Urteil des Gerichts (Dritte Kammer) vom 8. Juli 2008 – Lafarge/Kommission
(Rechtssache T‑54/03)
„Wettbewerb – Kartelle – Gipsplattenmarkt – Entscheidung, mit der eine Zuwiderhandlung gegen Art. 81 EG festgestellt wird – Zurechnung – Abschreckende Wirkung – Wiederholungsfall – Geldbuße – Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen“
1. Wettbewerb – Verwaltungsverfahren – Unanwendbarkeit von Artikel 6 der Europäischen Menschenrechtskonvention – Beachtung der Verfahrensgarantien durch die Kommission (Art. 81 EG und 82 EG; Verordnung Nr. 17 des Rates, Art. 17; Entscheidung 88/591 des Rates) (vgl. Randnrn. 36-47)
2. Wettbewerb – Verwaltungsverfahren – Entscheidung der Kommission, mit der eine Zuwiderhandlung festgestellt wird – Heranziehung von Erklärungen anderer an der Zuwiderhandlung beteiligter Unternehmen als Beweise – Zulässigkeit – Voraussetzungen (Art. 81 EG und 82 EG) (vgl. Randnrn. 57-59, 293-294)
3. Wettbewerb – Verwaltungsverfahren – Anhörungen – Anhörung unter Ausschluss anderer an der gleichen Zuwiderhandlung Beteiligter – Keine Verletzung der Verteidigungsrechte (Verordnung Nr. 2842/98 der Kommission, Art. 9) (vgl. Randnrn. 142-149)
4. Wettbewerb – Verwaltungsverfahren – Wahrung der Verteidigungsrechte – Belastendes Schriftstück – Begriff – Schriftstück der Kommission, in dem tatsächliche Angaben der an der Zuwiderhandlung Beteiligten zusammengefasst werden – Ausschluss (Art. 81 Abs. 1 EG) (vgl. Randnrn. 156-157)
5. Nichtigkeitsklage – Gründe – Bestreiten des Sachverhalts, der in einer einen Verstoß gegen die Wettbewerbsregeln ahndenden Entscheidung festgestellt wird – Bestreiten in Bezug auf ein Treffen von Wettbewerbern, an der das bestreitende Unternehmen nicht teilgenommen hat – Zulässigkeit – Voraussetzungen (Art. 230 EG) (vgl. Randnrn. 212-214)
6. Wettbewerb – Kartelle – Beeinträchtigung des Wettbewerbs – Vereinbarung über die Schaffung eines Informationsaustauschsystems – Unzulässigkeit auf einem oligopolistischen Markt – Widerlegbare Vermutung (Art. 81 Abs. 1 EG) (vgl. Randnrn. 256-259, 397)
7. Wettbewerb – Kartelle – Abgestimmte Verhaltensweise – Begriff – Parallelverhalten – Vermutung für eine Abstimmung – Grenzen (Art. 81 Abs. 1 EG) (vgl. Randnrn. 318, 324)
8. Wettbewerb – Kartelle – Vereinbarungen zwischen Unternehmen – Beweislast der Kommission für die Zuwiderhandlung – Erforderlicher Grad der Beweiskraft der von der Kommission berücksichtigten Beweismittel (Art. 81 Abs. 1 EG) (vgl. Randnrn. 426, 452)
9. Wettbewerb – Kartelle – Abgestimmte Verhaltensweise – Begriff – Mit der Pflicht jedes Unternehmens, sein Marktverhalten selbständig zu bestimmen, unvereinbare Koordinierung und Zusammenarbeit – Erhalt von Informationen eines Wettbewerbers über dessen künftiges Marktverhalten durch einen Wirtschaftsteilnehmer (Art. 81 Abs. 1 EG) (vgl. Randnrn. 458-463)
10. Wettbewerb – Kartelle – Vereinbarungen und abgestimmte Verhaltensweisen, die eine einheitliche Zuwiderhandlung darstellen – Unternehmen, denen eine Zuwiderhandlung in Form der Teilnahme an einem Gesamtkartell zur Last gelegt werden kann – Kriterien (Art. 81 Abs. 1 EG) (vgl. Randnrn. 479, 482-487, 490, 613-616)
11. Wettbewerb – Gemeinschaftsvorschriften – Von einer Tochtergesellschaft begangene Zuwiderhandlung – Zurechnung an die Muttergesellschaft – Voraussetzungen – Unerheblichkeit der eigenen Rechtspersönlichkeit der Tochtergesellschaft – Auswirkung des Haltens des gesamten Kapitals der Tochtergesellschaft – Der Muttergesellschaft obliegende Verpflichtung, die Vermutung der tatsächlichen Ausübung von Leitungsmacht über ihre Tochtergesellschaft zu widerlegen (Art. 81 Abs. 1 EG) (vgl. Randnrn. 539-541, 545, 557-558)
12. Wettbewerb – Geldbußen – Höhe – Festsetzung – Kriterien – Konkrete Auswirkungen auf den Markt (Verordnung Nr. 17 des Rates, Art. 15 Abs. 2; Mitteilung 98/C 9/03 der Kommission, Nr. 1 A Abs. 1) (vgl. Randnrn. 580-585)
13. Wettbewerb – Geldbußen – Höhe – Festsetzung – Kriterien – Schwere der Zuwiderhandlung – Horizontales Preiskartell – Besonders schwere Zuwiderhandlung (Verordnung Nr. 17 des Rates, Art. 15 Abs. 2; Mitteilung 98/C 9/03 der Kommission, Nr. 1 A) (vgl. Randnrn. 618-624)
14. Wettbewerb – Geldbußen – Höhe – Festsetzung – Keine Notwendigkeit, den Umsatz der an derselben Zuwiderhandlung oder an früheren, ähnlichen Zuwiderhandlungen beteiligten Unternehmen zu berücksichtigen und die Geldbußen proportional zu diesem Umsatz festzusetzen – Gerichtliche Nachprüfung – Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung (Verordnung Nr. 17 des Rates, Art. 15 Abs. 2) (vgl. Randnrn. 634-639)
15. Wettbewerb – Geldbußen – Höhe – Festsetzung – Abschreckende Wirkung – Berücksichtigung der Größe und der Gesamtressourcen des mit der Geldbuße belegten Unternehmens (Verordnung Nr. 17 des Rates, Art. 15 Abs. 2; Mitteilung 98/C 9/03 der Kommission, Nr. 1 A) (vgl. Randnrn. 663-673, 678-684)
16. Wettbewerb – Geldbußen – Höhe – Festsetzung – Kriterien – Schwere der Zuwiderhandlung – Erschwerende Umstände – Ermessen der Kommission – Berücksichtigung eines Wiederholungsfalls – Kein Verstoß gegen die Grundsätze der Gesetzmäßigkeit der Strafen, der Rechtssicherheit und ne bis in idem (Art. 81 EG und 82 EG; Verordnung Nr. 17 des Rates, Art. 15 Abs. 2; Mitteilung 98/C 9/03 der Kommission) (vgl. Randnrn. 716-730)
17. Wettbewerb – Geldbußen – Höhe – Festsetzung – Kriterien – Schwere der Zuwiderhandlung – Erschwerende Umstände – Wiederholungsfall – Begriff (Verordnung Nr. 17 des Rates, Art. 15 Abs. 2; Mitteilung 98/C 9/03 der Kommission, Nr. 2) (vgl. Randnrn. 733-739)
18. Wettbewerb – Geldbußen – Höhe – Festsetzung – Kriterien – Schwere der Zuwiderhandlung – Mildernde Umstände – Passive Rolle oder Mitläuferrolle des Unternehmens – Beurteilungskriterien (Verordnung Nr. 17 des Rates, Art. 15 Abs. 2; Mitteilung 98/C 9/03 der Kommission, Nr. 3 erster Gedankenstrich) (vgl. Randnrn. 763-767)
19. Wettbewerb – Geldbußen – Höhe – Festsetzung – Kriterien – Mildernde Umstände – Beendigung der Zuwiderhandlung nach dem Eingreifen der Kommission – Voraussetzungen (Verordnung Nr. 17 des Rates, Art. 15 Abs. 2; Mitteilung 98/C 9/03 der Kommission, Nr. 3) (vgl. Randnrn. 780-784)
20. Wettbewerb – Geldbußen – Höhe – Festsetzung – Kriterien – Herabsetzung der Geldbuße als Gegenleistung für eine Zusammenarbeit des beschuldigten Unternehmens – Voraussetzungen (Verordnung Nr. 17 des Rates, Art. 15 Abs. 2; Mitteilung 96/C 207/04 der Kommission, Abschnitt D Nr. 2) (vgl. Randnrn. 791-794)
Gegenstand
Klage auf Nichtigerklärung der Entscheidung 2005/471/EG der Kommission vom 27. November 2002 bezüglich eines Verfahrens zur Durchführung von Artikel 81 [EG] gegen BPB plc, Gebrüder Knauf Westdeutsche Gipswerke KG, Société Lafarge SA und Gyproc Benelux NV (Sache COMP/E‑1/37.152 – Gipsplatten) (ABl. 2005, L 166, S. 8) oder, hilfsweise, auf Aufhebung oder Herabsetzung der gegen die Klägerin verhängten Geldbuße |
Tenor
1. |
Die Klage wird abgewiesen. |
2. |
Die Lafarge SA trägt ihre eigenen Kosten und die Kosten der Kommission. |
3. |
Der Rat trägt seine eigenen Kosten. |