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Document 62000CC0244

    Schlussanträge der Generalanwältin Stix-Hackl vom 18. Juni 2002.
    Van Doren + Q. GmbH gegen Lifestyle sports + sportswear Handelsgesellschaft mbH und Michael Orth.
    Ersuchen um Vorabentscheidung: Bundesgerichtshof - Deutschland.
    Marken - Richtlinie 89/104/EWG - Artikel 7 Absatz 1 - Erschöpfung des Rechts aus der Marke - Beweis - Ort des ersten Inverkehrbringens von Waren durch den Markeninhaber selbst oder mit seiner Zustimmung - Zustimmung des Markeninhabers zum Inverkehrbringen im EWR.
    Rechtssache C-244/00.

    Sammlung der Rechtsprechung 2003 I-03051

    ECLI identifier: ECLI:EU:C:2002:381

    62000C0244

    Schlussanträge der Generalanwältin Stix-Hackl vom 18. Juni 2002. - Van Doren + Q. GmbH gegen Lifestyle sports + sportswear Handelsgesellschaft mbH und Michael Orth. - Ersuchen um Vorabentscheidung: Bundesgerichtshof - Deutschland. - Marken - Richtlinie 89/104/EWG - Artikel 7 Absatz 1 - Erschöpfung des Rechts aus der Marke - Beweis - Ort des ersten Inverkehrbringens von Waren durch den Markeninhaber selbst oder mit seiner Zustimmung - Zustimmung des Markeninhabers zum Inverkehrbringen im EWR. - Rechtssache C-244/00.

    Sammlung der Rechtsprechung 2003 Seite I-03051


    Schlußanträge des Generalanwalts


    I - Einleitung

    1. Die Erschöpfung von Rechten des geistigen Eigentums - hier von Rechten aus der Marke - hindert den Inhaber der Rechte daran, sich dem weiteren Vertrieb von Markenwaren zu widersetzen, soferne diese durch ihn oder mit seiner Zustimmung in den Verkehr gebracht worden sind. Die Richtlinie 89/104/EWG (in der Folge: die Richtlinie) sieht die gemeinschaftsweite - nun die EWR-weite - Erschöpfung der Rechte aus der Marke in ihrem Artikel 7 Absatz 1 vor. Die Auslegung dieser Vorschrift war bekanntlich bereits Gegenstand mehrerer Urteile des Gerichtshofes, welche die Harmonisierung der nationalen Rechtsvorschriften insbesondere in diesem Punkt klargestellt haben.

    2. In der vorliegenden Rechtssache ist der Gerichtshof aufgerufen, eine durch die Richtlinie nicht unmittelbar erfasste - aber ihr nahe stehende - Problematik, nämlich die der Beweislastverteilung im nationalen Recht anlässlich eines Parallelimports zu behandeln. Das vorlegende Gericht - der deutsche Bundesgerichtshof - fragt im Wesentlichen, ob es mit den Artikeln 28 EG und 30 EG zu vereinbaren ist, dass eine nationale Beweisregel dem im Rahmen einer Markenverletzungsklage Inanspruchgenommenen den Nachweis der Erschöpfungsvoraussetzungen - nämlich das Inverkehrbringen der Waren im EWR durch den Markeninhaber oder mit seiner Zustimmung - auferlegt.

    3. Im Ausgangsfall ist unbestritten, dass der wegen Verletzung der Rechte aus der Marke Beklagte Originalwaren vertreibt. Unklar ist, an welchem Ort diese Waren in den Verkehr gebracht worden sind. Insoferne unterscheidet sich der Ausgangsfall vom Sachverhalt in den Rechtssachen Davidoff u. a., wo der Ort des ersten Inverkehrbringens - außerhalb des EWR - feststand.

    4. In einem System der räumlich eingeschränkten Erschöpfung - nämlich der EWR-weiten Erschöpfung - kommt aber dem Ort des ersten Inverkehrbringens der mit der Marke versehenen Ware eine besondere Bedeutung zu. Wenn nämlich unbestritten ist, dass diese Ware durch den Markeninhaber oder mit seiner Zustimmung in den Verkehr gebracht wurde, hängt die Erschöpfung der Rechte aus der Marke von der Zustimmung des Markeninhabers zum Inverkehrbringen in den EWR ab. In einer solchen Konstellation stellt sich die Frage der Erschöpfung aber denknotwendig nur dann, wenn die betreffenden Waren erstmals außerhalb des EWR in den Verkehr gebracht worden sind.

    5. Der Ort des ersten Inverkehrbringens ist damit insoferne entscheidend als, wenn die Waren durch den Markeninhaber oder mit seiner Zustimmung im EWR in den Verkehr gebracht worden sind, die Rechte aus der Marke bereits hiedurch in Anwendung des Artikels 7 Absatz 1 der Richtlinie als erschöpft anzusehen sind, während im Falle eines Inverkehrbringens außerhalb des EWR die Erschöpfung zusätzlich von der Zustimmung des Markeninhabers zum Vertrieb im EWR abhängt.

    II - Rechtlicher Rahmen

    A - Gemeinschaftsrecht

    6. Artikel 5 der Richtlinie lautet auszugsweise:

    Rechte aus der Marke

    (1) Die eingetragene Marke gewährt ihrem Inhaber ein ausschließliches Recht. Dieses Recht gestattet es dem Inhaber, Dritten zu verbieten, ohne seine Zustimmung im geschäftlichen Verkehr

    a) ein mit der Marke identisches Zeichen für Waren oder Dienstleistungen zu benutzen, die mit denjenigen identisch sind, für die sie eingetragen ist;

    ...

    (3) Sind die Voraussetzungen der Absätze 1 und 2 erfuellt, so kann insbesondere verboten werden:

    ...

    b) unter dem Zeichen Waren anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu den genannten Zwecken zu besitzen oder unter dem Zeichen Dienstleistungen anzubieten oder zu erbringen;

    c) Waren unter dem Zeichen einzuführen oder auszuführen;

    ..."

    7. Artikel 7 der Richtlinie trägt die Überschrift Erschöpfung des Rechts aus der Marke". Dessen Absatz 1 bestimmt:

    Die Marke gewährt ihrem Inhaber nicht das Recht, einem Dritten zu verbieten, die Marke für Waren zu benutzen, die unter dieser Marke von ihm oder mit seiner Zustimmung in der Gemeinschaft in den Verkehr gebracht worden sind."

    8. Gemäß Artikel 65 Absatz 2 in Verbindung mit Anhang XVII Nummer 4 des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum wurde Artikel 7 Absatz 1 der Richtlinie für die Zwecke des Abkommens geändert, indem die Worte in der Gemeinschaft" durch in einem Vertragsstaat" ersetzt wurden.

    B - Nationales Recht

    9. Artikel 5 Absätze 1 und 3 der Richtlinie wurde durch § 14 Absätze 1 bis 3 des Gesetzes über den Schutz von Marken und sonstigen Kennzeichen vom 25. Oktober 1994 (in der Folge: MarkenG), Artikel 7 Absatz 1 der Richtlinie durch § 24 Absatz 1 MarkenG in das deutsche Recht umgesetzt.

    10. § 14 MarkenG bestimmt auszugsweise:

    (1) Der Erwerb des Markenschutzes nach § 4 gewährt dem Inhaber der Marke ein ausschließliches Recht.

    (2) Dritten ist es untersagt, ohne Zustimmung des Inhabers der Marke im geschäftlichen Verkehr

    1. ein mit der Marke identisches Zeichen für Waren oder Dienstleistungen zu benutzen, die mit denjenigen identisch sind, für die sie Schutz genießt,

    ...

    (3) Sind die Voraussetzungen des Absatzes 2 erfuellt, so ist es insbesondere untersagt,

    1. das Zeichen auf Waren oder ihrer Aufmachung oder Verpackung anzubringen,

    2. unter dem Zeichen Waren anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu den genannten Zwecken zu besitzen,

    3. unter dem Zeichen Dienstleistungen anzubieten oder zu erbringen, unter dem Zeichen Waren einzuführen oder auszuführen,

    4. das Zeichen in Geschäftspapieren oder in der Werbung zu benutzen.

    ..."

    11. § 24 Absatz 1 MarkenG sieht vor:

    Der Inhaber einer Marke oder einer geschäftlichen Bezeichnung hat nicht das Recht, einem Dritten zu untersagen, die Marke oder die geschäftliche Bezeichnung für Waren zu benutzen, die unter dieser Marke oder dieser geschäftlichen Bezeichnung von ihm oder mit seiner Zustimmung im Inland, in einem der übrigen Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder in einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum in den Verkehr gebracht worden sind."

    III - Sachverhalt

    12. Die STUSSY Inc. in Irvine (Kalifornien) ist Inhaberin des Wort-/Bildzeichens Stüssy", eingetragen für Bekleidungsstücke, insbesondere Hemden, Shorts, Badeanzüge, T-Shirts, Trainingsanzüge, Westen und Hosen. Die mit dieser Marke versehenen Waren werden weltweit vertrieben. Sie tragen kein besonderes Kennzeichen, anhand dessen man sie einem bestimmten Vertriebsgebiet zuordnen könnte.

    13. Die van Doren + Q. GmbH (in der Folge: Klägerin) in Köln, Groß- und Einzelhändlerin für Bekleidung, ist nach dem Händlervertrag vom 1. Mai 1995 Inhaberin der ausschließlichen Vertriebsrechte für Waren der STUSSY Inc. in Deutschland. Die STUSSY Inc. ermächtigte die Klägerin dazu, Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche gegen Dritte wegen Verletzung der Marke im eigenen Namen gerichtlich geltend zu machen.

    14. Nach dem Vortrag der Klägerin gibt es in allen Ländern des EWR jeweils nur einen Alleinvertriebsberechtigten (Generalimporteur) für Stüssy"-Artikel, der vertraglich verpflichtet ist, die Ware nicht an Zwischenhändler zum Weitervertrieb außerhalb seines jeweiligen Vertragsgebiets abzugeben.

    15. Die lifestyle + sportswear Handelsgesellschaft mbH - Geschäftsführer: Michael Orth - (in der Folge gemeinsam: die Beklagten), bringt Stüssy"-Artikel in Deutschland auf den Markt, die sie nicht von der Klägerin bezogen hat.

    16. Die Klägerin erhob gegen die Beklagten Klage bei den deutschen Gerichten. Sie nahm die Beklagten auf Unterlassung, auf Auskunftserteilung betreffend Handlungen seit dem 1. Jänner 1995 sowie auf Feststellung der Schadensersatzverpflichtung seit dem 1. Jänner 1995 in Anspruch. Sie behauptete, bei den von der Erstbeklagten vertriebenen Artikeln handle es sich um ursprünglich in den USA in Verkehr gebrachte Ware, deren Vertrieb in Deutschland oder in einem anderen EU-Mitgliedstaat die Markeninhaberin nicht zugestimmt habe.

    17. Die Beklagten traten dem entgegen und machten geltend, die Rechte aus der Marke seien für die in Frage stehenden Waren erschöpft. Die Beklagten hätten die Waren im EWR bezogen, wo sie von der Markeninhaberin bzw. mit deren Zustimmung in den Verkehr gebracht worden seien. Das im Wege eines Testkaufs im Oktober 1996 von der Erstbeklagten erworbene Bekleidungsstück habe diese im EWR von einem Zwischenhändler bezogen, von dem die Beklagten annähmen, dass er es von einem Vertragshändler erworben habe.

    18. Zur Benennung von Lieferanten seien sie, die Beklagten, nicht verpflichtet, jedenfalls so lange nicht, als die Klägerin nicht die Lückenlosigkeit des behaupteten Vertriebssystems beweise.

    19. Das erstinstanzliche Gericht hat den Klageanträgen weitgehend entsprochen.

    20. Die von den Beklagten eingelegte Berufung führte zur Klageabweisung. Das Berufungsgericht führte aus, dass die Klägerin Umstände hätte vortragen müssen, die eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür begründet hätten, dass die in Frage stehenden Waren aus Importen stammten, die ohne die Zustimmung des Markeninhabers im EWR in Verkehr gebracht worden seien.

    21. Die Klägerin legte beim Bundesgerichtshof Revision ein.

    22. Der Bundesgerichtshof meint, dass die Entscheidung über den Rechtsstreit von der Auslegung der Artikel 28 EG und 30 EG abhänge, und hat daher mit Beschluss vom 11. Mai 2000 das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:

    Sind die Artikel 28 EG und 30 EG dahin auszulegen, dass sie die Anwendung nationaler Rechtsvorschriften erlauben, nach denen ein wegen des Vertriebes von Originalware aus einer Marke in Anspruch genommener Verletzer, der sich auf die Erschöpfung des Markenrechts im Sinne von Artikel 7 der Ersten Richtlinie des Rates 89/104/EWG zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken vom 21. Dezember 1988 beruft, darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen hat, dass die von ihm vertriebene Ware zuvor erstmals bereits vom Markeninhaber selbst oder mit seiner Zustimmung im Europäischen Wirtschaftsraum in den Verkehr gebracht worden ist?

    23. Der Bundesgerichtshof (in der Folge auch: BGH) verweist auf das Silhouette- und das Sebago-Urteil des Gerichtshofes, wonach eine Erschöpfung des Rechts aus der Marke im Sinne von Artikel 7 Absatz 1 der Richtlinie in der durch das EWR-Abkommen geänderten Fassung vorliege, wenn die Waren im EWR unter dieser Marke vom Inhaber der Marke oder mit dessen Zustimmung in den Verkehr gebracht worden seien, nicht aber, wenn das erste Inverkehrbringen außerhalb des EWR erfolgt sei.

    24. Die tatsächlichen Voraussetzungen der Erschöpfung des Markenrechts, bei der es sich um eine auf § 24 Absatz 1 MarkenG gestützte Einwendung handle, müssten gemäß den allgemeinen Grundsätzen, dass jede Prozesspartei die Voraussetzungen der für sie günstigen Rechtsnorm beweisen müsse, grundsätzlich von den Beklagten bewiesen werden.

    25. Eine Umkehrung der sich aus den allgemeinen Grundsätzen ergebenden Beweislast wäre im Markenrecht systemfremd, weil damit ohne durchgreifenden Grund das Deliktschema verlassen würde; sodass daher nicht der Verletzte die Rechtswidrigkeit, sondern regelmäßig der in Anspruch genommene Verletzer das Fehlen der Rechtswidrigkeit darzulegen habe. Außerdem würde eine Beweislastumkehr auch das ausschließliche Recht des Markeninhabers gegenüber dem Interesse des Verletzers an einem ungehinderten Vertrieb von Originalware unangemessen beeinträchtigen. Damit würde auch die EWR-weite Erschöpfung in ihrer Wirkung in einem Umfang eingeschränkt, die sie nahezu obsolet machen könnte, obwohl der vermutete Markenrechtsverletzer den Ursprung der Ware leicht darlegen könnte.

    26. Das vorlegende Gericht erklärt weiters, dass es nach § 14 Absatz 2 MarkenG Dritten untersagt sei, die Marke ohne Zustimmung des Inhabers" der Marke zu benutzen. Nach Ansicht des vorlegenden Gerichts müsse der Markeninhaber hier zwar das Vorliegen der Voraussetzungen einer Benutzung" im Sinne dieser Vorschrift nachweisen, aber eine etwaige Zustimmung des Markeninhabers müsse der Beklagte beweisen, sofern er dies geltend machen wolle.

    27. Der Bundesgerichtshof geht dabei auf die vom Berufungsgericht vertretene Auffassung ein, wonach der angegriffene Verletzer zwar grundsätzlich die Beweislast trage, jedoch mit der Maßgabe, dass der klagende Markeninhaber jedenfalls zur Zustimmungslage" im Sinne von § 14 Absatz 2 MarkenG vortragen und eine gewisse Wahrscheinlichkeit nachweisen müsse. Nach Ansicht des Bundesgerichtshofs habe das Berufungsgericht dabei zu Unrecht die Zustimmung des Markeninhabers im Sinne von § 14 Absatz 2 MarkenG - bei der es sich um eine rechtsgeschäftliche Verfügung handle - mit der Zustimmung zum erstmaligen Inverkehrbringen nach § 24 Absatz 1 MarkenG gleichgesetzt. Das Inverkehrbringen gemäß der letztgenannten Vorschrift oder die Zustimmung des Inhabers der Marke zu diesem Inverkehrbringen bewirke, dass die gesetzlich vorgesehene, jeder rechtsgeschäftlichen Verfügung des Markeninhabers entzogene Erschöpfung eintrete. Eine auch nur teilweise Übereinstimmung der Tatbestandsvoraussetzungen von § 14 Absatz 2 und § 24 Absatz 1 MarkenG sei demnach nicht gegeben, sodass nach Meinung des Bundesgerichtshofs für den Markeninhaber kein Anlass gegeben sein könne, zur Zustimmungslage" vorzutragen.

    28. Indessen berge nach Dafürhalten des Bundesgerichtshofs die Belastung des vom Markeninhaber Verklagten mit der Beweislast die Gefahr, dass dem mit dem Hersteller nicht verbundenen Händler der Vertrieb von Markenware auch in den Fällen untersagt werden könnte, in denen die Ware mit Zustimmung des Berechtigten innerhalb des EWR in Verkehr gebracht worden sei, und zwar vor folgendem Hintergrund: Ein Händler werde im Allgemeinen jedenfalls ohne weiteres darlegen können, von wem er die Ware erworben habe. Er habe aber keine Handhabe, seinen Lieferanten dazu zu bewegen, ihm den Vorlieferanten zu nennen bzw. weitere Glieder in einer Absatzkette zu ermitteln. Doch auch wenn es ihm möglich wäre, den Absatzweg bis zum Markeninhaber zurückzuverfolgen und sogar darzulegen, dass die Ware mit Zustimmung des Berechtigten im EWR in Verkehr gebracht worden sei, könnte gerade damit seine Bezugsquelle für die Zukunft versiegen.

    29. Unter diesen Umständen bestehe nämlich die Gefahr, dass der Markeninhaber die Marke dazu verwende, die nationalen Märkte voneinander abzuschotten.

    30. Es stelle sich daher die Frage, ob nicht Artikel 28 EG gebiete, eine Ausnahme von der allgemeinen Regel zu machen, dass den Beklagten die uneingeschränkte Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich der tatsächlichen Voraussetzung der Erschöpfung des Rechts aus der Marke treffe. Eine Lösung könnte nach Ansicht des Bundesgerichtshofs etwa darin liegen, dass eine Belastung des Beklagten mit der Darlegungs- und Beweislast davon abhängig gemacht würde, dass zunächst der Hersteller die ihm zumutbaren Möglichkeiten genutzt hätte, um die von ihm oder mit seiner Zustimmung innerhalb des EWR in Verkehr gebrachte Ware von der außerhalb des EWR in Verkehr gebrachten Ware zu unterscheiden. So lange davon auszugehen sei, dass der Markeninhaber so verfahre, sei der beklagte Händler verpflichtet, die Voraussetzungen der Erschöpfung zu beweisen, wenn die Ware dem ersten Anschein nach nur außerhalb des EWR in Verkehr hätte gebracht werden können.

    IV - Rechtliche Würdigung

    31. Vorausschicken möchte ich, dass die vorliegende Rechtssache keinen Anlass bieten soll, die räumliche Geltung des Erschöpfungsgrundsatzes - nämlich die EWR-weite Erschöpfung - in Frage zu stellen. Zunächst wird auf die vom vorlegenden Gericht angeführte materiell-rechtliche Begründung für seine Schlussfolgerungen betreffend die Anforderungen an die Beweisführung einzugehen sein. Unter diesen Voraussetzungen soll dann die sich aus dem Gemeinschaftsrecht möglicherweise ergebende Schranke für die nationale Regelungskompetenz im Hinblick auf Beweisfragen untersucht werden.

    A - Zur Prämisse der EWR-weiten Erschöpfung

    32. Ich habe eingangs bereits darauf hingewiesen, dass es in einem System der räumlich beschränkten - hier der EWR-weiten - Erschöpfung entscheidend darauf ankommt, wo die mit der Marke versehenen Waren erstmals in den Verkehr gebracht worden sind, wenn nicht bestritten wird, dass diese Waren dort durch den Markeninhaber oder mit seiner Zustimmung in den Verkehr gebracht worden sind.

    33. Die Ermittlung des Ortes des ersten Inverkehrbringens - und die damit einhergehende Beweisproblematik - setzt also eine räumlich beschränkte Erschöpfung voraus.

    B - Zur materiell-rechtlichen Begründung der in Rede stehenden Beweislastverteilung

    1. Erklärungen der Beteiligten

    34. Die Kommission, die deutsche Regierung und die französische Regierung erklären, dass es den Mitgliedstaaten zukommt, Beweisschwierigkeiten verfahrensrechtlich durch eigene Regeln zu lösen.

    35. Nach Ansicht der deutschen Regierung findet die Anwendung dieser nationalen Regeln in den vom Gerichtshof für das Verwaltungsverfahrensrecht entwickelten Vorgaben, d. h. dem Diskriminierungsverbot und dem Effizienzgebot, ihre Schranken.

    36. Die französische Regierung betont, dass die Richtlinie keine Beantwortung der Frage erlaube, wer die Erschöpfung zu beweisen habe. In ihrem zehnten Erwägungsgrund heiße es allerdings, dass Bestimmungen über die Art und Weise der Feststellung der Verwechslungsgefahr [im Sinne von Artikel 5 Absatz 1 der Richtlinie], insbesondere über die Beweislast, Sache nationaler Verfahrensregeln [seien], die von der Richtlinie nicht berührt [würden]". Diese Verweisung auf die nationalen Verfahrensregeln gelte auch dann, wenn es um die Feststellung der Erschöpfung der durch die Marke verliehenen Rechte gemäß Artikel 7 Absatz 1 der Richtlinie gehe.

    37. Die französische Regierung bezieht sich ebenfalls auf die Schranken der Verfahrensautonomie der Mitgliedstaaten. Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofes sei es, wenn es an einer einschlägigen gemeinschaftsrechtlichen Regelung fehle, Sache der Mitgliedstaaten, in ihrem Recht die Modalitäten für gerichtliche Verfahren zu regeln, die den Schutz der Rechte gewährleisten sollten, die die Bürger aus der unmittelbaren Wirkung des Gemeinschaftsrechts ableiteten; dabei seien das Diskriminierungsverbot und das Effizienzgebot zu beachten.

    38. Die Kommission geht ebenfalls von der Verfahrensautonomie der Mitgliedstaaten aus, weil Artikel 7 der Richtlinie keine ausdrückliche Regelung der Beweisverteilung vorsieht.

    39. Die Kommission äußert sich ferner zum Verhältnis zwischen der Zustimmung" im Sinne von Artikel 5 Absatz 1 und der Zustimmung" im Sinne von Artikel 7 Absatz 1 der Richtlinie und schließt sich der Meinung des vorlegenden Gerichts an, wonach die zwei Begriffe nicht deckungsgleich seien. Bei dem Ersteren handle es sich um eine persönliche Verfügung des Markeninhabers über sein Markenrecht, in dessen Rahmen der Inhaber der Marke im Zuge des Verfahrens verpflichtet sei, das Fehlen einer rechtsgeschäftlichen Verfügung darzulegen und zu beweisen. Der Zweite sei ein auferlegter, rechtlich konstruierter Konsens, der direkt die gesetzlich vorgesehenen Konsequenzen der Erschöpfung nach sich ziehe, die jeder rechtsgeschäftlichen Verfügung des Markeninhabers entzogen seien. Zur Auslegung von Artikel 7 Absatz 1 der Richtlinie könne man sich daher auf nichts stützen, was zur Auslegung von Artikel 5 Absatz 1 der Richtlinie diene.

    2. Rechtliche Würdigung

    40. Einigkeit besteht darüber, dass Artikel 7 Absatz 1 der Richtlinie die Beweislastverteilung an sich nicht erfasst. Der von der französischen Regierung ins Feld geführte zehnte Erwägungsgrund der Richtlinie betrifft nach seinem Wortlaut zwar nur die Verwechslungsgefahr, enthält aber gleichwohl den Hinweis, dass die Richtlinie nationale Verfahrensregeln grundsätzlich unberührt lassen soll. Ausgehend von dieser Erkenntnis halte ich es nur für folgerichtig, von einer Verfahrensautonomie der Mitgliedstaaten dahin gehend auszugehen, dass die Mitgliedstaaten etwaige mit der Zustimmung des Markeninhabers gemäß Artikel 7 Absatz 1 der Richtlinie im Zusammenhang stehende Beweisschwierigkeiten innerstaatlich durch eigene Grundsätze zur Beweislastverteilung zu lösen haben.

    41. Die Nähe derartiger Grundsätze zum - von der Richtlinie harmonisierten - materiellen Recht der Mitgliedstaaten ist gleichwohl unverkennbar. Auch auf der Ebene des Gemeinschaftsrechts ist der Übergang vom materiellen Recht zum Beweis- und damit zum Verfahrensrecht fließend. Dies wird insbesondere im Davidoff-Urteil deutlich, wo der Gerichtshof selbst offenbar eine Beweisregel aufgestellt hat, wonach es ... dem Wirtschaftsteilnehmer, der sich auf das Vorliegen einer Zustimmung beruft, [obliegt,] den Beweis dafür zu erbringen, und nicht dem Markeninhaber, die fehlende Zustimmung nachzuweisen".

    42. Auch das vorlegende Gericht, insoweit durch die Kommission unterstützt, legt der von ihm ausgesprochenen Beweisregel ein gewisses Verständnis des materiellen Rechts zugrunde. Der Bundesgerichtshof legt seiner Überlegung nämlich zugrunde, dass die Erschöpfung nach Artikel 7 Absatz 1 der Richtlinie und - auf nationaler Ebene - § 24 Absatz 1 MarkenG eine Einwendung des in Anspruch genommenen Verletzers darstellt. Bevor ich auf die Vorlagefrage eingehe, sehe ich mich daher veranlasst, auf das dieser Beweisregel zugrunde gelegte Verständnis des materiellen Rechts einzugehen.

    43. Es ist zunächst anzumerken, dass der Bundesgerichtshof in seinem Vorlagebeschluss zum ersten Mal Stellung zum umstrittenen Verhältnis zwischen § 14 und § 24 Absatz 1 MarkenG bzw. damit auch zwischen Artikel 5 Absatz 1 und Artikel 7 Absatz 1 der Richtlinie nimmt. Fraglich war bis dahin, ob im Rahmen einer Klage nach nationalem Recht wegen Markenverletzung die Zustimmung des Markeninhabers zum Vertrieb im EWR ein negatives Tatbestandsmerkmal entsprechend der Formulierung ohne Zustimmung" in Artikel 5 Absatz 1 der Richtlinie darstellt, oder eine Einwendung des Beklagten als Anwendungsvoraussetzung des Artikels 7 Absatz 1 der Richtlinie. Ausgehend vom - nationalen - Grundsatz, wonach jeder die Voraussetzungen der für ihn günstigen Norm nachzuweisen hat, führt die erste Ansicht zu einer Darlegungs- und Beweispflicht des Markeninhabers, während die letztere Ansicht zu einer Darlegungs- und Beweispflicht des angeblichen Verletzers führt. Der Bundesgerichtshof hat sich offenbar im Vorlagebeschluss für letztere Ansicht entschieden.

    44. Festzuhalten ist daher, dass die Beweislastverteilung nach nationalem Recht von der Auslegung des materiellen Rechts abhängig ist. Da aber die Artikel 5 bis 7 der Richtlinie dahin auszulegen [sind], dass sie eine umfassende Harmonisierung der Vorschriften über die Rechte aus der Marke enthalten" und die Richtlinie nicht dahin verstanden werden [kann], dass sie den Mitgliedstaaten die Möglichkeit belässt, in ihrem innerstaatlichen Recht die Erschöpfung der Rechte aus der Marke für in dritten Ländern in den Verkehr gebrachte Waren vorzusehen", hängt die nationale Beweislastverteilung letztlich von der Auslegung der Artikel 5 und 7 der Richtlinie ab.

    45. Vor diesem Hintergrund ist bemerkenswert, dass der Bundesgerichtshof darauf verzichtet hat, den Gerichtshof betreffend das Verhältnis zwischen den Artikeln 5 und 7 der Richtlinie anzurufen. Diese Haltung birgt ein unübersehbares Risiko nationaler Alleingänge bei der Auslegung der Richtlinie, wie dies bereits durch eine vom Bundesgerichtshof zitierte, diametral entgegengesetzte Entscheidung des österreichischen Obersten Gerichtshofes, wonach im Rahmen einer Klage wegen Markenverletzung das Zustimmungserfordernis als negatives Tatbestandsmerkmal im Sinne von Artikel 5 der Richtlinie zu qualifizieren ist, deutlich wird.

    46. Die vom Bundesgerichtshof ausgemachte Konfliktsituation zwischen gemeinschaftsrechtlicher Warenverkehrsfreiheit und nationaler Verteilung der Beweislast - worüber der Gerichtshof nun zu befinden hat - geht also letztlich auf eine Auslegung nationaler Rechtsvorschriften zur Umsetzung der Richtlinie zurück. Nach dieser Auslegung ist es Sache des Beklagten, die Voraussetzungen der durch Artikel 7 der Richtlinie vorgesehenen Erschöpfung - insbesondere die Zustimmungslage - nachzuweisen; der Kläger hat hingegen nicht nachzuweisen, dass seine Marke ohne seine Zustimmung benutzt wird.

    47. Obwohl also die Frage des Bundesgerichtshofs allein auf die Vereinbarkeit der durch das nationale Recht gegebenen Beweislastverteilung mit dem Primärrecht gerichtet ist, erscheint es vor diesem Hintergrund zweckmäßig, auf die Systematik der Richtlinie kurz einzugehen.

    48. Für eine Deutung des Artikels 7 Absatz 1 der Richtlinie als Einwendung des Beklagten - und damit als eine für ihn günstige Norm - entsprechend der Ansicht des Bundesgerichtshofs, sprechen zunächst systematische Gründe. In einem Prozess wegen Markenverletzung ist es der angebliche Verletzer, der sich auf die Erschöpfung als Einwendung beruft. Für diese Ansicht sprechen auch die Ausführungen im Davidoff-Urteil, wonach Artikel 5 und Artikel 7 Absatz 1 in einem Regel-Ausnahme-Verhältnis stehen sollen: Artikel 5 der Richtlinie gewährt dem Markeninhaber ein ausschließliches Recht, das es ihm u. a. gestattet, Dritten zu verbieten, ,ohne seine Zustimmung mit seiner Marke versehene Waren einzuführen. Artikel 7 Absatz 1 enthält eine Ausnahme von diesem Grundsatz, indem er vorsieht, dass das Recht des Inhabers erschöpft ist, wenn die Waren von ihm oder ,mit seiner Zustimmung im EWR in den Verkehr gebracht worden sind" (unsere Hervorhebung). Wenn nämlich Artikel 5 der Richtlinie eine Regel beinhaltet, wonach die Rechte des Markeninhabers u. a. das Recht umfassen, Einfuhren von Waren, die mit der entsprechenden Marke versehen wurden - außer im Falle einer Zustimmung - zu verbieten, stellt Artikel 7 der Richtlinie, der letztlich dieses Recht darauf beschränkt, den Vertrieb innerhalb des EWR ein einziges Mal steuern zu können, eine Ausnahme zum erstgenannten Grundsatz dar, welche den Beklagten klar begünstigt.

    49. Wenn auch Artikel 7 Absatz 1 der Richtlinie zweifelsohne eine Schranke der Rechte des Markeninhabers darstellt, halte ich es für nicht unproblematisch, Artikel 7 Absatz 1 der Richtlinie deshalb gemeinhin als Ausnahme zu den ausschließlichen Rechten nach Artikel 5 der Richtlinie zu betrachten. Dies wird der Ausgleichsfunktion des Erschöpfungsgrundsatzes zwischen Warenverkehrsfreiheit und Rechten des geistigen Eigentums nicht gerecht. Es ist daran zu erinnern, dass der Erschöpfungsgrundsatz durch die Rechtsprechung zum Zwecke dieses Ausgleichs entwickelt wurde, sodass die Erschöpfung - aus der hier maßgeblichen Sicht des Primärrechts - eher eine systemimmanente Schranke der Rechte des geistigen Eigentums zur Wahrung der - aus der Sicht des Gemeinschaftsrechts gleichrangigen - Warenverkehrsfreiheit darstellen dürfte.

    50. Artikel 7 Absatz 1 der Richtlinie könnte daher insoferne auch als für den Markeninhaber günstige Norm angesehen werden, als sie die Erschöpfung der Rechte aus der Marke auf das Gebiet des EWR begrenzt.

    51. Das vorlegende Gericht begründet seine Ansicht, wonach die von Artikel 5 Absatz 1 der Richtlinie erwähnte fehlende Zustimmung kein negatives Tatbestandsmerkmal darstellen kann, auch damit, dass sie sich auf die durch die Erfuellung des objektiven Tatbestands - nämlich den Gebrauch der Marke durch einen Dritten - indizierte Rechtswidrigkeit bezieht. Auch dieses Argument erscheint erörterungswürdig. Wenn sich Originalwaren im EWR im Verkehr befinden, resultiert nämlich die Widerrechtlichkeit der Benutzungshandlung im Lichte des durch den Erschöpfungsgrundsatz getroffenen Ausgleichs nicht aus dem Vertrieb dieser Waren im EWR, sondern vielmehr aus dem Überschreiten der EWR-Außengrenzen ohne die Zustimmung des Markeninhabers. Ein solches Argument liefe auf eine Vermutung der Rechtswidrigkeit hinaus, die ich angesichts des primärrechtlich gebotenen Ausgleichs zwischen der Warenverkehrsfreiheit und den Rechten des geistigen Eigentums ebenfalls für nicht unproblematisch halte.

    52. Angesichts der so gesehen zumindest erörterungswürdigen Festlegungen im Vorlagebeschluss zeigt sich, dass das vorlegende Gericht sich wohl inzident über das Verhältnis zwischen den Artikeln 5 und 7 der Richtlinie geäußert hat, indem es die Beweislastverteilung nach nationalen Grundsätzen auf ein bestimmtes Verständnis der materiell-rechtlichen Umsetzungsvorschriften des deutschen Rechts gestützt hat.

    53. In Anbetracht der grundsätzlichen Verfahrensautonomie der Mitgliedstaaten bleibt es diesen - vorbehaltlich der sich aus dem Gemeinschaftsrecht ergebenden Schranken - unbenommen, eigene Grundsätze zur Verteilung der Beweislast anzuwenden. Die vorangegangenen Bemerkungen zur Deutung des entsprechenden materiellen Gemeinschaftsrechts durch den Bundesgerichtshof stellen daher die grundsätzliche Zweckmäßigkeit einer Antwort des Gerichtshofes nicht in Frage; sie sollen vielmehr dem Gerichtshof lediglich dazu dienen, diese Deutung entsprechend unseren Bedenken gegebenenfalls nicht zu übernehmen.

    C - Zum Prüfungsmaßstab

    54. Ausgehend von einer nationalen Kompetenz zur Verteilung der Beweislast über die Zustimmungslage bei Klagen wegen Markenverletzung fragt der Bundesgerichtshof im Wesentlichen nach der Vereinbarkeit einer derartigen Verteilung mit dem Primärrecht.

    1. Erklärungen der Beteiligten

    55. Die Kommission schlägt vor, die nationale Regel anhand der Richtlinie zu prüfen. Zur Begründung verweist sie auf die ständige Rechtsprechung des Gerichtshofes, wonach alle nationalen Maßnahmen, die in den Anwendungsbereich einer Richtlinie fallen, anhand dieser Richtlinie und nicht anhand der Vorschriften des freien Warenverkehrs zu beurteilen seien. Gleichzeitig weist sie darauf hin, dass die Richtlinie, wie allgemein das abgeleitete Recht, im Lichte der Vertragsbestimmungen über den freien Warenverkehr, insbesondere des Artikels 30 EG, auszulegen sei. Im Übrigen dienten Artikel 7 der Richtlinie und Artikel 30 EG demselben Zweck und seien daher gleich auszulegen.

    56. Dieser Meinung hat sich die französische Regierung in der mündlichen Verhandlung offenbar angeschlossen. Die französische Regierung verweist insoferne auf das Davidoff-Urteil, das eine begrenzte Ausnahme zum Grundsatz der Verfahrensautonomie der Mitgliedstaaten gemacht hätte und in seiner Randnummer 54 einen Beweislastverteilungsgrundsatz aufgestellt hätte. Dies sei angesichts des besonders engen Zusammenhangs zwischen der verfahrensrechtlichen Frage der Beweislastverteilung und der materiell-rechtlichen Frage der Zustimmungsart im Einzelfall gerechtfertigt. Es sei daher anzunehmen, dass die Beweislastverteilung durch Artikel 7 Absatz 1 der Markenrichtlinie erfasst ist.

    2. Rechtliche Würdigung

    57. Ich habe bereits dargelegt, dass auch ich von einer entsprechenden Verfahrensautonomie der Mitgliedstaaten ausgehe.

    58. Die Anerkennung einer Verfahrensautonomie der Mitgliedstaaten bezüglich der Beweislastverteilung könnte aber die Richtlinie als Prüfungsmaßstab ausschließen. Wenn nämlich die Mitgliedstaaten über eine entsprechende Regelungskompetenz verfügen, fehlt es an nationalen Maßnahmen, die in den Anwendungsbereich einer Richtlinie" im Sinne der von der Kommission zitierten Rechtsprechung fallen.

    59. Fraglich ist jedoch, ob das Davidoff-Urteil, wie von der französischen Regierung dargelegt, dahin gehend zu verstehen ist, dass der Gerichtshof eine begrenzte Ausnahme vom Grundsatz der Verfahrensautonomie der Mitgliedstaaten zugelassen hat, in dem er in Randnummer 54 einen gemeinschaftsrechtlichen Beweislastverteilungsgrundsatz aufgestellt hat.

    60. Dafür könnte sprechen, dass unterschiedliche nationale Beweislastverteilungsregeln - wie etwa in den Entscheidungen des deutschen Bundesgerichtshofs und des österreichischen Obersten Gerichtshofes - den Umfang des sich aus den durch die Richtlinie gewährten Rechten ergebenden Schutzes unmittelbar tangieren. Wenn nämlich eine Regel den Nachweis der Erschöpfung im Vergleich zu einer anderen Regel erschwert, gestaltet sich der sich aus der Richtlinie ergebende Schutz des Rechts aus der Marke unterschiedlich, weil seine Durchsetzung unterschiedlichen Anforderungen unterliegt. Die Notwendigkeit eines einheitlichen Schutzumfangs stand aber im Mittelpunkt der materiell-rechtlichen Erwägungen des Gerichtshofes sowohl im Silhouette-Urteil als auch im Davidoff-Urteil.

    61. Dagegen könnte sprechen, dass die Randnummer 54 nicht zu den tragenden Gründen des Davidoff-Urteils zählt. Nachdem der Gerichtshof in Randnummer 53 festhält, dass eine konkludente Zustimmung des Markeninhabers zwar nicht ausgeschlossen ist, aber mit Bestimmtheit" erkennbar sein muss, schließt er in Randnummer 55 daraus, dass ein bloßes Schweigen insoferne nicht ausreicht. Vor diesem Hintergrund erscheint der Hinweis auf die Beweislast in Randnummer 54 nicht erforderlich.

    62. In Randnummer 58 hält der Gerichtshof allerdings fest, dass nationale Rechtsvorschriften das - sich aus dem Gemeinschaftsrecht ergebende - Erfordernis einer positiv erteilten Zustimmung missachten würden, wenn sie das bloße Schweigen des Markeninhabers berücksichtigen" und insoweit eine Zustimmungsvermutung" aufstellen würden.

    63. Diese Aussage in Randnummer 58 enthält einen unverkennbaren Hinweis auf die Wechselwirkung zwischen Beweislastregeln und materiellem Recht. Sie muss daher dahin gehend verstanden werden, dass zu geringe Anforderungen an die Annahme einer allfälligen Zustimmung einer Zustimmungsvermutung - und damit zumindest einer Beweislastumkehr - gleichkommen würden.

    64. Dies wäre aber dem durch die Richtlinie bezweckten Schutz abträglich, da es das Erstvertriebsrecht des Markeninhabers letztlich aushöhlen würde. Randnummer 54 ist daher dahin gehend zu verstehen, dass die Beweislastverteilung den durch die Richtlinie angestrebten Schutz der Rechte des Markeninhabers nicht in Frage stellen darf.

    65. Somit bin ich nicht geneigt, die Aussage in Randnummer 54 des Davidoff-Urteils als gemeinschaftsrechtlichen Beweislastverteilungsgrundsatz zu deuten, sondern lediglich als Schranke entsprechender nationaler Regeln.

    66. Aus alledem ist zu schließen, dass die Richtlinie Beweisfragen zwar grundsätzlich nicht erfasst, dass sich Schranken im Hinblick auf nationale Beweislastverteilungsgrundsätze jedoch aus ihren Bestimmungen ergeben können. Damit sind die in Rede stehenden verfahrensrechtlichen Grundsätze anhand des Primärrechts - unter gebührender Berücksichtigung der materiell-rechtlichen Bestimmungen der Richtlinie - zu prüfen. Artikel 28 EG dient der Gewährleistung der Warenverkehrsfreiheit. Beeinträchtigungen dieser Grundfreiheit können nach Artikel 30 EG gerechtfertigt werden, insbesondere wenn sie dem Schutz des gewerblichen und kommerziellen Eigentums dienen. Vor diesem Hintergrund ist die Richtlinie als Konkretisierung des Artikels 30 EG anzusehen und, entsprechend der von der Kommission zitierten Rechtsprechung, gleich auszulegen.

    D - Die fragliche Beweislastverteilung im Lichte der Artikel 28 EG und 30 EG sowie der Artikel 5 und 7 der Richtlinie

    1. Erklärungen der Beteiligten

    67. Die Beklagten tragen vor, dass eine nationale Regelung, die einem vom Markeninhaber verklagten Wirtschaftsteilnehmer die volle Beweislast hinsichtlich der zur Erschöpfung führenden Umstände auferlege, eine Maßnahme gleicher Wirkung wie eine mengenmäßige Einfuhrbeschränkung im Sinne von Artikel 28 EG sei.

    68. Mit einer solchen Regelung könnte der Markeninhaber nämlich die nationalen Märkte abschotten, auch wenn seine Waren von ihm selbst oder mit seiner Zustimmung im EWR in den Verkehr gebracht worden wären. Das Markenrecht diene aber nicht dazu, dem Markeninhaber die Möglichkeit zu geben, die nationalen Märkte abzuschotten und dadurch die Beibehaltung der eventuellen Preisunterschiede zwischen den Mitgliedstaaten zu fördern.

    69. Die Beklagten weisen ebenso wie das vorlegende Gericht darauf hin, dass der Markeninhaber, wenn es dem Händler gelingen sollte, die Absatzkette bis zu ihm zurückzuverfolgen, jederzeit die Möglichkeit habe, den Händler vom weiteren Bezug der Ware auszuschalten, die er selbst im EWR in den Verkehr gebracht habe. Durch ein Verfahren wie das im Ausgangsverfahren solle so hauptsächlich geklärt werden, ob es Lücken im Vertriebssystem des Markeninhabers gebe.

    70. Auch die deutsche Regierung geht von einem Verstoß gegen die Warenverkehrsfreiheit im Sinne von Artikel 28 EG bei uneingeschränkter Anwendung nationaler Regeln der in Rede stehenden Art aus. Eine Beschränkung des freien Warenverkehrs ergebe sich daraus, dass der Beklagte im Rechtsstreit gegen den Markeninhaber angesichts der geschilderten Beweisschwierigkeiten unter Umständen selbst dann unterliegen könnte, wenn der Markeninhaber die Ware selbst oder durch von ihm autorisierte Dritte im EWR in den Verkehr gebracht hätte. Eine solche Beschränkung sei aber weder durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses noch durch den Schutz des gewerblichen und kommerziellen Eigentums im Sinne von Artikel 30 EG zu rechtfertigen.

    71. Die französische Regierung bezweifelt hingegen, dass die in Rede stehende Regel des nationalen Rechts eine Maßnahme mit gleicher Wirkung wie mengenmäßige Einfuhrbeschränkungen im Sinne der Rechtsprechung im Urteil Dassonville zu Artikel 28 EG darstelle. Die Ursache für die vom Vorlagegericht erwähnte Abschottung der Märkte sei eher in der Organisation der Vertriebssysteme für Markenwaren zu suchen.

    72. Nach Ansicht der französischen Regierung sei eine etwaige Beeinträchtigung des freien Warenverkehrs jedenfalls nach Maßgabe des Artikels 30 EG gerechtfertigt, da eine Beweislastumkehr die Ausübung der Markenrechte durch ihren Inhaber erheblich beeinträchtigen würde.

    73. Die Kommission spricht sich für eine Beurteilung nationaler Beweislastverteilungsregeln anhand der Richtlinie aus und unterscheidet zwei Fallgruppen. Die Anwendung des Markenrechts dürfe einerseits dem Markeninhaber nicht die Möglichkeit verschaffen, die nationalen Märkte abzuschotten und dadurch die Beibehaltung von etwaigen Preisunterschieden zwischen den Mitgliedstaaten zu begünstigen. Andererseits folge aus der Auslegung der Vorschriften zum freien Warenverkehr, dass es mit Artikel 30 EG nicht vereinbar sei, einen Parallelimporteur dazu zu verpflichten, einen Beweis mit ihm unzugänglichen Unterlagen zu führen, wenn die Verwaltung oder gegebenenfalls die Gerichte zu der Auffassung kämen, dass ein solcher Beweis mit anderen Mitteln erbracht werden könne.

    74. Das nationale Gericht habe daher bei der Anwendung einer nationalen Beweislastverteilungsregel zu prüfen, inwiefern es zu einer Marktabschottung oder zu einer Unzumutbarkeit der Beweisführung kommen könne.

    2. Rechtliche Würdigung

    75. Ausgehend vom Grundsatz der nationalen Verfahrensautonomie kommt es den Mitgliedstaaten und ihren Rechtsprechungsorganen zu, Beweisregeln in Ausübung ihrer Verfahrensautonomie aufzustellen. Dies gilt auch für Markensachen, da die Richtlinie keine diesbezüglichen verfahrensrechtlichen Bestimmungen enthält. Diese nationalen Bestimmungen unterliegen jedoch Schranken, die sich aus dem materiellen Gemeinschaftsrecht ergeben.

    a) Zu Artikel 28 EG

    76. Fraglich ist, inwiefern eine bestimmte Verteilung der Beweislast nach nationalen Grundsätzen eine Maßnahme gleicher Wirkung wie eine mengenmäßige Einfuhrbeschränkung im Sinne von Artikel 28 EG und der Dassonville-Formel darstellen kann. Sollte diese Prüfung das Risiko einer Beschränkung des freien Warenverkehrs, dessen Schutz der Erschöpfungsgrundsatz bekanntlich zum Gegenstand hat, bestätigen, so wäre zu untersuchen, inwiefern dafür eine Rechtfertigung nach Artikel 30 EG und der Richtlinie in Betracht kommt.

    77. Es herrscht Einigkeit darüber, dass eine Regelung der in Rede stehenden Art, die einem vom Markeninhaber wegen Markenverletzung verklagten Wirtschaftsteilnehmer die volle Beweislast hinsichtlich der zur Erschöpfung führenden Umstände auferlegt, diesen in ein Dilemma bringt, weil es ihn vor die Entscheidung stellt, a) entweder selbst dann zu unterliegen, wenn der Markeninhaber die mit der Marke versehene Ware selbst oder durch von ihm autorisierte Dritte im EWR in den Verkehr gebracht hat, b) oder den entsprechenden Beweis durch Benennung seines Lieferanten und eventueller Vorlieferanten anzutreten, damit aber seine Bezugsquelle preiszugeben, mit der Folge, dass der Markeninhaber hiedurch die Lücke in seinem Vertriebssystem in Erfahrung bringen und entsprechende Maßnahmen treffen kann, die den beklagten Parallelimporteur an einem weiteren Bezug hindern.

    78. Die in Rede stehende Beweislastverteilung stärkt daher die Position des Markeninhabers dahin gehend, dass er das Dilemma, vor welchem der angebliche Verletzer steht, zu seinen Gunsten ausnutzen kann, um Lücken in seinem Vertriebssystem ausfindig zu machen. Das vorlegende Gericht, die Beklagten, die deutsche Regierung und die Kommission haben zu Recht darauf hingewiesen, dass der Beklagte vor die Wahl gestellt wird, den Beweis unter - zukünftigem - Verzicht auf seine Bezugsquellen anzutreten oder aber den Prozess zu verlieren, selbst wenn die betreffenden Waren gegebenenfalls durch den Markeninhaber oder mit seiner Zustimmung im EWR in den Verkehr gebracht worden sind. Daraus ergibt sich aber eine Möglichkeit für den Markeninhaber, die nationalen Märkte auch innerhalb des EWR zwecks Beibehaltung von Preisunterschieden abzuschotten. Entsprechend der Rechtsprechung des Gerichtshofes dient das Markenrecht aber nicht dazu, dem Markeninhaber die Möglichkeit zu geben, die nationalen Märkte abzuschotten und dadurch die Beibehaltung der eventuellen Preisunterschiede zwischen den Mitgliedstaaten zu fördern".

    79. Eine nationale Regelung der in Rede stehenden Art ist also mit Artikel 28 EG dann nicht zu vereinbaren, wenn sie dem Markeninhaber die Möglichkeit verschafft, die nationalen Märkte abzuschotten und dadurch die Beibehaltung von Preisunterschieden zwischen den Mitgliedstaaten zu fördern.

    b) Zu Artikel 30 EG und zu den Artikeln 5 und 7 der Richtlinie

    80. Fraglich ist, ob eine nationale Regelung der in Rede stehenden Art, die einem vom Markeninhaber wegen Markenverletzung verklagten Wirtschaftsteilnehmer die volle Beweislast hinsichtlich der zur Erschöpfung führenden Umstände auferlegt, nach Artikel 30 EG und den einschlägigen Bestimmungen des Sekundärrechts zu rechtfertigen ist.

    81. Der von der Kommission zitierten Rechtsprechung ist jedoch zu entnehmen, dass es ... nach Artikel 36 [nunmehr Artikel 30 EG] [nicht] gerechtfertigt ist, den Parallelimporteur zu verpflichten, den Beweis mit Hilfe von ihm unzugänglichen Unterlagen zu führen, wenn die Verwaltung oder gegebenenfalls die Gerichte zu der Auffassung kommen, dass er mit anderen Mitteln erbracht werden kann".

    82. Artikel 30 EG kann daher zur Rechtfertigung einer nationalen Regelung der in Rede stehenden Art, die sich mittelbar und potenziell als Ein- und Ausfuhrbeschränkung im Sinne der Dassonville-Formel auswirken kann, nicht herangezogen werden, wenn sie vom beklagten Parallelimporteur einen unzumutbaren oder unmöglichen Beweis verlangt. Dies verkennt die französische Regierung in ihren Erklärungen.

    83. Sowohl das vorlegende Gericht als auch die deutsche Regierung und die Kommission haben auf die Beweisschwierigkeiten des Beklagten Bezug genommen. Diese bestehen im Wesentlichen darin, dass er den Beweis nur durch Benennung seiner Lieferanten - und damit, indem er letztlich seine Bezugsquellen für die Zukunft wahrscheinlich versiegen lässt - antreten kann und dass er dabei zum Nachweis von Umständen gezwungen wird, über welche er kaum Kenntnis erlangen kann. Vor allem ist es ihm in einer langen Vertriebskette wohl nur selten möglich, die Kette der Vorlieferanten vollständig zu rekonstruieren.

    84. Das Davidoff-Urteil wiederum hat klargestellt, dass es mit den Artikeln 5 und 7 der Richtlinie nicht zu vereinbaren wäre, wenn das nationale Recht eine Regel aufstellen würde, die einer Zustimmungsvermutung gleichkäme und damit letztlich der Ausübung des Erstvertriebsrechts des Markeninhabers im EWR entgegenstuende.

    85. Aus der bereits erwähnten Ausgleichsfunktion des Erschöpfungsgrundsatzes, wie Artikel 7 der Richtlinie ihn nun festhält, ergibt sich aber auch, dass eine Einschränkung des freien Warenverkehrs durch die Ausübung von Rechten des geistigen Eigentums nicht über das Maß hinausgehen darf, das für die Wahrung dieser Rechte notwendig ist - dass also eine nationale Regelung die Ausübung dieser Rechte letztlich nicht auch dann ermöglichen darf, wenn diese zur Wahrung des freien Warenverkehrs als erschöpft anzusehen sind.

    E - Zum Vorschlag des Bundesgerichtshofs einer Modifizierung der in Rede stehenden nationalen Beweislastverteilung

    1. Erklärungen der Beteiligten

    86. Insoweit übereinstimmend mit dem Vorlagebeschluss schlagen die Beklagten vor, dem Markeninhaber die Obliegenheit aufzuerlegen, seine Möglichkeiten in angemessenem Rahmen auszuschöpfen, um die von ihm selbst oder mit seiner Zustimmung im EWR in den Verkehr gebrachten Waren von denen zu unterscheiden, die außerhalb dieses Gebietes vertrieben würden. Eine derartige Obliegenheit sei für den Markeninhaber zumutbar.

    87. Auch die deutsche Regierung schließt sich diesem Vorschlag des vorlegenden Gerichts an. Der Vertreiber könne bei einer einfachen und verständlichen Kennzeichnung leichter erkennen, ob das Recht aus der Marke erschöpft sei oder nicht. Diese Lösung bringe die sich aus den Artikeln 28 EG und 30 EG ergebenden Anforderungen der Warenverkehrsfreiheit mit dem nationalen prozessualen Beweisrecht in Einklang. Die den Markeninhabern auferlegten Organisations- und Kennzeichnungspflichten seien zumutbar und angemessen, zumal sie deren eigene Rechtsverfolgung erleichterten. Die Lösung, die Beweislast zu Lasten des Markeninhabers umzukehren, sei nicht erforderlich und würde auch in vielen Fällen den Markenverletzer in ungerechtfertigter Weise bevorzugen.

    88. Die französische Regierung hingegen hat in der mündlichen Verhandlung klargestellt, dass sie den Vorschlag des vorlegenden Gerichts für ungeeignet hält. Dies käme ihrer Ansicht nach einer Umkehr der Beweislast gleich, welche jedoch dem erforderlichen Interessensausgleich durch - auf diese Art - einseitige Benachteiligung der Markeninhaber abträglich wäre.

    89. Die Kommission spricht sich zwar grundsätzlich für eine Mitwirkungspflicht des Markeninhabers aus, aber nur soweit, als es erforderlich ist, um die Gefahr einer Marktabschottung auszuräumen bzw. eine Unzumutbarkeit der Beweisführung durch den Verletzer abzuwenden.

    90. In beiden Fallgestaltungen sei es Sache des nationalen Gerichts, im Einzelfall zu entscheiden, welche Mitwirkungspflicht dem Markeninhaber aufzuerlegen sei. Die vom vorlegenden Gericht vorgeschlagene Kennzeichnung dürfte im Allgemeinen eine Möglichkeit für den Markeninhaber sein, dieser Pflicht nachzukommen.

    2. Rechtliche Würdigung

    91. Das Erfordernis einer Modifizierung nationaler Beweisregeln, wie der in Rede stehenden, ergibt sich aus ihrer Unvereinbarkeit mit den Artikeln 28 EG und 30 EG in Verbindung mit den Artikeln 5 und 7 der Richtlinie.

    92. Wie bereits angedeutet, gehe ich mit der deutschen Regierung nicht davon aus, dass das Davidoff-Urteil in seinen Randnummern 54 und 58 eine gemeinschaftliche Beweislastverteilungsregel aufgestellt hat. Der Gerichtshof hat sich meines Erachtens dort darauf beschränkt, eine sich aus dem materiellen Recht ergebende Vorgabe zu benennen, nämlich die Unzulässigkeit einer Regelung, die einer Zustimmungsvermutung gleichkäme.

    93. Der Gerichtshof hat die Zustimmung als Verzicht auf das ausschließliche Recht aus der Marke gedeutet und richtigerweise gefordert, dass der entsprechende Wille mit Bestimmtheit erkennbar zu sein hat. Dies schließt naturgemäß eine Zustimmungsvermutung aus. Wenn aber der in Anspruch genommene Parallelimporteur die Zustimmung des Markeninhabers in vollem Umfang nachzuweisen hat, ergibt sich unter den beschriebenen Umständen eine nicht zu rechtfertigende, zumindest potenzielle Beeinträchtigung des freien Warenverkehrs. Zwischen diesen beiden Polen dürfte jedoch entgegen der Ansicht der französischen Regierung Raum für eine ausgewogene Verteilung des Prozessrisikos bleiben.

    94. Eine Mitwirkungspflicht des Markeninhabers, wie sie vom Bundesgerichtshof erwogen wird, erscheint unter den gegebenen Umständen geeignet, die sich aus den Folgen der in Rede stehenden nationalen Beweisregel ergebenden Bedenken auszuräumen.

    95. Ihre nähere Ausgestaltung ist dem nationalen Recht zu überlassen, weil die sich insbesondere aus der Richtlinie ergebenden Schranken aufgrund der grundsätzlichen Verfahrensautonomie der Mitgliedstaaten den Gestaltungsspielraum der Mitgliedstaaten nicht im Sinne von zwingenden Vorgaben völlig beseitigen.

    96. Aus der im Davidoff-Urteil zugrunde gelegten Auslegung des Zustimmungsbegriffes folgt letztlich, dass die Beweislast für die Erschöpfungsvoraussetzungen zu teilen ist, weil einerseits die Effektivität des sich aus der Richtlinie ergebenden Schutzes eine Zustimmungsvermutung ausschließt, andererseits aber der primärrechtlich gewährleistete freie Warenverkehr durch eine alleinige Beweispflichtigkeit des Beklagten unter den erörterten Umständen in nicht zu rechtfertigender Weise beeinträchtigt werden könnte. Es ist daher der Kommission und der deutschen Regierung darin beizupflichten, dass eine nationale Mitwirkungspflicht des Markeninhabers nur so weit gehen darf, wie dies zur Beseitigung des Beweisnotstands bzw. zur Ausräumung der Gefahr einer Marktabschottung notwendig ist.

    97. Eine in diesem Zusammenhang wiederholt angeregte nationale Verpflichtung zur Kennzeichnung der Markenprodukte erleichtert zwar den Nachweis des Ortes des ersten Inverkehrbringens, gibt jedoch keine endgültige Auskunft darüber, ob der Markeninhaber dem ersten Inverkehrbringen in den EWR zugestimmt hat oder nicht. Festzuhalten ist, dass sie jedenfalls zu einer Teilung der Beweislast beitragen würde, damit aber - entgegen der Ansicht der französischen Regierung - für Produkte, die außerhalb des EWR in den Verkehr gebracht worden sind, keiner Zustimmungsvermutung gleichkommt. Bedenken könnten sich allenfalls aus der unsicheren Rechtsgrundlage dieser für den Markeninhaber belastenden Maßnahme ergeben.

    98. Ungeachtet einer abschließenden Prüfung der gemeinschaftsrechtlichen Kompatibilität ergibt sich aber jedenfalls aus praktischer Sicht die Frage, ob eine Kennzeichnung geeignet ist, die Beweisschwierigkeiten zu lösen, da die Richtigkeit der dadurch gemachten Angaben nicht gewährleistet ist. Vertreibt der in Anspruch genommene Händler Waren, deren Kennzeichnung auf ein erstmaliges Inverkehrbringen außerhalb des EWR hindeutet, während sie in Wirklichkeit zu diesem Zeitpunkt oder später im EWR durch den Markeninhaber oder mit seiner Zustimmung in den Verkehr gebracht wurden, wäre der Händler weiterhin in vollem Umfang beweispflichtig, obwohl die Rechte des Markeninhabers tatsächlich erschöpft sind.

    99. Eine Lösung könnte darin bestehen, dass der Markeninhaber mit dem Nachweis der Lückenlosigkeit seines Vertriebssystems innerhalb des EWR belastet wird, wenn der Ort des erstmaligen Inverkehrbringens sich nicht aus anderen Aspekten, wie insbesondere aus der Beschaffenheit der Waren oder aus einer besonderen Kennzeichnung, deren Richtigkeit außer Streit steht, ableiten lässt. Wird der nationale Richter von der Lückenlosigkeit des Vertriebssystems innerhalb des EWR überzeugt, so ist daraus zu schließen, dass die mit der Marke versehene Ware des Parallelimporteurs von außerhalb des EWR kommen muss, mit der Folge, dass die Erschöpfung der Rechte aus der Marke für diese Ware nicht bereits aus ihrem - tatsächlich - ersten Inverkehrbringen durch den Markeninhaber oder mit seiner Zustimmung folgt.

    100. Festzuhalten ist, dass eine Mitwirkungspflicht des Markeninhabers - sei es in Form einer Kennzeichnung oder einer Darlegungs- und Beweispflicht - geeignet ist, die Vereinbarkeit einer nationalen Beweisregel der in Rede stehenden Art mit den Artikeln 28 EG und 30 EG in Verbindung mit den Artikeln 5 und 7 der Richtlinie wiederherzustellen; dass eine solche Mitwirkungspflicht aber nur so weit gehen darf, wie dies erforderlich ist, um die Gefahr der Marktabschottung einerseits und/oder die Unzumutbarkeit der Beweisführung seitens des Inanspruchgenommenen andererseits abzuwenden.

    V - Ergebnis

    101. Es wird daher dem Gerichtshof vorgeschlagen, wie folgt auf die Vorlagefrage des Bundesgerichtshofs zu antworten:

    Die Artikel 28 EG und 30 EG und Artikel 7 Absatz 1 der Ersten Richtlinie 89/104/EWG zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken vom 21. Dezember 1988 sind dahin auszulegen, dass sie der Anwendung nationaler Beweislastregeln zum Nachweis des Erschöpfungstatbestands nach Artikel 7 der Richtlinie 89/104/EWG grundsätzlich nicht entgegenstehen.

    Wenn dies allerdings zur Folge hat, dass ein wegen des Vertriebs von Originalware aus einer Marke in Anspruch genommener Wirtschaftsteilnehmer, der sich auf die Erschöpfung des Markenrechts im Sinne von Artikel 7 der Richtlinie 89/104/EWG beruft, darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen hat, dass die von ihm vertriebene Ware zuvor erstmals bereits vom Markeninhaber selbst oder mit seiner Zustimmung im Europäischen Wirtschaftsraum in den Verkehr gebracht worden ist, ist sicherzustellen, dass solche nationalen Rechtsvorschriften

    - dem Markeninhaber nicht die Möglichkeit geben, die nationalen Märkte abzuschotten und dadurch die Beibehaltung von Preisunterschieden zwischen den Mitgliedstaaten zu begünstigen,

    - die Beweisführung durch den in Anspruch genommenen Wirtschaftsteilnehmer nicht unmöglich machen oder derart erschweren, dass diesem der Nachweis der Erschöpfung nur unter unzumutbaren Umständen, insbesondere durch Offenlegung seiner Bezugsquellen und das damit einhergehende Risiko der Vereitelung derselben, gelingen kann.

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