SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS

MANUEL CAMPOS SÁNCHEZ-BORDONA

vom 19. Oktober 2016 ( 1 )

Rechtssache C‑453/16 PPU

Openbaar Ministerie

gegen

Halil Ibrahim Özçelik

(Vorabentscheidungsersuchen der Rechtbank Amsterdam [Bezirksgericht Amsterdam, Niederlande])

„Polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen — Rahmenbeschluss 2002/584/JI — Europäischer Haftbefehl — Art. 8 Abs. 1 Buchst. c — Begriff ‚Haftbefehl oder eine andere justizielle Entscheidung‘ vor Erlass des Europäischen Haftbefehls“

1. 

Hinsichtlich des mit dem Rahmenbeschluss 2002/584/JI ( 2 ) eingeführten Systems des Europäischen Haftbefehls hat der Gerichtshof vor Kurzem als unverzichtbar hervorgehoben, dass vor jedem Europäischen Haftbefehl ein nationaler Haftbefehl oder eine vergleichbare vollstreckbare justizielle Entscheidung ergangen sein muss.

2. 

Ist diese aus Art. 8 Abs. 1 Buchst. c abgeleitete Voraussetzung erfüllt, wenn der nationale HB ( 3 ) von der Polizei des Ausstellungstaats erlassen und von der Staatsanwaltschaft dieses Landes validiert worden ist? Zusammengefasst ist dies die Frage, die die Rechtbank Amsterdam (Bezirksgericht Amsterdam, Niederlande) als den EHB ( 4 ) vollstreckende Behörde dem Gerichtshof zur Vorabentscheidung vorlegt.

I – Rechtlicher Rahmen

A – Unionsrecht

1. EU-Vertrag

3.

Art. 6 EUV sieht vor:

„(1)   Die Union erkennt die Rechte, Freiheiten und Grundsätze an, die in der Charta der Grundrechte … [im Folgenden: Charta] niedergelegt sind; die Charta der Grundrechte und die Verträge sind rechtlich gleichrangig.

Durch die Bestimmungen der Charta werden die in den Verträgen festgelegten Zuständigkeiten der Union in keiner Weise erweitert.

Die in der Charta niedergelegten Rechte, Freiheiten und Grundsätze werden gemäß den allgemeinen Bestimmungen des Titels VII der Charta, der ihre Auslegung und Anwendung regelt, und unter gebührender Berücksichtigung der in der Charta angeführten Erläuterungen, in denen die Quellen dieser Bestimmungen angegeben sind, ausgelegt.

(2)   Die Union tritt der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten [unterzeichnet in Rom am 4. November 1950, im Folgenden: EMRK] bei. Dieser Beitritt ändert nicht die in den Verträgen festgelegten Zuständigkeiten der Union.

(3)   Die Grundrechte, wie sie in der [EMRK] gewährleistet sind und wie sie sich aus den gemeinsamen Verfassungsüberlieferungen der Mitgliedstaaten ergeben, sind als allgemeine Grundsätze Teil des Unionsrechts.“

2. Charta

4.

In Art. 47 („Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf und ein unparteiisches Gericht“) der Charta heißt es:

„Jede Person, deren durch das Recht der Union garantierte Rechte oder Freiheiten verletzt worden sind, hat das Recht, nach Maßgabe der in diesem Artikel vorgesehenen Bedingungen bei einem Gericht einen wirksamen Rechtsbehelf einzulegen.

Jede Person hat ein Recht darauf, dass ihre Sache von einem unabhängigen, unparteiischen und zuvor durch Gesetz errichteten Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird. Jede Person kann sich beraten, verteidigen und vertreten lassen.

…“

3. Rahmenbeschluss

5.

Im fünften Erwägungsgrund heißt es:

„Aus dem der Union gesetzten Ziel, sich zu einem Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts zu entwickeln, ergibt sich die Abschaffung der Auslieferung zwischen Mitgliedstaaten und deren Ersetzung durch ein System der Übergabe zwischen Justizbehörden. …“

6.

Der sechste Erwägungsgrund lautet:

„Der Europäische Haftbefehl im Sinne des vorliegenden Rahmenbeschlusses stellt im strafrechtlichen Bereich die erste konkrete Verwirklichung des vom Europäischen Rat als ‚Eckstein‘ der justiziellen Zusammenarbeit qualifizierten Prinzips der gegenseitigen Anerkennung dar.“

7.

Der zehnte Erwägungsgrund lautet:

„Grundlage für den Mechanismus des Europäischen Haftbefehls ist ein hohes Maß an Vertrauen zwischen den Mitgliedstaaten. Die Anwendung dieses Mechanismus darf nur ausgesetzt werden, wenn eine schwere und anhaltende Verletzung der in Artikel 6 Absatz 1 des Vertrags über die Europäische Union enthaltenen Grundsätze durch einen Mitgliedstaat vorliegt und diese vom Rat gemäß Artikel 7 Absatz 1 des genannten Vertrags mit den Folgen von Artikel 7 Absatz 2 festgestellt wird.“

8.

Art. 1 („Definition des Europäischen Haftbefehls und Verpflichtung zu seiner Vollstreckung“) lautet:

„(1)   Bei dem Europäischen Haftbefehl handelt es sich um eine justizielle Entscheidung, die in einem Mitgliedstaat ergangen ist und die Festnahme und Übergabe einer gesuchten Person durch einen anderen Mitgliedstaat zur Strafverfolgung oder zur Vollstreckung einer Freiheitsstrafe oder einer freiheitsentziehenden Maßregel der Sicherung bezweckt.

(2)   Die Mitgliedstaaten vollstrecken jeden Europäischen Haftbefehl nach dem Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung und gemäß den Bestimmungen dieses Rahmenbeschlusses.

(3)   Dieser Rahmenbeschluss berührt nicht die Pflicht, die Grundrechte und die allgemeinen Rechtsgrundsätze, wie sie in Artikel 6 des Vertrags über die Europäische Union niedergelegt sind, zu achten.“

9.

Art. 6 („Bestimmung der zuständigen Behörden“) sieht vor:

„(1)   Ausstellende Justizbehörde ist die Justizbehörde des Ausstellungsmitgliedstaats, die nach dem Recht dieses Staats für die Ausstellung eines Europäischen Haftbefehls zuständig ist.

(2)   Vollstreckende Justizbehörde ist die Justizbehörde des Vollstreckungsmitgliedstaats, die nach dem Recht dieses Staats zuständig für die Vollstreckung des Europäischen Haftbefehls ist.

(3)   Jeder Mitgliedstaat unterrichtet das Generalsekretariat des Rates über die nach seinem Recht zuständige Justizbehörde.“

10.

In Art. 8 Abs. 1 („Inhalt und Form des Europäischen Haftbefehls“) heißt es:

„Der Europäische Haftbefehl enthält entsprechend dem im Anhang beigefügten Formblatt folgende Informationen:

c)

die Angabe, ob ein vollstreckbares Urteil, ein Haftbefehl oder eine andere vollstreckbare justizielle Entscheidung mit gleicher Rechtswirkung nach den Artikeln 1 und 2 vorliegt;

…“

11.

Zum Verhältnis zu anderen Übereinkommen heißt es in Art. 31 Abs. 1 Buchst. a:

„(1)   Dieser Rahmenbeschluss ersetzt am 1. Januar 2004 die entsprechenden Bestimmungen der folgenden in den Beziehungen zwischen den Mitgliedstaaten im Bereich der Auslieferung geltenden Übereinkommen, unbeschadet von deren Anwendbarkeit in den Beziehungen zwischen den Mitgliedstaaten und Drittstaaten:

a)

das Europäische Auslieferungsübereinkommen vom 13. Dezember 1957, das dazugehörige Zusatzprotokoll vom 15. Oktober 1975, das dazugehörige Zweite Zusatzprotokoll vom 17. März 1978 und das Europäische Übereinkommen zur Bekämpfung des Terrorismus vom 27. Januar 1977, soweit es sich auf die Auslieferung bezieht;

…“

B – Ungarisches Recht

12.

Nach der Auskunft, die dem vorlegenden Gericht am 14. Juli 2016 vom ungarischen Justizministerium übermittelt wurde, und den Informationen der ungarischen Regierung ist die Staatsanwaltschaft ein von der Exekutive unabhängiges Organ, dessen Leiter für einen Zeitraum von neun Jahren vom Parlament gewählt wird.

13.

Art. 28 Abs. 3 und 4 der ungarischen Strafprozessordnung ( 5 ) weisen der Staatsanwaltschaft die Aufgabe zu, gegenüber den zuständigen Behörden (u. a. der Polizei) die Aufnahme der „Ermittlungen“ anzuordnen, deren Rechtmäßigkeit sie zu überwachen hat. Sie kann diese Ermittlungen aber auch selbst durchführen ( 6 ). Insbesondere hat sie „die rechtmäßige Durchführung der im Verlauf des Strafverfahrens angeordneten Zwangsmaßnahmen, die eine Einschränkung oder Entziehung der persönlichen Freiheit darstellen, zu überwachen“ ( 7 ).

14.

In diesem Kontext ist die Staatsanwaltschaft u. a. befugt, eine von der Polizei angeordnete „Ingewahrsamnahme“ zu bestätigen, zu modifizieren oder abzulehnen. Art. 28 Abs. 4 Buchst. c der Strafprozessordnung gibt ihr hierzu die Befugnis, „die Entscheidung der Ermittlungsbehörde abzuändern oder aufzuheben“.

15.

Art. 126 der Strafprozessordnung sieht vor, dass die „Ingewahrsamnahme“ einer Person, d. h. eine zeitlich begrenzte Freiheitsentziehung, angeordnet werden kann, wenn ein nachvollziehbarer Verdacht besteht, dass sie eine Tat begangen hat, die mit Freiheitsstrafe bedroht ist, oder wenn Gründe für die Annahme bestehen, dass ihre „vorläufige Inhaftierung“ angeordnet werden wird. Die „Ingewahrsamnahme“ kann von einem Richter, von der Staatsanwaltschaft oder von der Ermittlungsbehörde angeordnet werden. Ihre Dauer darf 72 Stunden nicht überschreiten. Danach ist der Betroffene auf freien Fuß zu setzen, sofern nicht von einem Richter seine „vorläufige Inhaftierung“ angeordnet wird.

16.

Nach den Art. 129 ff. der Strafprozessordnung ist ausschließlich der Richter dazu befugt, die „vorläufige Inhaftierung“ des Festgenommenen (d. h. „die vor der Verkündung der endgültigen Entscheidung gerichtlich angeordnete Freiheitsentziehung“) ( 8 ) anzuordnen, was sowohl vor als auch nach dem Eingang der von der Staatsanwaltschaft abgefassten Anklageschrift geschehen kann.

II – Ausgangsverfahren und Vorlagefragen

17.

Das Distriktgericht Veszprém (Ungarn) hat im Strafverfahren gegen den türkischen Staatsangehörigen Herrn Halil Ibrahim Özçelik am 21. Juni 2016 einen EHB erlassen, mit dem es wegen zweier in Ungarn begangener und dort mit Strafe bedrohter Taten dessen Übergabe beantragt ( 9 ).

18.

Derzeit ist Herr Özçelik bis zur Entscheidung der Rechtbank Amsterdam (Bezirksgericht Amsterdam) in der Haftanstalt Zwaag (Niederlande) inhaftiert.

19.

In Punkt b Nr. 1 des EHB des Distriktgerichts Veszprém wird als Grundlage der (nationale) HB Nr. 19060/93/2014.bü genannt, der von der Polizeidienststelle Ajka (Ungarn) erlassen und durch eine Entscheidung der Staatsanwaltschaft Ajka vom 14. Juni 2016 bestätigt wurde.

20.

Am 8. Juli 2016 ersuchte die Rechtbank Amsterdam (Bezirksgericht Amsterdam) die ungarischen Behörden um genauere Auskunft zur Rolle der Staatsanwaltschaft, insbesondere zu deren Unabhängigkeit von der Exekutive, zur Validierung eines von der Polizei erlassenen HB, zu den dafür zugrunde zu legenden Kriterien und zu den Wirkungen dieser Validierung. Auch wurde um Klarstellung gebeten, ob dieselbe Person, die einen von der Polizei erlassenen nationalen HB bestätigt hat, anschließend in demselben Verfahren als Vertreter der Staatsanwaltschaft auftreten kann.

21.

In ihrem Antwortschreiben vom 14. Juli 2016 hoben die ungarischen Behörden die Unabhängigkeit der Staatsanwaltschaft von der Exekutive hervor. Ihre Aufgabe sei es, darüber zu wachen, dass die Polizei die Rechte des Festgenommenen beachte. Als mit den strafrechtlichen Ermittlungen betraute Behörde könne sie eine polizeiliche Entscheidung – auch einen HB – abändern oder aufheben, wenn sie der Meinung sei, dass sie gesetzliche Bestimmungen verletze oder dem Ziel der Ermittlungen zuwiderlaufe. Es sei möglich, dass ein Mitglied der Staatsanwaltschaft, das einen von der Polizei erlassenen nationalen HB validiert habe, anschließend in demselben Strafverfahren als Vertreter der Staatsanwaltschaft auftrete.

22.

Vor dem Hintergrund dieser Angaben hat die Rechtbank Amsterdam (Bezirksgericht Amsterdam) Zweifel, ob ein nationaler HB, der von der Polizei erlassen und später von einem Mitglied der Staatsanwaltschaft bestätigt worden ist, als „justizielle Entscheidung“ im Sinne von Art. 8 Abs. 1 Buchst. c des Rahmenbeschlusses gelten kann. Sie hat deshalb das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1.

Ist der Ausdruck „justizielle Entscheidung“ im Sinne von Art. 8 Abs. 1 Buchst. c des Rahmenbeschlusses 2002/584/JI ein autonom und einheitlich auszulegender Begriff des Unionsrechts?

2.

Wenn ja, welche Bedeutung hat dieser Begriff?

3.

Stellt die Bestätigung eines zuvor von der Polizei erlassenen nationalen Haftbefehls durch ein Mitglied der Staatsanwaltschaft, wie sie hier in Rede steht, eine solche „justizielle Entscheidung“ dar?

23.

Das vorlegende Gericht führt hierzu (in Abschnitt 4.3 der Vorlageentscheidung) Folgendes aus:

Obgleich Art. 8 Abs. 1 Buchst. c des Rahmenbeschlusses für die Ermittlung der Bedeutung und der Tragweite dieses Ausdrucks nicht ausdrücklich auf das Recht der Mitgliedstaaten verweise, sei nicht klar, ob dieser Begriff in der gesamten Union eine autonome und einheitliche Auslegung erhalten müsse.

In der deutschen Sprachfassung von Art. 8 Abs. 1 Buchst. c des Rahmenbeschlusses sei von „justizieller Entscheidung“ die Rede, in der englischen Sprachfassung von „judicial decision“. Diese Sprachfassungen, die weiter seien als der niederländische Ausdruck „rechterlijke beslissing“, könnten ein Indiz dafür sein, dass der Begriff „rechterlijke beslissing“ auch eine Entscheidung der Staatsanwaltschaft umfasse. Gleichwohl könnten eine oder mehrere Sprachfassungen einer unionsrechtlichen Bestimmung nicht als alleinige Grundlage für die Auslegung dieser Bestimmung dienen.

Die Rn. 52 bis 57 des Urteils des Gerichtshofs vom 1. Juni 2016, Bob‑Dogi ( 10 ), könnten so verstanden werden, dass sie „keine inhaltlichen Anforderungen an die Befugnisse und die Position der genannten Behörde und an das von ihr angewandte Verfahren [stellen], sondern … den Ausgangspunkt zum Ausdruck [bringen], dass aus der Angabe des Vorliegens eines nationalen HB folgt, dass bei dessen Erlass auf den Schutz der Verfahrens- und Grundrechte des Gesuchten geachtet wurde“.

In Anbetracht des Umstands, dass in den nationalen Rechtsordnungen einiger Mitgliedstaaten, u. a. der Niederlande, die Staatsanwaltschaft an der Strafrechtspflege mitwirke und befugt sei, die Festnahme eines Verdächtigen anzuordnen und unter Umständen den Freiheitsentzug zu verlängern, könnte die letztgenannte Lesart der Rn. 52 bis 57 des Urteils Bob‑Dogi ( 11 )„zu einer Auslegung des Begriffs ‚justizielle Entscheidung‘ führen, nach der darunter eine von einem Richter oder einem Staatsanwalt getroffene Entscheidung zu verstehen ist“.

Die Lesart der Begriffe „justizielle Entscheidung“ in Art. 1 Abs. 1 und „Justizbehörde“ im Sinne von Art. 6 des Rahmenbeschlusses sei nicht klar, so dass die Rechtbank Zweifel habe, ob sie an diese Begriffe, an den Begriff „Gericht“ in Art. 267 AEUV oder an die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zu Art. 5 EMRK anknüpfen könne.

III – Verfahren vor dem Gerichtshof

24.

Die Vorlageentscheidung ist am 16. August 2016 zusammen mit einem Antrag auf Anwendung des Eilvorabentscheidungsverfahrens (Art. 267 Abs. 4 AEUV) beim Gerichtshof eingegangen. Das vorlegende Gericht hat seinen Antrag damit begründet, dass Herr Özçelik inhaftiert sei und dass die Aufrechterhaltung dieser Haft von der Beantwortung der gestellten Vorlagefragen abhänge.

25.

In der Verwaltungssitzung vom 1. September 2016 hat der Gerichtshof beschlossen, die Rechtssache im Eilvorabentscheidungsverfahren zu behandeln.

26.

Die ungarische und die niederländische Regierung sowie die Europäische Kommission haben schriftliche Erklärungen eingereicht.

27.

Am 5. Oktober 2016 hat eine Sitzung stattgefunden, in der die in Art. 23 der Satzung des Gerichtshofs bezeichneten Beteiligten, konkret die ungarische Regierung, aufgefordert worden sind, die ihnen zuvor übermittelten Fragen zu beantworten.

28.

Die Vertreter der niederländischen, der deutschen und der ungarischen Regierung sowie die Kommission haben in der Sitzung Erklärungen abgegeben.

IV – Prüfung

A – Zur ersten und zur zweiten Vorlagefrage

29.

In den Nrn. 26 bis 31 meiner heute vorgelegten Schlussanträge in der Rechtssache Poltorak ( 12 ) erläutere ich die Gründe, aus denen ich der Auffassung bin, dass die im Rahmenbeschluss verwendeten Begriffe „Justizbehörde“ und „justizielle Entscheidung“ autonomen Charakter haben. Um die vorliegenden Schlussanträge nicht unnötig zu verlängern, verweise ich auf meine dortigen Ausführungen.

30.

In den Nrn. 32 ff. jener Schlussanträge schlage ich eine Auslegung beider Begriffe nach den vom Gerichtshof üblicherweise angewandten Auslegungskriterien vor, der wegen der „enge[n] Verbindung zwischen einer justiziellen Entscheidung und der Gerichtseigenschaft des sie erlassenden Spruchkörpers“ ( 13 ), den Schwerpunkt auf den ersten Begriff (Justizbehörde) legt.

31.

Da die Zweifel des vorlegenden Gerichts sich darauf beziehen, ob der Begriff „gerichtliche Entscheidung“ im Rahmenbeschluss autonom auszulegen ist und welche Bedeutung er hat, denke ich, dass ich meine Auffassung hierzu in den parallelen Schlussanträgen in der Rechtssache Poltorak hinreichend dargelegt habe.

B – Zur dritten Vorlagefrage

32.

Im Unterschied zum Vorabentscheidungsersuchen in der Rechtssache Poltorak beziehen sich die Fragen des vorlegenden Gerichts in der vorliegenden Rechtssache jedoch nicht darauf, welche Behörde für den Erlass des EHB zuständig ist, sondern darauf, welche Behörde befugt ist, den vorhergehenden nationalen HB zu erlassen.

33.

Die Zweifel des niederländischen vollstreckenden Gerichts ergeben sich daraus, dass es sich bei der ungarischen Behörde, die in diesem Fall den nationalen HB gegen Herrn Özçelik erlassen hat, um die Polizeidienststelle Ajka handelt, deren Entscheidung von der ungarischen Staatsanwaltschaft am 14. Juni 2016 bestätigt oder validiert wurde.

34.

Es sei schon an dieser Stelle hervorgehoben, dass der EHB gegen Herrn Özçelik im Gegensatz zum nationalen HB von einem ungarischen Gericht (dem Distriktgericht Veszprém) erlassen wurde, dessen Charakter als „Justizbehörde“ im Sinne des Rahmenbeschlusses von keiner Seite bestritten oder in Frage gestellt wird. Daraus können sich meiner Auffassung nach erhebliche Folgen für die Beantwortung der Vorlagefragen ergeben, auf die ich später eingehen werde.

35.

Ich gehe von der Prämisse aus, dass die Validierung oder Bestätigung des zuvor nur von der Polizei unterzeichneten nationalen HB durch die Staatsanwaltschaft diese zum eigentlichen Entscheidungsträger (oder, wenn man so will, Mitentscheidungsträger) dieses HB macht. Die Staatsanwaltschaft hat sich dadurch im Rahmen ihrer Befugnisse im Strafverfahren die vorherige Entscheidung der Polizei zu eigen gemacht und ihr die Rechtswirkung verliehen, die auch jedem von ihr selbst erlassenen HB zukommt. Daher kann die Staatsanwaltschaft im Strafverfahren gegen Herrn Özçelik als der wirkliche „Urheber“ des nationalen HB angesehen werden.

36.

Akzeptiert man diese Prämisse, so hat das mindestens zwei Konsequenzen. Die erste besteht darin, dass in diesem Vorabentscheidungsverfahren nicht abstrakt entschieden zu werden braucht, ob die Staatsanwaltschaften der Mitgliedstaaten (die einige von diesen in der nach Art. 6 Abs. 3 des Rahmenbeschlusses dem Rat zu übermittelnden Aufstellung von Justizbehörden genannt haben) im Sinne von Art. 1 und Art. 6 Abs. 1 befugt sind, EHB zu erlassen. Insoweit erinnere ich daran, dass es im Ausgangsrechtsstreit nicht die Staatsanwaltschaft, sondern ein Distriktgericht war, das den der Rechtbank Amsterdam (Bezirksgericht Amsterdam) übermittelten EHB ausgestellt hat.

37.

Die zweite Konsequenz dieser Prämisse ist, dass die Fragen sich darauf beschränken, klären zu lassen, ob die von der ungarischen Staatsanwaltschaft erlassenen (besser gesagt: bestätigten oder genehmigten) HB unter eine der in Art. 8 Abs. 1 Buchst. c des Rahmenbeschlusses verwendeten Kategorien von justiziellen Entscheidungen fallen, ob also „ein vollstreckbares Urteil, ein Haftbefehl oder eine andere vollstreckbare justizielle Entscheidung mit gleicher Rechtswirkung … vorliegt“.

38.

Allerdings kann zur Beantwortung dieser Fragen wegen der bereits erwähnten engen Verbindung zwischen dem Wesen einer justiziellen Entscheidung und der Gerichtseigenschaft des erkennenden Spruchkörpers auf einige Vorüberlegungen zur möglichen Einordnung der Staatsanwaltschaft als Justizbehörde im Sinne des Rahmenbeschlusses nicht verzichtet werden. Diesem Rechtsetzungsakt lassen sich einige Merkmale einer solchen Behörde entnehmen, die, vergleicht man sie mit dem Status und den Aufgaben der Staatsanwaltschaft im ungarischen Strafprozess, einen Schluss darüber zulassen, ob der von einem ungarischen Staatsanwalt bestätigte nationale HB eine „justizielle Entscheidung“ ist und ob dieser HB unter Art. 8 Abs. 1 Buchst. c subsumiert werden kann.

39.

Der ursprüngliche Vorschlag für den Rahmenbeschluss ( 14 ) enthielt in Art. 3 eine Definition der (den EHB ausstellenden oder vollstreckenden) Justizbehörde, die für beide Fälle ausdrücklich neben den Gerichten auch die Staatsanwaltschaft umfasste ( 15 ).

40.

In der Begründung hierzu hieß es, der Begriff „Justizbehörde“ entspreche demjenigen im Europäischen Auslieferungsübereinkommen von 1957, das als Justizbehörden „die Justizbehörden im eigentlichen Sinne und die Staatsanwaltschaft mit Ausnahme der Polizeibehörden“ anerkannte ( 16 ).

41.

Im Rahmenbeschluss selbst wurde die in Art. 3 des Vorschlags skizzierte Linie allerdings nicht übernommen, und die Staatsanwaltschaft war in den Art. 1 und 6 des schließlich angenommenen Textes nicht mehr erwähnt. Welche Bedeutung dieser Streichung der Staatsanwaltschaft zukommt, ist nicht leicht zu ermitteln: Sollte sie bewusst ausgenommen werden, oder ging man davon aus, sie gehöre auch ohne besondere Nennung für die Zwecke des EHB zu den Justizbehörden der Mitgliedstaaten? ( 17 )

42.

Die Unsicherheit über diese Frage dauert bis heute an ( 18 ), ohne dass sie meines Wissens jemals von einem mitgliedstaatlichen Gericht dem Gerichtshof vorgelegt worden wäre. In der Tat wirft ihre Beantwortung nach wie vor nicht wenige Auslegungsprobleme auf.

43.

Nach der Annahme des Rahmenbeschlusses teilten einige Mitgliedstaaten in Durchführung von Art. 6 Abs. 3 dem Generalsekretariat des Rates mit, zu den für die Ausstellung oder Vollstreckung von EHB „nach ihrem Recht zuständige[n] Justizbehörde[n]“ gehörten auch ihre jeweiligen Staatsanwaltschaften. Allerdings wird durch eine solche Mitteilung die Vereinbarkeit der von dem betreffenden Mitgliedstaat getroffenen Maßnahmen mit dem Rahmenbeschluss streng rechtlich gesehen weder präjudiziert noch beeinflusst. Die Bestimmung gibt den Mitgliedstaaten die Befugnis, unter ihren Justizbehörden diejenigen zu benennen oder auszuwählen, die dafür zuständig sind, EHB entgegenzunehmen oder auszustellen; sie gestattet ihnen dagegen nicht, den Begriff der Justizbehörde auszudehnen, indem sie ihn auf Organe erstrecken, denen dieser Status nicht zukommt.

44.

Zu den Mitgliedstaaten, die ihrer Staatsanwaltschaft den Status einer Justizbehörde, die EHB ausstellen und vollstrecken kann, beigemessen haben, gehört Ungarn nicht. Nach der Mitteilung, die der Rat aus Ungarn am 26. April 2004 zu Art. 6 Abs. 3 des Rahmenbeschlusses erhielt, ist „[i]m Hinblick auf die Strafverfolgung … die ausstellende Justizbehörde das in der Sache zuständige Gericht. In Bezug auf die Vollstreckung einer Freiheitsstrafe oder einer freiheitsentziehenden Maßregel der Sicherung ist der für Fragen des Strafvollzugs zuständige Richter für die Ausstellung eines Europäischen Haftbefehls zuständig.“ ( 19 )

45.

Auch wenn es eine reizvolle Aufgabe wäre, an dieser Stelle eine allgemeine Antwort auf den Zweifel an der Legitimation der Staatsanwaltschaften der Mitgliedstaaten zur Ausstellung von EHB zu geben, glaube ich nicht, dass dieses Vorabentscheidungsersuchen die geeignete Gelegenheit dafür bietet, weil – wie ich bereits hervorgehoben habe – der Rechtbank Amsterdam (Bezirksgericht Amsterdam) der EHB von einem ungarischen Gericht übermittelt worden ist, das gemäß der Mitteilung der Republik Ungarn an den Rat zu Art. 6 Abs. 3 des Rahmenbeschlusses tätig wurde, wozu die ungarische Staatsanwaltschaft nicht befugt ist.

46.

Damit kehren wir zu unserem Ausgangspunkt zurück, d. h. zu der nationalen Entscheidung vor Erlass des EHB. Im System des Rahmenbeschlusses ist diese nationale Entscheidung sicherlich von geringerer Relevanz als der EHB selbst. Tatsächlich wird sie nur in Art. 8 erwähnt, der die „Informationen“ regelt, die der EHB enthalten muss und die im Formblatt im Anhang des Rahmenbeschlusses aufgeführt sind. Der Gerichtshof hat im Urteil vom 1. Juni 2016, Bob‑Dogi ( 20 ), hervorgehoben, dass der vorhergehende nationale HB eine zwingende Voraussetzung des EHB darstellt, doch behandelt der Rahmenbeschluss vorrangig Letzteren. Der nationale HB ist lediglich eine – wenn auch unerlässliche – Voraussetzung des EHB.

47.

Zur auf das Strafverfahren in allen seinen Phasen (d. h. im Ermittlungsverfahren wie im Hauptverfahren) anwendbaren Regelung hat der Gerichtshof ausgeführt, dass „[die] Verfahren der Strafverfolgung, der Strafvollstreckung oder der Verhängung einer freiheitsentziehenden Maßregel der Sicherung oder … strafrechtlich[e] Hauptverfahren … nicht in den Anwendungsbereich des Rahmenbeschlusses und des Unionsrechts fallen“ ( 21 ).

48.

Zur Bestimmung dieser Regelung ist damit folgerichtig auf das Recht des jeweiligen Mitgliedstaats zurückzugreifen, sofern die entsprechenden gesetzlichen Bestimmungen auf diesem Gebiet die Grundrechte, wie sie in der EMRK festgelegt sind, sowie das Recht auf Freiheit und das Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf im Sinne der Art. 5 und 13 EMRK und der Art. 6 und 47 der Charta beachten.

49.

Die Rolle der Staatsanwaltschaft bei den Ermittlungen und eventuell bei den richterlichen Untersuchungshandlungen bleibt der Rechtsordnung eines jeden Mitgliedstaats überlassen. Das Unionsrecht geht von diesem Grundsatz aus, und in der Tat wurde auf einem anderen wichtigen Feld der justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen, auf das in Art. 82 AEUV Bezug genommen wird, nämlich in Art. 2 der Richtlinie 2014/41/EU ( 22 ), ohne Weiteres die Staatsanwaltschaft explizit unter die Behörden aufgenommen, die eine Europäische Ermittlungsanordnung in Strafsachen erlassen können ( 23 ).

50.

Die Anerkennung der Staatsanwaltschaft als Behörde, die eine auf die Durchführung einer oder mehrerer spezifischer Ermittlungsmaßnahmen in einem anderen Staat (dem „Vollstreckungsstaat“) gerichtete „justizielle Entscheidung“ zur Erlangung von Beweisen erlassen kann, zeigt, falls dies noch erforderlich sein sollte, dass der Staatsanwaltschaft aus der Sicht des Unionsgesetzgebers im Rahmen von Strafverfahren eine wichtige Aufgabe zukommt. Gleichzeitig darf nicht vergessen werden, dass die Europäische Ermittlungsanordnung nur eines der Instrumente ist, die im Rahmen des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung von Urteilen und justiziellen Entscheidungen geschaffen wurden, der seit der Tagung des Europäischen Rates in Tampere vom 15. und 16. Oktober 1999 gemeinhin als der Grundpfeiler der justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen in der Union angesehen wird.

51.

Gewiss darf die Tätigkeit der Staatsanwaltschaft in dem einen Bereich (hier dem der Freiheit der Person, die durch eine Festnahme beeinträchtigt wird) nicht ohne Weiteres mit derjenigen in einem anderen Bereich (dem der Erlangung von Beweisen) gleichgesetzt werden. Damit will ich sagen, dass ihre Anerkennung als Justizbehörde in der Richtlinie 2014/41/EU für Europäische Ermittlungsanordnungen nicht zwingend zu dem Schluss führt, dass dies auch auf den Rahmenbeschluss, d. h. auf EHB, zu erstrecken ist. Diese normative Regelung stellt jedoch eine ernst zu nehmende Stütze für die These dar, dass der Begriff „Justizbehörde“ weit auszulegen ist und die Staatsanwaltschaft für die verschiedenen Formen der justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen, auf die Art. 82 AEUV Bezug nimmt, also auch für den EHB, als eine solche angesehen werden kann.

52.

Mit dieser Argumentation unterstreiche ich ein besonderes Merkmal der Staatsanwaltschaft, nämlich dass sie – jedenfalls wenn dies in den verfassungsrechtlichen oder gesetzlichen Bestimmungen der Mitgliedstaaten so vorgesehen ist – als Instrument des Staates, der ein Strafverfahren durchführt, bei der Strafrechtspflege mitwirken und in deren Rahmen sogar, zumindest mit vorläufigem und zeitlich begrenztem Charakter, Ingewahrsamnahmen oder Inhaftierungen oder gleichwertige Entscheidungen erlassen kann, bevor die festgenommene Person einem Richter vorgeführt wird, der über ihre Freilassung oder weitere Inhaftierung zu entscheiden hat.

53.

Der Gerichtshof hat die Aufgaben der Staatsanwaltschaft im Strafverfahren in gleicher Weise hervorgehoben und sie (in einer seiner Entscheidungen im Bereich des Strafrechts) als „zur Mitwirkung bei der Strafrechtspflege in der betreffenden nationalen Rechtsordnung berufen[e] Behörde“ bezeichnet ( 24 ).

54.

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte seinerseits hat anerkannt, dass die Mitglieder der Staatsanwaltschaft als „[Richter oder eine andere] gesetzlich zur Wahrnehmung richterlicher Aufgaben ermächtigte Person“ angesehen werden können, der nach Art. 5 Abs. 3 der EMRK jede Person, die nach Art. 5 Abs. 1 Buchst. c von Festnahme oder Freiheitsentziehung betroffen ist, vorzuführen ist.

55.

In der Tat hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte, beginnend mit dem Urteil vom 4. Dezember 1979 ( 25 ), in einer Reihe von Urteilen, u. a. dem des Großen Senats vom 29. März 2010 ( 26 ), die Begriffe „zuständige Gerichtsbehörde“ und „Richter oder eine andere gesetzlich zur Wahrnehmung richterlicher Aufgaben ermächtigte Person“, die beide in Art. 5 der EMRK („Recht auf Freiheit und Sicherheit“) verwendet werden, dahin ausgelegt, dass die Mitglieder der Staatsanwaltschaft hierunter fallen können, sofern sie die diesen Begriffen innewohnenden Gewährleistungen (auf die ich weiter unten zurückkommen werde) erfüllen.

56.

Schließlich ist mit Blick auf das nationale Recht noch darauf hinzuweisen, dass in der Republik Ungarn Staatsanwälte die Inhaftierung (in der Form der Ingewahrsamnahme) einer Person anordnen können, wenn die in der ungarischen Strafprozessordnung dafür vorgesehenen Voraussetzungen, auf die ich oben Bezug genommen habe ( 27 ), vorliegen. Auch können sie einen vorher von der Polizei erlassenen HB bestätigen oder aufheben. In beiden Fällen ist meines Erachtens letztlich von entscheidender Bedeutung, dass diese Freiheitsentziehungen, die von der Staatsanwaltschaft beschlossen, genehmigt oder bestätigt werden, gesetzlich ( 28 ) auf einen kurzen Zeitraum beschränkt sind, weil die in Gewahrsam genommene Person innerhalb von maximal 72 Stunden dem Richter vorzuführen oder auf freien Fuß zu setzen ist. Letzterer ist die einzige zur Anordnung der „vorläufigen Inhaftierung“, d. h. der Inhaftierung noch vor Erhebung der Anklage, befugte Behörde.

57.

Angesichts dieser gesetzlichen Voraussetzungen, die meiner Ansicht nach nicht gegen Art. 5 der EMRK verstoßen, besteht die Tätigkeit der ungarischen Staatsanwaltschaft als Behörde darin, unabhängig von der Exekutive im Rahmen ihrer Aufgabe, die öffentliche Strafverfolgung zu initiieren (also die Ausübung des staatlichen ius puniendi zu beantragen), aus einer anderen Position heraus als der Richter an der Strafrechtspflege mitzuwirken, wofür sie zum Erlass vorläufiger Maßnahmen von eng begrenzter Dauer ermächtigt ist, die die Freiheit der Person einschränken und unter dem Vorbehalt einer später ergehenden, unerlässlichen Entscheidung des Richters stehen.

58.

Nach der Auslegung von Art. 8 Abs. 1 Buchst. c des Rahmenbeschlusses durch den Gerichtshof fallen die drei Arten von Entscheidungen, die in der Bestimmung genannt sind (vollstreckbares Urteil, Haftbefehl oder andere vollstreckbare justizielle Entscheidung mit gleicher Rechtswirkung) unter den Begriff „nationale justizielle Entscheidung“, die vom späteren EHB zu unterscheiden ist ( 29 ). Insbesondere hat der Gerichtshof festgestellt, dass vor dem Erlass eines EHB eine „durch eine nationale Justizbehörde getroffene Entscheidung – etwa der Erlass eines nationalen HB –, auf die sich der EHB stützt, ergangen“ sein muss ( 30 ).

59.

Ich denke, dass diese Lesart von Art. 8 Abs. 1 Buchst. c des Rahmenbeschlusses im Grunde dafür spricht, nationalen HB, die von der Staatsanwaltschaft erlassen oder bestätigt wurden, den Charakter einer „justiziellen Entscheidung“ im Sinne der genannten Bestimmung zuzuerkennen, die den späteren Erlass des EHB durch den Richter ermöglicht.

60.

Im Urteil Bob‑Dogi hat der Gerichtshof neben einer Wortlautauslegung insbesondere berücksichtigt, dass ohne die vorherigen nationalen HB die „Verfahrens- und Grundrechte …, deren Schutz die Justizbehörde des Ausstellungsmitgliedstaats nach dem anzuwendenden nationalen Recht … zu gewährleisten hat“, beeinträchtigt werden könnten, weil der gesuchten Person die erste, rein nationale Stufe des gerichtlichen Schutzes genommen würde ( 31 ).

61.

Ich denke nicht, dass dies hier zu befürchten ist, weil die ungarische Strafprozessordnung dem Festgenommenen auf jeden Fall das Recht gewährleistet, innerhalb von 72 Stunden dem Richter vorgeführt zu werden, wenn der nationale HB von der Polizeibehörde erlassen und von der Staatsanwaltschaft genehmigt wurde. Auf diese Weise werden die verfahrensrechtlichen Anforderungen insbesondere von Art. 5 EMRK, nämlich die Kontrolle der Rechtsmäßigkeit der Inhaftierung durch einen Richter, gewahrt.

62.

Die Staatsanwaltschaft als „Justizbehörde“ einzuordnen, die für den Rahmenbeschluss unter den oben genannten strengen Bedingungen (d. h. Vorliegen eines nationalen HB) einen zeitweisen Freiheitsentzug anordnen oder bestätigen kann, bedeutet nicht, sie einem Gericht gleichzustellen, das befugt ist, Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV ( 32 ) zu stellen. Abgesehen davon, dass nicht jeder Bereich der „Justiz“ auch der rechtsprechenden Gewalt zuzuordnen ist, sind die Organe, die Vorabentscheidungsersuchen stellen können oder müssen, solche, die in bei ihnen anhängig gemachten Rechtsstreitigkeiten zu erkennen haben und hierfür um die Hilfe des Gerichtshofs ersuchen. Die Staatsanwaltschaft gehört nicht hierzu. Dennoch kann man ihr die Eigenschaft einer „Justizbehörde“ nach dem Rahmenbeschluss zusprechen, wenn die nationalen Bestimmungen ihr gestatten, nationale HB zu erlassen. Letztere können damit meines Erachtens als Haftbefehle oder andere vollstreckbare justizielle Entscheidungen mit gleicher Rechtswirkung im Sinne von Art. 8 Abs. 1 Buchst. c des Rahmenbeschlusses eingeordnet werden.

63.

Der Anerkennung der Staatsanwaltschaft als zum Erlass von nationalen HB befugte „Justizbehörde“ im Sinne des Rahmenbeschlusses steht auch nicht entgegen, dass das einzelne Mitglied dieses Organs, das diesen HB erlassen (oder einen von der Polizei erlassenen HB bestätigt) hat, möglicherweise dasselbe ist, das in einer späteren Phase des Verfahrens gegen den Festgenommenen die Staatsanwaltschaft vertritt. Die Vorbehalte des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte in den Urteilen vom 4. Dezember 1979 und vom 29. März 2010, auf die ich oben Bezug genommen habe ( 33 ), sind im Kontext von Art. 5 Abs. 1 Buchst. c EMRK ( 34 ) zu sehen, d. h. bezogen auf die Fälle, in denen die Staatsanwaltschaft alternativ zum Gericht über die Aufrechterhaltung der Freiheitsentziehung des Festgenommenen entscheidet. Indes ist das in dieser Rechtssache nicht der Fall, da, wie ich bereits ausgeführt habe, nach der ungarischen Strafprozessordnung Personen, die auf von der Staatsanwaltschaft bestätigte Anordnung der Polizei festgenommen wurden, entweder dem Richter vorzuführen oder auf freien Fuß zu setzen sind. Es bestehen somit keine Einwände dagegen, dass der Vertreter der Staatsanwaltschaft vor diesem Hintergrund seine Tätigkeit im späteren Verlauf des Verfahrens fortsetzt.

64.

Für das abschließende Argument kehre ich nochmals zum Ausgangspunkt zurück: Der ungarische Richter, der in dieser Rechtssache den EHB erlassen hat, hat dies zweifellos getan, nachdem er das Vorliegen der Voraussetzungen für dessen Erlass geprüft und seiner eigenen Würdigung unterzogen hat, zu denen das Bestehen eines nationalen HB gehört. Logischerweise musste er damit auch die Umstände beurteilen, unter denen dieser HB unter Mitwirkung der Staatsanwaltschaft erlassen worden war, was bedeutet, dass die Kontrolle seiner Rechtmäßigkeit und Verhältnismäßigkeit gewährleistet war. Wenn die Staatsanwaltschaft die polizeiliche Inhaftierung genehmigt hatte, so hatte das Distriktgericht Veszprém seinerseits das Handeln der Staatsanwaltschaft gebilligt, was letztlich gewährleistet, dass das Verfahren bis zum Erlass des EHB, insbesondere auf der ersten Stufe des von der Rechtsprechung des Gerichtshofs (Urteil vom 1. Juni 2016, Bob‑Dogi) geforderten Schutzes, die erforderlichen Garantien aufwies ( 35 ).

V – Ergebnis

65.

In Anbetracht der vorstehenden Überlegungen schlage ich dem Gerichtshof vor, die von der Rechtbank Amsterdam (Bezirksgericht Amsterdam, Niederlande) gestellten Vorlagefragen wie folgt zu beantworten:

1.

Der Ausdruck „justizielle Entscheidung“ im Sinne von Art. 8 Abs. 1 Buchst. c des Rahmenbeschlusses 2002/584/JI des Rates vom 13. Juni 2002 über den Europäischen Haftbefehl und die Übergabeverfahren zwischen den Mitgliedstaaten in der durch den Rahmenbeschluss 2009/299/JI des Rates vom 26. Februar 2009 geänderten Fassung ist ein autonomer Begriff des Unionsrechts, der in der gesamten Europäischen Union einheitlich auszulegen ist.

2.

Die Bestätigung eines von der Polizei erlassenen nationalen Haftbefehls durch ein Mitglied der Staatsanwaltschaft, wie sie hier in Rede steht, kann als „justizielle Entscheidung“ im Sinne von Art. 8 Abs. 1 Buchst. c des genannten Rahmenbeschlusses angesehen werden und damit als Grundlage für den Erlass eines späteren Europäischen Haftbefehls dienen.


( 1 ) Originalsprache: Spanisch.

( 2 ) Rahmenbeschluss des Rates vom 13. Juni 2002 über den Europäischen Haftbefehl und die Übergabeverfahren zwischen den Mitgliedstaaten (ABl. 2002, L 190, S. 1) in der durch den Rahmenbeschluss 2009/299/JI des Rates vom 26. Februar 2009 zur Änderung der Rahmenbeschlüsse 2002/584/JI, 2005/214/JI, 2006/783/JI, 2008/909/JI und 2008/947/JI, zur Stärkung der Verfahrensrechte von Personen und zur Förderung der Anwendung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung auf Entscheidungen, die im Anschluss an eine Verhandlung ergangen sind, zu der die betroffene Person nicht erschienen ist (ABl. 2009, L 81, S. 24), geänderten Fassung (im Folgenden: Rahmenbeschluss).

( 3 ) Haftbefehl.

( 4 ) Europäischer Haftbefehl.

( 5 ) Büntetőeljárásról szóló 1998 évi XIX. törvény (Gesetz XIX von 1998 zur Annahme der Strafprozessordnung, im Folgenden: Strafprozessordnung).

( 6 ) Nach Art. 28 Abs. 3 der Strafprozessordnung ordnet die Staatsanwaltschaft, um die Grundlage für die Anklage zu schaffen, Ermittlungen an oder führt diese selbst durch. Nach Abs. 4 dieser Bestimmung hat die Staatsanwaltschaft, wenn die Ermittlungsbehörde aus eigener Initiative diese Ermittlungen anstellt oder in deren Rahmen bestimmte Maßnahmen ergreift, sicherzustellen, dass während des gesamten Verfahrens die gesetzlichen Bestimmungen eingehalten werden und dass die Beteiligten ihre Rechte wahrnehmen können.

( 7 ) Art. 28 Abs. 6 der Strafprozessordnung

( 8 ) Art. 129 Abs. 1.

( 9 ) Nach den Informationen im Formblatt, das dem Haftbefehl beigefügt war, wird ihm die Beteiligung an der Fälschung amtlicher Urkunden (konkret das Hinzufügen von Daten, Tatsachen und falschen Erklärungen zu einer notariellen Urkunde) vorgeworfen, was nach Art. 342 Abs. 1 Buchst. c des ungarischen Strafgesetzbuchs eine Straftat darstellt.

( 10 ) C‑241/15, EU:C:2016:385.

( 11 ) Urteil vom 1. Juni 2016 (C‑241/15, EU:C:2016:385).

( 12 ) Rechtssache C‑452/16 PPU, beim Gerichtshof anhängig.

( 13 ) Nr. 34 der Schlussanträge in der Rechtssache Poltorak (C‑452/16 PPU).

( 14 ) KOM(2001) 522 endgültig.

(

15

)

„Zum Zweck dieses Rahmenbeschlusses gelten folgende Begriffsbestimmungen: a) ‚Europäischer Haftbefehl‘ bedeutet ein von einer Justizbehörde eines Mitgliedstaats an einen anderen Mitgliedstaat gerichtetes Ersuchen um Unterstützung bei der Fahndung nach, Festnahme, Haft und Übergabe einer Person, gegen die ein Urteil oder eine gerichtliche Entscheidung nach Artikel 2 gefällt wurde; b) ‚ausstellende Justizbehörde‘ bedeutet die Richter- und Staatsanwaltschaft eines Mitgliedstaats, die einen Europäischen Haftbefehl erlassen hat; c) ‚vollstreckende Justizbehörde‘ bedeutet einen Richter oder Staatsanwalt eines Mitgliedstaats, in dessen Hoheitsgebiet sich die gesuchte Person aufhält, der über die Vollstreckung eines Europäischen Haftbefehls entscheidet …“

( 16 ) In der Begründung zu Art. 3 des Vorschlags heißt es: „Das Verfahren des Europäischen Haftbefehls beruht auf dem Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung gerichtlicher Entscheidungen. Die Beziehungen von Staat zu Staat werden damit also weitgehend durch Beziehungen von Justizbehörde zu Justizbehörde ersetzt. Der Begriff ‚Justizbehördeumfasst wie im Übereinkommen von 1957 (siehe erläuternder Bericht Artikel 1) die Justizbehörden im eigentlichen Sinne und die Staatsanwaltschaft mit Ausnahme der Polizeibehörden. Die ausstellende Justizbehörde ist nach den verfahrensrechtlichen Bestimmungen des Mitgliedstaats für den Erlass des Europäischen Haftbefehls zuständig (Artikel 4).“ Hervorhebung nur hier.

( 17 ) Für beide Standpunkte gibt es tragfähige Argumente. Eine hervorragende Darstellung findet sich in den zustimmenden und abweichenden Voten des Urteils des Supreme Court of the United Kingdom (Oberster Gerichtshof des Vereinigten Königreichs) vom 30. Mai 2012 in der Rechtssache Assange/The Swedish Prosecution Authority, (2012) UKSC 22. Andererseits bezweifle ich nicht, dass das Schweigen zu der ausdrücklichen Ausnahme aller Polizeibehörden, die bereits im Vorschlag vorgesehen war, als Zustimmung auszulegen ist.

( 18 ) Das Europäische Parlament billigte am 27. Februar 2014 eine Entschließung mit Empfehlungen an die Kommission zur Überprüfung des Europäischen Haftbefehls (2013/2019[INL]), in der das Fehlen einer „Definition des Begriffs ‚Justizbehörde‘ im Rahmenbeschluss 2002/584/JI und anderen Rechtsinstrumenten zur gegenseitigen Anerkennung“ kritisiert wurde, „was zu unterschiedlichen Vorgehensweisen in den Mitgliedstaaten sowie zu Unsicherheit, nachlassendem gegenseitigem Vertrauen und Rechtsstreitigkeiten geführt hat“. Das Europäische Parlament ersuchte die Kommission, „Legislativvorschläge entsprechend den im Anhang aufgeführten detaillierten Empfehlungen zu unterbreiten, in denen Folgendes vorgesehen ist: a) ein Verfahren, bei dem eine Maßnahme der gegenseitigen Anerkennung bei Bedarf im Ausstellungsmitgliedstaat von einem Richter, einem Gericht, einem Ermittlungsrichter oder einem Staatsanwalt bestätigt werden kann, damit die unterschiedliche Interpretationsweise des Begriffs ‚Justizbehörde‘ kein Hindernis mehr darstellt …“. Hervorhebung nur hier.

( 19 ) Rat der Europäischen Union, Ratsdokument 8929/04.

( 20 ) C‑241/15, EU:C:2016:385.

( 21 ) Urteil vom 30. Mai 2013, F (C‑168/13 PPU, EU:C:2013:358, Rn. 48).

( 22 ) Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates vom 3. April 2014 über die Europäische Ermittlungsanordnung in Strafsachen (ABl. 2014, L 130, S. 1). Nach Art. 36 der Richtlinie haben die Mitgliedstaaten bis zum 22. Mai 2017 die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um der Richtlinie nachzukommen.

( 23 ) Die Europäische Ermittlungsanordnung in Strafsachen (EEA) ist nach Art. 1 der Richtlinie 2014/41 „eine gerichtliche Entscheidung, die von einer Justizbehörde eines Mitgliedstaats (‚Anordnungsstaat‘) zur Durchführung einer oder mehrerer spezifischer Ermittlungsmaßnahme(n) in einem anderen Mitgliedstaat (‚Vollstreckungsstaat‘) zur Erlangung von Beweisen gemäß dieser Richtlinie erlassen oder validiert wird“. Nach Art. 2 Buchst. c, Ziff. i, bezeichnet der Ausdruck „Anordnungsbehörde einen Richter, ein Gericht, einen Ermittlungsrichter oder einen Staatsanwalt, der/das in dem betreffenden Fall zuständig ist …“. Hervorhebung nur hier.

( 24 ) Urteil vom 29. Juni 2016, Kossowski (C‑486/14, EU:C:2016:483, Rn. 39). In jenem Fall hatte die Kreisstaatsanwaltschaft Kołobrzeg (Polen) die endgültige Einstellung der Ermittlungen angeordnet. Das Vorabentscheidungsersuchen des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg (Deutschland) betraf die Auslegung der Art. 54 und 55 des am 19. Juni 1990 in Schengen (Luxemburg) unterzeichneten und am 26. März 1995 in Kraft getretenen Übereinkommens zur Durchführung des Übereinkommens von Schengen vom 14. Juni 1985 zwischen den Regierungen der Staaten der Benelux-Wirtschaftsunion, der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik betreffend den schrittweisen Abbau der Kontrollen an den gemeinsamen Grenzen (ABl. 2000, L 239, S. 19) sowie der Art. 50 und 52 Abs. 1 der Charta. Im selben Sinne wurde die Staatsanwaltschaft auch im Urteil vom 11. Februar 2003, Gözütok und Brügge (C‑187/01 und C‑385/01, EU:C:2003:87, Rn. 28), eingestuft als „Behörde …, die zur Mitwirkung bei der Strafrechtspflege in der betreffenden nationalen Rechtsordnung berufen ist“.

( 25 ) EGMR, Rechtssache 7710/76, Schiesser gegen Schweiz (CE:ECHR:1979:1204JUD000771076).

( 26 ) EGMR, Rechtssache 3394/03, Medvedyev u. a. gegen Frankreich (CE:ECHR:2010:0329JUD000339403).

( 27 ) Siehe Nrn. 15 und 16 der vorliegenden Schlussanträge.

( 28 ) Art. 126 der Strafprozessordnung.

( 29 ) Urteil vom 1. Juni 2016, Bob‑Dogi (C‑241/15, EU:C:2016:385, Rn. 46, 49, 51, 52, 56 und 57).

( 30 ) Ebd. (Rn. 57).

( 31 ) Ebd. (Rn. 55).

( 32 ) Das vorlegende Gericht zitiert hierzu zutreffend das Urteil des Gerichtshofs vom 12. Dezember 1996, X (C‑74/95 und C‑129/95, EU:C:1996:491). Der Gerichtshof nahm in Rn. 19 dieses Urteils Bezug auf die Schlussanträge des Generalanwalts Ruis-Jarabo Colomer (Nrn. 6 bis 9), um dann festzustellen, dass „die Procura della Repubblica im vorliegenden Fall nicht die Aufgabe [hat], in völliger Unabhängigkeit ein Verfahren zu entscheiden, sondern, gegebenenfalls das Verfahren als Prozesspartei, die die Strafklage erhebt, dem zuständigen Gericht zur Kenntnis zu bringen“.

( 33 ) Siehe Nr. 55 der vorliegenden Schlussanträge.

( 34 ) Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte legt diese Bestimmung wie folgt aus: „Die Gerichtsbehörde muss die erforderlichen Gewährleistungen für ihre Unabhängigkeit von der Exekutive und von den Parteien bieten, was eine spätere Mitwirkung in einem Strafverfahren als Vertreter der Staatsanwaltschaft ausschließt. Sie muss auch befugt sein, nach Anhörung der betroffenen Person und Prüfung der Rechtmäßigkeit und Verhältnismäßigkeit dieser Maßnahmen deren Freilassung, Festnahme oder Inhaftierung anzuordnen. …“ (EGMR, Urteil vom 29. März 2010, Medvedyev u. a. gegen Frankreich, CE:ECHR:2010:0329JUD000339403, Rn. 124).

( 35 ) Siehe Nr. 60 der vorliegenden Schlussanträge.