Parteien
Entscheidungsgründe
Tenor
In der Rechtssache T‑162/06
Kronoply GmbH & Co. KG mit Sitz in Heiligengrabe (Deutschland), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte R. Nierer und L. Gordalla,
Klägerin,
gegen
Kommission der Europäischen Gemeinschaften, zunächst vertreten durch K. Gross und T. Scharf, dann durch V. Kreuschitz, K. Gross und T. Scharf als Bevollmächtigte,
Beklagte,
wegen Nichtigerklärung der Entscheidung 2006/262/EG der Kommission vom 21. September 2005 über die staatliche Beihilfe Nr. C 5/2004 (ex N 609/2003), die Deutschland zugunsten von Kronoply gewähren will (ABl. 2006, L 94, S. 50),
erlässt
DAS GERICHT ERSTER INSTANZ DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN (Fünfte Kammer)
unter Mitwirkung des Präsidenten M. Vilaras (Berichterstatter) sowie der Richter M. Prek und V. Ciucă,
Kanzler: C. Kristensen, Verwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 3. September 2008
folgendes
Urteil
Sachverhalt
1. Die Kronoply GmbH & Co. KG (im Folgenden: Klägerin) ist ein Unternehmen deutschen Rechts, das Holzwerkstoffe herstellt.
2. Am 28. Januar 2000 beantragte sie bei der Investitionsbank des Landes Brandenburg (ILB) Zuschüsse in Höhe von 77 Mio. DM (39,36 Mio. Euro) zu den Gesamtkosten von 220 Mio. DM (112,5 Mio. Euro) für die Errichtung einer Produktionsstätte für Spanplatten aus ausgerichteten Holzspänen (OSB-Platten).
3. Mit Schreiben vom 22. Dezember 2000 meldete die Bundesrepublik Deutschland bei der Kommission nach Art. 2 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 des Rates vom 22. März 1999 über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel [88 EG] (ABl. L 83, S. 1) das Vorhaben einer Investitionsbeihilfe zugunsten der Klägerin in Höhe von 77 Mio. DM für die Errichtung einer Produktionsanlage für OSB-Platten an, das in den Anwendungsbereich des Multisektoralen Regionalbeihilferahmens für große Investitionsvorhaben (ABl. 1998, C 107, S. 7, im Folgenden: Multisektoraler Beihilferahmen) in seiner im relevanten Zeitraum geltenden Fassung fiel. Diese Anmeldung wurde von der Kommission unter dem Aktenzeichen N 813/2000 registriert und bearbeitet (im Folgenden: Verfahren N 813/2000).
4. Die maximale Höhe einer Beihilfe nach dem Multisektoralen Beihilferahmen ergibt sich aus einer Berechnung, bei der verschiedene Parameter zu berücksichtigen sind, insbesondere der als Faktor T bezeichnete Wettbewerbsfaktor in dem fraglichen Sektor, der in die vier Stufen 0,25, 0,5, 0,75 und 1 unterteilt ist. Im vorliegenden Fall hatte die Bundesrepublik Deutschland für das Beihilfevorhaben zunächst einen Faktor T von 1 angemeldet, der einem Vorhaben entspricht, das keine negativen Auswirkungen auf den Wettbewerb hat.
5. Nach einem Schriftwechsel mit der Kommission änderte die Bundesrepublik Deutschland am 19. Juni 2001 ihre Anmeldung in Bezug auf die Beihilfeintensität. Sie teilte der Kommission u. a. mit, sie habe „entschieden, den notifizierten Wettbewerbsfaktor von 1 auf 0,75 zu reduzieren“. Ein Faktor T von 0,75 gilt für Vorhaben, die zu einer Kapazitätserweiterung in einem Sektor mit strukturellen Überkapazitäten führen und/oder in einem schrumpfenden Markt durchgeführt werden. Durch die Anwendung des Faktors T von 0,75 reduzierte sich die Beihilfeintensität von 35 % auf 31,5 %, was einen Gesamtbeihilfebetrag von 69,3 Mio. DM (35,43 Mio. Euro) statt der ursprünglich angemeldeten 77 Mio. DM (39,36 Mio. Euro) ergibt.
6. Am 3. Juli 2001 beschloss die Kommission in Anwendung des Art. 4 Abs. 3 der Verordnung Nr. 659/1999, keine Einwände gegen die Beihilfe zu erheben; diese Entscheidung wurde im Amtsblatt vom 11. August 2001 (ABl. C 226, S. 14) veröffentlicht.
7. Mit Schreiben vom 3. Januar 2002 beantragte die Bundesrepublik Deutschland eine Änderung der Entscheidung der Kommission vom 3. Juli 2001, weil der betroffene Markt nicht als schrumpfend angesehen werden könne, was die Anwendung eines Faktors T von 1 und die Erhöhung der Intensität der genehmigten Beihilfe von 31,5 % auf 35 % der förderfähigen Investitionskosten zur Folge haben müsse.
8. Mit Schreiben vom 5. Februar 2002 lehnte die Kommission eine Änderung ihrer Entscheidung vom 3. Juli 2001 mit der Begründung ab, die Beihilfe sei auf der Grundlage einer korrekten Berechnung aller anwendbaren Kriterien bewertet worden.
9. Die Klägerin betrachtete dieses Schreiben als Entscheidung der Kommission und erhob dagegen eine Nichtigkeitsklage, die vom Gericht mit Beschluss vom 5. November 2003, Kronoply/Kommission (T‑130/02, Slg. 2003, II‑4857), wegen Fehlens einer anfechtbaren Handlung als unzulässig abgewiesen wurde.
10. Mit Schreiben vom 22. Dezember 2003 teilte die Bundesrepublik Deutschland der Kommission mit, dass sie beabsichtige, der Klägerin einen Investitionszuschuss in Höhe von 3 936 947 Euro nach dem Multisektoralen Beihilferahmen zu gewähren. Diese Beihilfe wurde unter dem Aktenzeichen N 609/03 registriert.
11. Mit Schreiben vom 18. Februar 2004 informierte die Kommission die Bundesrepublik Deutschland darüber, dass sie beschlossen habe, das Verfahren nach Art. 88 Abs. 2 EG einzuleiten, da sie ernsthafte Zweifel am Anreizeffekt und an der Notwendigkeit der angemeldeten zusätzlichen Beihilfe habe.
12. Nachdem sie Stellungnahmen der Bundesrepublik Deutschland und der Klägerin erhalten hatte, erließ die Kommission am 21. September 2005 die Entscheidung 2006/262/EG über die staatliche Beihilfe Nr. C 5/2004 (ex N 609/2003), die Deutschland zugunsten von Kronoply gewähren will (ABl. 2006, L 94, S. 50, im Folgenden: Entscheidung).
13. Der 42. Erwägungsgrund der Entscheidung lautet:
„Die Kommission kommt zu dem Ergebnis, dass die angemeldete Beihilfe eine staatliche Beihilfe im Sinne von Artikel 87 Absatz 1 [EG] darstellt. Da die Beihilfe weder als Anreiz wirkt noch notwendig ist, kommt keine der Ausnahmeregelungen des Artikels 87 Absätze 2 oder 3 [EG] zur Anwendung. Die Beihilfe ist daher eine unzulässige Betriebsbeihilfe und darf nicht gewährt werden.“
14. Art. 1 der Entscheidung lautet:
„Die staatliche Beihilfe in Höhe von 3 936 947 EUR, die Deutschland gemäß der Anmeldung N 609/2003 zugunsten der Kronoply GmbH zu gewähren beabsichtigt, ist mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar.
Aus diesem Grunde darf die Beihilfe nicht gewährt werden.“
Verfahren und Anträge der Parteien
15. Mit Klageschrift, die am 26. Juni 2006 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Klägerin die vorliegende Klage erhoben.
16. Auf Bericht des Berichterstatters hat das Gericht (Fünfte Kammer) beschlossen, die mündliche Verhandlung zu eröffnen. In der Sitzung vom 3. September 2008 haben die Parteien mündlich verhandelt und Fragen des Gerichts beantwortet.
17. Die Klägerin beantragt,
– die Entscheidung für nichtig zu erklären;
– der Kommission die Kosten aufzuerlegen.
18. Die Kommission beantragt,
– die Klage abzuweisen;
– der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.
Rechtliche Würdigung
19. Die Klägerin macht fünf Klagegründe geltend: erstens eine Verletzung von Art. 253 EG, zweitens eine Verletzung der Vorschriften der Verordnung Nr. 659/1999, drittens eine Verletzung von Art. 87 Abs. 3 Buchst. a und c EG, Art. 88 EG und der Leitlinien für staatliche Beihilfen mit regionaler Zielsetzung (ABl. 1998, C 74, S. 9, im Folgenden: Leitlinien), viertens offensichtliche Fehler der Kommission bei der Tatsachenfeststellung und fünftens offensichtliche Fehler der Kommission bei der Tatsachenwürdigung und einen Ermessensmissbrauch.
Zum Klagegrund einer Verletzung von Art. 253 EG
Vorbringen der Parteien
20. Die Klägerin trägt vor, sie könne die Begründung für die Entscheidung der Kommission nicht nachvollziehen; diese enthalte einen logischen Bruch, denn die Kommission verneine die Anreizwirkung, ohne dies jedoch anhand der von ihr selbst aufgestellten Kriterien zu überprüfen. Nach den Leitlinien sei die Anreizwirkung gegeben, wenn der Beihilfeantrag vor der Realisierung des Vorhabens gestellt werde, was hier der Fall sei. Dass die Kommission dies nicht erwähne, stelle über die unrichtige Tatsachenfeststellung hinaus einen Begründungsmangel dar.
21. Ferner habe sich die Kommission nicht mit der vom Gericht in seiner Rechtsprechung ausdrücklich angesprochenen Möglichkeit der Änderung einer bereits gewährten und genehmigten Beihilfe auseinandergesetzt, denn sie setze in ihrer Entscheidung voraus, dass es sich um ein weiteres Investitionsvorhaben handele, für das eine neue Beihilfe begehrt werde. Daraus folge, dass die Entscheidung unzureichend begründet sei.
22. Die Kommission beantragt, den von der Klägerin geltend gemachten Nichtigkeitsgrund zurückzuweisen.
Würdigung durch das Gericht
23. Aus der Formulierung und dem Inhalt des Vorbringens, auf das die Klägerin die beiden im Rahmen des Klagegrundes einer Verletzung von Art. 253 EG vorgetragenen Rügen stützt, geht hervor, dass diese Rügen genau genommen nicht eine fehlende oder unzureichende Begründung, die eine Verletzung wesentlicher Formvorschriften im Sinne von Art. 230 EG darstellt, zum Gegenstand haben. Die fraglichen Rügen überschneiden sich in Wirklichkeit mit dem Vorbringen, das sich gegen die Begründetheit der Entscheidung und damit die materielle Rechtmäßigkeit dieser Handlung richtet, die u. a. deshalb rechtswidrig sein soll, weil die Kommission insbesondere durch eine fehlerhafte Bewertung der Anreizwirkung und der Notwendigkeit der streitigen Beihilfe Art. 87 EG und die Leitlinien verletzt und einen Ermessensmissbrauch begangen habe.
24. Insoweit ist es symptomatisch, dass der Vorwurf, die Kommission habe das Datum der Stellung des ersten Beihilfeantrags und die vom Gericht anerkannte Möglichkeit, eine bereits gewährte und genehmigte Beihilfe zu ändern, nicht berücksichtigt, in der Argumentation, mit der die Klägerin die fehlerhafte Würdigung der Anreizwirkung und der Notwendigkeit der streitigen Beihilfe und einen Ermessensmissbrauch dartun will, ausdrücklich wiederholt wird.
25. Jedenfalls ist festzustellen, dass die Begründung der Entscheidung den Anforderungen des Art. 253 EG nach dessen Auslegung durch die Rechtsprechung entspricht.
26. Nach ständiger Rechtsprechung muss die durch Art. 253 EG vorgeschriebene Begründung der Natur des betreffenden Rechtsakts angepasst sein und die Überlegungen des Gemeinschaftsorgans, das den Rechtsakt erlassen hat, so klar und eindeutig zum Ausdruck bringen, dass die Betroffenen ihr die Gründe für die erlassene Maßnahme entnehmen können und das zuständige Gericht seine Kontrollaufgabe wahrnehmen kann. Das Begründungserfordernis ist anhand der Umstände des Einzelfalls, insbesondere des Inhalts des Rechtsakts, der Art der angeführten Gründe und des Interesses zu beurteilen, das die Adressaten oder andere durch den Rechtsakt unmittelbar und individuell betroffene Personen an Erläuterungen haben können. In der Begründung brauchen nicht alle tatsächlich und rechtlich einschlägigen Gesichtspunkte genannt zu werden, da die Frage, ob die Begründung eines Rechtsakts den Anforderungen des Art. 253 EG genügt, nicht nur anhand seines Wortlauts zu beurteilen ist, sondern auch anhand seines Kontexts sowie sämtlicher Rechtsvorschriften auf dem betreffenden Gebiet (Urteile des Gerichtshofs vom 13. März 1985, Niederlande und Leeuwarder Papierwarenfabriek/Kommission, 296/82 und 318/82, Slg. 1985, 809, Randnr. 19, vom 14. Februar 1990, Delacre u. a./Kommission, C‑350/88, Slg. 1990, I‑395, Randnrn. 15 und 16, und vom 29. Februar 1996, Belgien/Kommission, C‑56/93, Slg. 1996, I‑723, Randnr. 86).
27. Aus dem 42. Erwägungsgrund der Entscheidung geht hervor, dass die von den deutschen Stellen am 22. Dezember 2003 angemeldete Maßnahme von der Kommission als unzulässige Betriebsbeihilfe angesehen wurde, da sie weder Anreizwirkung habe noch notwendig sei.
28. Die Kommission gibt in der Entscheidung eine explizite Begründung für ihr Ergebnis, dass die streitige Beihilfe keine Anreizwirkung habe und nicht notwendig sei.
29. Insbesondere führt sie unter ausdrücklicher Bezugnahme auf den oben in Randnr. 9 angeführten Beschluss Kronoply/Kommission aus, dass nach ihrer Auffassung ein Mitgliedstaat eine weitere Beihilfe anmelden oder ein bereits genehmigtes Vorhaben oder gar verschiedene Tranchen einer staatlichen Beihilfe für ein bestimmtes Projekt ändern und sie dies genehmigen könne, wenn für jede Tranche die Anreizwirkung und die Notwendigkeit nachgewiesen werden könnten (24. Erwägungsgrund der Entscheidung).
30. Ferner verweist sie im 28. Erwägungsgrund der Entscheidung auf Ziff. 4.2 der Leitlinien, wonach von einer Anreizwirkung der Beihilfe auszugehen sei, wenn ihr Empfänger seinen Beihilfeantrag vor Beginn der Projektausführung gestellt habe. Schon aus dem Wortlaut der Erwägungsgründe 24 und 26 bis 35 der Entscheidung wird ersichtlich, dass die Kommission die Voraussetzung der Anreizwirkung der Beihilfe tatsächlich geprüft hat, denn sie legt dar, warum die besonderen Umstände der vorliegenden Rechtssache ausreichten, um die Vermutung von Ziff. 4.2 der Leitlinien zu entkräften und eine Anreizwirkung zu verneinen.
31. Zudem hat die Kommission im 24. Erwägungsgrund und in den Erwägungsgründen 36 bis 39 der Entscheidung klar angegeben, welche Gründe es ihr gestatteten, die Notwendigkeit der streitigen Beihilfe zu verneinen.
32. Zum einen wurde es somit der Klägerin in vollem Umfang ermöglicht, die Gründe nachzuvollziehen, die die Kommission dazu veranlassten, die streitige Beihilfe für unvereinbar mit dem Gemeinsamen Markt zu erklären, wobei dies durch die umfangreichen Ausführungen bestätigt wird, mit denen die Klägerin in ihren Schriftsätzen die fehlerhafte Würdigung der Anreizwirkung und der Notwendigkeit der streitigen Beihilfe durch die Kommission rügt, und zum anderen kann das Gericht seine Kontrollaufgabe wahrnehmen.
33. Folglich ist der Klagegrund einer Verletzung von Art. 253 EG zurückzuweisen.
Zum Klagegrund einer Verletzung der Vorschriften der Verordnung Nr. 659/1999
Vorbringen der Parteien
34. Die Klägerin trägt vor, Art. 9 der Verordnung Nr. 659/1999 biete eine Rechtsgrundlage dafür, eine einmal gewährte Beihilfe abzuändern und insbesondere zu erhöhen; die Kommission habe im vorliegenden Fall die Vorschriften dieser Verordnung verletzt.
35. Wenn der Rat der Kommission die Befugnis einräume, eine Entscheidung zu widerrufen und die Rückforderung der Beihilfe anzuordnen, sofern die erteilten Informationen unrichtig seien, müsse die Kommission erst recht befugt sein, eine einmal gewährte Beihilfe zu ändern und auch zu erhöhen. Denn die Änderung und die Erhöhung einer Beihilfe stellten einen weitaus geringeren Eingriff in die Rechte der Beteiligten dar als ein Widerruf.
36. Die Kommission beantragt, den von der Klägerin geltend gemachten Nichtigkeitsgrund zurückzuweisen.
Würdigung durch das Gericht
37. Die Klägerin macht zwar geltend, dass „die Vorschriften“ der Verordnung Nr. 659/1999 verletzt worden seien, erwähnt aber in ihrem Vorbringen lediglich deren Art. 9.
38. Art. 9 („Widerruf einer Entscheidung“) der Verordnung Nr. 659/1999 lautet:
„Die Kommission kann, nachdem sie dem betreffenden Mitgliedstaat Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben hat, eine nach Artikel 4 Absätze 2 oder 3 oder nach Artikel 7 Absätze 2, 3 oder 4 erlassene Entscheidung widerrufen, wenn diese auf während des Verfahrens übermittelten unrichtigen Informationen beruht, die ein für die Entscheidung ausschlaggebender Faktor waren. Vor dem Widerruf einer Entscheidung und dem Erlass einer neuen Entscheidung eröffnet die Kommission das förmliche Prüfverfahren nach Artikel 4 Absatz 4. Die Artikel 6, 7 und 10, Artikel 11 Absatz 1 sowie die Artikel 13, 14 und 15 gelten entsprechend.“
39. Bereits aus dem bloßen Wortlaut von Art. 9 der Verordnung Nr. 659/1999 folgt, dass er allein den Zweck hat, der Kommission eine Befugnis zum Widerruf ihrer Entscheidungen zu geben, und dass er nur dann anwendbar ist, wenn der Kommission unrichtige Informationen übermittelt wurden und sie auf deren Grundlage eine Entscheidung erlassen hat, mit der sie das Nichtvorliegen einer Beihilfe feststellt oder eine Beihilfe für vereinbar mit dem Gemeinsamen Markt erklärt.
40. Wie die Kommission zu Recht hervorhebt, räumt die Klägerin aber in ihrer Klageschrift ausdrücklich ein, dass ein „solcher Fall … hier … nicht gegeben [ist], denn die Informationen waren nicht unrichtig“. Außerdem ist darauf hinzuweisen, dass die Klägerin der Kommission im vorliegenden Fall nicht vorwirft, ihre Entscheidung vom 3. Juli 2001 nicht widerrufen zu haben.
41. Der Erst-recht-Schluss der Klägerin besteht in Wirklichkeit darin, aus Art. 9 der Verordnung Nr. 659/1999 herzuleiten, dass die Kommission auf der Grundlage dieses Artikels eine Entscheidung erlassen könne, mit der die Änderung einer bereits gewährten und genehmigten Beihilfe gebilligt werde; dem vermag das Gericht nicht zu folgen, da Art. 9 damit sehr weit und offensichtlich contra legem ausgelegt wird.
42. Jedenfalls würde dies, selbst wenn Art. 9 der Verordnung Nr. 659/1999 als eine für den Erlass einer solchen Entscheidung geeignete Rechtsgrundlage angesehen werden könnte, nicht bedeuten, dass jede zusätzliche Beihilfe, die wie hier bei der Kommission angemeldet wird, zwangsläufig mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar wäre.
43. Daher ist der Klagegrund einer Verletzung der Vorschriften der Verordnung Nr. 659/1999 zurückzuweisen.
Zum Klagegrund einer Verletzung von Art. 87 Abs. 3 Buchst. a und c EG, Art. 88 EG und der Leitlinien
Vorbringen der Parteien
– Zur mangelnden Anreizwirkung
44. Die Klägerin trägt erstens vor, zur Erfüllung des Kriteriums der Anreizwirkung genüge es nach Ziff. 4.2 Abs. 3 der Leitlinien, dass der Beihilfeantrag vor Beginn der Projektausführung gestellt worden sei. Diese einzige Anforderung sei im vorliegenden Fall erfüllt, da die Beantragung bei der zuständigen nationalen Stelle am 28. Januar 2000 und damit vor Beginn der Arbeiten am Vorhaben erfolgt sei. Zwar habe die Kommission in der Entscheidung auf das in Ziff. 4.2 der Leitlinien enthaltene Kriterium hingewiesen, doch habe sie die Anreizwirkung nicht bezogen auf den Zeitpunkt geprüft, zu dem die Klägerin das Vorhaben bei den nationalen Behörden angemeldet habe, sondern auf den Zeitpunkt, zu dem der Mitgliedstaat die streitige Beihilfe angemeldet habe; infolgedessen habe sie die genannte Bestimmung verletzt.
45. Die von der Kommission in der Entscheidung gewählte Vorgehensweise hinsichtlich der Berücksichtigung des Zeitpunkts der Notifizierung sowie der Tatsache, dass das Vorhaben bereits vor dieser abgeschlossen gewesen sei, greife für die Bewertung der Anreizwirkung zu kurz, stehe in Widerspruch zum Urteil des Gerichts vom 14. Mai 2002, Graphischer Maschinenbau/Kommission (T‑126/99, Slg. 2002, II‑2427), und gehe an den wirtschaftlichen Realitäten vorbei.
46. Zweitens habe die Klägerin eine Förderung von 77 Mio. DM – 35 % der Investitionssumme – beantragt und von der ILB 69,3 Mio. DM – 31,5 % der Investitionssumme – erhalten. Ihr Antrag bestehe in Höhe von 7,7 Mio. DM oder 3,5 % der Investitionssumme fort, da das bei der ILB anhängige Widerspruchsverfahren noch nicht abgeschlossen sei.
47. In der Entscheidung gehe die Kommission zu Unrecht davon aus, dass der ursprüngliche Beihilfeantrag der Klägerin durch den Erlass der Entscheidung vom 3. Juli 2001 „verbraucht“ sei, denn darin sei nur über einen Teil der beantragten Beihilfe entschieden worden. Überdies sei die Entscheidung auf einen in der Beihilfeanmeldung der deutschen Behörden vom 22. Dezember 2003 ausdrücklich als solchen bezeichneten „Änderungsantrag“ hin ergangen.
48. Drittens übersehe die Kommission, dass keine zusätzlichen beihilfefähigen Kosten anfallen müssten, um eine weitere Beihilfe neben der bereits gewährten zu genehmigen. Dass es grundsätzlich möglich sei, für ein und dasselbe Vorhaben und damit für ein und dieselben beihilfefähigen Kosten mehrere Beihilfen zu erhalten, ergebe sich aus dem letzten Satz des fünften Erwägungsgrundes der Verordnung (EG) Nr. 69/2001 der Kommission vom 12. Januar 2001 über die Anwendung der Artikel 87 und 88 EG-Vertrag auf „De-minimis“-Beihilfen (ABl. L 10, S. 30). Dies gelte auch für Regionalbeihilfen, sofern die nach den Vorschriften des Multisektoralen Beihilferahmens festgelegte Höchstförderung von 35 % eingehalten werde. Vorliegend wäre mithin eine Beihilfeintensität von insgesamt 35 % mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar, da der Wettbewerbsfaktor nicht mit 0,75, sondern mit 1 anzusetzen sei.
– Zur mangelnden Notwendigkeit
49. Die Klägerin macht geltend, die Kommission habe im Bereich der Regionalbeihilfen das Kriterium der Notwendigkeit dahin gehend spezifiziert und eingeschränkt, dass zur Annahme der Notwendigkeit einer Beihilfe die Antragstellung vor Beginn der Durchführung des Vorhabens genüge. Insoweit decke sich die Prüfung des Notwendigkeitskriteriums mit der Prüfung der Anreizwirkung.
50. Das Kriterium des Datums der Stellung des Beihilfeantrags gelte auch für die Änderung einer bewilligten Beihilfe. Die Kommission erkenne selbst an, dass die in der Rechtsprechung des Gerichts erwähnte Möglichkeit einer Erhöhung der Beihilfe nicht auf den Fall eines vollständig neuen Vorhabens beschränkt sei. In Ergänzung zu den von der Kommission aufgeführten Beispielen, in denen eine Änderung einer Beihilfe oder eine zusätzliche Beihilfe bewilligt werden könne, fielen hierunter auch die Umstände, in denen die Kommission wie im vorliegenden Fall eine unrichtige Marktbewertung vorgenommen habe, eine einheitliche Genehmigungspraxis der Kommission angestrebt werde und das ursprüngliche nationale Verwaltungsverfahren noch nicht abgeschlossen sei.
51. Die von der Kommission im 39. Erwägungsgrund der Entscheidung vorgenommene Auslegung des Begriffs „Notwendigkeit“ sei zudem falsch, denn die Kommission übersehe, dass die Klägerin nach den geltenden nationalen Regelungen verpflichtet gewesen sei, das Vorhaben innerhalb von 36 Monaten, d. h. bis zum 1. Januar 2005, zu realisieren, da sie sonst die gesamte Förderung verloren hätte. Es wäre widersprüchlich, wenn von ihr einerseits verlangt werde, das Vorhaben in einem bestimmten zeitlichen Rahmen durchzuführen, dies aber gleichzeitig zum Verlust der Möglichkeit führe, eine Erhöhung der Beihilfe genehmigen zu lassen. Mit einer solchen Sichtweise würde die Rechtsprechung des Gerichts unterlaufen, die die Möglichkeit der Änderung einer Beihilfe oder der Gewährung einer zusätzlichen Beihilfe vorsehe.
– Zur Einstufung als Betriebshilfe
52. Die Klägerin trägt vor, die von der Kommission in der Entscheidung vorgenommene Einstufung als Betriebsbeihilfe sei verfehlt, denn die Anmeldung der Bundesrepublik Deutschland sei auf eine Regionalbeihilfe ausgerichtet, und sämtliche Angaben, die sie der Kommission vorgelegt habe, bezögen sich auf die Vorgaben des Multisektoralen Beihilferahmens.
53. Die Kommission beantragt, den von der Klägerin geltend gemachten Klagegrund zurückzuweisen.
Würdigung durch das Gericht
– Zur Zulässigkeit des Klagegrundes
54. Nach Art. 44 § 1 der Verfahrensordnung des Gerichts muss die Klageschrift eine kurze Darstellung der Klagegründe enthalten. Diese Angaben müssen so klar und genau sein, dass dem Beklagten die Vorbereitung seiner Verteidigung und dem Gericht die Entscheidung über die Klage, gegebenenfalls auch ohne weitere Informationen, ermöglicht wird. In der Klageschrift ist deshalb darzulegen, worin der Klagegrund besteht, auf den die Klage gestützt wird, so dass seine bloß abstrakte Nennung den Erfordernissen der Verfahrensordnung nicht entspricht (Urteile des Gerichts vom 12. Januar 1995, Viho/Kommission, T‑102/92, Slg. 1995, II‑17, Randnr. 68, und vom 14. Mai 1998, Mo och Domsjö/Kommission, T‑352/94, Slg. 1998, II‑1989, Randnr. 333).
55. Eine derartige Verletzung von Art. 44 § 1 der Verfahrensordnung zählt zu den Unzulässigkeitsgründen, die das Gericht gemäß Art. 113 der Verfahrensordnung in jedem Stadium des Verfahrens von Amts wegen nach Anhörung der Parteien prüfen kann (Urteile des Gerichts vom 10. Juli 1990, Automec/Kommission, T‑64/89, Slg. 1990, II‑367, Randnrn. 73 und 74, und vom 13. Dezember 1995, Exporteurs in Levende Varkens u. a./Kommission, T‑481/93 und T‑484/93, Slg. 1995, II‑2941, Randnr. 75).
56. Vorliegend beschränkt sich die Klägerin darauf, eine Verletzung von Art. 88 EG zu behaupten, und trägt nichts vor, um diese Behauptung zu belegen. Auf Frage des Gerichts in der mündlichen Verhandlung hat sie hierzu keine näheren Angaben gemacht.
57. Unter diesen Umständen ist der fragliche Klagegrund für unzulässig zu erklären, soweit er sich auf die Verletzung von Art. 88 EG bezieht.
– Zur Begründetheit des Klagegrundes
58. Es ist unstreitig, dass die Kommission zu dem Ergebnis kam, dass auf die staatliche Beihilfe von 3 936 947 Euro, die die Bundesrepublik Deutschland der Klägerin zu gewähren beabsichtigte, keine der Ausnahmen des Art. 87 Abs. 2 und 3 EG Anwendung finden konnte und die Beihilfe daher für unvereinbar mit dem Gemeinsamen Markt zu erklären war.
59. Sowohl aus dem Aufbau der Entscheidung als auch aus dem Inhalt ihrer Erwägungsgründe ergibt sich, dass die Kommission ihre Schlussfolgerung auf zwei unterschiedliche Pfeiler stützt, nämlich den mangelnden Anreiz und die mangelnde Notwendigkeit der streitigen Beihilfe. So führt sie im 20. Erwägungsgrund der Entscheidung aus, dass „zwei grundsätzliche Voraussetzungen bei der Beihilfe nicht erfüllt sind: die Anreizwirkung und die Notwendigkeit“.
60. Auch wenn sich diese beiden Voraussetzungen für die Vereinbarkeit von Beihilfen in bestimmten Fällen überschneiden können, kommt ihnen jeweils eigene Bedeutung zu, so dass die beiden Pfeiler der Entscheidung – der mangelnde Anreiz und die mangelnde Notwendigkeit – als eigenständig anzusehen sind. Im Rahmen des vorliegenden Nichtigkeitsgrundes beanstandet die Klägerin im Übrigen jeden Pfeiler der Entscheidung gesondert.
61. Auf Frage in der mündlichen Verhandlung haben beide Parteien bestätigt, dass der Inhalt der Entscheidung so zu verstehen ist und dass die beiden Voraussetzungen – Anreizwirkung und Notwendigkeit der Beihilfe – kumulativ vorliegen müssen, damit die Beihilfe für vereinbar mit dem Gemeinsamen Markt erklärt werden kann. Dies ist im Sitzungsprotokoll vermerkt worden.
62. An dieser Stelle ist daran zu erinnern, dass sich, soweit bestimmte Gründe einer Entscheidung diese für sich allein rechtlich hinreichend rechtfertigen können, etwaige Mängel der übrigen Begründung des Rechtsakts keinesfalls auf dessen verfügenden Teil auswirken (vgl. entsprechend Urteil des Gerichtshofs vom 12. Juli 2001, Kommission und Frankreich/TF1, C‑302/99 P und C‑308/99 P, Slg. 2001, I‑5603, Randnrn. 26 bis 29, und Urteil des Gerichts vom 14. Dezember 2005, General Electric/Kommission, T‑210/01, Slg. 2005, II‑5575, Randnr. 42). Zudem ist, sofern der verfügende Teil einer Entscheidung der Kommission auf mehreren Begründungspfeilern ruht, von denen jeder für sich allein ausreichen würde, um ihn zu tragen, dieser Rechtsakt grundsätzlich nur dann für nichtig zu erklären, wenn jeder dieser Pfeiler rechtswidrig ist. Ein Fehler oder sonstiger Rechtsverstoß, der nur einen Begründungspfeiler berührt, genügt in diesem Fall nicht, um die Nichtigerklärung der streitigen Entscheidung zu rechtfertigen, da er den von dem Organ, das Urheber dieser Entscheidung ist, beschlossenen verfügenden Teil nicht entscheidend beeinflussen konnte (vgl. entsprechend Urteil Graphischer Maschinenbau/Kommission, oben in Randnr. 45 angeführt, Randnrn. 49 bis 51, und Urteil General Electric/Kommission, Randnr. 43).
63. Unter diesen Umständen sind zunächst die Einwände zu prüfen, die die Klägerin im Rahmen des Klagegrundes der Verletzung von Art. 87 Abs. 3 Buchst. a und c EG gegen den die mangelnde Notwendigkeit der streitigen Beihilfe betreffenden zweiten Pfeiler der Entscheidung vorbringt.
64. Nach Art. 87 Abs. 3 EG können als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar angesehen werden:
„a) Beihilfen zur Förderung der wirtschaftlichen Entwicklung von Gebieten, in denen die Lebenshaltung außergewöhnlich niedrig ist oder eine erhebliche Unterbeschäftigung herrscht;
…
c) Beihilfen zur Förderung der Entwicklung gewisser Wirtschaftszweige oder Wirtschaftsgebiete, soweit sie die Handelsbedingungen nicht in einer Weise verändern, die dem gemeinsamen Interesse zuwiderläuft;
…“
65. Wie die Kommission im 36. Erwägungsgrund der Entscheidung ausführt, kann sie eine Beihilfe nur dann für vereinbar mit Art. 87 Abs. 3 EG erklären, wenn sie feststellen kann, dass die Beihilfe zur Verwirklichung eines der genannten Ziele beiträgt, die das begünstigte Unternehmen unter normalen Marktbedingungen durch eigene Maßnahmen nicht erreichen könnte. Den Mitgliedstaaten darf mit anderen Worten nicht erlaubt werden, Zahlungen zu leisten, die die finanzielle Lage des begünstigten Unternehmens verbessern würden, ohne zur Erreichung der in Art. 87 Abs. 3 EG vorgesehenen Ziele notwendig zu sein (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 17. September 1980, Philip Morris Holland/Kommission, 730/79, Slg. 1980, 2671, Randnr. 17).
66. Es kann nämlich nicht zugelassen werden, dass die Modalitäten und insbesondere die Höhe einer Beihilfe beschränkende Auswirkungen haben, die über das hinausgehen, was erforderlich ist, um mit der Beihilfe die nach dem EG-Vertrag zulässigen Ziele erreichen zu können (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 22. März 1977, Iannelli & Volpi, 74/76, Slg. 1977, 557, Randnr. 15).
67. Aus der Entscheidung geht hervor, dass die Kommission das Ergebnis, dass die streitige Beihilfe nicht notwendig sei, im Wesentlichen auf zwei objektive Feststellungen stützt.
68. Sie hat erstens darauf hingewiesen, dass die von der Bundesrepublik Deutschland am 22. Dezember 2003 angemeldete Beihilfe in Höhe von 3 936 947 Euro weder ein neues Investitionsvorhaben der Klägerin noch die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffe, sondern sich allein auf die Errichtung einer Produktionsanlage für OSB-Platten beziehe, die Gegenstand der Anmeldung vom 22. Dezember 2000 sei.
69. Dazu führt sie in ihren schriftlichen Äußerungen – von der Klägerin unwidersprochen – folgenden Satz aus Punkt 3.2.2 der Anmeldung vom 22. Dezember 2003 an: „Die gesamten förderfähigen Investitionen sind begrenzt auf die ursprünglich beantragten Investitionen …“ Ferner ergibt sich aus den Zahlenangaben in Punkt 3.3.1 dieser Anmeldung, dass die streitige Beihilfe 3,5 % der ursprünglichen Investitionskosten ausmacht, wodurch die Beihilfeintensität von 31,5 % auf 35 % dieser Kosten steigt.
70. Zweitens hat die Kommission berücksichtigt, dass das die Errichtung einer Produktionsanlage für OSB-Platten betreffende Investitionsvorhaben von der Klägerin mit dem genehmigten Zuschuss in Höhe von 35,43 Mio. Euro, der einer Beihilfeintensität von 31,5 % der Investitionskosten entspricht, schon lange vor der zweiten Anmeldung vom 22. Dezember 2003 in vollem Umfang durchgeführt worden war.
71. Dabei ist zwischen den Parteien unstreitig, dass die Klägerin ihre Tätigkeiten fortsetzte, nachdem sie nur eine Beihilfe mit einer Intensität von 31,5 % erhalten hatte, und dass die Arbeiten zur Errichtung der genannten Anlage, die im Februar 2000 begannen, Ende Januar 2003, d. h. fast ein Jahr vor der zweiten Anmeldung, endgültig abgeschlossen wurden.
72. Die Kommission folgerte aus diesem zweiten Umstand, dass der Wirtschaftsbetrieb der Klägerin rentabel oder das Unternehmen jedenfalls nicht auf weitere Beihilfen angewiesen sei und dass jede weitere Beihilfe in dieser Phase für die Klägerin ein unerwarteter Gewinn wäre (39. Erwägungsgrund der Entscheidung).
73. Die Klägerin behauptet insoweit nicht, dass die vollständige Durchführung des fraglichen Investitionsvorhabens letztlich zu Mehrkosten geführt habe, die sie mit Eigenmitteln oder einem Kredit hätte finanzieren müssen und die dadurch ihre finanzielle Situation beeinträchtigt hätten. Sie legt mithin nicht dar, dass die bei der Kommission am 22. Dezember 2003 angemeldete zusätzliche Beihilfe von 3 936 947 Euro für sie wirtschaftlich notwendig war, um das fragliche Investitionsvorhaben vollständig durchzuführen.
74. Unter diesen Umständen hat die Kommission zu Recht angenommen, dass die streitige Beihilfe von ihrem Empfänger weder eine Gegenleistung noch einen Beitrag zu einem Ziel von gemeinsamem Interesse verlangte und dass es sich daher um eine unzulässige Betriebsbeihilfe zur Deckung der laufenden Kosten handelte, die die Klägerin normalerweise selbst tragen müsste.
75. Insoweit ist daran zu erinnern, dass Betriebsbeihilfen, d. h. Beihilfen, die ein Unternehmen von den Kosten befreien sollen, die es normalerweise im Rahmen seiner laufenden Geschäftsführung oder seiner üblichen Tätigkeiten zu tragen gehabt hätte, grundsätzlich die Wettbewerbsbedingungen verfälschen (vgl. Urteil des Gerichtshofs vom 19. September 2000, Deutschland/Kommission, C‑156/98, Slg. 2000, I‑6857, Randnr. 30 und die dort angeführte Rechtsprechung).
76. Das gesamte Vorbringen der Klägerin enthält nichts, was das oben in Randnr. 74 dargelegte Ergebnis entkräften könnte.
77. Erstens macht sie geltend, aus der Entscheidungspraxis der Kommission, wie sie in den Leitlinien niedergelegt worden sei, ergebe sich, dass – wie bei der Anreizwirkung – die Notwendigkeit einer Beihilfe nur voraussetze, dass der nationale Antrag auf Beihilfegewährung vor Beginn der Ausführung des Investitionsvorhabens gestellt worden sei.
78. Die Klägerin nennt jedoch keine Kommissionsentscheidungen, die die behauptete Praxis belegen; eine Prüfung der angefochtenen Entscheidung zeigt vielmehr, dass Ziff. 4.2 Abs. 3 der Leitlinien nur die Voraussetzung einer Anreizwirkung der Beihilfe betrifft.
79. Nach dieser Bestimmung „müssen die Beihilferegelungen vorsehen, dass der Beihilfeantrag vor Beginn der Projektausführung gestellt wird“.
80. Sie stellt auf einen bestimmten zeitlichen Ablauf ab und verlangt somit eine Prüfung der zeitlichen Abfolge, die bei der Beurteilung der Anreizwirkung völlig angemessen ist. Diese Beurteilung muss nämlich anhand der Investitionsentscheidung des betreffenden Unternehmens vorgenommen werden, mit der der dynamische Prozess beginnt, den eine betriebliche Investition wie die der Klägerin notwendigerweise darstellt.
81. Wie im 30. Erwägungsgrund der Entscheidung ausgeführt wird, soll durch die Anwendung des Kriteriums von Ziff. 4.2 der Leitlinien versucht werden, die Anreizwirkung zu überprüfen, ohne die Investition durch eine umfassende Untersuchung aller wirtschaftlichen Aspekte der Investitionsentscheidung des Beihilfeempfängers, die sich als sehr schwierig und/oder zeitaufwändig erweisen könnte, zu sehr hinauszuzögern. Dieses Bestreben erklärt, weshalb die bloße Feststellung, dass der Beihilfeantrag vor Beginn der Ausführung des Investitionsvorhabens gestellt wurde, nach Auffassung der Kommission zu der Vermutung berechtigt, dass eine Anreizwirkung vorliegt.
82. Dagegen stellt sich im vorliegenden Rechtsstreit in Bezug auf die Voraussetzung der Notwendigkeit der Beihilfe die Frage, wie die tatsächlichen Bedingungen der Durchführung des fraglichen Investitionsvorhabens zu beurteilen sind und ob die Klägerin eine die Gewährung der am 22. Dezember 2003 angemeldeten zusätzlichen Beihilfe rechtfertigende Gegenleistung erbringt.
83. Das Vorbringen der Klägerin läuft der Sache nach darauf hinaus, dass die objektive und wesentliche Voraussetzung der Notwendigkeit der Beihilfe anhand eines rein formalen Kriteriums beurteilt würde; dem kann nicht gefolgt werden.
84. Zweitens macht die Klägerin geltend, die Auslegung des Begriffs der Notwendigkeit der Beihilfe durch die Kommission trage nicht der Tatsache Rechnung, dass sie nach den geltenden nationalen Regelungen verpflichtet gewesen sei, das Vorhaben innerhalb von 36 Monaten, d. h. bis zum 1. Januar 2005, zu realisieren, da sie sonst die gesamte Förderung verloren hätte, und widerspreche der Rechtsprechung des Gerichts, die die Möglichkeit vorsehe, die Erhöhung einer bereits gewährten Beihilfe zu genehmigen.
85. Es steht außer Zweifel, dass ein Mitgliedstaat nach der Anmeldung eines Beihilfevorhabens und dessen Genehmigung durch die Kommission die Möglichkeit hat, ein Vorhaben anzumelden, mit dem dem begünstigten Unternehmen eine weitere Beihilfe gewährt oder die bereits gewährte Beihilfe geändert werden soll (Urteil des Gerichts vom 30. Januar 2002, Nuove Industrie Molisane/Kommission, T‑212/00, Slg. 2002, II‑347, Randnr. 47, und Beschluss Kronoply/Kommission, oben in Randnr. 9 angeführt, Randnr. 50). Diese neue Anmeldung unterliegt der Kontrolle der Kommission, die die Beihilfe nach Prüfung der in Art. 87 Abs. 2 und 3 EG vorgesehenen Voraussetzungen für vereinbar mit dem Gemeinsamen Markt erklären kann (vgl. in diesem Sinne Urteil Nuove Industrie Molisane/Kommission, Randnr. 46).
86. Die Kommission hat diese den Mitgliedstaaten zuerkannte Möglichkeit keineswegs in Abrede gestellt, sondern im 24. Erwägungsgrund der Entscheidung ausdrücklich erwähnt. Sie erkennt eindeutig an, dass für dasselbe Investitionsvorhaben mehrere Beihilfen kumuliert werden können, sofern jede einzelne Beihilfe als vereinbar mit dem Gemeinsamen Markt angesehen werden kann und somit die Voraussetzung der Notwendigkeit der Beihilfe eingehalten wird.
87. Überdies führt, wie die Kommission in ihren Schriftsätzen ausdrücklich hervorhebt, die Tatsache, dass eine nationale Vorschrift für die Durchführung eines Vorhabens eine bestimmte Frist vorsieht, nicht automatisch zum Verlust der Möglichkeit, nach Ablauf der Frist eine Erhöhung der für dieses Vorhaben bereits gewährten Beihilfe zu beantragen und genehmigen zu lassen.
88. So ist es denkbar, dass ein Mitgliedstaat nach Ablauf der durch die nationale Vorschrift gesetzten Frist bei der Kommission für ein bestimmtes Vorhaben eine zusätzliche Beihilfe anmeldet, wenn dessen Durchführung aufgrund unvorhersehbarer externer Faktoren zu zusätzlichen Kosten geführt hat.
89. In einer solchen Situation hat die Kommission zu ermitteln, ob die angemeldete zusätzliche Beihilfe als notwendig angesehen werden kann, wobei im Fall von Beihilfen mit regionaler Zielsetzung, die unter den Multisektoralen Beihilferahmen fallen, insbesondere der für die Beihilfe geltende Förderhöchstsatz zu berücksichtigen ist.
90. Vorliegend hat sich die Kommission zu Recht mit der Feststellung begnügt, dass das fragliche Investitionsvorhaben von der Klägerin mit der ursprünglich genehmigten Beihilfe vor Anmeldung der streitigen Beihilfe in vollem Umfang durchgeführt worden war.
91. Die Klägerin hat nämlich nie behauptet, dass die Verwirklichung des fraglichen Investitionsvorhabens und damit eines der Ziele des Art. 87 Abs. 3 EG zu Mehrkosten geführt habe und dass die beabsichtigte Erhöhung der ursprünglichen Beihilfe um 3 936 947 Euro, die bei der Kommission am 22. Dezember 2003 angemeldet wurde, diese Mehrkosten ganz oder teilweise ausgleiche und deshalb als notwendig anzusehen sei.
92. Die Klägerin macht lediglich geltend, dass eine zusätzliche Beihilfe für ein Investitionsvorhaben dann zu genehmigen sei, wenn wie im vorliegenden Fall
– die Kommission in ihrer Entscheidung, mit der die ursprüngliche Beihilfe für vereinbar mit dem Gemeinsamen Markt erklärt werde, den relevanten Produktmarkt falsch beurteilt habe;
– für die diesen Markt betreffenden Beihilfen eine einheitliche Genehmigungspraxis angestrebt werde;
– das nationale Verwaltungsverfahren hinsichtlich des ursprünglichen Beihilfeantrags noch nicht abgeschlossen sei.
93. Zum einen ist darauf hinzuweisen, dass die in den Raum gestellte Behauptung, die Kommission habe den relevanten Produktmarkt falsch beurteilt, der Angabe widerspricht, dass die von den deutschen Behörden übermittelten Informationen, aufgrund deren die Entscheidung vom 3. Juli 2001 erlassen wurde, richtig seien. Zum anderen sind die in der vorstehenden Randnummer genannten Erwägungen der Klägerin für die Voraussetzung der Notwendigkeit der Beihilfe in dem oben in den Randnrn. 65 und 66 definierten Sinne völlig unerheblich.
94. Aus den Akten geht nämlich hervor, dass mit der Anmeldung der streitigen Beihilfe lediglich eine dem ursprünglichen Beihilfeantrag entsprechende Beihilfeintensität von 35 % erreicht werden sollte, da die Klägerin die Festsetzung eines Koeffizienten von 0,75 für den Wettbewerbsfaktor offensichtlich nicht akzeptierte, nachdem die Kommission in ihrer Entscheidung über das angemeldete Beihilfevorhaben zugunsten des Konkurrenzunternehmens Glunz AG, die einige Wochen vor der Entscheidung vom 3. Juli 2001 ergangen war, einen Koeffizienten von 1 gebilligt hatte.
95. Die Klägerin beanstandet drittens die Einstufung der streitigen Beihilfe als Betriebsbeihilfe, wobei sie sich hauptsächlich auf den Wortlaut der Anmeldung vom 22. Dezember 2003 stützt.
96. Der bloße Umstand, dass die Anmeldung eines Mitgliedstaats auf eine regionale Investitionsbeihilfe „ausgerichtet“ ist, bedeutet jedoch nicht, dass die betreffende Maßnahme keine Betriebsbeihilfe sein kann.
97. Die Durchführung des Systems der Kontrolle staatlicher Beihilfen, wie es sich aus Art. 88 EG und der dazu ergangenen Rechtsprechung ergibt, obliegt im Wesentlichen der Kommission; diese verfügt bei der Anwendung von Art. 87 Abs. 3 EG über ein weites Ermessen, dessen Ausübung wirtschaftliche und soziale Wertungen voraussetzt, die auf die Gemeinschaft als Ganzes zu beziehen sind (Urteil des Gerichtshofs vom 21. März 1991, Italien/Kommission, C‑303/88, Slg. 1991, I‑1433, Randnr. 34, und Urteil Deutschland/Kommission, oben in Randnr. 75 angeführt, Randnr. 67).
98. Vorliegend hat die Kommission zu Recht angenommen, dass die Voraussetzung der Notwendigkeit der Beihilfe nicht erfüllt und die streitige Beihilfe als Betriebsbeihilfe einzustufen war, denn sie war gewährt worden, ohne vom Begünstigten eine Gegenleistung zu verlangen, und sie war zur Verbesserung der finanziellen Lage des Betriebs bestimmt.
99. Aus den vorstehenden Erwägungen ergibt sich, dass die Klägerin nicht dargetan hat, dass die Kommission die Notwendigkeit der Beihilfe fälschlich verneint hat.
100. Unter diesen Umständen bliebe nach den obigen Ausführungen in den Randnrn. 59 bis 62 die Entscheidung allein auf der Grundlage der Feststellung mangelnder Notwendigkeit selbst dann begründet, wenn unter den besonderen Gegebenheiten des vorliegenden Falles – der dadurch gekennzeichnet ist, dass für ein bereits genehmigtes Investitionsvorhaben, das ein untrennbares wirtschaftliches Ganzes bildet, eine zusätzliche Beihilfe angemeldet wurde – die Annahme der Kommission, dass die streitige Beihilfe die Voraussetzung der Anreizwirkung nicht erfüllt, nicht zutreffen sollte.
101. Folglich ist der Klagegrund einer Verletzung von Art. 87 Abs. 3 Buchst. a und c EG und der Leitlinien zurückzuweisen.
Zum Klagegrund, mit dem der Kommission offensichtliche Fehler bei der Tatsachenfeststellung vorgeworfen werden
Vorbringen der Parteien
102. Die Klägerin trägt erstens vor, die Kommission weise im 22. Erwägungsgrund der Entscheidung zu Unrecht darauf hin, dass sie in dem Verfahren N 813/2000 die Angaben der Bundesrepublik Deutschland anerkannt und die von ihr hinsichtlich des relevanten Produktmarkts gezogenen Schlussfolgerungen akzeptiert habe. Aus der Entscheidung der Kommission vom 3. Juli 2001 gehe eindeutig hervor, dass sie und die Bundesrepublik Deutschland unterschiedlicher Auffassung darüber gewesen seien, ob die Investition in einem schrumpfenden Markt getätigt werde oder nicht.
103. Zweitens treffe die ebenfalls im 22. Erwägungsgrund der Entscheidung enthaltene Bemerkung, die Entscheidung der Kommission vom 3. Juli 2001 sei von der Bundesrepublik Deutschland und der Klägerin akzeptiert worden, nicht zu. Die Nichteinlegung eines Rechtsbehelfs gegen diese Entscheidung, mit der die Beihilfe in vollem Umfang für vereinbar mit dem Gemeinsamen Markt erklärt worden sei, könne nicht als Akzeptanz gewertet werden, denn der Rechtsbehelf wäre wegen fehlenden Rechtsschutzinteresses unzulässig gewesen. Darüber hinaus sei die Klägerin nach den nationalen Vorschriften gesetzlich verpflichtet gewesen, das Vorhaben wie angemeldet innerhalb von 36 Monaten nach der Bewilligung durch die Kommission durchzuführen.
104. Drittens führe die Kommission in der Entscheidung zu Unrecht aus, dass ihr eine Beihilfeintensität von 35 % bereits versagt worden sei. Die Differenz zwischen der in der Entscheidung vom 3. Juli 2001 genehmigten Beihilfeintensität von 31,5 % und der sich bei korrekter Anwendung des Multisektoralen Beihilferahmens ergebenden Beihilfeintensität von 35 % sei vor der Anmeldung vom 22. Dezember 2003 noch nicht Gegenstand eines Beihilfeverfahrens gewesen. Erst mit der Entscheidung habe die Kommission eine (kumulierte) Beihilfeintensität von 35 % abgelehnt.
105. Viertens erwähne die Kommission in der Entscheidung im Rahmen der Prüfung, ob eine Anreizwirkung der Beihilfe vorliege, weil der Beihilfeantrag vor Beginn der Projektausführung gestellt worden sei, nicht ein einziges Mal das Datum der Antragstellung, nämlich den 28. Januar 2000. Sie gehe daher von unvollständigen Tatsachen aus.
106. Folglich wäre die Kommission, wenn sie die Tatsachen zutreffend festgestellt hätte, zu einem anderen Ergebnis gekommen. Die offensichtlichen Fehler, die ihr bei der Tatsachenfeststellung unterlaufen seien, rechtfertigten allein schon eine Nichtigerklärung der Entscheidung.
107. Die Kommission beantragt, den von der Klägerin geltend gemachten Klagegrund zurückzuweisen.
Würdigung durch das Gericht
108. Nach der Rechtsprechung genügt es für die Nichtigerklärung des angefochtenen Rechtsakts nicht, nachzuweisen, dass dieser in tatsächlicher Hinsicht fehlerhaft ist, sondern dieser Fehler muss sich auch auf den Inhalt des Rechtsakts selbst ausgewirkt haben, d. h. mit anderen Worten, der Rechtsakt hätte ohne diesen Fehler anders ausfallen können (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichts vom 2. Mai 1995, NTN Corporation und Koyo Seiko/Rat, T‑163/94 und T‑165/94, Slg. 1995, II‑1381, Randnr. 115, vom 28. Oktober 2004, Shanghai Teraoka Electronic/Rat, T‑35/01, Slg. 2004, II‑3663, Randnr. 167, und vom 14. März 2007, Aluminium Silicon Mill Products/Rat, T‑107/04, Slg. 2007, II‑669, Randnr. 66).
109. Im vorliegenden Fall genügt die Feststellung, dass das Ergebnis, wonach es an der Notwendigkeit der Beihilfe mangelt, angesichts der Ausführungen in den obigen Randnrn. 68 bis 74 selbst dann noch zuträfe, wenn die Kommission die vier von der Klägerin angeführten Fehler begangen hätte.
110. Die vier tatsächlichen Fehler, die die Kommission in der Entscheidung durch die Hinweise auf die Anerkennung der Richtigkeit der von der Bundesrepublik Deutschland übermittelten Informationen und auf die Akzeptanz der Entscheidung vom 3. Juli 2001, durch die Ablehnung einer Beihilfeintensität von 35 % und durch die Nichterwähnung des genauen Datums der Stellung des ursprünglichen Beihilfeantrags begangen haben soll, haben nämlich keinerlei Auswirkung auf das genannte Ergebnis und die infolgedessen festgestellte Unzulässigkeit der streitigen Beihilfe.
111. Unter diesen Umständen geht der betreffende Klagegrund jedenfalls ins Leere und ist zurückzuweisen.
Zum Klagegrund, mit dem der Kommission offensichtliche Fehler bei der Tatsachenwürdigung und ein Ermessensmissbrauch vorgeworfen werden
Vorbringen der Parteien
112. Die Klägerin trägt vor, die Kommission habe das Kriterium der Anreizwirkung offensichtlich falsch beurteilt, da sie es unterlassen habe, das in Ziff. 4.2 der Leitlinien vorgesehene Kriterium zu prüfen und zu berücksichtigen, dass die Klägerin ihr Vorhaben aufgrund der von der Kommission genehmigten nationalen Gesetze innerhalb eines bestimmten Zeitraums habe verwirklichen müssen. In der Entscheidung setze sich die Kommission ferner in Widerspruch zur Rechtsprechung des Gerichts, nach der eine weitere Beihilfe gewährt oder eine bereits gewährte Beihilfe geändert werden könne.
113. Außerdem habe die Kommission das ihr nach der oben genannten Rechtsprechung des Ger ichts und nach Art. 9 der Verordnung Nr. 659/1999 zustehende Ermessen nicht ausgeübt.
114. Dadurch, dass die Kommission die gesamte Entscheidung nur darauf stütze, dass das Vorhaben mit einer Beihilfeintensität von 31,5 % verwirklicht worden sei, bevor die Anmeldung Deutschlands bei ihr eingegangen sei, gebe sie zu erkennen, dass sie ergebnisorientiert handele und nur auf tatsächliche Umstände abstelle, ohne diese rechtlich einzuordnen und zu bewerten. Die Prüfung des Kriteriums der Anreizwirkung werde offensichtlich unterlassen, um zu dem Ergebnis einer mangelhaften Anreizwirkung kommen zu können. Dies stelle einen Ermessensmissbrauch der Kommission dar.
115. Die Kommission beantragt, den von der Klägerin geltend gemachten Klagegrund zurückzuweisen.
Würdigung durch das Gericht
116. In Bezug auf den Klagegrund des Vorliegens offensichtlicher Beurteilungsfehler geht aus der Klageschrift hervor, dass die Klägerin hierzu eine Argumentation entwickelt, auf die sie bereits die Klagegründe einer Verletzung von Art. 9 der Verordnung Nr. 659/1999 und einer Verletzung von Art. 87 EG und der Leitlinien gestützt hat.
117. Wie oben ausgeführt, können diese beiden Klagegründe aber eine Nichtigerklärung der Entscheidung nicht tragen.
118. In Bezug auf den Klagegrund eines Ermessensmissbrauchs stützt sich die Klägerin auf folgendes Vorbringen: „Die Prüfung des Anreizkriteriums wird offensichtlich mit dem Ziel unterlassen, hier zu einer mangelhaften Anreizwirkung zu kommen. Dies stellt einen Ermessensmissbrauch der Kommission dar.“
119. Wie sich schon allein aus dem Wortlaut der Entscheidung ergibt, beruht dieser Klagegrund insofern auf einer falschen Prämisse, als die Kommission die Voraussetzung einer Anreizwirkung der Beihilfe tatsächlich geprüft und dargelegt hat, warum die besonderen Umstände der vorliegenden Rechtssache dazu berechtigten, entgegen der Vermutung in Ziff. 4.2 der Leitlinien eine Anreizwirkung zu verneinen.
120. Unter diesen Umständen hat die Klägerin nicht nachgewiesen, dass die Kommission im vorliegenden Fall einen Ermessensmissbrauch begangen hat.
121. Nach alledem kann der vorliegende Klagegrund keinen Erfolg haben, so dass die Klage in vollem Umfang abzuweisen ist.
Kosten
122. Nach Art. 87 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Klägerin unterlegen ist, sind ihr gemäß dem Antrag der Kommission die Kosten aufzuerlegen.
Aus diesen Gründen hat
DAS GERICHT (Fünfte Kammer)
für Recht erkannt und entschieden:
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kronoply GmbH & Co. KG trägt die Kosten.