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Document 61985CC0075

    Schlussanträge des Generalanwalts Darmon vom 29. Mai 1986.
    V. R. gegen Kommission der Europäischen Gemeinschaften.
    Beamter - Entlassung eines Beamten auf Probe.
    Rechtssache 75/85.

    Sammlung der Rechtsprechung 1986 -02775

    ECLI identifier: ECLI:EU:C:1986:218

    SCHLUßANTRÄGE DES GENERALANWALTS

    MARCO DARMON

    vom 29. Mai 1986 ( *1 )

    Herr Präsident,

    meine Herren Richter!

    1. 

    Die vorliegende Klage betrifft die Gültigkeit einer Verfügung, mit der die Kommission als Anstellungsbehörde einen Beamten auf Probe nach Verlängerung seiner Probezeit entlassen hat.

    Der Sachverhalt ist folgender:

    Der Kläger, geboren im September 1951, ist Lizentiat der Physik; sein Spezialgebiet ist die Statistik. Er unterzog sich mit Erfolg den Prüfungen des allgemeinen Auswahlverfahrens KOM/A/313 der Kommission (Stellenausschreibung veröffentlicht im ABl. C 233 vom 12. 9. 1981, S. 14) „zur Bildung einer Einstellungsreserve von Verwaltungsräten der Laufbahn A 7 und A 6“, das der Besetzung von Planstellen für eine „Referenten- oder Kontrolltätigkeit... im Zusammenhang mit der Tätigkeit der Gemeinschaften auf dem Gebiet der Wirtschaft“ diente.

    In ihrem Bewerbungsfragebogen hatten die Bewerber — nach ihrer Wahl — ein oder zwei der folgenden angebotenen Sachgebiete anzugeben:

    „1)

    Ökonometrie und Statistik;

    2)

    Entwicklungspolitik und Durchführung der Hilfe für die Entwicklungsländer;

    3)

    Makroökonomie einschließlich Wäh-rungs- und Steuerpolitik;

    4)

    MikroÖkonomie einschließlich Betriebswirtschaft, Arbeitsmarkt, Betriebsfinanzierung.“

    Der Kläger hatte nach dem Vorbringen der Kommission, das durch seine Personalakte bestätigt wird, die Sachgebiete 1 und 3 gewählt.

    Mit Schreiben der Kommission vom 17. März 1983 wurde ihm mitgeteilt, daß er vorbehaltlich seiner ausdrücklichen Zustimmung zum Verwaltungsrat auf Probe (A 6, Dienstaltersstufe 1) in der Generaldirektion II „Wirtschaft und Finanzen“, Direktion „Wirtschaftsstruktur und Gemeinschaftsinterventionen“, ernannt werden würde. Nachdem der Kläger diese Zustimmung erteilt hatte, wurde er durch Verfügung vom 2. August 1983 mit Wirkung zum 15. Juli 1983 in eine Planstelle in dem besonderen Dienst „Gemeinschaftsdarlehen: Entwicklung der Instrumente“ eingewiesen. Die Verfügung nahm Bezug auf die Stellenbekanntgabe Nr. 305/82, in der die Tätigkeit wie folgt beschrieben war:

    „Referententätigkeit nach allgemeinen Weisungen auf dem Gebiet der Wirtschaftsanalyse, insbesondere in bezug auf:

    die Ermittlung von Anwendungsbereichen für Anleihe- und Kreditinstrumente der Gemeinschaft, insbesondere von solchen, die durch die NGI [neue Gemeinschaftsinstrumente] gedeckt sind“.

    Ferner waren darin die hierfür notwendigen Fachkenntnisse angegeben.

    Allerdings trat der Kläger seinen Dienst nicht auf diesem Posten an. Am 15. Juli 1983 begann er seine Probezeit nicht in der Direktion B, sondern in der Direktion C („Makroökonomische Analysen und Politiken“), Abteilung ΊΓ — C-4 („Mittelfristige Projektionen“). Es stellte sich nämlich heraus, daß der Leiter der Direktion „Personal“ mit Verfügung vom 1. August 1983„aus dienstlichen Gründen“ beschlossen hatte, „die Zuweisung der Planstelle ... und ihres Inhabers“ dahin gehend zu ändern, daß beide von der Direktion Β auf die Direktion C derselben Generaldirektion übertragen wurden.

    In dem gemäß Artikel 34 Absatz 2 des Statuts erstellten Probezeitbericht vom 21. März 1984 heißt es, daß der Kläger, dem im übrigen bestimmte Fähigkeiten zugebilligt werden, nicht hinreichend zur Wahrnehmung der mit seinem Amt verbundenen Aufgaben befähigt sei, insbesondere wegen seiner im Hinblick auf die ausgeübte Tätigkeit „ungenügenden“ Kenntnisse. Außerdem sei die Qualität seiner Arbeit an sich unzulänglich.

    Diese in ein Beurteilungsschema eingetragenen Bewertungen werden durch folgende Gesamtbeurteilung verdeutlicht:

    „Herr R. besitzt ohne Zweifel große Fähigkeiten in der mathematischen Statistik und in der Technik der Datenanalyse. Seine Kenntnisse der Makroökonomie sind jedoch eher beschränkt, und seine Befähigung zur Abfassung von schriftlichen Berichten hat sich als ungenügend erwiesen. Angesichts der Erfordernisse einer normalen Laufbahn in der GD II sind wir der Auffassung, daß die Fähigkeiten von Herrn R. es ihm nicht ermöglichen würden, sich hinreichend in den Rahmen der wesentlichen Tätigkeiten der Generaldirektion, nämlich wirtschaftspolitischer Untersuchungen und der Abfassung entsprechender schriftlicher Berichte, einzufügen. Deshalb sieht sich die GD II nicht in der Lage, zu empfehlen, Herrn R. als Mitglied ihres Stammpersonals zum Beamten auf Lebenszeit zu ernennen.

    Allerdings ist darauf hinzuweisen, daß Herr R. als Beamter sicherlich in einem Tätigkeitsbereich sehr von Nutzen sein könnte, der in einem engeren Zusammenhang mit seinen theoretischen und technischen Kenntnissen auf dem Gebiet der Verwaltung von Daten und Statistiken steht.“

    Der zuständige Direktor empfahl deshalb, „den Beamten auf Probe am Ende seiner Probezeit zu entlassen“.

    In seiher Stellungnahme zu diesem Bericht erklärte der Kläger, dieser erscheine ihm außerordentlich streng; zugleich beteuerte er seinen guten Willen, gab zu verstehen, er ziehe eine Tätigkeit im Rahmen der in der GD II betriebenen „Ökonometrie und Statistik“ vor, und erklärte sich „bereit, für jede Direktion zu arbeiten, bei der ein Bedürfnis für eine Arbeit in der Statistik und in der quantitativen Analyse besteht“.

    Mit Schreiben vom 18. April 1984, also drei Tage nach Ablauf der im Statut vorgesehenen Probezeit, teilte der Leiter der Direktion „Personal“ dem Kläger mit, daß er zwar angesichts des Berichts vom 21. März 1984 nicht umhin könne, seine „Entlassung“ vorzuschlagen, daß er aber aufgrund seiner Stellungnahme und bestimmter von seinem Direktor hervorgehobener Gesichtspunkte bereit sei, ihm durch eine Verlängerung seiner Probezeit um drei Monate „eine zusätzliche Gelegenheit zu geben, [seine ...] Fähigkeiten unter Beweis zu stellen“, indem er ihn damit betraue, unter der Kontrolle der Herren Dewaleyne und Chantraine eine „vergleichende Untersuchung statistischer Art für die GD II und das Statistische Amt“ durchzuführen.

    Der Kläger nahm diesen Vorschlag an. Die Einzelheiten der Untersuchung, deren Beschreibung dem Kläger am 25. April 1984 von Herrn Dewaleyne zugeleitet wurde, wurden im Juni 1984 in einer Unterredung mit Herrn Chantraine, der das Ergebnis der Unterredung dann mit Schreiben an den Kläger vom 20. Juni bestätigte, erläutert. Am 6. Juli 1984 lieferte der Kläger seine Studie bei seinen beiden „Tutoren“ ab, die hierüber am 10. Juli Bericht erstatteten.

    Dieser Bericht fiel, obwohl in ihm die theoretischen Kenntnisse des Klägers und die von ihm unternommenen Anstrengungen, zu Lösungsvorschlägen für das fragliche Problem zu gelangen, anerkannt wurden, im Ergebnis negativ aus. Die „Tutoren“ werfen dem Kläger unter anderem folgendes vor: „mangelnde Fähigkeit, in Zusammenhängen zu denken“, die sich „in der Schwierigkeit äußert, das Wesentliche vom Nebensächlichen zu unterscheiden“, „einen Mangel an Abstand, der ihn daran hindert, hinter den Statistiken die ... Bedeutung der beobachteten Erscheinungen zu erkennen“, sowie „übermäßige Verwendung einer selbst für die Stellen, die diese Art von Gutachten im allgemeinen erhalten, kaum verständlichen wissenschaftlichen Sprache“. Abschließend erklären sie, die Untersuchung erlaube es nicht, „praktische Schlußfolgerungen zu ziehen, wie dies der Verwender erwarten könnte“.

    Am 19. Juli 1984 verfügte die Anstellungsbehörde mit Wirkung vom 31. August 1984 die „Entlassung“ des Klägers.

    Diese Verfügung nimmt in erster Linie Bezug auf den Probezeitbericht vom 21. März 1984. Sie führt sodann aus, daß die Beurteilung durch die Beurteilung der während der zusätzlichen Probezeit durchgeführten Untersuchung bestätigt worden sei, und zieht daraus den Schluß, daß der Kläger „nicht unter Beweis gestellt hat, daß seine Fähigkeiten eine Ernennung zum Beamten auf Lebenszeit in der seiner Planstelle entsprechenden Besoldungsgruppe rechtfertigen“.

    Am 8. August legte der Kläger eine Beschwerde gemäß Artikel 90 Absatz 2 des Statuts ein, die am 13. Dezember 1984 ausdrücklich zurückgewiesen wurde.

    2. 

    Am 21. März 1985 hat der Kläger Klage erhoben auf Aufhebung der Entscheidungen der Kommission, insbesondere der Verfügung vom 19. Juli 1984, und sämtlicher diese Entscheidungen vorbereitenden Maßnahmen sowie auf Ersatz des ihm angeblich entstandenen materiellen und immateriellen Schadens. Hilfsweise beantragt der Kläger, die Kommission zu verurteilen, „die Begründung der angefochtenen Verfügungen dahin gehend zu ändern, daß er durch sie nicht verleumdet wird“.

    Die Klage wird auf drei Rügen gestützt:

    Verletzung wesentlicher Formvorschriften;

    Verstoß gegen die Artikel 4 und 34 des Statuts sowie gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung;

    Schädigung des Klägers durch die Verlängerung seiner Probezeit und die Beeinträchtigung seines beruflichen Ansehens.

    3. 

    Die Rüge des Verstoßes gegen wesentliche Formvorschriften ist im Rahmen von Artikel 25 Absatz 2 des Statuts zu prüfen, wonach „jede beschwerende Verfügung mit Gründen versehen sein [muß]“.

    Nach Ansicht des Klägers verstößt die angefochtene Verfügung gegen diese Verpflichtung insoweit, als sie auf die Berichte vom 21. März und vom 10. Juli 1984 gestützt ist. Der erste dieser beiden Berichte sei schlecht begründet, denn in ihm sei nicht angegeben, an welchen Kenntnissen es ihm fehle. Der einzige ihm ausdrücklich vorgeworfene Mangel betreffe seine nicht ausreichende Befähigung zum Abfassen schriftlicher Berichte; dies stelle einen „unangemessenen“ Grund für eine Entlassung dar. Der Bericht vom 10. Juli 1984 beruhe hingegen auf einem offensichtlichen Fehler in der Beurteilung. Es könne nicht richtig sein, wenn dem Kläger eine mangelnde Fähigkeit, in Zusammenhängen zu denken, vorgeworfen werde, obwohl von ihm eine Analyse verlangt worden sei. Noch weniger könne man ihm zur Last legen, daß er sich bei der Erstellung einer Fachstudie einer wissenschaftlichen Sprache bedient habe. Zur Stützung dieser Auffassung legt der Kläger zwei Beurteilungen seiner Studie durch zwei Universitätsprofessoren aus Rom vor. Nach der ersten Beurteilung soll diese Studie einen gewissen wissenschaftlichen Wert besitzen. Der Verfasser der zweiten Beurteilung vertritt die Ansicht, die verwendete Sprache sei keineswegs besonders fachspezifisch.

    Am Schluß seiner Ausführungen zu diesem Punkt beantragt der Kläger die Feststellung, „daß die angefochtenen Entscheidungen in offensichtlich irrtümlicher und widersprüchlicher Weise begründet worden sind, so daß sie wegen Verletzung wesentlicher Formvorschriften als ungültig anzusehen sind“.

    4. 

    Somit macht der Kläger in Wirklichkeit eher das Vorliegen eines offensichtlichen Beurteilungsfehlers in der Begründung als einen Verstoß gegen wesentliche Formvorschriften im eigentlichen Sinne geltend.

    Ihre Rechtsprechung bestimmt den Inhalt und die Grenzen der vom Gerichtshof auf diesem Gebiet ausgeübten Kontrolle eindeutig.

    Die Begründung einer beschwerenden Maßnahme muß es dem Betroffenen ermöglichen, die Gründe hierfür zu erkennen und insbesondere die ihm aufgrund seiner dienstrechtlichen Stellung zustehenden Rechte wahrzunehmen; außerdem muß sie den Gerichtshof in die Lage versetzen, die betreffende Maßnahme auf ihre Rechtmäßigkeit zu überprüfen (Urteil vom 1. Juni 1983 in den verbundenen Rechtssachen 36, 37 und 218/81, Seton/Kommission, Slg. 1983, 1789, Randnr. 47 der Entscheidungsgründe; Urteil vom 1. Dezember 1983 in der Rechtssache 18/83, Morina/Parlament, Slg. 1983, 4051, Randnr. 11 der Entscheidungsgründe).

    Insoweit sind die angefochtene Verfügung und die Berichte, auf die sie sich stützt, meines Erachtens mit den von Ihnen festgelegten Kriterien vereinbar.

    Die Gründe, auf die sich die Anstellungsbehörde stützt, wurden nämlich dem Betroffenen deutlich dargelegt. Bei der Ausübung Ihrer Kontrolle wird deshalb der Beurteilungsspielraum zu berücksichtigen sein, den Sie der Verwaltung in dem betreffenden Bereich zugebilligt haben. Für die Grundsätze, die für Begründungen von Entscheidungen der Verwaltung am Ende einer Probezeit gelten, ist Ihr Urteil vom 17. November 1983 in der Rechtssache 290/82 (Tréfois, Slg. 1983, 3751) heranzuziehen.

    Nach einem Hinweis auf die einander ergänzenden Rollen der

    „Auswahlverfahren [, die so] ausgestaltet sind, daß sie eine Auswahl der Bewerber aufgrund allgemeiner und eine Vorschau gestattender Kriterien ermöglichen“,

    und der Probezeit, die

    „die Verwaltung in die Lage versetzen [soll], ein konkreteres Urteil über die Befähigung des Bewerbers für ein bestimmtes Amt, über die geistige Einstellung, mit der er seine Aufgaben erfüllt, und über seine dienstlichen Leistungen abzugeben“ (Randnr. 24, 3766),

    haben Sie den „Wesensunterschied“ hervorgehoben zwischen

    „[der] Entscheidung, eine Ernennung zum Beamten auf Lebenszeit nicht auszusprechen, [die] allgemein, jedoch unzutreffenderweise als ‚Entlassung‘ des Beamten auf Probe bezeichnet wird, ... und der eigentlichen Entlassung einer bereits zum Beamten auf Lebenszeit ernannten Person“ (Randnr. 25, 3767).

    Sie haben ferner ausgeführt: „Während im letzten Fall eine sorgfältige Prüfung der Gründe für die Beendigung eines auf Dauer angelegten Dienstverhältnisses erforderlich ist, erstreckt sich die Überprüfung der Entscheidungen, die die Ernennungen von Probezeitbeamten zu Beamten auf Lebenszeit betreffen, auf das Vorliegen oder das Fehlen einer Reihe von positiven Tatsachen, die die Ernennung des Beamten auf Probe zum Beamten auf Lebenszeit als im dienstlichen Interesse liegend erscheinen lassen“ (a. a. O.).

    Demgemäß müsse

    „die Verwaltung am Ende der Probezeit in der Lage sein, ein Urteil darüber abzugeben, ob der Beamte auf Probe es verdient, in dem von ihm angestrebten Amt zum Beamten auf Lebenszeit ernannt zu werden, ohne daß sie dabei an die bei der Einstellung abgegebene Beurteilung gebunden ist. Diese Entscheidung erfordert eine umfassende Beurteilung der Eigenschaften und des Verhaltens des Beamten auf Probe, die sowohl die positiven als auch die negativen im Laufe der Probezeit zutage getretenen Tatsachen berücksichtigt“ (Randnr. 24 der Entscheidungsgründe, 3766 ff.).

    Diese Beurteilung könne nur dadurch fehlerhaft sein, daß sie

    „mit offensichtlichen Tatsachenirrtümern behaftet war oder Begründungen enthielt, die mit der der Verwaltung obliegenden Pflicht zur Objektivität bei der Bewertung der Befähigung und der Leistungen ihrer Probezeitbeamten nicht im Einklang standen“ (Randnr. 29 der Entscheidungsgründe, 3768),

    was der Kläger dartun müsse.

    Dies ist im vorliegenden Fall nicht geschehen. Es deutet nämlich nichts darauf hin, daß die Beurteilung der im Bericht vom 21. März 1984 aufgeführten ungenügenden Leistungen mit offensichtlichen Tatsachenirrtümern behaftet war oder gegen die Pflicht zur Objektivität verstieß. Auch die vom Kläger gegen den Bericht vom 10. Juli 1984 erhobenen Einwände vermögen solche Mängel ebensowenig zu belegen wie die von ihm eingeholten „Gutachten“ zweier Universitätsprofessoren aus Rom.

    In dem Bericht vom 21. März 1984 sind im Gegenteil die dem Kläger zur Last gelegten Mängel, die sich sowohl auf seine Kenntnisse als auch auf seine Befähigung zum Abfassen schriftlicher Berichte beziehen, genau angegeben. Außer im Fall des Ermessensmißbrauchs, dessen Vorliegen nicht geltend gemacht worden ist, oder in dem Fall, daß eine solche Beurteilung widersprüchlich ist oder auf offensichtlichen Irrtümern beruht, was nicht dargetan ist, handelt es sich bei einer solchen Beurteilung, ebenso wie bei der Entscheidung darüber, welche Schlußfolgerungen hieraus in bezug auf die Ernennung zum Beamten auf Lebenszeit zu ziehen sind, um eine Ermessensentscheidung. Das gleiche gilt für die Beurteilung der Untersuchung, die während der Verlängerung der Probezeit durchgeführt wurde. Weder läßt der Bericht vom 10. Juli 1984 einen offensichtlichen Irrtum oder einen Widerspruch erkennen, noch kann der Kläger ernsthaft die Ansicht vertreten, man dürfe ihm nicht, wenn es um eine Analyse gehe, eine mangelnde Fähigkeit, in Zusammenhängen zu denken, vorwerfen, zumal das Schreiben von Herrn Chantraine vom 20. Juni 1984, dessen Erhalt der Kläger nicht bestreitet, zweifach die Klarstellung enthält, daß ein zusammenfassender Bericht zu erstellen sei.

    Die erste Rüge des Klägers ist also völlig unbegründet.

    5. 

    Auch die Rüge des Verstoßes gegen Artikel 4 des Statuts, wo es heißt,

    „Ernennungen oder Beförderungen dürfen nur zur Besetzung einer freien Planstelle und nur nach den Vorschriften des Statuts vorgenommen werden“ (Absatz 1),

    halte ich für unbegründet.

    Der Kläger wurde gleichzeitig mit seiner Ernennung in eine andere Planstelle eingewiesen. Die beiden Entscheidungen der Anstellungsbehörde vom 1. und vom 2. August, die am selben Tag in Kraft getreten sind, sind also als eine einheitliche Maßnahme anzusehen, durch die der Kläger der GD II, Direktion C, Abteilung II — C-4, zugewiesen wurde. Am Rande sei bemerkt, daß nicht geltend gemacht wird, diese Einweisung in eine andere Planstelle sei entgegen den in Ihrer Rechtsprechung (so beispielsweise im Urteil vom 14. Juli 1983 in der Rechtssache 176/82, Nebe/Kommission, Slg. 1983, 2475, Randnr. 17 der Entscheidungsgründe) entwickelten Kriterien — dienstliches Interesse und Gleichwertigkeit der Planstellen — durchgeführt worden.

    Zwar wird in der Verfügung vom 2. August ausdrücklich auf die Bekanntgabe KOM/305/82 einer freien Planstelle in der Abteilung B-4 Bezug genommen. Dieser Umstand reicht jedoch nicht aus, den Tatbestand eines Verstoßes gegen Artikel 4 des Statuts zu erfüllen, den der Kläger mit Aussicht auf Erfolg geltend machen könnte. Diese Vorschrift, insbesondere ihr Absatz 2, ist nämlich im Zusammenhang mit Artikel 29 Absatz 1 zu sehen. Mit der Kommission ist nämlich davon auszugehen, daß die Stellenbekanntgabe dazu dient, die Reihenfolge einzuhalten, in der die Bewerbungen auf eine freie Planstelle zu prüfen sind, da die Bediensteten der Gemeinschaften in diesem Zusammenhang Vorrang vor außenstehenden Bewerbern genießen. Nur erstere könnten sich deshalb auf den Inhalt — oder das Unterbleiben — einer Stellenbekanntgabe berufen. Zudem kann ein in diesem Zusammenhang begangener Rechtsverstoß lediglich die Ernennungshandlung fehlerhaft machen. Im vorliegenden Fall ist aber die „Entlassungs“-Verfügung angefochten.

    Deshalb stellt sich als einzige die Frage, ob der Kläger in eine Planstelle eingewiesen worden ist, die der Stellenausschreibung KOM/A/313 entsprach.

    Sein Erfolg in diesem Auswahlverfahren hat es dem Kläger ermöglicht, in eine Reserveliste für Verwaltungsräte der Laufbahngruppe Ą 7/A 6 aufgenommen zu werden, die der Besetzung von Dienstposten diente, deren Beschreibung offensichtlich den Posten in der GD II entsprach. Die Planstelle, in die er von Anfang an eingewiesen worden ist und die er im übrigen angenommen hat, entspricht in gleicher Weise einem der beiden von ihm gewählten Sachgebiete.

    Somit verstößt die Einweisung des Klägers nicht gegen Artikel 4 des Statuts und stellt auch keine Benachteilung gegenüber anderen Beamten auf Probe dar. Diese Rüge ist daher nicht begründet.

    6. 

    Der Kläger macht außerdem geltend, die Verlängerung seiner Probezeit verstoße gegen Artikel 34 Absatz 1 des Statuts, der die Dauer der Probezeit für einen Beamten seiner Laufbahngruppe auf neun Monate festsetze. Die dienstliche Befähigung sei während dieses vorgesehenen Zeitraums zu beurteilen, die „Entlassungs“-Verfügung sei jedoch vor allem aufgrund des nach der Verlängerung der Probezeit erstellten Berichts getroffen worden. Seine ausdrückliche Einwilligung, die unter der Drohung der Entlassung abgegeben worden und wegen des „Unterordnungsverhältnisses“ gegenüber der Anstellungsbehörde fehlerhaft gewesen sei, lasse keine Ausnahme von dem Grundsatz zu, daß auf ein vom Statut gewährtes Schutzrecht nicht verzichtet werden könne.

    Die Kommission vertritt hingegen die Ansicht, die Verwaltung sei nicht daran gehindert, gegenüber einem ihrer Bediensteten eine Maßnahme zu ergreifen, die über die Rechte hinausgehe, die das Statut diesen verleihe, und die infolgedessen für die Bediensteten günstiger sei als die strenge Anwendung dieser Vorschrift. Sie verweist zu diesem Aspekt der Auslegung von Artikel 34 auf Ihre Urteile in den Rechtssachen 52/70 sowie 10 und 42/72 (Urteile vom 12. Mai 1971, Nagels/Kommission, Slg. 1971, 365, Randnr. 16 der Entscheidungsgründe, und vom 12. Juli 1973, di Pillo/Kommission, Slg. 1973, 763) und macht geltend, der Gerichtshof habe, wenn er Fälle der ausdrücklichen oder auch nur stillschweigenden Verlängerung der Probezeit zu entscheiden gehabt habe, niemals deren Ungültigkeit festgestellt; ferner führt die Kommission die Schlußanträge von Generalanwalt A. Trabucchi in der zweiten Rechtssache an, in denen dieser unter anderem ausgeführt hat, daß

    „bei weiser Handhabe des Rechts... eine eingehendere Sachverhaltsprüfung niemals als Fehler gewertet werden“ könne.

    In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger erklärt, die Bestimmung, auf die sich dies beziehe, sei geändert worden, und die Vorschriften, die in den angegebenen Rechtssachen anzuwenden gewesen seien, seien im vorliegenden Fall nicht einschlägig gewesen.

    Tatsächlich gab es mehrere aufeinanderfolgende Fassungen des Artikels 34. Zu Beginn war dort — mit Ausnahme der Beamten der Besoldungsgruppen A 1 und A 2, die seit jeher nicht zum Anwendungsbereich dieser Vorschrift gehörten — einheitlich eine Probezeit von sechs Monaten vorgesehen, die „in Ausnahmefällen“ auf Anordnung der Verwaltung für einen Zeitraum von höchstens drei Monaten verlängert werden konnte. In dieser Fassung gelangte die Vorschrift bei den Herren Nagels und di Pillo zur Anwendung. Beiden kam die im Statut vorgesehene Verlängerung um drei Monate zugute. Herrn Nagels wurde eine zweite Verlängerung um zwei Monate gewährt, um eine krankheitsbedingte Abwesenheit von gleicher Dauer auszugleichen.

    Durch zwei Änderungen, die nacheinander in den Jahren 1972 (Verordnung Nr. 1473/72 vom 30. Juni 1972, ABl. L 160 vom 16. 7. 1972, S. 1) und 1978 (Verordnung Nr. 912/78 vom 2. Mai 1978, ABl. L 119 vom 3. 5. 1978, S. 1) vorgenommen wurden, erhielt dieser Artikel seine derzeitige Fassung, die für die vorliegende Rechtssache gilt.

    Für die Beamten der betreffenden Besoldungsgruppe wurde die Dauer der Probezeit 1972 von sechs auf neun Monate verlängert. Die Bestimmung, die die Verlängerung der Probezeit ermöglichte, wurde gleichzeitig aufgehoben; erst mit der Statutsreform von 1978 wurde die Möglichkeit eingeführt, die Probezeit um einen einer Verhinderung durch Krankheit oder Unfall entsprechenden Zeitraum zu verlängern (Artikel 34 Absatz 1 Unterabsatz 2).

    Diese Änderungen bestanden mit anderen Worten in

    der Verlängerung der Probezeit unter Beseitigung der Möglichkeit der Verlängerung für nicht näher bestimmte Ausnahmefälle;

    der Legalisierung der Praxis der Verlängerung der Probezeit zum Ausgleich des Zeitraums der Verhinderung in den ausdrücklich genannten Fällen von Krankheit oder Unfall.

    Dieser so festgelegte Rahmen läßt keinen Raum für eine Verlängerung aufgrund einer Abmachung zwischen der Verwaltung und dem Beamten auf Probe, die im übrigen dem widerspräche, daß es sich um ein Dienstverhältnis kraft Rechtssatzes handelt.

    Zudem möchte ich darauf hinweisen, daß dies in den Rechtssachen Nagels und di Pillo nicht der Fall war, denn die Probezeit dieser Beamten wurde durch einseitige Entscheidung der Verwaltung verlängert, die dazu nicht der Einwilligung der Betroffenen bedurfte. Meines Erachtens durfte die Probezeit des Klägers infolgedessen mangels einer Bestimmung im Statut, die dies erlauben würde, nicht verlängert werden, auch nicht mit seiner Einwilligung und auch ungeachtet dessen nicht, daß diese Entscheidung, wie im vorliegenden Fall eindeutig ersichtlich ist, zugunsten des betroffenen Beamten auf Probe getroffen wurde.

    Beeinträchtigt diese Rechtsverletzung die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung?

    Die Rechtmäßigkeit einer Maßnahme — im vorliegenden Fall der Verfügung, die Probezeit zu verlängern — ist nur dann Voraussetzung für die Gültigkeit einer nachfolgenden Maßnahme — im vorliegenden Fall der Entlassungsverfügung —, wenn letztere von ersterer abhängig ist. So wäre z. B. die Gültigkeit einer Entscheidung über eine Einstellung zur Besetzung einer Planstelle von der Ordnungsmäßigkeit des Auswahlverfahrens abhängig, das den Zugang zu dieser Planstelle eröffnet hat. Ohne Zweifel hätte die vorschriftswidrige Verlängerung der Probezeit des Klägers von betroffenen Bediensteten geltend gemacht werden können, um die mögliche Ernennung des Klägers zum Beamten auf Lebenszeit anzufechten.

    Der Kläger kann diese Rechtsverletzung jedoch nicht gegenüber einer Entscheidung geltend machen, die hätte getroffen werden können — ich bin versucht zu sagen: müssen —, wenn die soeben beanstandete Verlängerung nicht vorgenommen worden wäre.

    Diese vom Kläger geltend gemachte Rüge ist deshalb nicht geeignet, die ihm gegenüber getroffene „Entlassungs“-Verfügung fehlerhaft erscheinen zu lassen, denn sie ist zwar begründet, aber nicht erheblich.

    7. 

    Da dem auf Aufhebung dieser Verfügung gerichteten Hauptantrag meines Erachtens nicht stattgegeben werden kann, habe ich die Abweisung des Nebenantrags auf Schadensersatz zu beantragen, zumal der Kläger den Schaden, den er aufgrund der Verlängerung der Probezeit erlitten haben will, in keiner Weise dargetan hat.

    Das gleiche gilt für den Hilfsantrag. Die Begründung jeder Entlassungsverfügung enthält nämlich gemäß Artikel 25 Absatz 2 des Statuts zwangsläufig eine Beurteilung, die die mangelnde Befähigung des Betroffenen unter bestimmten Gesichtspunkten der entsprechenden Tätigkeit erkennen läßt. Dies ist bei der hier streitigen Verfügung der Fall, deren — notwendigerweise kritischer — Inhalt jedoch keinerlei herabwürdigende Bemerkung enthält.

    8. 

    Deshalb beantrage ich, die Klage abzuweisen, mit der Folge, daß der Kläger seine Kosten selbst zu tragen hat.


    ( *1 ) Aus dem Französischen übersetzt.

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