URTEIL DES GERICHTS (Neunte Kammer)

29. Februar 2016 ( *1 )

„Wettbewerb — Kartelle — Internationale Speditionsdienste im Luftverkehr — Beschluss, mit dem eine Zuwiderhandlung gegen Art. 101 AEUV festgestellt wird — Preisfestsetzung — Aufschläge und Gebührenregelungen, die den Endpreis beeinflussen — In einem Antrag auf Erlass der Geldbuße enthaltene Beweismittel — Schutz der Vertraulichkeit der Mitteilungen zwischen Rechtsanwälten und Mandanten — Berufsregeln, die die Loyalitätspflicht und das Verbot der Doppelvertretung betreffen — Treuhänderische Verpflichtungen — Beeinträchtigung des Handels zwischen Mitgliedstaaten — Zurechenbarkeit der Zuwiderhandlung — Wahl der Gesellschaften — Geldbußen — Verhältnismäßigkeit — Schwere der Zuwiderhandlung — Mildernde Umstände — Gleichbehandlung — Zusammenarbeit — Vergleich — Leitlinien für die Berechnung der Geldbußen von 2006“

In der Rechtssache T‑265/12

Schenker Ltd mit Sitz in Feltham (Vereinigtes Königreich), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte F. Montag, B. Kacholdt und F. Hoseinian sowie D. Colgan und T. Morgan, Solicitors,

Klägerin,

gegen

Europäische Kommission, zunächst vertreten durch A. Dawes und N. von Lingen, dann durch A. Dawes und G. Meessen als Bevollmächtigte im Beistand von B. Kennelly und H. Mussa, Barristers,

Beklagte,

wegen Nichtigerklärung des Beschlusses C(2012) 1959 final der Kommission vom 28. März 2012 in einem Verfahren der Anwendung von Art. 101 [AEUV] und Art. 53 EWR-Abkommen (Sache COMP/39462 – Speditionsdienste), soweit dieser die Klägerin betrifft, und wegen Abänderung der im Rahmen dieses Beschlusses gegen die Klägerin verhängten Geldbuße

erlässt

DAS GERICHT (Neunte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten G. Berardis sowie der Richter O. Czúcz (Berichterstatter) und A. Popescu,

Kanzler: C. Kristensen, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 24. September 2014

folgendes

Urteil

Vorgeschichte des Rechtsstreits und angefochtener Beschluss

1

Mit dem Beschluss C(2012) 1959 final vom 28. März 2012 in einem Verfahren nach Art. 101 [AEUV] und Art. 53 EWR-Abkommen (Sache COMP/39462 – Speditionsdienste) (im Folgenden: angefochtener Beschluss) stellte die Europäische Kommission fest, dass sich im Bereich der internationalen Speditionsdienste im Luftverkehr tätige Unternehmen während Zeiträumen zwischen 2002 und 2007 an verschiedenen Vereinbarungen und abgestimmten Verhaltensweisen im Sektor der internationalen Speditionsdienste im Luftverkehr beteiligt hatten, wodurch sie vier getrennte Zuwiderhandlungen gegen Art. 101 Abs. 1 AEUV und Art. 53 Abs. 1 des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) begingen.

2

Die Klägerin, die Schenker Ltd, befindet sich im Besitz der Deutsche Bahn AG (im Folgenden: DB), einer Aktiengesellschaft des deutschen Rechts, die sich wiederum vollständig im Besitz der Bundesrepublik Deutschland befindet. Die DB ist die Dachgesellschaft einer Gruppe von Gesellschaften (im Folgenden: DB-Gruppe), die weltweit Mobilitäts- und Logistikdienste erbringt. Unter der Marke DB Schenker und insbesondere durch die Unternehmensgruppe Schenker, die mehrere Gesellschaften umfasst, darunter die Klägerin, erbringt die DB-Gruppe insbesondere Speditionsdienste im Luftverkehr. [vertraulich] ( 1 ) Die Brink’s Company (im Folgenden: Brink’s) verkaufte an die DB eine von der Bax Global Inc. geführte Unternehmensgruppe, zu der insbesondere die Bax Global Ltd (UK) gehörte. Nachdem ihre Tätigkeiten auf die Klägerin übertragen worden waren, stellte die Bax Global (UK) ihre Tätigkeiten ein und besteht nicht mehr.

3

In der vorliegenden Rechtssache geht es nur um eine der vier oben in Rn. 1 erwähnten Zuwiderhandlungen, nämlich das Kartell, das das New Export System (Neues Ausfuhrsystem, im Folgenden: NES) betraf. Die Rechtssache betrifft nicht das Kartell in Bezug auf den Currency Adjustment Factor (Währungsanpassungsfaktor, im Folgenden: CAF), das Kartell in Bezug auf das Advanced Manifest System (Vorabinformations-System, im Folgenden: AMS) oder das Kartell in Bezug auf den Peak Season Surcharge (Hauptsaisonaufschlag, im Folgenden: PSS). Soweit die Kommission mit dem angefochtenen Beschluss andere Unternehmen der DB-Gruppe wegen ihrer Beteiligung am CAF‑, am AMS- oder am PSS-Kartell mit Sanktionen belegt hat, haben diese Unternehmen eine getrennte Klage erhoben, die Gegenstand der Rechtssache T‑267/12 ist.

4

Die oben in Rn. 3 erwähnen Kartelle betreffen den Markt der internationalen Speditionsdienste im Luftverkehr. Nach der Beschreibung des Sektors, welche die Kommission in den Erwägungsgründen 3 bis 71 des angefochtenen Beschlusses gegeben hat, können Speditionsdienste für Güter definiert werden als Organisation der Beförderung von Gütern (einschließlich Tätigkeiten wie Zollabfertigung, Lagerung oder Bodenabfertigung usw.) im Auftrag und entsprechend den Anforderungen der Kunden. In der Speditionsbranche ist zwischen nationalen und internationalen Speditionsdiensten sowie zwischen Speditionsdiensten im Luft-, im Land- und im Seeverkehr zu unterscheiden (dritter Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses).

5

Die Beschreibung des NES-Kartells, welche die Kommission in den Erwägungsgründen 92 bis 114 des angefochtenen Beschlusses gegeben hat, lässt sich wie folgt zusammenfassen: Das NES ist ein System der vorgezogenen Abfertigung von Ausfuhren aus dem Vereinigten Königreich in Länder außerhalb des EWR, das von den Behörden des Vereinigten Königreichs 2002 eingeführt wurde. In einer Zusammenkunft vereinbarte eine Gruppe von Spediteuren die Einführung eines Aufschlags für NES-Erklärungen und einigte sich über die Höhe des Aufschlags sowie über den Zeitplan für seine Anwendung. Nach dieser Zusammenkunft tauschten diese Spediteure mehrere E‑Mails aus, um die Umsetzung des Kartells zu verfolgen. Die wettbewerbswidrigen Kontakte dauerten vom 1. Oktober 2002 bis zum 10. März 2003.

6

Die Verhandlungen über das AMS-Kartell und die Kontrolle seiner Umsetzung fanden insbesondere im Rahmen des Verbands Freight Forward International (vor dem 1. Januar 2004: Freight Forward Europe, im Folgenden: FFI) statt.

7

Aus dem 72. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses geht hervor, dass die Kommission ihre Untersuchung aufgrund eines Antrags der Deutschen Post AG (im Folgenden: DP) auf Erlass der Geldbuße gemäß der Mitteilung der Kommission über den Erlass und die Ermäßigung von Geldbußen in Kartellsachen (ABl. 2006, C 298, S. 17, im Folgenden: Kronzeugenregelung von 2006) einleitete. Die DP ergänzte ihren Antrag auf Erlass der Geldbuße durch Erklärungen und Beweise. Mit Schreiben vom 24. September 2007 gewährte die Kommission der DP einen bedingten Erlass der Geldbuße für ein mutmaßliches Kartell zwischen privaten Erbringern von internationalen Speditionsdienstleistungen, das die Festsetzung oder Abwälzung verschiedener Abgaben und Aufschläge zum Ziel hatte.

8

Die Kommission führte vom 10. bis zum 12. Oktober 2007 unangekündigte Nachprüfungen durch.

9

[vertraulich] Die DB und ihre Tochtergesellschaften stellten einen Antrag auf Erlass, hilfsweise auf Herabsetzung der Geldbuße gemäß der Kronzeugenregelung (76. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses).

10

Am 5. Februar 2010 übersandte die Kommission der Klägerin eine Mitteilung der Beschwerdepunkte, auf die diese antwortete (Erwägungsgründe 87 und 89 des angefochtenen Beschlusses).

11

Am 6. und 9. Juli 2010 führte die Kommission eine mündliche Anhörung durch, an der die Klägerin teilnahm (89. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses).

12

Im angefochtenen Beschluss vertrat die Kommission aufgrund der ihr vorliegenden Beweismittel die Ansicht, dass die Klägerin als wirtschaftliche Nachfolgerin der Bax Global (UK) für deren Beteiligung am NES-Kartell hafte.

13

In Art. 1 Abs. 1 Buchst. a des angefochtenen Beschlusses stellte die Kommission fest, dass die Klägerin in Bezug auf das NES-Kartell als wirtschaftliche Nachfolgerin der Bax Global (UK) gegen Art. 101 AEUV und Art. 53 EWR-Abkommen verstoßen hat, indem sie sich vom 1. Oktober 2002 bis zum 10. März 2003 an einer einzigen fortdauernden Zuwiderhandlung im Bereich der Speditionsdienste im Luftverkehr beteiligt hat, die das Gebiet des Vereinigten Königreichs betraf und die in der Festsetzung von Preisen oder der Festlegung anderer Handelsbedingungen bestand. Nach Art. 2 Abs. 1 Buchst. a des angefochtenen Beschlusses wurde gegen die Klägerin wegen dieser Zuwiderhandlung eine Geldbuße in Höhe von 3673000 Euro verhängt. Der Klägerin wurde für ihre Zusammenarbeit mit der Kommission keine Ermäßigung der Geldbuße gewährt.

14

Aus dem 856. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses geht hervor, dass der Betrag der verhängten Geldbuße auf der Grundlage der Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen gemäß Artikel 23 Absatz 2 Buchstabe a der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 (ABl. 2006, C 210, S. 2) (im Folgenden: Leitlinien von 2006) festgesetzt wurde.

Verfahren vor dem Gericht und Anträge der Parteien

15

Die Klägerin hat mit Klageschrift, die am 12. Juni 2012 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, die vorliegende Klage erhoben.

16

Das Gericht (Neunte Kammer) hat auf Bericht des Berichterstatters beschlossen, die mündliche Verhandlung zu eröffnen, und hat im Rahmen prozessleitender Maßnahmen nach Art. 64 seiner Verfahrensordnung vom 2. Mai 1991 den Parteien schriftlich Fragen gestellt und sie zu deren Beantwortung aufgefordert. Die Parteien sind dem fristgerecht nachgekommen.

17

Mit Schreiben vom 5. September 2014 hat die Klägerin eine Stellungnahme zum Sitzungsbericht eingereicht.

18

In der Sitzung vom 24. September 2014 haben die Parteien mündlich verhandelt und die Fragen des Gerichts beantwortet.

19

Die Klägerin beantragt,

Art. 1 Abs. 1 Buchst. a des angefochtenen Beschlusses für nichtig zu erklären;

den Betrag der in Art. 2 Abs. 1 Buchst. a des angefochtenen Beschlusses festgesetzten Geldbuße in vollem Umfang für nichtig zu erklären, hilfsweise herabzusetzen;

der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

20

Die Kommission beantragt,

die Klage abzuweisen;

der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

Rechtliche Würdigung

21

Zur Stützung ihrer Klage macht die Klägerin sieben Klagegründe geltend.

22

Mit dem ersten Klagegrund wird zum einen eine Verletzung der Art. 4 und 7 sowie von Art. 27 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates vom 16. Dezember 2002 zur Durchführung der in den Artikeln [101 AEUV] und [102 AEUV] niedergelegten Wettbewerbsregeln (ABl. 2003, L 1, S.1), der Verteidigungsrechte sowie des Rechts auf ein faires Verfahren und zum anderen ein Verstoß gegen den Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung gerügt. Im Kern macht die Klägerin geltend, dass die Informationen und Beweismittel im Erlassantrag der DP unzulässig seien.

23

Mit dem zweiten Klagegrund macht die Klägerin geltend, dass die Kommission nicht für den Erlass eines Beschlusses über das NES-Kartell zuständig gewesen sei, da dieses Kartell von der Anwendung des Wettbewerbsrechts der Europäischen Union nach Art. 1 der Verordnung Nr. 141 des Rates über die Nichtanwendung der Verordnung Nr. 17 des Rates auf den Verkehr (ABl. 1962, 124, S. 2751) ausgenommen sei.

24

Im Rahmen des dritten Klagegrundes führt die Klägerin aus, dass die Kommission durch die Feststellung, dass das NES-Kartell geeignet gewesen sei, den Handel zwischen Mitgliedstaaten spürbar zu beeinträchtigen, Art. 101 Abs. 1 AEUV, die Art. 4 und 7 der Verordnung Nr. 1/2003 und den Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung verletzt sowie die Leitlinien über den Begriff der Beeinträchtigung des zwischenstaatlichen Handels in den Artikeln [101 AEUV] und [102 AEUV] (ABl. 2004, C 101, S. 81, im Folgenden: Leitlinien von 2004) nicht beachtet habe.

25

Mit dem vierten Klagegrund wird ein Verstoß gegen Art. 101 Abs. 1 AEUV, Art. 296 AEUV und Art. 41 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, die Art. 4, 7 und 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 sowie gegen die Grundsätze der persönlichen Verantwortlichkeit und der ordnungsgemäßen Verwaltung gerügt, soweit allein die Klägerin für das Verhalten der Bax Global (UK) haftbar gemacht worden sei.

26

Mit dem fünften Klagegrund beanstandet die Klägerin zum einen, dass die Kommission durch die Festsetzung des Betrags der Geldbuße auf der Grundlage eines Umsatzes, der den theoretischen Höchstbetrag übersteige, der durch das NES-Kartell habe erzielt werden können, gegen die Art. 23 Abs. 2 und 3 der Verordnung Nr. 1/2003, den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, den Grundsatz der Entsprechung von Strafe und Zuwiderhandlung, den Grundsatz nulla poena sine culpa und den Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung verstoßen, die Leitlinien von 2006 nicht beachtet und Ermessensfehler begangen habe. Zum anderen macht sie geltend, dass die Kommission Art. 27 Abs. 1 und 2 der Verordnung Nr. 1/2003 sowie die Verteidigungsrechte verletzt habe.

27

Mit dem sechsten Klagegrund trägt die Klägerin vor, dass die Kommission bei der Würdigung der Anträge auf Erlass und Herabsetzung der Geldbuße Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 und den Grundsatz der Gleichbehandlung verletzt, die Kronzeugenregelung von 2006 nicht beachtet und einen Ermessensfehler begangen habe.

28

Mit dem siebten Klagegrund wird gerügt, dass die Kommission gegen Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 sowie den Grundsatz der Gleichbehandlung verstoßen und einen Ermessensfehler begangen habe, als sie sich geweigert habe, Verhandlungen aufzunehmen, um einen Vergleich gemäß der Mitteilung der Kommission über die Durchführung von Vergleichsverfahren bei dem Erlass von Entscheidungen nach Artikel 7 und Artikel 23 der Verordnung Nr. 1/2003 des Rates in Kartellfällen (ABl. 2008, C 167, S. 1, im Folgenden: Mitteilung der Kommission über Vergleichsverfahren) zu erzielen.

29

In ihren Schriftsätzen stellt die Klägerin klar, dass der erste bis vierte Klagegrund zur Stützung des Antrags auf Nichtigerklärung von Art. 1 Abs. 1 Buchst. a des angefochtenen Beschlusses vorgetragen würden und „folglich“ auch auf die Nichtigerklärung von Art. 2 Abs. 1 Buchst. a des angefochtenen Beschlusses gerichtet seien. Der fünfte bis siebte Klagegrund und, hilfsweise, der vierte Klagegrund würden zur Stützung des Antrags auf Nichtigerklärung von Art. 2 Abs. 1 Buchst. a des angefochtenen Beschlusses vorgetragen.

30

Die Klägerin beantragt auch, das Gericht möge von seiner Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung Gebrauch machen; der fünfte bis siebte Klagegrund würden ausdrücklich zur Stützung dieses Antrags vorgetragen. Ferner beantragt die Klägerin im Rahmen des vierten Klagegrundes, das Gericht möge in Ausübung seiner Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung den Betrag der Geldbuße herabsetzen.

31

In diesem Zusammenhang ist daran zu erinnern, dass die Kontrolle der Rechtmäßigkeit der von der Kommission erlassenen Entscheidungen durch die Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung ergänzt wird, die den Unionsgerichten in Art. 31 der Verordnung Nr. 1/2003 gemäß Art. 261 AEUV eingeräumt ist.

32

Diese Befugnis ermächtigt den Richter über die reine Kontrolle der Rechtmäßigkeit der Zwangsmaßnahme hinaus dazu, die Beurteilung der Kommission durch seine eigene Beurteilung zu ersetzen und demgemäß die verhängte Geldbuße oder das verhängte Zwangsgeld aufzuheben, herabzusetzen oder zu erhöhen. Sind die Erwägungen, auf die sich die Kommission bei der Festsetzung des Betrags der verhängten Geldbuße oder des verhängten Zwangsgelds gestützt hat, rechtswidrig, ist jedoch der Endbetrag als angemessen zu erachten, ermächtigt die Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung den Richter, den Betrag der Geldbuße beizubehalten.

33

Es ist somit Sache des Gerichts, im Rahmen seiner Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung zum Zeitpunkt des Erlasses seiner Entscheidung zu beurteilen, ob die gegen die Klägerin verhängte Geldbuße der Schwere und der Dauer der in Rede stehenden Zuwiderhandlung angemessen ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 27. September 2012, Shell Petroleum u. a./Kommission, T‑343/06, Slg, EU:T:2012:478, Rn. 117 und die dort angeführte Rechtsprechung).

34

Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass die Ausübung der Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung nicht einer Prüfung von Amts wegen entspricht und dass das Verfahren vor den Gerichten der Union ein streitiges Verfahren ist (Urteil vom 8. Dezember 2011, KME Germany u. a./Kommission, C‑389/10 P, Slg, EU:C:2011:816, Rn. 131).

1. Zum ersten Klagegrund, mit dem zum einen eine Verletzung der Art. 4, 7 und 27 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003, der Verteidigungsrechte und des Rechts auf ein faires Verfahren und zum anderen ein Verstoß gegen den Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung gerügt wird

35

Der vorliegende Klagegrund ist gegen die Feststellung der Kommission im 658. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses gerichtet, dass sie berechtigt gewesen sei, die Angaben und Beweismittel zu verwenden, die im Erlassantrag der DP enthalten gewesen seien.

36

Der Klagegrund gliedert sich in zwei Teile. Erstens macht die Klägerin geltend, dass die Kommission durch die Verwendung der Angaben und Beweismittel im Erlassantrag der DP die Art. 4, 7 und 27 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003, die Verteidigungsrechte und das Recht auf ein faires Verfahren verletzt habe. Zweitens macht sie geltend, dass die Kommission den Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung dadurch verletzt habe, dass sie Argumente, die sie, die Klägerin, im Verwaltungsverfahren vorgetragen habe, nicht gebührend berücksichtigt habe.

Zum ersten Teil, mit dem eine Verletzung der Art. 4, 7 und 27 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003, der Verteidigungsrechte und des Rechts auf ein faires Verfahren gerügt wird

37

Die Klägerin trägt vor, dass die Kommission durch die Verwendung der im Erlassantrag der DP enthaltenen Angaben und Beweismittel die Art. 4, 7 und 27 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003, die Verteidigungsrechte und das Recht auf ein faires Verfahren, die vom Unionsrecht anerkannt und die in den Art. 47 und 48 Abs. 2 der Charta der Grundrechte sowie in Art. 6 der in Rom am 4. November 1950 unterzeichneten Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten verankert seien, verletzt habe.

38

Nach Ansicht der Klägerin war die Kommission im vorliegenden Fall nicht berechtigt, die im Erlassantrag der DP enthaltenen Angaben und Beweismittel zu verwenden, und sie hätte die Untersuchung einstellen oder zumindest diese Angaben und diese Beweismittel aus den Akten entfernen müssen. Erstens habe die Rechtsanwaltskanzlei C., die der DP bei der Ausarbeitung und der Einreichung dieses Antrags Beistand geleistet habe, das Berufsgeheimnis verletzt und gegen das Verbot einer Doppelvertretung oder den Grundsatz der Loyalität gegenüber ehemaligen Mandanten verstoßen. Diese Rechtsanwaltskanzlei habe eine Doppelrolle gespielt. Zum einen sei sie Rechtsberaterin des FFI und seiner einzelnen Mitglieder, darunter der Klägerin, gewesen. Zum anderen habe diese Kanzlei gleichzeitig oder zumindest kurz nach Beendigung dieser Verbindung, obwohl ihr immer noch rechtliche Verpflichtungen aus ihrer Aufgabe als Rechtsberaterin des FFI und seiner einzelnen Mitglieder oblegen hätten, der DP zumindest seit dem 27. Juli 2006 Beistand geleistet beim Sammeln, Zusammenstellen, Prüfen und Einreichen der Informationen über mögliche Verstöße gegen die Wettbewerbsregeln der Union bei mehreren Wettbewerbsbehörden, darunter der Kommission. Zweitens habe die DP ihre treuhänderischen Pflichten als Präsidentin und Sekretärin des FFI verletzt. Der Grund, weshalb sich die DP dafür entschieden habe, sich des Beistands der Rechtsanwaltskanzlei C. zu bedienen, habe zweifelsohne darin bestanden, dass sie von den besonderen Beziehungen dieser Kanzlei zum FFI und den vertraulichen Informationen, die diese daher besessen habe, habe profitieren wollen. Da die Verhaltensweisen einerseits in Bezug auf das AMS, an dem die Mitglieder des FFI beteiligt gewesen seien, und andererseits in Bezug auf das NES eng miteinander verbunden gewesen seien, sei die Kommission auch nicht berechtigt gewesen, die im Erlassantrag der DP enthaltenen Angaben und Beweismittel in Bezug auf das NES-Kartell zu verwenden.

39

Die Kommission tritt diesem Vorbringen entgegen. Insbesondere macht sie geltend, dass es sich, soweit sich die Klägerin in der Erwiderung darauf berufe, dass das Unionsrecht einem Rechtsanwalt verbiete, Kenntnisse und Informationen, die er von einem Mandanten erhalten habe, zu dessen Nachteil zu verwenden, um neues Vorbringen handele, das als unzulässig zurückzuweisen sei.

40

In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass im Unionsrecht der Grundsatz der freien Beweiswürdigung gilt (Urteil vom 8. Juli 2004, Dalmine/Kommission, T‑50/00, Slg, EU:T:2004:220, Rn. 72).

41

Grundsätzlich ist es der Kommission nach keiner Bestimmung und keinem allgemeinen Grundsatz des Unionsrechts verboten, gegen ein Unternehmen Erklärungen anderer beschuldigter Unternehmen zu verwenden. Andernfalls wäre die der Kommission obliegende Beweislast für Verhaltensweisen, die den Art. 101 AEUV und 102 AEUV zuwiderlaufen, nicht tragbar und mit der ihr vom AEU‑Vertrag übertragenen Aufgabe, die richtige Anwendung dieser Bestimmungen zu überwachen, nicht zu vereinbaren (Urteil vom 8. Juli 2004, JFE Engineering u. a./Kommission, T‑67/00, T‑68/00, T‑71/00 und T‑78/00, Slg, EU:T:2004:221, Rn. 192).

42

Allerdings sind die Befugnisse, über welche die Kommission im Laufe der vorangehenden Stadien der Untersuchung und der Sammlung von Informationen verfügt, mit der Wahrung der Grundrechte und mit den allgemeinen Grundsätzen des Unionsrechts, die in allen Verfahren der Anwendung des Wettbewerbsrechts der Union gelten, in Einklang zu bringen.

43

Im Licht dieser Rechtsprechung und dieser Grundsätze sind die Rügen zu untersuchen, die erstens die Verletzung des Berufsgeheimnisses, zweitens das Verbot einer Doppelvertretung und den Loyalitätsgrundsatz und drittens die treuhänderischen Verpflichtungen der DP betreffen.

Zur Rüge der Verletzung des Berufsgeheimnisses

44

Die Klägerin trägt vor, die im Erlassantrag der DP enthaltenen Angaben und Beweismittel seien, da die Rechtsanwaltskanzlei C. das Berufsgeheimnis verletzt habe, unzulässig und hätten von der Kommission nicht verwendet werden dürfen.

45

Hierzu ist zu bemerken, dass die Vertraulichkeit der Mitteilungen zwischen Rechtsanwälten und Mandanten auf der Ebene des Unionsrechts geschützt ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 18. Mai 1982, AM & S Europe/Kommission, 155/79, Slg, EU:C:1982:157, Rn. 18 bis 28).

46

Daher darf die Kommission nach gefestigter Rechtsprechung bei ihren Ermittlungsmaßnahmen, welche die Mitteilungen zwischen Rechtsanwälten und Mandanten betreffen, wegen des Schutzes der Vertraulichkeit dieser Mitteilungen von deren Inhalt keine Kenntnis nehmen. Außerdem verbietet der Schutz der Vertraulichkeit dieser Mitteilungen es ihr, falls sie von ihnen Kenntnis genommen hat, eine Entscheidung über die Verhängung einer Geldbuße wegen einer Zuwiderhandlung gegen das Wettbewerbsrecht der Union auf diese Mitteilungen zu stützen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 17. September 2007, Akzo Nobel Chemicals und Akcros Chemicals/Kommission, T‑125/03 und T‑253/03, Slg, EU:T:2007:287, Rn. 86 bis 88 und die dort angeführte Rechtsprechung).

47

Die Klägerin macht geltend, im vorliegenden Fall untersage es der Schutz der Vertraulichkeit der Mitteilungen zwischen Rechtsanwälten und Mandanten der Kommission auch, die im Erlassantrag der DP enthaltenen Angaben und Beweismittel zu verwenden. Da die Vertraulichkeit der Mitteilungen zwischen Rechtsanwälten und Mandanten es den Letztgenannten ermöglichen solle, sich ihren Rechtsanwälten völlig frei anzuvertrauen, ohne eine spätere Verbreitung ihrer Mitteilungen befürchten zu müssen, die ihnen zum Nachteil gereichen könnte, müssten diese Mitteilungen nicht nur gegen Ermittlungsmaßnahmen der Kommission geschützt werden, sondern auch gegen die Verbreitung durch einen Rechtsanwalt, der das Berufsgeheimnis verletze.

48

Dazu genügt die Feststellung, dass dem 658. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses zufolge sämtliche Angaben und Beweismittel, die die DP mit ihrem Erlassantrag übermittelt hat, allen Mitgliedern des FFI zur Verfügung standen. Nach den Feststellungen der Kommission standen der DP somit die in ihrem Erlassantrag enthaltenen Angaben und Beweismittel unabhängig von einer Verletzung des Berufsgeheimnisses durch die Rechtsanwaltskanzlei C. zur Verfügung.

49

Die Klägerin bringt nichts vor, was diese Feststellung in Frage stellen könnte. Die Klägerin hat nämlich trotz des Umstands, dass das Unternehmen, zu dem sie gehört, Mitglied des FFI war und sie daher sehr wohl in der Lage war, die Stichhaltigkeit dieser Feststellung der Kommission nachzuprüfen, nichts aus dem Erlassantrag der DP angeführt, was von der Rechtsanwaltskanzlei C. unter Verletzung des Berufsgeheimnisses verbreitet worden wäre, sondern nur geltend gemacht, dass der Grund, weshalb sich die DP dafür entschieden habe, bei der Vorbereitung ihres Erlassantrags den Beistand der Rechtsanwaltskanzlei C. in Anspruch zu nehmen, nur darin bestanden haben könne, dass sie von den „privilegierten Umständen“ als Folge der vorherigen Beziehung dieser Kanzlei zum FFI und dessen Mitgliedern habe profitieren wollen.

50

Deshalb ist die Rüge der Verletzung des Berufsgeheimnisses zurückzuweisen, ohne dass die Frage zu entscheiden wäre, ob der Schutz der Vertraulichkeit der Mitteilungen zwischen Rechtsanwälten und Mandanten die Kommission daran hindert, Unterlagen zu verwenden, die ihr von einem Unternehmen vorgelegt wurden, nachdem diese dem Unternehmen von einem Rechtsanwalt unter Verletzung des Berufsgeheimnisses zugänglich gemacht worden waren.

Zur Rüge einer Verletzung des Verbots der Doppelvertretung und des Loyalitätsgrundsatzes

51

Die Klägerin macht geltend, dass die Beweismittel im Erlassantrag der DP unzulässig seien, da die Rechtsanwaltskanzlei C. durch den der DP bei der Vorbereitung und Einreichung ihres Erlassantrags geleisteten Beistand das Verbot der Doppelvertretung und den Loyalitätsgrundsatz verletzt habe, die in der Charta der Grundprinzipien der Europäischen Rechtsanwälte und den Berufsregeln der Europäischen Rechtsanwälte des Rates der Europäischen Anwaltschaften niedergelegt seien.

52

Hierzu ist zunächst festzustellen, dass das Unionsrecht keine Bestimmungen enthält, die der Kommission das Recht absprechen, Angaben und Beweismittel zu verwenden, die ihr von einem Unternehmen in einem Erlassantrag vorgelegt worden sind, wenn der Rechtsanwalt, der diesem Unternehmen Beistand geleistet hat, das Verbot einer Doppelvertretung oder die Loyalitätspflicht gegenüber seinen ehemaligen Mandanten verletzt hat.

53

Sodann ist in Anbetracht dessen, dass die Grundrechte und die allgemeinen Grundsätze des Unionsrechts von der Kommission auch in den vorangehenden Stadien der Untersuchung und der Sammlung von Informationen zu wahren sind (siehe oben, Rn. 42), zu prüfen, ob die Kommission zu Recht die Angaben und Beweismittel im Erlassantrag der DP verwenden durfte.

54

Dazu ist vorab festzustellen, dass das Verbot einer Doppelvertretung und die Loyalitätspflicht, auf die sich die Klägerin beruft, nicht nur die Unabhängigkeit und die Loyalität der Rechtsanwälte gewährleisten, sondern auch verhindern sollen, dass diese in eine Lage geraten, in der sie wegen eines Konflikts zwischen den Interessen ihrer verschiedenen Mandanten Gefahr laufen, das Berufsgeheimnis zu verletzen.

55

Selbst wenn zum einen die Berufsregeln, auf die sich die Klägerin beruft, als Ausdruck gemeinsamer allgemeiner Grundsätze zu betrachten wären, die im Rahmen des Verfahrens vor der Kommission berücksichtigt werden müssen, und zum anderen das Verhalten der Rechtsanwaltskanzlei C. mit diesen Regeln nicht im Einklang stünde, hätte die Kommission unter den Umständen des vorliegenden Falles mit der Schlussfolgerung, dass sie berechtigt sei, die Angaben und Beweismittel im Erlassantrag der DP zu verwenden, keinen Fehler begangen.

56

Wie nämlich oben in den Rn. 48 und 49 ausgeführt worden ist, konnte sie unter den Umständen des vorliegenden Falles zu Recht davon ausgehen, dass die in diesem Antrag enthaltenen Angaben und Beweismittel von der DP stammten und daher nicht durch eine von der Rechtsanwaltskanzlei C. begangene Verletzung des Berufsgeheimnisses erlangt worden waren. Außerdem muss ein Unternehmen bei der Vorbereitung und Einreichung eines Erlassantrags nicht den Beistand eines Rechtsanwalts in Anspruch nehmen oder sich von diesem vertreten lassen. In Anbetracht dieser Umstände und selbst unter den beiden oben in Rn. 55 angeführten Annahmen konnte die Kommission zu Recht die im Erlassantrag der DP enthaltenen Angaben und Beweismittel verwenden. In diesem Zusammenhang ist auch zu erwähnen, dass ein von der Rechtsanwaltskanzlei C. begangener Verstoß gegen die für sie geltenden nationalen Berufsregeln nach nationalem Recht geahndet werden könnte.

57

Deshalb ist die Rüge der Verletzung des Verbots der Doppelvertretung und des Loyalitätsgrundsatzes zurückzuweisen, ohne dass die Frage behandelt werden müsste, ob diese Prinzipien Ausdruck der den Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten gemeinsamen allgemeinen Grundsätze sind, die im Rahmen des Verfahrens vor der Kommission berücksichtigt werden müssen, und ob das Verhalten der Rechtsanwaltskanzlei C. mit diesen Grundsätzen im Einklang stand.

Zur Rüge einer Verletzung der treuhänderischen Pflichten der DP

58

Die Klägerin macht geltend, dass der Erlassantrag der DP unzulässig sei, da diese ihre treuhänderischen Verpflichtungen aus ihrer Stellung als Präsidentin und Sekretärin des FFI verletzt habe.

59

Erstens ist diese Rüge insoweit zurückzuweisen, als die Klägerin mit ihr die Entscheidung der DP als solche angreift, mit der Kommission zusammenzuarbeiten. Dazu ist zu bemerken, dass die Befugnisse, über welche die Kommission in den vorangehenden Stadien der Untersuchung und der Sammlung von Informationen verfügt, nicht zur Disposition der Unternehmen stehen. Dies gilt erst recht für die Kronzeugenregelung von 2006, da die Kommission mit dieser Mitteilung einen Anreiz für die Unternehmen schaffen möchte, das Bestehen rechtswidriger Kartelle zu enthüllen und bei ihrer Untersuchung durch die Anzeige des Verhaltens der daran beteiligten Unternehmen mitzuwirken.

60

Zweitens ist die vorliegende Rüge auch insoweit zurückzuweisen, als sie einzig die Entscheidung der DP betrifft, gerade den Beistand der Rechtsanwaltskanzlei C. in Anspruch zu nehmen. Selbst wenn die DP durch die Entscheidung, den Beistand der Rechtsanwaltskanzlei C. in Anspruch zu nehmen, ihre treuhänderischen Pflichten in Anbetracht der im vorliegenden Fall in Rede stehenden Interessen verletzt hätte, hinderte dies die Kommission nicht daran, die im Erlassantrag der DP enthaltenen Angaben und Beweismittel zu verwenden (siehe oben, Rn. 56). In diesem Zusammenhang ist auch darauf hinzuweisen, dass die von der Klägerin gerügte Verletzung der treuhänderischen Pflichten, falls diese Pflichten nicht selbst als nach Art. 101 Abs. 2 AEUV verboten und nichtig zu betrachten sind, auf alle Fälle nach nationalem Recht geahndet werden könnte.

61

Daher ist auch die dritte Rüge, mit der eine Verletzung der treuhänderischen Pflichten der DP geltend gemacht wird, zurückzuweisen.

62

Infolgedessen ist der erste Teil des Klagegrundes insgesamt zurückzuweisen, ohne dass über die von der Kommission erhobene Rüge der Unzulässigkeit zu entscheiden ist.

Zum zweiten Teil, mit dem eine Verletzung des Grundsatzes der ordnungsgemäßen Verwaltung gerügt wird

63

Die Klägerin macht geltend, dass die Kommission den Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung dadurch verletzt habe, dass sie das Vorbringen der Klägerin im Verwaltungsverfahren zur Verletzung des Berufsgeheimnisses, zum Verbot einer Doppelvertretung, zu den Loyalitätspflichten und zu den treuhänderischen Pflichten nicht gebührend berücksichtigt habe.

64

Die Kommission weist dieses Vorbringen zurück.

65

Vorab ist darauf hinzuweisen, dass sich die Kommission in einem Verfahren zur Verhängung einer Geldbuße gegen Unternehmen wegen eines Verstoßes gegen Art. 101 AEUV nicht darauf beschränken darf, die von den Unternehmen vorgelegten Beweismittel zu prüfen, sondern nach dem Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung mit den ihr zur Verfügung stehenden Mitteln zur Aufklärung des rechtserheblichen Sachverhalts beitragen muss (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 13. Juli 1966, Consten und Grundig/Kommission, 56/64 und 58/64, Slg, EU:C:1966:41, S. 394).

66

Im vorliegenden Fall berücksichtigte die Kommission das Vorbringen zur Verletzung des Berufsgeheimnisses. Wie nämlich oben in den Rn. 48 und 49 ausgeführt worden ist, prüfte sie die Herkunft der Angaben und Beweismittel im Erlassantrag der DP und stellte fest, dass sie der Letztgenannten unabhängig von einer durch die Rechtsanwaltskanzlei C. begangenen Verletzung des Berufsgeheimnisses zur Verfügung gestanden hätten. Die Klägerin hat nichts vorgetragen, was die Fehlerhaftigkeit dieser Erwägungen der Kommission hätte belegen können.

67

Bezüglich des Vorbringens zu den Verletzungen des Verbots einer Doppelvertretung, der Loyalitätspflichten und der treuhänderischen Pflichten der DP genügt es im Übrigen, unter Verweis auf die obigen Rn. 51 bis 61 daran zu erinnern, dass solche Verletzungen unter den Umständen des vorliegenden Falles, selbst wenn sie nachgewiesen wären, die Kommission nicht daran hätten hindern können, die Angaben zu verwenden. Daher war die Kommission nicht verpflichtet, auch dieses Vorbringen zu prüfen.

68

Nach alledem ist auch der zweite Teil des ersten Klagegrundes und somit der erste Klagegrund insgesamt zurückzuweisen, ohne dass die Frage zu beantworten ist, ob die von der Klägerin gerügten Verletzungen, die das AMS-Kartell betreffen, geeignet sind, die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Beschlusses in Bezug auf das NES-Kartell in Frage zu stellen.

2. Zum zweiten Klagegrund, mit dem ein Verstoß gegen Art. 1 der Verordnung Nr. 141 gerügt wird

69

Dieser Klagegrund betrifft die Schlussfolgerung der Kommission in den Erwägungsgründen 644 bis 648 des angefochtenen Beschlusses, dass sie berechtigt gewesen sei, sich für die Verhängung von Sanktionen gegen die Klägerin wegen der Beteiligung der Bax Global (UK) am NES-Kartell auf die Verordnung Nr.1/2003 zu stützen. Dieses Kartell ist nach Ansicht der Kommission nicht gemäß der Befreiung des Verkehrs in Art. 1 der Verordnung Nr. 141 vom Anwendungsbereich der Verordnung Nr. 17 des Rates vom 6. Februar 1962, Erste Durchführungsverordnung zu den Artikeln [101 AEUV] und [102 AEUV] (ABl. 1962, 13, S. 204) befreit. Hierbei stützte sie sich insbesondere auf die Feststellung, dass die am NES-Kartell Beteiligten ihr Verhalten koordiniert hätten, um Ungewissheiten in Bezug auf die verschiedenen Preisbestandteile im Sektor der Speditionsdienste zu beseitigen, so dass dieses Kartell auf die Preise für Speditionsdienstleistungen und nicht auf die Preise für Frachtdienstleistungen ausgerichtet gewesen sei. Selbst wenn die Spediteure vertragliche Beziehungen zu den Fluglinien unterhalten hätten, hätten diese Beziehungen die Grundlage für die Erbringung von Luftfrachtdienstleistungen dargestellt, jedoch nicht für die Erbringung von Speditionsdienstleistungen, auf die das NES-Kartell abgezielt habe.

70

Die Klägerin hält diese Erwägungen der Kommission für fehlerhaft. Nach Art. 1 der Verordnung Nr. 141 sei die Kommission nicht für den Erlass eines Beschlusses über das NES-Kartell zuständig.

71

In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass die Verordnung Nr. 1/2003 in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 411/2004 des Rates vom 26. Februar 2004 zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 3975/87 und zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 3976/87 sowie der Verordnung Nr. 1/2003 hinsichtlich des Luftverkehrs zwischen der Gemeinschaft und Drittländern (ABl. L 68, S. 1), auf welche die Kommission den angefochtenen Beschluss gestützt hat, auf den Luftverkehr Anwendung findet.

72

Jedoch waren nach der Regelung, die vor dem Zeitpunkt der Anwendbarkeit der Verordnung Nr. 1/2003, also vor dem 1. Mai 2004, galt, Kartelle, die den Luftverkehr zwischen der Gemeinschaft und Drittländern betrafen, vom Anwendungsbereich der Verordnung Nr. 17 befreit. Die Verordnung Nr. 141 fand nämlich nach ihrem Art. 1 keine Anwendung auf Kartelle im Transportsektor, die die Festsetzung von Beförderungsentgelten und ‑bedingungen, die Beschränkung oder die Überwachung des Angebots von Verkehrsleistungen oder die Aufteilung der Verkehrsmärkte bezweckten oder bewirkten. Zwar sah die Verordnung (EWG) Nr. 3975/87 des Rates vom 14. Dezember 1987 über die Einzelheiten der Anwendung der Wettbewerbsregeln auf Luftfahrtunternehmen (ABl. L 374, S. 1) in der durch die Verordnung (EWG) Nr. 2410/92 des Rates vom 23. Juli 1992 geänderten Fassung (ABl. L 240, S. 18) die Aufhebung dieser Befreiung für den Luftverkehr zwischen Flughäfen der Gemeinschaft, jedoch nicht für den Luftverkehr zwischen der Gemeinschaft und Drittländern vor.

73

Im Kern macht die Klägerin somit geltend, dass die Beteiligung der Bax Global (UK) am NES-Kartell nach Art. 1 der Verordnung Nr. 141 von der Anwendung der Verordnung Nr. 17 befreit gewesen sei, da das Kartell vor dem 1. Mai 2004 bestanden habe. Die Speditionsdienste und die Leistungen für die NES-Registrierung seien Teil des Transportvorgangs und stellten damit Verkehrsleistungen im Sinne dieses Artikels dar. Jedenfalls beträfen die Speditionsdienstleistungen insgesamt, genauer die Leistungen im Zusammenhang mit dem NES, unmittelbar den Lufttransport. Daher sei die Kommission nicht berechtigt gewesen, gegen sie, die Klägerin, Sanktionen nach der Verordnung Nr. 1/2003 zu verhängen.

74

Zunächst ist das Vorbringen der Klägerin zur Auslegung von Art. 1 der Verordnung Nr. 141 zu prüfen, bevor ihr Vorbringen zu der Schlussfolgerung der Kommission, dass das NES-Kartell nicht die Verkehrsleistungen, sondern die Speditionsdienstleistungen betroffen habe, zu untersuchen ist.

Zur Auslegung von Art. 1 der Verordnung Nr. 141

75

Die Klägerin macht geltend, dass Art. 1 der Verordnung Nr. 141 den Ausschluss eines Bereichs von Tätigkeiten innerhalb des Transportsektors, nämlich sämtliche Tätigkeiten, die zum Transportvorgang gehörten, vorsehe, wobei der Begriff des Gewerbes möglicherweise weiter sei als der des relevanten Marktes. Bei der Beurteilung der nach diesem Artikel befreiten Tätigkeiten sei die Art der wirtschaftlichen Betätigung der Unternehmen zu berücksichtigen. In diesem Zusammenhang könne nicht zwischen den verschiedenen Tätigkeitsebenen eines Unternehmens unterschieden werden. So hätte die Kommission im Fall der Bax Global (UK) nicht zwischen dem Erwerb von Laderaum von den Beförderern einerseits und dem Angebot dieses Laderaums an die Befrachter andererseits unterscheiden dürfen. Außerdem trägt die Klägerin vor, dass Art. 1 der Verordnung Nr. 141 auf Dienstleistungen im Zusammenhang mit der Beförderung anwendbar sei, da er die„Beförderungsbedingungen“ betreffe und in den Erwägungsgründen dieser Verordnung auf Vereinbarungen, Beschlüsse und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen, die unmittelbar die Erbringung von Verkehrsleistungen beträfen, Bezug genommen werde.

76

Die Kommission weist dieses Vorbringen zurück.

77

Dazu ist vorab zu bemerken, dass das Verhalten eines Unternehmens nur dann nach Art. 1 der Verordnung Nr. 141 vom Anwendungsbereich der Verordnung Nr. 17 ausgenommen ist, wenn es die Beschränkung des Wettbewerbs auf einem Verkehrsmarkt bezweckt oder bewirkt. Nach dem dritten Erwägungsgrund dieser Verordnung sind durch den genannten Artikel nur Verhaltensweisen ausgenommen, die unmittelbar die Erbringung von Verkehrsleistungen betreffen.

78

Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass nach der Rechtsprechung das Verhalten eines Unternehmens, das nicht den Luftverkehr selbst, sondern einen diesem vor- oder nachgelagerten Markt betrifft, nicht als unmittelbar die Verkehrsleistung betreffend betrachtet werden kann und daher nicht nach Art. 1 der Verordnung Nr. 141 befreit ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 17. Dezember 2003, British Airways/Kommission, T‑219/99, Slg, EU:T:2003:343, Rn. 171 und 172).

79

Nach alledem kann der von der Klägerin vertretenen Auslegung von Art. 1 der Verordnung Nr. 141 nicht gefolgt werden.

80

Die Auslegung von Art. 1 der Verordnung Nr. 141, wonach sich diese Bestimmung nicht auf die Befreiung der Kartelle über Luftverkehrsleistungen beschränke, sondern ein Bündel von Tätigkeiten im Luftverkehrssektor befreie, steht nämlich weder mit dem Wortlaut dieser Bestimmung, noch mit dem dritten Erwägungsgrund dieser Verordnung, noch mit der oben erwähnten Rechtsprechung im Einklang, wonach das Kartell unmittelbar die Luftverkehrsleistung betreffen muss.

81

Art. 1 der Verordnung Nr. 141 befreit entgegen der Ansicht der Klägerin nicht sämtliche Tätigkeiten eines Unternehmens allein deshalb, weil ein Teil seiner Tätigkeiten die Luftverkehrsleistungen betrifft. Selbst wenn ein Unternehmen Verkehrsleistungen auf einem vorgelagerten Markt anfordert, sind daher seine Tätigkeiten auf einem nachgelagerten Markt, die nicht unmittelbar die Verkehrsleistungen betreffen, nicht durch diesen Artikel befreit.

82

Im Übrigen kann der Auslegung der Klägerin nicht gefolgt werden, wonach Art. 1 der Verordnung Nr. 141 sämtliche Dienstleistungen befreie, die in unmittelbarem Zusammenhang mit den Verkehrsleistungen stünden. Wie sich nämlich aus den Erwägungen oben in Rn. 80 ergibt, befreit diese Bestimmung nur die Kartelle, die unmittelbar die Verkehrsleistungen betreffen, jedoch nicht die Kartelle, die Dienstleistungen betreffen, die in unmittelbarem Zusammenhang mit den Verkehrsleistungen stehen.

83

Soweit sich die Klägerin außerdem zur Stützung der von ihr vertretenen Auslegung des Art. 1 der Verordnung Nr. 141 auf die „Beförderungsbedingungen“ beruft, genügt die Feststellung, dass mit dieser Formulierung nur klargestellt wird, dass nicht allein die Kartelle befreit sind, welche die Preise der Verkehrsleistungen betreffen, sondern auch diejenigen zur Festsetzung von Geschäftsbedingungen im Sinne von Art. 101 Abs. 1 Buchst. a AEUV. Entgegen dem Vorbringen der Klägerin kann daraus jedoch nicht hergeleitet werden, dass Dienstleistungen, die keine Verkehrsleistungen sind, jedoch einen unmittelbaren Zusammenhang mit diesen aufweisen, ebenfalls von der Anwendung der Verordnung Nr. 17 befreit sind.

Zu den vom NES-Kartell erfassten Dienstleistungen

84

Die Klägerin wendet sich auch gegen die Feststellung der Kommission, dass das NES-Kartell Speditionsdienstleistungen in Form eines Leistungspakets betroffen habe.

85

Dazu führte die Kommission insbesondere in den Erwägungsgründen 3 bis 6, 64 bis 66, 614, 867 bis 872 und 877 bis 879 des angefochtenen Beschlusses aus, dass die Spediteure, wirtschaftlich betrachtet, die Transportleistungen und andere Inputs in Speditionsleistungen umformten, die der spezifischen Anforderung ihrer Kunden entsprächen. Diese Anforderung werde nicht durch die einzelnen Dienstleistungen erfüllt, aus denen die Speditionsdienste bestünden. Die Spediteure böten ihren Kunden Dienstleistungen im Paket an, so dass diese ohne Schwierigkeiten Waren versenden könnten, ohne sich mit den Einzelheiten der Organisation der Beförderung befassen zu müssen. Diese Dienstleistungen umfassten die Beförderung auf dem Luftweg, könnten jedoch auch Lager-, Frachtumschlag-, Logistik- oder Landtransportleistungen sowie Verzollung und Versteuerung umfassen. Wenn die Verlader die einzelnen Dienstleistungen, die erforderlich seien, um zu gewährleisten, dass die Ware am Bestimmungsort ankomme, selbst erwerben müssten, müssten sie zum einen die verschiedenen Vorgänge auf eigene Gefahr koordinieren und könnten zum anderen nicht von den Skaleneffekten profitieren, welche die Spediteure durch die Zusammenfassung der Waren ihrer verschiedenen Kunden erzielen könnten. Dagegen finanzierten die Spediteure die Dienstleistungen von Dritten, die für die Erbringung der Speditionsdienste erforderlich seien, vor oder kauften sie auf der Großhandelsebene im Voraus ein und seien in der Lage, durch Zusammenfassung der Waren ihrer eigenen Kunden in Ladungen von optimalem Gewicht und Volumen umzugruppieren und dadurch Skaleneffekte zu nutzen und diese Kapazitäten effizienter auszunutzen, als dies einer ihrer Kunden könnte, wenn er versuchen würde, Luftfracht- oder damit zusammenhängende Dienste bei einem Luftfahrtunternehmen, einem Bodenabfertigungs- oder einem Lagerunternehmen zu kaufen. Für die Kunden der Spediteure hätten die Speditionsleistungen daher einen höheren Wert als deren Inputs einzeln betrachtet.

86

Ferner stellte die Kommission insbesondere in den Erwägungsgründen 129 und 130, 572, 645, 868, 869 und 872 des angefochtenen Beschlusses fest, dass das NES-Kartell sich auf die Speditionsdienste bezogen habe, auch wenn sich die Spediteure im Rahmen dieses Kartells nur über den NES-Aufschlag geeinigt hätten. In diesem Zusammenhang stützte sie sich erstens darauf, dass der NES-Aufschlag Teil des Gesamtpreises gewesen sei, den die Kunden für die Erbringung der Speditionsdienste hätten entrichten müssen. Zweitens hätten die Spediteure, die am NES-Kartell beteiligt gewesen seien, nicht bloß Leistungen für die NES-Registrierung erbracht. Auch hätten sie Dritte, die keine Spediteure gewesen seien und einzelne Leistungen für die NES-Registrierung angeboten hätten, nicht als tatsächliche oder potenzielle Wettbewerber betrachtet und hätten nicht versucht, solche Dienstleister in das NES-Kartell einzubinden. Drittens ergebe sich aus den Beweisen, über die sie verfüge, dass die Entscheidung eines Spediteurs, Gefahren und Kosten nicht in Form eines Aufschlags auf seine Kunden abzuwälzen, ihm einen Wettbewerbsvorteil auf dem Markt für Speditionsdienstleistungen in Paketform habe verschaffen können. Der Markt für Speditionsdienstleistungen sei durch geringe Margen gekennzeichnet, und daher könne eine leichte Preiserhöhung oder die Erhebung eines Aufschlags oder dessen Nichterhebung eine entscheidende Rolle dafür spielen, ob die Spediteure ihre Kunden verlören, ihre Kundenbasis erhielten oder ob sich ihnen neue Geschäftsmöglichkeiten auf Kosten ihrer Konkurrenten eröffneten.

87

Die Klägerin hält diese Erwägungen für falsch.

88

Erstens macht sie geltend, die Kommission habe verkannt, dass die Transportleistungen von den Speditionsdiensten umfasst seien und aus der Sicht der Kunden der Spediteure sehr wichtig seien, da die Organisation der Beförderung für sich allein ohne die Beförderung im eigentlichen Sinne den Anforderungen der Kunden nicht genüge. Die vertragliche Verpflichtung der Frachtspediteure ihren Kunden gegenüber gehe über die bloße Organisation der Beförderung von Waren vom Abgangs- bis zum Bestimmungsort hinaus. Aus Sicht der Kunden sei das betreffende Produkt oder die betreffende Dienstleistung ein Laderaum, der von einem Frachtführer oder Spediteur angeboten werde.

89

Die Kommission tritt diesem Vorbringen entgegen.

90

Die Rüge der Klägerin ist zurückzuweisen.

91

Dazu ist zu bemerken, dass die Kommission im angefochtenen Beschluss nicht in Frage gestellt hat, dass die Transportleistungen aus Sicht der Kunden der Spediteure einen bedeutenden Bestandteil der Speditionsdienste darstellen. Sie hat lediglich festgestellt, dass die Speditionsleistungen, auch wenn sie die Transportleistungen umfassten, von diesen zu unterscheiden seien. Im Übrigen handelt es sich bei dem Vorbringen der Klägerin, dass die von den Spediteuren angebotenen Dienstleistungen aus Sicht ihrer Kunden Laderäume seien, um eine bloße Behauptung. Die Klägerin hat nichts vorgetragen, um zu beweisen, dass die oben in Rn. 85 wiedergegebenen Erwägungen der Kommission, wonach zwischen den Speditions- und den Transportleistungen zu unterscheiden sei, falsch seien.

92

Zweitens vertritt die Klägerin die Ansicht, die Kommission habe nicht hinreichend berücksichtigt, dass sie häufig ganze Flugzeuge chartere, was ihr ermögliche, den Bestimmungsort und den Zeitplan für die Frachtleistungen festzulegen, und dass sie das mit der Nutzung der verfügbaren Ladekapazität verbundene wirtschaftliche Risiko trage. Des Weiteren führten die Spediteure oft selbst die Beförderung entweder ganz oder teilweise durch. Selbst wenn Beförderungen als „Luftfracht“ bezeichnet würden, führe die Klägerin solche Beförderungen auf kurzen Strecken oft mittels ihrer Lastkraftwagenflotte auf dem Landweg durch.

93

Die Kommission tritt diesem Vorbringen entgegen.

94

Diese Rüge der Klägerin ist ebenfalls zurückzuweisen.

95

Der von der Klägerin vorgetragene Umstand, dass sie ganze Flugzeuge chartere und das mit der Nutzung der verfügbaren Ladekapazität verbundene wirtschaftliche Risiko trage, lässt nicht die Annahme zu, dass ihre gesamte Tätigkeit die Beförderungsleistungen betrifft. Zwar betrifft die Tätigkeit der Spediteure, soweit sie bei Transportunternehmen Luftfrachtdienstleistungen erwerben, den Markt für Luftfracht. Wie jedoch oben in Rn. 81 ausgeführt worden ist, genügt es für die Befreiung der gesamten Tätigkeit der Klägerin nach Art. 1 der Verordnung Nr. 141 nicht, dass sie Dienstleistungen auf dem Markt für Luftfrachtleistungen in Anspruch nimmt. Nach den oben in den Rn. 85 und 86 wiedergegebenen Feststellungen der Kommission betraf das NES-Kartell nicht den Markt für Frachtdienste, sondern den Markt für Speditionsdienste, auf dem die Spediteure ihren Kunden Speditionsdienstleistungen anbieten und der dem Markt für Beförderungsleistungen nachgelagert ist. Auf alle Fälle tritt die Klägerin der Feststellung der Kommission im sechsten Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses nicht entgegen, wonach die Spediteure mehrheitlich nicht selbst den Lufttransport durchführen.

96

Ferner ändert der Umstand, dass die Klägerin im Rahmen der Erbringung von Speditionsdiensten selbst einige oder sämtliche Beförderungsleistungen auf dem Landweg durchführt, nichts daran, dass die vom NES-Kartell erfassten Dienstleistungen keine Beförderungsleistungen, sondern Speditionsleistungen in Form eines Leistungspakets waren.

97

Drittens führt die Klägerin an, dass die Fluggesellschaften Luftfrachtverträge unmittelbar mit bedeutenden Kunden aushandelten und dass die Transportunternehmen selbst Flugzeuge bei Anbietern chartern könnten. Daher stünden die Spediteure in Wirklichkeit in unmittelbarem Wettbewerb mit den Fluggesellschaften.

98

Die Kommission bestreitet dieses Vorbringen.

99

Dieses Vorbringen vermag die Erwägung der Kommission nicht in Frage zu stellen, dass die Speditionsdienstleistungen von den Beförderungsleistungen zu unterscheiden sind, da sie in Form von Leistungspaketen einer besonderen Nachfrage von Kunden entsprechen, aus deren Sicht die Speditionsdienste wirtschaftlich nicht durch die einzelnen Dienstleistungen zu ersetzen sind, aus denen sie sich zusammensetzen. Dass eine Reihe wichtiger Kunden der Frachtführer Luftfrachtverträge unmittelbar mit diesen aushandeln, vermag nämlich nicht zu belegen, dass für die Mehrheit der Kunden der Spediteure die Einzelleistungen, aus denen sich die Speditionsdienste zusammensetzen, aus den oben in Rn. 85 dargestellten Gründen wirtschaftlich die Speditionsdienste ersetzen können.

100

Im Übrigen legt die Klägerin nicht dar, inwiefern der Umstand, dass die Frachtführer Flugzeuge chartern, um sie für Luftfrachtleistungen zu nutzen, die Feststellung der Kommission in Frage stellen könnte, dass die vom NES-Kartell erfassten Dienstleistungen Speditionsleistungen waren, die von den Beförderungsleistungen zu unterscheiden sind.

101

Diese Rüge ist daher zurückzuweisen.

102

Viertens macht die Klägerin geltend, die Kommission habe nicht berücksichtigt, dass die Waren ohne die NES-Erklärung nicht befördert werden könnten. Sie habe ein falsches Kriterium angewandt, um zu bestimmen, ob ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen den Speditionsdienstleistungen (insgesamt oder nur denjenigen, die das NES beträfen) einerseits und der Beförderung auf dem Luftweg andererseits bestehe. Da die NES-Erklärung eine Vorbedingung für eine Beförderung sei, sei eine Beförderung aus dem Vereinigten Königreich im Luftverkehr nicht möglich, wenn die NES-Dokumente fehlten. Eine Verbindung mit der Luftfracht bestehe auch, wenn es um die Speditionsleistungen in ihrer Gesamtheit gehe.

103

Die Kommission bestreitet dieses Vorbringen.

104

Die Kommission räumt im 647. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses ein, dass die Einhaltung des NES-Verfahrens eine rechtliche Voraussetzung für die Beförderung aus dem Vereinigten Königreich sei und dass die Nichteinhaltung dieses Verfahrens den Luftfrachtverkehr in Frage stellen könne. Die Kommission hat somit die Bedeutung der Leistungen für die NES-Registrierung für die Beförderungsleistungen berücksichtigt.

105

Ferner ist festzustellen, dass das Vorbringen der Klägerin, mit dem sie auf eine Verbindung zwischen dem NES-Verfahren und den Beförderungsleistungen und eine Verbindung zwischen den Beförderungsleistungen und den Speditionsleistungen verweist, die Stichhaltigkeit der Erwägungen der Kommission nicht in Frage stellen kann. Das NES-Kartell betraf nämlich die Speditionsdienste und Art. 1 der Verordnung Nr. 141 befreit nur die Kartelle, die sich unmittelbar auf die Verkehrsleistungen beziehen (siehe oben, Rn. 82), nicht aber die Kartelle, die sich auf die mit den Verkehrsleistungen zusammenhängenden Dienstleistungen beziehen. Daher können die Verbindung zwischen dem NES-Verfahren und den vom Vereinigten Königreich aus erbrachten Luftverkehrsleistungen und die Verbindung zwischen den Beförderungsleistungen und den Speditionsdiensten die Feststellung der Kommission, dass das NES-Kartell nicht befreit war, nicht entkräften.

106

Somit ist diese Rüge zurückzuweisen, ohne dass geprüft werden muss, ob die zusätzlichen Erwägungen der Kommission im 647. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses zutreffend sind, wonach weder das Fehlen eines Speditionsdienstes noch die Nichtdurchführung des NES-Verfahrens den Luftfrachtverkehr in seiner Existenz gefährden könne und die Dienste bezüglich des NES-Verfahrens auch von anderen Dienstleistern als den Fluggesellschaften oder den Spediteuren erbracht werden könnten.

107

Fünftens macht die Klägerin geltend, dass die Bestimmungen der Internationalen Luftverkehrs-Vereinigung (IATA) nicht nur auf die Beziehungen zwischen den Frachtführern und den Spediteuren, sondern auch auf diejenigen zwischen den Spediteuren und ihren Kunden anwendbar seien.

108

Die Kommission bestreitet dieses Vorbringen.

109

Dazu genügt die Feststellung, dass der Anwendungsbereich der IATA-Bestimmungen die Feststellung der Kommission nicht in Frage stellen kann, wonach eine besondere Nachfrage nach den Speditionsdienstleistungen in Form eines Leistungspakets bestehe, die aus den oben in Rn. 85 dargestellten Gründen wirtschaftlich nicht durch die Einzelleistungen, aus denen sie sich zusammensetzen, ersetzt werden könnten.

110

Daher hat die Klägerin mit keinem ihrer Argumente aufzeigen können, dass die Kommission Art. 1 der Verordnung Nr. 141 falsch ausgelegt oder falsch angewandt hat.

111

Deshalb ist der zweite Klagegrund insgesamt zurückzuweisen.

3. Zum dritten Klagegrund, mit dem geltend gemacht wird, dass der Handel zwischen Mitgliedstaaten nicht spürbar beeinträchtigt sei

112

Dieser Klagegrund betrifft die Erwägungen der Kommission in Nr. 5.2.1.3 des angefochtenen Beschlusses, wonach das NES-Kartell geeignet gewesen sei, den Handel zwischen Mitgliedstaaten spürbar zu beeinträchtigen.

113

Die Klägerin ist der Ansicht, dass diese Erwägungen nicht im Einklang mit Art. 101 Abs. 1 AEUV und den Art. 4 und 7 der Verordnung Nr. 1/2003 stünden und dass die Kommission weder den Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung noch die Leitlinien von 2004 beachtet habe.

114

Das Vorbringen der Klägerin im Rahmen des vorliegenden Klagegrundes lässt sich in zwei Teile gliedern. Erstens macht die Klägerin geltend, dass das NES-Kartell entgegen den Feststellungen der Kommission nicht die Speditionsdienste, sondern ausschließlich die Leistungen für die NES-Registrierung betreffe. Zweitens trägt sie vor, dass die Feststellung der Kommission, dass dieses Kartell geeignet sei, den Handel zwischen Mitgliedstaaten spürbar zu beeinträchtigen, falsch sei, da die Wirkungen dieses Kartells auf das Vereinigte Königreich oder bestimmte Teile dieses Mitgliedstaats beschränkt gewesen seien.

Zum ersten Teil, der die vom NES-Kartell erfassten Dienstleistungen betrifft

115

Die Klägerin greift die Feststellung der Kommission im 614. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses an, wonach das NES-Kartell die Speditionsdienste erfasst habe. Diese Feststellung sei falsch. Das NES-Kartell habe nur die Leistungen für die NES-Registrierung betroffen. Die Spediteure hätten sich nur über die Beträge des NES-Aufschlags abgestimmt. Die Leistungen für die NES-Registrierung würden losgelöst vom Kontext der Spedition erbracht. Es handele sich um eine gesonderte Tätigkeit, die eine besondere Regelung im Vereinigten Königreich und damit einen für die Zwecke des Wettbewerbsrechts getrennten Dienstleistungsmarkt betreffe.

116

Nach Ansicht der Klägerin hat die Kommission keine ausreichenden Beweise dafür vorgelegt, dass das NES-Kartell die Speditionsdienste insgesamt beeinträchtigt habe. Sie habe sich auf die Feststellung beschränkt, dass der NES-Aufschlag in den von den Kunden für die Erbringung der Speditionsdienste entrichteten Gesamtpreis eingegangen sei. Es gebe jedoch Dritte, die keine Spediteure und unabhängig seien und die Leistungen für die NES-Registrierung anböten. Entgegen den Feststellungen der Kommission sei der Umstand, dass diese Dritten in den Erörterungen zwischen den Spediteuren nicht erwähnt worden seien, unerheblich.

117

Die Kommission bestreitet dieses Vorbringen.

118

Die genannte Rüge ist zurückzuweisen.

119

Entgegen dem Vorbringen der Klägerin hat sich die Kommission nicht auf die Feststellung beschränkt, dass der NES-Aufschlag in den von den Kunden für die Speditionsdienste entrichteten Gesamtpreis eingegangen sei.

120

Zum einen sind die Erwägungen der Kommission, auf die sie ihre Schlussfolgerung stützte, dass die Speditionsdienste in Form eines Leistungspakets einen Markt darstellten, der von den Märkten für die Einzelleistungen, aus denen sich diese Speditionsdienste zusammensetzten, zu unterscheiden sei, bereits oben in Rn. 85 wiedergegeben worden.

121

Zum anderen war, wie bereits oben in Rn. 86 ausgeführt worden ist, die Schlussfolgerung der Kommission, dass das NES-Kartell die Speditionsdienste erfasst habe, nicht nur auf die Erwägung gestützt, dass der NES-Aufschlag Teil des Gesamtpreises gewesen sei, den die Kunden für die Erbringung der Speditionsdienste zu entrichten gehabt hätten. Nach den Feststellungen der Kommission waren nämlich erstens sämtliche Unternehmen, die sich an dem NES-Kartell beteiligt hatten, Spediteure und keines von ihnen war ein bloßer Anbieter von Leistungen für die NES-Registrierung, zweitens hatten diese Unternehmen solche Anbieter nicht als tatsächliche oder potenzielle Wettbewerber betrachtet, drittens hatten sie nicht versucht, sie in das NES-Kartell einzubinden, und viertens war die Entscheidung eines Spediteurs, Risiken und Kosten nicht in Form eines Aufschlags auf seine Kunden abzuwälzen, geeignet, ihm einen Wettbewerbsvorteil auf dem Markt der Speditionsdienste zu verschaffen.

122

Somit diente das NES-Kartell nicht dazu, den Wettbewerb in Bezug auf Leistungen für die NES-Registrierung in Form einzelner Leistungen zu beschränken, sondern den Wettbewerb in Bezug auf Speditionsdienste in Form von Leistungspaketen.

123

Zwar können der Umstand, dass Dritte, die keine Spediteure sind, Leistungen für die NES-Registrierung anbieten, und der von der Klägerin behauptete Umstand, dass bis zu 40 % oder sogar 50 % der Zollanmeldungen in Europa unmittelbar vom Verlader oder über Zollagenturen vorgelegt würden – wenn sie denn bewiesen wären – eine Nachfrage nach einzelnen Leistungen für die NES-Registrierung belegen, doch sind diese Umstände nicht als Beweis geeignet, dass das in Rede stehende Kartell diese einzelnen Dienstleistungen betraf.

124

Zweitens macht die Klägerin geltend, dass die Begründung des angefochtenen Beschlusses inkohärent sei. Einerseits habe die Kommission im 441. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses im Rahmen der Beschreibung der Zuwiderhandlung nur das in unmittelbarem Zusammenhang mit dem NES-Aufschlag stehende Verhalten angeführt und keinen Beweis dafür vorgelegt, dass sich das NES-Kartell mit anderen Themen wie beispielsweise dem Beförderungsentgelt oder sonstigen Nebendienstleistungen beschäftigt hätte. Andererseits habe die Kommission im 872. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses behauptet, dass das NES-Kartell nicht den Markt für Leistungen für die NES-Registrierung, sondern die Speditionsdienste betreffe.

125

Die Kommission bestreitet dieses Vorbringen.

126

Die genannte Rüge ist zurückzuweisen.

127

Entgegen dem Vorbringen der Klägerin sind die in Rede stehenden Erwägungen der Kommission nicht widersprüchlich. Nach den oben in den Rn. 85 und 86 zusammengefassten Feststellungen der Kommission diente nämlich das NES-Kartell, selbst wenn es nur den NES-Aufschlag betraf, der Beschränkung des Wettbewerbs zwischen den Spediteuren bei den Speditionsdiensten.

128

Drittens führt die Klägerin an, die Spediteure hätten in ihren Rechnungen Nebenleistungen wie die Leistungen für die NES-Registrierung im Zusammenhang mit den Speditionsdienstleistungen nur aus rein administrativen Gründen aufgeführt, was die Kommission selbst eingeräumt habe. Dadurch hätten diese Leistungen in einer Gesamtrechnung in Rechnung gestellt werden können.

129

Die Kommission bestreitet dieses Vorbringen.

130

Diese Rüge der Klägerin ist ebenfalls zurückzuweisen.

131

In diesem Zusammenhang ist daran zu erinnern, dass der Umstand, dass die Spediteure die Leistungen für die NES-Registrierung ihren Kunden in Rechnung stellten, in keiner Weise gegen die Feststellung der Kommission spricht, dass eine besondere Nachfrage nach den Speditionsdienstleistungen in Form eines Leistungspakets besteht, weil dadurch Zeit gewonnen und Geld gespart werden kann. Vielmehr erhärtet das Argument der Klägerin, dass auf diese Weise ihren Kunden eine Gesamtrechnung habe ausgestellt werden können, diese Erwägungen.

132

Außerdem hat die Kommission entgegen dem Vorbringen der Klägerin im 868. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses nicht festgestellt, dass der Umstand, dass die Spediteure ihren Kunden die Leistungen für die NES-Registrierung in Rechnung gestellt hätten, rein administrative Gründe gehabt habe und ohne Bedeutung sei. Sie stellte lediglich fest, dass der Umstand, dass die Spediteure in ihren Rechnungen den NES-Aufschlag getrennt aufgeführt hätten, anstatt ihn in den Endpreis der Speditionsdienste einzubeziehen, eine rein formale Frage ohne wirtschaftliche oder rechtliche Bedeutung gewesen sei.

133

Viertens macht die Klägerin geltend, dass nach Art. 1 Abs. 1 des angefochtenen Beschlusses das NES-Kartell die Erbringung der Leistungen für die NES-Registrierung umfasst habe.

134

Die Kommission tritt diesem Vorbringen entgegen.

135

Dazu genügt die Feststellung, dass aus dem Wortlaut dieses Absatzes klar hervorgeht, dass das NES-Kartell den „Bereich der Speditionsdienste im Luftverkehr“ betraf.

136

Somit hat die Klägerin mit keinem ihrer Argumente dartun können, dass die Feststellung der Kommission, dass das NES-Kartell der Beschränkung des Wettbewerbs bei den Speditionsdiensten diente, fehlerhaft war.

137

Daher ist dieser Teil des Klagegrundes zurückzuweisen.

Zum zweiten Teil, der die Beeinträchtigung des Handels zwischen Mitgliedstaaten betrifft

138

Die Klägerin wendet sich auch gegen die Feststellung der Kommission, dass das NES-Kartell geeignet gewesen sei, den Handel zwischen Mitgliedstaaten spürbar zu beeinträchtigen.

139

In Nr. 5.2.1.3 des angefochtenen Beschlusses führte die Kommission in den Erwägungsgründen 590 bis 599 und 602 bis 615 aus, dass der Handel zwischen Mitgliedstaaten durch das NES-Kartell zum einen unmittelbar in Bezug auf die Erbringung von Speditionsdiensten und zum anderen mittelbar in Bezug auf die beförderten Güter habe beeinträchtigt werden können.

140

Die Klägerin hält diese Feststellungen für fehlerhaft. Weder die Wirkungen, die das NES-Kartell auf die Speditionsdienste möglicherweise gehabt habe, noch diejenigen, die es auf die Beförderung der Waren gehabt haben könne, seien geeignet gewesen, den Handel zwischen Mitgliedstaaten spürbar zu beeinträchtigen. Die Kommission habe sich auf allgemeine Argumente gestützt, keine ausreichenden Beweise vorgelegt, die Leitlinien von 2004 nicht beachtet und keine angemessene Untersuchung durchgeführt.

141

Dazu ist vorab darauf hinzuweisen, dass Art. 101 Abs. 1 AEUV und Art. 53 des EWR-Abkommens nur Vereinbarungen betreffen, die geeignet sind, den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen. Wie aus der Rechtsprechung hervorgeht, kann eine Vereinbarung den Handel zwischen Mitgliedstaaten nur beeinträchtigen, wenn sich anhand einer Gesamtheit objektiver rechtlicher und tatsächlicher Umstände mit hinreichender Wahrscheinlichkeit voraussehen lässt, dass sie unmittelbar oder mittelbar, tatsächlich oder potenziell den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinflussen können (Urteil vom 13. Juli 2006, Manfredi u. a., C‑295/04 bis C‑298/04, Slg, EU:C:2006:461, Rn. 42).

142

Es ist auch darauf hinzuweisen, dass eine Vereinbarung nicht von der Verbotsvorschrift des Art. 101 AEUV erfasst wird, wenn sie den Markt nur geringfügig beeinträchtigt (vgl. Urteil vom 21. Januar 1999, Bagnasco u. a., C‑215/96 und C‑216/96, Slg, EU:C:1999:12, Rn. 34 und die dort angeführte Rechtsprechung).

143

Der grenzüberschreitende Charakter der Speditionsdienste deckt sich nicht mit der Frage der Spürbarkeit der Beeinträchtigung des Handels zwischen Mitgliedstaaten. Wäre nämlich jede grenzüberschreitende Transaktion automatisch geeignet, den Handel zwischen Mitgliedstaaten spürbar zu beeinträchtigen, würde der Begriff der Spürbarkeit seines Inhalts entleert, obwohl er ein von der Rechtsprechung entwickeltes Tatbestandsmerkmal des Art. 101 Abs. 1 AEUV ist (Urteil vom 16. Juni 2011, Ziegler/Kommission, T‑199/08, Slg, EU:T:2011:285, Rn. 52 und 53)

144

In Anbetracht des Umstands, dass der Begriff Handel im Sinne von Art. 101 AEUV nicht auf den herkömmlichen grenzüberschreitenden Warenverkehr beschränkt ist, sondern auch den Dienstleistungsverkehr umfasst, sind die Einwände der Klägerin gegen die Erwägungen der Kommission zu prüfen, die auf die Auswirkungen des NES-Kartells auf den Handel bei Speditionsdiensten gestützt sind, bevor das Vorbringen gegen die Erwägungen der Kommission zu untersuchen ist, die auf die Wirkungen dieses Kartells auf die Warenströme gestützt werden. Schließlich ist das Vorbringen zu behandeln, mit dem eine Verletzung des Grundsatzes der ordnungsgemäßen Verwaltung und ein Verstoß gegen Ziff. 77 der Leitlinien von 2004 gerügt werden.

Zur Beeinträchtigung des Handels bei Speditionsdiensten

145

Die Klägerin wendet sich gegen die Feststellung der Kommission, dass das NES-Kartell geeignet gewesen sei, spürbare Auswirkungen auf den Markt für Speditionsdienste zu entfalten.

146

In den Erwägungsgründen 598, 607, 608, 610, 613 und 614 des angefochtenen Beschlusses führte die Kommission aus, dass das NES-Kartell trotz des Umstands, dass es sich nur auf die Regelung eines Mitgliedstaats bezogen habe, geeignet gewesen sei, den Handel zwischen Mitgliedstaaten insbesondere bei den Speditionsdiensten zu beeinträchtigen. Zum einen würden die vom NES-Kartell erfassten Speditionsdienste nicht nur von Kunden aus dem Vereinigten Königreich angefordert, sondern auch von außerhalb des Vereinigten Königreichs, in anderen EWR-Ländern ansässigen Kunden oder von deren örtlichen Niederlassungen. Zum anderen sei der Sektor der Speditionsdienste durch einen umfangreichen Handel zwischen Mitgliedstaaten ebenso wie zwischen den Unionsstaaten und den Staaten der Europäischen Freihandelsassoziation (EFTA) gekennzeichnet. Die Spediteure stünden in allen oder beinahe allen dem EWR angehörenden Staaten im Wettbewerb zueinander, und ihre Kunden seien im EWR niedergelassen. Es sei offenkundig, dass das Verhalten der global agierenden Unternehmen auf dem englischen Markt Auswirkungen auf die Wettbewerbsstruktur des Binnenmarkts habe entfalten können, denn die Änderung ihrer Rendite im Vereinigten Königreich habe ihr Geschäftsverhalten in anderen Mitgliedstaaten beeinflussen können. Sodann stellte die Kommission fest, dass die Auswirkungen des NES-Kartells auf die Speditionsdienste spürbar gewesen seien, da die Voraussetzungen für die Vermutung in Ziff. 53 der Leitlinien von 2004 erfüllt gewesen seien. Erstens sei das NES-Kartell seiner Art nach geeignet gewesen, den Handel zwischen Mitgliedstaaten im Sinne dieser Ziffer zu beeinträchtigen. Zweitens habe der von den Beteiligten mit den vom NES-Kartell erfassten Dienstleistungen erzielte Umsatz 40 Mio. Euro überstiegen, und ihr Marktanteil habe über dem Schwellenwert von 5 % gelegen.

147

Die Klägerin hält diese Erwägungen für falsch. Die Erwägungen der Kommission seien rein spekulativ. Entgegen der Ansicht der Kommission habe das NES-Kartell nicht den Handel in mehreren Mitgliedstaaten betroffen, und sein Hauptzweck habe nicht darin bestanden, den Wettbewerb im EWR zu reglementieren. Jede Auswirkung des NES-Aufschlags sei auf das Vereinigte Königreich oder sogar nur auf bestimmte Teile dieses Staates beschränkt gewesen.

148

Im Einzelnen tritt die Klägerin erstens den Erwägungen der Kommission entgegen, die auf die Auswirkungen auf die Kunden der Spediteure und auf das Verhalten der Spediteure in anderen Mitgliedstaaten gestützt werden, und zweitens stellt sie die Erwägungen in Bezug auf die Spürbarkeit der Beeinträchtigung des Handels in Frage.

– Zu den Auswirkungen auf die Kunden der Spediteure und auf das Verhalten der Spediteure in anderen Mitgliedstaaten

149

Als Erstes trägt die Klägerin vor, die Erwägung der Kommission im 610. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses, wonach die Änderung der Renditen der Spediteure im Vereinigten Königreich Auswirkungen auf ihr Verhalten in anderen Mitgliedstaaten hätte haben können, sei rein spekulativ. Die Kommission habe keinen beweiskräftigen Beleg dafür angeführt, dass der NES-Aufschlag, der praktisch nur auf Waren aus dem Vereinten Königreich anwendbar sei, eine Auswirkung auf die Tätigkeiten der in anderen Mitgliedstaaten tätigen Unternehmen habe entfalten können, zumal, wenn dessen geringe wirtschaftliche Bedeutung berücksichtigt werde. Unter den Umständen des vorliegenden Falles sei die Tatsache, dass die an der Vereinbarung beteiligten Unternehmen Mitglieder von Unternehmensgruppen verschiedener Staatszugehörigkeit seien, unerheblich.

150

Die Kommission weist dieses Vorbringen zurück.

151

Dazu ist festzustellen, dass Art. 101 Abs. 1 AEUV nur auf Vereinbarungen anwendbar ist, die den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen geeignet sind. Daher ist die Kommission nicht verpflichtet, die tatsächlichen Auswirkungen einer Vereinbarung darzutun; es genügt, dass sie nachweist, dass diese Vereinbarungen geeignet sind, eine solche Auswirkung zu haben. Sie braucht daher bloß aufzuzeigen, dass es hinreichend wahrscheinlich ist, dass die Vereinbarung unmittelbar oder mittelbar, tatsächlich oder potenziell die Handelsströme zwischen Mitgliedstaaten beeinflussen konnte (Urteil vom 17. Juli 1997, Ferriere Nord/Kommission, C‑219/95 P, Slg, EU:C:1997:375, Rn. 20).

152

Die Kommission hat keinen Fehler begangen, als sie die Ansicht vertreten hat, dass es unter den Umständen des vorliegenden Falles hinreichend wahrscheinlich gewesen sei, dass das NES-Kartell das Verhalten der Spediteure in anderen Mitgliedstaaten als dem Vereinigten Königreich habe beeinflussen können.

153

Erstens betraf nämlich das NES-Kartell entgegen dem Vorbringen der Klägerin die Speditionsdienste (siehe oben, Rn. 115 bis 136).

154

Zweitens bieten nach den Feststellungen der Kommission im angefochtenen Beschluss, denen die Klägerin nicht entgegengetreten ist, die am NES-Kartell beteiligten Spediteure ihre Speditionsdienste auch in anderen Mitgliedstaaten als dem Vereinigten Königreich an und stehen in diesen Mitgliedstaaten in Wettbewerb in Bezug auf diese Speditionsdienste.

155

Drittens kann unter den Umständen des vorliegenden Falles nicht ausgeschlossen werden, dass ohne das NES-Kartell der Wettbewerb zwischen den Spediteuren in Bezug auf die sich aus dem NES ergebenden Kosten einen Einfluss auf die Rendite der Spediteure im Vereinigten Königreich hätte haben und zu Gewinnen und Verlusten von Marktanteilen in diesem Land hätte führen können. Zwar macht die Klägerin in diesem Zusammenhang geltend, dass der NES-Aufschlag nur geringe wirtschaftliche Bedeutung gehabt habe. Dieses Argument kann jedoch die Erwägung der Kommission nicht in Frage stellen, wonach die wirtschaftliche Bedeutung des NES-Aufschlags angesichts der geringen Margen auf dem Markt für Speditionsdienste nicht als unbedeutend betrachtet werden könne. Diese Erwägung der Kommission wird nämlich zum einen durch ihre Feststellung im 907. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses bestätigt, wonach die Speditionskunden Widerstand gegen die Entrichtung des NES-Aufschlags geleistet hätten, und zum anderen durch die im 869. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses angeführten Beweismittel, die Befürchtungen einiger am NES-Kartell beteiligter Spediteure wiedergeben, dass ein Wettbewerb bei den durch den NES bedingten Kosten die Renditen ändern und zu einem Gewinn oder Verlust von Marktanteilen führen könnte. Die Klägerin trägt nichts vor, was diese Feststellungen in Frage stellen könnte.

156

Viertens erscheint es in Anbetracht dieser Umstände hinreichend wahrscheinlich, dass das NES-Kartell geeignet war, Auswirkungen auf das Verhalten der Spediteure in anderen Mitgliedstaaten zu entfalten, in denen sie ebenfalls in Wettbewerb standen, und die Wettbewerbsstruktur in der Union in dieser Hinsicht zu verändern.

157

Deshalb ist festzustellen, dass die Klägerin mit keinem ihrer Argumente die Erwägung der Kommission in Frage stellen kann, die auf die Auswirkungen des NES-Kartells auf das Verhalten der Spediteure in anderen Mitgliedstaaten als dem Vereinigten Königreich gestützt wird.

158

Als Zweites macht die Klägerin geltend, dass die Feststellung der Kommission im 607. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses, dass die vom NES-Kartell erfassten Dienstleistungen nicht nur von Kunden im Vereinigten Königreich, sondern auch von Unternehmen in anderen Mitgliedstaaten des EWR nachgefragt würden, fehlerhaft sei. Der grenzüberschreitende Handel mit den Leistungen für die NES-Registrierung sei nicht problemlos, da diese Dienstleistungen nur im Vereinigten Königreich von Interesse seien und keine Nachfrage außerhalb dieses Mitgliedstaats erzeugten. Jedenfalls habe die Kommission keinen ausreichenden Beweis dafür vorgelegt.

159

In diesem Zusammenhang ist daran zu erinnern, dass das NES-Kartell entgegen dem Vorbringen der Klägerin nicht die Leistungen für die NES-Registrierung, sondern die Speditionsdienste betraf (siehe oben, Rn. 115 bis 136).

160

Was die Zweifel der Klägerin in Bezug auf die Feststellungen der Kommission angeht, dass Kunden in anderen Mitgliedstaaten als dem Vereinigten Königreich Speditionsdienste nachfragten, die von dem NES-Kartell hätten beeinflusst sein können, so ist daran zu erinnern, dass sich die Kommission auf die Darlegung beschränken kann, dass ein hinreichender Grad an Wahrscheinlichkeit besteht, dass dieses Kartell einen unmittelbaren oder mittelbaren, gegenwärtigen oder potenziellen Einfluss auf die Handelsströme zwischen Mitgliedstaaten haben konnte (siehe oben, Rn. 151).

161

Wie die Klägerin dazu selbst anführt, hat sich die Kommission auf eine Erklärung von [vertraulich] gestützt, wonach [vertraulich].

162

Entgegen dem Vorbringen der Klägerin kann die Glaubhaftigkeit dieser Erklärung nicht durch ihre Behauptung in Zweifel gezogen werden, dass in den meisten Fällen, in denen in einem anderen Mitgliedstaat befindliche Waren im Transit durch das Vereinigte Königreich befördert worden seien, Leistungen für die NES-Registrierung nicht notwendig gewesen seien. Selbst wenn diese Behauptung bewiesen wäre, beträfe sie nicht den Fall, dass ein in einem anderen Mitgliedstaat als dem Vereinigten Königreich ansässiger Kunde Speditionsleistungen für eine Ware anfordert, die sich bereits im Vereinigten Königreich befindet.

163

Somit ist festzustellen, dass die Klägerin mit keinem ihrer Argumente die Erwägung der Kommission in Frage stellen kann, die auf die Auswirkungen des NES-Kartells auf die Speditionsdienste gestützt wird, die von einem in einem anderen Mitgliedstaat als dem Vereinigten Königreich ansässigen Kunden in Anspruch genommen werden.

164

Als Drittes trägt die Klägerin vor, dass Art und Umfang des NES-Kartells zeigten, dass es auf das Vereinigte Königreich beschränkt gewesen sei und sich nicht auf den Handel zwischen Mitgliedstaaten habe auswirken sollen. Das NES-Kartell sei Sache des Luftfrachtpersonals verschiedener in der Umgebung des Flughafens London-Heathrow ansässiger Unternehmen gewesen. Die Kommission habe nicht dargetan, dass die betreffenden Personen über die notwendigen Befugnisse verfügt hätten, um ihre Organisationen im Vereinigten Königreich in ihrer Gesamtheit zu binden. Das an diesem Kartell beteiligte Mitglied von Bax Global (UK), Herr B., habe bei der Preisfestsetzung keine Rolle gespielt. Bax habe eine Politik verfolgt, bei der die Autonomie im Vordergrund gestanden habe, so dass die Filialleiter der Bax Global (UK) allgemein über einen erheblichen Spielraum bei den Preisen verfügt hätten, da jede Filiale eine getrennte geschäftliche Einheit dargestellt habe. Die Höhe des NES-Aufschlags für einen einzelnen Kunden der Bax Global (UK) sei daher von dem betreffenden Filialleiter nach Verhandlungen zwischen der für den Versand verantwortlichen Filiale und dem betreffenden Kunden festgesetzt worden.

165

Die Kommission weist dieses Vorbringen zurück.

166

Die Klägerin ist den Feststellungen der Kommission in den Erwägungsgründen 94 bis 114 des angefochtenen Beschlusses nicht entgegengetreten, wonach Herr B. als Vertreter der Bax Global (UK) an einer Sitzung teilgenommen und weiter Kontakte unterhalten habe, in deren Rahmen er sich mit den Vertretern anderer Spediteure über die Einführung eines NES-Aufschlags, dessen Höhe, den Zeitplan für seine Anwendung und die Überwachung seiner Einführung geeinigt habe.

167

Was das Vorbringen angeht, dass Herr B. keine Rolle bei der Preisfestsetzung gespielt habe, so genügt der Hinweis, dass die Klägerin die Feststellungen der Kommission im 122. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses nicht in Frage stellt, in der diese eingehend und gestützt auf Beweismittel ausführt, dass Herr B. bei der Bax Global (UK) über Befugnisse in Bezug auf die Preisfestsetzung verfügt habe, dass das Bestehen des NES-Kartells in diesem Unternehmen bekannt gewesen sei und dass die Mitglieder des Vorstands von Herrn B. vom Bestehen dieses Kartells unterrichtet worden seien und keine Einwände erhoben hätten. In diesem Zusammenhang ist auch zu beachten, dass es keines förmlichen Auftrags bedarf, damit die Beteiligung eines Angestellten eines Unternehmens dem Unternehmen zugerechnet werden kann (Urteil vom 16. November 2011, Álvarez/Kommission, T‑78/06, EU:T:2011:673, Rn. 39).

168

Soweit sich die Klägerin ferner darauf beruft, dass die Tragweite des NES-Kartells auf das Vereinigte Königreich oder sogar nur auf einen Teil des Gebiets dieses Mitgliedstaats beschränkt gewesen sei, genügt die Feststellung, dass aufgrund der vorstehenden Erwägungen oben in den Rn. 149 bis 163 dieses Argument die Erwägung der Kommission nicht in Frage stellen kann, dass das NES-Kartell geeignet war, Auswirkungen in anderen Mitgliedstaaten zu entfalten.

169

Daher ist festzustellen, dass die Klägerin mit keinem ihrer Argumente dartun konnte, dass die Erwägungen der Kommission, dass das NES-Kartell geeignet gewesen sei, Auswirkungen auf das Verhalten der Spediteure in anderen Mitgliedstaaten und auf die Kunden der Spediteure zu entfalten, fehlerhaft gewesen waren.

– Zur Spürbarkeit der Beeinträchtigung des Handels

170

Die Klägerin wendet sich auch gegen die Feststellung der Kommission, dass das NES-Kartell geeignet gewesen sei, den Handel zwischen Mitgliedstaaten spürbar zu beeinträchtigen.

171

Dazu führte die Kommission im angefochtenen Beschluss aus, dass im vorliegenden Fall die Voraussetzungen für die in Ziff. 53 der Leitlinien von 2004 vorgesehene positive Vermutung erfüllt gewesen seien. Das NES-Kartell sei seinem Wesen nach geeignet gewesen, den Handel zwischen Mitgliedstaaten spürbar zu beeinträchtigen. Außerdem stellte die Kommission im 614. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses fest, dass der von den Beteiligten auf der betreffenden Handelsroute erzielte Umsatz deutlich über dem erforderlichen Wert von 40 Mio. Euro gelegen habe. In den Erwägungsgründen 613 und 899 des angefochtenen Beschlusses vertrat sie die Ansicht, dass nicht nur die verhältnismäßig starke einzelne Stellung der beteiligten Unternehmen auf den Märkten des Vereinigten Königreichs und des EWR, sondern auch ihr kumulierter Marktanteil im Vereinigten Königreich und im EWR für eine Beeinträchtigung des Handels sprächen.

172

Die Klägerin hält diese Erwägungen für fehlerhaft. Zum einen habe die Kommission die Vermutung in Ziff. 53 der Leitlinien von 2004 falsch angewandt. Zum anderen sei diese Vermutung unter den Umständen des vorliegenden Falles widerlegt worden.

173

Die Kommission weist dieses Vorbringen zurück.

174

Ziff. 53 der Leitlinien von 2004, deren Rechtmäßigkeit und Erheblichkeit im Rahmen der vorliegenden Klage nicht in Zweifel gezogen worden sind, lautet wie folgt:

„Wenn eine Vereinbarung ihrem Wesen nach geeignet ist, den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen, da sie beispielsweise Einfuhren und Ausfuhren betrifft oder sich auf mehrere Mitgliedstaaten erstreckt, wird die Kommission davon ausgehen, dass eine widerlegbare positive Vermutung vorliegt, dass diese Beeinträchtigung des Handels spürbar ist, sofern der … Umsatz der Unternehmen mit den von der Vereinbarung erfassten Waren 40 Mio. EUR überschreitet. Im Falle von Vereinbarungen, die ihrem Wesen nach geeignet sind, den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen, kann ferner häufig davon ausgegangen werden, dass die Auswirkungen spürbar sind, wenn der Marktanteil der Parteien den im vorangehenden Absatz erwähnten Schwellenwert von 5 % übertrifft. Dies gilt jedoch nicht, wenn sich die Vereinbarung nur auf einen Teil des Mitgliedstaats erstreckt (siehe Ziff. 90).“

175

Das Vorbringen der Klägerin, dass das NES-Kartell keine Vereinbarung sei, die ihrem Wesen nach geeignet sei, den Handelsverkehr zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen, ist zurückzuweisen. In diesem Zusammenhang ist erstens anzuführen, dass die Anwendung der Vermutung in Ziff. 53 der Leitlinien von 2004 nicht notwendigerweise erfordert, dass das Kartell mehrere Mitgliedstaaten erfasst. Wie sich nämlich aus der Verwendung des Wortes „beispielsweise“ ergibt, handelt es sich nur um ein Beispiel für die von dieser Ziffer erfassten Vereinbarungen. Zweitens ist auf die Rn. 149 bis 168 oben zu verweisen, in denen dargestellt worden ist, dass die Erwägung der Kommission, dass das NES-Kartell trotz des Umstands, dass es sich auf die sich aus der NES-Regelung des Vereinigten Königreichs ergebenden Kosten bezog, geeignet war, den Markt für Speditionsdienste in mehreren Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen, nicht fehlerhaft war.

176

Soweit die Klägerin ferner die Untersuchung der Kommission in Zweifel zieht, der zufolge die in Ziff. 53 der Leitlinien von 2004 genannten Schwellenwerte überschritten wurden, muss festgestellt werden, dass sie sich auf das Argument beschränkt, dass die Kommission nicht die mit den Speditionsdiensten erzielten Umsätze, sondern nur die mit den Leistungen für die NES-Registrierung erzielten Umsätze hätte verwenden dürfen. Dazu genügt der Hinweis, dass nach Ziff. 53 der Leitlinien von 2004 der von den Beteiligten mit den vom Kartell erfassten Dienstleistungen erzielte Umsatz zu berücksichtigen ist und aufgrund der vorstehenden Erwägungen in den Rn. 115 bis 137 davon auszugehen ist, dass das NES-Kartell die Speditionsdienste betraf.

177

Soweit die Klägerin zudem geltend macht, dass die Kommission nicht berücksichtigt habe, dass die Vermutung in Ziff. 53 der Leitlinien von 2004 widerlegbar und im konkreten Fall auch widerlegt worden sei, genügt die Feststellung, dass die Klägerin hierzu nichts vorgetragen hat, was nicht bereits oben in den Rn. 115 bis 176 geprüft und zurückgewiesen worden ist.

178

Daher vermag keines der von der Klägerin vorgetragenen Argumente die Schlussfolgerung der Kommission zu erschüttern, dass das NES-Kartell geeignet war, den Handel zwischen Mitgliedstaaten in Bezug auf die Speditionsdienste spürbar zu beeinträchtigen.

Zur Beeinträchtigung des Warenflusses

179

Die Klägerin macht auch geltend, dass die auf eine Beeinträchtigung des Warenflusses gestützten Erwägungen der Kommission fehlerhaft seien. Das NES-Kartell habe zu keiner Änderung des Handelsgefüges geführt, weder in Bezug auf Waren aus dem Vereinigten Königreich noch in Bezug auf Waren aus anderen Ländern. Zum einen sei der NES-Aufschlag nur auf Waren aus dem Vereinigten Königreich angewandt worden, da die Möglichkeiten der Anwendung des NES-Aufschlags auf Sendungen, die nicht aus dem Vereinigten Königreich gestammt hätten, praktisch null gewesen seien. Zum anderen habe der Fluss der im Vereinigten Königreich befindlichen Waren durch den NES-Aufschlag nicht verändert werden können. Deshalb sei das NES-Kartell nicht geeignet gewesen, den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen, zumindest nicht spürbar.

180

Dieses Vorbringen liegt neben der Sache und ist daher zurückzuweisen. Selbst wenn das NES-Kartell den Warenfluss zwischen Mitgliedstaaten nicht spürbar beeinträchtigt hätte, könnte dies die Schlussfolgerung der Kommission nicht in Frage stellen, wonach dieses Kartell aufgrund seiner Auswirkungen auf die Speditionsdienste geeignet war, den Handel zwischen Mitgliedstaaten spürbar zu beeinträchtigen.

Zur Verletzung des Grundsatzes der ordnungsgemäßen Verwaltung und zum Verstoß gegen Ziff. 77 der Leitlinien von 2004

181

Soweit die Klägerin vorträgt, dass die Kommission den Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung und Ziff. 77 der Leitlinien von 2004 – wonach es, wenn das Kartell das Gebiet nur eines Mitgliedstaats erfasse, notwendig sein könne, genauer zu untersuchen, ob das Kartell geeignet sei, den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen – verletzt habe, indem sie keine zusätzliche Untersuchung durchgeführt habe, so genügt der Hinweis, dass die Kommission aufgrund der Informationen, über die sie verfügte, zu Recht zu dem Ergebnis gelangen konnte, dass das NES-Kartell geeignet war, den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen, ohne dass sie eine zusätzliche Untersuchung hätte durchführen müssen.

182

Daher ist festzustellen, dass die Klägerin mit keinem ihrer Argumente die Stichhaltigkeit der Erwägung der Kommission in Frage stellen kann, wonach das NES-Kartell geeignet war, den Handel zwischen Mitgliedstaaten spürbar zu beeinträchtigen.

183

Somit ist der dritte Klagegrund in vollem Umfang zurückzuweisen.

4. Zum vierten Klagegrund, der die Entscheidung der Kommission betrifft, die Klägerin allein haftbar zu machen

184

Mit dem vorliegenden Klagegrund greift die Klägerin die Entscheidung der Kommission an, sie allein für das Verhalten der Bax Global (UK) haftbar zu machen. Der Klagegrund gliedert sich in drei Teile. Mit dem ersten Teil, mit dem insbesondere ein Verstoß gegen Art. 101 Abs. 1 AEUV und den Grundsatz der persönlichen Verantwortlichkeit gerügt wird, macht die Klägerin geltend, dass es keine Rechtsgrundlage dafür gebe, sie für das Verhalten der Bax Global (UK) haftbar zu machen. Mit dem zweiten Teil, mit dem ein Verstoß gegen Art. 41 der Charta der Grundrechte und den Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung gerügt wird, wirft die Klägerin der Kommission vor, nicht untersucht zu haben, ob Brink’s, die ehemalige Muttergesellschaft der Bax Global (UK), ebenfalls oder allein für das Verhalten der letztgenannten Gesellschaft hätte haftbar gemacht werden müssen. Mit dem dritten Teil, mit dem ein Verstoß gegen Art. 296 AEUV gerügt wird, wirft die Klägerin der Kommission vor, den angefochtenen Beschluss insoweit nicht hinreichend begründet zu haben.

Zum ersten Teil, mit dem insbesondere ein Verstoß gegen Art. 101 Abs. 1 AEUV und den Grundsatz der persönlichen Verantwortlichkeit gerügt wird

185

Dieser Teil betrifft die Entscheidung der Kommission, die Klägerin für die Beteiligung der Bax Global (UK) am NES-Kartell allein haftbar zu machen.

186

In den Erwägungsgründen 664 und 754 des angefochtenen Beschlusses führte die Kommission Folgendes aus: Die Bax Global (UK) habe sich vom 1. Oktober 2002 bis zum 10. März 2003 an dem NES-Kartell beteiligt. Vor dem Erlass des angefochtenen Beschlusses seien ihre gesamten Tätigkeiten auf ein verbundenes Unternehmen, nämlich die Klägerin, übertragen worden. Die Bax Global (UK) bestehe nicht mehr und könne daher nicht Adressatin des angefochtenen Beschlusses sein. Die Klägerin sei ihre wirtschaftliche Nachfolgerin und könne daher für das Verhalten der Bax Global (UK) verantwortlich gemacht werden.

187

Die Klägerin ist der Ansicht, dass die Kommission damit gegen den Grundsatz der persönlichen Verantwortlichkeit, Art. 101 Abs. 1 AEUV und die Art. 4, 7 sowie 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 verstoßen habe. Im vorliegenden Fall gebe es keine Rechtsgrundlage, um sie für die Teilnahme der Bax Global (UK) am NES-Kartell verantwortlich zu machen. Entgegen den Feststellungen der Kommission hätten der Erwerb und die Übernahme der Bax Global (UK) nicht zur Folge gehabt, dass ihr die Verantwortung für das Verhalten des Unternehmens übertragen worden wäre, dem die Bax Global (UK) von Oktober 2002 bis März 2003 angehört habe und das von Brink’s kontrolliert worden sei. Das letztgenannte Unternehmen habe zum Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Beschlusses noch bestanden, und die Kommission hätte daher dieses und nicht sie für das Verhalten der Bax Global (UK) verantwortlich machen müssen. Die Übertragung der Verantwortlichkeit auf eine neue juristische Person setze voraus, dass diese mit der ursprünglichen juristischen Person für die Zwecke der Anwendung der Wettbewerbsregeln der Union ein und dasselbe Unternehmen darstelle, was im vorliegenden Fall nicht gegeben sei.

188

Die Kommission weist dieses Vorbringen zurück.

189

In diesem Zusammenhang ist zunächst darauf hinzuweisen, dass ein Unternehmen, das gegen die Wettbewerbsregeln verstößt, nach dem Grundsatz der persönlichen Verantwortlichkeit für diese Zuwiderhandlung einzustehen hat.

190

Wie jedoch die Kommission im 664. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses richtigerweise festgestellt hat, hindert der Grundsatz der persönlichen Verantwortlichkeit nicht daran, dass in bestimmten Fällen der wirtschaftliche Nachfolger eines Unternehmens für das Verhalten dieses Unternehmens verantwortlich gemacht wird.

191

So kann nach der Rechtsprechung der wirtschaftliche Nachfolger einer rechtlichen Einheit, die für eine Zuwiderhandlung gegen das Wettbewerbsrecht der Union verantwortlich ist, zur Verantwortung gezogen werden, wenn diese Einheit zum Zeitpunkt des Erlasses des Beschlusses der Kommission nicht mehr besteht (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 24. September 2009, Erste Group Bank u. a./Kommission, C‑125/07 P, C‑133/07 P und C‑137/07 P, Slg, EU:C:2009:576, Rn. 77 bis 83, und vom 5. Dezember 2013, SNIA/Kommission, C‑448/11 P, EU:C:2013:801, Rn. 23).

192

Wenn eine für eine Zuwiderhandlung gegen das Wettbewerbsrecht verantwortliche Gesellschaft die wirtschaftliche Tätigkeit auf dem relevanten Markt auf eine andere Gesellschaft zu einem Zeitpunkt überträgt, zu dem diese beiden Gesellschaften zu ein und demselben Unternehmen gehören, kann die Gesellschaft, auf welche die Tätigkeit übertragen worden ist, wegen der strukturellen Verbindungen, die damals zwischen diesen beiden Gesellschaften bestanden, verantwortlich gemacht werden (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 7. Januar 2004, Aalborg Portland u. a./Kommission, C‑204/00 P, C‑205/00 P, C‑211/00 P, C‑213/00 P, C‑217/00 P und C‑219/00 P, Slg, EU:C:2004:6, Rn. 354 bis 360, und vom 31. März 2009, ArcelorMittal Luxembourg u. a./Kommission, T‑405/06, Slg, EU:T:2009:90, Rn. 106 bis 119).

193

In den beiden vorgenannten Fällen ist es zur effizienten Umsetzung der Wettbewerbsregeln gerechtfertigt, den wirtschaftlichen Nachfolger haftbar zu machen. Würde die Kommission nämlich nicht über eine solche Möglichkeit verfügen, könnten sich die Unternehmen leicht den Sanktionen durch Umstrukturierungen, Übertragungen oder sonstige rechtliche oder organisatorische Änderungen entziehen. Das Ziel der Ahndung der wettbewerbswidrigen Verhaltensweisen und der Unterbindung ihrer Fortsetzung durch abschreckende Sanktionen würde somit gefährdet.

194

Da die Kommission festgestellt hatte, dass sämtliche Tätigkeiten der Bax Global (UK) vor dem Erlass des angefochtenen Beschlusses auf die Klägerin übertragen worden waren, die zu diesem Zeitpunkt eine verbundene Gesellschaft war, und die Bax Global (UK) ebenfalls noch vor dem Erlass des angefochtenen Beschlusses nicht mehr bestand (siehe oben, Rn. 186), war die Kommission nach der Rechtsprechung und den oben in den Rn. 191 und 192 erwähnten Grundsätzen berechtigt, die Klägerin für die von der Bax Global (UK) begangene Zuwiderhandlung haftbar zu machen.

195

Keines der von der Klägerin vorgetragenen Argumente kann dieses Ergebnis in Frage stellen.

196

Erstens macht die Klägerin geltend, aus den Rn. 61 bis 64 des Urteils vom 30. September 2009, Hoechst/Kommission (T‑161/05, Slg, EU:T:2009:366) ergebe sich, dass allein Brink’s als ehemalige Muttergesellschaft der Bax Global (UK) für die Zuwiderhandlung einzustehen habe.

197

Dazu ist festzustellen, dass die Bax Global (UK) am NES-Kartell beteiligt war (siehe oben, Rn. 186) und somit dafür verantwortlich gemacht werden kann.

198

Ferner ist zu einer möglichen Verantwortlichkeit von Brink’s als Muttergesellschaft der Bax Global (UK) festzustellen, dass entgegen dem Vorbringen der Klägerin die Möglichkeit der Kommission, die Klägerin als wirtschaftliche Nachfolgerin der Bax Global (UK) haftbar zu machen, nicht durch ihre Möglichkeit beschränkt wird, auch deren ehemalige Muttergesellschaft Brink’s haftbar zu machen (vgl. in diesem Sinne Urteil Erste Group Bank u. a./Kommission, oben in Rn. 191 angeführt, EU:C:2009:576, Rn. 82).

199

Außerdem steht Rn. 61 des Urteils Hoechst/Kommission (oben in Rn. 196 angeführt, EU:T:2009:366) diesem Ergebnis nicht entgegen. Das Gericht hat in dieser Randnummer zwar festgestellt, dass die juristische Person, die das fragliche Unternehmen leitete, als die Zuwiderhandlung begangen wurde, für diese einstehen muss, auch wenn zu dem Zeitpunkt, zu dem die Entscheidung ergeht, mit der die Zuwiderhandlung festgestellt wird, eine andere Person für den Betrieb des Unternehmens verantwortlich ist. Aus dem Kontext dieser Randnummer geht jedoch hervor, dass das Gericht dort nur klargestellt hat, dass eine Muttergesellschaft, die zum Zeitpunkt der Begehung einer Zuwiderhandlung die unmittelbar daran beteiligte Tochtergesellschaft kontrollierte und somit Teil desselben Unternehmens war, auch dann für diese Zuwiderhandlung verantwortlich gemacht werden kann, wenn diese beiden Gesellschaften zum Zeitpunkt des Erlasses der Entscheidung der Kommission nicht mehr Teil desselben Unternehmens waren.

200

Diese Rüge ist somit zurückzuweisen.

201

Zweitens führt die Klägerin aus, aus Rn. 109 des Urteils ArcelorMittal Luxembourg u. a./Kommission (oben in Rn. 192 angeführt, EU:T:2009:90) gehe hervor, dass im Fall der Übertragung sämtlicher wirtschaftlicher Tätigkeiten oder eines Teils davon von einer rechtlichen Einheit auf eine andere der neue Betreiber für die vom ursprünglichen Betreiber im Rahmen dieser Tätigkeiten begangene Zuwiderhandlung nur dann verantwortlich gemacht werden könne, wenn beide für die Zwecke der Anwendung der Wettbewerbsregeln eine wirtschaftliche Einheit gebildet hätten.

202

Dazu ist festzustellen, dass der dem Urteil ArcelorMittal Luxembourg u. a./Kommission (oben in Rn. 192 angeführt, EU:T:2009:90) zugrunde liegende Fall, d. h. der oben in Rn. 192 erwähnte, nicht der einzige ist, in dem ein wirtschaftlicher Nachfolger verantwortlich gemacht werden kann. Wie nämlich oben in den Rn. 190 bis 193 ausgeführt worden ist, ist die Kommission, wenn eine Gesellschaft, die eine Zuwiderhandlung gegen die Wettbewerbsregeln begangen hat, zum Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Beschlusses nicht mehr besteht, berechtigt, ihren wirtschaftlichen Nachfolger – unabhängig von der Frage, ob diese beiden rechtlichen Einheiten Teil desselben Unternehmens waren – haftbar zu machen. Im vorliegenden Fall bestand die Bax Global (UK) zum Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Beschlusses nicht mehr. Daher war die Kommission berechtigt, die Klägerin als deren wirtschaftliche Nachfolgerin haftbar zu machen.

203

Außerdem ist, was die Heranziehung des Urteils ArcelorMittal Luxembourg u. a./Kommission (oben in Rn. 192 angeführt EU:T:2009:90) betrifft, jedenfalls festzustellen, dass zu dem Zeitpunkt, zu dem die Tätigkeiten der Bax Global (UK) auf die Klägerin übertragen wurden, beide Gesellschaften der DB-Gruppe angehörten. Daher war die Kommission aufgrund der strukturellen Verbindungen, die zwischen ihnen zum Zeitpunkt der Übertragung der wirtschaftlichen Tätigkeit der Bax Global (UK) auf die Klägerin bestanden, berechtigt, die Letztgenannte für das Verhalten der Bax Global (UK) haftbar zu machen.

204

Das Vorbringen der Klägerin ist daher zurückzuweisen.

205

Drittens trägt die Klägerin vor, dass die Begriffe Unternehmen und Verantwortlichkeit im Sinne von Art. 101 AEUV sowie die Frage des Übergangs der Verantwortlichkeit von dem einen auf das andere Unternehmen rechtliche Begriffe seien und die Kommission daher in Bezug auf sie über kein Ermessen verfüge.

206

Zu diesem Vorbringen ist zunächst festzustellen, dass aus dem angefochtenen Beschluss nicht hervorgeht, dass die Kommission angenommen hätte, über ein Ermessen in Bezug auf den Begriff Unternehmen im Sinne des Wettbewerbsrechts der Union oder in Bezug auf den Übergang der Verantwortlichkeit zu verfügen. Im 754. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses hat sie sich nämlich darauf beschränkt, die Rechtsprechung und die oben in den Rn. 190 bis 193 erwähnten Grundsätze heranzuziehen, wonach sie in einem Fall wie dem vorliegenden berechtigt war, den wirtschaftlichen Nachfolger der unmittelbar an einer Zuwiderhandlung beteiligten Gesellschaft verantwortlich zu machen.

207

Was die Erwägungsgründe 791 und 782 des angefochtenen Beschlusses betrifft, in denen die Kommission angab, dass sie gegen die ehemaligen Muttergesellschaften der am NES-Kartell beteiligten Tochtergesellschaften keine Sanktionen verhängt habe, so hat die Kommission lediglich von dem Ermessen Gebrauch gemacht, über das sie verfügt, um die rechtlichen Einheiten zu bestimmen, gegen die sie eine Sanktion festsetzt, wie die Klägerin selbst einräumt. Dagegen äußerte sich die Kommission in diesem Zusammenhang weder zu der Frage, ob im vorliegenden Fall diese ehemaligen Muttergesellschaften als Teil eines Unternehmens hätten betrachtet werden können, das eine Zuwiderhandlung gegen Art. 101 AEUV begangen hat, noch zu Fragen des Übergangs der Verantwortlichkeit.

208

Da keines der Argumente, mit denen dargetan werden sollte, dass im vorliegenden Fall keine Rechtsgrundlage für die Verhängung von Sanktionen gegen die Klägerin bestanden habe, stichhaltig ist, ist dieser Teil des Klagegrundes zurückzuweisen.

Zum zweiten Teil, mit dem eine Verletzung von Art. 41 der Charta der Grundrechte und des Grundsatzes der ordnungsgemäßen Verwaltung gerügt wird, und zum dritten Teil, mit dem eine Verletzung der Begründungspflicht gerügt wird

209

Im Rahmen dieser Teile macht die Klägerin erstens geltend, dass die Kommission Art. 41 der Charta der Grundrechte und den Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung verletzt habe, indem sie nicht sorgfältig und eingehend untersucht habe, ob sie Brink’s für das Verhalten der Bax Global (UK) verantwortlich machen könne und inwieweit es notwendig und angemessen sei, die Klägerin zu verfolgen, um eine angemessene Anwendung der Wettbewerbsregeln der Union zu gewährleisten. Zweitens rügt die Klägerin, dass sich die Kommission mit der Bekanntgabe ihrer Entscheidung begnügt habe, Brink’s nicht verantwortlich zu machen, obwohl sie nach Art. 296 AEUV ihre Entscheidung, Brink’s, die ehemalige Muttergesellschaft der Bax Global (UK), allein oder gesamtschuldnerisch nicht haftbar zu machen, hätte begründen müssen. Daher sei der angefochtene Beschluss für nichtig zu erklären, oder zumindest dürfe der Klägerin nur der Teil der Geldbuße auferlegt werden, den sie endgültig zu tragen gehabt hätte, wenn sie Brink’s als Gesamtschuldnerin hätte in Regress nehmen können.

210

Die Kommission weist dieses Vorbringen zurück.

Zur Verletzung von Art. 41 der Grundrechtecharta und des Grundsatzes der ordnungsgemäßen Verwaltung

211

Vorab ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission nach Art. 23 Abs. 2 Buchst. a der Verordnung Nr. 1/2003 gegen Unternehmen durch Beschluss Geldbußen verhängen kann, wenn sie vorsätzlich oder fahrlässig gegen Art. 101 AEUV verstoßen. Diese Bestimmung behandelt nur die Möglichkeit, Sanktionen gegen Unternehmen zu verhängen, bestimmt jedoch nicht, gegen welche juristischen Einheiten die Geldbuße verhängt werden kann. Die Kommission verfügt daher über ein Ermessen in Bezug auf die Wahl der juristischen Einheiten, gegen die sie eine Sanktion wegen einer Zuwiderhandlung gegen das Wettbewerbsrecht der Union verhängt (vgl. in diesem Sinne Urteil Erste Group Bank u. a./Kommission, oben in Rn. 191 angeführt, EU:C:2009:576, Rn. 82).

212

Bei dieser Wahl ist die Kommission jedoch nicht völlig frei. Sie muss insbesondere die allgemeinen Grundsätze des Unionsrechts und die auf Unionsebene gewährleisteten Grundrechte beachten (vgl. in diesem Sinne Schlussanträge der Generalanwältin Kokott in der Rechtssache One International und Standard Commercial Tobacco/Kommission und Kommission/Alliance One International u. a., C‑628/10 P und C‑14/11 P, Slg, EU:C:2012:11, Rn. 48).

213

Beschließt daher die Kommission im Laufe ihrer Untersuchung, keine Geldbuße gegen eine bestimmte Gruppe juristischer Einheiten zu verhängen, die Teil des Unternehmens gewesen sein könnten, das die Zuwiderhandlung begangen hat, muss sie insbesondere den Gleichbehandlungsgrundsatz beachten.

214

Daher dürfen die Kriterien, die die Kommission festlegt, um zwischen den juristischen Einheiten, gegen die sie eine Geldbuße verhängt, und denjenigen, gegen die sie keine Geldbuße zu verhängen beschließt, zu unterscheiden, nicht nur nicht willkürlich sein, sondern sie müssen auch einheitlich angewandt werden.

215

Anhand dieser Grundsätze und dieser Rechtsprechung ist zu prüfen, ob die Kommission im vorliegenden Fall die Grenzen ihres Ermessens überschritten hat.

216

Erstens ist zum Vorbringen der Klägerin, mit dem die von der Kommission angewandten Kriterien in Zweifel gezogen werden sollen, festzustellen, dass die Kommission im vorliegenden Fall beschlossen hatte, nicht nur die am NES-Kartell beteiligten Tochtergesellschaften, sondern auch die Muttergesellschaften dieser Tochtergesellschaften, die zum Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Beschlusses Teil desselben Unternehmens im Sinne von Art. 101 AEUV waren, verantwortlich zu machen, soweit die Beteiligung an diesem Kartell auch ihnen zugerechnet werden konnte. Dagegen hatte die Kommission beschlossen, wie aus den Erwägungsgründen 791 und 782 des angefochtenen Beschlusses hervorgeht, gegen die ehemaligen Muttergesellschaften dieser Tochtergesellschaften ohne Rücksicht darauf, ob sie auch für das NES-Kartell verantwortlich gemacht werden konnten, keine Geldbußen zu verhängen.

217

Eine solche Vorgehensweise ist von dem Ermessen gedeckt, über das die Kommission verfügt. In dessen Rahmen kann sie nämlich dem Umstand Rechnung tragen, dass eine Vorgehensweise, die auf die Verhängung von Sanktionen gegen sämtliche juristische Einheiten gerichtet ist, die für eine Zuwiderhandlung verantwortlich gemacht werden können, ihre Ermittlungen erheblich erschweren könnte (vgl. in diesem Sinne Urteil Erste Group Bank u. a./Kommission, oben in Rn. 191 angeführt, EU:C:2009:576, Rn. 82).

218

Aus dem angefochtenen Beschluss geht hervor, dass im vorliegenden Fall selbst unter Ausschluss der ehemaligen Muttergesellschaften der an dem AMS-, dem NES-, dem CAF‑ und dem PSS-Kartell beteiligten Tochtergesellschaften 47 juristische Einheiten an dem Verfahren der Kommission beteiligt waren. Angesichts der Größe dieser Zahl kann die Entscheidung der Kommission, nicht auch die ehemaligen Muttergesellschaften dieser Tochtergesellschaften zu verfolgen, nicht als willkürlich betrachtet werden.

219

In diesem Zusammenhang ist auch daran zu erinnern, dass der Gerichtshof in den Rn. 155 bis 167 seines Urteils vom 11. Juli 2013, Team Relocations u. a./Kommission (C‑444/11 P, EU:C:2013:464) bereits entschieden hat, dass die Kommission die Grenzen ihres Ermessens nicht überschreitet, wenn sie beschließt, Sanktionen nur gegen die Unternehmen, die unmittelbar an der Zuwiderhandlung beteiligt sind, und gegen die derzeitigen Muttergesellschaften, die für deren Verhalten verantwortlich gemacht werden können, nicht aber gegen die ehemaligen Muttergesellschaften zu verhängen.

220

Was zweitens die Art und Weise angeht, in der die Kommission die von ihr festgelegten Kriterien angewandt hat, genügt die Feststellung, dass die Klägerin nichts vorgetragen hat, um darzutun, dass sie nicht einheitlich angewandt wurden.

221

Infolgedessen hat die Kommission durch die Entscheidung, gegen Brink’s, die ehemalige Muttergesellschaft der unmittelbar am NES-Kartell beteiligten Bax Global (UK), keine Sanktion zu verhängen, auch wenn Brink’s eventuell verantwortlich gemacht werden konnte, nicht die Grenzen ihres Ermessens überschritten, über das sie nach Art. 23 Abs. 2 Buchst. a der Verordnung Nr. 1/2003 verfügte.

222

Die Klägerin hat mit keinem ihrer Argumente dieses Ergebnis in Frage stellen können.

223

Erstens kann entgegen dem Vorbringen der Klägerin aus dem Urteil vom 18. Juli 2013, Dow Chemical u. a./Kommission (C‑499/11 P, Slg, EU:C:2013:482), nicht hergeleitet werden, dass die Kommission zu der Prüfung verpflichtet war, ob sie Brink’s als ehemalige Muttergesellschaft der Bax Global (UK) verantwortlich machen konnte. Selbst wenn aus Rn. 47 dieses Urteils herzuleiten wäre, dass der Gerichtshof im Kern davon ausgegangen ist, dass die Kommission grundsätzlich gegen alle juristischen Einheiten, die Teil des Unternehmens sind, das die Zuwiderhandlung begangen hat, eine Geldbuße verhängt, ist diese Randnummer nämlich im Licht ihres Kontexts auszulegen. In der genannten Rechtssache hatte eine Muttergesellschaft, die von der Kommission für das Verhalten einer ihrer Tochtergesellschaften verantwortlich gemacht wurde, geltend gemacht, dass die Kommission in Anbetracht des ihr zustehenden Ermessens ihren Ansatz, sie zur Verantwortung zu ziehen, hätte begründen müssen. Bei der Behandlung dieses Arguments hat sich der Gerichtshof auf den Grundsatz gestützt, dass die Muttergesellschaft als Teil des Unternehmens, das gegen Art. 101 AEUV verstoßen hat, mit einer Sanktion belegt werden musste. Jedoch kann aus diesem Urteil nicht abgeleitet werden, dass die Kommission daran gehindert wäre, so vorzugehen, dass sie nur bestimmte Gruppen juristischer Einheiten verfolgt, wenn ein solches Vorgehen nicht willkürlich ist und ihr erlaubt, ihre Mittel effizient einzusetzen. In Rn. 47 des Urteils Dow Chemical u. a./Kommission (EU:C:2013:482) hat der Gerichtshof ausdrücklich anerkannt, dass die Kommission davon absehen darf, eine Sanktion gegen eine Muttergesellschaft zu verhängen, soweit eine solche Entscheidung auf sachlichen Gründen beruht.

224

Zweitens macht die Klägerin geltend, dass eine gesamtschuldnerische Verurteilung ihrer selbst und von Brink’s ihr wirtschaftliche Vorteile verschafft hätte, da sie dann dieses Unternehmen wegen Zahlung von dessen Anteil an der Geldbuße leichter in Regress hätte nehmen können.

225

Dazu genügt die Feststellung, dass selbst dann, wenn die Klägerin und Brink’s gesamtschuldnerisch zur Zahlung der Geldbuße hätten verurteilt werden können und eine solche Verurteilung der Klägerin einen Vorteil verschafft hätte, dies kein Beleg dafür sein könnte, dass die Kommission die Grenzen des ihr zustehenden Ermessens überschritten hätte. Die Kommission überwacht nämlich die Einhaltung des Wettbewerbsrechts der Union im Interesse der Union und verfügt nur über begrenzte Mittel zur Verwirklichung dieses Ziels. Selbst wenn eine Vorgehensweise, die darin besteht, nicht sämtliche juristischen Einheiten zu verfolgen, gegen die eventuell eine Geldbuße verhängt werden kann, zur Folge haben kann, dass die juristischen Einheiten, gegen die eine Geldbuße verhängt wird, in eine ungünstigere Lage versetzt werden, hindert dies die Kommission nicht an einer solchen Vorgehensweise, wenn sie auf objektiven Gründen beruht und ihr erlaubt, ihre Mittel effizienter einzusetzen.

226

Entgegen der Ansicht der Klägerin hat die Kommission im vorliegenden Fall daher mit ihrem Beschluss, gegen Brink’s als ehemalige Muttergesellschaft der Bax Global (UK) keine Geldbuße zu verhängen, keinen Fehler begangen.

227

Daher ist der zweite Teil des Klagegrundes, mit dem eine Verletzung von Art. 41 der Charta der Grundrechte und des Grundsatzes der ordnungsgemäßen Verwaltung gerügt wird, zurückzuweisen.

Zur Verletzung der Begründungspflicht

228

Die Klägerin macht des Weiteren geltend, dass die Kommission ihre Begründungspflicht im Sinne von Art. 296 Abs. 2 AEUV verletzt habe.

229

Vorab ist darauf hinzuweisen, dass die nach dieser Bestimmung vorgeschriebene Begründung der Natur des betreffenden Rechtsakts angepasst sein und die Überlegungen des Organs, das den Rechtsakt erlassen hat, so klar und eindeutig zum Ausdruck bringen muss, dass die Betroffenen ihr die Gründe für die erlassene Maßnahme entnehmen können und das zuständige Gericht seine Kontrollaufgabe wahrnehmen kann (Urteil vom 29. September 2011, Elf Aquitaine/Kommission, C‑521/09 P, Slg, EU:C:2011:620, Rn. 147).

230

Im Rahmen von Einzelfallentscheidungen hat nach ständiger Rechtsprechung die Pflicht zur Begründung einer solchen Entscheidung neben der Ermöglichung einer gerichtlichen Überprüfung den Zweck, den Betroffenen so ausreichend zu unterrichten, dass er erkennen kann, ob die Entscheidung eventuell mit einem Mangel behaftet ist, der ihre Anfechtung ermöglicht (vgl. Urteil Elf Aquitaine/Kommission, oben in Rn. 229 angeführt, EU:C:2011:620, Rn. 148 und die dort angeführte Rechtsprechung).

231

Nach ebenfalls ständiger Rechtsprechung ist das Begründungserfordernis nach den Umständen des Einzelfalls zu beurteilen, insbesondere nach dem Inhalt des Rechtsakts, der Art der angeführten Gründe und dem Interesse, das die Adressaten oder andere durch den Rechtsakt unmittelbar und individuell betroffene Personen an Erläuterungen haben können. In der Begründung brauchen nicht alle tatsächlich oder rechtlich einschlägigen Gesichtspunkte genannt zu werden, da die Frage, ob die Begründung eines Rechtsakts den Erfordernissen des Art. 296 Abs. 2 AEUV genügt, nicht nur anhand seines Wortlauts zu beurteilen ist, sondern auch anhand seines Kontexts sowie sämtlicher Rechtsvorschriften auf dem betreffenden Gebiet (vgl. Urteil Elf Aquitaine/Kommission, oben in Rn. 229 angeführt, EU:C:2011:620, Rn. 150 und die dort angeführte Rechtsprechung).

232

Im Licht dieser Rechtsprechung ist zu prüfen, ob der angefochtene Beschluss ausreichend begründet ist.

233

Dazu ist festzustellen, dass die Kommission im 754. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses dargelegt hat, dass sie berechtigt gewesen sei, die Klägerin als wirtschaftliche Nachfolgerin der Bax Global (UK) für die Zuwiderhandlung zur Verantwortung zu ziehen. In den Erwägungsgründen 791 und 782 des angefochtenen Beschlusses hat sie dann auf ihre Entscheidung hingewiesen, keine Sanktionen gegen die ehemaligen Muttergesellschaften zu verhängen. Aus dem angefochtenen Beschluss geht eindeutig hervor, dass dies für Brink’s als ehemalige Muttergesellschaft der Bax Global (UK) galt. Ferner ergibt sich aus dem 791. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses und dessen Kontext hinreichend klar, dass die Kommission mit dieser Vorgehensweise verhindern wollte, dass ihre Untersuchung übermäßig erschwert wurde. Dem angefochtenen Beschluss lässt sich nämlich entnehmen, dass an dem Verfahren vor der Kommission 47 juristische Einheiten beteiligt waren und eine Vorgehensweise, die darin bestanden hätte, auch die ehemaligen Muttergesellschaften mit Sanktionen zu belegen, zur Folge gehabt hätte, dass diese bereits große Zahl sich weiter erhöht hätte. Außerdem verweist die Kommission in Fn. 802 zum 791. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses auf Rn. 335 des Urteils vom 14. Dezember 2006, Raiffeisen Zentralbank Österreich u. a./Kommission (T‑259/02 bis T‑264/02 und T‑271/02, Slg, EU:T:2006:396), in der das Gericht festgestellt hat, dass die Ermittlungen der Kommission erheblich durch das Erfordernis erschwert würden, bei jedem Fall der Nachfolge in der Aufsicht über ein Unternehmen zu prüfen, inwieweit dessen Handlungen der ehemaligen Muttergesellschaft zugerechnet werden können.

234

Daher ist festzustellen, dass die im angefochtenen Beschluss enthaltenen Angaben ausreichten, um zum einen der Klägerin zu ermöglichen, ihm die Gründe zu entnehmen, aus denen die Kommission beschlossen hatte, eine Sanktion gegen sie und nicht gegen Brink’s zu verhängen, und zum anderen dem Gericht zu erlauben, seiner Kontrollaufgabe nachzukommen.

235

Somit ist auch der dritte Teil des vierten Klagegrundes und daher der vierte Klagegrund insgesamt nicht nur in Bezug auf den Antrag, den angefochtenen Beschluss für nichtig zu erklären, sondern auch in Bezug auf den Antrag, das Gericht möge von seiner Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung Gebrauch machen, zurückzuweisen.

5. Zum fünften Klagegrund, mit dem Fehler bei der Berechnung der Höhe der Geldbuße sowie eine Verletzung von Art. 27 Abs. 1 und 2 der Verordnung Nr. 1/2003 sowie der Verteidigungsrechte gerügt wird

236

Der vorliegende Klagegrund gliedert sich in zwei Teile: Zum einen werden Fehler bei der Berechnung der Höhe der Geldbuße und zum anderen eine Verletzung von Art. 27 Abs. 1 und 2 der Verordnung Nr. 1/2003 sowie der Verteidigungsrechte gerügt.

Zum ersten Teil, mit dem Fehler bei der Berechnung der Höhe der Geldbuße gerügt werden

237

Dieser Teil betrifft den Abschnitt des angefochtenen Beschlusses, in dem die Kommission die Höhe der gegen die Klägerin verhängten Geldbuße berechnet hat.

238

Die Kommission stützte sich hierbei auf die in den Leitlinien von 2006 vorgesehene allgemeine Methode. Insbesondere war nach ihrer Meinung für die Berechnung des Grundbetrags der Geldbuße zum einen gemäß Ziff. 13 der Leitlinien von 2006 der Wert der von der Klägerin an Kunden im EWR verkauften Speditionsdienstleistungen auf der vom NES-Kartell betroffenen Handelsroute anzusetzen und zum anderen ein Satz von 15 % für die Schwere der Zuwiderhandlung anzuwenden. Auch war sie der Ansicht, dass sich die Klägerin auf keinen mildernden Umstand berufen könne.

239

Die Klägerin macht geltend, dass die Kommission durch diese Vorgehensweise eine Geldbuße gegen sie verhängt habe, die Bedeutung und Schwere des NES-Kartells übersteige. In diesem Zusammenhang erhebt sie vier Rügen. Erstens macht sie geltend, dass die Kommission nicht den angemessenen Wert der Verkäufe angesetzt habe. Zweitens zieht sie den Satz in Zweifel, den die Kommission für die Schwere der Zuwiderhandlung angewendet hat. Drittens rügt sie, dass die Kommission einen mildernden Umstand, nämlich das Bestehen eines rechtswidrigen Kartells über Beförderungsleistungen, nicht berücksichtigt habe. Viertens trägt sie vor, dass die Kommission den Grundsatz der Gleichbehandlung verletzt habe.

Zur Rüge betreffend den Wert der Verkäufe

240

Diese Rüge betrifft die Erwägungen der Kommission in den Erwägungsgründen 857 bis 890 des angefochtenen Beschlusses, wonach gemäß Ziff. 13 der Leitlinien von 2006 für die Berechnung des Grundbetrags der Geldbuße der Wert der von der Klägerin an Kunden im EWR verkauften Speditionsdienstleistungen auf der vom NES-Kartell erfassten Handelsroute anzusetzen gewesen sei.

241

Die Klägerin hält diese Erwägungen für fehlerhaft. Die Kommission habe die Leitlinien von 2006 verkannt und Art. 23 Abs. 2 und 3 der Verordnung Nr. 1/2003, den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, den Grundsatz der Entsprechung von Strafe und Zuwiderhandlung sowie den Grundsatz nulla poena sine culpa verletzt. Sie habe auch ermessensfehlerhaft gehandelt.

242

Im Kern trägt die Klägerin vor, dass die Kommission durch den Ansatz des Wertes der an die Kunden im EWR verkauften Speditionsdienstleistungen auf der vom NES-Kartell erfassten Handelsroute gegen sie eine Geldbuße verhängt habe, die Bedeutung und Schwere der im angefochtenen Beschluss festgestellten Zuwiderhandlung übersteige. Die Kommission hätte nicht den Wert der verkauften Speditionsdienstleistungen ansetzen dürfen, sondern sich vergewissern müssen, dass der angesetzte Wert der Verkäufe den durch das NES-Kartell verursachten wirtschaftlichen Schaden wiedergebe, statt sich auf Ziele der allgemeinen Abschreckung zu stützen, und sie hätte diesen Wert unter Berücksichtigung eines vorgelagerten Kartells auf dem Markt für Speditionsdienste anpassen müssen.

243

Die Kommission weist dieses Vorbringen zurück.

244

Dazu ist festzustellen, dass nach Art. 49 Abs. 3 der Charta der Grundrechte das Strafmaß gegenüber der Straftat nicht unverhältnismäßig sein darf und nach Art. 23 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1/2003 bei der Festsetzung der Höhe der Geldbuße sowohl die Schwere als auch die Dauer der Zuwiderhandlung zu berücksichtigen sind.

245

Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und der Grundsatz der Entsprechung von Strafe und Zuwiderhandlung verlangen, dass die Geldbußen nicht außer Verhältnis zu den angestrebten Zielen – d. h. der Beachtung der Wettbewerbsregeln der Union – stehen und die einem Unternehmen wegen einer Zuwiderhandlung im Bereich des Wettbewerbs auferlegte Geldbuße so bemessen wird, dass sie bei einer Gesamtwürdigung der Zuwiderhandlung unter besonderer Berücksichtigung ihrer Schwere in angemessenem Verhältnis zu ihr steht. Aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit folgt insbesondere, dass die Kommission die Höhe der Geldbuße in entsprechendem Verhältnis zu den Faktoren festsetzen muss, die sie für die Beurteilung der Schwere der Zuwiderhandlung berücksichtigt hat, und dass sie diese Faktoren dabei schlüssig und objektiv gerechtfertigt bewerten muss (Urteil vom 27. September 2006, Jungbunzlauer/Kommission, T‑43/02, Slg, EU:T:2006:270, Rn. 226 bis 228).

246

Außerdem hat die Kommission bei der Beurteilung der Schwere einer Zuwiderhandlung gegen das Wettbewerbsrecht der Union zahlreiche Faktoren zu berücksichtigen, die je nach der Art und den besonderen Umständen der Zuwiderhandlung von unterschiedlicher Art und Bedeutung sind. Zu diesen Faktoren können je nach Fall die Menge und der Wert der Waren, auf die sich die Zuwiderhandlung erstreckte, sowie die Größe und Wirtschaftskraft des Unternehmens und damit der Einfluss gehören, den es auf den Markt ausüben konnte (Urteile vom 7. Juni 1983, Musique Diffusion française u. a./Kommission, 100/80 bis 103/80, Slg, EU:C:1983:158, Rn. 121; vom 3. September 2009, Prym und Prym Consumer/Kommission, C‑534/07 P, Slg, EU:C:2009:505, Rn. 96, und KME Germany u. a./Kommission, oben in Rn. 34 angeführt, EU:C:2011:816, Rn. 58 und 59).

247

Was insbesondere Menge und Wert der Waren angeht, auf die sich die Zuwiderhandlung erstreckte, hat das Gericht bereits festgestellt, dass es zwar unbestreitbar ist, dass der Umsatz eines Unternehmens oder eines Marktes als Beurteilungskriterium für die Schwere der Zuwiderhandlung zwangsläufig vage und unvollkommen ist, jedoch trotz seines Näherungscharakters gegenwärtig sowohl vom Unionsgesetzgeber als auch von der Kommission und vom Gerichtshof als angemessenes Kriterium angesehen wird, um im Rahmen des Wettbewerbsrechts die Größe und Wirtschaftskraft der betroffenen Unternehmen zu beurteilen (Urteil vom 6. Mai 2009, KME Germany u. a./Kommission, T‑127/04, Slg, EU:T:2009:142, Rn. 93).

248

Der Teil des Gesamtumsatzes, der mit dem Verkauf der Waren oder Dienstleistungen erzielt wurde, die Gegenstand der Zuwiderhandlung waren, ist nämlich am besten geeignet, die wirtschaftliche Bedeutung dieser Zuwiderhandlung wiederzugeben.

249

Diese Grundsätze sind in den Leitlinien von 2006 wiedergegeben, die eine allgemeine Methode für die Berechnung des Betrags der Geldbußen vorsehen. Aus Ziff. 6 dieser Leitlinien geht nämlich hervor, dass „[d]ie Verbindung des Umsatzes auf den vom Verstoß betroffenen Märkten mit der Dauer … eine Formel dar[stellt], die die wirtschaftliche Bedeutung der Zuwiderhandlung und das jeweilige Gewicht des einzelnen an der Zuwiderhandlung beteiligten Unternehmens angemessen wiedergibt“.

250

Daher sehen die Leitlinien von 2006 vor, dass die Kommission in einer ersten Phase den Grundbetrag der Geldbuße bestimmt. Im Rahmen dieser Phase ermittelt die Kommission gemäß Ziff. 13 der Leitlinien von 2006 den Wert der von dem betreffenden Unternehmen im relevanten räumlichen Markt innerhalb des EWR in einem bestimmten Jahr verkauften Waren oder Dienstleistungen, die mit dem Verstoß in einem unmittelbaren oder mittelbaren Zusammenhang stehen. Außerdem wendet sie auf diesen Wert einen Satz für die Schwere der Zuwiderhandlung in Form eines Prozentsatzes an, der sich nach der Schwere des Verstoßes richtet, und multipliziert dieses Ergebnis mit der Anzahl der Jahre der Beteiligung des Unternehmens an der Zuwiderhandlung. Bei horizontalen Vereinbarungen zur Festsetzung der Preise, Aufteilung von Märkten oder Mengeneinschränkungen fügt sie einen Zusatzbetrag hinzu. In einer zweiten Phase berücksichtigt sie erschwerende oder mildernde Umstände.

251

Mit der Veröffentlichung der Leitlinien von 2006 hat die Kommission ihr eigenes Ermessen beschränkt. Sie kann daher nicht ohne Begründung von den in diesen Leitlinien enthaltenen Normen abweichen, ohne dass dies gegebenenfalls wegen eines Verstoßes gegen allgemeine Rechtsgrundsätze wie die der Gleichbehandlung oder des Vertrauensschutzes geahndet würde (Urteil vom 28. Juni 2005, Dansk Rørindustri u. a./Kommission, C‑189/02 P, C‑202/02 P, C‑205/02 P bis C‑208/02 P und C‑213/02 P, Slg, EU:C:2005:408, Rn. 211).

252

Ziff. 37 der Leitlinien von 2006 erlaubt der Kommission jedoch, von der dort vorgesehenen allgemeinen Methode abzuweichen, um die besonderen Umstände eines Falles zu berücksichtigen oder eine ausreichend hohe Abschreckungswirkung zu erzielen.

253

Anhand dieser Grundsätze und dieser Rechtsprechung ist das Vorbringen der Klägerin zu prüfen.

– Zu den im Zusammenhang mit dem NES-Kartell getätigten Verkäufen

254

Die Klägerin macht geltend, dass das NES-Kartell sich nur auf den NES-Aufschlag bezogen habe und die Kommission daher nur den Wert der für die NES-Registrierung verkauften Leistungen hätte berücksichtigen dürfen. Ferner hätte die Kommission in den Wert der Verkäufe nicht die von den Frachtführern in Rechnung gestellten Kosten für die Frachtdienstleistungen einbeziehen dürfen. Die Spediteure organisierten die Beförderung der Waren, doch stellten die Frachtführer ihnen ihre Dienstleistungen einschließlich der Kosten für Treibstoff und Sicherheit in Rechnung. Die von den Frachtführern geltend gemachten Kosten und Aufschläge, über welche die Spediteure keine Kontrolle hätten, könnten daher nicht als vom NES-Kartell erfasst betrachtet werden.

255

Die Kommission weist dieses Vorbringen zurück.

256

In diesem Zusammenhang ist erstens darauf hinzuweisen, dass die Kommission nach Ziff. 13 der Leitlinien von 2006 den Wert der Waren oder Dienstleistungen ermittelt, die mit der Zuwiderhandlung in einem unmittelbaren oder mittelbaren Zusammenhang stehen. Wie oben in den Rn. 84 bis 101 und 115 bis 137 festgestellt worden ist, erfasste das NES-Kartell die im Paket angebotenen Speditionsdienstleistungen. Daher hat die Kommission nicht die Grenzen überschritten, die sie sich durch Ziff. 13 der Leitlinien von 2006 gesetzt hat, als sie den Wert der von der Klägerin in Form eines Pakets verkauften Speditionsdienstleistungen und nicht nur den Wert der für die NES-Registrierung verkauften Leistungen in Ansatz gebracht hatte.

257

Zweitens ist festzustellen, dass keiner der von der Klägerin angeführten Umstände die Kommission verpflichtete, gemäß Ziff. 37 der Leitlinien von 2006 von der in deren Ziff. 13 vorgesehenen allgemeinen Methode abzuweichen.

258

Die Klägerin macht geltend, dass die Bax Global (UK) als bloße Vermittlerin tätig geworden sei, die in Bezug auf bestimmte Kosten als „Einziehungsbevollmächtigte“ aufgetreten sei.

259

Dazu ist festzustellen, dass die Kommission insbesondere in den Erwägungsgründen 65, 878 und 879 des angefochtenen Beschlusses eingeräumt hat, dass sich die Spediteure in einer Vermittlerstellung zwischen Frachtführer und Absender befunden hätten und viele Geschäftsmodelle hätten wählen können.

260

Wenn ein Spediteur die Beförderungskosten nicht auf seine Kunden abwälzt, sondern seine Einnahmen sich auf eine vom Frachtführer bezogene Provision beschränken, entstehen jedoch keine Probleme, da sein Umsatz dann nur den Betrag der Provision wiedergibt.

261

Falls ein Spediteur die Frachtkosten, die er selbst zahlen musste oder an Dritte zu zahlen hat, auf seine Kunden abwälzt, beschränkt sich, wie aus den oben in Rn. 85 zusammengefassten Feststellungen der Kommission hervorgeht, seine Rolle wirtschaftlich nicht auf die eines bloßen Vermittlers. Er formt nämlich von Dritten bezogene Dienstleistungen und andere Inputs in integrierte Speditionsdienstleistungen um, durch die seine Kunden Zeit und Geld sparen können und die damit eine besondere Nachfrage befriedigen, die durch die Einzelleistungen, aus denen sich die Speditionsdienste zusammensetzen, nicht befriedigt würde. Aufgrund dieser Erwägungen ist die Kommission in diesem Fall berechtigt, den Wert der Verkäufe des Spediteurs im Sinne von Ziff. 13 der Leitlinien von 2006 anzusetzen.

262

Entgegen der Ansicht der Klägerin ist die Kommission nicht verpflichtet, den Wert der Beförderungsleistungen abzuziehen.

263

Wie nämlich bereits oben beschrieben worden ist, sind diese Dienstleistungen als Inputs für die Speditionsdienste zu betrachten. In allen Industriezweigen gibt es im Endprodukt enthaltene Kosten, die der Hersteller nicht beherrschen kann, die aber gleichwohl ein wesentliches Element seiner gesamten Tätigkeit bilden. Daher sind die in den Preisen der verkauften Waren und Dienstleistungen enthaltenen Kosten der Inputs nicht vom Wert der Verkäufe abzuziehen, selbst wenn die Kosten der Inputs einen erheblichen Teil des Wertes der Verkäufe darstellen (vgl. in diesem Sinne Urteile KME Germany u. a./Kommission, oben in Rn. 34 angeführt, EU:C:2011:816, Rn. 58 bis 65, und KME Germany u. a./Kommission, oben in Rn. 247 angeführt, EU:T:2009:142, Rn. 91). Diese Rechtsprechung betraf zwar eine Rechtssache, in der die Leitlinien von 2006 noch nicht anwendbar waren. Sie kann jedoch auf diese Leitlinien übertragen werden. Die Erwägungen, auf denen sie beruht, beziehen sich nämlich allgemein auf die Heranziehung der Umsätze bei der Berechnung der Höhe der Geldbuße und zeigen, dass es sich um ein objektives Kriterium handelt, das in engem Zusammenhang mit der in Rede stehenden Zuwiderhandlung steht (vgl. dazu Schlussanträge des Generalanwalts Wathelet in der Rechtssache Guardian Industries und Guardian Europe/Kommission, C‑580/12 P, Slg, EU:C:2014:272, Rn. 59).

264

Daher hinderte entgegen der Ansicht der Klägerin die Art der Speditionsdienste und des NES-Kartells die Kommission nicht daran, den Gesamtumsatz heranzuziehen, den die Klägerin mit diesen Diensten auf der betreffenden Handelsroute erzielte, ohne die Kosten für die Beförderungsleistungen oder für andere Dienstleistungen, die von Dritten erbracht wurden, jedoch Teil des Leistungspakets waren, aus denen sich die genannten Speditionsdienste zusammensetzten, davon abzuziehen.

– Zur Anwendung des NES-Aufschlags

265

Die Klägerin macht geltend, dass die Kommission die Speditionsdienstleistungen, auf die kein NES-Aufschlag erhoben worden sei, nicht hätte berücksichtigen dürfen. Soweit dieser Aufschlag nicht angewendet worden sei, könne der mit der Verladung erzielte Umsatz nicht als durch das mit dem NES in Zusammenhang stehende Verhalten beeinflusst gelten.

266

Die Kommission weist dieses Vorbringen zurück.

267

Dazu ist festzustellen, dass die Kommission nach Ziff. 13 der Leitlinien von 2006 den Wert der mit der Zuwiderhandlung in Zusammenhang stehenden Verkäufe verwendet, ohne dass die Umsetzung der Zuwiderhandlung berücksichtigt wird. Dieser Bestimmung ist daher nicht zu entnehmen, dass allein der Umsatz mit Geschäften, die tatsächlich von den rechtswidrigen Kartellen betroffen sind, bei der Berechnung des Wertes der Verkäufe berücksichtigt werden kann (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 16. Juni 2011, Putters International/Kommission, T‑211/08, Slg, EU:T:2011:289, Rn. 58).

268

In diesem Kontext kann nach der Rechtsprechung der in Ziff. 13 der Leitlinien von 2006 verwendete Umsatzbegriff aber nicht so weit ausgedehnt werden, dass er die von dem betreffenden Unternehmen getätigten Verkäufe umfasst, die nicht unmittelbar oder mittelbar von dem beanstandeten Kartell erfasst werden (Urteil Team Relocations u. a./Kommission, oben in Rn. 219 angeführt, EU:C:2013:464, Rn. 73 bis 78).

269

Die Klägerin beschränkt sich auf das Argument, dass die Kommission die Speditionsdienstleistungen, auf die kein NES-Aufschlag erhoben worden sei, nicht hätte berücksichtigen dürfen, trägt jedoch nichts vor, was die Feststellung erlaubte, dass die von der Kommission berücksichtigten Speditionsdienstleistungen, d. h. die Umsätze auf der vom NES-Kartell betroffenen Handelsroute, nicht von diesem Kartell erfasst wurden.

270

Außerdem war die Kommission unter den Umständen des vorliegenden Falles nicht verpflichtet, nach Ziff. 37 der Leitlinien von 2006 von der in Ziff. 13 dieser Leitlinien vorgesehenen allgemeinen Methode abzuweichen. Die Unionsgerichte haben nämlich der Kommission niemals die Verpflichtung auferlegt, in jedem Fall die einzelnen Vorgänge zu benennen, die vom Kartell betroffen waren (Urteil Putters International/Kommission, oben in Rn. 267 angeführt, EU:T:2011:289, Rn. 60). Im Gegenteil, nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs würde eine Beschränkung auf den Wert der Verkäufe, deren tatsächliche Beeinflussung durch ein Kartell, an dem ein bestimmtes Unternehmen beteiligt war, nachgewiesen wurde, bewirken, dass die wirtschaftliche Bedeutung des Kartells künstlich minimiert würde, da die bloße Tatsache, dass nur eine begrenzte Zahl unmittelbarer Beweise für tatsächlich von dem Kartell betroffene Verkäufe gefunden wurde, dazu führen würde, dass letztlich eine Geldbuße ohne wirklichen Bezug zum Anwendungsbereich des betreffenden Kartells verhängt würde. Eine solche Belohnung der Verheimlichung würde darüber hinaus das Ziel der Verfolgung und wirksamen Ahndung von Verstößen gegen Art. 101 AEUV beeinträchtigen und ist daher unzulässig (Urteil Team Relocations u. a./Kommission, oben in Rn. 219 angeführt, EU:C:2013:464, Rn. 76 und 77).

271

Daher ist das auf die Anwendung des NES-Aufschlags gestützte Vorbringen zurückzuweisen.

– Zum Bestehen eines Kartells über die Luftfrachtdienste

272

Die Klägerin trägt vor, dass die Kommission dadurch gegen die Grundsätze der Entsprechung von Strafe und Zuwiderhandlung, der Verhältnismäßigkeit und nulla poena sine culpa verstoßen habe, dass sie außer Betracht gelassen habe, dass die Preise für die Frachtdienste durch ein Kartell über diese Dienste aufgebläht worden seien. Infolgedessen habe sie die Auswirkungen ein und derselben Zuwiderhandlung zweimal mit Sanktionen belegt, zum einen gegenüber den Frachtführern, die sie begangen hätten, und zum anderen gegenüber denjenigen, die zu deren Kunden gehörten. Auch sei die Feststellung der Kommission im 884. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses, dass die Klägerin gegen die Frachtführer Klage vor den nationalen Zivilgerichten erheben könne, unzutreffend.

273

Die Kommission weist dieses Vorbringen zurück.

274

Dazu ist vorab zu bemerken, dass die Leitlinien von 2006 keine Bestimmung enthalten, die ausdrücklich vorsieht, dass das Bestehen eines vorgelagerten Kartells bei der Berechnung des Betrags der Geldbußen zu berücksichtigen ist.

275

Deshalb ist zu prüfen, ob das Bestehen eines Kartells, das einen Markt betrifft, der dem Markt vorgelagert ist, auf dem die mit einer Geldbuße zu ahndende Zuwiderhandlung begangen wurde, einen Umstand darstellt, der die Kommission zwingt, von der in Ziff. 13 der Leitlinien von 2006 vorgesehenen allgemeinen Methode abzuweichen

276

In diesem Zusammenhang ist daran zu erinnern, dass die Anwendung des Kriteriums des Wertes der Verkäufe als Ausgangspunkt für die Berechnung des Betrags der Geldbußen insbesondere dadurch gerechtfertigt ist, dass der Teil des Gesamtumsatzes, der aus dem Verkauf der Waren oder Dienstleistungen stammt, die Gegenstand der Zuwiderhandlung sind, die wirtschaftliche Bedeutung dieser Zuwiderhandlung am besten wiedergibt (siehe oben, Rn. 247 und 248) und es sich um ein objektives Kriterium handelt, das leicht anzuwenden ist.

277

Der Umstand, dass der Markt der Luftfrachtdienste Gegenstand eines Kartells war, kann die Feststellung der Kommission nicht entkräften, dass der Wert der Verkäufe, welche die Klägerin auf dem Markt der Speditionsdienstleistungen auf der vom NES-Kartell erfassten Handelsroute tätigte, die wirtschaftliche Bedeutung ihrer Beteiligung an dieser Zuwiderhandlung sehr wohl wiedergeben kann. Erstens handelt es sich nämlich um einen von der Klägerin unter den konkreten Marktbedingungen erzielten Umsatz. Zweitens besteht ein objektiver Zusammenhang zwischen dem NES-Kartell und dem Umsatz, der das Gewicht der Beteiligung der Klägerin wiedergibt.

278

Außerdem würde ein Ansatz, wonach das Bestehen eines rechtswidrigen Kartells auf einem vorgelagerten Markt die Kommission verpflichtete, den Wert der im Zusammenhang mit einer Zuwiderhandlung auf einem nachgelagerten Markt getätigten Verkäufe anzupassen, bereits auf der ersten Stufe der Berechnung der Höhe der Geldbuße einen Unsicherheitsfaktor einführen. Erstens wäre nämlich der Betrag der vorzunehmenden Abzüge allgemein schwer zu bestimmen. Zweitens müssten zur Berücksichtigung des Grundsatzes der Gleichbehandlung Abzüge nicht nur dann vorgenommen werden, wenn ein rechtswidriges Kartell einen vorgelagerten Markt betrifft, sondern ganz allgemein in allen Fällen, in denen Faktoren, die als unionsrechtswidrig zu betrachten sind, einen unmittelbaren oder mittelbaren Einfluss auf den Preis der erfassten Waren oder Dienstleistungen haben könnten. Drittens hätte ein solcher Ansatz zur Folge, dass die Grundlage für die Berechnung des Betrags einer Geldbuße nach dem Erlass des angefochtenen Beschlusses Gefahr liefe, in Frage gestellt zu werden, wenn Faktoren, die einen unmittelbaren oder mittelbaren Einfluss auf den Preis der Inputs haben könnten, nach diesem Zeitpunkt entdeckt würden. Der von der Klägerin vertretene Ansatz könnte daher Anlass zu endlosen und unlösbaren Streitigkeiten, einschließlich des Vorwurfs der Ungleichbehandlung geben.

279

Zum Argument einer Verletzung des Grundsatzes nulla poena sine culpa genügt die Feststellung, dass die Kommission die gegen die Klägerin verhängte Geldbuße auf der Grundlage der Verkaufspreise berechnete, die die Klägerin selbst ihren Kunden in Rechnung gestellt hatte, und somit gegen die Klägerin keine Sanktion wegen einer von einem Dritten begangenen Zuwiderhandlung verhängt hat, sondern unter Berücksichtigung der Einkünfte, die die Klägerin selbst erzielt hatte und für die sie verantwortlich ist. Auch dieses Argument ist also zurückzuweisen.

280

Aus diesen Erwägungen folgt, dass das Bestehen eines Kartells auf einem Markt, der dem Markt vorgelagert ist, auf dem die mit einer Geldbuße zu ahndende Zuwiderhandlung begangen wurde, nicht als ein Umstand betrachtet werden kann, der die Kommission dazu verpflichten könnte, von der in Ziff. 13 der Leitlinien von 2006 vorgesehenen allgemeinen Methode abzuweichen.

281

Deshalb ist das Vorbringen, das auf das Bestehen eines Kartells auf dem Markt der Beförderungsleistungen gestützt wird, zurückzuweisen, ohne dass über die Frage entschieden zu werden braucht, ob die Feststellung der Kommission im 884. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses, dass die Klägerin gegen die Frachtführer Klage vor den nationalen Zivilgerichten erheben könne, im vorliegenden Fall zutreffend ist. Selbst wenn diese Feststellung nämlich falsch wäre, würde sie die anderen Erwägungen der Kommission, deren Stichhaltigkeit oben geprüft worden ist, nicht in Frage stellen.

– Zur Berücksichtigung des entstandenen wirtschaftlichen Schadens

282

Die Klägerin macht geltend, dass die Kommission den durch das NES-Kartell verursachten wirtschaftlichen Schaden nicht hinreichend berücksichtigt habe. Nach den Leitlinien von 2006 seien die Geldbußen speziell an den angenommenen wirtschaftlichen Schaden geknüpft, der aus dem Wert der mit der Zuwiderhandlung zusammenhängenden Verkäufe extrapoliert werde. Die Kommission müsse daher sicherstellen, dass der herangezogene Umsatz den wirtschaftlichen Schaden wiedergebe. In der Phase der Bestimmung des Umsatzes, der sich auf die festgestellte Zuwiderhandlung beziehe, sei eine allgemeine Abschreckungswirkung nicht zu berücksichtigen, da eine solche Wirkung erst in einer späteren Phase der Berechnung des Betrags der Geldbuße berücksichtigt werden dürfe. Im vorliegenden Fall zeige die Tatsache, dass der theoretische Höchstumsatz im Zusammenhang mit dem NES-System nur einen zu vernachlässigenden Teil des Betrags der verhängten Geldbuße und einen noch viel kleineren Teil des von der Kommission herangezogenen Umsatzes ausmache, dass der Ansatz der Kommission gegen die Leitlinien von 2006 verstoße.

283

Die Kommission weist dieses Vorbringen zurück.

284

Erstens sieht entgegen dem Vorbringen der Klägerin weder Ziff. 13 noch eine andere Ziffer der Leitlinien von 2006 vor, dass der Wert der Verkäufe dem durch die Zuwiderhandlung verursachten wirtschaftlichen Schaden angepasst werden müsste.

285

Zweitens verpflichteten die von der Klägerin angeführten Umstände die Kommission nicht, gemäß Ziff. 37 der Leitlinien von 2006 von der in deren Ziff. 13 vorgesehenen allgemeinen Methode abzuweichen.

286

Dem Wert der Verkäufe ist im Rahmen der Berechnung des Betrags der Geldbußen sicherlich keine unverhältnismäßige Bedeutung beizumessen (Urteil KME Germany u. a./Kommission, oben in Rn. 34 angeführt, EU:C:2011:816, Rn. 60). Insoweit genügt jedoch die Feststellung, dass der Wert der Verkäufe nur ein Kriterium unter anderen ist, das nach der in den Leitlinien von 2006 vorgesehenen allgemeinen Methode berücksichtigt wird. Selbst wenn die von der Klägerin angeführten Umstände, wie der verursachte Schaden oder die erzielte Rendite, bei der Berechnung des Betrags der Geldbußen nach dieser Methode von Bedeutung wären, könnten sie nämlich im Rahmen der späteren Phasen der Berechnung, wie bei der Beurteilung des der Schwere der Zuwiderhandlung entsprechenden Satzes, des Vorliegens mildernder oder erschwerender Umstände oder aber der Zahlungskraft der betroffenen Unternehmen, berücksichtigt werden. Selbst wenn die Kommission im vorliegenden Fall verpflichtet gewesen wäre, die von der Klägerin vorgetragenen Umstände in späteren Phasen der Bestimmung des Betrags der Geldbuße zu berücksichtigen, wäre sie deshalb nicht verpflichtet gewesen, gemäß Ziff. 37 der Leitlinien von 2006 von deren Ziff. 13 abzuweichen.

287

Zum Verhältnis des Betrags der Geldbußen zum Betrag der erhobenen Aufschläge ist festzustellen, dass die Geldbußen sicherlich in einer Höhe festzusetzen sind, die genügt, um die Unternehmen von der Beteiligung an einem Kartell trotz des Gewinns, den sie daraus erzielen können, abzuschrecken. Dagegen kann der Betrag einer Geldbuße nicht allein deshalb als unangemessen angesehen werden, weil er nicht den wirtschaftlichen Schaden wiedergibt, der durch das betreffende Kartell verursacht wurde oder hätte verursacht werden können.

288

In diesem Zusammenhang ist auch das Vorbringen der Klägerin zurückzuweisen, dass sich die Kommission in der Phase der Bestimmung des Wertes der Verkäufe auf ein allgemeines Abschreckungsziel gestützt habe, obwohl sie nicht berechtigt gewesen sei, ein solches Ziel in der Phase der Berechnung des Betrags der Geldbußen zu berücksichtigen.

289

Dazu ist festzustellen, dass die Kommission durch die Heranziehung des Wertes der von der Klägerin an Kunden im EWR verkauften Speditionsdienstleistungen auf der von dem NES-Kartell erfassten Handelsroute lediglich die in Ziff. 13 der Leitlinien von 2006 vorgesehene allgemeine Methode anwendete und somit nicht unter Berufung auf ein allgemeines Abschreckungsziel von dieser Methode abwich.

290

Falls die Klägerin mit ihrem Vorbringen geltend machen möchte, dass die Kommission den Wert der Verkäufe, soweit er nicht den in Form der erhobenen Aufschläge verursachten wirtschaftlichen Schaden wiedergebe, hätte anpassen müssen, um zu vermeiden, dass ein allgemeines Abschreckungsziel bereits in der Phase der Berechnung des Betrags der Geldbußen berücksichtigt werde, so ist dies ebenfalls zurückzuweisen.

291

Dazu ist festzustellen, dass der Wert der Verkäufe nicht nur deshalb stellvertretend für die wirtschaftliche Bedeutung der Zuwiderhandlung herangezogen wird, weil er am besten geeignet ist, die wirtschaftliche Bedeutung dieser Zuwiderhandlung sowie das Gewicht des jeweiligen an der Zuwiderhandlung beteiligten Unternehmens wiederzugeben, sondern auch deshalb, weil es sich um ein objektives Kriterium handelt, das leicht anzuwenden ist. Die letztgenannte Eigenschaft des Wertes der Verkäufe macht das Vorgehen der Kommission für die Unternehmen besser vorhersehbar und ermöglicht es ihnen, die Höhe des Betrags einer Geldbuße einzuschätzen, der sie sich aussetzen, wenn sie beschließen, sich an einem rechtswidrigen Kartell zu beteiligen. Die Anwendung des Kriteriums des Wertes der Verkäufe in Ziff. 13 der Leitlinien von 2006 verfolgt somit insbesondere ein Ziel allgemeiner Abschreckung. Entgegen der Ansicht der Klägerin hindert die Kommission nichts daran, im Rahmen ihrer Aufgabe der Überwachung der Einhaltung des Wettbewerbsrechts der Union, die ihr der Vertrag anvertraut hat (Urteile Musique Diffusion française u. a./Kommission, oben in Rn. 246 angeführt, EU:C:1983:158, Rn. 105, und Dansk Rørindustri u. a./Kommission, oben in Rn. 251 angeführt, EU:C:2005:408, Rn. 170), ein Ziel allgemeiner Abschreckung zu verfolgen, wenn sie die allgemeine Methode für die Berechnung des Betrags der Geldbußen bestimmt.

292

Daher ist das Vorbringen, dass die Kommission den durch das NES-Kartell verursachten wirtschaftlichen Schaden nicht hinreichend berücksichtigt habe, ebenfalls zurückzuweisen.

– Zu den betroffenen Wettbewerbsfaktoren

293

Die Klägerin trägt auch vor, die Kommission habe gegen sie durch die Heranziehung des Wertes der verkauften Speditionsdienstleistungen eine Sanktion verhängt, als ob das NES-Kartell auf die Festsetzung des Endpreises der Speditionsdienstleistungen oder die Abdeckung sämtlicher im Speditionssektor bestehender Wettbewerbsfaktoren gerichtet gewesen wäre.

294

Die Kommission weist diese Argumentation zurück.

295

Wie bereits oben in den Rn. 267 bis 270 ausgeführt worden ist, war die Kommission berechtigt, als Ausgangspunkt für die Berechnung des Betrags der Geldbuße die von diesem Kartell erfassten Verkäufe unabhängig von der Schwere der fraglichen Zuwiderhandlung zu berücksichtigen.

296

Ferner wird nach der in den Leitlinien von 2006 vorgesehenen allgemeinen Methode die Art der Zuwiderhandlung in einer späteren Phase bei der Bestimmung der Schwere des Verstoßes berücksichtigt, die nach Ziff. 20 dieser Leitlinien in jedem Einzelfall unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände beurteilt wird.

297

Nach alledem kann aus dem Umstand, dass die Kommission den Wert der verkauften Speditionsdienstleistungen, die Gegenstand des NES-Kartells waren, als Ausgangspunkt für die Berechnung des Betrags der gegen die Klägerin verhängten Geldbuße herangezogen hat, nicht geschlossen werden, dass sie dieses Kartell wie ein Kartell behandelt hat, das auf die Festsetzung des Endpreises der Speditionsdienstleistungen oder die Abdeckung sämtlicher Wettbewerbsfaktoren gerichtet war.

298

Dieses Vorbringen ist daher zurückzuweisen.

– Zu den Ermessensfehlern

299

Soweit die Klägerin Ermessensfehler der Kommission rügt, beschränkt sie sich darauf, auf das bereits oben geprüfte und zurückgewiesene Vorbringen zu verweisen. Somit ist dieses Vorbringen ebenfalls zurückzuweisen.

300

Infolgedessen hat die Klägerin mit keinem ihrer Argumente dartun können, dass die Kommission durch die Heranziehung des Wertes der verkauften Speditionsdienstleistungen, die mit dem NES-Kartell in Zusammenhang standen, gegen die Leitlinien von 2006, Art. 23 Abs. 2 und 3 der Verordnung Nr. 1/2003, die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und der Entsprechung von Strafe und Zuwiderhandlung oder den Grundsatz nulla poena sine culpa verstoßen oder aber Ermessensfehler begangen hätte.

301

Deshalb ist die Rüge, welche die Heranziehung des Wertes der von der Klägerin an Kunden im EWR verkauften Speditionsdienstleistungen auf der vom NES-Kartell erfassten Handelsroute betrifft, insgesamt zurückzuweisen.

Zur Rüge, die die Schwere der Zuwiderhandlung betrifft

302

In der Erwiderung greift die Klägerin die Schlussfolgerung der Kommission im 945. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses an, wonach für das NES-Kartell ein Satz von 15 % für die Schwere der Zuwiderhandlung angemessen sei.

303

In den Erwägungsgründen 891 bis 947 des angefochtenen Beschlusses erläuterte die Kommission die Gründe, aus denen dieser Satz für die Schwere der Zuwiderhandlung angemessen sei. Dabei wies sie insbesondere darauf hin, dass das NES-Kartell unmittelbar oder mittelbar die Festsetzung der Preise oder sonstiger Geschäftsbedingungen zum Ziel gehabt habe. Die Unternehmen hätten sich über die Einführung, die Höhe und den Zeitplan für die Einführung eines Aufschlags für das NES geeinigt. Sie stellte auch fest, dass das Kartell teilweise umgesetzt und seine Durchführung überwacht worden sei.

304

Die Klägerin ist der Ansicht, dass der Satz von 15 % für die Schwere der Zuwiderhandlung, den die Kommission festgelegt habe, die Schwere des NES-Kartells nicht richtig wiedergebe.

305

Die Kommission weist dieses Vorbringen zurück.

306

Dazu ist erstens festzustellen, dass die Klägerin nichts vorträgt, um speziell die Erwägungen der Kommission zur Schwere der Zuwiderhandlung in den Erwägungsgründen 891 bis 947 des angefochtenen Beschlusses zu entkräften.

307

Zweitens könnte die Klägerin mit ihren Argumenten zur Heranziehung des Wertes der Verkäufe selbst dann, wenn diese auch als Argumente für die Schwere der Zuwiderhandlung berücksichtigt würden, nicht aufzeigen, dass der Kommission ein Fehler bei ihren Erwägungen zu diesem Satz unterlaufen ist.

308

Das NES-Kartell stellt nämlich ein horizontales Kartell dar, das sich auf einen Bestandteil des Preises der Speditionsdienstleistungen bezieht und daher als eine schwere Wettbewerbsbeschränkung zu betrachten ist.

309

Nach Ziff. 23 der Leitlinien von 2006 ist von der Kommission für horizontale Vereinbarungen zur Festsetzung von Preisen grundsätzlich ein Betrag am oberen Ende der Bandbreite, die bis zu 30 % des Umsatzes reicht, anzusetzen.

310

In Anbetracht der Art der betroffenen Dienstleistungen lässt der Umstand, dass sich das NES-Kartell nur auf den NES-Aufschlag bezog, nicht die Annahme zu, dass ein Satz von 15 % für die Schwere der Zuwiderhandlung nicht angemessen war. Wie nämlich von der Kommission im 869. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses erläutert und durch die dort angeführten Beweismittel erhärtet wurde, war die Abstimmung über die Abwälzung von Kostenfaktoren durch Erhebung eines Aufschlags geeignet, einen nicht zu vernachlässigenden Einfluss auf das Verhalten der Spediteure und die Struktur des Marktes auszuüben (siehe oben, Rn. 155 und 156).

311

Aus den gleichen Gründen ist das Argument zurückzuweisen, dass der theoretische Höchstumsatz im Zusammenhang mit dem NES-System nur einen unbedeutenden Teil des Betrags der verhängten Geldbuße und einen noch geringeren Teil des von der Kommission herangezogenen Umsatzes darstelle.

312

Schließlich ist zur Umsetzung des Kartells festzustellen, dass die Klägerin die Erwägungen der Kommission im 907. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses nicht angreift, wonach zum einen das Maß der Umsetzung des NES-Kartells nicht auf den Versuch der Unternehmen zurückzuführen sei, dieses Kartell zu brechen, sondern auf kartellexterne Umstände wie den Widerstand der Kunden, und zum anderen keine der Parteien hinreichend nachgewiesen habe, dass sie die Umsetzung des Kartells vermieden und auf dem Markt wettbewerbliches Verhalten an den Tag gelegt habe.

313

Aufgrund all dieser Erwägungen kann die Festsetzung eines Satzes von 15 % für die Schwere der Zuwiderhandlung nicht als unangemessen betrachtet werden.

314

Daher ist auch die Rüge in Bezug auf den von der Kommission festgesetzten Satz von 15 % für die Schwere der Zuwiderhandlung zurückzuweisen, ohne dass über die Frage entschieden zu werden braucht, ob diese Rüge zulässig ist, obwohl die Klägerin zum einen die Unangemessenheit dieses Satzes erst in der Erwiderung geltend gemacht und zum anderen nicht angegeben hat, welche Erwägungen der Kommission zur Schwere der Zuwiderhandlung sie in Frage stellen möchte.

Zur Rüge, die sich auf das Vorliegen eines mildernden Umstands bezieht

315

Die Klägerin trägt vor, dass die Kommission das Bestehen eines vorgelagerten Kartells und dessen Einfluss auf die Preise der Speditionsdienstleistungen als mildernden Umstand hätte berücksichtigen müssen. Die Kommission hätte dazu mehr ermitteln müssen und habe somit auch den Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung verletzt.

316

Die Kommission weist dieses Vorbringen zurück.

317

Ziff. 29 der Leitlinien von 2006 enthält eine nicht erschöpfende Liste mildernder Umstände, die unter bestimmten Voraussetzungen zu einer Verringerung des Grundbetrags der Geldbuße führen können.

318

Wenn eine Zuwiderhandlung von mehreren Unternehmen begangen worden ist, ist nämlich die relative Schwere des Tatbeitrags jedes einzelnen von ihnen zu prüfen, um festzustellen, ob bei ihnen erschwerende oder mildernde Umstände vorliegen (Urteil vom 25. Oktober 2011, Aragonesas Industrias y Energía/Kommission, T‑348/08, Slg, EU:T:2011:621, Rn. 277).

319

Zwischen dem Bestehen eines Kartells auf einem vorgelagerten Markt und einem der in Ziff. 29 der Leitlinien von 2006 ausdrücklich aufgeführten mildernden Umstände lässt sich kein Bezug herstellen.

320

Selbst wenn die in Ziff. 29 der Leitlinien von 2006 enthaltene Liste nicht erschöpfend ist, so ist festzustellen, dass das Bestehen eines Kartells auf dem Markt für Beförderungsleistungen ein kartellexterner Faktor ist, der die Schwere der Beteiligung der Klägerin am NES-Kartell nicht mindern kann.

321

Soweit das Vorbringen der Klägerin so verstanden werden sollte, dass es auf den Kausalzusammenhang zwischen den Aufschlägen, welche die Spediteure ihren Kunden in Rechnung stellten, und den von den Frachtführern erhobenen abzielt, genügt die Feststellung, dass dies nicht ein rechtswidriges Kartell der Spediteure rechtfertigen kann, das darauf ausgerichtet ist, sich in Bezug auf die Kosten, die sich aus den Leistungen für die NES-Registrierung ergeben, keine Konkurrenz zu machen, sondern diese Aufschläge auf die Kunden abzuwälzen.

322

Im vorliegenden Fall kann daher das Bestehen eines Kartells für die Beförderungsleistungen nicht als mildernder Umstand betrachtet werden.

323

In diesem Zusammenhang ist auch darauf hinzuweisen, dass das Gericht bereits Gelegenheit hatte, ein vergleichbares Argument zu prüfen und zurückzuweisen (Urteil vom 14. Mai 2014, Reagens/Kommission, T‑30/10, EU:T:2014:253, Rn. 289).

324

Nach alledem ist die Rüge, dass die Kommission einen mildernden Umstand nicht berücksichtigt und den Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung verletzt habe, zurückzuweisen.

Zur Rüge einer Verletzung des Grundsatzes der Gleichbehandlung

325

Die Klägerin trägt vor, dass die Kommission den Grundsatz der Gleichbehandlung dadurch verletzt habe, dass sie in der vorliegenden Sache eine andere Methode als in der Sache COMP/39258 – Luftfracht (im Folgenden: Luftfracht-Sache) angewandt habe. In jener Sache habe sie den Betrag der gegen die Frachtführer verhängten Geldbußen allein anhand der Umsätze festgesetzt, die durch die Zusatzkosten für Treibstoff und Sicherheit erzielt worden seien.

326

Hierzu ist erstens festzustellen, dass der Grundsatz der Gleichbehandlung einen von der Kommission im Rahmen eines Verfahrens nach Art. 101 AEUV einzuhaltenden allgemeinen Rechtsgrundsatz bildet, der es verbietet, vergleichbare Sachverhalte unterschiedlich und unterschiedliche Sachverhalte gleich zu behandeln, es sei denn, eine solche Behandlung ist objektiv gerechtfertigt (Urteil vom 29. Juni 2012, GDF Suez/Kommission, T‑370/09, Slg, EU:T:2012:333, Rn. 386).

327

Zweitens ist, soweit es um die Frage geht, ob die Kommission einen vergleichbaren Sachverhalt unterschiedlich behandelt hat, zunächst darauf hinzuweisen, dass ihre frühere Entscheidungspraxis nicht den rechtlichen Rahmen für Geldbußen in Wettbewerbssachen bildet und Entscheidungen in anderen Fällen nur einen Anhaltspunkt für das Vorliegen von Diskriminierungen liefern, da die tatsächlichen Gegebenheiten in den verschiedenen Sachen nicht die gleichen sind (Urteil vom 21. September 2006, JCB Service/Kommission, C‑167/04 P, Slg, EU:C:2006:594, Rn. 201 und 205).

328

Dies gilt erst recht für den vorliegenden Fall, in dem der fragliche Punkt, nämlich die Bestimmung des Wertes der Verkäufe, der der Berechnung des Betrags der Geldbußen zugrunde gelegt wurde, ausdrücklich in Ziff. 13 der Leitlinien von 2006 geregelt ist. In einem solchen Fall ist nämlich eine Rüge wegen Verletzung des Grundsatzes der Gleichbehandlung anhand der Anhaltspunkte in dieser Ziffer zu prüfen, welche die Kommission erlassen hat, um die Einheitlichkeit ihres Standpunkts, den sie in den einzelnen Sachen vertritt, zu verbessern. Aus den vorstehenden Ausführungen folgt, dass die Kommission die in Ziff. 13 vorgesehene allgemeine Methode eingehalten hat und unter den Umständen des vorliegenden Falles nicht verpflichtet war, davon abzuweichen.

329

Selbst wenn sich das Vorbringen der Klägerin, dass die Kommission in der Luftfracht-Sache eine andere Methode angewandt habe, als zutreffend erwiese, könnte dies kein Nachweis sein, dass sie im vorliegenden Fall den Grundsatz der Gleichbehandlung verletzt hätte. Denn entweder gab es in der Luftfracht-Sache im Gegensatz zu der vorliegenden Rechtssache Besonderheiten, die es rechtfertigten, dass die Kommission von der in Ziff. 13 der Leitlinien von 2006 angeführten allgemeinen Methode abwich, oder die Kommission hatte die Leitlinien in jener Sache nicht beachtet. In beiden Fällen wäre die Klägerin jedoch nicht berechtigt, zu verlangen, dass sie in der vorliegenden Sache in gleicher Weise wie in der Luftfracht-Sache behandelt werde.

330

Die Rüge, die sich auf eine Verletzung des Grundsatzes der Gleichbehandlung stützt, ist somit ebenfalls zurückzuweisen.

Ergebnis

331

Daher ist dieser Teil des Klagegrundes zurückzuweisen, soweit er die Nichtigerklärung der in Art. 2 Abs. 1 Buchst. a des angefochtenen Beschlusses verhängten Geldbuße betrifft.

332

Er ist ebenfalls zurückzuweisen, soweit er zur Stützung des Antrags geltend gemacht worden ist, das Gericht möge von seiner Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung Gebrauch machen.

333

Die Prüfung des vorliegenden Teils des Klagegrundes hat nämlich nicht nur keine Fehler zutage gebracht, sondern auch keine Erwägungen, die im Rahmen der Berechnung des Betrags der Geldbußen unangemessen wären.

334

Insbesondere in Anbetracht der oben in den Rn. 240 bis 264 und 272 bis 301 dargestellten Erwägungen ist festzustellen, dass weder der von der Klägerin vertretene Ansatz, nur Umsätze zu berücksichtigen, die im Zusammenhang mit den Leistungen für die NES-Registrierung erzielt wurden, noch der Ansatz, wonach die Kosten der Beförderungsleistungen vom zugrunde gelegten Wert der Verkäufe abzuziehen seien, noch der Ansatz, wonach dieser Wert der Verkäufe wegen des Bestehens eines Kartells auf dem Markt für Beförderungsleistungen anzupassen sei, als angemessen betrachtet werden kann, da diese Ansätze nicht geeignet sind, die wirtschaftliche Bedeutung der Beteiligung der Klägerin am NES-Kartell, das die Speditionsdienstleistungen in Form eines Leistungspakets erfasste, richtig wiederzugeben.

335

In diesem Kontext ist auch festzustellen, dass zwar nicht ausgeschlossen werden kann, dass geringe Margen ein Anhaltspunkt für die schwache Finanzkraft eines Unternehmens trotz des Umfangs seines Umsatzes sein können, im vorliegenden Fall aber nichts vorgetragen worden ist, um nachzuweisen, dass die verhängten Geldbußen in Anbetracht der Finanzkraft der Klägerin übermäßig hoch waren.

336

Ferner kann aus den oben in den Rn. 265 bis 271 beschriebenen Gründen der Ansatz, wonach nur die Verkäufe berücksichtigt werden können, für die ein NES-Aufschlag tatsächlich in Rechnung gestellt worden ist, ebenfalls nicht als angemessen betrachtet werden.

337

Demgemäß ist der erste Teil des fünften Klagegrundes zurückzuweisen.

Zum zweiten Teil, mit dem eine Verletzung von Art. 27 der Verordnung Nr. 1/2003 und der Verteidigungsrechte gerügt wird

338

Dieser Teil betrifft die Begründung in den Erwägungsgründen 887 und 888 des angefochtenen Beschlusses, in denen die Kommission die Gründe erläutert hat, weshalb der Klägerin keine Einsicht in die Akten der Luftfracht-Sache zu gewähren sei. Die Kommission führte dazu aus, dass die Klägerin von der letztgenannten Sache nicht betroffen gewesen sei und daher gemäß ihrer Mitteilung über die Regeln für die Einsicht in Kommissionsakten in Fällen einer Anwendung der Artikel [101 AEUV] und [102 AEUV], Art. 53, 54 und 57 des EWR-Abkommens und der Verordnung (EG) Nr. 139/2004 des Rates (ABl. 2005, C 325, S. 7) sowie der Verordnung (EG) Nr. 773/2004 der Kommission vom 7. April 2004 über die Durchführung von Verfahren auf der Grundlage der Artikel [101 AEUV] und [102 AEUV] durch die Kommission (ABl. L 123, S. 18) keine Akteneinsicht habe erhalten können. Im Übrigen sei jedenfalls keines der in den Akten über die Luftfracht-Sache enthaltenen Dokumente für die Verantwortlichkeit der Spediteure in der vorliegenden Sache erheblich.

339

Die Klägerin rügt, dass die Kommission Art. 27 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1/2003 und die Verteidigungsrechte verletzt habe. Sie hätte es ihr ermöglichen müssen, die einschlägigen Informationen in der Luftfracht-Sache zu prüfen, die in engem Zusammenhang mit der vorliegenden Sache stehe. Ohne angemessene Akteneinsicht habe sie ihre Verteidigungsrechte nicht in vollem Umfang ausüben können.

340

Die Kommission weist dieses Vorbringen zurück.

341

Die Kommission gibt nach Art. 27 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1/2003 vor einer Entscheidung gemäß den Art. 7, 8, 23 und 24 Abs. 2 den Unternehmen, gegen die sich das von ihr betriebene Verfahren richtet, Gelegenheit, sich zu den Beschwerdepunkten zu äußern, die sie in Betracht gezogen hat. Sie stützt ihre Entscheidung nur auf die Beschwerdepunkte, zu denen sich die Parteien äußern konnten.

342

Nach Art. 27 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 müssen die Verteidigungsrechte der Parteien während des Verfahrens in vollem Umfang gewahrt werden. Die Parteien haben das Recht auf Einsicht in die Akten der Kommission, vorbehaltlich des berechtigten Interesses von Unternehmen an der Wahrung ihrer Geschäftsgeheimnisse.

343

Nach Art. 15 der Verordnung Nr. 773/2004 gewährt die Kommission auf Antrag den Parteien, an die sie eine Mitteilung der Beschwerdepunkte gerichtet hat, Akteneinsicht. Die Akteneinsicht wird nach Zustellung der Mitteilung der Beschwerdepunkte gewährt.

344

Aus diesen Bestimmungen ergibt sich, dass die Kommission dem betroffenen Unternehmen die Möglichkeit geben muss, alle Schriftstücke in der Ermittlungsakte zu prüfen, die möglicherweise für seine Verteidigung erheblich sind. Dazu gehören sowohl belastende als auch entlastende Schriftstücke mit Ausnahme von Geschäftsgeheimnissen anderer Unternehmen, internen Schriftstücken der Kommission und anderen vertraulichen Informationen (Urteil vom 1. Juli 2010, Knauf Gips/Kommission, C‑407/08 P, Slg, EU:C:2010:389, Rn. 22).

345

Wurden entlastende Schriftstücke nicht übermittelt, so muss das betroffene Unternehmen nach ständiger Rechtsprechung nur nachweisen, dass deren Vorenthaltung den Verfahrensablauf und den Inhalt der Entscheidung der Kommission zu Ungunsten dieses Unternehmens beeinflussen konnte. Es genügt, dass das Unternehmen dartut, dass es die fraglichen entlastenden Schriftstücke zu seiner Verteidigung hätte einsetzen können, und zwar in dem Sinne, dass das Unternehmen, wenn es sich im Verwaltungsverfahren auf diese Schriftstücke hätte berufen können, Gesichtspunkte hätte geltend machen können, die nicht mit den in diesem Stadium von der Kommission gezogenen Schlüssen übereinstimmten und daher, in welcher Weise auch immer, die von der Kommission in ihrer etwaigen Entscheidung vorgenommenen Beurteilungen zumindest in Bezug auf Schwere und Dauer des dem Unternehmen zur Last gelegten Verhaltens und damit die Höhe der Geldbuße hätten beeinflussen können (Urteil Knauf Gips/Kommission, oben in Rn. 344 angeführt, EU:C:2010:389, Rn. 23).

346

Die Klägerin muss folglich nicht nur dartun, dass sie zu den Schriftstücken in den Akten der Luftfracht-Sache keinen Zugang hatte, sondern auch, dass sie diese zu ihrer Verteidigung hätte einsetzen können. Sie kann sich nämlich nicht mit Erfolg auf die Nichtübermittlung von Schriftstücken berufen, die nicht einschlägig sind.

347

Die Klägerin macht geltend, dass sie auf der Grundlage der einschlägigen Teile der Akten der Luftfracht-Sache in der Lage gewesen wäre, eine Einschätzung des Einflusses des Luftfrachtkartells auf ihren Umsatz abzugeben. Damit hätte sie aufzeigen können, dass die Entscheidung der Kommission, einen überhöhten Umsatz zugrunde zu legen, unangemessen und unverhältnismäßig gewesen sei.

348

Wie sich oben aus den Rn. 272 bis 281 und 315 bis 324 ergibt, konnte das Bestehen eines Kartells über die Beförderungsleistungen weder den von der Kommission zugrunde gelegten Umsatz beeinflussen noch als mildernder Umstand in Betracht gezogen werden. Wie ferner oben in den Rn. 325 bis 330 ausgeführt worden ist, kann die Klägerin die Rüge einer Verletzung des Grundsatzes der Gleichbehandlung nicht auf das Verhalten der Kommission in der Luftfracht-Sache stützen.

349

In diesem Zusammenhang ist auch das Vorbringen der Klägerin zurückzuweisen, dass die Entscheidung der Kommission, ihr ohne eine Prüfung die Akteneinsicht zu verweigern, nicht mit dem „allgemeinen Ansatz des Unionsrechts“ vereinbar sei. Dieses Vorbringen kann nämlich das Ergebnis nicht in Frage stellen, dass der Inhalt der Akten der Luftfracht-Sache die Beurteilungen der Kommission im angefochtenen Beschluss nicht beeinflussen konnte. Soweit die Klägerin sich in diesem Zusammenhang auf das Urteil vom 22. Mai 2012, EnBW Energie Baden-Württemberg/Kommission (T‑344/08, Slg, EU:T:2012:242), beruft, genügt die Feststellung, dass dieses Urteil zum einen die Akteneinsicht nach der Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Mai 2001 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission (ABl. L 145, S. 43) und nicht die oben in den Rn. 341 bis 343 erwähnten Bestimmungen betraf und zum anderen vom Gerichtshof aufgehoben wurde (Urteil vom 27. Februar 2014, Kommission/EnBW, C‑365/12 P, Slg, EU:C:2014:112).

350

Die Klägerin trägt nichts vor, was diese Erwägungen in Frage stellen oder dafür sprechen könnte, dass der Inhalt der Akten der Luftfracht-Sache sich auf einen anderen Aspekt der Beurteilungen der Kommission im angefochtenen Beschluss hätte auswirken können.

351

Daher ist auch dieser Teil des vorliegenden Klagegrundes und somit der Klagegrund insgesamt nicht nur in Bezug auf den Antrag auf Nichtigerklärung, sondern auch in Bezug auf den Antrag, das Gericht möge von seiner Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung Gebrauch machen, zurückzuweisen.

6. Zum sechsten Klagegrund, mit dem eine Verletzung von Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 und des Grundsatzes der Gleichbehandlung, die Nichtbeachtung der Kronzeugenregelung von 2006 und ein Ermessensfehler gerügt werden

352

Der vorliegende Klagegrund betrifft die Entscheidung der Kommission, der DP in Bezug auf das NES-Kartell die Geldbuße zu erlassen.

353

In den Erwägungsgründen 1026 bis 1103 des angefochtenen Beschlusses bewilligte die Kommission der DP den Erlass der Geldbußen für das NES-, das AMS-, das CAF‑ und das PSS-Kartell. Dazu führte sie aus, dass sie zu dem Zeitpunkt, zu dem der Erlassantrag der DP bei ihr eingegangen sei, in Anbetracht der Informationen, die das Unternehmen ihr übermittelt habe, befugt gewesen sei, diesem in ihrem Schreiben vom 24. September 2007 einen bedingten Erlass für ein mutmaßliches Kartell der privaten Erbringer internationaler Speditionsdienste zu gewähren, das auf die Festsetzung bzw. Weitergabe verschiedener Gebühren und Aufschläge, insbesondere [vertraulich] abgezielt habe. Zum Abschluss des Verwaltungsverfahrens stellte die Kommission fest, dass die DP in zufriedenstellender Weise mit ihr zusammengearbeitet habe und dass das mutmaßliche Kartell, für das der DP der bedingte Geldbußenerlass gewährt worden sei, „alle in diesem Beschluss behandelten Zuwiderhandlungen vollständig ab[gedeckt hatte]“. Außerdem prüfte die Kommission die Anträge der anderen Unternehmen auf Erlass und Ermäßigung der Geldbußen für diese Kartelle.

354

Die Klägerin hält diese Feststellungen für fehlerhaft. Die Kommission habe die DP den anderen Unternehmen, die Erlass- und Ermäßigungsanträge eingereicht hätten, vorgezogen, indem sie deren Anträge auf einer anderen Grundlage beurteilt habe als der, die sie für die DP herangezogen habe. Obwohl die Kommission vier Zuwiderhandlungen festgestellt habe, habe sie der DP einen bedingten generellen Geldbußenerlass für den Sektor der Speditionsdienste im Luftverkehr gewährt, ohne zu prüfen, ob die von diesem Unternehmen vorgelegten Beweismittel sämtliche in Rede stehenden Verhaltensweisen abgedeckt hätten. Die Kommission sei bei den Anträgen der anderen Unternehmen auf Ermäßigung der Geldbußen anders vorgegangen, die sie in Bezug auf jede Zuwiderhandlung getrennt geprüft habe. Wären sämtliche Anträge auf Erlass und Ermäßigung der Geldbußen unter Berücksichtigung des Speditionssektors in seiner Gesamtheit geprüft worden, hätte sie, die Klägerin, Anspruch auf eine günstigere Behandlung gehabt.

355

Die Kommission weist dieses Vorbringen zurück.

356

Hinsichtlich des Vorbringens der Klägerin, mit dem sie darzutun versucht, dass sie eine günstigere Behandlung erfahren hätte, wenn die Kommission die Kronzeugenregelung von 2006 richtig angewandt hätte, ist als Erstes zu untersuchen, ob die Kommission einen Fehler begangen hat, indem sie der DP den Erlass der Geldbuße für das NES-Kartell bewilligte; als Zweites ist das Argument zu prüfen, dass die Kommission für die Anträge der anderen Unternehmen, darunter der Klägerin, auf Ermäßigung des Betrags der Geldbußen eine andere Grundlage verwendet habe.

Zur Einhaltung der Voraussetzungen für den Erlass der Geldbußen

357

Aus Rn. 8 Buchst. a der Kronzeugenregelung von 2006 geht hervor, dass die Kommission einem Unternehmen, das seine Beteiligung an einem mutmaßlichen Kartell offenlegt, die Geldbuße bedingt erlässt, sofern das Unternehmen als Erstes Informationen und Beweismaterial vorlegt, die es ihr ermöglichen, gezielte Nachprüfungen im Zusammenhang mit diesem Kartell durchzuführen.

358

Rn. 9 der Kronzeugenregelung von 2006 lautet:

„Um der Kommission die Durchführung gezielter Nachprüfungen im Sinne der Randnummer (8) Buchstabe a) zu ermöglichen, muss das Unternehmen der Kommission die unten aufgeführten Informationen und Beweismittel vorlegen, sofern dies nach Auffassung der Kommission die Nachprüfungen nicht gefährden würde:

(a)

Eine Unternehmenserklärung …, die, sofern das Unternehmen zum Zeitpunkt der Vorlage über die entsprechenden Informationen verfügt, Folgendes beinhaltet:

eine eingehende Beschreibung der Art des mutmaßlichen Kartells, einschließlich z. B. seiner Ziele, Aktivitäten und Funktionsweise; Angaben über das betroffene Produkt bzw. die betroffene Dienstleistung, die räumliche Ausdehnung und die Dauer sowie eine Schätzung des von dem mutmaßlichen Kartell betroffenen Marktvolumens; genaue Angaben über mutmaßliche Kartellkontakte (Daten, Orte, Inhalte und Teilnehmer) und alle relevanten Erläuterungen zu den im Rahmen des Antrags beigebrachten Beweismitteln;

Name und Anschrift der juristischen Person, die den Antrag auf Erlass der Geldbuße stellt, sowie Name und Anschrift aller anderen Unternehmen, die an dem mutmaßlichen Kartell beteiligt waren oder sind;

Name, Funktion, Büroanschrift und, soweit erforderlich, Privatanschrift aller Einzelpersonen, die nach Wissen des Antragstellers an dem mutmaßlichen Kartell beteiligt sind oder waren, einschließlich jener Einzelpersonen, die auf Seiten des Antragstellers beteiligt waren;

Angabe der anderen Wettbewerbsbehörden innerhalb und außerhalb der EU, mit denen sich der Antragsteller im Zusammenhang mit dem mutmaßlichen Kartell in Verbindung gesetzt hat oder zu setzen beabsichtigt, und

(b)

weitere Beweismittel für das mutmaßliche Kartell, die sich im Besitz des Antragstellers befinden oder zu denen er zum Zeitpunkt der Vorlage Zugang hat, insbesondere Beweismittel, [die] aus dem Zeitraum der Zuwiderhandlung stamm[en].“

359

Nach Rn. 18 der Kronzeugenregelung von 2006 gewährt die Kommission, sobald sie die Informationen und Beweismittel des Unternehmens erhalten und festgestellt hat, dass die in Rn. 8 Buchst. a genannten Bedingungen erfüllt sind, dem Unternehmen schriftlich einen bedingten Erlass der Geldbuße.

360

Nach Rn. 22 der Kronzeugenregelung erlässt die Kommission, wenn das Unternehmen am Ende des Verwaltungsverfahrens die unter Rn. 12 dieser Regelung genannten Voraussetzungen erfüllt, zu denen insbesondere eine ernsthafte, vollumfängliche, kontinuierliche und zügige Zusammenarbeit mit der Kommission gehört, in der entsprechenden Entscheidung dem Unternehmen die Geldbuße.

361

Die Kommission hat durch den Erlass der Kronzeugenregelung von 2006 berechtigte Erwartungen begründet, was sie im Übrigen in Rn. 38 dieser Regelung anerkannt hat. Angesichts des berechtigten Vertrauens, das die Unternehmen, die mit der Kommission zusammenarbeiten wollen, aus dieser Regelung ableiten können, ist die Kommission daher verpflichtet, sich an diese zu halten. Daher hätte die Kommission den Grundsatz des Vertrauensschutzes verletzt, wenn sie die in dieser Regelung vorgesehenen Verhaltensrichtlinien nicht beachtet hätte (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 18. Juni 2008, Hoechst/Kommission, T‑410/03, Slg, EU:T:2008:211, Rn. 510, und vom 13. Juli 2011, Kone u. a./Kommission, T‑151/07, Slg, EU:T:2011:365, Rn. 127).

362

Hinsichtlich der Wahl der Gesichtspunkte, die bei der Anwendung der in der Kronzeugenregelung von 2006 aufgeführten Kriterien berücksichtigt wurden, und der Würdigung dieser Gesichtspunkte hat das Gericht die ihm obliegende Rechtmäßigkeitskontrolle vorzunehmen und kann sich nicht auf den Wertungsspielraum, über den die Kommission verfügt, stützen, um auf eine eingehende rechtliche und tatsächliche Kontrolle zu verzichten (Urteil vom 24. Oktober 2013, Kone u. a./Kommission, C‑510/11 P, EU:C:2013:696, Rn. 24 und 54).

363

Das Vorbringen der Klägerin ist im Licht dieser Rechtsprechung und dieser Grundsätze zu prüfen.

364

In Anbetracht der Systematik der Bestimmungen der Kronzeugenregelung von 2006 ist zu prüfen, ob die Kommission nach Rn. 8 Buchst. a sowie den Rn. 9 und 18 der Kronzeugenregelung von 2006 berechtigt war, der DP einen bedingten Geldbußenerlass für ein mutmaßliches Kartell des oben in Rn. 353 beschriebenen Umfangs zu gewähren, bevor untersucht wird, ob sie am Ende des Verwaltungsverfahrens berechtigt war, der DP endgültig die Geldbuße für das NES-Kartell zu erlassen.

365

Nach Rn. 8 Buchst. a der Kronzeugenregelung von 2006 muss die DP daher das erste Unternehmen gewesen sein, das der Kommission Informationen und Beweismittel vorgelegt hat, die es ihr ermöglichten, gezielte Nachprüfungen im Zusammenhang mit einem mutmaßlichen Kartell, die das NES-Kartell umfasste, durchzuführen.

366

Nach dem angefochtenen Beschluss verfügte die Kommission zu dem Zeitpunkt, zu dem die DP ihren Erlassantrag einreichte, über keine Informationen über etwaige Zuwiderhandlungen im Bereich der Speditionsdienste im Luftverkehr. Daher musste die Kommission den Erlassantrag der DP auf der Grundlage der von dieser übermittelten Informationen und Beweismittel würdigen. Im vorliegenden Fall war die Kommission der Meinung, dass die Informationen der DP es ihr ermöglichten, gezielte Nachprüfungen im Zusammenhang mit einem Kartell des oben in Rn. 353 beschriebenen Umfangs durchzuführen.

367

Die Klägerin macht dazu lediglich geltend, dass die Kommission der DP ohne Weiteres für alle in Rede stehenden Verhaltensweisen einen Geldbußenerlass gewährt habe, ohne geprüft zu haben, ob die von der DP vorgelegten Beweismittel alle diese Verhaltensweisen abdeckten.

368

Dazu ist zu bemerken, dass die Kommission zu dem Zeitpunkt, zu dem ihr ein Erlassantrag im Sinne der erwähnten Randnummer der Kronzeugenregelung zugeht, noch keine Kenntnis von dem betreffenden Kartell hat. Daher ist sie, wie in Fn. 1 zu Rn. 8 Buchst. a der Kronzeugenregelung von 2006 klargestellt wird, zu einer Ex-ante-Bewertung des Antrags auf Geldbußenerlass verpflichtet, die ausschließlich auf der Grundlage der Art und der Qualität der vom Antragsteller übermittelten Informationen erfolgt.

369

Die Kronzeugenregelung von 2006 hindert die Kommission daher nicht daran, einem Unternehmen einen bedingten Erlass der Geldbuße zu gewähren, auch wenn die von ihm übermittelten Informationen es ihr noch nicht erlauben, sich eine detaillierte und genaue Vorstellung von Art und Umfang des mutmaßlichen Kartells zu machen.

370

Zwar verlangt Rn. 9 Buchst. a der Kronzeugenregelung, dass das Unternehmen, welches den Erlass beantragt, der Kommission eine „eingehende Beschreibung“ insbesondere des mutmaßlichen Kartells und seiner räumlichen Ausdehnung sowie „genaue Angaben“ zu dessen Gegenstand vorlegen muss, doch gilt diese Verpflichtung nur, soweit das Unternehmen zum Zeitpunkt der Antragstellung davon Kenntnis hat. Des Weiteren wohnt der Mitarbeit eines Unternehmens an der Aufdeckung eines rechtswidrigen Kartells, von dem die Kommission bis dahin keine Kenntnis hatte, ein Wert an sich inne, der den Erlass der Geldbuße rechtfertigen kann. Zweck der Rn. 8 Buchst. a und 18 der Kronzeugenregelung von 2006 ist nämlich, es der Kommission zu erleichtern, unbekannte Zuwiderhandlungen aufzudecken, die verborgen geblieben wären, wenn das Unternehmen, das den Erlass beantragt, keine Beweismittel übermittelt hätte (vgl. entsprechend Urteil Kone u. a./Kommission, oben in Rn. 362 angeführt, EU:C:2013:696, Rn. 67).

371

Daher verlangen entgegen dem Vorbringen der Klägerin die Rn. 8 Buchst. a, 9 und 18 der Kronzeugenregelung von 2006 nicht, dass die von einem Unternehmen übermittelten Unterlagen Informationen und Beweismittel darstellen, die genau die Zuwiderhandlungen betreffen, welche die Kommission am Ende des Verwaltungsverfahrens feststellt. Es reicht aus, dass sie es ihr erlaubt haben, eine gezielte Untersuchung im Zusammenhang mit einer mutmaßlichen Zuwiderhandlung durchzuführen, die die Zuwiderhandlung oder die Zuwiderhandlungen abdeckt, welche sie am Ende dieses Verfahrens feststellt.

372

Die Klägerin hat nichts vorgetragen, was die Feststellung der Kommission in Frage stellen könnte, dass die Auskünfte und Informationen, welche die DP ihr vor dem 24. September 2007 übermittelt hatte, es ihr ermöglichten, gezielte Nachprüfungen in Bezug auf ein mutmaßliches Kartell der privaten Erbringer internationaler Speditionsdienste durchzuführen, das auf die Festsetzung oder Abwälzung verschiedener Gebühren und Aufschläge in den oben in Rn. 353 erwähnten Gebieten abzielte.

373

Daher ist der Kommission kein Fehler unterlaufen, als sie der DP einen bedingten Geldbußenerlass für ein solches mutmaßliches Kartell gemäß den Rn. 8 Buchst. a, 9 und 18 der Kronzeugenregelung von 2006 gewährte.

374

Was die Entscheidung der Kommission betrifft, der DP am Ende des Verwaltungsverfahrens endgültig die Geldbuße zu erlassen, so hat die Kommission nach ihrem Hinweis im 1029. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses, dass das NES-, das AMS-, dass CAF‑ und das PSS-Kartell jeweils eine getrennte einzige und fortdauernde Zuwiderhandlung gewesen seien, im 1031. Erwägungsgrund dieses Beschlusses festgestellt, dass das mutmaßliche Kartell, für das sie der DP den bedingten Geldbußenerlass gewährt hatte, „alle in diesem Beschluss behandelten Zuwiderhandlungen vollständig ab[deckte]“.

375

Damit befolgte die Kommission das in Rn. 22 der Kronzeugenregelung von 2006 vorgesehene Verfahren.

376

Nach alledem ist festzustellen, dass die Kommission im vorliegenden Fall die in den Rn. 8 Buchst. a, 9, 18 und 22 der Kronzeugenregelung von 2006 vorgesehenen Voraussetzungen nicht verkannt hat.

Zum Vorbringen, mit dem die Heranziehung einer anderen Grundlage gerügt wird

377

Die Klägerin macht geltend, dass die Kommission den Grundsatz der Gleichbehandlung verletzt und Ermessensfehler begangen habe, indem sie den Antrag der DP auf Erlass der Geldbuße auf einer anderen Grundlage behandelt habe als die Anträge der anderen Unternehmen.

378

Dazu ist vorab zu bemerken, dass die Kommission den Erwägungsgründen 1029 und 1031 des angefochtenen Beschlusses zufolge, als sie am Ende des Verwaltungsverfahrens über den Antrag der DP auf Geldbußenerlass und über die Anträge der anderen Unternehmen auf Ermäßigung des Betrags der Geldbuße endgültig entschied, diese Anträge auf der gleichen Grundlage, nämlich in Bezug auf das NES-, das AMS-, das CAF‑ und das PSS-Kartell prüfte, die sie in dieser Phase des Verfahrens festgestellt hatte.

379

Sodann ist das Vorbringen der Klägerin zu prüfen, dass die Kommission die Kronzeugenregelung von 2006 dadurch falsch angewandt habe, dass sie Beweismaterial berücksichtigt habe, über das sie zu dem Zeitpunkt verfügt habe, zu dem bei ihr zum einen der Antrag der DP auf Geldbußenerlass und zum anderen die Anträge der anderen Unternehmen, darunter der Klägerin, eingegangen seien. Nach Ansicht der Klägerin wurde der Zeitpunkt der Einreichung der Anträge auf Erlass bzw. Ermäßigung der Geldbußen bereits im Rahmen der Einordnung der Anträge berücksichtigt. Daher habe er nicht erneut berücksichtigt werden dürfen, um zu rechtfertigen, dass der Antrag der DP und die Ermäßigungsanträge der anderen Unternehmen auf verschiedenen Grundlagen behandelt worden seien.

380

Sofern mit diesem Vorbringen gerügt wird, dass die Kommission Beweismaterial berücksichtigte, über das sie zum Zeitpunkt der Einreichung der verschiedenen Anträge verfügte, ist erstens festzustellen, dass aus den Bestimmungen in der Kronzeugenregelung von 2006 klar hervorgeht, dass die Kommission verpflichtet ist, Beweismaterial zu berücksichtigen, über das sie zum Zeitpunkt der Einreichung eines Antrags auf Erlass oder Ermäßigung der Geldbußen verfügt. So geht aus Rn. 10 dieser Regelung hervor, dass ein bedingter Erlass der Geldbuße im Sinne von Rn. 8 Buchst. a dieser Regelung nur dann gewährt wird, wenn die Kommission nicht bereits über ausreichende Beweismittel verfügte, um eine Nachprüfung im Zusammenhang mit einem mutmaßlichen Kartell anzuordnen. In Bezug auf einen Antrag auf Ermäßigung der Geldbuße geht aus Rn. 24 der Kronzeugenregelung von 2006 hervor, dass das Unternehmen, um für eine Ermäßigung der Geldbuße in Betracht zu kommen, der Kommission Beweismittel für die mutmaßliche Zuwiderhandlung vorlegen muss, die „gegenüber den im Besitz der Kommission befindlichen Beweismitteln“ einen erheblichen Mehrwert darstellen.

381

Außerdem besteht das Ziel des Kronzeugenprogramms der Kommission nicht darin, den Unternehmen, die an geheimen Kartellen beteiligt sind, die Möglichkeit zu verschaffen, sich den finanziellen Folgen ihrer Verantwortlichkeit zu entziehen, sondern darin, die Aufdeckung dieser Praktiken und dann im Verwaltungsverfahren die Rekonstruktion der relevanten Tatsachen so weit wie möglich zu erleichtern. Daher dürfen die Vergünstigungen, die den an diesen Praktiken beteiligten Unternehmen gewährt werden können, nicht über das hinausgehen, was, zur Gewährleistung der vollen Wirksamkeit des Kronzeugenprogramms und des von der Kommission durchgeführten Verwaltungsverfahrens erforderlich ist.

382

Somit hat die Kommission entgegen der Ansicht der Klägerin im vorliegenden Fall keinen Fehler begangen, als sie berücksichtigte, dass sie zu dem Zeitpunkt, zu dem die DP ihren Antrag auf Geldbußenerlass einreichte, noch keine Kenntnis von einem wettbewerbswidrigen Verhalten in Bezug auf die Speditionsdienste hatte, während sie zu dem Zeitpunkt, zu dem die Anträge der anderen Unternehmen, darunter der DB-Gruppe, bei ihr eingingen, bereits über diese Informationen verfügte. In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass die Kommission, als die anderen Unternehmen ihre Anträge einreichten, nicht nur über die Informationen und Beweismittel verfügte, welche die DP ihr vorgelegt hatte, sondern auch über die Beweismittel, die sie bei den unangekündigten Nachprüfungen beschlagnahmt hatte.

383

Zweitens ist das Vorbringen der Klägerin ebenfalls zurückzuweisen, sofern sie mit diesem rügt, dass die Kommission einerseits der DP auf ihren Antrag auf Geldbußenerlass hin auf der Grundlage der Informationen, über die sie in dieser Phase des Verfahrens verfügt habe, zunächst einen bedingten Geldbußenerlass gewährt und danach am Ende des Verwaltungsverfahrens die Geldbuße für die festgestellten Kartelle mit der Begründung endgültig erlassen habe, dass diese vom Kartell abgedeckt seien, für das sie den bedingten Geldbußenerlass gewährt habe, während sie andererseits auf die Anträge der anderen Unternehmen auf Ermäßigung der Geldbußen hin lediglich den Mehrwert der übermittelten Auskünfte und Beweismittel für die am Ende des Verwaltungsverfahrens festgestellten Kartelle geprüft habe.

384

Dazu ist festzustellen, dass die Kronzeugenregelung von 2006 für die Anträge auf Geldbußenerlass und für die Anträge auf Ermäßigung der Geldbußen unterschiedliche Regelungen vorsieht. Nur bei Anträgen auf Geldbußenerlass sieht sie nämlich vor, dass die Kommission eine Entscheidung über einen bedingten Geldbußenerlass auf der Grundlage der Informationen gewährt, über die sie zum Zeitpunkt des Eingangs eines solchen Antrags verfügt, also auf der Grundlage einer Ex-ante-Beurteilung. Für die Anträge auf Ermäßigung der Geldbußen ist dagegen eine solche bedingte Vorentscheidung nicht vorgesehen, und die Kommission prüft daher nur am Ende des Verwaltungsverfahrens den Mehrwert der übermittelten Informationen und Beweismittel für die Kartelle, die sie am Ende des Verfahrens festgestellt hat.

385

Soweit die Klägerin mit ihrem Vorbringen diese Unterscheidung in der Kronzeugenregelung von 2006 in Frage stellen möchte, genügt die Feststellung, dass die Vorzugsbehandlung des ersten Unternehmens, das mit der Kommission im Sinne von Rn. 8 dieser Regelung sachdienlich zusammenarbeitet, durch die Ziele gerechtfertigt ist, nämlich zum einen den Unternehmen einen Anreiz zu bieten, möglichst schnell mit der Kommission zusammenzuarbeiten, um in den Genuss dieser Vorzugsbehandlung zu gelangen, und zum anderen den Unternehmen, die nicht als Erste mit der Kommission sachdienlich zusammenarbeiten, keine Vergünstigungen zu verschaffen, die über das hinausgehen, was zur Gewährleistung der vollen Wirksamkeit des Kronzeugenprogramms und des Verwaltungsverfahrens erforderlich ist (siehe oben, Rn. 381).

386

In diesem Zusammenhang ist auch darauf hinzuweisen, dass durch die Regel in Rn. 26 Abs. 3 der Kronzeugenregelung von 2006 eine nuancierte Unterscheidung zwischen der Regelung für die Anträge auf Geldbußenerlass und der Regelung für die Anträge auf Ermäßigung getroffen wird. Nach dieser Regel wird, wenn ein Unternehmen, das einen Antrag auf Ermäßigung der Geldbuße stellt, als Erstes zwingende Beweise im Sinne der Rn. 25 der Kronzeugenregelung enthüllt, die die Kommission zur Feststellung zusätzlicher, die Schwere oder Dauer der Zuwiderhandlung erhöhender Tatsachen heranzieht, die Kommission diese zusätzlichen Tatsachen bei der Festsetzung der Geldbuße für das Unternehmen, das diese Beweise vorlegte, nicht berücksichtigen und gewährt dem Unternehmen damit einen „teilweisen Geldbußenerlass“.

387

Nach alledem ist die Rüge, dass die Kommission den Antrag der DP auf Geldbußenerlass und die Anträge der anderen Unternehmen auf Ermäßigung der Geldbußen auf unterschiedlichen Grundlagen beurteilt habe, ebenfalls zurückzuweisen.

388

Somit ist festzustellen, dass die Klägerin mit keinem ihrer Argumente hat dartun können, dass die von der Kommission vorgenommene Würdigung des Antrags der DP auf Geldbußenerlass und der Anträge der anderen Unternehmen auf Ermäßigung der Geldbußen fehlerhaft war.

389

Infolgedessen ist der sechste Klagegrund insgesamt, d. h. nicht nur in Bezug auf den Antrag auf Nichtigerklärung, sondern auch in Bezug auf den Antrag, das Gericht möge von seiner Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung Gebrauch machen, zurückzuweisen.

7. Zum siebten Klagegrund, der die Entscheidung der Kommission betrifft, keinen Vergleich anzustreben

390

Die Klägerin macht geltend, dass die DB-Gruppe der Kommission mit Schreiben vom 21. Oktober 2009 mitgeteilt habe, dass sich die vorliegende Sache für einen Vergleich eigne, und ihr Interesse an Vergleichsverhandlungen zum Ausdruck gebracht habe. Mit ihrer Antwort im Schreiben vom 4. November 2009, dass sie angesichts der besonderen Umstände des konkreten Falles und des verhältnismäßig fortgeschrittenen Stadiums des Verfahrens Vergleichsverhandlungen nicht für angebracht halte, habe die Kommission zum einen gegen Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 verstoßen und Ermessensfehler begangen und zum anderen den Grundsatz der Gleichbehandlung verletzt.

Zum ersten Teil, mit dem insbesondere ein Verstoß gegen Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 und Ermessensfehler gerügt werden

391

Erstens macht die Klägerin geltend, die Kommission hätte nach dem Eingang ihres Schreibens vom 21. Oktober 2009 zum einen zu erkunden versuchen müssen, ob die Beteiligten willens gewesen seien, sich an einem Vergleich zu beteiligen, um ihr Ermessen zweckdienlich ausüben zu können. Zum anderen hätte sie Gespräche mit ihr, der Klägerin, aufnehmen müssen, um zu einer Beilegung der Sache im Wege eines Vergleichs zu gelangen. Zweck eines Vergleichsverfahrens sei es, die Verwendung der Mittel der Kommission dadurch zu optimieren, dass ihr Vollstreckungsergebnis verbessert werde, ohne dass notwendigerweise ihre verwaltungsmäßige Belastung erhöht werde. Die Kommission hätte die Möglichkeiten, Rationalisierungsgewinne dank des Vergleichsverfahrens zu erzielen, nur dann angemessen bewerten können, wenn sie sich zuvor vergewissert hätte, ob die von der Nachprüfung betroffenen Parteien bereit gewesen seien, gegebenenfalls ihre Verantwortlichkeit im Sinne von Art. 101 AEUV für das von ihr geprüfte Verhalten ganz oder teilweise einzuräumen.

392

Die Kommission weist dieses Vorbringen zurück.

393

Dazu ist vorab festzustellen, dass nach der von der Klägerin vertretenen Auffassung die Kommission die Zweckmäßigkeit eines Vergleichsverfahrens nicht in vollem Umfang beurteilen kann, wenn sie nicht vorher mit den Beteiligten Kontakt aufgenommen und deren Interesse an einem Vergleich ermittelt hat. Daher habe die Kommission dadurch, dass sie vor einer Kontaktaufnahme mit den Adressaten des angefochtenen Beschlusses entschieden habe, keinen Vergleich anzustreben, einen Ermessensfehler begangen.

394

Diese Auffassung steht mit den geltenden Bestimmungen nicht in Einklang.

395

Nach Art. 10a Abs. 1 der Verordnung Nr. 773/2004 in der durch die Verordnung (EG) Nr. 622/2008 der Kommission vom 30. Juni 2008 (ABl. L 171, S. 3) geänderten Fassung kann die Kommission eine Frist setzen, innerhalb der die Parteien schriftlich ihre Bereitschaft signalisieren können, Vergleichsgespräche im Hinblick auf die mögliche Vorlage von Vergleichsausführungen aufzunehmen. Somit geht aus dem Wortlaut dieser Bestimmung klar hervor, dass die Kommission nicht verpflichtet ist, Kontakt mit den Parteien aufzunehmen, sondern dass sie diesbezüglich über ein Ermessen verfügt. Diese Auslegung von Art. 10a Abs. 1 der Verordnung Nr. 773/2004 in der geänderten Fassung wird durch den vierten Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 622/2008 bestätigt, wonach die Kommission bei der Auslotung der Fälle, in denen die Parteien an Vergleichsgesprächen interessiert sein könnten, und auch bei dem Entschluss, diese Gespräche zu führen, sie zu beenden oder sich zu vergleichen, einen weiten Ermessensspielraum hat.

396

In diesem Zusammenhang ist auch darauf hinzuweisen, dass die Praxis der Kommission damit in Einklang steht. Denn nach Ziff. 6 ihrer Mitteilung über die Durchführung von Vergleichsverfahren erkundet die Kommission, wenn sie in einem geeigneten Fall ausgelotet hat, ob die Parteien Interesse an einem Vergleichsverfahren haben könnten, das Interesse, sich zu vergleichen, bei allen Parteien eines Verfahrens, auch wenn diese keinen Anspruch auf Durchführung eines Vergleichsverfahrens haben. Aus dieser Ziffer geht eindeutig hervor, dass die Kommission das Interesse der beteiligten Unternehmen nur dann erkunden muss, wenn sie den Fall als für einen Vergleich geeignet erachtet. Daher sieht diese Ziffer auch die Möglichkeit vor, dass sie eine Sache nicht für einen Vergleich geeignet ansehen kann, ohne dass sie zuvor Kontakt mit den betreffenden Parteien aufgenommen hat und deren Interesse an einem Vergleichsverfahren ausgelotet hat.

397

Daher ist entgegen dem Vorbringen der Klägerin der bloße Umstand, dass die Kommission nicht das Interesse der Klägerin und das der anderen beteiligten Unternehmen an einem Vergleichsverfahren ausgelotet hat, nicht als Nachweis geeignet, dass der angefochtene Beschluss fehlerhaft ist. Diese Rüge ist daher zurückzuweisen.

398

Zweitens trägt die Klägerin vor, dass unter den Umständen des vorliegenden Falles die Entscheidung der Kommission, kein Vergleichsverfahren anzustreben, ermessensfehlerhaft sei. Im vorliegenden Fall hätte ein Vergleich zu Rationalisierungsgewinnen geführt.

399

Die Kommission weist dieses Vorbringen zurück.

400

Anders als die Klägerin zu verstehen gibt, hat die Kommission von ihrem Ermessen Gebrauch gemacht. In diesem Zusammenhang genügt die Feststellung, dass sie in ihrem Schreiben vom 4. November 2009 geantwortet hat, dass sie Vergleichsverhandlungen in der vorliegenden Sache nicht für angebracht halte.

401

Zu dem Vorwurf eines Ermessensfehlers der Kommission ist vorab darauf hinzuweisen, dass ihren Angaben zufolge ihre Entscheidung, in der vorliegenden Sache keinen Vergleich anzustreben, insbesondere auf der Erwägung beruhte, dass die Wahrscheinlichkeit, mit den beteiligten Parteien zu einem Einvernehmen über die möglichen Beschwerdepunkte zu gelangen, insbesondere in Anbetracht ihrer großen Zahl nicht groß genug erschienen sei.

402

Ein Vergleich soll den Einsatz der Mittel der Kommission durch die Verhängung wirksamer und schnell ausgesprochener Sanktionen maximieren. Nach dem vierten Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 622/2008 hat sie die Wahrscheinlichkeit zu berücksichtigen, ob mit den Parteien innerhalb einer vertretbaren Frist Einvernehmen über die möglichen Beschwerdepunkte erzielt werden kann. Nach diesem Erwägungsgrund kann sie in diesem Rahmen Faktoren wie die Anzahl der Parteien, vorhersehbare Konflikte bei der Haftungszurechnung und den Umfang der Anfechtung des Sachverhalts berücksichtigen. Ebenfalls nach diesem Erwägungsgrund kann sie andere Erwägungen als die, welche etwaige Rationalisierungswirkungen betreffen, berücksichtigen, z. B. die Möglichkeit der Schaffung eines Präzedenzfalls.

403

Im Licht dieser Erwägungen ist zu prüfen, ob das Vorbringen der Klägerin geeignet ist, Ermessensfehler der Kommission zu belegen.

404

Dazu führt die Klägerin erstens die große Zahl der Beteiligten und die durch ein Vergleichsverfahren möglicherweise erzielten Rationalisierungsgewinne an.

405

Zu diesem Vorbringen ist zu sagen, dass die durch ein Vergleichsverfahren erzielten Rationalisierungsgewinne größer sind, wenn alle Beteiligten einen Vergleich akzeptieren. In einem solchen Fall ist die Kommission nämlich nicht verpflichtet, Akteneinsicht zu gewähren und eine Anhörung durchzuführen. Sie kann sich auch darauf beschränken, eine kurze Fassung der Mitteilung der Beschwerdepunkte in einer einzigen Sprache zu verfassen. Sind dagegen eine oder mehrere Beteiligte nicht bereit, am Vergleichsverfahren teilzunehmen, sind die Rationalisierungsgewinne kleiner. Daher ist die Ansicht nicht falsch, dass eine große Zahl von Beteiligten sich negativ auf die Frist auswirken kann, innerhalb deren die Kommission mit den Parteien Einvernehmen über die möglichen Beschwerdepunkte erzielen kann.

406

Da in der vorliegenden Sache 47 Unternehmen am Verfahren beteiligt waren, hat die Kommission mit der Feststellung, dass dieser Aspekt der Sache nicht für ein Vergleichsverfahren spreche, keinen Fehler begangen.

407

In diesem Zusammenhang ist auch darauf zu verweisen, dass eine nicht geringe Zahl der betroffenen Unternehmen nicht mit der Kommission auf der Grundlage der Kronzeugenregelung von 2006 zusammengearbeitet hatte und dass einige Aspekte in ihrem Beschluss wie die Zulässigkeit der von der DP vorgelegten Informationen und Beweismittel, die Haftbarmachung der wirtschaftlichen Nachfolger und die Bestimmung des Wertes der im Zusammenhang mit den Kartellen getätigten Verkäufe von einigen Adressaten des angefochtenen Beschlusses in Frage gestellt zu werden drohten. Daher war entgegen der Ansicht der Klägerin nicht auszuschließen, dass einige Aspekte des angefochtenen Beschlusses Gefahr liefen, von den Adressaten in Frage gestellt zu werden.

408

Entgegen dem Vorbringen der Klägerin sprach daher die große Zahl der Parteien nicht gegen die Entscheidung der Kommission, sich auf kein Vergleichsverfahren einzulassen.

409

Zweitens macht die Klägerin geltend, dass die Zahl der Beteiligten geringer gewesen wäre, wenn die Kommission beschlossen hätte, für jedes der Kartelle, die das AMS, den CAF, das NES und den PSS betrafen, ein getrenntes Verfahren zu eröffnen, anstatt sie zu einem Verfahren zusammenzufassen. Die Kommission könne sich nicht auf einen Umstand berufen, für den sie verantwortlich sei.

410

Dieses Vorbringen ist ebenfalls zurückzuweisen.

411

Sowohl die Option für ein Vergleichsverfahren als auch die Option für eine parallele Behandlung mehrerer Zuwiderhandlungen im Rahmen ein und desselben Verfahrens dienen der Erzielung von Rationalisierungsgewinnen. Da keine Bestimmung eine Rangfolge zwischen diesen beiden Optionen vorsieht, ist die Entscheidung der Kommission, mehrere Zuwiderhandlungen im Rahmen ein und desselben Verfahrens zu behandeln, nicht durch die Möglichkeit eines Vergleichsverfahrens beschränkt. Daher kann der Kommission weder vorgeworfen werden, dass sie sich dafür entschieden hat, das AMS-, das CAF‑, das NES- und das PSS-Kartell gemeinsam zu behandeln, noch kann beanstandet werden, dass sie die Zweckmäßigkeit eines Vergleichsverfahrens unter Berücksichtigung der durch diese Entscheidung entstandenen Verfahrenssituation beurteilt hat.

412

Jedenfalls hat die Klägerin nicht dargetan, dass die Entscheidung, die erwähnten Zuwiderhandlungen getrennt zu behandeln, zu einem anderen Ergebnis in Bezug auf das Vergleichsverfahren geführt hätte. In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass selbst bei einer getrennten Betrachtung dieser Zuwiderhandlungen es in Bezug auf jede Zuwiderhandlung eine nicht unerhebliche Zahl von Unternehmen gab, die nicht im Rahmen der Kronzeugenregelung von 2006 mitgearbeitet hatte. Die Kommission war aufgrund dessen zu Recht der Ansicht, dass sich keine der Zuwiderhandlungen für ein Vergleichsverfahren eignete, und beging folglich keinen Ermessensfehler.

413

Drittens macht die Klägerin geltend, dass die Kommission einen Fehler begangen habe, indem sie sich auf das fortgeschrittene Stadium des Verfahrens berufen habe. Dies sei kein triftiger Grund, um von einem Vergleichsverfahren abzusehen. Vielmehr könne die Kommission keine Entscheidung über ein mögliches Vergleichsverfahren treffen, bevor ein verhältnismäßig fortgeschrittenes Stadium des Verfahrens erreicht worden sei, das es ihr erlaube, das Verhalten der beteiligten Unternehmen ordnungsgemäß zu beurteilen und anhand ausreichender Anhaltspunkte eine Zuwiderhandlung festzustellen.

414

Die Kommission tritt diesem Vorbringen entgegen.

415

Das Vorbringen der Klägerin greift nicht durch.

416

Das Vorbringen liegt neben der Sache und ist daher zurückzuweisen. Im vorliegenden Fall war nämlich die Erwägung der Kommission, dass sich die Sache nicht für ein Vergleichsverfahren eigne, bereits aufgrund des Hinweises auf die große Zahl der Parteien gerechtfertigt (siehe oben, Rn. 404 bis 408).

417

Jedenfalls hat die Kommission im vorliegenden Fall keinen Fehler durch die Berücksichtigung des Stadiums begangen, in dem sich das Verfahren zu dem Zeitpunkt befand, zu dem sie das Schreiben der DB-Gruppe erhielt, in welchem diese ihr Interesse an einem Vergleichsverfahren zum Ausdruck brachte. Wie oben dargestellt, ist der Umstand, dass Unternehmen ihr Interesse an einem Vergleichsverfahren äußern, einer der Faktoren, die die Kommission bei der Entscheidung berücksichtigen kann, ob sich die Sache für ein Vergleichsverfahren eignet, da dieser Faktor von Bedeutung für die Wahrscheinlichkeit sein kann, dass innerhalb angemessener Frist mit den Parteien Einvernehmen über die möglichen Beschwerdepunkte erzielt werden kann. Allerdings kann das Gewicht einer solchen Interessenbekundung je nach dem Stadium des Verfahrens unterschiedlich sein. Hat sich die Kommission nämlich ermessensfehlerfrei gegen ein Vergleichsverfahren entschieden und bereits ein anderes Verfahren als ein Vergleichsverfahren eingeleitet, können sich die Rationalisierungsgewinne, die aus einem Vergleich entstehen können, als begrenzter erweisen.

418

Im vorliegenden Fall hatte sich die Kommission für ein anderes Verfahren als ein Vergleichsverfahren entschieden und zu dem Zeitpunkt, zu dem sie das Schreiben der DB-Gruppe vom 21. Oktober 2009 erhielt, bereits einen Entwurf einer Mitteilung der Beschwerdepunkte vorbereitet und erörtert. Daher ist ihre Feststellung, dass in Anbetracht ihrer bereits geleisteten Arbeit die Interessenbekundung der DB-Gruppe weniger Gewicht gehabt habe, ermessensfehlerfrei.

419

Viertens beruft sich die Klägerin darauf, dass die Wettbewerbsbehörden mehrerer Drittländer wie die Neuseelands, der Vereinigten Staaten und Südafrikas es als zweckdienlich erachtet hätten, sich bei identischen oder ähnlichen Zuwiderhandlungen zu vergleichen.

420

Dieses Vorbringen ist ebenfalls zurückzuweisen.

421

Dazu genügt nämlich der Hinweis, dass die Entscheidung der Kommission auf der Grundlage der anwendbaren Regelung der Union zu beurteilen ist und der Umstand, dass sich Drittländer für das Vergleichsverfahren ausgesprochen haben, nicht als Nachweis eines Ermessensfehlers der Kommission dienen kann. Jedenfalls ist, soweit sich die Klägerin auf Beispiele von Staaten beruft, in denen ein System des Aushandelns einer Strafe („plea bargaining“) zur Anwendung gelangt, festzustellen, dass das in Art. 10a Abs. 1 der Verordnung Nr. 773/2004 in der geänderten Fassung vorgesehene Verfahren erheblich von einem solchen System abweicht.

422

Somit hat die Klägerin mit keinem ihrer Argumente dartun können, dass die Beurteilung der Kommission, wonach sich die vorliegende Sache nicht für einen Vergleich eigne, fehlerhaft war.

423

Drittens ist die Rüge der Klägerin zu behandeln, dass die Kommission ihre Entscheidung gegen ein Vergleichsverfahren im Verfahren vor dem Gericht anders begründet habe und diese Gründe unzulässig oder zumindest unerheblich seien.

424

Dazu ist auf die oben in den Rn. 229 bis 231 angeführte Rechtsprechung zu verweisen. Es ist auch daran zu erinnern, dass die Begründung einer Entscheidung dem Betroffenen grundsätzlich gleichzeitig mit der ihn beschwerenden Entscheidung mitzuteilen ist und dass das Fehlen der Begründung nicht dadurch geheilt werden kann, dass der Betroffene die Gründe für die Entscheidung während des Verfahrens vor den Unionsinstanzen erfährt (Urteil vom 19. Juli 2012, Alliance One International und Standard Commercial Tobacco/Kommission, C‑628/10 P und C‑14/11 P, Slg, EU:C:2012:479, Rn. 74).

425

Außerdem ist festzustellen, dass die vorliegende Klage den angefochtenen Beschluss betrifft und daher die Begründung dieses Beschlusses zu prüfen ist. Als Kontext dieses Beschlusses kann jedoch der Inhalt des Schreibens der Kommission vom 4. November 2009 ebenfalls berücksichtigt werden.

426

Zur Frage, ob die Begründung des angefochtenen Beschlusses ausreichend ist, ist erstens festzustellen, dass zum einen die Kommission in ihrem Schreiben vom 4. November 2009 das fortgeschrittene Stadium des Verfahrens und die besonderen Umstände der Sache erwähnt hat. Zum anderen geht aus Kontext und Inhalt des angefochtenen Beschlusses ausreichend klar hervor, dass die Zahl der Beteiligten groß war, dass ein nicht unerheblicher Teil der Unternehmen nicht mit der Kommission zusammengearbeitet hatte und dass einige Aspekte der von ihr gewählten Vorgehensweise in Frage gestellt zu werden drohten (vgl. insbesondere die Angabe der Adressaten des angefochtenen Beschlusses, sein Abschnitt 2.2 betreffend die Unternehmen, die Gegenstand des Verfahrens vor der Kommission sind, sein Abschnitt 8.5 über die Anwendung der Kronzeugenregelung von 2006, seine Erwägungsgründe 644 bis 648 betreffend die Befugnis der Kommission sowie seine Erwägungsgründe 857 bis 890 betreffend die Bestimmung des Wertes der Verkäufe).

427

Zweitens ergibt sich aus dem rechtlichen Kontext des angefochtenen Beschlusses, nämlich dem vierten Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 622/2008 und der Mitteilung der Kommission über die Vergleichsverfahren, dass sie der Ansicht ist, dass diese Aspekte für ihre Entscheidung für oder gegen einen Vergleich maßgeblich sind.

428

Somit war die Begründung des angefochtenen Beschlusses ausreichend klar, damit die Klägerin ihm seine Gründe entnehmen konnte und das Gericht seiner Kontrollaufgabe nachkommen kann.

429

Daher ist der erste Teil des siebten Klagegrundes zurückzuweisen.

Zum zweiten Teil, mit dem eine Verletzung des Grundsatzes der Gleichbehandlung gerügt wird

430

Die Klägerin macht geltend, dass die Kommission den Grundsatz der Gleichbehandlung verletzt habe. Der Speditionsfall unterscheide sich nicht erheblich von anderen Sachen, in denen sich die Kommission für ein Vergleichsverfahren entschieden habe.

431

Vorab ist daran zu erinnern, dass es der Grundsatz der Gleichbehandlung verbietet, vergleichbare Sachverhalte unterschiedlich und unterschiedliche Sachverhalte gleich zu behandeln, es sei denn, eine solche Behandlung ist objektiv gerechtfertigt. Was die Vergleichbarkeit der Sachverhalte angeht, so bildet die frühere Entscheidungspraxis der Kommission jedoch nicht den rechtlichen Rahmen für Geldbußen in Wettbewerbssachen, und Entscheidungen in anderen Fällen können nur einen Anhaltspunkt für das Vorliegen von Diskriminierungen liefern, da die tatsächlichen Gegebenheiten in den verschiedenen Sachen nicht die gleichen sind (oben, Rn. 326 und 327).

432

Sodann ist jedenfalls festzustellen, dass die von der Klägerin angeführten Gegebenheiten nicht geeignet sind, eine Verletzung des Grundsatzes der Gleichbehandlung darzutun.

433

In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass die Vergleichbarkeit zweier Sachverhalte insbesondere im Licht des Ziels und des Zwecks des betreffenden rechtlichen Rahmens zu beurteilen ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 16. Dezember 2008, Arcelor Atlantique et Lorraine u. a., C‑127/07, Slg, EU:C:2008:728, Rn. 26). Da das Vergleichsverfahren es der Kommission ermöglichen soll, Kartellfälle schneller und effizienter zu bearbeiten, muss sie insbesondere die Wahrscheinlichkeit berücksichtigen, ob mit den Parteien innerhalb einer vertretbaren Frist Einvernehmen über die möglichen Beschwerdepunkte erzielt werden kann (vgl. vierter Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 622/2008).

434

Erstens genügt, soweit die Klägerin geltend macht, dass in anderen Fällen die Zuwiderhandlungen komplexer gewesen seien, die Feststellung, dass sich diese Faktoren nicht ohne Weiteres als Nachweis eignen, dass die Kommission im vorliegenden Fall zu dem Urteil hätte kommen müssen, dass es mit den in dieser Sache betroffenen Parteien leichter gewesen wäre, innerhalb einer vertretbaren Frist zu einem Einvernehmen über die möglichen Beschwerdepunkte zu gelangen.

435

Zweitens genügt es, soweit die Klägerin im Kern geltend macht, dass sich jedes der Kartelle, die das NES, das AMS, den CAF und den PSS betrafen, für sich genommen für ein Vergleichsverfahren geeignet hätte, darauf hinzuweisen, dass dieses Argument nicht eine frühere Praxis der Kommission betrifft, sondern sich im Wesentlichen darauf beschränkt, die Rüge zu wiederholen, dass die Zahl der Beteiligten kleiner hätte sein können, wenn die Kommission beschlossen hätte, für jedes der Kartelle, die das NES, das AMS, den CAF und den PSS betrafen, getrennte Verfahren zu eröffnen. Diese Rüge ist bereits oben in den Rn. 409 bis 412 zurückgewiesen worden.

436

Drittens genügt es, soweit sich die Klägerin darauf beruft, dass die Kommission in ihrer Entscheidung K(2010) 5001 endg. vom 20. Juli 2010 in einem Verfahren nach Art. 101 [AEUV] und Art. 53 des EWR-Abkommens (Sache COMP/38.866 – Futterphosphate) einen Vergleich angenommen habe, der nicht sämtliche an der Zuwiderhandlung beteiligte Unternehmen erfasst habe, darauf hinzuweisen, dass die Kommission in dieser Sache nach der Entscheidung, mit den Beteiligten Vergleichsverhandlungen aufzunehmen, beschloss, gegenüber einem der Unternehmen, das sich dafür entschieden hatte, die Vergleichsverhandlungen zu verlassen, keine Vergleichsentscheidung zu erlassen. Die Klägerin hat nicht erläutert, inwiefern dadurch jene Rechtssache mit der vorliegenden vergleichbar sein soll, in der die Zahl der Parteien sehr groß war und ein nicht unerheblicher Teil der beteiligten Unternehmen nicht mit der Kommission zusammengearbeitet hatte.

437

Daher ist der Teil, mit dem eine Verletzung des Grundsatzes der Gleichbehandlung gerügt wird, und infolgedessen der siebte Klagegrund insgesamt zurückzuweisen.

438

Da sämtliche Klagegründe zurückzuweisen sind und ihre Prüfung nichts ergeben hat, was eine Ermäßigung des Betrags der gegen die Klägerin verhängten Geldbuße im Rahmen der Befugnis des Gerichts zu unbeschränkter Nachprüfung rechtfertigen würde, ist die Klage insgesamt, d. h. nicht nur in Bezug auf den Antrag auf Nichtigerklärung, sondern auch in Bezug auf den Antrag, das Gericht möge von seiner Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung Gebrauch machen, abzuweisen.

Kosten

439

Gemäß Art. 134 Abs. 1 der Verfahrensordnung des Gerichts ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Klägerin mit ihrem Vorbringen unterlegen ist, sind ihr entsprechend dem Antrag der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

 

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Neunte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

 

1.

Die Klage wird abgewiesen.

 

2.

Die Schenker Ltd trägt die Kosten.

 

Berardis

Czúcz

Popescu

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 29. Februar 2016.

Unterschriften

Inhaltsverzeichnis

 

Vorgeschichte des Rechtsstreits und angefochtener Beschluss

 

Verfahren vor dem Gericht und Anträge der Parteien

 

Rechtliche Würdigung

 

1. Zum ersten Klagegrund, mit dem zum einen eine Verletzung der Art. 4, 7 und 27 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003, der Verteidigungsrechte und des Rechts auf ein faires Verfahren und zum anderen ein Verstoß gegen den Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung gerügt wird

 

Zum ersten Teil, mit dem eine Verletzung der Art. 4, 7 und 27 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003, der Verteidigungsrechte und des Rechts auf ein faires Verfahren gerügt wird

 

Zur Rüge der Verletzung des Berufsgeheimnisses

 

Zur Rüge einer Verletzung des Verbots der Doppelvertretung und des Loyalitätsgrundsatzes

 

Zur Rüge einer Verletzung der treuhänderischen Pflichten der DP

 

Zum zweiten Teil, mit dem eine Verletzung des Grundsatzes der ordnungsgemäßen Verwaltung gerügt wird

 

2. Zum zweiten Klagegrund, mit dem ein Verstoß gegen Art. 1 der Verordnung Nr. 141 gerügt wird

 

Zur Auslegung von Art. 1 der Verordnung Nr. 141

 

Zu den vom NES-Kartell erfassten Dienstleistungen

 

3. Zum dritten Klagegrund, mit dem geltend gemacht wird, dass der Handel zwischen Mitgliedstaaten nicht spürbar beeinträchtigt sei

 

Zum ersten Teil, der die vom NES-Kartell erfassten Dienstleistungen betrifft

 

Zum zweiten Teil, der die Beeinträchtigung des Handels zwischen Mitgliedstaaten betrifft

 

Zur Beeinträchtigung des Handels bei Speditionsdiensten

 

– Zu den Auswirkungen auf die Kunden der Spediteure und auf das Verhalten der Spediteure in anderen Mitgliedstaaten

 

– Zur Spürbarkeit der Beeinträchtigung des Handels

 

Zur Beeinträchtigung des Warenflusses

 

Zur Verletzung des Grundsatzes der ordnungsgemäßen Verwaltung und zum Verstoß gegen Ziff. 77 der Leitlinien von 2004

 

4. Zum vierten Klagegrund, der die Entscheidung der Kommission betrifft, die Klägerin allein haftbar zu machen

 

Zum ersten Teil, mit dem insbesondere ein Verstoß gegen Art. 101 Abs. 1 AEUV und den Grundsatz der persönlichen Verantwortlichkeit gerügt wird

 

Zum zweiten Teil, mit dem eine Verletzung von Art. 41 der Charta der Grundrechte und des Grundsatzes der ordnungsgemäßen Verwaltung gerügt wird, und zum dritten Teil, mit dem eine Verletzung der Begründungspflicht gerügt wird

 

Zur Verletzung von Art. 41 der Grundrechtecharta und des Grundsatzes der ordnungsgemäßen Verwaltung

 

Zur Verletzung der Begründungspflicht

 

5. Zum fünften Klagegrund, mit dem Fehler bei der Berechnung der Höhe der Geldbuße sowie eine Verletzung von Art. 27 Abs. 1 und 2 der Verordnung Nr. 1/2003 sowie der Verteidigungsrechte gerügt wird

 

Zum ersten Teil, mit dem Fehler bei der Berechnung der Höhe der Geldbuße gerügt werden

 

Zur Rüge betreffend den Wert der Verkäufe

 

– Zu den im Zusammenhang mit dem NES-Kartell getätigten Verkäufen

 

– Zur Anwendung des NES-Aufschlags

 

– Zum Bestehen eines Kartells über die Luftfrachtdienste

 

– Zur Berücksichtigung des entstandenen wirtschaftlichen Schadens

 

– Zu den betroffenen Wettbewerbsfaktoren

 

– Zu den Ermessensfehlern

 

Zur Rüge, die die Schwere der Zuwiderhandlung betrifft

 

Zur Rüge, die sich auf das Vorliegen eines mildernden Umstands bezieht

 

Zur Rüge einer Verletzung des Grundsatzes der Gleichbehandlung

 

Ergebnis

 

Zum zweiten Teil, mit dem eine Verletzung von Art. 27 der Verordnung Nr. 1/2003 und der Verteidigungsrechte gerügt wird

 

6. Zum sechsten Klagegrund, mit dem eine Verletzung von Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 und des Grundsatzes der Gleichbehandlung, die Nichtbeachtung der Kronzeugenregelung von 2006 und ein Ermessensfehler gerügt werden

 

Zur Einhaltung der Voraussetzungen für den Erlass der Geldbußen

 

Zum Vorbringen, mit dem die Heranziehung einer anderen Grundlage gerügt wird

 

7. Zum siebten Klagegrund, der die Entscheidung der Kommission betrifft, keinen Vergleich anzustreben

 

Zum ersten Teil, mit dem insbesondere ein Verstoß gegen Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 und Ermessensfehler gerügt werden

 

Zum zweiten Teil, mit dem eine Verletzung des Grundsatzes der Gleichbehandlung gerügt wird

 

Kosten


( *1 )   Verfahrenssprache: Englisch.

( 1 )   Unkenntlich gemachte vertrauliche Daten.