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Document 62022CC0541

    Schlussanträge der Generalanwältin T. Ćapeta vom 14. März 2024.


    ECLI identifier: ECLI:EU:C:2024:236

    Vorläufige Fassung

    SCHLUSSANTRÄGE DER GENERALANWÄLTIN

    TAMARA ĆAPETA

    vom 14. März 2024(1)

    Rechtssache C541/22 P

    Araceli García Fernández,

    Faustino González Parra,

    Fernando Luis Treviño de Las Cuevas,

    Juan Antonio Galán Alcázar,

    Lucía Palazuelo Vallejo-Nágera,

    Macon, SA,

    Marta Espejel García,

    Memphis Investments Ltd,

    Pedro Alcantara de la Herrán Matorras,

    Pedro José de Jesús Benito Trebbau López,

    Pedro Regalado Cuadrado Martínez,

    María Rosario Mari Juan Domingo

    gegen

    Eleveté Invest Group, SL,

    Antonio Bail Cajal,

    Carlos Sobrini Marín,

    Edificios 1326 de l’Hospitalet, SL,

    Juan José Homs Tapias,

    Anna María Torras Giro,

    Marbore 2000, SL,

    Trístan González del Valle,

    Europäische Kommission,

    Einheitlicher Abwicklungsausschuss (SRB),

    Königreich Spanien,

    Banco Santander, SA

    „Rechtsmittel – Wirtschafts- und Währungspolitik – Bankenunion – Einheitlicher Abwicklungsmechanismus – Verordnung (EU) Nr. 806/2014 – Art. 18 – Voraussetzungen für eine Abwicklung – Art. 20 – Bewertung für Abwicklungszwecke – Art. 296 AEUV – Begründungspflicht – Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union – Nichtigkeitsklage und Schadensersatzklage – Abwicklung von Banco Popular“






    I.      Einleitung

    1.        Der Einheitliche Abwicklungsmechanismus (im Folgenden: SRM) wurde 2014 eingerichtet(2). Am 6. Juni 2017 wurde er zum ersten Mal angewendet, und zwar im Fall der Banco Popular Español, S.A. (im Folgenden: Banco Popular).

    2.        Die Rechtsmittelführer sind natürliche und juristische Personen, die Anteilseigner oder Inhaber von Instrumenten des zusätzlichen Kernkapitals oder des Ergänzungskapitals von Banco Popular waren, bevor das Abwicklungskonzept(3) für diese Bank angenommen wurde.

    3.        Mit ihrer Klage vor dem Gericht fochten die Rechtsmittelführer das Abwicklungskonzept, seine Billigung durch die Kommission sowie die damit zusammenhängenden Schriftstücke an und begehrten eine Entschädigung sowie einen Ausgleich. Diese Klage wurde gemeinsam mit fünf anderen als Pilotsache vor dem Gericht ausgewählt(4) und mit Urteil vom 1. Juni 2022, Eleveté Invest Group u. a./Kommission und SRB (T‑523/17, EU:T:2022:313, im Folgenden: angefochtenes Urteil), als unbegründet abgewiesen.

    4.        Daneben ist im Zusammenhang mit der Abwicklung von Banco Popular ein weiteres Rechtsmittel in der Rechtssache C‑535/22 P, Aeris Invest/Kommission und SRB(5), anhängig, mit erheblichen Überschneidungen bei den vorgebrachten Argumenten (im Folgenden: paralleles Rechtsmittel). Meine Schlussanträge zu diesem weiteren Rechtsmittel werden am selben Tag verlesen (im Folgenden: parallele Schlussanträge), und die beiden parallelen Schlussanträge bilden eine Einheit.

    5.        Für die Zwecke des vorliegenden Rechtsmittels ist es nicht Aufgabe des Gerichtshofs, das Abwicklungskonzept und seine Billigung durch die Kommission (sowie andere im ersten Rechtszug beanstandete Schriftstücke) zu überprüfen, sondern die Art und Weise, in der das Gericht seine Kontrollbefugnisse ausgeübt hat(6). Im Kontext der beiden vorliegenden Rechtsmittel bedeutet dies, dass sich die Kontrolle durch den Gerichtshof zum einen darauf richten wird, ob das Gericht die in Rede stehenden Bestimmungen der SRM-Verordnung richtig ausgelegt hat, und zum anderen darauf, ob es das vom Einheitlichen Abwicklungsausschluss (SRB) ausgearbeitete und von der Kommission gebilligte Abwicklungskonzept ausreichend überprüft hat.

    6.        Kürzlich wurde der einschlägige Prüfungsmaßstab vom Gerichtshof im Urteil Crédit lyonnais konsolidiert(7). In dieser Rechtssache stellte der Gerichtshof fest, dass die Unionsgerichte ihre Entscheidung nicht an die Stelle derjenigen einer Unionsbehörde setzen dürfen. Sie haben vielmehr zu prüfen, ob die Entscheidung auf unzutreffenden Tatsachenfeststellungen beruht oder mit einem offensichtlichen Beurteilungsfehler oder einem Ermessensmissbrauch behaftet ist(8).

    7.        Dieser Maßstab wird durch die Anforderungen von Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden: Charta) untermauert. Für die Wirksamkeit gerichtlicher Kontrolle und die Wahrung der Verteidigungsrechte ist es „erforderlich, dass der Betroffene Kenntnis von den Gründen, auf denen die ihm gegenüber ergangene Entscheidung beruht, erlangen kann, entweder durch die Lektüre der Entscheidung selbst oder durch eine auf seinen Antrag hin erfolgte Mitteilung dieser Gründe, unbeschadet der Befugnis des zuständigen Gerichts, von der betreffenden Behörde die Übermittlung dieser Gründe zu verlangen, um es ihm zu ermöglichen, seine Rechte unter den bestmöglichen Bedingungen zu verteidigen und in Kenntnis aller Umstände zu entscheiden, ob es für ihn von Nutzen ist, das zuständige Gericht anzurufen“(9).

    8.        Unter Berücksichtigung der vorstehenden Erwägungen werde ich dem Gerichtshof vorschlagen, die beiden angefochtenen Urteile zu bestätigen.

    II.    Sachverhalt des Verfahrens vor dem Gericht

    9.        Der für das vorliegende Rechtsmittel maßgebliche Sachverhalt, der in den Rn. 25 bis 83 des angefochtenen Urteils näher erläutert wird, lässt sich wie folgt zusammenfassen.

    10.      Im Jahr 2016 begann sich die finanzielle Lage von Banco Popular zu verschlechtern. Am 5. Dezember 2016 verabschiedete die Präsidiumssitzung des SRB einen Abwicklungsplan für die Banco‑Popular-Gruppe. Bevorzugtes Abwicklungsinstrument im Abwicklungsplan von 2016 war das in Art. 27 der SRM-Verordnung vorgesehene Bail-in‑Instrument. Dieser Plan kam bei der schließlich erfolgten Abwicklung jedoch nicht zur Anwendung.

    11.      Im April 2017 leitete Banco Popular ein privates Veräußerungsverfahren mit dem Ziel ihrer Veräußerung an einen starken Wettbewerber ein, um ihre Finanzlage zu verbessern. Die Angebotsfrist für Interessenten am Erwerb von Banco Popular endete ursprünglich am 10. Juni 2017 und wurde dann bis Ende Juni 2017 verlängert. Mit Schreiben vom 16. Mai 2017 teilte die Banco Santander S.A. (im Folgenden: Banco Santander) Banco Popular mit, dass sie im Rahmen des privaten Veräußerungsverfahrens kein verbindliches Angebot abgeben könne.

    12.      Am 23. Mai 2017 gab die Vorsitzende des SRB, Frau Elke König, dem Fernsehsender Bloomberg ein Interview, in dem sie u. a. zur Situation von Banco Popular befragt wurde.

    13.      Den gesamten Mai 2017 hindurch berichteten zahlreiche Nachrichtenagenturen, darunter Reuters, über die Schwierigkeiten von Banco Popular. In dem von Reuters veröffentlichten Artikel hieß es u. a., dass nach den Angaben eines hohen, nicht namentlich genannten Unionsbeamten einer der wichtigsten Bankenprüfer in Europa die Unionsbeamten gewarnt habe, dass die Abwicklung von Banco Popular erforderlich sein könnte, wenn sie keinen Käufer finde. In dem Artikel hieß es weiter, dieser Beamte habe angegeben, dass die Vorsitzende des SRB kürzlich eine „Frühwarnung“ herausgegeben habe, und erklärt, dass der SRB das Verfahren (im Fall von Banco Popular) im Hinblick auf eine mögliche Intervention genau verfolge. Am selben Tag veröffentlichte der SRB eine Pressemitteilung, in der er den Inhalt dieses Artikels dementierte.

    14.      In den ersten Junitagen 2017 kam es bei Banco Popular zu massiven Liquiditätsabflüssen.

    15.      Am 3. Juni 2017 wurde in der Präsidiumssitzung des SRB der an den Fondo de Reestructuración Ordenada Bancaria (Fonds zur geordneten Umstrukturierung von Kreditinstituten, Spanien, im Folgenden: FROB) gerichtete Beschluss SRB/EES/2017/06 über die Veräußerung von Banco Popular erlassen. Der SRB billigte die sofortige Einleitung des Verfahrens zur Veräußerung von Banco Popular durch den FROB und teilte ihm die Anforderungen an die Veräußerung gemäß Art. 39 der Richtlinie 2014/59(10) mit. Der SRB wies den FROB insbesondere an, die fünf potenziellen Erwerber zu kontaktieren, die im Rahmen des vorherigen, von Banco Popular abgewickelten privaten Veräußerungsverfahrens zur Abgabe eines Angebots aufgefordert worden waren. Von den fünf potenziellen Erwerbern entschieden sich zwei gegen eine Teilnahme am Veräußerungsverfahren, ein weiterer wurde von der Europäischen Zentralbank (EZB) aus aufsichtsrechtlichen Gründen ausgeschlossen.

    16.      Am 5. Juni 2017 nahm der SRB gemäß Art. 20 Abs. 5 Buchst. a der SRM-Verordnung eine erste Bewertung (im Folgenden: Bewertung 1) zur Feststellung des Vorliegens der Voraussetzungen für eine Abwicklung vor. Diese Bewertung wurde von Deloitte erstellt, die der SRB am 23. Mai 2017 als unabhängige Person beauftragt hatte.

    17.      Am Vormittag des 5. Juni 2017 stellte Banco Popular einen ersten Antrag auf Notfallliquiditätshilfe bei der Banco de España (Bank von Spanien) und am Nachmittag einen zweiten Antrag mit einer Erhöhung des gewünschten Betrags wegen ganz erheblicher Liquiditätsbewegungen. Auf Antrag der Bank von Spanien und nachdem die EZB am selben Tag den Antrag von Banco Popular auf Notfallliquiditätshilfe beurteilt hatte, erhob der EZB-Rat keine Einwände gegen eine Notfallliquiditätshilfe für Banco Popular für den Zeitraum bis zum 8. Juni 2017. Banco Popular erhielt einen Teil dieser Notfallliquiditätshilfe; die Bank von Spanien war jedoch nicht in der Lage, ihr die restliche Notfallliquiditätshilfe zur Verfügung zu stellen(11).

    18.      Am 6. Juni 2017 stellte die EZB fest, dass Banco Popular im Sinne von Art. 18 Abs. 4 Buchst. c der SRM-Verordnung ausfalle oder wahrscheinlich ausfalle, und teilte diese Bewertung dem SRB gemäß Art. 18 Abs. 1 Unterabs. 3 der SRM-Verordnung mit(12).

    19.      Am selben Tag übermittelte Deloitte dem SRB gemäß Art. 20 Abs. 10 der SRM-Verordnung eine zweite Bewertung (im Folgenden: Bewertung 2). Die Bewertung 2 diente der Veranschlagung des Wertes der Vermögenswerte und Verbindlichkeiten von Banco Popular, der Einschätzung, wie die Anteilseigner und Gläubiger in einem regulären Insolvenzverfahren für Banco Popular behandelt würden, sowie der Ermöglichung einer fundierten Entscheidung über die zu übertragenden Anteile und Eigentumstitel(13).

    20.      Am 7. Juni 2017 teilte der FROB dem SRB mit, dass er am selben Tag um 3.12 Uhr ein verbindliches Angebot von Banco Santander erhalten habe, die Anteile an Banco Popular für den Betrag von einem Euro zu erwerben. Der FROB schlug dem SRB vor, dieses Angebot anzunehmen.

    21.      In seiner Präsidiumssitzung vom 7. Juni 2017 nahm der SRB das Angebot von Banco Santander an und legte das Abwicklungskonzept fest. Zur Anwendung kam das Instrument der Unternehmensveräußerung(14), in dessen Rahmen alle bestehenden Anteile (hartes Kernkapital) und die Instrumente des zusätzlichen Kernkapitals von Banco Popular herabgeschrieben wurden. Die Instrumente des Ergänzungskapitals wurden in neue Anteile umgewandelt und dann zum Preis von einem Euro auf Banco Santander übertragen.

    22.      Dieses Konzept wurde der Kommission um 5.13 Uhr zur Billigung vorgelegt. Um 6.30 Uhr billigte die Kommission das Abwicklungskonzept mit einem an den SRB gerichteten Beschluss.

    23.      Am 14. Juni 2018 übermittelte Deloitte dem SRB die in Art. 20 Abs. 16 bis 18 der SRM-Verordnung vorgesehene Bewertung der Unterschiede bei der Behandlung, mit der geklärt werden sollte, ob die Anteilseigner und Gläubiger besser behandelt worden wären, wenn für Banco Popular ein reguläres Insolvenzverfahren eingeleitet worden wäre (im Folgenden: Bewertung 3).

    24.      Am 17. März 2020 erließ der SRB den Beschluss SRB/EES/2020/52(15), in dem er feststellte, dass die von der Abwicklung von Banco Popular betroffenen Anteilseigner und Gläubiger keinen Anspruch auf eine Entschädigung durch den einheitlichen Abwicklungsfonds (im Folgenden: SRF) nach Art. 76 Abs. 1 Buchst. e der SRM-Verordnung hätten(16).

    III. Verfahren vor dem Gericht und angefochtenes Urteil

    25.      Mit einer am 7. August 2017 beim Gericht eingereichten Klage beantragten die Kläger die Nichtigerklärung des Abwicklungskonzepts und seiner Billigung durch die Kommission sowie eine Entschädigung, die Nichtigerklärung der Bewertung 2 und die Leistung eines Ausgleichs.

    26.      Am 12. April 2019 wurden das Königreich Spanien und Banco Santander als Streithelfer zur Unterstützung der Kommission und des SRB zugelassen.

    27.      Mit Beschluss vom 12. Mai 2021 gab das Gericht dem SRB auf, die vollständigen Fassungen des Abwicklungskonzepts, der Bewertung 2, der Bewertung der EZB vom 6. Juni 2017 betreffend den Ausfall oder wahrscheinlichen Ausfall von Banco Popular und des Schreibens der EZB an Banco Popular vom 18. Mai 2017 vorzulegen. Nach Durchsicht dieser Schriftstücke entschied das Gericht mit Beschluss vom 9. Juni 2021, dass sie für die Entscheidung des Rechtsstreits nicht erforderlich seien, und entfernte sie aus der Akte.

    28.      Das Gericht hat die Klage in vollem Umfang als unbegründet abgewiesen.

    IV.    Verfahren vor dem Gerichtshof

    29.      Mit ihrem am 11. August 2022 eingelegten Rechtsmittel beantragen die Rechtsmittelführer,

    –        das angefochtene Urteil aufzuheben;

    –        ihren Anträgen vor dem Gericht stattzugeben, das Abwicklungskonzept und seine Billigung durch die Kommission für nichtig zu erklären und demgemäß die Kommission und den SRB zu verurteilen, ihnen ihre Investitionen in Banco Popular zurückzuerstatten oder sie zu verurteilen, ihnen eine Entschädigung aus außervertraglicher Haftung zu leisten;

    –        die Kommission und den SRB zu verurteilen, ihnen eine Entschädigung aus außervertraglicher Haftung zu leisten;

    –        die Bewertung 2 für nichtig zu erklären und die Kommission und den SRB zu verurteilen, ihnen einen Ausgleich zu zahlen;

    –        der Kommission und dem SRB die Kosten des Verfahrens im ersten Rechtszug sowie des Rechtsmittelverfahrens aufzuerlegen;

    –        anzuordnen, dass die zugesprochenen Beträge um Ausgleichszinsen ab dem 23. Mai 2017 oder, hilfsweise, ab dem 7. Juni 2017 bis zum Tag der Verkündung des Urteils und um Verzugszinsen ab diesem Tag ergänzt werden, mit Ausnahme der durch das vorliegende Verfahren entstandenen Kosten, für die nur Verzugszinsen ab dem genannten Tag anfallen;

    –        ihnen jeden weiteren Ausgleich zuzusprechen, den der Gerichtshof für angebracht hält.

    30.      Die Kommission, der SRB, das Königreich Spanien und Banco Santander beantragen,

    –        das Rechtsmittel in vollem Umfang zurückzuweisen;

    –        den Rechtsmittelführern die durch das Verfahren im ersten Rechtszug und das Rechtsmittelverfahren entstandenen Kosten aufzuerlegen.

    31.      Banco Santander beantragt darüber hinaus für den Fall, dass der Gerichtshof dem Rechtsmittel stattgibt und gemäß Art. 61 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union selbst über die Nichtigkeitsklage entscheidet,

    –        die Wirkung seines Urteils im Einklang mit Art. 264 AEUV zu beschränken, indem er die Auswirkungen des Verkaufs von Banco Popular an Banco Santander aufrechterhält.

    V.      Analyse

    32.      Die Rechtsmittelführer stützen ihr Rechtsmittel auf vier Gründe. Mit dem ersten Rechtsmittelgrund rügen sie, dass Art. 18 der SRM-Verordnung im angefochtenen Urteil fehlerhaft ausgelegt und angewendet werde. Mit dem zweiten Rechtsmittelgrund machen sie geltend, Art. 20 der SRM-Verordnung werde im angefochtenen Urteil fehlerhaft ausgelegt und angewendet. Mit ihrem dritten Rechtsmittelgrund fordern sie eine Entschädigung gemäß Art. 264 AEUV, beruhend auf der Nichtigerklärung des im ersten Rechtszug angefochtenen Beschlusses. Schließlich rügen sie mit dem vierten Rechtsmittelgrund, dass das angefochtene Urteil Fehler in Bezug auf den unabhängigen Antrag auf außervertragliche Haftung der Union enthalte.

    33.      Wie bereits ausgeführt, bilden die vorliegenden Schlussanträge eine Einheit mit den parallelen Schlussanträgen. Daher wird der erste Rechtsmittelgrund des vorliegenden Rechtsmittels in den Nrn. 20 bis 48 der parallelen Schlussanträge analysiert, während der fünfte und der sechste Teil des zweiten Rechtsmittelgrundes(17) in den Nrn. 49 bis 86 der parallelen Schlussanträge behandelt werden.

    34.      Die verbleibenden Rechtsmittelgründe betreffen erstens gerügte Verstöße gegen Art. 20 der SRM-Verordnung, auf die ich in Abschnitt A eingehen werde. Zweitens betreffen sie ein Schadensersatzbegehren, das ich in Abschnitt B behandeln werde. Schließlich berufen sich die Rechtsmittelführer auch auf die außervertragliche Haftung der Europäischen Union, mit der ich mich in Abschnitt C auseinandersetzen werde.

    35.      Im Rahmen der folgenden Analyse werde ich erläutern, warum der Gerichtshof das Rechtsmittel in vollem Umfang zurückweisen sollte.

    A.      Art. 20 der SRM-Verordnung

    36.      Mit den ersten vier Teilen ihres zweiten Rechtsmittelgrundes machen die Rechtsmittelführer geltend, das Gericht habe Fehler bei der Auslegung von Art. 20 der SRM-Verordnung und seiner Anwendung auf die verschiedenen Bewertungen von Banco Popular begangen(18). Wie bereits erwähnt, gab es im Verfahren zur Abwicklung von Banco Popular drei Bewertungen(19).

    37.      Wie der Gerichtshof im Urteil Aeris Invest/SRB(20) bestätigt hat, sieht Art. 20 der SRM-Verordnung zwei Typen von Bewertungen vor. Die erste (vorläufige) Bewertung ist in Art. 20 Abs. 1 bis 15 der SRM-Verordnung geregelt. Die zweite (endgültige) Bewertung ist in Art. 20 Abs. 16 bis 18 der SRM-Verordnung geregelt und ist durch eine unabhängige Person vorzunehmen.

    38.      Der Gerichtshof hat festgestellt, dass die Bewertungen 1 und 2 im Zuge der Abwicklung von Banco Popular zur ersten Kategorie gehören, während die Bewertung 3 zur zweiten Kategorie gehört(21).

    39.      Die Rechtsmittelführer machen erstens geltend, das Gericht habe zu Unrecht festgestellt, dass die Bewertungen 1 und 2 im Einklang mit Art. 20 Abs. 1 der SRM-Verordnung fair, vorsichtig und realistisch seien.

    40.      Zunächst bin ich der Ansicht, dass das Gericht zu Recht darauf hingewiesen hat(22), dass sowohl die Bewertung 1 als auch die Bewertung 2 vorläufig waren und daher zwangsläufig unsichere oder ungenaue Informationen enthielten.

    41.      Tatsächlich hat das Gericht die Bewertung 2 in Bezug auf jede Kategorie von Vermögenswerten eingehend geprüft und dabei als Kontext, in dem Deloitte die Bewertung vornahm, die Dringlichkeit der Situation berücksichtigt(23).

    42.      Schließlich hat das Gericht meines Erachtens zutreffend auf die unterschiedlichen Zwecke der Bewertungen 1 und 2 hingewiesen sowie darauf, dass sie zu unterschiedlichen Zeitpunkten (und bei einem unterschiedlichen Informationsstand) erstellt worden seien, und ist daher zutreffend zu dem Ergebnis gelangt, dass sie einander nicht widersprächen(24).

    43.      Ich bin deshalb der Ansicht, dass das Gericht Art. 20 Abs. 1 der SRM-Verordnung zutreffend ausgelegt und angewendet hat.

    44.      Zweitens machen die Rechtsmittelführer geltend, dem Gericht sei ein Fehler unterlaufen(25), als es festgestellt habe, dass die Bewertungen 1 und 2 nicht gegen die Anforderungen von Art. 20 Abs. 5 der SRM-Verordnung verstießen(26).

    45.      Zu dem in Art. 20 Abs. 5 Buchst. a der SRM-Verordnung vorgesehenen Ziel hat das Gericht festgestellt, dass der SRB in der Bewertung 1 eine Analyse dieses Ziels vorgenommen habe, um zu klären, ob die Voraussetzungen für eine Abwicklung nach Art. 18 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung erfüllt seien(27). Das Vorbringen der Rechtsmittelführer enthält nichts, was die Richtigkeit dieser Beurteilung durch das Gericht in Frage stellen könnte.

    46.      Das Gericht hat auch zutreffend die Vereinbarkeit der Bewertung 2 mit den in Art. 20 Abs. 5 Buchst. b, f und g der SRM-Verordnung vorgesehenen Zielen geprüft, da Deloitte in dieser Bewertung, gestützt auf Art. 36 Abs. 4 Buchst. b, f und g der Richtlinie 2014/59, in der Sache auf die gleichen Ziele Bezug nahm(28).

    47.      Die Rechtsmittelführer machen zutreffend geltend, das Gericht habe in Rn. 298 des angefochtenen Urteils zu Unrecht ausgeführt, dass sie nicht speziell auf das in Art. 20 Abs. 5 Buchst. c der SRM-Verordnung vorgesehene Ziel eingegangen seien(29).

    48.      Das Gericht hat jedoch zu Recht auf Art. 20 Abs. 10 der SRM-Verordnung verwiesen, wonach bei der vorläufigen Bewertung „die Anforderungen von Absatz 4 und – insoweit dies unter den gegebenen Umständen angemessen und durchführbar ist – die Anforderungen der Absätze 1, 7 und 9 erfüllt werden [müssen]“. In dieser Bestimmung wird Art. 20 Abs. 5 nicht erwähnt. Darüber hinaus hat das Gericht zutreffend festgestellt, dass Art. 20 Abs. 11 der SRM-Verordnung von Bedeutung ist, wonach eine Bewertung, die nicht die Anforderungen von Art. 20 Abs. 5 erfüllt, als vorläufig zu betrachten ist.

    49.      Meines Erachtens ist dem Gericht bei der Auslegung von Art. 20 Abs. 5 der SRM-Verordnung daher kein Fehler unterlaufen.

    50.      Drittens machen die Rechtsmittelführer geltend, das Gericht habe fehlerhaft festgestellt, dass die Bewertung 2 nicht gegen die Anforderungen von Art. 20 Abs. 7 und 9 der SRM-Verordnung verstoße.

    51.      Das Gericht hat ausgeführt, Art. 20 Abs. 10 der SRM-Verordnung, der vorläufige Bewertungen betreffe, sehe vor, dass die Anforderungen der Abs. 1, 7 und 9 von Art. 20 nur erfüllt werden müssten, soweit dies unter den gegebenen Umständen „angemessen und durchführbar“ sei(30).

    52.      Die Wendung „insoweit dies … angemessen und durchführbar ist“ schließt daher meines Erachtens ein, dass die Bewertung auf konsolidierter Basis erstellt wurde, statt sich auf jedes Unternehmen der Banco-Popular-Gruppe zu beziehen, was, wie das Gericht zutreffend festgestellt hat, in Art. 20 Abs. 7 der SRM-Verordnung nicht verlangt wird(31).

    53.      Dem Gericht ist auch kein Fehler unterlaufen, als es zu dem Schluss gekommen ist, dass die Bewertung 2 im Einklang mit Art. 20 Abs. 9 der SRM-Verordnung stehe, obwohl sie keine Unterteilung der Gläubiger in Klassen enthalten habe, da diese Informationen erst für die Bewertung 3(32) verfügbar gewesen seien.

    54.      Viertens machen die Rechtsmittelführer geltend, das Gericht habe Art. 20 Abs. 10 und 11 der SRM-Verordnung in Bezug auf die Bewertung 2 fehlerhaft ausgelegt und angewendet. Sie bringen vor, da der (nach Art. 20 Abs. 10 der SRM-Verordnung vorläufigen) Bewertung 2 (entgegen Art. 20 Abs. 11 Satz 2 der SRM-Verordnung) keine endgültige Ex-post-Bewertung gefolgt sei, sei das auf einer solchen vorläufigen Bewertung basierende Abwicklungskonzept ungültig.

    55.      In Beantwortung schriftlicher Fragen des Gerichts hat der SRB bestätigt, dass er keine endgültige Ex-post-Bewertung vornehmen werde, da dies keinem praktischen Zweck im Rahmen von Art. 20 Abs. 11 der SRM-Verordnung dienen würde(33).

    56.      Das Gericht hat seine Feststellung, dass das Fehlen einer Ex-post-Bewertung für die Gültigkeit des Abwicklungskonzepts unerheblich sei, auf Art. 20 Abs. 13 der SRM-Verordnung gestützt, wonach „eine gemäß den Absätzen 10 und 11 durchgeführte vorläufige Bewertung eine zulässige Grundlage für den Ausschuss dar[stellt], um Abwicklungsmaßnahmen zu ergreifen“(34). Ferner hat es festgestellt, dass eine zeitlich nach der Annahme des Abwicklungskonzepts vorgenommene Bewertung und ihre Billigung durch die Kommission für die Gültigkeit des Konzepts oder der Billigung unerheblich sind(35).

    57.      Unter Berücksichtigung der Feststellungen des Gerichtshofs im Urteil Aeris Invest/SRB(36) bin ich der Ansicht, dass das Gericht Art. 20 Abs. 10 und 11 der SRM-Verordnung korrekt ausgelegt und angewendet hat.

    58.      Im Ergebnis schlage ich dem Gerichtshof vor, die ersten vier Teile des zweiten Rechtsmittelgrundes als unbegründet zurückzuweisen.

    B.      Zum Schadensersatzbegehren

    59.      Zu ihrem dritten Rechtsmittelgrund führen die Rechtsmittelführer lediglich in einem Absatz aus, dass sie ihr Vorbringen zum Schadensersatzbegehren aufrechterhalten.

    60.      Die Rechtsmittelführer geben zwar die einschlägigen Randnummern des angefochtenen Parallelurteils an, nehmen aber nur allgemein auf ihr Schadensersatzbegehren und auf Art. 264 AEUV Bezug, ohne nähere Angaben dazu, welchen Fehler das Gericht begangen haben soll(37).

    61.      Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs ergibt sich aus Art. 256 Abs. 1 Unterabs. 2 AEUV, aus Art. 58 Abs. 1 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union sowie aus Art. 168 Abs. 1 Buchst. d und Art. 169 Abs. 2 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs, dass ein Rechtsmittel die beanstandeten Teile des Urteils, dessen Aufhebung beantragt wird, sowie die rechtlichen Argumente, die diesen Antrag speziell stützen, genau bezeichnen muss(38).

    62.      Ich schlage dem Gerichtshof daher vor, diesen Rechtsmittelgrund als offensichtlich unzulässig zurückzuweisen.

    C.      Außervertragliche Haftung der Union

    63.      Im Rahmen ihres vierten Rechtsmittelgrundes bringen die Rechtsmittelführer zwei Argumente vor. Erstens machen sie geltend, das Gericht habe es versäumt, einen Verstoß des SRB gegen die Vertraulichkeitspflicht nach Art. 88 der SRM-Verordnung sowie Art. 339 AEUV festzustellen. Dieser Verstoß betreffe das Interview, das die Vorsitzende des SRB, Frau König, am 23. Mai 2017 Bloomberg gegeben habe, und das Durchsickern von Informationen, die von verschiedenen Presseorganen veröffentlicht worden seien(39). Außerdem hätten der SRB und die Kommission gegen ihre Vertraulichkeitspflicht verstoßen, indem sie untätig geblieben seien und keine interne Untersuchung zu den undichten Stellen durchgeführt hätten, die in einem Artikel von Reuters zitiert würden.

    64.      Zweitens sei das Gericht zu Unrecht zu dem Ergebnis gelangt, dass ihre Einwände gegen die Bewertung 2 und das sich daraus ergebende Begehren nach einer Entschädigung unzulässig seien.

    65.      Zum ersten Argument tragen die Rechtsmittelführer vor, die Information, dass Banco Popular beobachtet werde, habe entgegen den Ausführungen des Gerichts in Rn. 613 des angefochtenen Urteils als solche vertraulichen Charakter.

    66.      Im 116. Erwägungsgrund der SRM-Verordnung sind die Informationen aufgeführt, die als vertraulich angesehen werden können: der Inhalt und die Einzelheiten von Abwicklungsplänen und die Ergebnisse einer Bewertung dieser Pläne, Informationen in Bezug auf eine noch nicht gefällte Entscheidung, etwa darüber, ob die Abwicklungsbedingungen erfüllt sind, über die Anwendung eines spezifischen Instruments oder über Maßnahmen im Verlauf des Verfahrens.

    67.      Das Gericht hat die Informationen geprüft, die die Vorsitzende des SRB bei dem Interview geliefert hatte. Insbesondere sagte sie: „Ich spreche nie über einzelne Banken. Wir haben mehr als eine Bank auf unserem Radarschirm, und natürlich ist auch Banco Popular ein Fall, den wir beobachten, sie ist aber nicht der einzige.“(40)

    68.      Das Gericht sah darin Äußerungen mit allgemeinem Charakter und stellte fest, dass die „Information, dass Banco Popular als vom einheitlichen Aufsichtsmechanismus erfasstes Institut ‚beobachtet‘ wird, … nicht vertraulich [ist]“(41). Außerdem sei die Öffentlichkeit bereits darüber informiert gewesen, dass Banco Popular Gegenstand einer Prüfung durch die EZB sei(42).

    69.      Meines Erachtens hat das Gericht zu Recht festgestellt, dass die Äußerungen der Vorsitzenden des SRB allgemein genug waren, um nicht preiszugeben, dass bei Banco Popular gerade darüber befunden wurde, ob die Voraussetzungen für eine Abwicklung erfüllt waren – was eine nach dem 116. Erwägungsgrund der SRM-Verordnung vertrauliche Information wäre.

    70.      In Bezug auf den Reuters-Artikel hat das Gericht es in den Rn. 619 bis 643 des angefochtenen Urteils als nicht erwiesen angesehen, dass ein Mitarbeiter des SRB für das Durchsickern von Informationen verantwortlich gewesen sei, und hat im Unterbleiben eines Dementis der durchgesickerten Informationen durch den SRB keinen Beweis für seine Verantwortlichkeit gesehen.

    71.      Darüber hinaus hat das Gericht in Rn. 623 zutreffend darauf hingewiesen, dass die Kläger „nicht darlegen, welche in diesem Artikel enthaltenen Informationen vertraulich sein sollen oder inwieweit deren Offenlegung eine Verletzung des Berufsgeheimnisses durch den SRB oder die Kommission begründen soll“.

    72.      Außerdem hat es in Rn. 625 des angefochtenen Urteils ausgeführt, dass der SRB eine Pressemitteilung veröffentlicht habe, in der er der weiten Auslegung, die der Reuters-Artikel dem von der Vorsitzenden des SRB gegebenen Interview beigemessen habe, mit einem Dementi entgegengetreten sei.

    73.      Ferner hat das Gericht in den Rn. 628 bis 632 des angefochtenen Urteils auf andere öffentlich verfügbare Informationen verwiesen, die belegten, dass der Reuters-Artikel keine vertraulichen Informationen enthalten habe.

    74.      Schließlich hat das Gericht in Rn. 637 des angefochtenen Urteils festgestellt, dass die Kläger nicht in der Lage gewesen seien, den Vorwurf, ein Beamter des SRB oder der Kommission habe die Informationen an Reuters weitergegeben, mit Beweisen zu untermauern.

    75.      Die Rechtsmittelführer bringen zudem vor, das Gericht habe eine Reihe von Tatsachen fehlerhaft gewürdigt, machen jedoch nicht ihre Verfälschung geltend. Dies gilt für den Vergleich zwischen dem Inhalt des Interviews mit Bloomberg und dem Inhalt des Reuters-Artikels sowie für die gerügte Weitergabe von Informationen an die spanischen Behörden.

    76.      Ich halte dieses Vorbringen für unzulässig, da der Gerichtshof nicht für die Feststellung der Tatsachen oder die Prüfung der Beweise zuständig ist, es sei denn, dass die Rechtsmittelführer geltend machen, das Gericht habe die Tatsachen verfälscht, und eine solche Verfälschung ergebe sich in offensichtlicher Weise aus den Akten(43).

    77.      Darüber hinaus muss die Partei, die eine Verfälschung von Beweisen rügt, genau angeben, welche Beweise das Gericht verfälscht haben soll, und die Beurteilungsfehler darlegen, die das Gericht ihres Erachtens zu der Verfälschung veranlasst haben(44).

    78.      Die Rechtsmittelführer beschränken sich darauf, die bereits vom Gericht gewürdigten Tatsachen zu wiederholen, ohne darzutun, dass es Beweise verfälscht hätte.

    79.      Ich bin daher der Auffassung, dass das Gericht zutreffend festgestellt hat, dass der SRB und die Kommission nicht gegen ihre Vertraulichkeitspflicht nach Art. 88 der SRM-Verordnung und Art. 339 AEUV verstoßen haben.

    80.      Für den Fall, dass der Gerichtshof gegenteiliger Ansicht sein sollte, muss ich mich noch mit dem Kausalzusammenhang zwischen diesem Verstoß und dem den Rechtsmittelführern entstandenen Schaden befassen.

    81.      Die Rechtsmittelführer machen geltend, das Gericht habe einen Fehler begangen, als es in den Rn. 653 bis 674 des angefochtenen Urteils festgestellt habe, dass zwischen dem Verstoß gegen die Vertraulichkeitspflicht und der Abwicklung von Banco Popular kein Kausalzusammenhang bestehe.

    82.      Meines Erachtens hat das Gericht zu Recht darauf hingewiesen, dass die Liquiditätsprobleme von Banco Popular bereits vor dem Interview am 23. Mai 2017 schwerwiegend waren und dass ihre Liquiditätskrise durch multiple Faktoren verursacht worden war, die ihren Ursprung in den im Februar und April 2017 angekündigten schlechten Ergebnissen der Bank hatten.

    83.      In Anbetracht der Rechtsprechung zum Kausalzusammenhang bin ich der Ansicht, dass das Gericht zu dem Schluss berechtigt war, dass die Kläger keinen hinreichend unmittelbaren Zusammenhang zwischen dem behaupteten Schaden und dem gerügten Verhalten nachgewiesen hatten, das der ausschlaggebende Grund für den Schaden sein muss(45).

    84.      Meines Erachtens ist der erste Teil des vierten Rechtsmittelgrundes daher zurückzuweisen.

    85.      Zum zweiten Argument hat das Gericht auf Art. 20 Abs. 15 der SRM-Verordnung(46) verwiesen und ist zu dem Ergebnis gelangt, dass die Anfechtung der Bewertung 2 nicht Gegenstand einer selbständigen Klage sein könne(47).

    86.      Auch ihr Schadensersatzbegehren hat das Gericht als unzulässig eingestuft, da die SRM-Verordnung keine Möglichkeit vorsehe, eine Entschädigung zu verlangen, und da die Kläger weder den genauen Umfang des Schadens noch den genauen Betrag der geforderten Entschädigung beziffert hätten. Es hat diese Feststellung mit dem Hinweis untermauert, dass die Kläger ihr Begehren nicht anhand der Voraussetzungen für die Auslösung der Haftung der Europäischen Union gemäß Art. 340 AEUV strukturiert hätten(48).

    87.      Ich schlage dem Gerichtshof daher vor, die Feststellungen des Gerichts zum zweiten Teil des vierten Rechtsmittelgrundes zu bestätigen.

    VI.    Ergebnis

    88.      Nach alledem schlage ich dem Gerichtshof vor,

    –        das Rechtsmittel zurückzuweisen und

    –        den Rechtsmittelführern die Kosten aufzuerlegen.


    1      Originalsprache: Englisch.


    2      Verordnung (EU) Nr. 806/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Juli 2014 zur Festlegung einheitlicher Vorschriften und eines einheitlichen Verfahrens für die Abwicklung von Kreditinstituten und bestimmten Wertpapierfirmen im Rahmen eines einheitlichen Abwicklungsmechanismus und eines einheitlichen Abwicklungsfonds sowie zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 1093/2010 (ABl. 2014, L 225, S. 1) (im Folgenden: SRM-Verordnung).


    3      Beschluss SRB/EES/2017/08 des Einheitlichen Abwicklungsausschusses in seiner Präsidiumssitzung vom 7. Juni 2017 über die Annahme eines Abwicklungskonzepts für die Banco Popular Español, S.A. (im Folgenden: Abwicklungskonzept). Das Abwicklungskonzept wurde mit Beschluss (EU) 2017/2146 der Kommission vom 7. Juni 2017 zur Billigung des Abwicklungskonzepts für Banco Popular Español S.A. (ABl. 2017, L 178, S. 15) gebilligt (im Folgenden: Billigung durch die Kommission).


    4      Die weiteren Pilotsachen sind: (1) Urteil vom 1. Juni 2022, Del Valle Ruíz u. a./Kommission und SRB (T‑510/17, EU:T:2022:312). Das eingelegte Rechtsmittel (Rechtssache C‑539/22 P, Del Valle Ruíz u. a./Kommission und SRB) wurde am 22. Juli 2023 zurückgenommen. (2) Urteil vom 1. Juni 2022, Aeris Invest/Kommission und SRB (T‑628/17, EU:T:2022:315). Das Rechtsmittel gegen dieses Urteil ist unter dem Aktenzeichen C‑535/22 P, Aeris Invest/Kommission und SRB, anhängig. (3) Urteil vom 1. Juni 2022, Algebris (UK) und Anchorage Capital Group/Kommission (T‑570/17, EU:T:2022:314). Dieses Urteil wurde nicht angefochten. (4) Urteil vom 1. Juni 2022, Fundacíon Tatiana Pérez de Guzmán el Bueno und SFL/SRB (T‑481/17, EU:T:2022:311). Gegen dieses Urteil sind gegenwärtig zwei Rechtsmittel anhängig, das eine unter dem Aktenzeichen C‑551/22 P, Kommission/SRB, vgl. Schlussanträge der Generananwältin Ćapeta in der Rechtssache Kommission/SRB (C‑551/22 P, EU:C:2023:846), und das andere unter dem Aktenzeichen C‑448/22 P, SFL/SRB. (5) Beschluss vom 24. Oktober 2019, Liaño Reig/SRB (T‑557/17, EU:T:2019:771). Mit Urteil vom 4. März 2021, Liaño Reig/SRB (C‑947/19 P, EU:C:2021:172), wurde dieser Beschluss im Rechtsmittelverfahren durch den Gerichtshof bestätigt, der feststellte, dass das Gericht keinen Rechtsfehler begangen hatte, als es entschied, dass die angefochtene Bestimmung sich nicht vom Abwicklungskonzept des SRB trennen lasse.


    5      Es richtet sich gegen das Urteil vom 1. Juni 2022, Aeris Invest/Kommission und SRB (T‑628/17, EU:T:2022:315) (im Folgenden: angefochtenes Parallelurteil).


    6      Die Kontrolle des Gerichtshofs richtet sich „im Rahmen eines Rechtsmittels insbesondere darauf …, zu prüfen, ob das Gericht auf alle vom Rechtsmittelführer vorgebrachten Argumente rechtlich hinreichend eingegangen ist“. Urteil vom 11. November 2021, Autostrada Wielkopolska/Kommission und Polen (C‑933/19 P, EU:C:2021:905, Rn. 50).


    7      Urteil vom 4. Mai 2023, EZB/Crédit lyonnais (C‑389/21 P, EU:C:2023:368). Diesem Ansatz ist auch das Gericht im angefochtenen Urteil (Rn. 110 bis 115) und im angefochtenen Parallelurteil (Rn. 115 bis 119) gefolgt.


    8      Urteil vom 4. Mai 2023, EZB/Crédit lyonnais (C‑389/21 P, EU:C:2023:368, Rn. 55).


    9      Urteil vom 24. November 2020, Minister van Buitenlandse Zaken (C‑225/19 und C‑226/19, EU:C:2020:951, Rn. 43 und die dort angeführte Rechtsprechung).


    10      Richtlinie 2014/59/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 zur Festlegung eines Rahmens für die Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen und zur Änderung der Richtlinie 82/891/EWG des Rates, der Richtlinien 2001/24/EG, 2002/47/EG, 2004/25/EG, 2005/56/EG, 2007/36/EG, 2011/35/EU, 2012/30/EU und 2013/36/EU sowie der Verordnungen (EU) Nr. 1093/2010 und (EU) Nr. 648/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. 2014, L 173, S. 190, im Folgenden: Richtlinie 2014/59)


    11      Der Sachverhalt enthält keine Erklärung dafür, warum die Bank von Spanien Banco Popular nicht die gesamte Notfallliquiditätshilfe zur Verfügung stellen konnte.


    12      Eine nicht vertrauliche Fassung dieser Bewertung ist abrufbar unter https://www.bankingsupervision.europa.eu/ecb/pub/pdf/ssm.2017_FOLTF_ESPOP.en.pdf?ed492d2c6735d43ab422f25ed966d712.


    13      Bei dieser Bewertung wurde u. a. der wirtschaftliche Wert von Banco Popular auf 1,3 Mrd. Euro im günstigsten Szenario, auf minus 8,2 Mrd. Euro im ungünstigsten Szenario und auf minus 2 Mrd. Euro als beste Schätzung veranschlagt.


    14      Nach Art. 24 der SRM-Verordnung.


    15      Eine Mitteilung über diesen Beschluss wurde am 20. März 2020 im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht (ABl. 2020, C 91, S. 2), abrufbar unter eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:52020XX0320(01).


    16      Diese Entscheidung des SRB wurde von einer Reihe ehemaliger Anteilseigner von Banco Popular angefochten. Das Gericht hat die entsprechenden Klagen mit Urteil vom 22. November 2023, Del Valle Ruíz u. a./SRB (T‑302/20, T‑303/20 und T‑307/20, EU:T:2023:735), abgewiesen. Gegen dieses Urteil ist kein Rechtsmittel eingelegt worden.


    17      Mit ihm macht die Rechtsmittelführerin im parallelen Rechtsmittel einen Verstoß des Gerichts gegen die Begründungspflicht und gegen Art. 47 der Charta geltend.


    18      Angefochtenes Urteil (Rn. 279 bis 282 und Rn. 346 bis 425).


    19      Siehe bereits oben, Nrn. 16, 19, 23 und 24.


    20      Urteil vom 21. Dezember 2021, Aeris Invest/SRB (C‑874/19 P, EU:C:2021:1040, Rn. 70 und 71).


    21      Ebd. (Rn. 72).


    22      Angefochtenes Urteil (Rn. 294, 347 und 357).


    23      Wie der Gerichtshof ausgeführt hat, müssen „[d]ie Anforderungen, die an die Begründung einer Entscheidung zu stellen sind, … den tatsächlichen Möglichkeiten sowie den technischen und zeitlichen Bedingungen angepasst werden, unter denen die Entscheidung ergeht“. Urteil vom 6. November 2012, Éditions Odile Jacob/Kommission (C‑551/10 P, EU:C:2012:681, Rn. 48 und die dort angeführte Rechtsprechung).


    24      Vgl. auch die in den parallelen Schlussanträgen vorgenommene Analyse der Bewertungen und der Begründungspflicht (Nrn. 54 bis 70).


    25      Angefochtenes Urteil (Rn. 286 bis 304).


    26      Nach Art. 20 Abs. 5 der SRM-Verordnung dient die Bewertung folgenden Zwecken: „a) der fundierten Feststellung, ob die Voraussetzungen für eine Abwicklung oder die Voraussetzungen für die Herabschreibung oder Umwandlung von Kapitalinstrumenten erfüllt sind; b) falls die Voraussetzungen für eine Abwicklung erfüllt sind, der fundierten Entscheidung über die in Bezug auf ein Unternehmen im Sinne des Artikels 2 zu treffenden angemessenen Abwicklungsmaßnahmen; c) wenn die Befugnis, relevante Kapitalinstrumente herabzuschreiben oder umzuwandeln, ausgeübt wird, der fundierten Entscheidung über den Umfang der Löschung oder der Verwässerung von Eigentumstiteln und über den Umfang der Herabschreibung oder Umwandlung der relevanten Kapitalinstrumente; … f) wenn das Instrument der Unternehmensveräußerung angewandt wird, der fundierten Entscheidung über die zu übertragenden Vermögenswerte, Rechte, Verbindlichkeiten oder Eigentumstitel und dem Verständnis der Abwicklungsbehörde dafür, was unter kommerziellen Bedingungen für die Zwecke des Artikels 24 Absatz 2 Buchstabe b zu verstehen ist; g) in jedem Fall der Sicherstellung, dass jegliche Verluste in Bezug auf Vermögenswerte eines Unternehmens im Sinne des Artikels 2 zum Zeitpunkt der Anwendung der Abwicklungsinstrumente oder der Ausübung der Befugnis zur Herabschreibung oder Umwandlung von relevanten Kapitalinstrumenten vollständig erfasst werden“.


    27      Angefochtenes Urteil (Rn. 292 und 293).


    28      Angefochtenes Urteil (Rn. 300 und 301).


    29      Sie verweisen auf die Rn. 61 bis 66 ihrer Erwiderung im ersten Rechtszug, wo in der Tat auf dieses Ziel eingegangen wird.


    30      Angefochtenes Urteil (Rn. 414).


    31      Angefochtenes Urteil (Rn. 415).


    32      Angefochtenes Urteil (Rn. 421 und 422).


    33      Der SRB führte ferner aus, dass die ausgleichende Funktion einer solchen Ex-post-Bewertung nach Art. 20 Abs. 12 der SRM-Verordnung im Rahmen der vorliegenden Abwicklungsmaßnahme nicht zum Tragen käme. Der Gerichtshof hat im Urteil vom 21. Dezember 2021, Aeris Invest/SRB (C‑874/19 P, EU:C:2021:1040, Rn. 80 bis 82), bestätigt, dass Art. 20 Abs. 12 der SRM-Verordnung keine Anwendung auf das Instrument der Unternehmensveräußerung findet.


    34      Angefochtenes Urteil (Rn. 280).


    35      Angefochtenes Urteil (Rn. 281 und 282), unter Bezugnahme auf das Urteil vom 3. September 2015, Inuit Tapiriit Kanatami u. a./Kommission (C‑398/13 P, EU:C:2015:535, Rn. 22 und die dort angeführte Rechtsprechung).


    36      Urteil vom 21. Dezember 2021, Aeris Invest/SRB (C‑874/19 P, EU:C:2021:1040).


    37      Dies ist nach dem Urteil des Gerichtshofs vom 28. April 2022, Changmao Biochemical Engineering/Kommission (C‑666/19 P, EU:C:2022:323, Rn. 187 bis 189), als unzulässig anzusehen. Darüber hinaus „entspricht ein Rechtsmittel …, das keine Ausführungen dazu enthält, worin genau der Rechtsfehler bestehen soll, mit dem das angefochtene Urteil oder der angefochtene Beschluss behaftet sein soll“, diesem Erfordernis nicht. Urteil vom 14. Oktober 2021, NRW. Bank/SRB (C‑662/19 P, EU:C:2021:846, Rn. 36).


    38      Urteil vom 21. Oktober 2020, EZB/Espírito Santo Financial Group (C‑396/19 P, EU:C:2020:845, Rn. 24 und die dort angeführte Rechtsprechung).


    39      Das Gericht hat sich bei seiner Analyse auf das Interview mit Bloomberg und den Artikel von Reuters beschränkt, da die Kläger keine näheren Angaben zu anderen Verstößen des SRB gegen die Vertraulichkeit gemacht hatten. Angefochtenes Urteil (Rn. 610).


    40      Angefochtenes Urteil (Rn. 612).


    41      Ebd. (Rn. 613).


    42      Ebd. (Rn. 614).


    43      Urteil vom 2. September 2010, Kommission/Deutsche Post (C‑399/08 P, EU:C:2010:481, Rn. 63); Urteil vom 29. Oktober 2015, Kommission/ANKO  (C‑78/14 P, EU:C:2015:732, Rn. 54).


    44      Urteil vom 10. November 2022, Kommission/Valencia Club de Fútbol (C‑211/20 P, EU:C:2022:862, Rn. 55).


    45      Angefochtenes Urteil (Rn. 655), unter Bezugnahme auf das Urteil vom 11. Juli 2019, BP/FRA (T‑838/16, EU:T:2019:494, Rn. 217 und die dort angeführte Rechtsprechung)


    46      „Die Bewertung ist integraler Bestandteil der Entscheidung über die Anwendung eines Abwicklungsinstruments oder die Ausübung einer Abwicklungsbefugnis bzw. die Entscheidung über die Ausübung der Befugnis zur Abschreibung oder Umwandlung von Kapitalinstrumenten. Gegen die Bewertung selbst kann kein gesondertes Rechtsmittel eingelegt werden, aber gegen sie kann zusammen mit dem Beschluss des [SRB] ein Rechtsmittel eingelegt werden.“


    47      Angefochtenes Urteil (Rn. 680 bis 682).


    48      Angefochtenes Urteil (Rn. 685, 689 und 697).

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