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Document 62022CJ0440

    Urteil des Gerichtshofs (Neunte Kammer) vom 11. Januar 2024.
    Wizz Air Hungary Légiközlekedési Zrt. (Wizz Air Hungary Zrt.) gegen Europäische Kommission.
    Rechtsmittel – Staatliche Beihilfen – Luftverkehr – Rumänien – Rettungsbeihilfe für TAROM – Leitlinien für staatliche Beihilfen zur Rettung und Umstrukturierung von Unternehmen in Schwierigkeiten, die keine Finanzinstitute sind – Beschluss der Kommission, keine Einwände zu erheben, weil die Maßnahmen mit dem Binnenmarkt vereinbare Beihilfen darstellten.
    Rechtssache C-440/22 P.

    ECLI identifier: ECLI:EU:C:2024:26

     URTEIL DES GERICHTSHOFS (Neunte Kammer)

    11. Januar 2024 ( *1 )

    „Rechtsmittel – Staatliche Beihilfen – Luftverkehr – Rumänien – Rettungsbeihilfe für TAROM – Leitlinien für staatliche Beihilfen zur Rettung und Umstrukturierung von Unternehmen in Schwierigkeiten, die keine Finanzinstitute sind – Beschluss der Kommission, keine Einwände zu erheben, weil die Maßnahmen mit dem Binnenmarkt vereinbare Beihilfen darstellten“

    In der Rechtssache C‑440/22 P

    betreffend ein Rechtsmittel nach Art. 56 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, eingelegt am 4. Juli 2022,

    Wizz Air Hungary Légiközlekedési Zrt. (Wizz Air Hungary Zrt.) mit Sitz in Budapest (Ungarn), vertreten durch I.‑G. Metaxas‑Maranghidis, Dikigoros, S. Rating, Abogado, und E. Vahida, Avocat,

    Rechtsmittelführerin,

    andere Partei des Verfahrens:

    Europäische Kommission, vertreten durch I. Barcew, V. Bottka und L. Flynn als Bevollmächtigte,

    Beklagte im ersten Rechtszug,

    erlässt

    DER GERICHTSHOF (Neunte Kammer)

    unter Mitwirkung des Richters J.‑C. Bonichot in Wahrnehmung der Aufgaben des Kammerpräsidenten, des Richters S. Rodin (Berichterstatter) und der Richterin L. S. Rossi,

    Generalanwalt: A. Rantos,

    Kanzler: A. Calot Escobar,

    aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

    aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

    folgendes

    Urteil

    1

    Mit ihrem Rechtsmittel begehrt die Wizz Air Hungary Légiközlekedési Zrt. (Wizz Air Hungary Zrt.) (im Folgenden: Wizz Air) die Aufhebung des Urteils des Gerichts der Europäischen Union vom 4. Mai 2022, Wizz Air Hungary/Kommission (TAROM; Rettungsbeihilfe) (T‑718/20, im Folgenden: angefochtenes Urteil, EU:T:2022:276), mit dem ihre Klage auf Nichtigerklärung des Beschlusses C(2020) 1160 final der Kommission vom 24. Februar 2020 über die staatliche Beihilfe SA.56244 (2020/N) – Rumänien – Rettungsbeihilfe für TAROM (ABl. 2020, C 310, S. 3, im Folgenden: streitiger Beschluss) abgewiesen wurde.

    Rechtlicher Rahmen

    2

    Die Leitlinien für staatliche Beihilfen zur Rettung und Umstrukturierung nichtfinanzieller Unternehmen in Schwierigkeiten (ABl. 2014, C 249, S. 1, im Folgenden: Leitlinien für staatliche Beihilfen zur Rettung und Umstrukturierung) sehen in ihrer Rn. 38 vor:

    „Bei der Beurteilung der Vereinbarkeit einer angemeldeten Beihilfe mit dem Binnenmarkt wird die Kommission prüfen, ob alle folgenden Kriterien erfüllt sind:

    a)

    Beitrag zu einem genau definierten Ziel von gemeinsamem Interesse: Die staatliche Beihilfe muss einem Ziel von gemeinsamem Interesse im Sinne des Artikels 107 Absatz 3 AEUV dienen (Abschnitt 3.1).

    f)

    Vermeidung übermäßiger negativer Auswirkungen auf den Wettbewerb und den Handel zwischen Mitgliedstaaten: Die negativen Auswirkungen der Beihilfe müssen in ausreichendem Maße begrenzt sein, so dass die Gesamtbilanz der Maßnahme positiv ausfällt (Abschnitt 3.6).

    …“

    3

    Abschnitt 3.1 („Beitrag zu einem Ziel von gemeinsamem Interesse“) der Leitlinien für staatliche Beihilfen zur Rettung und Umstrukturierung enthält folgende Rn. 43:

    „Da Marktaustritte bei der Erzielung von Produktivitätswachstum eine wichtige Rolle spielen, bildet allein die Verhinderung des Marktaustritts eines Unternehmens keine ausreichende Rechtfertigung für eine Beihilfe. Es sollte eindeutig nachgewiesen werden, dass mit der Beihilfe ein Ziel von gemeinsamem Interesse verfolgt wird, da sie darauf abzielt, soziale Härten zu vermeiden oder Marktversagen zu beheben (Abschnitt 3.1.1), indem sie die langfristige Rentabilität des Unternehmens wiederherstellt (Abschnitt 3.1.2).“

    4

    In Abschnitt 3.1.1 („Nachweis von sozialen Härten oder von Marktversagen“) dieser Leitlinien sieht Rn. 44 vor:

    „Die Vertragsparteien müssen aufzeigen, dass der Ausfall des begünstigten Unternehmens wahrscheinlich zu schwerwiegenden sozialen Härten oder zu schwerem Marktversagen führen würde, indem sie insbesondere nachweisen, dass

    b)

    die Gefahr einer Unterbrechung der Erbringung eines wichtigen Dienstes gegeben ist, der nur schwer zu ersetzen ist, wobei es für Wettbewerber schwierig wäre, die Erbringung der Dienstleistung einfach zu übernehmen (z. B. nationaler Infrastrukturanbieter),

    …“

    5

    Abschnitt 3.1.2 („Umstrukturierungsplan und Wiederherstellung der langfristigen Rentabilität“) der genannten Leitlinien bestimmt:

    „45. Umstrukturierungsbeihilfen im Sinne dieser Leitlinien dürfen sich nicht auf finanzielle Eingriffe zur Deckung früherer Verluste beschränken, ohne dass die Ursachen dieser Verluste angegangen werden. Bei Umstrukturierungsbeihilfen verlangt die [Europäische] Kommission daher, dass der betreffende Mitgliedstaat einen realistischen, kohärenten und weitreichenden Umstrukturierungsplan zur Wiederherstellung der langfristigen Rentabilität des begünstigten Unternehmens vorlegt. Umstrukturierungen können eines oder mehrere der folgenden Elemente umfassen: die Reorganisation und Rationalisierung der Tätigkeiten des jeweiligen Unternehmens auf einer effizienteren Grundlage, was im Allgemeinen den Rückzug aus defizitären Geschäftsbereichen bedeutet, die Umstrukturierung von Geschäftsbereichen, die wieder wettbewerbsfähig werden können, oder in manchen Fällen eine Diversifizierung durch Aufnahme neuer rentabler Tätigkeiten. In der Regel gehen sie auch mit einer finanziellen Umstrukturierung in Form von Kapitalzuführungen durch neue oder bestehende Anteilseigner und Schuldenabbau durch bestehende Gläubiger einher.

    46. Die Gewährung der Beihilfe ist daher an die Umsetzung des Umstrukturierungsplans zu knüpfen, der bei allen Arten von Ad-[h]oc-Beihilfen der Genehmigung durch die Kommission bedarf.

    47. Der Umstrukturierungsplan muss die Wiederherstellung der langfristigen Rentabilität des begünstigten Unternehmens innerhalb einer angemessenen Frist auf der Grundlage realistischer Annahmen hinsichtlich seiner künftigen Betriebsbedingungen erlauben, wobei weitere, nicht im Umstrukturierungsplan vorgesehene staatliche Beihilfen auszuschließen sind. Der Umstrukturierungszeitraum sollte so kurz wie möglich sein. Der Umstrukturierungsplan ist der Kommission mit allen erforderlichen Details vorzulegen; er muss insbesondere die in diesem Abschnitt 3.1.2 dargelegten Angaben umfassen.

    …“

    6

    Der in Abschnitt 3.6 („Negative Auswirkungen“) der Leitlinien enthaltene Abschnitt 3.6.1 („Grundsatz der einmaligen Beihilfe“) sieht vor:

    „70. Um das moralische Risiko, Anreize für eine übermäßige Risikobereitschaft und potenzielle Wettbewerbsverfälschungen zu begrenzen, sollten Unternehmen in Schwierigkeiten Beihilfen nur für einen einzigen Umstrukturierungsvorgang erhalten. Dies wird als Grundsatz der einmaligen Beihilfe bezeichnet. Benötigt ein Unternehmen, das bereits Beihilfen auf der Grundlage dieser Leitlinien erhalten hat, weitere Unterstützung dieser Art, so ist davon auszugehen, dass die Schwierigkeiten des begünstigten Unternehmens wiederholt auftreten oder zum Zeitpunkt der Gewährung der vorherigen Beihilfe nicht in geeigneter Weise angegangen wurden. Ein wiederholtes staatliches Eingreifen führt mit großer Wahrscheinlichkeit zu Problemen im Zusammenhang mit dem moralischen Risiko und zu Wettbewerbsverfälschungen, die dem gemeinsamen Interesse zuwiderlaufen.

    71. Meldet ein Mitgliedstaat bei der Kommission eine geplante Rettungs- oder Umstrukturierungsbeihilfe an, so muss er angeben, ob das betreffende Unternehmen bereits in der Vergangenheit, auch vor dem Inkrafttreten dieser Leitlinien, eine Rettungsbeihilfe, Umstrukturierungsbeihilfe oder vorübergehende Umstrukturierungshilfe einschließlich nicht angemeldeter Beihilfen erhalten hat. Ist dies der Fall und liegt es weniger als zehn Jahre zurück, dass die Beihilfe gewährt, die Umstrukturierungsphase abgeschlossen oder die Umsetzung des Umstrukturierungsplans eingestellt worden ist (je nachdem, welches Ereignis als Letztes eingetreten ist), wird die Kommission keine weiteren Beihilfen auf der Grundlage dieser Leitlinien genehmigen.

    …“

    Vorgeschichte des Rechtsstreits und streitiger Beschluss

    7

    Die Vorgeschichte des Rechtsstreits, wie sie sich aus dem angefochtenen Urteil ergibt, kann wie folgt zusammengefasst werden.

    8

    Die Compania Naţională de Transporturi Aeriene TAROM SA (im Folgenden: Tarom) ist eine rumänische Fluggesellschaft, die von dem einzigen internationalen Flughafendrehkreuz OTP Henri-Coandă in Bukarest (Rumänien) betrieben wird. Sie ist hauptsächlich im Lufttransport von Passagieren, Fracht und Post tätig. Zu Beginn des Jahres 2020 beschäftigte Tarom 1795 Mitarbeiter und besaß eine Flotte von 25 Flugzeugen. Tarom flog sowohl auf nationalen als auch auf internationalen Strecken.

    9

    Am 19. Februar 2020 meldete Rumänien bei der Kommission ein Vorhaben zur Gewährung einer Rettungsbeihilfe für Tarom an, die aus einem nach Ablauf eines Zeitraums von sechs Monaten zurückzuzahlenden Darlehen zur Finanzierung deren Liquiditätsbedarfs in Höhe von 175952000 rumänischen Lei (RON) (etwa 36660000 Euro) bestand, wobei die Möglichkeit einer vorzeitigen teilweisen Rückzahlung vorgesehen war (im Folgenden: in Rede stehende Maßnahme).

    10

    Am 24. Februar 2020 erließ die Kommission den streitigen Beschluss, in dem sie unter anderem feststellte, dass sich die finanzielle Lage von Tarom in den vergangenen fünf Jahren erheblich verschlechtert habe, und hervorhob, dass sich die kumulierten Verluste im Zeitraum 2004–2019 auf 3362130000 RON (etwa 715350000 Euro) beliefen und somit mehr als die Hälfte des Kapitals von Tarom ausmachten.

    11

    Zur Situation der Verkehrsinfrastruktur in Rumänien stellte die Kommission fest, dass der allgemeine Zustand und die Zuverlässigkeit der Straßen- und Schieneninfrastruktur in Rumänien von mittelmäßiger Güte seien und dass der Luftverkehr, insbesondere die von Tarom betriebenen Inlandsstrecken, für die regionale Entwicklung des Landes weiterhin von wesentlicher Bedeutung sei.

    12

    Die Kommission wies ferner darauf hin, dass die Durchführung von Flügen, für die bereits Buchungen vorlägen, Rumänien zufolge bei einem Marktaustritt von Tarom nicht sichergestellt werden könne, wenn eine kurzfristige Übernahme der betreffenden Strecken durch Wettbewerber von Tarom nicht möglich sei. Ein solcher Marktaustritt beträfe eine große Zahl von Unternehmen, darunter hauptsächlich die Inlandsflughäfen.

    13

    Bei ihrer Prüfung der in Rede stehenden Maßnahme stellte die Kommission zunächst fest, dass diese eine staatliche Beihilfe im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV darstelle.

    14

    Sodann prüfte die Kommission, ob die in Rede stehende Maßnahme im Hinblick auf Art. 107 Abs. 3 Buchst. c AEUV mit dem Binnenmarkt vereinbar ist.

    15

    Erstens stellte die Kommission in den Erwägungsgründen 52 bis 57 des streitigen Beschlusses fest, dass Tarom ein Unternehmen in Schwierigkeiten im Sinne der Leitlinien für staatliche Beihilfen zur Rettung und Umstrukturierung sei.

    16

    Zweitens stellte sie in den Erwägungsgründen 58 bis 65 des streitigen Beschlusses fest, dass die von Rumänien vorgelegten Informationen belegten, dass die in Rede stehende Maßnahme die in den Rn. 43 bis 52 dieser Leitlinien vorgesehene Voraussetzung erfülle, wonach die staatliche Beihilfe zu einem Ziel von gemeinsamem Interesse beitragen müsse.

    17

    Drittens vertrat die Kommission in den Erwägungsgründen 66 bis 77 des streitigen Beschlusses die Auffassung, dass die in Rede stehende Maßnahme geeignet sei, das angestrebte Ziel, nämlich die Vermeidung eines Ausfalls von Tarom, zu erreichen.

    18

    Viertens vertrat sie in den Erwägungsgründen 78 bis 85 dieses Beschlusses die Ansicht, dass die in Rede stehende Maßnahme in einem angemessenen Verhältnis zu dem Liquiditätsbedarf von Tarom über einen Zeitraum von sechs Monaten stehe.

    19

    Fünftens kam die Kommission in den Erwägungsgründen 86 bis 89 des streitigen Beschlusses zu dem Schluss, dass der in den Rn. 70 bis 74 der Leitlinien für staatliche Beihilfen zur Rettung und Umstrukturierung festgelegte Grundsatz der einmaligen Beihilfe erfüllt sei.

    20

    Folglich entschied die Kommission im streitigen Beschluss, keine Einwände gegen die in Rede stehende Maßnahme zu erheben, da sie gemäß Art. 107 Abs. 3 Buchst. c AEUV mit dem Binnenmarkt vereinbar sei.

    Klage beim Gericht und angefochtenes Urteil

    21

    Mit Klageschrift, die am 5. Dezember 2020 bei der Kanzlei des Gerichts einging, erhob Wizz Air Klage auf Nichtigerklärung des streitigen Beschlusses.

    22

    Wizz Air stützte ihre Klage auf vier Klagegründe: erstens auf einen offensichtlichen Beurteilungsfehler hinsichtlich des Beitrags der in Rede stehenden Maßnahme zu einem klar definierten Ziel von gemeinsamem Interesse, zweitens auf einen Rechtsfehler und einen offensichtlichen Beurteilungsfehler in Bezug auf die Beachtung des Grundsatzes der einmaligen Beihilfe, drittens auf das Vorliegen ernsthafter Schwierigkeiten, die die Kommission zur Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens hätten veranlassen müssen, und viertens auf einen Verstoß gegen die Begründungspflicht im Sinne von Art. 296 Abs. 2 AEUV.

    23

    Im angefochtenen Urteil hat das Gericht vorab die Zulässigkeit der Klage insofern bejaht, als Wizz Air eine Beteiligte sei, die ein Interesse daran habe, die Wahrung der ihr nach Art. 108 Abs. 2 AEUV zustehenden Verfahrensrechte sicherzustellen, und sie insbesondere mit dem dritten Klagegrund die Wahrung ihrer Verfahrensrechte bezwecke.

    24

    Insoweit hat das Gericht die Ansicht vertreten, dass es befugt sei, die von der Rechtsmittelführerin im Rahmen der ersten beiden Klagegründe vorgebrachten Sachargumente zu prüfen, um festzustellen, ob sie geeignet seien, diesen dritten Klagegrund zu stützen, den sie ausdrücklich zu diesem Zweck vorgebracht habe und der sich auf das Bestehen von Bedenken beziehe, die die Einleitung des Verfahrens nach Art. 108 Abs. 2 AEUV rechtfertigten.

    25

    Das Gericht hat als Erstes den dritten Klagegrund von Wizz Air, der auf die ersten beiden Klagegründe verwies, und als Zweites den vierten Klagegrund geprüft und zurückgewiesen. Sodann hat es die Klage insgesamt abgewiesen.

    Anträge der Parteien im Rechtsmittelverfahren

    26

    Wizz Air beantragt mit ihrem Rechtsmittel,

    das angefochtene Urteil aufzuheben;

    im Wege ihres Hauptantrags den streitigen Beschluss für nichtig zu erklären und der Kommission die Kosten aufzuerlegen oder

    hilfsweise, die Rechtssache an das Gericht zurückzuverweisen und die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens im ersten Rechtszug und des Rechtsmittelverfahrens vorzubehalten.

    27

    Die Kommission beantragt,

    das Rechtsmittel zurückzuweisen und

    Wizz Air die Kosten aufzuerlegen.

    Zum Rechtsmittel

    28

    Wizz Air stützt ihr Rechtsmittel auf sieben Gründe. Mit dem ersten Rechtsmittelgrund wird gerügt, das Gericht habe einen Rechtsfehler begangen, indem es die Voraussetzung des Vorliegens eines wichtigen Dienstes, der nur schwer zu ersetzen sei, als erfüllt angesehen habe. Mit dem zweiten Rechtsmittelgrund wird in Bezug auf die Beweise dafür, dass es für Wettbewerber tatsächlich schwierig wäre, die Erbringung einer Dienstleistung einfach zu übernehmen, eine fehlerhafte Anwendung der Leitlinien für Beihilfen zur Rettung und Umstrukturierung geltend gemacht. Mit dem dritten Rechtsmittelgrund wird eine offensichtliche Verfälschung der Beweise bei der Beurteilung der auf dem Markt verfügbaren Kapazitäten und der Kapazität der Billigfluggesellschaften, die Inlandsstrecken zu bedienen, gerügt. Mit dem vierten Rechtsmittelgrund wird gerügt, das Gericht habe rechtsfehlerhaft festgestellt, dass Kapitalerhöhungen sich nicht auf einen Umstrukturierungsplan beziehen könnten. Mit dem fünften Rechtsmittelgrund wird eine offensichtliche Verfälschung der Beweismittel in Bezug auf die Dauer des Umstrukturierungszeitraums von Tarom gerügt. Mit dem sechsten Rechtsmittelgrund wird gerügt, das Gericht habe rechtsfehlerhaft die Auffassung vertreten, dass die Kommission nicht habe überprüfen müssen, ob eine bestehende Beihilfe zu einer neuen Beihilfe geworden sei. Mit dem siebten Rechtsmittelgrund wird gerügt, dem Gericht sei hinsichtlich des Umstands, dass die Kommission kein förmliches Prüfverfahren eingeleitet habe, ein Rechtsfehler unterlaufen.

    Zum ersten Rechtsmittelgrund

    Vorbringen der Parteien

    29

    Mit ihrem ersten Rechtsmittelgrund macht Wizz Air im Wesentlichen geltend, das Gericht habe in den Rn. 50 und 51 des angefochtenen Urteils rechtsfehlerhaft die Auffassung vertreten, dass die Kommission bei der Beurteilung dessen, ob im Sinne von Rn. 44 Buchst. b der Leitlinien für staatliche Beihilfen zur Rettung und Umstrukturierung die Gefahr einer Unterbrechung der Erbringung eines wichtigen Dienstes gegeben sei, der nur schwer zu ersetzen sei, nicht verpflichtet gewesen sei, die Größe des relevanten Marktes zu berücksichtigen.

    30

    Die Rechtsmittelführerin ist der Ansicht, dass es entgegen der Auffassung des Gerichts erforderlich sei, die Größe eines Marktes und den Anteil des durch die Beihilfe begünstigten Unternehmens an diesem Markt zu untersuchen, um festzustellen, ob der Dienst, dessen Unterbrechung drohe, als wichtig eingestuft werden könne, denn diese Faktoren zeigten den Verlust, den der Marktaustritt dieses Unternehmens nach sich ziehen würde. Außerdem sei Rn. 51 des angefochtenen Urteils insofern widersprüchlich, als dort zum einen festgestellt werde, dass die Größe des relevanten Marktes nicht zu berücksichtigen sei, und zum anderen, dass eine Dienstleistung auch dann als wichtig eingestuft werden könne, wenn sie auf einem „relativ klein[en]“ Markt erbracht werde.

    31

    Nach Ansicht der Kommission ist der erste Rechtsmittelgrund als teilweise unzulässig und im Übrigen als unbegründet zurückzuweisen.

    Würdigung durch den Gerichtshof

    32

    Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass aus Rn. 1 der Leitlinien für staatliche Beihilfen zur Rettung und Umstrukturierung zu entnehmen ist, dass in diesen Leitlinien die Voraussetzungen genannt werden, die erfüllt sein müssen, damit die dort genannten Beihilfemaßnahmen zur Rettung und Umstrukturierung von Unternehmen in Schwierigkeiten auf der Grundlage von Art. 107 Abs. 3 Buchst. c AEUV als mit dem Binnenmarkt vereinbar angesehen werden können.

    33

    Der Erlass solcher Leitlinien fügt sich in die Ausübung der ausschließlichen Zuständigkeit der Kommission für die Beurteilung der Vereinbarkeit von Beihilfemaßnahmen mit dem Binnenmarkt nach Art. 107 Abs. 3 AEUV ein. Hierbei verfügt die Kommission über ein weites Ermessen (vgl. in diesem Sinne insbesondere Urteile vom 19. Juli 2016, Kotnik u. a., C‑526/14, EU:C:2016:570, Rn. 37 bis 39, sowie vom 15. Dezember 2022, Veejaam und Espo, C‑470/20, EU:C:2022:981, Rn. 29).

    34

    Indem die Kommission durch Leitlinien die Voraussetzungen festlegt, unter denen Beihilfemaßnahmen als mit dem Binnenmarkt vereinbar angesehen werden können, und indem sie durch die Veröffentlichung dieser Leitlinien ankündigt, dass sie die darin enthaltenen Regeln anwenden werde, beschränkt die Kommission sich selbst in der Ausübung dieses Ermessens in dem Sinne, dass sie, wenn ein Mitgliedstaat ein Beihilfevorhaben anmeldet, das mit diesen Regeln im Einklang steht, dieses Vorhaben grundsätzlich genehmigen muss. Sie kann grundsätzlich nicht von diesen Normen abweichen, ohne dass dies gegebenenfalls wegen eines Verstoßes gegen allgemeine Rechtsgrundsätze wie die der Gleichbehandlung oder des Vertrauensschutzes geahndet würde (Urteile vom 19. Juli 2016, Kotnik u. a., C‑526/14, EU:C:2016:570, Rn. 40, sowie vom 31. Januar 2023, Kommission/Braesch u. a., C‑284/21 P, EU:C:2023:58, Rn. 90).

    35

    Soweit Wizz Air mit ihrem ersten Rechtsmittelgrund im Wesentlichen geltend macht, dem Gericht sei ein Rechtsfehler unterlaufen, indem es in den Rn. 50 und 51 des angefochtenen Urteils die Auffassung vertreten habe, dass die Kommission bei der Anwendung von Rn. 44 Buchst. b der Leitlinien für staatliche Beihilfen zur Rettung und Umstrukturierung nicht verpflichtet gewesen sei, die Größe des relevanten Marktes oder den Anteil des Beihilfeempfängers an diesem Markt zu berücksichtigen, ist indessen zum einen darauf hinzuweisen, dass die Mitgliedstaaten nach Rn. 44 Buchst. b der Leitlinien insbesondere nachweisen müssen, „dass die Gefahr einer Unterbrechung der Erbringung eines wichtigen Dienstes gegeben ist, der nur schwer zu ersetzen ist“.

    36

    Zum anderen gehört, wie sich aus dem einleitenden Satz von Rn. 44 dieser Leitlinien ergibt, das Bestehen dieser Gefahr zu den in Rn. 44 Buchst. a bis g nicht abschließend aufgezählten Gesichtspunkten, mit denen die Mitgliedstaaten schwerwiegende soziale Härten oder ein schweres Marktversagen aufzeigen können, zu denen der Ausfall des begünstigten Unternehmens wahrscheinlich führen würde, wobei dieser Nachweis für die Anerkennung eines mit der Beihilfe verfolgten Ziels von gemeinsamem Interesse erforderlich ist.

    37

    So können zwar die Größe des Marktes, auf dem der Beihilfeempfänger tätig ist, und der Anteil, den dieser an diesem Markt hält, auf die Wichtigkeit des von diesem Beihilfeempfänger erbrachten Dienstes hindeutende Faktoren sein, doch ergibt sich weder aus Rn. 44 Buchst. b der Leitlinien noch aus dem Kontext dieser Randnummer, dass diese Wichtigkeit zwangsläufig von diesen Faktoren abhinge und dass insbesondere ein Ausfall des Beihilfeempfängers nur dann zu schwerwiegender sozialer Härte oder zu schwerem Marktversagen führen könnte, wenn der Markt, auf dem er tätig ist, eine bestimmte Größe überschreitet.

    38

    Wie das Gericht in Rn. 51 des angefochtenen Urteils im Wesentlichen ausgeführt hat, schließt nämlich der Umstand, dass der betreffende Markt relativ klein ist, nicht aus, dass eine auf diesem Markt erbrachte Dienstleistung als wichtig im Sinne der Leitlinien eingestuft werden kann. So verhält es sich unter den Umständen des vorliegenden Falles: Wie das Gericht in Rn. 52 des angefochtenen Urteils festgestellt hat, würden die „Anbindung“ der ausschließlich von Tarom bedienten Regionen Rumäniens und die wirtschaftliche Lage dieser Regionen nachteilig durch die Einstellung des Betriebs von Tarom beeinträchtigt, weil diese eine konkrete Gefahr der Unterbrechung bestimmter Passagierluftverkehrsdienste in Rumänien mit sich brächte.

    39

    Folglich hat das Gericht in den Rn. 50 und 51 des angefochtenen Urteils rechtsfehlerfrei die Auffassung vertreten, dass die Kommission bei der Prüfung, ob im Sinne von Rn. 44 Buchst. b der Leitlinien für staatliche Beihilfen zur Rettung und Umstrukturierung die Gefahr einer Unterbrechung der Erbringung eines wichtigen Dienstes bestehe, der nur schwer zu ersetzen sei, nicht verpflichtet war, die Größe des Marktes, auf dem Tarom tätig ist, oder den Anteil zu berücksichtigen, den diese Gesellschaft an diesem Markt hält.

    40

    Nach alledem ist der erste Rechtsmittelgrund zurückzuweisen.

    Zum zweiten Rechtsmittelgrund

    Vorbringen der Parteien

    41

    Mit ihrem zweiten Rechtsmittelgrund, der sich auf die Rn. 58, 63, 64 und 66 des angefochtenen Urteils bezieht, macht Wizz Air im Wesentlichen geltend, dem Gericht seien Rechtsfehler bei der Beurteilung der in Rn. 44 Buchst. b der Leitlinien für staatliche Beihilfen zur Rettung und Umstrukturierung vorgesehenen Kriterien unterlaufen, die sich auf die Gefahr der Unterbrechung eines wichtigen Dienstes und auf die Schwierigkeiten der Wettbewerber bezögen, diese Dienstleistung zu übernehmen.

    42

    Was insoweit erstens den Gegenstand des von der Kommission hier zu erbringenden Nachweises betreffe, so habe das Gericht als Erstes in den Rn. 63 und 64 des angefochtenen Urteils zu Unrecht angenommen, dass die Rettungsbeihilfe, um gerechtfertigt zu sein, zum Ziel haben müsse, jede Störung bei der Erbringung wichtiger Dienste zu verhindern, während nach Rn. 44 Buchst. b dieser Leitlinien das Ziel der Beihilfe darin bestehen müsse, die Gefahr einer „Unterbrechung“ der Erbringung eines solchen Dienstes zu vermeiden; eine solche Unterbrechung setze über die bloße Störung hinaus einen Abbruch oder eine Einstellung des Dienstes voraus.

    43

    Als Zweites habe das Gericht in Rn. 64 des angefochtenen Urteils zu Unrecht verlangt, dass die Wettbewerber von Tarom in der Lage sein müssten, den von dieser Gesellschaft erbrachten Dienst „problemlos“ zu erbringen, wohingegen Rn. 44 Buchst. b der Leitlinien nur vorsehe, dass es für die Wettbewerber nicht „schwierig“ sein dürfe, die von dem Unternehmen in Schwierigkeiten erbrachte Dienstleistung zu erbringen.

    44

    Was zweitens die von der Kommission vorzulegenden Nachweise betrifft, so trägt Wizz Air vor, das Gericht habe, als es in Rn. 58 des angefochtenen Urteils befunden habe, dass das wirtschaftliche Interesse der Billigfluggesellschaften an einem Markteintritt für alle Strecken „gering sein dürfte“, bloße Vermutungen zugrunde gelegt und damit gegen die in Rn. 43 der Leitlinien genannte Verpflichtung verstoßen, „eindeutig nach[zuweisen]“, dass mit der Beihilfe ein Ziel von gemeinsamem Interesse verfolgt werde.

    45

    Nach Ansicht der Kommission ist der zweite Rechtsmittelgrund als offensichtlich unzulässig, jedenfalls aber als unbegründet zurückzuweisen.

    Würdigung durch den Gerichtshof

    46

    Was erstens den Teil des zweiten Rechtsmittelgrundes betrifft, der sich gegen Rn. 58 des angefochtenen Urteils richtet, so ist darauf hinzuweisen, dass das Gericht in dieser Randnummer – entgegen dem Vorbringen der Rechtsmittelführerin im Rahmen des ersten Teils des dritten Klagegrundes in erster Instanz – festgestellt hat, dass die Kommission im 61. Erwägungsgrund des streitigen Beschlusses die Möglichkeit geprüft hat, dass Tarom auf den ausschließlich von ihr betriebenen Inlandsstrecken durch ihre Wettbewerber ersetzt werde. Das Gericht hat insbesondere ausgeführt, dass es die Kommission in diesem Erwägungsgrund als unwahrscheinlich angesehen habe, dass die auf dem rumänischen Markt in Wettbewerb stehenden Fluggesellschaften, bei denen es sich hauptsächlich um Billigfluggesellschaften handele, die Verbindungen, deren wirtschaftliches Interesse für diese Gesellschaften „gering sein dürfte“, zur Gänze aufrechterhalten würden.

    47

    Aus dieser Beschreibung eines Beurteilungsgesichtspunkts der Kommission in dem streitigen Beschluss geht jedoch nicht hervor, dass das Gericht bloße Vermutungen zugrunde gelegt oder die der Kommission nach Rn. 43 der Leitlinien für staatliche Beihilfen zur Rettung und Umstrukturierung obliegende Beweislast rechtsfehlerhaft beurteilt hätte.

    48

    Dieser Teil des zweiten Rechtsmittelgrundes ist daher als unbegründet zurückzuweisen.

    49

    Soweit Wizz Air dem Gericht als Zweites im Wesentlichen vorwirft, in den Rn. 63, 64 und 66 des angefochtenen Urteils bei der Anwendung von Rn. 44 Buchst. b dieser Leitlinien unzutreffende Kriterien herangezogen zu haben, genügt die Feststellung, dass die in diesen Randnummern angeführten Gründe, mit denen das Vorbringen der Rechtsmittelführerin zur Wahrscheinlichkeit einer Ersetzung des Dienstes von Tarom durch ihre Wettbewerber zurückgewiesen werden soll, keine tragenden Gründe des Urteils sind.

    50

    Dieser Teil des zweiten Rechtsmittelgrundes ist daher als ins Leere gehend zurückzuweisen.

    51

    Nach alledem ist der zweite Rechtsmittelgrund zurückzuweisen.

    Zum dritten Rechtsmittelgrund

    Vorbringen der Parteien

    52

    Mit ihrem dritten Rechtsmittelgrund wirft Wizz Air dem Gericht vor, bei seiner in Rn. 69 des angefochtenen Urteils vorgenommenen Beurteilung der Beförderungskapazität für Fluggäste auf dem rumänischen Markt und der Kapazitäten der Billigfluggesellschaften für Inlandsstrecken die Beweise offensichtlich verfälscht zu haben.

    53

    Das Gericht habe zunächst Beweise verfälscht, indem es die unzutreffende Feststellung der Kommission zur Nichtverfügbarkeit ausreichender Beförderungskapazität für Fluggäste gebilligt habe, weil zum Zeitpunkt des Erlasses des streitigen Beschlusses „mehr als die Hälfte der … am Boden befindlichen Flugzeuge Tarom gehörten“.

    54

    Sodann habe das Gericht mit der Feststellung, dass die Rechtsmittelführerin nicht dargelegt habe, inwieweit es für Billigfluggesellschaften rentabel wäre, die fraglichen Inlandsstrecken, die nur eine begrenzte Anzahl von Passagieren betreffen, zu bedienen, die Feststellungen in Rn. 58 des angefochtenen Urteils übernommen, die sich lediglich auf eine bloße Vermutung stützten.

    55

    Schließlich gibt es nach Ansicht von Wizz Air keinen Beweis für die Feststellung in Rn. 69 des angefochtenen Urteils, dass es sich bei den mit Tarom konkurrierenden Luftverkehrsgesellschaften ausnahmslos um Billigfluggesellschaften handele.

    56

    Nach Ansicht der Kommission ist der dritte Rechtsmittelgrund teilweise unzulässig und im Übrigen offensichtlich unbegründet.

    Würdigung durch den Gerichtshof

    57

    Nach ständiger Rechtsprechung ergibt sich aus Art. 256 Abs. 1 Unterabs. 2 AEUV und Art. 58 Abs. 1 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, dass allein das Gericht zum einen für die Feststellung der Tatsachen – sofern sich nicht aus den Prozessakten ergibt, dass seine Feststellungen tatsächlich falsch sind – und zum anderen für ihre Würdigung zuständig ist (Urteil vom 25. Juni 2020, CSUE/KF, C‑14/19 P, EU:C:2020:492, Rn. 103 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    58

    Die Würdigung der Tatsachen ist, sofern die dem Gericht vorgelegten Beweise nicht verfälscht wurden, daher keine Rechtsfrage, die als solche der Kontrolle des Gerichtshofs unterliegt (Urteil vom 25. Juni 2020, CSUE/KF, C‑14/19 P, EU:C:2020:492, Rn. 104 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    59

    Behauptet ein Rechtsmittelführer eine Verfälschung von Beweisen durch das Gericht, muss er nach Art. 256 AEUV, Art. 58 Abs. 1 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union und Art. 168 Abs. 1 Buchst. d der Verfahrensordnung des Gerichtshofs genau angeben, welche Beweise das Gericht verfälscht haben soll, und die Beurteilungsfehler darlegen, die das Gericht seines Erachtens zu dieser Verfälschung veranlasst haben. Ferner muss sich nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs eine solche Verfälschung in offensichtlicher Weise aus den Akten ergeben, ohne dass es einer neuen Tatsachen- und Beweiswürdigung bedarf (Urteil vom 25. Juni 2020, CSUE/KF, C‑14/19 P, EU:C:2020:492, Rn. 105 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    60

    Im vorliegenden Fall ist festzustellen, dass mit dem Vorbringen zum dritten Rechtsmittelgrund nicht dargetan werden kann, dass die Feststellungen, die das Gericht in Rn. 69 des angefochtenen Urteils getroffen hat, um das Vorbringen zurückzuweisen, dass es zum Zeitpunkt des Erlasses des streitigen Beschlusses in Rumänien eine Überkapazität gegeben habe, auf einer Verfälschung der im ersten Rechtszug vorgebrachten Beweise beruhen; denn in Wirklichkeit zielt dieses Vorbringen mithin darauf ab, die freie Tatsachenwürdigung, die das Gericht zu diesem Zweck vorgenommen hat, in Frage zu stellen.

    61

    Der dritte Rechtsmittelgrund ist daher als unzulässig zurückzuweisen.

    Zum vierten Rechtsmittelgrund

    Vorbringen der Parteien

    62

    Mit ihrem vierten Rechtsmittelgrund macht Wizz Air geltend, das Gericht habe in Rn. 103 des angefochtenen Urteils rechtsfehlerhaft die Auffassung vertreten, dass Kapitalerhöhungen kein Bestandteil des Umstrukturierungsplans eines Unternehmens in Schwierigkeiten seien.

    63

    Insbesondere stehe die vom Gericht vorgenommene Auslegung, wonach eine Umstrukturierungsbeihilfe, die finanzielle Komponenten wie Kapitalerhöhungen umfasse, nicht als Bestandteil eines Umstrukturierungsplans angesehen werden könne, in deutlichem Widerspruch zu Rn. 45 der Leitlinien für staatliche Beihilfen zur Rettung und Umstrukturierung, wonach eine finanzielle Umstrukturierung in Form von Kapitalzuführungen ebenso wie betriebliche Änderungen wie die Reorganisation und Rationalisierung der Tätigkeiten des Begünstigten Teil eines Umstrukturierungsplans sein könne.

    64

    Diese Auslegung, für die auf keine Rechtsprechung Bezug genommen werde, widerspreche auch der Auslegung in Rn. 96 des angefochtenen Urteils.

    65

    Nach Ansicht der Kommission geht der vierte Rechtsmittelgrund ins Leere und ist jedenfalls unbegründet.

    Würdigung durch den Gerichtshof

    66

    Zunächst ist festzustellen, dass sich der vierte Rechtsmittelgrund ebenso wie der fünfte und sechste Rechtsmittelgrund gegen einige der Gründe richten, mit denen das Gericht in den Rn. 79 bis 110 des angefochtenen Urteils den zweiten Teil des dritten Klagegrundes von Wizz Air in erster Instanz zurückgewiesen hat. Dieser Teil nahm auf den zweiten Klagegrund Bezug, mit dem im Wesentlichen geltend gemacht wurde, die Kommission habe, indem sie die in Rede stehende Maßnahme genehmigt habe, obwohl Tarom in Durchführung einer vor dem Beitritt Rumäniens zur Europäischen Union gewährten Umstrukturierungsbeihilfe bis 2019 eine Reihe von Kapitalerhöhungen erhalten habe (im Folgenden: Umstrukturierungsbeihilfe für Tarom), gegen den in Rn. 70 der Leitlinien für staatliche Beihilfen zur Rettung und Umstrukturierung vorgesehenen Grundsatz der einmaligen Beihilfe verstoßen.

    67

    Nach diesem Grundsatz dürfen, wie das Gericht in den Rn. 79 und 80 des angefochtenen Urteils ausgeführt hat, Beihilfen Unternehmen in Schwierigkeiten grundsätzlich nur für einen einzigen Umstrukturierungsvorgang gewährt werden. In Rn. 71 dieser Leitlinien heißt es in diesem Zusammenhang u. a., dass die Kommission, wenn das Unternehmen bereits eine Rettungs- oder Umstrukturierungsbeihilfe oder eine vorübergehende Umstrukturierungshilfe erhalten hat, was vom Mitgliedstaat anzugeben ist, keine neue Beihilfe gemäß diesen Leitlinien genehmigen wird, wenn es weniger als zehn Jahre zurückliegt, dass die Beihilfe gewährt, die Umstrukturierungsphase abgeschlossen oder die Umsetzung des Umstrukturierungsplans eingestellt worden ist.

    68

    Soweit Wizz Air mit ihrem vierten Rechtsmittelgrund geltend macht, das Gericht habe in Rn. 103 des angefochtenen Urteils rechtsfehlerhaft die Auffassung vertreten, dass Kapitalerhöhungen kein Bestandteil des Umstrukturierungsplans eines Unternehmens in Schwierigkeiten seien, ist festzustellen, dass dieses Vorbringen auf einer unzutreffenden Lesart des angefochtenen Urteils beruht.

    69

    In dieser Rn. 103 des angefochtenen Urteils nimmt das Gericht nämlich nur eine Beschreibung und eine Auslegung der Rn. 45 bis 47 der Leitlinien für staatliche Beihilfen zur Rettung und Umstrukturierung vor; in Rn. 104 dieses Urteils gelangt es in deren Folge rechtsfehlerfrei zu dem Ergebnis, dass die Leitlinien begrifflich zwischen der „Durchführung einer Beihilfemaßnahme“ und der „Umsetzung eines Umstrukturierungsplans“ unterschieden, und kommt insbesondere in Rn. 105 des angefochtenen Urteils zu dem Ergebnis, dass das Vorbringen der Rechtsmittelführerin zurückzuweisen sei, der Umstrukturierungsplan für Tarom habe bis zum Ende der Durchführung der Umstrukturierungsbeihilfe für Tarom im Jahr 2019 fortgedauert.

    70

    Daher hat das Gericht entgegen dem Vorbringen von Wizz Air im Rahmen ihres vierten Rechtsmittelgrundes in Rn. 103 seines Urteils nicht befunden, dass finanzielle Komponenten einer Umstrukturierungsbeihilfe wie etwa Kapitalerhöhungen niemals als Teil eines Umstrukturierungsplans angesehen werden könnten.

    71

    Der vierte Rechtsmittelgrund ist daher als unbegründet zu verwerfen.

    Zum fünften Rechtsmittelgrund

    Vorbringen der Parteien

    72

    Mit ihrem fünften Rechtsmittelgrund macht Wizz Air geltend, das Gericht habe in den Rn. 85 und 99 des angefochtenen Urteils bei der Beurteilung der Dauer des Umstrukturierungszeitraums von Tarom offensichtlich Beweise verfälscht.

    73

    Hierzu macht Wizz Air erstens geltend, dass die Feststellung des Gerichts in Rn. 85 des angefochtenen Urteils, wonach die Tarom von Rumänien gewährten Sicherheiten für Darlehen unmittelbar nach ihrer Gewährung in Anspruch genommen worden seien, durch die Ausführungen der Kommission in den Erwägungsgründen 25 und 88 des streitigen Beschlusses widerlegt werde.

    74

    Zweitens habe das Gericht Beweise verfälscht, indem es in Rn. 99 des angefochtenen Urteils angenommen habe, dass die Rechtsmittelführerin keine Beweise oder Indizien dafür beigebracht habe, dass der Umstrukturierungszeitraum bzw. die Umstrukturierungsphase, wie in Rn. 98 des angefochtenen Urteils definiert, nach dem Jahr 2005 geendet habe. Damit habe das Gericht bestimmte Beweise ignoriert, die Wizz Air vorgelegt habe, und demzufolge die unzutreffende Schlussfolgerung der Kommission hinsichtlich des Endes des Umstrukturierungszeitraums bestätigt.

    75

    Die Kommission hält diesen Rechtsmittelgrund für unzulässig, jedenfalls aber für unbegründet.

    Würdigung durch den Gerichtshof

    76

    Wizz Air hat zwar mit ihrem fünften Rechtsmittelgrund eine Verfälschung der Tatsachen geltend gemacht, die dem Gericht in den Rn. 85 und 99 des angefochtenen Urteils unterlaufen sein soll, als es für die Anwendung des Grundsatzes der einmaligen Beihilfe zum einen den maßgeblichen Zeitpunkt der Gewährung der Umstrukturierungsbeihilfe an Tarom und zum anderen denjenigen des Endes des Umstrukturierungszeitraums beurteilt hat. Die Rechtsmittelführerin hat indessen keine spezifische rechtliche Argumentation vorgebracht, die im Einklang mit der in Rn. 59 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung eine offensichtliche Verfälschung der Tatsachen und Beweise durch das Gericht belegen könnte.

    77

    Eine solche Verfälschung kann sich nämlich weder aus dem gerügten Widerspruch zwischen Rn. 85 des angefochtenen Urteils und bestimmten Angaben in dem streitigen Beschluss noch daraus ergeben, dass das Gericht von der Rechtsmittelführerin im ersten Rechtszug vorgelegte Beweise außer Acht gelassen oder ihnen keinen Beweiswert beigemessen hätte, indem es in Rn. 99 des angefochtenen Urteils befunden hat, dass die Rechtsmittelführerin nicht nachgewiesen habe, dass der Umstrukturierungszeitraum jedenfalls weniger als zehn Jahre vor der Gewährung der fraglichen Maßnahme geendet habe.

    78

    Somit zielt der fünfte Rechtsmittelgrund in Wirklichkeit darauf ab, die freie Tatsachen- und Beweiswürdigung des Gerichts in den Rn. 85 und 99 des angefochtenen Urteils in Frage zu stellen, und ist daher als unzulässig zurückzuweisen.

    Zum sechsten Rechtsmittelgrund

    Vorbringen der Parteien

    79

    Mit ihrem sechsten Rechtsmittelgrund macht Wizz Air geltend, das Gericht habe in Rn. 89 des angefochtenen Urteils rechtsfehlerhaft die Auffassung vertreten, dass die Kommission nicht habe überprüfen müssen, ob die von ihr als bestehende Beihilfe eingestufte Umstrukturierungsbeihilfe für Tarom zu einer neuen Beihilfe geworden sei. Angesichts der alarmierenden Informationen, über die die Kommission in Bezug auf die kumulierten Verluste von Tarom im Zeitraum von 2004 bis 2019 verfügt habe, hätte das Gericht im Einklang mit dem Urteil vom 2. September 2021, Kommission/Tempus Energy und Tempus Energy Technology (C‑57/19 P, EU:C:2021:663), davon ausgehen müssen, dass die Kommission verpflichtet gewesen sei, angesichts der Informationen, die sie tatsächlich in ihrem Besitz gehabt habe, Erkundigungen einzuholen. Die Rechtsmittelführerin macht überdies geltend, dass die Leitlinien für staatliche Beihilfen zur Rettung und Umstrukturierung eine verstärkte Verpflichtung, eindeutige Nachweise vorzulegen, der Kommission auferlegten.

    80

    Daher habe das Gericht in Rn. 89 des angefochtenen Urteils rechtsfehlerhaft die Auffassung vertreten, die Rechtsmittelführerin habe keine Beweise oder Anhaltspunkte dafür vorgebracht, dass die Bedingungen, die bei der Gewährung der Sicherheiten für Darlehen im Rahmen der Umstrukturierungsbeihilfe für Tarom vereinbart worden seien, während des Zeitraums, in dem diese Sicherheiten in Anspruch genommen worden seien, geändert worden seien.

    81

    Nach Auffassung der Kommission ist der sechste Klagegrund offensichtlich unbegründet.

    Würdigung durch den Gerichtshof

    82

    Es ist festzustellen, dass sich die Gründe des angefochtenen Urteils, auf die sich der sechste Rechtsmittelgrund bezieht, in die vom Gericht vorgenommene Würdigung der Argumentation der Klägerin im ersten Rechtszug einfügen, mit der geltend gemacht wurde, die Kommission hätte bezweifeln müssen, ob seit der Gewährung der Umstrukturierungsbeihilfe für Tarom eine Frist von mindestens zehn Jahren eingehalten worden sei, die Rn. 71 der Leitlinien für staatliche Beihilfen zur Rettung und Umstrukturierung vorsehe. Die Rechtsmittelführerin hat im ersten Rechtszug insbesondere geltend gemacht, dass diese Beihilfe namentlich Änderungen unterlegen habe, damit die Verbindlichkeiten von Tarom aus Zahlungen des rumänischen Staates aufgrund der Darlehenssicherheiten in eine Kapitalerhöhung zugunsten dieses Staates umgewandelt würden.

    83

    In diesem Zusammenhang hat das Gericht zum einen in Rn. 88 des angefochtenen Urteils festgestellt, dass die Rechtsmittelführerin das Vorbringen der Kommission nicht bestreite, wonach in verschiedenen Entscheidungen und Anordnungen, die zwischen 1997 und 2003, noch vor dem Beitritt Rumäniens zur Union, ergangen seien, die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der im Rahmen dieser Beihilfe gewährten Darlehenssicherheiten und die Umwandlung der Verbindlichkeiten aus Zahlungen des rumänischen Staates aufgrund dieser Sicherheiten in eine Kapitalerhöhung vorgesehen gewesen seien.

    84

    Zum anderen hat das Gericht in Rn. 89 des angefochtenen Urteils klargestellt, dass sich die Rechtsmittelführerin insoweit auf die Behauptung beschränkt habe, die Kommission hätte sich vergewissern müssen, dass die Inanspruchnahme der Sicherheiten zu den bei deren Gewährung ursprünglich vereinbarten Bedingungen erfolgt sei, dass die Rechtsmittelführerin aber keinen Beweis oder Anhaltspunkt dafür vorgebracht habe, dass sich diese Bedingungen während des Zeitraums, in dem die verschiedenen Sicherheiten in Anspruch genommen worden seien, geändert hätten.

    85

    Damit hat das Gericht die Beweislastverteilung jedoch nicht rechtsfehlerhaft beurteilt.

    86

    Wie sich der in Rn. 43 des angefochtenen Urteils angeführten Rechtsprechung entnehmen lässt, auf die das Gericht in Rn. 89 des genannten Urteils Bezug nimmt, ist nämlich der Nachweis für das Bestehen von Bedenken hinsichtlich der Vereinbarkeit der fraglichen Beihilfe mit dem Binnenmarkt, der sowohl in den Umständen des Erlasses des Beschlusses, keine Einwände zu erheben, als auch in seinem Inhalt zu suchen ist, von demjenigen, der die Nichtigerklärung dieses Beschlusses beantragt, anhand eines Bündels übereinstimmender Indizien zu erbringen (Urteil vom 2. September 2021, Kommission/Tempus Energy und Tempus Energy Technology, C‑57/19 P, EU:C:2021:663, Rn. 40).

    87

    Insoweit kann diese Beweislastverteilung, anders als Wizz Air offenbar nahelegt, nicht je nach Art der betreffenden Beihilfe variieren und gilt insbesondere für Beihilfen zur Rettung oder Umstrukturierung wie die hier in Rede stehende Maßnahme.

    88

    Folglich ist der sechste Rechtsmittelgrund als unbegründet zurückzuweisen.

    Zum siebten Rechtsmittelgrund

    Vorbringen der Parteien

    89

    Mit ihrem siebten Rechtsmittelgrund macht Wizz Air geltend, das Gericht habe rechtsfehlerhaft insoweit den dritten Klagegrund im ersten Rechtszug nicht geprüft, als mit ihm eine Verletzung ihrer Verfahrensrechte nach Art. 108 Abs. 2 AEUV und das Vorliegen ernsthafter Schwierigkeiten, die die Eröffnung des förmlichen Prüfverfahrens gerechtfertigt hätten, gerügt worden sei.

    90

    Erstens habe das Gericht, obwohl Wizz Air geltend gemacht habe, dass die im ersten und im zweiten Klagegrund aufgezeigten Unzulänglichkeiten das Vorliegen ernsthafter Schwierigkeiten belegten, die die Eröffnung eines förmlichen Prüfverfahrens erforderlich gemacht hätten, insoweit diese Klagegründe nur unter materiell-rechtlichen Gesichtspunkten geprüft, d. h. im Hinblick auf das Vorliegen eines offensichtlichen Fehlers bei der Beurteilung des Sachverhalts oder eines Rechtsfehlers.

    91

    Als einziger Klagegrund, der auf die Wahrung ihrer Verfahrensrechte abgezielt habe, habe jedoch der dritte Klagegrund gegenüber den ersten beiden Klagegründen einen eigenständigen Gehalt, da für den Nachweis des Vorliegens ernsthafter Schwierigkeiten, das zur Eröffnung eines förmlichen Prüfverfahrens hätte führen müssen, ein anderer Prüfungsmaßstab gelte.

    92

    Zweitens könne das Gericht nicht davon ausgehen, dass der dritte Klagegrund gegenstandslos geworden sei, da es die ersten beiden Klagegründe geprüft habe. In allen Punkten des angefochtenen Urteils, in denen das Gericht das Vorliegen eines offensichtlichen Beurteilungsfehlers der Kommission verneint habe, könne nämlich des ungeachtet das Vorliegen ernsthafter Schwierigkeiten insbesondere auf der Grundlage von Auslassungen und Lücken in der Begründung des streitigen Beschlusses festgestellt werden.

    93

    Nach Ansicht der Kommission ist der siebte Rechtsmittelgrund als unbegründet zurückzuweisen.

    Würdigung durch den Gerichtshof

    94

    Beantragt ein Kläger die Nichtigerklärung eines Beschlusses, keine Einwände betreffend eine staatliche Beihilfe zu erheben, rügt er im Wesentlichen, dass der Beschluss ergangen sei, ohne dass die Kommission das förmliche Prüfverfahren eröffnet habe, und dass diese dadurch seine Verfahrensrechte verletzt habe. Um mit seiner Klage durchzudringen, kann der Kläger jeden Klagegrund anführen, der geeignet ist, zu zeigen, dass die Beurteilung der Informationen und Angaben, über die die Kommission in der Phase der vorläufigen Prüfung der angemeldeten Maßnahme verfügt, Anlass zu Bedenken hinsichtlich der Vereinbarkeit der fraglichen Maßnahme mit dem Binnenmarkt hätte geben müssen. Der Vortrag solcher Argumente kann aber weder den Gegenstand der Klage noch die Voraussetzungen ihrer Zulässigkeit ändern. Vielmehr liegt im Bestehen von Bedenken hinsichtlich dieser Vereinbarkeit gerade der Nachweis, der zu erbringen ist, um zu zeigen, dass die Kommission verpflichtet war, das förmliche Prüfverfahren nach Art. 108 Abs. 2 AEUV und Art. 6 Abs. 1 der Verordnung (EU) 2015/1589 des Rates vom 13. Juli 2015 über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel 108 [AEUV] (ABl. 2015, L 248, S. 9) zu eröffnen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 24. Mai 2011, Kommission/Kronoply und Kronotex, C‑83/09 P, EU:C:2011:341, Rn. 59 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

    95

    Es obliegt demjenigen, der die Nichtigerklärung eines Beschlusses, keine Einwände zu erheben, beantragt, darzutun, dass Bedenken hinsichtlich der Vereinbarkeit der Beihilfemaßnahme mit dem Binnenmarkt bestanden, so dass die Kommission verpflichtet war, das förmliche Prüfverfahren nach Art. 108 Abs. 2 AEUV zu eröffnen. Ein solcher Nachweis ist sowohl in den Umständen des Erlasses des Beschlusses, keine Einwände zu erheben, als auch in seinem Inhalt zu suchen und anhand eines Bündels übereinstimmender Indizien zu erbringen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 2. September 2021, Kommission/Tempus Energy und Tempus Energy Technology, C‑57/19 P, EU:C:2021:663, Rn. 40 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    96

    Wenn die Prüfung durch die Kommission im Vorprüfungsverfahren unzureichend oder unvollständig war, stellt dies einen Anhaltspunkt dafür dar, dass dieses Organ mit ernsthaften Schwierigkeiten bei der Beurteilung der Vereinbarkeit der angemeldeten Maßnahme mit dem Binnenmarkt konfrontiert war, was sie zur Eröffnung des förmlichen Prüfverfahrens hätte veranlassen müssen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 2. September 2021, Kommission/Tempus Energy und Tempus Energy Technology, C‑57/19 P, EU:C:2021:663, Rn. 41 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    97

    Im vorliegenden Fall ist festzustellen, dass mit dem dritten Klagegrund von Wizz Air, wie das Gericht in Rn. 26 des angefochtenen Urteils einleitend ausgeführt hat, insofern ausdrücklich eine Verletzung ihrer Verfahrensrechte nach Art. 108 Abs. 2 AEUV gerügt wurde, als die Kommission bei der Beurteilung der Vereinbarkeit der in Rede stehenden Maßnahme mit dem Binnenmarkt auf ernsthafte Schwierigkeiten gestoßen sei.

    98

    Wie das Gericht jedoch in Rn. 28 des angefochtenen Urteils im Wesentlichen ausgeführt hat, kann das Vorliegen solcher Schwierigkeiten insbesondere in den Bewertungen der Kommission gesucht werden und kann grundsätzlich durch Klagegründe oder Argumente nachgewiesen werden, die vom Kläger vorgebracht werden, um die Begründetheit des Beschlusses, keine Einwände zu erheben, in Frage zu stellen, selbst wenn die Prüfung dieser Klagegründe oder Argumente nicht zu dem Ergebnis führt, dass die Bewertungen, die die Kommission in der Sache vorgenommen hat, Rechts- oder Tatsachenirrtümer enthielten (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 2. April 2009, Bouygues und Bouygues Télécom/Kommission, C‑431/07 P, EU:C:2009:223, Rn. 63 und 66 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    99

    Insoweit geht aus der Klage von Wizz Air im ersten Rechtszug hervor, dass die Rechtsmittelführerin zur Stützung ihres dritten Klagegrundes im Wesentlichen auf den ersten und den zweiten Klagegrund verwiesen und geltend gemacht hat, dass die in diesen Klagegründen aufgezeigten Unzulänglichkeiten und Fehler das Vorliegen ernsthafter Schwierigkeiten belegten, die die Einleitung eines förmlichen Prüfverfahrens hätten rechtfertigen müssen, da diese Unzulänglichkeiten oder Fehler die Beurteilung der Kommission im Hinblick auf die Rn. 43 und 44 der Leitlinien für staatliche Beihilfen zur Rettung und Umstrukturierung und im Hinblick auf den Grundsatz der einmaligen Beihilfe untergrüben.

    100

    Aus dem angefochtenen Urteil und insbesondere seinen Rn. 75 und 109 geht jedoch hervor, dass das Gericht diese Rügen tatsächlich unter dem Gesichtspunkt des Vorliegens ernsthafter Schwierigkeiten geprüft hat, die die Kommission hätten veranlassen müssen, Bedenken hinsichtlich der Vereinbarkeit der in Rede stehenden Maßnahme mit dem Binnenmarkt zu hegen und ein förmliches Prüfverfahren zu eröffnen.

    101

    Nach alledem ist der siebte Rechtsmittelgrund als unbegründet zurückzuweisen.

    102

    Da keiner der Gründe der Rechtsmittelführerin durchgreift, ist das Rechtsmittel insgesamt zurückzuweisen.

    Kosten

    103

    Nach Art. 184 Abs. 2 der Verfahrensordnung entscheidet der Gerichtshof über die Kosten, wenn das Rechtsmittel unbegründet ist.

    104

    Nach Art. 138 Abs. 1 dieser Verfahrensordnung, der gemäß ihrem Art. 184 Abs. 1 auf das Rechtsmittelverfahren Anwendung findet, ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Rechtsmittelführerin mit ihrem Vorbringen unterlegen ist, sind ihr gemäß dem Antrag der Kommission, der Rechtsmittelführerin die Kosten aufzuerlegen, sämtliche durch das vorliegende Rechtsmittelverfahren entstandenen Kosten aufzuerlegen.

     

    Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Neunte Kammer) für Recht erkannt und entschieden:

     

    1.

    Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen.

     

    2.

    Wizz Air Hungary Légiközlekedési Zrt. (Wizz Air Hungary Zrt.) trägt ihre eigenen Kosten und die Kosten der Europäischen Kommission.

     

    Unterschriften


    ( *1 ) Verfahrenssprache: Englisch.

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