (C‑333/97, EU:C:1999:512, Rn. 36), vom 30. März 2004, Alabaster (C‑147/02, EU:C:2004:192, Rn. 45), sowie vom 16. Juli 2009, Gómez-Limón Sánchez-Camacho (C‑537/07, EU:C:2009:462, Rn. 56).


    19      Vgl. u. a. Tobler, C., Limites et potentiel du concept de discrimination indirecte, a. a. O., S. 24 und 26. In Bezug auf den allgemeinen Grundsatz der Gleichbehandlung vgl. u. a. Urteil vom 4. Mai 2023, Glavna direktsia „Pozharna bezopasnost i zashtita na naselenieto“ (Nachtarbeit) (C‑529/21 bis C‑536/21 und C‑732/21 bis C‑738/21, EU:C:2023:374, Rn. 52).


    20      Der Begriff „mittelbare Diskriminierung“ ist erstmals im Urteil vom 13. Mai 1986, Bilka-Kaufhaus (170/84, EU:C:1986:204), das sich auf den Zugang zu einer Regelung der betrieblichen Altersversorgung bezieht, geprägt worden. Vgl. insoweit Prechal, S., „Combating Indirect Discrimination in Community Law Context“, Legal Issues of European Integration, Bd. 19, Nr. 1, 1993, S. 81 bis 97, insbesondere S. 84.


    21      Zur Entwicklung der Definition des Begriffs „mittelbare Diskriminierung im Unionsrecht“ vgl. Ellis, E., und Watson, P., EU Anti-Discrimination Law, 2. Aufl., Oxford European Union Law Library, Oxford, 2012, S. 148 bis 155.


    22      Vgl. Nrn. 38 und 39 der vorliegenden Schlussanträge.


    23      Art. 2 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2006/54 definiert eine „unmittelbare Diskriminierung“ als „eine Situation, in der eine Person aufgrund ihres Geschlechts eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde“.


    24      Bezüglich des Erfordernisses der Vergleichbarkeit der Sachverhalte im Kontext einer unmittelbaren Diskriminierung hat der Gerichtshof zum einen darauf hingewiesen, dass die Situationen nicht identisch, sondern nur vergleichbar sein müssen, und zum anderen darauf, dass die Prüfung dieser Vergleichbarkeit nicht allgemein und abstrakt sein darf, sondern spezifisch und konkret für die betreffende Leistung erfolgen muss. Vgl. u. a. Urteile vom 12. Dezember 2013, Hay (C‑267/12, EU:C:2013:823, Rn. 33), und vom 19. Juli 2017, Abercrombie & Fitch Italia (C‑143/16, EU:C:2017:566, Rn. 25).


    25      Vgl. Fn. 16 der vorliegenden Schlussanträge. Hervorhebung nur hier.


    26      Vgl. in diesem Sinne u. a. Tobler, C., Indirect Discrimination Under Directives 2000/43 and 2000/78, Universität Leiden, Leiden, S. 100, sowie Tobler, C., Limites et potentiel du concept de discrimination indirecte, a. a. O., S. 54.


    27      Vgl. in diesem Sinne u. a. Mulder, J., Indirect sex discrimination in employment, a. a. O., S. 50 und 51, und Tobler, C., Indirect Discrimination Under Directives 2000/43 and 2000/78, a. a. O., S. 23, 99 und 100. Festzuhalten ist, dass die im Rahmen des Vergleichs zu prüfenden und die bei der Feststellung der Rechtmäßigkeit des geltend gemachten Rechtfertigungsgrundes zu berücksichtigenden Gesichtspunkte nicht die gleichen sind. So ist die Existenz eines oder mehrerer Tarifverträge ein Gesichtspunkt, der bei der Beurteilung der Frage berücksichtigt werden kann, ob Unterschiede bei den fraglichen Tagessgeldern auf objektive Faktoren zurückgehen, die nichts mit einer Diskriminierung aufgrund des Geschlechts zu tun haben. Vgl. u. a. in diesem Sinne Urteil vom 31. Mai 1995, Royal Copenhagen (C‑400/93, EU:C:1995:155, Rn. 46). Vgl. Nrn. 92 ff. der vorliegenden Schlussanträge.


    28      Vgl. in diesem Sinne u. a. Mulder, J., Indirect sex discrimination in employment, a. a. O., S. 12. Beim Grundsatz des gleichen Entgelts, der in der vorliegenden Rechtssache nicht in Rede steht, müssen die zu vergleichenden Gruppen von Arbeitnehmern hingegen gleichwertige Arbeit leisten.


    29      Vgl. Mulder, J., Indirect sex discrimination in employment, a. a. O., S. 12 und 50.


    30      Vgl. in diesem Sinne Tobler, C., Limites et potentiel du concept de discrimination indirecte, a. a. O., insbesondere Fn. 127.


    31      Zur Bedeutung der Ermittlung der Referenzgruppe im Kontext einer mittelbaren Diskriminierung vgl. u. a. Ellis, E., und Watson, P., EU Anti-Discrimination Law, a. a. O., S. 152.


    32      Vgl. u. a. Urteil vom 24. Februar 2022, TGSS (Arbeitslosigkeit von Hausangestellten ) (C‑389/20, EU:C:2022:120, Rn. 49 und 50 und die dort angeführte Rechtsprechung), in dem der Gerichtshof die Auffassung vertreten hat, dass „geltend [gemacht wird], eine solche mittelbare Diskriminierung liege nicht vor, da die Situation der Hausangestellten mit der der anderen … Arbeitnehmer nicht vergleichbar sei. Dieses Argument geht jedoch ins Leere. Wie nämlich der Generalanwalt in Nr. 47 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, stellt die im Ausgangsverfahren in Rede stehende nationale Bestimmung, anders als in der Rechtssache, in der das … Urteil vom 26. Juni 2018, MB (Geschlechtsumwandlung und Altersrente) (C‑451/16, EU:C:2018:492), ergangen ist, keine unmittelbare Diskriminierung aufgrund des Geschlechts dar, die durch die fehlende Vergleichbarkeit der Situation der Hausangestellten mit der anderer Arbeitnehmer in Frage gestellt werden könnte“. Vgl. insoweit meine Schlussanträge in der Rechtssache TGSS (Arbeitslosigkeit von Hausangestellten) (C‑389/20, EU:C:2021:777, Nr. 47).


    33      Im Rahmen dieser Frage müssen die Vergleichsgruppen von Arbeitnehmern eine gleichwertige Arbeit verrichten. Vgl. Fn. 28 der vorliegenden Schlussanträge.


    34      Vgl. insoweit Nr. 35 der vorliegenden Schlussanträge.


    35      Die Kommission hat in der mündlichen Verhandlung klargestellt, dass die Tagegelder in den beiden fraglichen Tarifverträgen nicht als Entgelt angesehen würden.


    36      Ich möchte daran erinnern, dass die Methode zur Ermittlung der Referenzgruppe für Vergleichszwecke im Kontext mittelbarer Diskriminierungen nicht genau die gleiche ist wie im Fall unmittelbarer Diskriminierungen. Vgl. insoweit Nrn. 48 und 49 der vorliegenden Schlussanträge.


    37      Vgl. in diesem Sinne u. a. Mulder, J., Indirect sex discrimination in employment, a. a. O., S. 12.


    38      Mit anderen Worten handelt es sich bei den zu vergleichenden Personen (den Vergleichsgruppen) um das überwiegend aus Frauen bestehende PNC einerseits und das überwiegend aus Männern bestehende PNT andererseits. Dieser Vergleich (die tertium comparationis) bezieht sich auf die Höhe der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Tagegelder.


    39      Im vorliegenden Fall bezieht sich die Ermittlung lediglich auf die Bestimmungen über Tagegelder in den einzelnen Tarifverträgen und nicht auf andere Bestimmungen dieser Verträge.


    40      Vgl. u. a. Urteil vom 24. Februar 2022, TGSS (Arbeitslosigkeit von Hausangestellten) (C‑389/20, EU:C:2022:120, Rn. 41 und die dort angeführte Rechtsprechung). Zur Beweislast vgl. Art. 19 der Richtlinie 2006/54. Wie der Gerichtshof entschieden hat, obliegt es der Person, die sich durch die Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes für beschwert hält, zunächst Tatsachen glaubhaft zu machen, die das Vorliegen einer unmittelbaren oder mittelbaren Diskriminierung vermuten lassen. Nur wenn diese Person solche Tatsachen glaubhaft macht, hat der Beklagte sodann nachzuweisen, dass keine Verletzung des Diskriminierungsverbots vorliegt. Vgl. Urteil vom 19. April 2012, Meister (C‑415/10, EU:C:2012:217, Rn. 36). Vgl. insoweit Burri, S., und Prechal, S., L’égalité des genres dans le droit de l’Union européenne, Europäische Kommission, Luxemburg, 2008, S. 17.


    41      Vgl. insoweit Urteil vom 31. März 1981, Jenkins (96/80, EU:C:1981:80, S. 925, 13. Erwägungsgrund), und Schlussanträge des Generalanwalts Warner in der Rechtssache Jenkins (96/80, EU:C:1981:21, S. 936 und 937).


    42      Vgl. Urteil vom 21. Januar 2021, INSS (C‑843/19, EU:C:2021:55, Rn. 27 und die dort angeführte Rechtsprechung). Festzuhalten ist, dass mittelbare Diskriminierung mit allen Mitteln und nicht nur anhand statistischer Beweise festgestellt werden kann. Vgl. u. a. Urteile vom 8. Mai 2019, Villar Láiz (C‑161/18, EU:C:2019:382, Rn. 46), und vom 3. Oktober 2019, Schuch-Ghannadan (C‑274/18, EU:C:2019:828, Rn. 54). In diesem Zusammenhang ist hervorzuheben, dass sich die Richtlinie 2006/54 „bei der Prüfung der mittelbaren Diskriminierung nicht auf quantitative Elemente bezieht. Die [Definition einer mittelbaren Diskriminierung] verfolgt nämlich einen qualitativen Ansatz, d. h. es muss geprüft werden, ob die betreffende nationale Maßnahme ihrem Wesen nach geeignet ist, Personen des einen Geschlechts gegenüber Personen des anderen Geschlechts ‚in besonderer Weise zu benachteiligen‘“. Vgl. Schlussanträge des Generalanwalts Rantos in den verbundenen Rechtssachen IK und CM (C‑184/22 und C‑185/22, EU:C:2023:879, Nr. 36).


    43      Im vorliegenden Fall die Bestimmungen der betreffenden Tarifverträge.


    44      Vgl. in diesem Sinne u. a. Urteile vom 24. September 2020, YS (Betriebspensionen leitender Angestellter) (C‑223/19, EU:C:2020:753, Rn. 52 und die dort angeführte Rechtsprechung), und vom 21. Januar 2021, INSS (C‑843/19, EU:C:2021:55, Rn. 26). Vgl. in diesem Sinne auch Urteil vom 8. Mai 2019, Villar Láiz (C‑161/18, EU:C:2019:382, Rn. 39 und 45).


    45      Im Einzelnen geht aus der Vorlageentscheidung hervor, dass die Höhe der Tagegelder des PNC zwischen 37,06 und 59,06 Euro schwankt, je nachdem, ob es sich um eine Inlands- oder eine Auslandsreise handelt. Die spanische Regierung stellt in ihren schriftlichen Erklärungen insoweit fest, dass das PNC ein volles Tagegeld erhalte, wenn es die vierte volle Tätigkeitsstunde überschreite. Ist das PNC vier Stunden oder weniger im Einsatz, erhält es ein halbes Tagegeld. Dagegen belaufen sich die Tagegelder des PNT für gleichartige Reisen auf einen Betrag zwischen jeweils 65 und 100 Euro. In diesem Fall werden die Tagegelder des PNT, worauf die spanische Regierung in ihren schriftlichen Erklärungen hinweist, mit der Möglichkeit gezahlt, unter bestimmten Reisebedingungen zusätzliche Koeffizienten anzuwenden, die diese Gelder um den Faktor 1,2 bis 2 erhöhen.


    46      Vgl. in diesem Sinne Urteil vom 8. Mai 2019, Villar Láiz (C‑161/18, EU:C:2019:382, Rn. 47).


    47      In Fällen, in denen die untersuchten Situationen nicht vergleichbar sind, stellt die Ungleichbehandlung daher keine unmittelbare Diskriminierung dar. Außerdem kann eine unmittelbare Diskriminierung nur aus besonderen Gründen gerechtfertigt werden, die ausdrücklich im Gesetz vorgesehen sind. Vgl. insoweit die in Fn. 32 der vorliegenden Schlussanträge angeführte Rechtsprechung. Vgl. auch meine Schlussanträge in der Rechtssache TGSS (Arbeitslosigkeit von Hausangestellten) (C‑389/20, EU:C:2021:777, Nr. 47 und Fn. 21).


    48      Vgl. in diesem Sinne Urteile vom 24. September 2020, YS (Betriebspensionen leitender Angestellter) (C‑223/19, EU:C:2020:753, Rn. 58), und vom 24. Februar 2022, TGSS (Arbeitslosigkeit von Hausangestellten) (C‑389/20, EU:C:2022:120, Rn. 51 und die dort angeführte Rechtsprechung).


    49      Vgl. in diesem Sinne Urteil vom 28. Februar 2013, Kenny u. a. (C‑427/11, EU:C:2013:122, Rn. 41).


    50      Vgl. Nr. 29 der vorliegenden Schlussanträge.


    51      Vgl. Sciarra, S., „The evolution of collective bargaining: observations on comparison in the countries of the European Union“, Comparative Labor Law & Policy Journal, Bd. 29, Nr. 1, S. 1 bis 28, insbesondere S. 7. Zur Bedeutung von Kollektivverhandlungen vgl. u. a. Schlussanträge des Generalanwalts Jacobs in den Rechtssachen Brentjens’ Handelsonderneming (C‑67/96, C‑115/97 und C‑219/97, Nr. 181) sowie Schlussanträge des Generalanwalts Cruz Villalón in der Rechtssache Prigge u. a. (C‑447/09, EU:C:2011:321, Nrn. 41 bis 46).


    52      Vgl. Rodière, P., „Droit à la négociation et d’actions collectives“, Charte des droits fondamentaux de l’Union européenne, Picod, F., und Van Drooghenbroeck, S., (Hrsg.), 2. Aufl., Bruyland, Paris, 2018, S. 621 bis 646.


    53      Urteile vom 8. September 2011, Hennigs und Mai (C‑297/10 und C‑298/10, EU:C:2011:560, Rn. 66 und die dort angeführte Rechtsprechung). Insbesondere geht in Bezug auf die Richtlinie 2006/54 aus deren Art. 33 die Bedeutung der Funktion von Tarifverträgen als Teil der Rechtsordnung der Mitgliedstaaten für „die wirksame Anwendung des Grundsatzes der Gleichbehandlung“ hervor. So treffen die Mitgliedstaaten nach Art. 21 Abs. 1 dieser Richtlinie „geeignete Maßnahmen zur Förderung des sozialen Dialogs zwischen den Sozialpartnern mit dem Ziel, die Verwirklichung der Gleichbehandlung voranzubringen“.


    54      Auf Unionsebene wird der Dialog zwischen den Sozialpartnern in Art. 155 AEUV anerkannt.


    55      Urteile vom 8. September 2011, Hennigs und Mai (C‑297/10 und C‑298/10, EU:C:2011:560, Rn. 67), vom 11. Dezember 2007, International Transport Workers’ Federation und Finnish Seamen’s Union (C‑438/05, EU:C:2007:772, Rn. 44), sowie vom 18. Dezember 2007, Laval un Partneri (C‑341/05, EU:C:2007:809, Rn. 91).


    56      Vgl. in diesem Sinne Urteile vom 8. September 2011, Hennigs und Mai (C‑297/10 und C‑298/10, EU:C:2011:560, Rn. 68), sowie vom 27. Oktober 1993, Enderby (C‑127/92, im Folgenden: Urteil Enderby, EU:C:1993:859, Rn. 22).


    57      Urteil vom 8. April 1976 (43/75, EU:C:1976:56, Rn. 39).


    58      Vgl. u. a. Urteile vom 27. Juni 1990, Kowalska (C‑33/89, EU:C:1990:265, Rn. 12), vom 18. November 2004, Sass (C‑284/02, EU:C:2004:722, Rn. 25), vom 9. Dezember 2004, Hlozek (C‑19/02, EU:C:2004:779, Rn. 43), vom 18. November 2020, Syndicat CFTC (C‑463/19, EU:C:2020:932, Rn. 48), und vom 3. Juni 2021, Tesco Stores (C‑624/19, EU:C:2021:429, Rn. 21 und die dort angeführte Rechtsprechung).


    59      Zu Art. 16 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (ABl. 2000, L 303, S. 16), der Art. 23 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2006/54 entspricht, vgl. Urteile vom 8. September 2011, Hennigs und Mai (C‑297/10 und C‑298/10, EU:C:2011:560, Rn. 63), vom 13. September 2011, Prigge u. a. (C‑447/09, EU:C:2011:573, Rn. 49), sowie vom 28. Februar 2013, Kenny u. a. (C‑427/11, EU:C:2013:122, Rn. 47).


    60      Urteil vom 8. September 2011, Hennigs und Mai (C‑297/10 und C‑298/10, EU:C:2011:560, Rn. 78).


    61      Urteil vom 27. Oktober 1993, Enderby (C‑127/92, EU:C:1993:859, Rn. 22). Hervorhebung nur hier. Zur schädlichen Wirkung vgl. Nr. 40 der vorliegenden Schlussanträge.


    62      Urteil vom 27. Oktober 1993, Enderby (C‑127/92, EU:C:1993:859, Rn. 22).


    63      Urteil vom 27. Oktober 1993, Enderby (C‑127/92, EU:C:1993:859, Rn. 23). Hervorhebung nur hier.


    64      Zur Rechtfertigung einer Ungleichbehandlung aufgrund des Geschlechts „reicht es [daher] nicht aus, dass der gemeinsame Arbeitgeber auf das Vorhandensein verschiedener Tarifverträge verweist, selbst wenn jeder für sich betrachtet keine Diskriminierung aufgrund des Geschlechts vorsieht“, vgl. Schlussanträge des Generalanwalts Lenz in der Rechtssache Enderby (C‑127/92, EU:C:1993:313, Nr. 50).


    65      Die spanische Regierung hat in diesem Zusammenhang erläutert, dass Art. 89 Abs. 1 des Gesetzes über das Arbeitnehmerstatut für „Arbeitnehmervertreter oder Arbeitgeber“ (die gemäß Art. 87 dieses Statuts zur Aushandlung eines Tarifvertrags ermächtigt sein müssen) die Möglichkeit vorsieht, Verhandlungen zu beantragen, indem sie dies der anderen Partei schriftlich mitteilen. Die Partei, an die die Mitteilung gerichtet ist, kann die Aufnahme von Verhandlungen nur aus gesetzlichen bzw. tarifvertraglichen Gründen oder dann ablehnen, wenn es nicht darum geht, einen bereits abgelaufenen Tarifvertrag zu überprüfen.


    66      Nach Art. 89 Abs. 2 des Gesetzes über das Arbeitnehmerstatut wird innerhalb einer Frist von höchstens einem Monat nach Eingang der Mitteilung eine Verhandlungskommission eingesetzt. Die Partei, an die die Mitteilung gerichtet ist, muss mithin auf den Verhandlungsvorschlag antworten, wobei beide Parteien gemeinsam den Zeit- bzw. Verhandlungsplan festzulegen haben.


    67      Vgl. in diesem Sinne Urteil vom 27. Oktober 1993, Enderby (C‑127/92, EU:C:1993:859, Rn. 22).


    68      Wie im Schrifttum festgestellt worden ist, „fördert die Ablehnung gesonderter Tarifverhandlungen als sachliche Rechtfertigung für mittelbare Diskriminierung aufgrund des Geschlechts die Chancengleichheit, da es nicht ausreicht, zu fragen, ob das Erreichen zweier unterschiedlicher Niveaus von Arbeitsbedingungen auf die Anwendung zweier unterschiedlicher Verfahren zurückzuführen ist. Es ist zu prüfen, was diesen Verfahren zugrunde liegt, und zu fragen, weshalb ein Tarifvertrag [in Bezug auf dieselbe Maßnahme] zu einem günstigeren Ergebnis als der andere führen konnte“. Vgl. Hervey, T. K., „EC Law on Justifications for sex Discrimination in Working Life“, Collective bargaining, discrimination, social security and European integration, Bulletin of comparative labour relations, 48, 2003, S. 103 bis 152, insbesondere S. 133. Vgl. auch Vogel-Polsky, E., „Genre et droit: les enjeux de la parité“, Cahiers du GEDISST (Groupe d’étude sur la division sociale et sexuelle du travail), Nr. 17, 1996, „Principes et enjeux de la parité“, S. 11 bis 31: „Die berufliche Segregation … von Frauen in Wirtschaft und Arbeitswelt hat ihren Ursprung in der Gesamtheit der Geschlechterverhältnisse [oder] in der Prägung von Stereotypen, die durch die Kultur, die Erziehung, das Schulsystem, die Familie, die Medien … vermittelt werden“. Vgl. meine Schlussanträge in der Rechtssache TGSS (Arbeitslosigkeit von Hausangestellten) (C‑389/20, EU:C:2021:777, Nr. 78).


    69      Zu einer benachteiligten Gruppe von Teilzeitarbeitnehmern, die im Wesentlichen aus Frauen besteht, vgl. Urteil vom 10. März 2005, Nikoloudi (C‑196/02, EU:C:2005:141, Rn. 51). Vgl. in diesem Sinne u. a. Tobler, C., Limites et potentiel du concept de discrimination indirecte, a. a. O., S. 37.


    70      Vgl. u. a. Urteile vom 31. Mai 1995, Royal Copenhagen (C‑400/93, EU:C:1995:155, Rn. 46), sowie vom 28. Februar 2013, Kenny u. a. (C‑427/11, EU:C:2013:122, Rn. 49).


    71      Vgl. in diesem Sinne Urteil vom 10. März 2005, Nikoloudi (C‑196/02, EU:C:2005:141, Rn. 52 und die dort angeführte Rechtsprechung).

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