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Document 61963CC0026

    Schlussanträge des Generalanwalts Roemer vom 10. Juni 1964.
    Herr Piergiovanni Pistoj gegen Kommission der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft.
    Rechtssache 26-63.

    Englische Sonderausgabe 1964 00737

    ECLI identifier: ECLI:EU:C:1964:42

    Schlußanträge des Generalanwalts

    HERRN KARL ROEMER

    10. Juni 1964

    GLIEDERUNG

    Seite
     

    Einleitung (Sachverhalt, Klageanträge)

     

    Rechtliche Würdigung

     

    I. Die Hauptanträge 1 bis 5

     

    1. Zur Zulässigkeit

     

    2. Zur Begründetheit von Vorwürfen, die in anderen Verfahren bereits geprüft wurden

     

    a) Verletzung von Artikel 110 des Personalstatuts

     

    b) Verletzung von Artikel 5 des Personalstatuts, Verletzung von Verfahrensregeln, Begründungsmangel

     

    3. Zur Begründetheit weiterer Vorwürfe

     

    a) Ist der Beurteilungsbericht zur Person des Klägers unter dem Einfluß einer feindseligen Gesinnung zustande gekommen?

     

    b) War die Rechtsverteidigung des Klägers gewährleistet?

     

    c) Sind weitere Verfahrensverstöße zu erkennen?

     

    d) Ist der Überleitungsausschuß von falschen Tatsachen ausgegangen?

     

    4. Ergebnis

     

    II. Die Hilfsanträge

     

    III. Schlußantrag

    Herr Präsident, meine Herren Richter!

    In der Reihe der sog. Integrationsfälle beschäftigt uns ein drittes Verfahren mit der Frage, ob die Kommission der EWG zu Recht die Übernahme eines Vertragsbediensteten ins Beamtenverhältnis abgelehnt hat.

    Es handelt sich um einen Bediensteten, der durch Verfügung der Kommission vom 4. Dezember 1958 in die Dienste der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft übernommen und bei der Generaldirektion „Binnenmarkt“ als Leiter der Abteilung „Dienste“ verwendet wurde. Seine Besoldung entsprach anfangs einer Einstufung in die Gruppe A/3-2 der Gehaltstabelle des Personalstatuts der Montangemeinschaft. Sie wurde später verbessert durch Einstufung in A/3-5 mit Wirkung vom 1. März 1960.

    Wie in den beiden Rechtssachen 78 und 80/63 endete das Überleitungsverfahren nach Artikel 102 des Personalstatuts für den Kläger negativ. Dies wurde ihm mitgeteilt in einem Schreiben der Generaldirektion „Verwaltung“ vom 14. März 1963.

    Gleichzeitig wurde ihm schriftlich eine Ernennung zum Beamten auf Lebenszeit in der Besoldungsgruppe A/4-6 mit Dienstalter vom 1. Juni 1961 bei der Generaldirektion „Verwaltung“, Dienststelle „Bibliothek und Dokumentation“, angeboten. Der Kläger hatte zur Annahme dieses Angebots eine Frist von acht Tagen ab Zugang der Mitteilung.

    In der Folgezeit kam es zu Bemühungen um eine Verlängerung der gesetzten Frist, die jedoch in einem Schreiben des Generaldirektors der Verwaltung vom 22. März 1963 und — auf erneute Anfrage vom 25. März 1963 — in einem Schreiben des Leiters der Abteilung „Haushalt und Finanzen“ vom 11. April 1963 abgelehnt wurde.

    Schließlich hat die Generaldirektion „Verwaltung“ dem Kläger am 6. Mai 1963 schriftlich mitgeteilt, sein Dienstverhältnis bei der Kommission sei nach Ablauf einer Kündigungsfrist von drei Monaten als beendet zu betrachten.

    Soviel zum Sachverhalt des Verfahrens.

    In der Klage, die aufgrund all dieser Ereignisse beim Gerichtshof erhoben wurde, finden sich die folgenden Anträge:

    1.

    Nichtigerklärung des Überleitungsverfahrens und der Stellungnahme des Überleitungsausschusses vom 19. Juli 1962;

    2.

    Nichtigerklärung der Entlassungsverfügung vom 6. Mai 1963;

    3.

    Feststellung, daß die Kommission verpflichtet sei, den Kläger erneut dem Überleitungsverfahren zu unterziehen;

    4.

    Feststellung, daß der Kläger weiterhin im Dienste der Kommission stehe;

    5.

    Feststellung, daß die Kommission der EWG verpflichtet sei, dem Kläger nach Ablauf der Kündigungsfrist die monatlichen Bezüge weiter zu zahlen, die er bis dahin erhalten hat, sowie Feststellung, daß der Kläger Anspruch habe auf die übrigen Vorteile aus der bis zu seiner Entlassung innegehabten Rechtsstellung;

    hilfsweise:

    1.

    Feststellung, daß die Entlassungsverfügung mißbräuchlich und fehlerhaft sei;

    2.

    Verurteilung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft bzw. der Kommission der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft zur Leistung von Schadenersatz.

    Rechtliche Würdigung

    In der Untersuchung dieses Sachverhaltes kommt mir der Umstand zu Hilfe, daß die Klageanträge und die Klagebegründung wenigstens zum Teil in den Verfahren 78 und 80/63 eine Entsprechung finden.

    Ich werde deshalb jetzt nur auf diejenigen Punkte besonders eingehen, die in den erwähnten Verfahren noch nicht behandelt wurden oder die im gegenwärtigen Verfahren mit Rücksicht auf tatsächliche Besonderheiten in einem anderen Licht erscheinen; im übrigen kann ich mich mit einer einfachen Verweisung begnügen.

    I. Die Hauptanträge 1 bis 5

    1.

    Was die Zulässigkeit der Hauptanträge angeht, die von der Kommission außer hinsichtlich des Antrags 2 bestritten wird, so kann ich von dieser Verweisungsmöglichkeit bereits Gebrauch machen. Nach meiner Ansicht, wie ich sie in den Verfahren 78 und 80/63 dargelegt habe, besteht kein Anlaß, einen Teil der Klageanträge im Tenor als unzulässig zurückzuweisen.

    2.

    Auch hinsichtlich der Begründetheit ist die Lösung einer Reihe von Problemen in der Rechtssache 78/63 schon vorgezeichnet.

    a)

    Dies gilt zunächst für den Vorwurf der Verletzung von Artikel 110 des Personalstatuts.

    Die zusätzlichen Argumente, die der Vertreter des Klägers in der mündlichen Verhandlung zur Stützung seiner These vorgetragen hat, geben mir keinen Anlaß, meine Meinung zu revidieren. So kann m. E. aus der Verwendung des Wortes „Personal“ in Artikel 110 nicht der Schluß gezogen werden, diese Vorschrift gelte auch für Fälle der einmaligen Anwendung von Übergangsvorschriften auf noch nicht titularisierte Bedienstete. Wenn dort von „Personal“ die Rede ist und nicht allein von Beamten, so bedeutet dies eben, daß Durchführungsbestimmungen zum Statut stets der Gesamtheit aller Beschäftigten zur Kenntnis zu bringen sind, auch wenn sie nur für Beamte gelten sollen, etwa damit Vertragsbedienstete sich gegen eine ungerechtfertigte Bevorteilung von Beamten zur Wehr setzen können. — Desgleichen verfängt nicht der Hinweis auf Artikel 102 der Beschäftigungsbedingungen für die sonstigen Bediensteten. Auch dort können nach richtigem Verständnis allgemeine Durchführungsbestimmungen nur Vorschriften sein, die sich nicht in der Anwendung auf einen Sachverhalt erschöpfen. Dem steht die Tatsache nicht entgegen, daß derartige Beschäftigungsverhältnisse stets zeitlich begrenzt sind. Allgemeine Durchführungsbestimmungen gelten dann eben für alle diejenigen Dienstverhältnisse, die während ihrer Gültigkeitsdauer zu beurteilen sind, während die Besonderheit von Artikel 102 des Personalstatuts darin liegt, daß nur eine bestimmte Anzahl von Bediensteten, nämlich diejenigen, die im Zeitpunkt des Inkrafttretens des Personalstatuts im Dienste der Kommission standen, betroffen sind. — Schließlich erscheint mir auch die Tatsache bedeutungslos, daß in Artikel 102 des Personalstatuts von Berichten über die Befähigung, dienstliche Leistung und dienstliche Führung in derselben Formulierung die Rede ist wie in Artikel 43 des Personalstatuts, der für die Festlegung der Einzelheiten dieser Beurteilung ausdrücklich auf die Bedingungen von Artikel 110 des Personalstatuts verweist. Der wesentliche Unterschied zwischen den beiden Regelungen besteht darin, daß die Berichte nach Artikel 102 für einen einmaligen Anwendungsfall bestimmt sind, während Artikel 43 sich auf ein ständig anwendbares System bezieht.

    b)

    Auf die Schlußanträge in der Rechtssache 78/63 kann ich im wesentlichen auch verweisen zum Vorwurf der Verletzung von Artikel 5 des Personalstatuts, zur Frage, ob die Beteiligung eines Beamten der Rechtsabteilung an den Arbeiten des Überleitungsausschusses deshalb zu beanstanden ist, weil er nicht Direktionsfunktionen ausübt, zu dem Umstand, daß an vorbereitenden Sitzungen des Überleitungsausschusses (nicht aber, wie sich aus den Protokollen ergibt, an der entscheidenden Sitzung) ein hoher Verwaltungsbeamter teilgenommen hat, der dem Ausschuß nicht angehörte, sowie zur Rüge des Begründungsmangels.

    Allenfalls sind drei zusätzliche Bemerkungen nachzutragen:

    Die erste bezieht sich auf Artikel 5 des Personalstatuts. Nach der Ansicht des Klägers soll die Durchführung der Dienstpostenbeschreibung vor Einleitung des Integrationsverfahrens deshalb unerläßlich gewesen sein, weil der Überleitungsausschuß nicht nur, wie die Dienstvorgesetzten in ihren Berichten, ein Urteil über vergangene Tätigkeiten abzugeben hat, sondern über die „Eignung“ („aptitude“), d. h. über die Verwendungsmöglichkeiten eines Bediensteten in der Zukunft. Die später vorgenommene Dienstpostenbeschreibung zeige, daß in der Gruppe 3 nicht nur Direktionsaufgaben erscheinen, sondern auch Studienaufgaben. Da der Kläger aber für letztere unstreitig besonders qualifiziert sei, hätte der Überleitungsausschuß seine Eignung für solche Aufgaben feststellen und seine Integration befürworten können, wenn er aufgrund der Dienstpostenbeschreibung hätte urteilen können.

    Ich glaube nicht, daß diese Auffassung zutreffend ist. Der Wortlaut von Artikel 102 scheint mir ganz klar zu sein: es ist nur die Rede von der Eignung für die Ausübung der einem Bediensteten übertragenen Aufgaben, und dies hat einen guten Sinn. Die Einführung des Beamtenstatuts sollte nicht zu einer Umwälzung in der Verwaltungsorganisation führen und Anlaß geben, die Dienste der Kommission neu zu ordnen. Im wesentlichen konnte damit gerechnet werden, daß alles beim alten blieb. Deshalb wäre es wenig sinnvoll gewesen, für jeden Beamten festzustellen, für welche Aufgaben er im übrigen noch verwendbar wäre. Dies schließt natürlich nicht aus, daß bei negativem Ausgang des Beurteilungsverfahrens die Anstellungsbehörde aufgrund einer Art Fürsorgepflicht sich Gedanken darüber macht, in welcher Weise ein Bediensteter sonst verwendet werden könnte, und daß der Überleitungsausschuß aufgrund seiner Kenntnis der Fähigkeiten eines jeden Bediensteten entsprechende Vorschläge unterbreitet. Die vorherige Erstellung der Dienstpostenbeschreibung des Artikels 5 scheint mir jedoch für die Erfüllung dieser Fürsorgepflicht nicht unerläßlich zu sein. Maßgebend ist allein, ob ein anderer brauchbarer Dienstposten als Ausweichmöglichkeit zur Verfügung steht.

    Wenn zur Beteiligung eines Mitglieds der Rechtsabteilung am Überleitungsverfahren auf die Notwendigkeit hingewiesen wird, das Überleitungsverfahren ausschließlich in die Hände von Beamten mit Erfahrungen in der Leitung einer Verwaltungsdienststelle zu legen, weil Kandidaten unter diesem besonderen Gesichtspunkt zu prüfen sein könnten, so ist demgegenüber gleichfalls auf Artikel 102 zu verweisen. Nach Artikel 102 sind gerade Bedienstete der Kategorie A/1 und A/2 vom Überleitungsverfahren ausgenommen, also Bedienstete, bei denen es auf eine derartige Prüfung ankommen konnte. Für die Prüfung der Fähigkeiten von Bediensteten mit untergeordneten Funktionen ist aber m. E. ausreichend, daß sie von hohen Beamten mit entsprechender Erfahrung, entsprechendem Sachverstand und entsprechender Autorität vorgenommen wurde, ohne daß diese sich gerade im Dienst der Kommission besondere Erfahrungen in der Leitung einer Dienststelle erworben haben mußten.

    Zur Begründungspflicht ist im vorliegenden Fall noch nachzutragen, daß sie keine Ausführungen darüber verlangt, warum von bestimmten, durch den beurteilten Bediensteten benannten Beweismitteln kein Gebrauch gemacht wurde. Anzugeben sind nur die Gründe, die nach der Auffassung der entscheidenden Behörde ihren Rechtsstandpunkt tragen sollen.

    3.

    Nach alledem habe ich im folgenden nur noch zum Verfahren des Überleitungsausschusses und zu dem Vorwurf Stellung zu nehmen, dieser sei in seiner Beurteilung von falschen Tatsachen ausgegangen.

    a)

    An erster Stelle begegnet uns auch hier die Behauptung, der Dienstvorgesetzte des Klägers habe seinen Beurteilungsbericht unter dem Einfluß einer feindseligen Gesinnung angefertigt. Offenbar durfte der Bericht nach Ansicht des Klägers aus diesem Grunde im Überleitungsverfahren nicht berücksichtigt werden.

    Ich habe dazu bereits in anderen Verfahren ausgeführt, daß Beurteilungsberichte der Dienstvorgesetzten in Artikel 102 des Personalstatuts zwingend vorgeschrieben sind. Der Überleitungsausschuß konnte also nicht im Falle des Klägers auf den Bericht seines unmittelbaren Vorgesetzten verzichten, ohne sich einer Verletzung des Statuts schuldig zu machen. Im übrigen war das Überleitungsverfahren grundsätzlich so angelegt, daß die subjektive Beurteilung der Dienstvorgesetzten mit Hilfe anderer Beweismittel gegebenenfalls korrigiert werden konnte. Auch im Falle Pistoj ist erwiesen, daß der Überleitungsausschuß sein Urteil erst nach Prüfung zahlreicher anderer Beurteilungselemente abgegeben hat (Vernehmung von Zeugen, Anhörung anderer früherer und späterer Vorgesetzten des Klägers, die der negativen Beurteilung zustimmten). Die negative Stellungnahme kam außerdem einstimmig zustande.

    In Anbetracht dieser Sachlage kann der Gerichtshof m. E. darauf verzichten, die Existenz der angeblichen Animosität des Dienstvorgesetzten des Klägers nachzuprüfen.

    b)

    Sehr viel ernster ist dagegen auch im vorliegenden Fall die Rüge, die Rechtsverteidigung des Klägers sei im Überleitungsverfahren nicht in vollem Umfang gewährleistet gewesen. Wie ich dazu im Prinzip stehe, habe ich ausführlich in der Rechtssache 78/63 dargelegt. Es ist von diesem Prinzip ausgehend nun noch zu prüfen, ob die behaupteten Verstöße tatsächlich begangen wurden und ob sie so schwer sind, daß eine Wiederholung des Überleitungsverfahrens unabweislich erscheint.

    Vor allem drei Vorwürfe stehen zur Debatte:

    Der erste bezieht sich auf die Tatsache, daß der Überleitungsausschuß andere Bedienstete vernommen hat, ohne den Kläger davon in Kenntnis zu setzen und ohne ihm Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.

    Von der Kommission wird dies nicht bestritten. Sie hebt nur hervor, zwei dieser Zeugen seien vom Kläger selbst benannt worden, woraus geschlossen werden dürfe, er sei über ihre Auslassungen im Bilde gewesen.

    Wendet man auf diesen Vorwurf die Maßstäbe des Urteils Leroy und der Konklusionen Huber an, so erscheint die Einlassung der Kommission bedeutungslos.

    Für den Gerichtshof ist entscheidend, ob die Aussagen der betreffenden Zeugen Einfluß haben konnten auf die Bildung der Meinung des Überleitungsausschusses. Solange wir den Inhalt der Aussagen nicht kennen (sie sind in keinem Protokoll festgehalten) , müssen wir davon ausgehen, daß sie eine solche Eignung besessen haben. Es ist weiterhin nicht auszuschließen, daß die Stellungnahme des Klägers zu den Aussagen das Urteil des Überleitungsausschusses beeinflussen konnte, und dies unabhängig von der Tatsache, daß der Kläger im Überleitungsverfahren eine Menge Noten eingereicht und sich wohl auch mündlich ausgiebig verteidigt hat. Demnach haben wir keine andere Wahl, als die Unregelmäßigkeit des Überleitungsverfahrens festzustellen, solange unter dem erwähnten Gesichtspunkt irgendein relevanter Zweifel bleibt.

    Dies gilt auch im Hinblick auf die Aussagen der vom Kläger benannten Zeugen, da keine Gewähr dafür gegeben ist, daß sie ausschließlich zu seinen Gunsten lauteten und daß er zuverlässig über ihren Inhalt ins Bild gesetzt wurde. Zu Recht hebt der Kläger überdies hervor, daß eine Zeugenaussage auch durch den Umstand beeinflußt werden kann, daß sie vom Überleitungsausschuß als geheim behandelt wird. Wer mit der Überprüfung seiner Aussage durch den von ihr Betroffenen rechnen muß, mag sie in einem gegebenen Fall durchaus, wenn auch nur um Nuancen, anders gestalten, als wenn er eine solche Konfrontierung nicht zu fürchten hat. Schließlich ist die Möglichkeit nicht von der Hand zu weisen, daß die beiden vom Kläger benannten Zeugen tatsächlich nur zu seinen Gunsten ausgesagt haben. Wäre dies erwiesen, so könnte u. U. die Stellungnahme des Beurteilungsausschusses als schlecht fundiert erscheinen, weil sie keine begründete Abwägung von negativen und positiven Elementen enthält.

    Ebenso ernst ist der Vorwurf, der Überleitungsausschuß habe nicht alle Noten gekannt und berücksichtigt, die der Kläger zu seiner Beurteilung eingereicht hat, insbesondere nicht seine erste Note vom 12. April 1962.

    Aus den Sitzungsprotokollen des Ausschusses ergibt sich, daß dieser eine Reihe von Schriftstücken aus der Hand des Klägers erhalten und geprüft hat. Die Note vom 12. April 1962 ist nicht unter ihnen. Es handelt sich dabei um die erste Äußerung des Klägers zum Beurteilungsbericht seines Dienstvorgesetzten, in der er sich sehr sorgfältig mit allen aufgeworfenen Fragen auseinandergesetzt und insbesondere eine Fülle von Anlagen zur Erläuterung mit eingereicht hat.

    Daß die späteren Noten, die dem Ausschuß vorgelegen haben, nur eine Wiederholung der ersten Note darstellen, kann offensichtlich nicht gesagt werden. Diese sind vielmehr dazu bestimmt, ergänzende Erläuterungen zu geben und Stellung zu nehmen zu anderen Schriftstücken, die im Überleitungsverfahren zur Person des Klägers verwertet wurden.

    Sollte also tatsächlich feststehen, daß die erste Note des Klägers nicht zur Kenntnis des Überleitungsausschusses gelangt ist, was wir angesichts der sorgfältig redigierten Protokolle des Ausschusses nicht anzweifeln können, so wäre auch hiermit ein Verstoß gegen notwendige Verfahrensprinzipien gegeben, denn es ist nicht auszuschließen, daß sich der Überleitungsausschuß unter dem Eindruck der ersten ausführlichen Note eine andere Meinung gebildet hätte.

    Ein dritter Vorwurf in diesem Zusammenhang lautet dahin, der Überleitungsausschuß habe eine Note des Dienstvorgesetzten des Klägers vom 17. Februar 1961 verwertet, ohne dem Kläger Gelegenheit zur Äußerung zu geben.

    Die Kommission weist diesen Vorwurf mit der Begründung zurück, die erwähnte Note habe im Überleitungsverfahren keine Rolle gespielt. Tatsächlich sind keine Anhaltspunkte (aus den Protokollen etwa) für die Richtigkeit der klägerischen Behauptung sichtbar. Die Kommission hat das Schriftstück vom 17. Februar 1961 vielmehr — wenn ich recht sehe — in das Gerichtsverfahren eingeführt, um zu zeigen, daß der Dienstvorgesetzte des Klägers diesem gegenüber nicht feindselig eingestellt gewesen sei, sondern sich durchaus unparteiisch zur Person des Klägers geäußert habe.

    Da der Kläger die Verwendung der Note nur vermutet (Replik, Seite 24) und keinen Beweis für seine Behauptung anbietet, kann dieser Vorwurf wohl auf sich beruhen. Eine weitere Nachprüfung erscheint insbesondere auch angesichts des bisherigen Untersuchungsergebnisses überflüssig.

    c)

    Aus demselben Grund erlaube ich mir, auf eine Reihe weiterer angeblicher Verfahrensverstöße nur flüchtig einzugehen. Sie sind, soweit es sich überhaupt um Unkorrektheiten und nicht nur um Schönheitsfehler handelt, kaum von einem Gewicht, das eine Annullierung des Verfahrens rechtfertigt.

    Mit Sicherheit gilt dies für den Vorwurf, der Überleitungsausschuß habe nicht alle vom Kläger benannten Zeugen vernommen. Die Kommission bemerkt dazu mit Recht, den Überleituhgsausschuß treffe eine solche Verpflichtung nicht, vielmehr sei er — wie ein Gericht — nur gehalten, die Aufklärung eines Falles soweit zu treiben, wie es ihm notwendig erscheine. Komme er zu der Auffassung, für die Beurteilung der dienstlichen Fähigkeiten liege ausreichendes Material vor, so könne er von der Vernehmung weiterer benannter Zeugen absehen. Ein Verfahrensverstoß wäre infolgedessen allenfalls dann nachgewiesen, wenn feststünde, daß die nicht vernommenen Zeugen erhebliche Aussagen zu machen hatten, d. h. Aussagen, die die Beurteilung des Ausschusses wesentlich beeinflussen konnten. Dafür aber liegen nach den Erklärungen des Klägers im schriftlichen und mündlichen Verfahren keine Anhaltspunkte vor.

    Ich möchte auch annehmen, daß die Rolle, die ein weiterer Dienstvorgesetzter des Klägers im Überleitungsverfahren gespielt hat, einen Annullierungsgrund nicht liefert.

    Dieser Beamte war Mitglied des Überleitungsausschusses und hatte sich deshalb nach der Ansicht des Klägers von allen Sitzungen fernzuhalten, in denen Angelegenheiten des Klägers zur Sprache kamen oder Zeugen zur Person des Klägers vernommen wurden. Er hätte insbesondere — so der Kläger — davon absehen müssen, während des Verfahrens noch einen Ad-hoc-Bericht über die Person des Klägers anzufertigen und dem Ausschuß zu unterbreiten.

    Mir scheint dagegen, daß dies die Anforderungen eines reinen Prüfungsverfahrens überspitzen hieße. Wenn ein Vorgesetzter das Recht und die Pflicht hat, über einen Bediensteten im Beurteilungsbericht seine Meinung zu äußern, kann ihm nicht verwehrt werden, diese Meinung im Laufe des Beurteilungsverfahrens noch schriftlich zu erläutern, immer vorausgesetzt, daß der Betroffene — was hier der Fall war — dazu Stellung nehmen konnte. — Dem Erfordernis der Unbefangenheit der Ausschußmitglieder dürfte m. E. genügt sein, wenn sich ein Mitglied von der Abstimmung fernhält, die sich auf einen ihm untergebenen Bediensteten bezieht. Einen vollständigen Ausschluß vom gesamten Verfahren halte ich dagegen in einem solchen Fall nicht für erforderlich.

    d)

    Es bliebe schließlich noch die Rüge der falschen Tatsachenbeurteilung zu untersuchen. Mit ihr wird vorgebracht, die Angaben über die Abwesenheit des Klägers seien unrichtig, es finde sich in den Integrationsakten eine widersprüchliche Beurteilung seiner Pünktlichkeit sowie unzutreffende Feststellungen über seine Beziehungen zu Untergebenen und seine Fähigkeiten, sich den Erfordernissen des neuen Dienstes anzupassen.

    Einige dieser Rügen zielen auf ausgesprochene Werturteile und können daher im Gerichtsverfahren nicht überprüft werden, so die Frage der Pünktlichkeit im Sinne der Fähigkeit, die dienstlichen Verrichtungen in geordneter und methodischer Weise durchzuführen, wie auch die Frage der Fähigkeit, sich an die Aufgaben im Rahmen der EWG-Kommission anzupassen.

    Soweit es sich aber um nachprüfbare Tatsachen handelt, möchte ich ebenso wie in anderen Verfahren davon absehen, auf sie einzugehen, weil sich dazu — sollte meiner Ansicht gefolgt werden — in einem neuen Beurteilungsverfahren ausreichend Gelegenheit bietet. Daß sie völlig unerheblich für die Stellungnahme des Überleitungsausschusses gewesen wären, soll damit jedoch nicht gesagt sein.

    4.

    Als Ergebnis zu den Hauptanträgen des Klägers ist demnach festzuhalten:

    Wir erkennen im Überleitungsverfahren eine Reihe von erheblichen Verstößen gegen wichtige Verfahrensprinzipien. Damit ist die Annullierung der Stellungnahme des Überleitungsausschusses unabweislich. Desgleichen ist die Entlassungsverfügung der Kommission zu annullieren, weil ohne die negative Stellungnahme des Überleitungsausschusses der Kläger im Dienst der Kommission verblieben wäre. Für die Kommission folgt daraus die Verpflichtung, das Überleitungsverfahren zu wiederholen. Gleichzeitig steht fest, daß der Kläger noch im Dienste der Kommission steht mit allen Rechten, die sich aus seiner früheren Position ergeben.

    II.

    Die Untersuchung der Hilfsanträge des Klägers und aller Argumente, die sich auf die Art der Abwicklung des Dienstverhältnisses beziehen, erübrigt sich nach alledem. Dasselbe gilt für den Schadenersatzantrag, jedenfalls soweit er für den Fall der Annullierung der angegriffenen Stellungnahme dahin umformuliert wurde, daß lediglich die fälligen Dienstbezüge zu entrichten seien.

    III.

    Für meinen Schlußantrag habe ich zusammenfassend hervorzuheben, daß mir die Klage begründet erscheint und daß entsprechend die Kosten des Verfahrens der Kommission auferlegt werden müssen.

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