Parteien
Entscheidungsgründe
Tenor

Parteien

In der Rechtssache T‑402/07

Kaul GmbH mit Sitz in Elmshorn (Deutschland), vertreten durch die Rechtsanwälte G. Würtenberger und R. Kunze,

Klägerin,

gegen

Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM), vertreten durch G. Schneider als Bevollmächtigten,

Beklagter,

andere Beteiligte im Verfahren vor der Beschwerdekammer des HABM:

Bayer AG mit Sitz in Leverkusen (Deutschland),

betreffend eine Klage gegen die Entscheidung der Zweiten Beschwerdekammer des HABM vom 1. August 2007 (Sache R 782/2000‑2) in Bezug auf ein Widerspruchsverfahren zwischen der Kaul GmbH und der Bayer AG

erlässt

DAS GERICHT ERSTER INSTANZ DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN (Fünfte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten M. Vilaras (Berichterstatter) sowie der Richter M. Prek und V. M. Ciucă,

Kanzler: N. Rosner, Verwaltungsrat,

aufgrund der am 6. November 2007 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klageschrift,

aufgrund der am 21. Februar 2008 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung,

auf die mündliche Verhandlung vom 20. November 2008

folgendes

Urteil

Entscheidungsgründe

Vorgeschichte des Rechtsstreits

1. Die Atlantic Richfield Co. stellte am 3. April 1996 beim Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM) einen Antrag auf Eintragung einer Gemeinschaftsmarke nach der Verordnung (EG) Nr. 40/94 des Rates vom 20. Dezember 1993 über die Gemeinschaftsmarke (ABl. L 11, S. 1) in geänderter Fassung.

2. Bei der zur Eintragung angemeldeten Marke handelt es sich um das Wortzeichen ARCOL.

3. Die Marke wurde für Waren der Klassen 1, 17 und 20 des Abkommens von Nizza vom 15. Juni 1957 über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken in revidierter und geänderter Fassung angemeldet. Unter den Waren der Klasse 1 befinden sich „chemische Erzeugnisse zum Frischhalten und Haltbarmachen von Lebensmitteln“.

4. Die Markenanmeldung wurde am 20. Juli 1998 im Blatt für Gemeinschaftsmarken veröffentlicht.

5. Am 20. Oktober 1998 erhob die Klägerin, die Kaul GmbH, nach Art. 42 Abs. 1 der Verordnung Nr. 40/94 Widerspruch gegen die Eintragung der angemeldeten Marke für „chemische Erzeugnisse zum Frischhalten und Haltbarmachen von Lebensmitteln“ der Klasse 1. Der Widerspruch wurde auf das Bestehen einer am 24. Februar 1998 unter der Nr. 49106 eingetragenen älteren Gemeinschaftsmarke gestützt. Diese ältere Marke besteht aus dem Wortzeichen CAPOL und bezieht sich auf Waren der Klasse 1 mit der Bezeichnung „Chemische Erzeugnisse zum Frischhalten und Haltbarmachen von Lebensmitteln, nämlich Rohstoffe zum Konservieren von Lebensmittelfertigprodukten, insbesondere Süßwaren“. Die Klägerin stützte ihren Widerspruch auf das relative Eintragungshindernis des Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 40/94.

6. Mit Bescheid vom 30. Juni 2000 wies die Widerspruchsabteilung den Widerspruch mit der Begründung zurück, dass selbst bei Warenidentität eine Verwechslungsgefahr zwischen den fraglichen Zeichen aufgrund der zwischen ihnen bestehenden bildlichen und klanglichen Unterschiede ausgeschlossen werden könne.

7. Die Bayer AG teilte dem HABM mit Schreiben vom 17. Juli 2000, das am 24. Juli 2000 bei diesem einging, mit, dass die Markenanmeldung von Atlantic Richfield für ARCOL auf sie übertragen worden sei. Der Rechtsübergang wurde am 17. November 2000 nach Art. 17 Abs. 5 und Art. 24 der Verordnung Nr. 40/94 in das Register für Gemeinschaftsmarken eingetragen.

8. Am 24. Juli 2000 legte die Klägerin nach den Art. 57 bis 62 der Verordnung Nr. 40/94 Beschwerde gegen die Entscheidung der Widerspruchsabteilung ein.

9. Zur Begründung ihrer Beschwerde trug die Klägerin, wie zuvor bereits bei der Widerspruchsabteilung, u. a. vor, dass die ältere Marke eine erhöhte Kennzeichnungskraft habe, so dass sie nach der Rechtsprechung einen gesteigerten Schutz genießen müsse. Dafür berief sich die Klägerin aber nicht nur, wie schon vor der Widerspruchsabteilung, darauf, dass sich diese erhöhte Kennzeichnungskraft aus dem fehlenden beschreibenden Charakter des Wortes „Capol“ für die fraglichen Waren ergebe, sondern machte ferner geltend, die erhöhte Kennzeichnungskraft ergebe sich auch daraus, dass die Marke durch Benutzung zu einer bekannten Marke geworden sei. Zum Beleg für diese Bekanntheit fügte die Klägerin ihrem bei der Beschwerdekammer eingereichten Schriftsatz eine eidesstattliche Erklärung ihres Geschäftsführers und ein Verzeichnis ihrer Kunden bei.

10. Mit Entscheidung vom 4. März 2002, die der Klägerin am 25. März 2002 zugestellt wurde (im Folgenden: Entscheidung von 2002), wies die Dritte Beschwerdekammer des HABM die Beschwerde zurück. Nachdem die Dritte Beschwerdekammer zunächst die Identität der mit der angemeldeten und der älteren Marke gekennzeichneten Waren festgestellt und die beiden einander gegenüberstehenden Zeichen in bildlicher, klanglicher und begrifflicher Hinsicht verglichen hatte, führte sie eine umfassende Beurteilung der Verwechslungsgefahr durch, wobei sie insbesondere feststellte, dass sie eine etwaige erhöhte Kennzeichnungskraft der älteren Marke infolge ihrer Bekanntheit nicht berücksichtigen könne, da dieser Gesichtspunkt und die dafür eingereichten Belege erstmals zur Begründung der Beschwerde vorgebracht worden seien.

11. Am 24. Mai 2002 erhob die Klägerin gegen die Entscheidung von 2002 Klage beim Gericht, die unter der Nummer T‑164/02 in das Register des Gerichts eingetragen wurde. Die Klägerin stützte ihre Klage auf vier Klagegründe, nämlich erstens einen Verstoß gegen die Verpflichtung zur Prüfung ihres Vorbringens vor der Beschwerdekammer, zweitens einen Verstoß gegen Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 40/94, drittens einen Verstoß gegen die in den Mitgliedstaaten anerkannten verfahrensrechtlichen Grundsätze und die für Verfahren vor dem HABM geltenden Regeln und viertens einen Verstoß gegen die Begründungspflicht.

12. Mit Urteil vom 10. November 2004, Kaul/HABM − Bayer (ARCOL) (T‑164/02, Slg. 2004, II‑3807), gab das Gericht dem ersten Klagegrund statt und hob die Entscheidung von 2002 auf, ohne über die übrigen Klagegründe zu entscheiden. Das Gericht war im Wesentlichen der Ansicht, dass die Dritte Beschwerdekammer mit der Entscheidung von 2002 gegen Art. 74 der Verordnung Nr. 40/94 verstoßen habe, als sie die Prüfung des ihr zum ersten Mal vorliegenden tatsächlichen Vorbringens der Klägerin, mit dem diese die erhöhte Unterscheidungskraft der älteren Marke nachweisen wollte, die sich aus der von ihr behaupteten Benutzung dieser Marke auf dem Markt ergebe, abgelehnt habe.

13. Am 25. Januar 2005 legte das HABM beim Gerichtshof Rechtsmittel gegen das oben in Randnr. 12 angeführte Urteil ARCOL ein. Mit Urteil vom 13. März 2007, HABM/Kaul (C‑29/05 P, Slg. 2007, I‑2213), gab der Gerichtshof dem Rechtsmittel statt und hob das oben in Randnr. 12 angeführte Urteil ARCOL auf. Der Gerichtshof entschied sodann den Rechtsstreit selbst endgültig und hob die Entscheidung von 2002 auf.

14. Der Gerichtshof stellte fest, dass es die Dritte Beschwerdekammer in der Entscheidung von 2002 abgelehnt hatte, die von der Klägerin zur Begründung ihrer Beschwerde vorgebrachten Tatsachen und Beweismittel zu berücksichtigen, weil die Beschwerdekammer dies, da diese Tatsachen und Beweismittel nicht zuvor innerhalb der von der Widerspruchsabteilung gesetzten Fristen bei dieser vorgebracht worden waren, für von Amts wegen ausgeschlossen hielt. Diese Auffassung verkennt nach Ansicht des Gerichtshofs Art. 74 Abs. 2 der Verordnung Nr. 40/94, der der Beschwerdekammer, vor der Tatsachen oder Beweismittel verspätet vorgebracht werden, ein Ermessen für ihre Entscheidung, ob diese bei der von ihr zu erlassenden Entscheidung zu berücksichtigen sind oder nicht, einräumt. Da die Dritte Beschwerdekammer, anstatt dieses ihr zustehende Ermessen auszuüben, sich für nicht berechtigt gehalten hatte, über eine etwaige Berücksichtigung der in Frage stehenden Tatsachen und Beweismittel nach Ermessen zu entscheiden, kam der Gerichtshof zu dem Ergebnis, dass die Entscheidung von 2002 aufzuheben war (Urteil HABM/Kaul, oben in Randnr. 13 angeführt, Randnrn. 67 bis 70).

15. Mit Entscheidung vom 19. Juni 2007, die den Beteiligten des Verfahrens vor dem HABM am 22. Juni 2007 mitgeteilt wurde, hat das Präsidium der Beschwerdekammern des HABM die Sache der Zweiten Beschwerdekammer zugewiesen.

16. Mit Entscheidung vom 1. August 2007 (im Folgenden: angefochtene Entscheidung), die der Klägerin am 6. September 2007 zugestellt worden ist, hat die Zweite Beschwerdekammer des HABM die Beschwerde der Klägerin zurückgewiesen und die Entscheidung der Widerspruchsabteilung, die den Widerspruch zurückgewiesen hatte, bestätigt. Im Anschluss an die Feststellung, dass die einander gegenüberstehenden Marken von den maßgeblichen Verkehrskreisen, den Produzenten von Lebensmitteln und Süßwaren, in keiner Weise als ähnlich betrachtet werden könnten, ist die Zweite Beschwerdekammer im Wesentlichen zu dem Ergebnis gekommen, dass eine notwendige Voraussetzung für die Anwendung von Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 40/94 nicht erfüllt sei und dass die Widerspruchsabteilung den Widerspruch zu Recht zurückgewiesen habe. Im Hinblick auf dieses Ergebnis hat die Zweite Beschwerdekammer festgestellt, dass die Tatsachen und Beweismittel, die die Klägerin erstmals im Stadium der Beschwerde bei der Beschwerdekammer vorgelegt habe, um ihre Behauptung zu begründen, dass die ältere Marke durch ihre Benutzung auf dem Markt erhöhte Unterscheidungskraft erlangt habe, unerheblich seien, da diese Behauptung, selbst wenn sie erwiesen wäre, im vorliegenden Fall keine Auswirkung auf die Anwendung von Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 40/94 haben könne.

Anträge der Parteien

17. Die Klägerin beantragt,

– die angefochtene Entscheidung aufzuheben;

– dem Widerspruch stattzugeben;

– dem HABM die Kosten aufzuerlegen.

18. Das HABM beantragt,

– die Klage abzuweisen;

– der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

Rechtliche Würdigung

Zum ersten Klagegrund: Verstoß gegen Art. 63 Abs. 6 und Art. 74 Abs. 2 der Verordnung Nr. 40/94

19. Die Klägerin trägt vor, die Beschwerdekammer habe den Tenor und die Gründe des oben in Randnr. 13 angeführten Urteils HABM/Kaul verkannt, indem sie ihr Ermessen gemäß Art. 74 Abs. 2 der Verordnung Nr. 40/94 in Bezug auf die etwaige Berücksichtigung der Tatsachen und Beweismittel, auf die sich die Klägerin erstmals vor der Beschwerdekammer berufen habe, nicht oder nicht ordnungsgemäß ausgeübt habe. Hätte die Beschwerdekammer die Hinweise des Gerichtshofs in diesem Urteil ordnungsgemäß angewendet, hätte sie eine Entscheidung zu ihren Gunsten treffen müssen.

20. Das HABM tritt der Argumentation der Klägerin entgegen.

21. Nach ständiger Rechtsprechung gilt ein Aufhebungsurteil wie das oben in Randnr. 13 angeführte Urteil HABM/Kaul ex tunc und nimmt damit der aufgehobenen Handlung rückwirkend ihren rechtlichen Bestand (Urteil des Gerichtshofs vom 26. April 1988, Asteris u. a./Kommission, 97/86, 99/86, 193/86 und 215/86, Slg. 1999, 2181, Randnr. 30; Urteile des Gerichts vom 13. Dezember 1995, Exporteurs in Levende Varkens u. a./Kommission, T‑481/93 und T‑484/93, Slg. 1995, II‑2941, Randnr. 46, und vom 10. Oktober 2001, Corus UK/Kommission, T‑171/99, Slg. 2001, II‑2967, Randnr. 50).

22. Nach dieser Rechtsprechung kommt das Organ, das den angefochtenen Akt erlassen hat, einem Aufhebungsurteil nur dann nach und führt es nur dann voll durch, wenn es nicht nur den Tenor des Urteils beachtet, sondern auch die Gründe, die zu dem Tenor geführt haben und ihn in dem Sinne tragen, dass sie zur Bestimmung der genauen Bedeutung des Tenors unerlässlich sind. Diese Gründe benennen zum einen exakt die Bestimmung, die als rechtswidrig angesehen wird, und lassen zum anderen die spezifischen Gründe der im Tenor festgestellten Rechtswidrigkeit erkennen, die das betroffene Organ bei der Ersetzung des aufgehobenen Aktes zu beachten hat (Beschluss des Gerichtshofs vom 13. Juli 2000, Gómez de Enterría y Sanchez/Parlament, C‑8/99 P, Slg. 2000, I‑6031, Randnrn. 19 und 20; vgl. Urteil des Gerichts vom 17. Dezember 2003, McAuley/Rat, T‑324/02, Slg. ÖD I‑A‑337 und II‑1657, Randnr. 56 und die dort angeführte Rechtsprechung).

23. Im vorliegenden Fall ist nach der Aufhebung der Entscheidung von 2002 die Beschwerde der Klägerin wieder bei der Beschwerdekammer anhängig. Um seiner Verpflichtung aus Art. 63 Abs. 6 der Verordnung Nr. 40/94, die sich aus dem Urteil des Gerichtshofs ergebenden Maßnahmen zu ergreifen, nachzukommen, hatte das HABM sicherzustellen, dass die Beschwerde zu einer neuen Entscheidung einer der Beschwerdekammern führt. Dies war tatsächlich der Fall, da die Sache der Zweiten Beschwerdekammer zugewiesen wurde, die die angefochtene Entscheidung getroffen hat.

24. Die Klägerin bestreitet nicht die Rechtmäßigkeit der Zuweisung der Sache an die Zweite Beschwerdekammer. Sie trägt jedoch vor, diese habe sich auf die Feststellung beschränkt, dass die Entscheidung von 2002 begründet sei und dass die von ihr erstmals im Stadium der Beschwerde vor der Beschwerdekammer vorgetragenen Tatsachen und Beweismittel unerheblich und mithin unzulässig seien, ohne bei ihrer Entscheidung, ob diese Tatsachen und Beweismittel zu berücksichtigen seien oder nicht, ihr Ermessen gemäß Art. 74 Abs. 2 der Verordnung Nr. 40/94 auszuüben.

25. Zur Prüfung dieser Argumentation ist daran zu erinnern, dass nach Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 40/94 auf Widerspruch des Inhabers einer älteren Marke die angemeldete Marke von der Eintragung ausgeschlossen ist, wenn „wegen ihrer Identität oder Ähnlichkeit mit der älteren Marke und der Identität oder Ähnlichkeit der durch die beiden Marken erfassten Waren oder Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen in dem Gebiet besteht, in dem die ältere Marke Schutz genießt; dabei schließt die Gefahr von Verwechslungen die Gefahr ein, dass die Marke mit der älteren Marke gedanklich in Verbindung gebracht wird“.

26. Nach ständiger Rechtsprechung liegt eine Verwechslungsgefahr dann vor, wenn das Publikum glauben könnte, dass die betreffenden Waren oder Dienstleistungen aus demselben Unternehmen oder gegebenenfalls aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stammen. Nach dieser Rechtsprechung ist das Vorliegen der Verwechslungsgefahr umfassend, nach der Wahrnehmung der fraglichen Zeichen und Waren oder Dienstleistungen durch die maßgeblichen Verkehrskreise und unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände des Einzelfalls, insbesondere der Wechselbeziehung zwischen der Zeichenähnlichkeit und der Ähnlichkeit der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen, zu beurteilen (Beschluss des Gerichtshofs vom 24. April 2007, Castellblanch/HABM, C‑131/06 P, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 55; vgl. Urteil des Gerichts vom 9. Juli 2003, Laboratorios RTB/HABM – Giorgio Beverly Hills [GIORGIO BEVERLY HILLS], T‑162/01, Slg. 2003, II‑2821, Randnrn. 30 bis 33 und die dort angeführte Rechtsprechung).

27. Ferner ist die Verwechslungsgefahr umso größer, je höher sich die Unterscheidungskraft der älteren Marke darstellt. Somit genießen Marken, die von Haus aus oder wegen ihrer Bekanntheit auf dem Markt eine hohe Unterscheidungskraft besitzen, umfassenderen Schutz als Marken, deren Unterscheidungskraft geringer ist. Die Unterscheidungskraft der älteren Marke und insbesondere ihre Bekanntheit sind daher bei der Beurteilung, ob eine Verwechslungsgefahr vorliegt, zu berücksichtigen (vgl. Urteil des Gerichtshofs vom 17. April 2008, Ferrero Deutschland/HABM und Cornu, C‑108/07 P, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnrn. 32 und 33 und die dort angeführte Rechtsprechung).

28. Zwar ist es zutreffend, dass nach dem Grundsatz der Wechselbeziehung zwischen den im Rahmen einer umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr berücksichtigten Faktoren und insbesondere der Ähnlichkeit der Marken und der erfassten Waren oder Dienstleistungen ein geringerer Ähnlichkeitsgrad der erfassten Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Zeichenähnlichkeit ausgeglichen werden kann und umgekehrt (Urteil des Gerichtshofs vom 15. März 2007, T.I.M.E. ART/HABM, C‑171/06 P, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 35); jedoch hat der Gerichtshof entschieden, dass für die Anwendung des Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 40/94 eine Verwechslungsgefahr eine Identität oder Ähnlichkeit der angemeldeten Marke mit der älteren Marke und eine Identität oder Ähnlichkeit der in der Anmeldung angegebenen Waren oder Dienstleistungen mit denen voraussetzt, für die die ältere Marke eingetragen ist. Es handelt sich hierbei um kumulative Voraussetzungen (Urteile des Gerichtshofs vom 12. Oktober 2004, Vedial/HABM, C‑106/03 P, Slg. 2004, I‑9573, Randnr. 51, und vom 13. September 2007, Il Ponte Finanziaria/HABM, C‑234/06 P, Slg. 2007, I‑7333, Randnr. 48).

29. Wenn die durch die einander gegenüberstehenden Marken gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen identisch sind und wenn diese Marken, jeweils für sich betrachtet, nicht den erforderlichen Mindestgrad an Ähnlichkeit aufwiesen, um eine Verwechslungsgefahr auf der Grundlage allein der erhöhten Unterscheidungskraft der älteren Marke oder allein der Identität der von dieser älteren Marke und von der angemeldeten Marke erfassten Waren feststellen zu können, ist der Widerspruch folglich zurückzuweisen, ohne dass der Grundsatz der Wechselbeziehung im Rahmen der umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr dem entgegensteht (vgl. in diesem Sinne Urteil Il Ponte Finanziaria/HABM, oben in Randnr. 28 angeführt, Randnrn. 50 und 51).

30. Im vorliegenden Fall hat die Dritte Beschwerdekammer in den Randnrn. 30 bis 35 der Entscheidung von 2002 eine umfassende Beurteilung der Verwechslungsgefahr durchgeführt und ist zu dem Ergebnis gekommen, dass „trotz der Warenidentität … unter Berücksichtigung der festgestellten deutlichen bildlichen und klanglichen Unterschiede zwischen den Marken (diese Unterschiede sind offensichtlich wichtiger als die Ähnlichkeiten bildlicher und klanglicher Art, auf deren Vorhandensein sich [die Klägerin] beruft) wegen des hochspezialisierten Markts und des wahrscheinlichen Fachwissens der Normalverbraucher“ keine Verwechslungsgefahr zwischen den hier einander gegenüberstehenden Marken bestehe.

31. Nach der oben in den Randnrn. 26 und 27 angeführten Rechtsprechung erfordert die umfassende Beurteilung der Verwechslungsgefahr zwischen zwei einander gegenüberstehenden Marken aber die Berücksichtigung aller maßgeblichen Umstände des Einzelfalls, darunter die etwaige erhöhte Unterscheidungskraft der älteren Marke. Nachdem die Dritte Beschwerdekammer sich in der Entscheidung von 2002 für die Vornahme einer umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr zwischen den einander gegenüberstehenden Marken entschieden hatte, musste sie nach dem oben in Randnr. 13 angeführten Urteil HABM/Kaul, Randnrn. 67 bis 70, vorab die Zulässigkeit der neuen, auf der Bekanntheit der älteren Marke beruhenden Argumentation der Klägerin, die von ihr erstmals im Stadium der Beschwerde vor der Beschwerdekammer vorgetragen wurde, sowie die Beweismittel, die diese Argumentation stützten, prüfen.

32. Den Rechtsfehler, der zur Aufhebung der Entscheidung von 2002 durch das oben in Randnr. 13 angeführte Urteil HABM/Kaul führte, beging die Dritte Beschwerdekammer gerade bei dieser Vorabprüfung. Wie der Gerichtshof in diesem Urteil feststellte, war die Dritte Beschwerdekammer, statt ihr Ermessen gemäß Art. 74 Abs. 2 der Verordnung Nr. 40/94 im Hinblick auf die etwaige Berücksichtigung der Tatsachen und Beweismittel bezüglich der behaupteten Bekanntheit der älteren Marke auszuüben, in den Randnrn. 10 bis 12 der Entscheidung von 2002 fälschlich zu dem Ergebnis gelangt, dass sie nicht über ein derartiges Ermessen verfüge, was sie dazu veranlasste, die Tatsachen und Beweismittel, die die Klägerin erstmals im Stadium der Beschwerde gegen die Entscheidung der Widerspruchsabteilung vor der Beschwerdekammer vorgetragen hatte, außer Acht zu lassen.

33. Die Zweite Beschwerdekammer, der die Sache nach der Aufhebung der Entscheidung von 2002 zugewiesen wurde, wies jedoch nach erneuter Prüfung die Beschwerde der Klägerin gegen die Entscheidung der Widerspruchsabteilung zurück, da die ältere und die angemeldete Marke von den maßgeblichen Verkehrskreisen in keiner Weise als identisch oder ähnlich betrachtet werden könnten und somit eine Verwechslungsgefahr im Sinne von Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 40/94 im vorliegenden Fall ausgeschlossen sei (Randnrn. 26 bis 28 der angefochtenen Entscheidung).

34. Unbeschadet der Prüfung des von der Klägerin mit ihrem nachfolgend gewürdigten dritten Klagegrund angefochtenen Ergebnisses, zu dem die Zweite Beschwerdekammer hinsichtlich der fehlenden Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Marken gekommen ist, ist festzustellen, dass die Zweite Beschwerdekammer die oben in Randnr. 28 angeführte Rechtsprechung, auf die sich auch Randnr. 26 der angefochtenen Entscheidung bezieht, richtig angewendet hat, als sie die Beschwerde der Klägerin gegen die Entscheidung der Widerspruchsabteilung zurückwies und diese Entscheidung mit der Begründung bestätigte, dass die einander gegenüberstehenden Marken weder identisch noch ähnlich seien.

35. Darüber hinaus hat sich die Zweite Beschwerdekammer in der angefochtenen Entscheidung entgegen dem Vorbringen der Klägerin nicht auf die Erklärung beschränkt, dass die Entscheidung von 2002 keinen Fehler enthalte.

36. Insoweit ist zunächst darauf hinzuweisen, dass die Zweite Beschwerdekammer in Randnr. 24 der angefochtenen Entscheidung allein in Bezug auf die den bildlichen, klanglichen und begrifflichen Vergleich der einander gegenüberstehenden Marken betreffenden und in Randnr. 23 der angefochtenen Entscheidung wiedergegebenen Gründe der Entscheidung von 2002 die Ansicht vertreten hat, dass sie nicht mit einem Fehler behaftet gewesen seien und somit das in den Randnrn. 25 bis 28 der angefochtenen Entscheidung formulierte Ergebnis begründen könnten, dass keine Ähnlichkeit zwischen den genannten Marken bestehe.

37. Sodann ist festzustellen, dass die Dritte Beschwerdekammer in ihrer Entscheidung von 2002 dieses Ergebnis nicht klar und unmissverständlich formuliert hat, was dadurch bestätigt wird, dass sie in den Randnrn. 30 bis 35 dieser Entscheidung eine umfassende Beurteilung der Verwechslungsgefahr vornahm, die nach der oben in Randnr. 29 angeführten Rechtsprechung nicht erforderlich gewesen wäre, wenn sie zu dem Ergebnis gekommen wäre, dass die fraglichen Marken bei einem Gesamtvergleich unterschiedlich seien.

38. Dagegen hat die Zweite Beschwerdekammer in den Randnrn. 26 bis 28 der angefochtenen Entscheidung das Ergebnis, dass die einander gegenüberstehenden Marken weder identisch noch ähnlich seien, klar zum Ausdruck gebracht. Da die Zweite Beschwerdekammer nach der Aufhebung der Entscheidung von 2002 eine neue Prüfung der Beschwerde der Klägerin gegen die Entscheidung der Widerspruchsabteilung vornehmen musste, musste sie auch erneut die Identität oder Ähnlichkeit der beiden einander gegenüberstehenden Marken prüfen, wobei sie zu ihrem eigenen, von der Auffassung der Dritten Beschwerdekammer unabhängigen Ergebnis kommen konnte.

39. Die Zweite Beschwerdekammer war in dieser Hinsicht auch nicht durch den Tenor und die Gründe des oben in Randnr. 13 angeführten Urteils HABM/Kaul gebunden, da der Gerichtshof in diesem Urteil keine Stellung zur Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Marken genommen hatte. Diese Frage hätte gegebenenfalls nur im Rahmen des Klagegrundes eines Verstoßes gegen Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 40/94 geprüft werden können. Der Gerichtshof hat jedoch, wie im Übrigen auch das Gericht vor ihm, ohne Prüfung dieses Klagegrundes der Klage stattgegeben.

40. Unter Berücksichtigung ihrer Schlussfolgerung, dass die einander gegenüberstehenden Marken keine Ähnlichkeit aufwiesen, stellte die Zweite Beschwerdekammer in Randnr. 25 der angefochtenen Entscheidung fest, dass die von der Klägerin erstmals im Stadium der Beschwerde vor der Beschwerdekammer vorgetragenen Tatsachen und Beweismittel in Bezug auf die geltend gemachte Bekanntheit der älteren Marke „unerheblich für das Ergebnis des Widerspruchs und somit unzulässig [seien], da die vorgetragenen Tatsachen, selbst wenn sie vollständig bewiesen wären, im vorliegenden Fall keine Auswirkung auf die Anwendung von Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der [Verordnung Nr. 40/94] haben könnten“.

41. Die Klägerin trägt vor, die Zweite Beschwerdekammer habe dadurch, dass sie diese Tatsachen und Beweismittel nicht berücksichtigt habe, Art. 74 Abs. 2 der Verordnung Nr. 40/94 in seiner Auslegung durch das oben in Randnr. 13 angeführte Urteil HABM/Kaul verletzt.

42. Die Erheblichkeit der Tatsachen und Beweismittel, die die Beteiligten an einem Widerspruchsverfahren außerhalb der hierfür vorgesehenen Fristen vor dem HABM vorbringen, stellt jedoch eines der Kriterien dar, die das HABM berücksichtigen muss, wenn es in Ausübung seines Ermessens gemäß Art. 74 Abs. 2 der Verordnung Nr. 40/94 darüber entscheidet, ob diese Tatsachen und Beweismittel zu berücksichtigen sind oder nicht (vgl. in diesem Sinne Urteil HABM/Kaul, oben in Randnr. 13 angeführt, Randnr. 44).

43. Folglich kann der Zweiten Beschwerdekammer nicht vorgeworfen werden, dass sie die letztgenannte Vorschrift verletzt und das oben in Randnr. 13 angeführte Urteil HABM/Kaul falsch angewandt habe, als sie bei der Zurückweisung der Tatsachen und Beweismittel, die die Klägerin erstmals im Stadium ihrer Beschwerde gegen die Entscheidung der Widerspruchsabteilung vorgetragen hatte, die fehlende Erheblichkeit dieser Tatsachen und Beweismittel für den Ausgang des Rechtsstreits berücksichtigte.

44. Jedenfalls geht die von der Klägerin erhobene Rüge einer Verletzung von Art. 74 Abs. 2 der Verordnung Nr. 40/94 ins Leere. Nachdem die Zweite Beschwerdekammer nämlich die fehlende Ähnlichkeit zwischen der angemeldeten und der älteren Marke festgestellt hatte, war sie nicht gehalten, die geltend gemachte Bekanntheit der älteren Marke zu berücksichtigen, da sie zu der Schlussfolgerung berechtigt war, dass unabhängig von der geltend gemachten erhöhten Unterscheidungskraft der älteren Marke keine Verwechslungsgefahr bestehe (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 25. Juni 2008, Otto/HABM – L’Altra Moda [l’Altra Moda], T‑224/06, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 50).

45. Selbst wenn folglich die Weigerung der Zweiten Beschwerdekammer, die geltend gemachte Bekanntheit der älteren Marke und die sie betreffenden Beweismittel bei der Ausübung ihres Ermessens nach Art. 74 Abs. 2 der Verordnung Nr. 40/94 zu berücksichtigen, mit einem Rechtsfehler behaftet wäre, hätte dieser Fehler keine Auswirkung auf den Tenor der angefochtenen Entscheidung, der seine rechtlich hinreichende Grundlage in der Schlussfolgerung findet, dass die angemeldete und die ältere Marke weder identisch noch ähnlich seien.

46. Schließlich trägt die Klägerin vor, die Feststellung der Zweiten Beschwerdekammer in Randnr. 30 der angefochtenen Entscheidung, dass „[d]er von der Dritten Beschwerdekammer mit dem Verstoß gegen Art. 74 Abs. 2 [der Verordnung Nr. 40/94] begangene Rechtsfehler ... nicht aus[reichte], um die Aufhebung der [Entscheidung von 2002] zu rechtfertigen“, zeige, dass die Zweite Beschwerdekammer die Hinweise des oben in Randnr. 13 angeführten Urteils HABM/Kaul nicht berücksichtigt habe.

47. Diesem Argument kann nicht gefolgt werden. Zwar scheint Randnr. 30 der angefochtenen Entscheidung zu verkennen, dass der Gerichtshof, nachdem er festgestellt hatte, dass die Gründe der Entscheidung von 2002 mit einem Rechtsfehler in Bezug auf die Anwendung des Art. 74 Abs. 2 der Verordnung Nr. 40/94 behaftet waren, den Widerspruch nicht selbst aus einem in der Entscheidung von 2002 nicht erwähnten Grund, nämlich der fehlenden Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Marken, zurückweisen durfte.

48. Soweit es nämlich in Art. 63 Abs. 3 der Verordnung Nr. 40/94 heißt, dass der Gemeinschaftsrichter „die angefochtene Entscheidung aufheben oder abändern“ kann, ist dieser Absatz im Licht von Abs. 2, wonach „[d]ie Klage … wegen Unzuständigkeit, Verletzung wesentlicher Formvorschriften, Verletzung des Vertrages, der [Verordnung Nr. 40/94] oder einer bei ihrer Durchführung anzuwendenden Rechtsnorm oder wegen Ermessensmissbrauchs [zulässig ist]“, und im Rahmen der Art. 229 EG und 230 EG zu sehen (Urteile des Gerichts vom 8. Juli 1999, Procter & Gamble/HABM [BABY-DRY], T‑163/98, Slg. 1999, II‑2383, Randnrn. 50 und 51, und vom 31. Mai 2005, Solo Italia/HABM − Nuova Sala [PARMITALIA], T‑373/03, Slg. 2005, II‑1881, Randnr. 25).

49. Daraus folgt, dass das Gericht und der Gerichtshof, wenn er das Urteil des Gerichts aufhebt und selbst über die Klage entscheidet, eine Rechtmäßigkeitskontrolle von Entscheidungen der Stellen des HABM durchführen. Wenn sie zu dem Ergebnis kommen, dass eine in einer bei ihnen anhängigen Klage in Frage gestellte Entscheidung rechtswidrig ist, ist diese von ihnen aufzuheben. Sie können nicht die Klage abweisen, indem sie die von der zuständigen Stelle des HABM, dem Autor der angefochtenen Handlung, gegebene Begründung durch ihre eigene ersetzen (vgl. in diesem Sinne und entsprechend Urteil des Gerichtshofs vom 27. Januar 2000, DIR International Film u. a./Kommission, C‑164/98 P, Slg. 2000, I‑447, Randnr. 38).

50. Jedoch hatte die Zweite Beschwerdekammer weder über die Rechtmäßigkeit der nach ihrer Aufhebung durch den Gerichtshof rückwirkend aus der Rechtsordnung getilgten Entscheidung von 2002 noch über die Frage, ob diese Aufhebung gerechtfertigt war, zu entscheiden. Die Zweite Beschwerdekammer hatte nur über die Beschwerde der Klägerin gegen die Entscheidung der Widerspruchsabteilung zu entscheiden. Nur die Gründe der angefochtenen Entscheidung, die sich auf den Widerspruch der Klägerin beziehen, bilden somit die tragenden Gründe ihres Tenors, in dem die Zweite Beschwerdekammer zu dem Ergebnis kam, dass die Beschwerde der Klägerin zurückzuweisen sei.

51. Dagegen haben die in Randnr. 30 der angefochtenen Entscheidung enthaltenen Erwägungen dazu, ob die Aufhebung der Entscheidung von 2002 durch den Gerichtshof gerechtfertigt war oder nicht, keine Auswirkung auf den Tenor der angefochtenen Entscheidung. Selbst wenn diese Erwägungen mit einem Rechtsfehler behaftet sein sollten, könnten sie daher nicht die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung nach sich ziehen.

52. Nach alledem ist der erste Klagegrund zurückzuweisen.

Zum zweiten Klagegrund: Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör

53. Die Klägerin trägt vor, dass die Zweite Beschwerdekammer es unter Verletzung von Art. 61 Abs. 2 und Art. 73 Satz 2 der Verordnung Nr. 40/94 versäumt habe, ihr vor Erlass der angefochtenen Entscheidung Gelegenheit zur Stellungnahme, insbesondere zur Bedeutung und Auslegung des oben in Randnr. 13 angeführten Urteils HABM/Kaul, zu geben.

54. Das HABM tritt der Argumentation der Klägerin entgegen.

55. Nach Art. 73 Satz 2 der Verordnung Nr. 40/94 dürfen die Entscheidungen des HABM nur auf Gründe gestützt werden, zu denen sich die Beteiligten äußern konnten. Diese Vorschrift gewährleistet im Rahmen des Gemeinschaftsmarkenrechts den allgemeinen Grundsatz des Schutzes der Rechte der Verteidigung. Nach diesem allgemeinen Grundsatz des Gemeinschaftsrechts müssen die Adressaten behördlicher Entscheidungen, die ihre Interessen spürbar berühren, Gelegenheit erhalten, ihren Standpunkt gebührend darzulegen. Der Anspruch auf rechtliches Gehör erstreckt sich auf alle tatsächlichen oder rechtlichen Gesichtspunkte, die die Grundlage der Entscheidungsfindung bilden, nicht aber auf den endgültigen Standpunkt, den die Verwaltung einnehmen will (vgl. Urteil des Gerichts vom 7. Februar 2007, Kustom Musical Amplification/HABM [Form einer Gitarre], T‑317/05, Slg. 2007, II‑427, Randnrn. 24, 26 und 27 und die dort angeführte Rechtsprechung).

56. Im vorliegenden Fall hatte die Klägerin unstreitig im Rahmen des Verfahrens, das zum Erlass der Entscheidung von 2002 führte, Gelegenheit, vor der Dritten Beschwerdekammer ihre Stellungnahme zu allen Aspekten des von ihr eingelegten Widerspruchs abzugeben, darunter auch zur geltend gemachten Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Marken. Eine Zusammenfassung dieser Stellungnahme findet sich nämlich in Randnr. 6 der Entscheidung von 2002.

57. Nach Aufhebung der Entscheidung von 2002 durch den Gerichtshof wurde die Sache an die Zweite Beschwerdekammer verwiesen, die nach erneuter Prüfung der Sache über die Beschwerde der Klägerin gegen die Entscheidung der Widerspruchsabteilung, den Widerspruch zurückzuweisen, zu befinden hatte.

58. Wie bereits bei der Prüfung des ersten Klagegrundes ausgeführt, hat die Zweite Beschwerdekammer mit der angefochtenen Entscheidung die Beschwerde der Klägerin mit der Begründung zurückgewiesen, dass entgegen deren Vorbringen die angemeldete Marke und die ältere Marke weder identisch noch ähnlich seien.

59. Aus der angefochtenen Entscheidung geht nicht hervor, dass die Zweite Beschwerdekammer sich beim Erlass der angefochtenen Entscheidung auf andere tatsächliche oder rechtliche Gesichtspunkte gestützt hätte als diejenigen, die der Dritten Beschwerdekammer beim Erlass der Entscheidung von 2002 zur Verfügung standen und zu denen die Klägerin Stellung nehmen konnte. Dies trifft umso mehr zu, als die Zweite Beschwerdekammer einen großen Teil der Begründung der Entscheidung von 2002 in Bezug auf den bildlichen, klanglichen und begrifflichen Vergleich der einander gegenüberstehenden Zeichen übernommen hat.

60. Es ist zwar richtig, dass die Zweite Beschwerdekammer aus den in ihre eigene Entscheidung übernommenen Gründen der Entscheidung von 2002 eine Schlussfolgerung zur fehlenden Ähnlichkeit der beiden einander gegenüberstehenden Marken gezogen hat, die so nicht in der Entscheidung von 2002 enthalten war; gleichwohl war sie in Bezug auf den endgültigen Standpunkt, den sie einnehmen wollte, nach der oben in Randnr. 55 angeführten Rechtsprechung nicht verpflichtet, die Klägerin vor Erlass ihrer Entscheidung erneut zu hören.

61. Die Klägerin trägt jedoch im Wesentlichen vor, dass das oben in Randnr. 13 angeführte Urteil HABM/Kaul einen neuen rechtlichen Gesichtspunkt darstelle, zu dem sie vor Erlass der angefochtenen Entscheidung hätte gehört werden müssen.

62. In diesem Zusammenhang gelte die Vermutung, dass unter den verschiedenen möglichen Auslegungen eines Aufhebungsurteils wie des oben in Randnr. 13 angeführten Urteils HABM/Kaul die für den Kläger günstigste heranzuziehen sei.

63. Dem ist entgegenzuhalten, dass nach Art. 43 der Satzung des Gerichtshofs bei Zweifeln über Sinn und Tragweite eines Urteils der Gerichtshof für dessen Auslegung zuständig ist. Folglich gibt es keine Vermutung der von der Klägerin genannten Art, und die Zweite Beschwerdekammer war nicht verpflichtet, sie zur Auslegung des oben in Randnr. 13 angeführten Urteils HABM/Kaul zu hören. Wenn die Klägerin oder das HABM, beide Parteien im Verfahren vor dem Gerichtshof, Zweifel in Bezug auf die Auslegung dieses Urteils hatten, mussten sie damit den Gerichtshof befassen.

64. Was die Frage anbelangt, ob die Zweite Beschwerdekammer die Klägerin vor Erlass der angefochtenen Entscheidung im Anschluss an die im oben in Randnr. 13 angeführten Urteil HABM/Kaul erfolgten Hinweise des Gerichtshofs zur Auslegung und Anwendung des Art. 74 Abs. 2 der Verordnung Nr. 40/94 erneut zur Anwendung dieser Vorschrift hätte anhören müssen, genügt es, daran zu erinnern, dass, selbst wenn die Weigerung der Zweiten Beschwerdekammer, die Tatsachen und Beweismittel zur geltend gemachten Bekanntheit der älteren Marke bei der Ausübung ihres Ermessens gemäß Art. 74 Abs. 2 der Verordnung Nr. 40/94 zu berücksichtigen, mit einem Rechtsfehler behaftet wäre, dieser keine Auswirkung auf das Ergebnis in der angefochtenen Entscheidung hätte.

65. Da sich nach der oben in Randnr. 55 angeführten Rechtsprechung der in Art. 73 der Verordnung Nr. 40/94 verankerte Anspruch auf rechtliches Gehör insbesondere auf die rechtlichen Gesichtspunkte erstreckt, die die Grundlage der Entscheidungsfindung bilden, war die Zweite Beschwerdekammer nicht verpflichtet, die Klägerin zur Anwendung des Art. 74 Abs. 2 der Verordnung Nr. 40/94 anzuhören, denn die aufgrund dieser Vorschrift geltend gemachten Tatsachen und Beweismittel zur Bekanntheit der älteren Marke gehören nicht zur Grundlage der angefochtenen Entscheidung.

66. Nach alledem ist der zweite Klagegrund zurückzuweisen.

Zum dritten Kl agegrund: Verstoß gegen Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 40/94

67. Die Klägerin trägt vor, die Beschwerdekammer habe gegen Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 40/94 verstoßen. Erstens habe die Beschwerdekammer die von ihr vorgetragenen Tatsachen und Argumente einschließlich derjenigen, die sie im Verfahren vor dem Gericht und dem Gerichtshof geltend gemacht habe, nicht geprüft. Die Beschwerdekammer habe auch die Erklärung des Vertreters des HABM in den mündlichen Verhandlungen vor dem Gericht und dem Gerichtshof im Rahmen des Verfahrens, das zu dem oben in Randnr. 13 angeführten Urteil HABM/Kaul geführt habe, nicht berücksichtigt, der zufolge im Fall des Nachweises der geltend gemachten Bekanntheit der älteren Marke die einander gegenüberstehenden Marken hinreichend ähnlich wären, um das Vorliegen einer Verwechslungsgefahr im Sinne von Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 40/94 zu bejahen.

68. Zweitens sei das Ergebnis der angefochtenen Entscheidung, wonach die einander gegenüberstehenden Marken keine bildliche oder klangliche Ähnlichkeit aufwiesen, fehlerhaft und verkenne die Rechtsprechung zum erweiterten Schutzumfang der Marken mit erhöhter Unterscheidungskraft.

69. Drittens schließlich habe die Beschwerdekammer die „Schutzfunktion“ einer Marke sowie die Wechselwirkung der verschiedenen Kriterien, die bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr zu beachten seien, nicht ausreichend berücksichtigt.

70. Das HABM tritt der Argumentation der Klägerin entgegen.

71. Zunächst sind die Rügen der Klägerin als ins Leere gehend zurückzuweisen, wonach die Beschwerdekammer zum einen die Rechtsprechung zum erweiterten Schutzumfang der Marken mit erhöhter Unterscheidungskraft und zum anderen die Wechselbeziehung der verschiedenen bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr zu beachtenden Kriterien verkannt habe.

72. Wie im Rahmen der Prüfung des ersten Klagegrundes ausgeführt, beruhte die Zurückweisung des streitgegenständlichen Widerspruchs nämlich auf der fehlenden Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Marken und nicht auf einer umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr.

73. Falls daher die Gründe der angefochtenen Entscheidung, einschließlich der in Randnr. 23 dieser Entscheidung wiedergegebenen Gründe der Entscheidung von 2002, irgendeinen Rechtsfehler in Bezug auf die Wechselbeziehung der verschiedenen bei der umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr zu berücksichtigenden Kriterien aufweisen würden, könnte dieser nicht zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung führen, da sie in rechtlich hinreichender Weise auf der Feststellung beruht, dass die angemeldete und die ältere Marke weder identisch noch ähnlich sind.

74. Was die Rüge der Missachtung der „Schutzfunktion“ einer Marke durch die Beschwerdekammer anbelangt, ist darauf hinzuweisen, dass die Klägerin in diesem Zusammenhang vorträgt, neben der Hinweisfunktion in Bezug auf die betriebliche Herkunft und die Beschaffenheit einer Ware oder Dienstleistung sowie der Funktion als Werbemittel erfülle die Marke auch eine Funktion im Wettbewerb, indem sie ihrem Inhaber einen Wettbewerbsvorteil sichere.

75. Selbst wenn diese Erwägungen richtig sein sollten, könnten sie die Beurteilung der Ähnlichkeit der beiden Marken nicht beeinflussen. Diese Rüge geht daher ebenfalls ins Leere.

76. In Bezug auf den geltend gemachten Fehler bei der Definition der maßgeblichen Verkehrskreise, die bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr im vorliegenden Fall zu berücksichtigen sind, wendet sich die Klägerin nicht gegen die – in der angefochtenen Entscheidung aufgegriffene – Schlussfolgerung in der Entscheidung von 2002, wonach diese Verkehrskreise aus Lebensmittel- und Süßwarenherstellern bestehen. Sie tritt vielmehr den Erwägungen in Randnr. 34 der Entscheidung von 2002, die in Randnr. 23 der angefochtenen Entscheidung wiedergegeben wird, entgegen, wonach die Frage, ob das angesprochene Fachpublikum die eine oder die andere der mit den einander gegenüberstehenden Marken gekennzeichneten Waren wähle, „nur wenig von den Zeichen beeinträchtigt oder beeinflusst [wird], die sich auf den von ihm in seinen Produktionsstätten verwendeten Waren und Zutaten befinden“ und „[i]n einer solchen Situation ... die Feststellung einer Verwechslungsgefahr einen großen Ähnlichkeitsgrad der Marken voraussetzt“.

77. Es handelt sich demzufolge ebenfalls um eine ins Leere gehende Rüge. Ohne dass nämlich ermittelt werden müsste, welcher Ähnlichkeitsgrad der einander gegenüberstehenden Marken im vorliegenden Fall für die Herbeiführung einer Verwechslungsgefahr im Sinne von Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 40/94 ausreichen würde, genügt es, daran zu erinnern, dass die Beschwerdekammer zu dem Ergebnis kam, dass die betroffenen Marken keinerlei Ähnlichkeit aufwiesen und unterschiedlich seien.

78. Bei der Würdigung des vorliegenden Klagegrundes genügt es daher, diese letzte Schlussfolgerung der angefochtenen Entscheidung zu prüfen, wobei zum einen die Wahrnehmung der einander gegenüberstehenden Marken durch das oben erwähnte Publikum, das von der Beschwerdekammer in der angefochtenen Entscheidung zutreffend umschrieben worden ist, und zum anderen die Argumentation der Klägerin in Bezug auf die Fehler, die die Beschwerdekammer bei den bildlichen und klanglichen Vergleichen dieser Marken begangen haben soll, zu berücksichtigen sind.

79. In Randnr. 27 der Entscheidung von 2002, die in Randnr. 23 der angefochtenen Entscheidung wiedergegeben wird, führte die Beschwerdekammer zunächst einen bildlichen Vergleich der beiden einander gegenüberstehenden Marken durch. Dabei wies sie darauf hin, dass der Umstand, dass beide Marken aus fünf Buchstaben bestünden, „wahrscheinlich nur Zufall“ sei. Sie fügte hinzu, selbst wenn diese Marken den Buchstaben „a“ und die Endung „ol“ gemein hätten, unterschieden sie sich bildlich „klar voneinander“.

80. Die Klägerin rügt diese Feststellungen, die sie als inhaltslos und nichtssagend bezeichnet. Die Beschwerdekammer habe unter Missachtung der Rechtsprechung nicht erläutert, warum die Tatsache, dass die einander gegenüberstehenden Marken aus der gleichen Zahl von Buchstaben bestünden, keinen Einfluss auf die Beurteilung ihrer Ähnlichkeit habe.

81. Dieser Argumentation kann nicht gefolgt werden. Die identische Zahl der Buchstaben beider Wortmarken hat als solche nämlich keine besondere Bedeutung für die von den Marken angesprochenen Verkehrskreise, selbst wenn es sich wie im vorliegenden Fall um ein Fachpublikum handelt. Da das Alphabet aus einer begrenzten Zahl von Buchstaben besteht, die im Übrigen nicht alle mit derselben Häufigkeit verwendet werden, ist es unvermeidlich, dass mehrere Wörter aus der gleichen Zahl von Buchstaben bestehen und auch einige gemein haben, ohne dass sie allein deswegen bildlich als ähnlich eingestuft werden könnten.

82. Darüber hinaus ist sich das Publikum im Allgemeinen nicht der genauen Zahl der Buchstaben bewusst, aus denen eine Wortmarke besteht, und bemerkt folglich in den meisten Fällen nicht, dass zwei einander gegenüberstehende Marken aus der gleichen Zahl von Buchstaben bestehen.

83. Worauf es vielmehr bei der Beurteilung der bildlichen Ähnlichkeit von zwei Wortmarken ankommt, ist das Vorhandensein mehrerer Buchstaben in derselben Reihenfolge in beiden Marken. So hat die Beschwerdekammer zu Recht dem Vorhandensein des Buchstabens „a“ in den beiden einander gegenüberstehenden Marken keine besondere Bedeutung zugemessen, da dieser sich in der angemeldeten Marke an erster Stelle, gefolgt von der Buchstabengruppe „rc“, befindet, während er sich in der älteren Marke an zweiter Stelle befindet, umgeben von zwei anderen Buchstaben, nämlich „c“ und „p“.

84. Dagegen stellt die Endung „ol“ der einander gegenüberstehenden Marken, wie die Beschwerdekammer anerkannt hat, einen gemeinsamen Bestandteil dieser Marken dar. Da jedoch diese Buchstabengruppe am Ende der Marken steht und ihr in jeder Marke eine völlig andere Buchstabengruppe vorangeht (die Buchstabengruppen „arc“ und „cap“), war die Beschwerdekammer zu dem Schluss berechtigt, dass sie nicht geeignet war, das Ergebnis in Frage zu stellen, wonach diese Marken, insgesamt gesehen, bildlich nicht ähnlich seien.

85. Dies gilt, wie das Gericht wiederholt entschieden hat, umso mehr, als der Verbraucher dem Anfang einer Marke im Allgemeinen mehr Aufmerksamkeit widmet als deren Ende (vgl. Urteil des Gerichts vom 7. September 2006, Meric/HABM – Arbora & Ausonia [PAM-PIM’S BABY-PROP], T‑133/05, Slg. 2006, II‑2737, Randnr. 51, und Urteil l’Altra Moda, oben in Randnr. 44 angeführt, Randnr. 43).

86. Was sodann den klanglichen Vergleich der beiden einander gegenüberstehenden Marken anbelangt, so hat die Beschwerdekammer in Randnr. 28 der Entscheidung von 2002, die in Randnr. 23 der angefochtenen Entscheidung wiedergegeben wird, verschiedene wahrscheinliche Aussprachen der angemeldeten Marke aufgezählt, bevor sie zu dem Ergebnis kam, dass die Aussprache der einander gegenüberstehenden Marken in den Mitgliedstaaten unterschiedlich sei, ungeachtet dessen, dass beide Marken aus zwei Silben bestünden.

87. Diesen Erwägungen ist zuzustimmen. Entgegen dem Vorbringen der Klägerin kann der Beschwerdekammer nicht vorgeworfen werden, sich auf „wahrscheinliche“ Aussprachen der angemeldeten Marke gestützt zu haben. Da es sich bei ihr nämlich um einen Phantasiebegriff handelt, der keinem in einer der Sprachen der Gemeinschaft vorhandenen Wort entspricht, kann, solange er nicht zur Bezeichnung der Waren eingetragen und benutzt wird, nur auf seine wahrscheinliche Aussprache durch die betroffenen Verkehrskreise abgestellt werden.

88. Die Klägerin hat im Übrigen bei ihrem Vorwurf gegenüber den zuständigen Stellen des HABM, die Aussprache der beiden einander gegenüberstehenden Marken nicht in allen Sprachen der Mitgliedstaaten der Gemeinschaft geprüft zu haben, nicht angegeben, welche Sprache oder Sprachen, in denen die beiden Marken in einer eine klangliche Ähnlichkeit zwischen ihnen begründenden oder belegenden Weise ausgesprochen würden, die Beschwerdekammer außer Acht gelassen haben soll.

89. Der – von der Klägerin ebenfalls vorgetragenen – Tatsache, dass die beiden einander gegenüberstehenden Marken dieselbe Silbenzahl aufweisen, nämlich zwei, kommt bei der Wahrnehmung der einander gegenüberstehenden Marken durch das Publikum im Allgemeinen und insbesondere durch das maßgebliche Fachpublikum keine besondere Bedeutung zu, und sie kann nicht als solche zu der Schlussfolgerung führen, dass die Marken klanglich ähnlich sind.

90. Unter diesen Umständen und unter Berücksichtigung dessen, dass sich die Aussprache der abweichenden Buchstabengruppe „arc“, die am Anfang der angemeldeten Marke steht, in jedem Fall – wie auch immer sie genau lauten mag – stark von derjenigen der Buchstabengruppe „cap“ unterscheiden wird, die am Anfang der älteren Marke steht, reicht die Tatsache, dass am Ende beider Marken die – wahrscheinlich in beiden Fällen gleich ausgesprochene – Buchstabengruppe „ol“ steht, nicht aus, um die beiden Marken insgesamt als klanglich ähnlich zu betrachten.

91. Schließlich weist, wie in Randnr. 29 der Entscheidung von 2002, die in der angefochtenen Entscheidung wiedergegeben ist, ausgeführt wird, keine der beiden Marken eine Bedeutung auf, aufgrund deren sie einem besonderen Begriff zuzuordnen wäre, und folglich kann zwischen ihnen keine begriffliche Ähnlichkeit bestehen. Dies wird im Übrigen von der Klägerin nicht bestritten.

92. Aus den vorstehenden Feststellungen und Erwägungen ist zu schließen, dass die Zweite Beschwerdekammer nicht gegen Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 40/94 verstoßen hat, als sie in den Randnrn. 26 bis 28 der angefochtenen Entscheidung zu dem Ergebnis kam, dass die einander gegenüberstehenden Marken weder identisch noch ähnlich seien und diese Vorschrift somit keine Anwendung finde, selbst wenn die durch die Marken gekennzeichneten Waren identisch sein sollten.

93. Was die Rüge der Klägerin anbelangt, die Beschwerdekammer sei nicht auf ihre Argumente einschließlich derjenigen eingegangen, die sie im Rahmen des Verfahrens, das zum oben in Randnr. 13 angeführten Urteil HABM/Kaul geführt habe, den Gemeinschaftsgerichten vorgetragen habe, so ist festzustellen, dass die Klägerin nicht angegeben hat, welche Argumente die Zweite Beschwerdekammer außer Acht gelassen haben soll.

94. Insoweit ist daran zu erinnern, dass die Zweite Beschwerdekammer beim Erlass der angefochtenen Entscheidung jedenfalls nur die in den Stellungnahmen der Klägerin während des Verfahrens vor den verschiedenen Stellen des HABM enthaltenen Argumente berücksichtigen musste. Dagegen waren die von der Klägerin während des Verfahrens vor den Gemeinschaftsgerichten vorgetragenen Argumente nicht an das HABM gerichtet, und die Beschwerdekammer brauchte diese weder zu berücksichtigen, noch musste sie in ihrer Entscheidung speziell darauf eingehen.

95. In Bezug auf das Vorbringen der Klägerin vor den Stellen des HABM geht aus den dem Gericht gemäß Art. 133 § 3 seiner Verfahrensordnung übermittelten Akten des Verfahrens vor der Beschwerdekammer hervor, dass die Klägerin in ihrem Widerspruch, in ihren Stellungnahmen vor der Widerspruchsabteilung sowie in ihrem Schriftsatz zur Begründung der Beschwerde vor der Beschwerdekammer Argumente zu den maßgeblichen Verkehrskreisen, zur Identität oder Ähnlichkeit der durch die einander gegenüberstehenden Marken gekennzeichneten Waren, zur Ähnlichkeit der fraglichen Marken sowie zur erhöhten Unterscheidungskraft der älteren Marke vorgetragen hat.

96. Diese Fragen und die sie betreffende Argumentation der Klägerin wurden von der Beschwerdekammer in der angefochtenen Entscheidung untersucht. Die vorliegende Rüge der Klägerin ist daher als unbegründet zurückzuweisen.

97. Die Rüge der Klägerin, die Beschwerdekammer habe die vom Vertreter des HABM im Verfahren vor den Gemeinschaftsgerichten vertretene Auffassung missachtet, ist ebenfalls zurückzuweisen.

98. Die Entscheidungen über die Eintragung eines Zeichens als Gemeinschaftsmarke, die die Beschwerdekammern nach der Verordnung Nr. 40/94 zu erlassen haben, sind nämlich gebundene Entscheidungen und keine Ermessensentscheidungen. Ob ein Zeichen als Gemeinschaftsmarke eingetragen werden kann, ist daher nur auf der Grundlage dieser Verordnung in ihrer Auslegung durch den Gemeinschaftsrichter zu überprüfen und nicht auf der Grundlage einer bisherigen Praxis des HABM (vgl. Urteil des Gerichts vom 9. Juli 2008, Reber/HABM – Chocoladefabriken Lindt & Sprüngli [Mozart], T‑304/06, Slg. 2008, II‑0000, Randnr. 45 und die dort angeführte Rechtsprechung).

99. Diese Erwägungen gelten erst recht, wenn es sich um eine Erklärung handelt, die der Vertreter des HABM vor dem Gemeinschaftsrichter abgegeben haben soll, zumal der Präsident und die Mitglieder der Beschwerdekammer des HABM in Anbetracht ihrer in Art. 131 Abs. 4 der Verordnung Nr. 40/94 verankerten Unabhängigkeit nicht an den vom HABM in einem Rechtsstreit vor dem Gemeinschaftsrichter eingenommenen Standpunkt gebunden sind.

100. Folglich war die Beschwerdekammer, selbst wenn der Vertreter des HABM tatsächlich die Erklärung abgegeben haben sollte, die ihm die Klägerin zuschreibt, nicht daran gebunden und musste in der angefochtenen Entscheidung nicht darlegen, weshalb sie davon abwich.

101. Nach alledem ist der vorliegende Klagegrund unbegründet und daher zurückzuweisen, so dass die Klage in vollem Umfang abzuweisen ist.

Kosten

102. Nach Art. 87 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Klägerin unterlegen ist, sind ihr gemäß dem Antrag des HABM die Kosten aufzuerlegen.

Tenor

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Fünfte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kaul GmbH trägt die Kosten.