Rechtssache T‑289/01

Der Grüne Punkt – Duales System Deutschland GmbH

gegen

Kommission der Europäischen Gemeinschaften

„Wettbewerb – Kartelle – System der Sammlung und Verwertung von in Deutschland in den Verkehr gebrachten Verpackungen, die mit dem Zeichen ‚Der Grüne Punkt‘ versehen sind – Freistellungsentscheidung – Auflagen der Kommission zur Gewährleistung des Wettbewerbs – Den beauftragten Entsorgern vom Systembetreiber gewährte Ausschließlichkeit – Wettbewerbsbeschränkung – Notwendigkeit, den Zugang der Wettbewerber zu den vom Systembetreiber benutzten Sammeleinrichtungen zu gewährleisten – Zusagen des Systembetreibers“

Urteil des Gerichts (Erste Kammer) vom 24. Mai 2007 

Leitsätze des Urteils

1.     Wettbewerb – Kartelle – Verbot – Freistellung – Im Verwaltungsverfahren unterbreitete Zusage

(Art. 81 EG)

2.     Wettbewerb – Kartelle – Verbot – Freistellung – Voraussetzungen

3.     Wettbewerb – Kartelle – Verbot – Freistellung – Voraussetzungen

(Art. 81 Abs. 1 und 3 EG; Verordnung Nr. 17 des Rates, Art. 8 Abs. 1)

4.     Wettbewerb – Gemeinschaftsvorschriften – Anwendung durch die nationalen Gerichte

(Art. 81 Abs. 1 EG)

5.     Wettbewerb – Unternehmen, die mit Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse betraut sind

(Art. 86 Abs. 2 EG)

1.     Eine Zusage, die ein Unternehmen im Verwaltungsverfahren gegeben hat, um den von der Kommission in diesem Rahmen geäußerten Bedenken zu begegnen, bewirkt eine inhaltliche Klarstellung der nach Art. 81 EG zur Erteilung eines Negativattests oder einer Befreiung angemeldeten Vereinbarungen, indem das betreffende Unternehmen der Kommission erklärt, wie es sich in Zukunft verhalten will. Demnach ist die Kommission berechtigt, ihre Entscheidung unter Berücksichtigung dieser Zusage zu erlassen, und das Gericht hat nicht die Aufgabe, deren Rechtmäßigkeit hinsichtlich eines Gesichtspunkts zu prüfen, auf dessen Geltendmachung das Unternehmen im Verwaltungsverfahren verzichtet hatte.

(vgl. Randnrn. 87-89)

2.     In einem Fall, in dem Einrichtungen, die im Eigentum der Vertragspartner eines Unternehmens stehen, das den Großteil der Nachfrage stellt, einen Flaschenhals für dessen Wettbewerber darstellen, kann die Kommission diesem Unternehmen für ein Negativattest oder eine Befreiung nach Art. 81 EG die Mitbenutzung der betreffenden Einrichtungen durch seine Wettbewerber zur Auflage machen, da den Wettbewerbern andernfalls jede ernsthafte Chance genommen wäre, Zutritt zu dem relevanten Markt zu erlangen und sich auf diesem Markt zu halten.

(vgl. Randnrn. 107, 112-113)

3.     Nach Art. 8 Abs. 1 der Verordnung Nr. 17 dürfen Freistellungsentscheidungen mit Bedingungen und Auflagen verbunden werden, ohne dass dort klargestellt würde, nach welchen Kriterien die Kommission zwischen diesen beiden Möglichkeiten zu wählen hat. Da Art. 81 Abs. 3 zugunsten der Unternehmen eine Ausnahme von dem allgemeinen Verbot des Art. 81 Abs. 1 EG darstellt, muss der Kommission außerdem im Hinblick auf die Modalitäten der Freistellungserklärung unbeschadet der Verpflichtung, die ihrer Zuständigkeit in Art. 81 EG gesetzten Schranken zu beachten, ein weiter Ermessensspielraum zustehen.

Dass es die Kommission in einigen Fällen vorgezogen hat, anstelle von Auflagen Bedingungen anzuordnen, reicht für sich nicht aus, um die in der Verordnung Nr. 17 eingeräumte Befugnis in Frage zu stellen, eine Freistellungsentscheidung mit Auflagen anstelle von Bedingungen zu verbinden.

(vgl. Randnrn. 153-154)

4.     Befinden die nationalen Gerichte über Vereinbarungen oder Verhaltensweisen, die bereits Gegenstand einer Entscheidung der Kommission sind, die dabei im Rahmen der ihr zur Durchsetzung der gemeinschaftlichen Wettbewerbsregeln verliehenen Befugnisse gehandelt hat, dürfen sie keine Entscheidungen erlassen, die der Entscheidung der Kommission zuwiderlaufen, selbst wenn diese im Widerspruch zu der Entscheidung eines erstinstanzlichen nationalen Gerichts steht.

(vgl. Randnr. 197)

5.     Selbst wenn ein Unternehmen, das ein System der Sammlung und Verwertung von Verkaufsverpackungen betreibt, mit einer Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse im Sinne von Art. 86 Abs. 2 EG betraut sein sollte, folgt aus der Tatsache, dass die Kommission ihm die Auflage erteilt hat, die Entsorger nicht daran zu hindern, mit Wettbewerbern dieses Unternehmens Verträge über die Mitbenutzung ihrer Behälter oder sonstigen Einrichtungen zum Sammeln und Sortieren abzuschließen und zu erfüllen, keineswegs, dass die Durchführung der dem System übertragenen Dienstleistung der Rücknahme und Verwertung zu wirtschaftlich tragbaren Bedingungen gefährdet würde.

(vgl. Randnrn. 207-208)







URTEIL DES GERICHTS (Erste Kammer)

24. Mai 2007(*)

„Wettbewerb – Kartelle – System der Sammlung und Verwertung von in Deutschland in den Verkehr gebrachten Verpackungen, die mit dem Zeichen ‚Der Grüne Punkt‘ versehen sind – Freistellungsentscheidung – Auflagen der Kommission zur Gewährleistung des Wettbewerbs – Den beauftragten Entsorgern vom Systembetreiber gewährte Ausschließlichkeit – Wettbewerbsbeschränkung – Notwendigkeit, den Zugang der Wettbewerber zu den vom Systembetreiber benutzten Sammeleinrichtungen zu gewährleisten – Zusagen des Systembetreibers“

In der Rechtssache T‑289/01

Der Grüne Punkt – Duales System Deutschland GmbH, früher Der Grüne Punkt – Duales System Deutschland AG, mit Sitz in Köln (Deutschland), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte W. Deselaers, B. Meyring und E. Wagner,

Klägerin,

gegen

Kommission der Europäischen Gemeinschaften, zunächst vertreten durch S. Rating, dann durch P. Oliver, H. Gading und M. Schneider und schließlich durch W. Mölls und R. Sauer als Bevollmächtigte,

Beklagte,

unterstützt durch

Landbell AG      für Rückhol‑Systeme mit Sitz in Mainz (Deutschland), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte A. Rinne und A. Walz,

Streithelferin,

wegen Nichtigerklärung von Art. 3 der Entscheidung 2001/837/EG der Kommission vom 17. September 2001 in einem Verfahren nach Artikel 81 EG-Vertrag und Artikel 53 EWR-Abkommen (Sachen COMP/34493 – DSD, COMP/37366 – Hofmann + DSD, COMP/37299 – Edelhoff + DSD, COMP/37291 – Rechmann + DSD, COMP/37288 – ARGE und fünf andere Unternehmen + DSD, COMP/37287 – AWG und fünf andere Unternehmen + DSD, COMP/37526 – Feldhaus + DSD, COMP/37254 – Nehlsen + DSD, COMP/37252 – Schönmakers + DSD, COMP/37250 – Altvater + DSD, COMP/37246 – DASS + DSD, COMP/37245 – Scheele + DSD, COMP/37244 – SAK + DSD, COMP/37243 – Fischer + DSD, COMP/37242 – Trienekens + DSD, COMP/37267 – Interseroh + DSD) (ABl. L 319, S. 1), hilfsweise Nichtigerklärung der Entscheidung insgesamt, und Nichtigerklärung der in Randnr. 72 der Entscheidung wiedergegebenen Zusage der Klägerin,

erlässt

DAS GERICHT ERSTER INSTANZ
DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN (Erste Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten R. García-Valdecasas sowie des Richters J. D. Cooke und der Richterin I. Labucka,

Kanzler: K. Andová, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 11. und 12. Juli 2006

folgendes

Urteil

 Rechtlicher Rahmen

A –  Verordnung über die Vermeidung von Verpackungsabfällen

1       Am 12. Juni 1991 erließ die deutsche Regierung die Verordnung über die Vermeidung von Verpackungsabfällen (BGBl. 1991 I S. 1234), deren – in der vorliegenden Rechtssache anwendbare – Neufassung am 28. August 1998 in Kraft trat (im Folgenden: Verpackungsverordnung oder VerpackV). Die Verordnung bezweckt, die Auswirkungen von Abfällen aus Verpackungen auf die Umwelt zu vermeiden und zu verringern. Zu diesem Zweck verpflichtet sie Hersteller und Vertreiber zur Rücknahme und Verwertung gebrauchter Verkaufsverpackungen außerhalb des öffentlich‑rechtlichen Abfallbeseitigungssystems.

2       Nach § 3 Abs. 1 VerpackV sind Verkaufsverpackungen (im Folgenden: Verpackungen) Verpackungen, die als eine Verkaufseinheit angeboten werden und beim Endverbraucher anfallen. Ferner handelt es sich um Verpackungen des Handels, der Gastronomie und anderer Dienstleister, die die Übergabe von Waren an den Endverbraucher ermöglichen oder unterstützen (Serviceverpackungen), sowie Einweggeschirr und Einwegbestecke.

3       Gemäß § 3 Abs. 7 VerpackV ist Hersteller, wer Verpackungen, Packstoffe oder Erzeugnisse herstellt, aus denen unmittelbar Verpackungen hergestellt werden, und derjenige, der Verpackungen nach Deutschland einführt. Vertreiber ist nach § 3 Abs. 8 VerpackV, wer Verpackungen, Packstoffe oder Erzeugnisse, aus denen unmittelbar Verpackungen hergestellt werden, oder Waren in Verpackungen, gleichgültig auf welcher Handelsstufe, in Verkehr bringt. Vertreiber im Sinne der Verordnung ist auch der Versandhandel. Gemäß § 3 Abs. 10 VerpackV schließlich ist Endverbraucher derjenige, der die Waren in der an ihn gelieferten Form nicht mehr weiter veräußert.

4       Hersteller und Vertreiber von Verpackungen können der ihnen durch die Verpackungsverordnung auferlegten Pflicht zur Rücknahme und Verwertung auf zweierlei Weise nachkommen.

5       Einerseits müssen Vertreiber und Hersteller nach § 6 Abs. 1 und 2 VerpackV vom Endverbraucher gebrauchte Verpackungen am Ort der tatsächlichen Übergabe oder in dessen unmittelbarer Nähe unentgeltlich zurücknehmen und einer Verwertung zuführen (im Folgenden: Selbstentsorgerlösung). Die Rücknahmeverpflichtung des Vertreibers beschränkt sich auf Verpackungen der Art, Form und Größe sowie auf Verpackungen solcher Waren, die er in seinem Sortiment führt. Für Vertreiber mit einer Verkaufsfläche von weniger als 200 m2 beschränkt sich die Rücknahmeverpflichtung auf die Verpackungen der Marken, die er in Verkehr bringt (§ 6 Abs. 1 Sätze 4 und 5 VerpackV). Gemäß § 6 Abs. 1 Satz 3 VerpackV muss der Vertreiber im Rahmen einer Selbstentsorgerlösung den privaten Endverbraucher „durch deutlich erkennbare und lesbare Schrifttafeln“ auf die Rückgabemöglichkeit hinweisen.

6       Andererseits können sich Hersteller und Vertreiber nach § 6 Abs. 3 Satz 1 VerpackV an einem System beteiligen, das flächendeckend im Einzugsgebiet des Vertreibers eine regelmäßige Abholung gebrauchter Verkaufsverpackungen beim Endverbraucher oder in dessen Nähe gewährleistet, um sie einer Verwertung zuzuführen (im Folgenden: Befreiungssystem). Für Hersteller und Vertreiber, die sich an einem Befreiungssystem beteiligen, entfallen die Rücknahme- und Verwertungspflichten für alle von diesem System erfassten Verpackungen. Nach Anhang I Nr. 4 Abs. 2 Satz 2 zu § 6 VerpackV haben Hersteller und Vertreiber ihre Beteiligung an einem Befreiungssystem „durch Kennzeichnung der Verpackung oder andere geeignete Maßnahmen“ kenntlich zu machen. Sie können somit die Beteiligung auf den Verpackungen erwähnen oder sich anderer Maßnahmen bedienen, wie z. B. Kundeninformationen in der Verkaufsstelle oder Beipackzettel.

7       Nach § 6 Abs. 3 Satz 11 VerpackV bedürfen Befreiungssysteme der Zulassung durch die zuständigen Landesbehörden. Dafür müssen sie u. a. zumindest in dem Gebiet eines Bundeslandes flächendeckend aufgebaut werden, regelmäßige Sammlungen verbrauchernah durchführen und mit den öffentlich‑rechtlichen Entsorgungsträgern abgestimmt sein. Jedes Unternehmen, das diese Voraussetzungen in einem Bundesland erfüllt, kann dort ein zugelassenes Befreiungssystem einrichten.

8       Seit dem 1. Januar 2000 müssen Selbstentsorgerlösungen und Befreiungssysteme dieselben Verwertungsquoten erfüllen. Diese Quoten, die in Anhang I der Verpackungsverordnung enthalten sind, variieren je nach dem Material, aus dem die Verpackung besteht. Die Erfüllung der Rücknahme- und Verwertungspflichten wird bei der Selbstentsorgerlösung durch Bescheinigungen unabhängiger Sachverständiger und beim Befreiungssystem durch nachprüfbare Angaben über die erfassten und einer Verwertung zugeführten Mengen gewährleistet.

9       Ferner sieht § 6 Abs. 1 Satz 9 VerpackV vor, dass ein Vertreiber seine Pflicht zur Rücknahme und Verwertung, soweit er sie nicht durch eine Selbstentsorgerlösung erfüllt, durch ein Befreiungssystem sicherzustellen hat.

10     Hierzu hat die Regierung der Bundesrepublik Deutschland in ihrer Mitteilung vom 24. Mai 2000, die sie im Verwaltungsverfahren gegenüber der Kommission abgegeben hat (im Folgenden: Mitteilung der Bundesregierung), ausgeführt, dass die Verpackungsverordnung es dem Vertreiber erlaube, eine geschäftsnahe Rücknahme im Rahmen der Selbstentsorgerlösung und eine endverbrauchernahe Erfassung im Rahmen eines Befreiungssystems miteinander zu kombinieren, indem er sich nur hinsichtlich eines Teils der von ihm in den Verkehr gebrachten Verpackungen am Befreiungssystem beteilige.

11     In der Mitteilung der Bundesregierung heißt es weiter, dass die Verpflichtungen des Vertreibers aus § 6 Abs. 1 und 2 entfielen, wenn er sich für eine Beteiligung an einem Befreiungssystem für alle von ihm vertriebenen Verpackungen entscheide, was bedeute, dass eine nachträgliche Selbstentsorgerlösung nicht möglich sei. Entscheide er sich hingegen von vornherein für eine Beteiligung an einer Selbstentsorgerlösung, so sei eine nachträgliche Beteiligung an einem Befreiungssystem möglich, soweit die Verwertungsquote im Rahmen der Selbstentsorgung nicht erreicht worden sei.

B –  Befreiungssystem des Unternehmens Der Grüne Punkt – Duales System Deutschland GmbH, Zeichennutzungsvertrag und Leistungsvertrag

12     Seit 1991 betreibt das Unternehmen Der Grüne Punkt – Duales System Deutschland GmbH (im Folgenden: Klägerin oder DSD) als einzige Gesellschaft ein bundesweites Befreiungssystem (im Folgenden: Duales System). DSD erhielt hierzu 1993 die Zulassung von den zuständigen Behörden aller Bundesländer.

13     Um das Duale System in Anspruch nehmen zu können, müssen Hersteller und Vertreiber mit DSD einen Vertrag schließen, der sie zur Nutzung des Zeichens „Der Grüne Punkt“ berechtigt, bei dem es sich um die für die Klägerin eingetragene Kollektivmarke „Der Grüne Punkt“ handelt. Als Gegenleistung zahlen die betreffenden Hersteller und Vertreiber ein Entgelt an DSD. Der Zeichennutzungsvertrag ist Gegenstand der Entscheidung 2001/463/EG der Kommission vom 20. April 2001 in einem Verfahren nach Artikel 82 [EG] (Sache COMP D3/34493 – DSD) (ABl. L 166, S. 1). Diese Entscheidung ist Gegenstand der Nichtigkeitsklage der Klägerin in der Rechtssache T‑151/01 (Duales System Deutschland/Kommission).

14     Im Rahmen des Dualen Systems sammelt und verwertet die Klägerin die gebrauchten Verpackungen nicht selbst, sondern setzt dafür Entsorgungsunternehmen als Subunternehmer ein. Die Beziehungen zwischen DSD und den Entsorgungsunternehmen werden in einem mehrfach geänderten Standardvertrag über Aufbau und Betrieb eines Systems zur Erfassung und Sortierung von Verpackungen (im Folgenden: Leistungsvertrag) geregelt. Die sortierten Materialien werden zur Verwertung in ein Recycling‑Center befördert.

 Sachverhalt

15     Am 2. September 1992 meldete DSD bei der Kommission neben ihrer Satzung eine Reihe von Vereinbarungen, darunter den Leistungsvertrag – der einzige Vertrag, auf den es für die vorliegende Rechtssache ankommt –, mit dem Ziel an, ein Negativattest oder, hilfsweise, eine Entscheidung über die Freistellung vom Kartellverbot zu erhalten.

16     Am 27. März 1997 veröffentlichte die Kommission im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften (ABl. C 100, S. 4) die in Art. 19 Abs. 3 der Verordnung Nr. 17 des Rates vom 6. Februar 1962, Erste Durchführungsverordnung zu den Artikeln [81 EG] und [82 EG] (ABl. 1962, Nr. 13, S. 204) vorgeschriebene Mitteilung, in der sie ihre Absicht bekundete, die angemeldeten Vereinbarungen positiv zu beurteilen.

17     In dieser Mitteilung führte die Kommission u. a. aus, dass DSD ihr eine Reihe von Zusagen gegeben habe, darunter die, Entsorgungsunternehmen nicht zu verpflichten, ausschließlich für DSD tätig zu werden, wie auch die Zusage, es zu unterlassen, Entsorgungsunternehmen zu verpflichten, Behälter oder sonstige Einrichtungen zum Sammeln ausschließlich zur Erfüllung des Leistungsvertrags zu verwenden. DSD hatte allerdings klargestellt, dass diese zweite Zusage nicht gelte, wenn die Benutzung der Sammelbehälter und -einrichtungen durch Dritte mit der „behördlichen Freistellung“ unvereinbar sei oder die Verpackungsverordnung oder sonstige Gesetze anderes bestimmten oder die Überlassung aus anderen Gründen, wie z. B. der Verwendung schädlicher Stoffe, unzumutbar sei. DSD wies außerdem darauf hin, dass die Benutzung von Behältern und sonstigen Einrichtungen zum Sammeln durch Dritte bei der Abrechnung mit den Entsorgungsunternehmen berücksichtigt werden könne (Randnrn. 66 und 67 der ABl.-Mitteilung sowie Randnrn. 71 und 134 der angefochtenen Entscheidung).

18     Nach Veröffentlichung der Mitteilung im Amtsblatt gingen Stellungnahmen betroffener Dritter bei der Kommission ein, die verschiedene Aspekte der Durchführung des Leistungsvertrags betrafen. Diese Dritten trugen vor, dass ihnen DSD in der Praxis – im Gegensatz zu den oben genannten Zusagen – keinen ungehinderten Zugang zu den Sammeleinrichtungen der Vertragspartner von DSD ermögliche (Randnrn. 76 und 77 der angefochtenen Entscheidung). So führt die Kommission in der angefochtenen Entscheidung aus, DSD habe den Anspruch erhoben, dass eine Nutzung dieser Einrichtungen durch ihre Konkurrenten nur mit ihrer Zustimmung möglich sein solle. Diese Forderung war einer der Gründe für eine Beschwerde nach Art. 82 EG durch die Vereinigung für Wertstoffrecycling (im Folgenden: VfW) und auch Gegenstand eines Rechtsstreits vor dem Landgericht Köln (Randnrn. 57 und 136 der angefochtenen Entscheidung).

19     In diesem Rechtsstreit hatte DSD auf der Grundlage des deutschen Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb gegen eine Selbstentsorgerlösung, VfW, geklagt, die die von DSD in einigen deutschen Krankenhäusern verwendeten Sammeleinrichtungen unentgeltlich nutzen wollte. Mit Urteil des Landgerichts Köln vom 18. März 1997 wurde der Klage von DSD in dem Sinne stattgegeben, dass das Gericht die unentgeltliche Mitbenutzung der zum Dualen System gehörenden Sammeleinrichtungen für wettbewerbswidrig erklärte. Das Landgericht Köln stellte ferner fest, dass im Hinblick auf die Umstände des Falls ein angemessener Ausgleich für eine solche Mitbenutzung nur erreicht werden könne, wenn VfW unmittelbar an DSD eine Art Lizenzgebühr für die Mitbenutzung der betreffenden Sammeleinrichtungen zahle.

20     In diesem Zusammenhang wies die Kommission DSD mit Schreiben vom 21. August 1997 darauf hin, dass ein Verhalten, das darin bestehe, Dritte an der Nutzung der Sammeleinrichtungen ihrer Vertragspartner zu hindern, unter Art. 82 EG fallen könne, und hob die Bedeutung hervor, die dieses Verhalten für das Freistellungsverfahren haben könne, da nach der vierten in Art. 81 Abs. 3 EG genannten Bedingung eine zum Zweck der Freistellung angemeldete Vereinbarung nicht die Möglichkeit eröffnen dürfe, für einen wesentlichen Teil der betreffenden Waren den Wettbewerb auszuschalten.

21     Daraufhin gab DSD, um die von der Kommission im Schreiben vom 21. August 1997 geäußerten Bedenken zu entkräften, folgende Zusage (Randnrn. 58, 72 und 137 der angefochtenen Entscheidung):

„[DSD] ist bereit, auf die Geltendmachung von Unterlassungsansprüchen der im Urteil des Landgerichts Köln vom 18. März 1997 beschriebenen Art gegenüber der VfW sowie in vergleichbaren Fällen zu verzichten. Die Geltendmachung von Auskunfts- und Ausgleichsansprüchen gegen Entsorgungsunternehmen, die in einem Vertragsverhältnis zur [DSD] stehen, bleibt vorbehalten.“

 Angefochtene Entscheidung

22     Am 17. September 2001 erließ die Kommission die Entscheidung 2001/837/EG in einem Verfahren nach Artikel 81 EG-Vertrag und Artikel 53 EWR‑Abkommen (Sachen COMP/34493 – DSD, COMP/37366 – Hofmann + DSD, COMP/37299 – Edelhoff + DSD, COMP/37291 – Rechmann + DSD, COMP/37288 – ARGE und fünf andere Unternehmen + DSD, COMP/37287 – AWG und fünf andere Unternehmen + DSD, COMP/37526 – Feldhaus + DSD, COMP/37254 – Nehlsen + DSD, COMP/37252 – Schönmakers + DSD, COMP/37250 – Altvater + DSD, COMP/37246 – DASS + DSD, COMP/37245 – Scheele + DSD, COMP/37244 – SAK + DSD, COMP/37243 – Fischer + DSD, COMP/37242 – Trienekens + DSD, COMP/37267 – Interseroh + DSD) (ABl. L 319, S. 1, im Folgenden: angefochtene Entscheidung oder Entscheidung).

23     Ausgangspunkt der von der Kommission in der angefochtenen Entscheidung vorgenommenen Beurteilung ist der Antrag von DSD auf Erteilung eines Negativattests, hilfsweise auf Entscheidung über die Freistellung in Bezug auf den Leistungsvertrag.

A –  Zur vertraglichen Beziehung zwischen DSD und den Entsorgungsunternehmen

24     DSD sammelt die Verpackungen nicht selbst ein, sondern setzt Entsorgungsunternehmen ein, mit denen sie einen Leistungsvertrag abschließt. Nach § 1 dieses Standardvertrags erteilt DSD jedem Entsorger für einen bestimmten Bezirk den Alleinauftrag, die Verpackungen im Rahmen eines Befreiungssystems zu sammeln und zu sortieren, und zwar für rund 15 Jahre (im Folgenden: Ausschließlichkeitsklausel zugunsten des Entsorgers oder Ausschließlichkeitsklausel).

25     Die betreffende Sammlung erfolgt in haushaltsnah aufgestellten Behältern oder durch die regelmäßige Abholung oder Leerung der vom Entsorger an die Verbraucher verteilten Plastiksäcke oder Tonnen. Der Entsorger ist Eigentümer der Sammelgefäße und der Verpackungen, die dort deponiert worden sind oder die er gesammelt hat. Das Sortieren der gesammelten Materialien gehört zum Aufgabenbereich der Entsorger und erfolgt in der Regel in darauf spezialisierten Betrieben. Jeder Entsorger erhält von DSD ein Entgelt, das sich nach dem Gewicht der jeweiligen Materialfraktion, den Kosten der Entsorgung des aussortierten Abfalls sowie dem Sammelerfolg richtet (Randnrn. 32, 45 und 51 der angefochtenen Entscheidung).

26     Nebenbei wird in der Entscheidung bemerkt, dass die Entsorger zusammen mit den Verkaufsverpackungen aus Papier, Karton oder Pappe in der Regel auch alte Druckschriften (Zeitungen und Zeitschriften) sammeln. Da das Sammeln dieser Druckschriften, die ca. 75 % des Aufkommens der betreffenden Materialfraktion ausmachen, nicht zum Aufgabenbereich von DSD gehört, wird es von DSD nicht vergütet (Randnr. 32 der angefochtenen Entscheidung).

B –  Beurteilung im Hinblick auf Art. 81 Abs. 1 EG

27     Im Rahmen dieser Beurteilung befasst sich die angefochtene Entscheidung mit zwei Aspekten des Leistungsvertrags.

1.     Zur Ausschließlichkeitsklausel zugunsten des Entsorgers

28     Erstens wird in der Entscheidung festgestellt, dass die in alle zwischen DSD und ihren Vertragspartnern geschlossenen Leistungsverträge aufgenommene Ausschließlichkeitsklausel zugunsten des Entsorgers zur Folge habe, dass andere Entsorger daran gehindert würden, DSD ihre Dienste anzubieten (Randnrn. 122 bis 124 der angefochtenen Entscheidung).

29     Um diese Klausel an Art. 81 Abs. 1 EG zu messen, untersucht die Kommission zunächst die Nachfrageseite auf dem deutschen Markt für das Sammeln und Sortieren von Verpackungen beim Verbraucher (im Folgenden: Markt für das Sammeln beim Verbraucher). Hierzu heißt es in der angefochtenen Entscheidung, dass DSD rund 70 % der Verpackungen behandle, die in Deutschland gesammelt werden könnten, und mindestens 80 % der Nachfrage auf dem Markt für das Sammeln beim Verbraucher stelle. DSD habe daher sowohl auf nationaler Ebene, wo es das einzige verfügbare Befreiungssystem darstelle, als auch in den 500 Gebieten, die von den Leistungsverträgen abgedeckt seien, eine maßgebliche Stellung (Randnrn. 126 und 127 der angefochtenen Entscheidung).

30     Zur Angebotsseite wird in der angefochtenen Entscheidung sodann ausgeführt, dass viele Akteure Sammeldienste anböten. Weiter heißt es: „[V]or allem aus raumökonomischen und entsorgungslogistischen Gründen [muss] die Errichtung eines weiteren, neben dem von DSD bereits errichteten Erfassungssystems beim privaten Endverbraucher … gegenwärtig als eher unwahrscheinlich bezeichnet werden …“ Im Gegenteil: „Realistischer dürfte hier vielmehr der Fall sein, dass ein potenziell konkurrierendes Befreiungssystem bzw. eine Selbstentsorgerlösung aufgrund dieses Engpasscharakters der haushaltsnahen Erfassungsinfrastruktur mit jenen Entsorgern zusammenarbeiten wird, welche bereits gegenwärtig die Erfassungsdienstleistungen für DSD im Rahmen des Leistungsvertrages erbringen.“ Daher erscheint es der Kommission lediglich im Hinblick auf ausgewählte, den privaten Haushalten gleichgestellte Anfallstellen, wie etwa Krankenhäuser oder Kantinen, unter bestimmten entsorgungslogistischen und verpackungsbezogenen Voraussetzungen vorstellbar, dass andere Entsorger als die Vertragspartner von DSD Erfassungsbehältnisse zusätzlich zu denen aufstellen, die durch das Duale System benutzt werden. Diese Möglichkeiten seien jedoch von vergleichsweise geringer wirtschaftlicher Bedeutung, und es sei daher unwahrscheinlich, dass sich während des Vertragszeitraums in dem von einem Leistungsvertrag der DSD jeweils abgedeckten Gebiet in erheblichem Umfang neue Angebotsmöglichkeiten für die ausgeschlossenen Entsorger ergäben (Randnrn. 127 und 128 der angefochtenen Entscheidung).

31     Eine entscheidende Rolle für die Beurteilung der wettbewerblichen Auswirkungen der Ausschließlichkeitsklausel spiele außerdem deren Laufzeit, denn je länger sie sei, desto länger schließe sie die Entsorger, die nicht Vertragspartner von DSD seien, von der Möglichkeit aus, ein Angebot zu unterbreiten, um die Nachfrage des wichtigsten deutschen Befreiungssystems zu befriedigen (Randnrn. 129 und 130 der angefochtenen Entscheidung).

32     Die Kommission schließt diese Untersuchung mit der Feststellung ab, dass der Zutritt der Entsorger zum Markt für das Sammeln beim Verbraucher in hohem Maße behindert werde, was erheblich zur Marktabschottung eines wesentlichen Teils des Gemeinsamen Marktes beitrage. Die Ausschließlichkeitsklausel zugunsten des Entsorgers stelle daher eine Wettbewerbsbeschränkung im Sinne von Art. 81 Abs. 1 EG dar (Randnr. 132 der angefochtenen Entscheidung). Der hierzu in der mündlichen Verhandlung befragte Prozessbevollmächtigte von DSD ist diesem Befund nicht entgegentreten.

2.     Zugang zu den Einrichtungen der Entsorger

33     Zweitens wird in der angefochtenen Entscheidung geprüft, inwieweit ein Wettbewerber von DSD Zugang zu den Einrichtungen der Entsorger hat. Hierzu führt die Kommission aus, dass eine Wettbewerbsbeschränkung nach Art. 81 Abs. 1 EG vorläge, „wenn der Leistungsvertrag so ausgestaltet wäre, dass die Wettbewerber von DSD vom Zugang zur Entsorgungsinfrastruktur ausgeschlossen“ seien (Randnr. 133 der angefochtenen Entscheidung).

34     Dies wird in der Entscheidung zum einen damit begründet, dass den Einrichtungen der Entsorger „aufgrund des … Engpasscharakters der haushaltsnahen Erfassungsinfrastruktur … eine besondere wettbewerbliche Bedeutung“ zukomme. So erfolge diese Art der Sammlung in der Regel unmittelbar bei allen Verbrauchern einer Gebietskörperschaft (Hol‑Systeme); ausgenommen seien nur die Bring‑Systeme (Werkstoffhofkonzept), die nur vereinzelt aufträten. Außerdem könnten die Anfallstellen der Haushalte aus entsorgungslogistischen Gründen im Regelfall nur von einer begrenzten Anzahl von Entsorgern kostenoptimal bedient werden. Hinzu komme, dass bei den Anfallstellen – aufgrund räumlicher Beschränkungen wie auch gewachsener Entsorgungstraditionen der Endverbraucher – nur ein Erfassungsgefäß pro Stoffgruppe (z. B. Glas, Papier oder Leichtverpackungen) bereitgestellt werden könne. Diese Umstände seien der Hauptgrund dafür, dass gemeinhin eine kollektive Hausmüll- bzw. Wertstofferfassung durch nur einen Entsorger erfolge (Randnr. 133 in Verbindung mit Randnrn. 92 und 93 der angefochtenen Entscheidung). Zum anderen wird in der Entscheidung darauf hingewiesen, dass im Anschluss an die Veröffentlichung der Mitteilung im Amtsblatt wettbewerbliche Bedenken geäußert worden seien. Die Kommission bezieht sich insoweit darauf, dass bei dieser Gelegenheit mehrere betroffene Dritte vorgetragen hätten, dass DSD – im Gegensatz zu einer ersten Reihe von Zusagen (siehe oben, Randnr. 17) – Dritten keinen ungehinderten Zugang zu den Sammeleinrichtungen ihrer Vertragspartner ermögliche, da sie die Mitbenutzung dieser Einrichtungen von ihrer Zustimmung abhängig mache (Randnr. 133 in Verbindung mit Randnrn. 76 und 77 der angefochtenen Entscheidung).

35     In diesem Zusammenhang wird in der angefochtenen Entscheidung daran erinnert, dass DSD ursprünglich den Anspruch erhoben habe, dass Dritte nur mit ihrer Zustimmung die Erfassungseinrichtungen ihrer Vertragspartner mitbenutzen dürften. Im Anschluss an das Schreiben der Kommission vom 21. August 1997, in dem DSD darauf hingewiesen worden sei, dass ein solches Verhalten unter Art. 82 EG fallen könne, habe DSD jedoch auf ihren Anspruch verzichtet, die Mitbenutzung der Erfassungseinrichtungen ihrer Vertragspartner durch Dritte an ihre Zustimmung zu knüpfen (siehe oben, Randnrn. 20 und 21). Weiter heißt es in der Entscheidung: „Ebenso problematisch ist es, wenn DSD für eine derartige Nutzung ein Entgelt direkt von Dritten verlangen bzw. den Anspruch erheben würde, bei der Aushandlung eines angemessenen Entgelts für die Mitbenutzung von Sammelbehältnissen zwischen Entsorgern und Dritten ein Mitspracherecht zu haben.“ Gleichwohl wird in der Entscheidung Wert auf die Feststellung gelegt, dass es DSD im Fall der Mitbenutzung der Einrichtungen ihrer Vertragspartner freistehe, eine Minderung des Entgelts auszuhandeln, das diesen Unternehmen gezahlt werde, und darauf zu achten, dass keine für Dritte erbrachten Leistungen gegenüber DSD abgerechnet würden (Randnrn. 136 bis 138 der angefochtenen Entscheidung).

36     Im Hinblick auf die betreffenden Zusagen und Erläuterungen kommt die Kommission zu dem Schluss, dass der Leistungsvertrag keine Ausschließlichkeitsklausel zugunsten von DSD enthalte, so dass die Entsorger ihre Leistungen auch Wettbewerbern von DSD anbieten könnten. Dementsprechend heißt es in der Entscheidung: „Aus dem Leistungsvertrag folgt demnach nicht, dass die Wettbewerber von DSD vom Zugang zur Entsorgungsinfrastruktur ausgeschlossen werden, so dass insoweit keine Wettbewerbsbeschränkung nach Artikel 81 Absatz 1 EG‑Vertrag vorliegt“ (Randnrn. 134 und 139 der angefochtenen Entscheidung).

C –  Beurteilung im Hinblick auf Art. 81 Abs. 3 EG

37     Als Voraussetzung dafür, dass die Bestimmungen des Art. 81 Abs. 1 EG für auf den Leistungsvertrag nicht anwendbar erklärt werden können, wird in der angefochtenen Entscheidung die Ausschließlichkeitsklausel zugunsten des Entsorgers im Hinblick auf die in Art. 81 Abs. 3 EG aufgeführten Bedingungen geprüft.

38     In diesem Rahmen heißt es in der angefochtenen Entscheidung, dass die Ausschließlichkeitsklausel zur Verbesserung der Warenerzeugung und der Förderung des technischen oder wirtschaftlichen Fortschritts beitrage, weil sie die Erfüllung umweltpolitischer Ziele ermögliche (Randnrn. 142 bis 146 der angefochtenen Entscheidung) und gleichzeitig die Verbraucher am Gewinn, der sich daraus ergebe, angemessen beteiligt würden (Randnrn. 147 bis 149 der angefochtenen Entscheidung).

39     Was die Unerlässlichkeit der im Leistungsvertrag vorgesehenen Ausschließlichkeitsbindung angehe, erfordere die Etablierung des Dualen Systems außerdem erhebliche Investitionen der Entsorger, die von DSD bestimmte Zusicherungen in Bezug auf die Dauer des Vertrags benötigt hätten, damit sich die Investitionen amortisierten und rentierten. Nach Überprüfung kommt die Kommission jedoch zu dem Ergebnis, dass die ursprünglich vorgesehene Dauer der Ausschließlichkeitsbindung zu verkürzen sei, und legt ihren Ablauf auf den 31. Dezember 2003 fest (Randnrn. 150 bis 157 der angefochtenen Entscheidung).

40     Zuletzt wird in der angefochtenen Entscheidung geprüft, ob die Ausschließlichkeitsklausel nicht die Gefahr birgt, dass der Wettbewerb auf dem Markt für das Sammeln beim Verbraucher ausgeschaltet wird. Zunächst weist die Kommission darauf hin, dass den von DSD ausgeschlossenen Entsorgern Angebotsmöglichkeiten im Rahmen von Selbstentsorgerlösungen verblieben. Diese seien in jedem Fall im Hinblick auf bestimmte Kombinationen von Verpackungen und Anfallstellen am Rand des Marktes für das Sammeln beim Verbraucher möglich (Randnr. 159 der angefochtenen Entscheidung).

41     Außerdem zeichne sich der Markt für das Sammeln beim Verbraucher dadurch aus, dass die Beauftragung von nur einem Entsorger pro Vertragsgebiet wirtschaftlich vorteilhaft sei und insbesondere raumökonomische und entsorgungslogistische Gründe wie auch gewachsene Entsorgungstraditionen der Verbraucher eine Duplizierung der haushaltsnahen Erfassungseinrichtungen in vielen Fällen wirtschaftlich eher unwahrscheinlich erscheinen ließen. Die haushaltsnah aufgestellten Erfassungsbehältnisse für Verpackungen bildeten daher einen Engpass. Realistischerweise sei davon auszugehen, dass mit dem Dualen System konkurrierende Befreiungssysteme und zum Teil auch Selbstentsorgerlösungen vielfach jeweils mit jenen Entsorgern zusammenarbeiten dürften, die für DSD tätig seien. Dieser Befund erlaubt der Kommission den Hinweis, dass die Mitbenutzung der Sammeleinrichtungen der Vertragspartner von DSD möglich sein müsse, denn aus ihrer Sicht stellt „der freie und ungehinderte Zugang zur von den DSD‑Leistungsvertragspartnern bereitgestellten Erfassungsinfrastruktur eine entscheidende Voraussetzung sowohl für die Intensivierung des Nachfragewettbewerbs nach Erfassungs- und Sortierdienstleistungen für [Verpackungen] beim privaten Endverbraucher als auch hinsichtlich einer Intensivierung des Wettbewerbs auf dem vertikal vorgelagerten Markt für die Organisation der Rücknahme und Verwertung beim privaten Endverbraucher anfallender [Verpackungen] dar“ (Randnr. 162 der angefochtenen Entscheidung). Hierzu wird in der Entscheidung vermerkt, dass der Leistungsvertrag die Entsorger nicht exklusiv an DSD binde und DSD mehrere Zusagen gegeben habe, darunter die Zusage, dass sie es unterlassen werde, Entsorger zu verpflichten, Sammeleinrichtungen ausschließlich zur Erfüllung des Leistungsvertrags zu verwenden, und die Zusage, keine Unterlassungsansprüche gegenüber Dritten im Fall der Mitbenutzung dieser Sammeleinrichtungen geltend zu machen (Randnrn. 158 bis 163 der angefochtenen Entscheidung).

D –  An die Freistellungsentscheidung geknüpfte Auflagen der Kommission

42     Um sicherzustellen, dass die erwarteten wettbewerblichen Wirkungen tatsächlich eintreten und die Freistellungsvoraussetzungen des Art. 81 Abs. 3 EG gegeben sind, hält es die Kommission für nötig, ihre Freistellungsentscheidung mit Auflagen im Sinne von Art. 8 der Verordnung Nr. 17 zu verknüpfen (Randnr. 164 der angefochtenen Entscheidung).

43     Die erste Auflage wird DSD in Art. 3 Buchst. a der angefochtenen Entscheidung erteilt und lautet: „DSD hindert die Entsorger nicht daran, mit Wettbewerbern von DSD Verträge über die Mitbenutzung von Behältern oder sonstigen Einrichtungen zum Sammeln und Sortieren gebrauchter Verkaufs[ver]packungen abzuschließen und zu erfüllen.“

44     Die zweite Auflage ist in Art. 3 Buchst. b der Entscheidung festgelegt. Dort heißt es: „DSD darf von Entsorgern, die mit Wettbewerbern von DSD Verträge über die Mitbenutzung von Behältern oder sonstigen Einrichtungen zum Sammeln und Sortieren gebrauchter Verkaufsverpackungen abschließen, nicht verlangen, dass diese gegenüber DSD Verpackungsmengen nachweisen müssen, die nicht für das DSD-System gesammelt wurden.“

45     Zur Erklärung, warum diese Auflagen trotz der Zusage von DSD, ihren Wettbewerbern die Benutzung der Sammeleinrichtungen zu gestatten, erteilt werden müssen, wird in der angefochtenen Entscheidung auf die zentrale Bedeutung, die dem ungehinderten Zugang zu dieser Infrastruktur für den Bestand des Wettbewerbs zukomme, und die von DSD in Bezug auf die Erfüllung einer der in Randnr. 71 genannten Zusagen verwiesen (Randnr. 164 der angefochtenen Entscheidung).

E –  Ergebnis

46     Auf der Grundlage der von DSD gegebenen Zusagen und der mit dieser Entscheidung verknüpften Auflagen kommt die Kommission in der angefochtenen Entscheidung zu dem Ergebnis, dass der freie und ungehinderte Zugang zur Entsorgungsinfrastruktur in der Praxis möglich sei. Sowohl für Befreiungssysteme, die mit DSD konkurrierten, als auch für Selbstentsorgerlösungen seien realistische Möglichkeiten des Zugangs zum Markt für das Sammeln beim Verbraucher gegeben. Aufgrund dieser Möglichkeiten könnten auch die Voraussetzungen für die Intensivierung des Wettbewerbs auf dem vorgelagerten Markt für die Organisation der Rücknahme und Verwertung beim privaten Endverbraucher anfallender Verpackungen geschaffen werden (Randnrn. 176 bis 178 der angefochtenen Entscheidung).

47     Folglich erfülle die im Leistungsvertrag enthaltene Ausschließlichkeitsklausel zugunsten der Entsorger die Voraussetzungen für die Anwendung von Art. 81 Abs. 3 EG (Randnr. 179 der angefochtenen Entscheidung). Daher stellt die Kommission in Art. 2 der angefochtenen Entscheidung fest: „Die Bestimmungen von Artikel 81 Absatz 1 [EG] … werden gemäß Artikel 81 Absatz 3 [EG] … für nicht anwendbar erklärt auf individuelle Leistungsverträge, die eine Ausschließlichkeitsbindung vorsehen und deren Laufzeit spätestens mit dem Jahr 2003 endet. Diese Freistellung gilt vom 1. Januar 1996 bis zum 31. Dezember 2003.“

48     Die betreffende Freistellung sei mit den beiden oben zitierten (siehe oben, Randnrn. 43 und 44) und in Art. 3 der Entscheidung aufgeführten Auflagen verknüpft, um, erstens, den Zugang zu den Entsorgungseinrichtungen der Partner der Leistungsverträge zu gewährleisten und eine Ausschaltung des Wettbewerbs auf den relevanten Märkten zu verhindern und, zweitens, es den Wettbewerbern von DSD zu ermöglichen, auf die für sie im Rahmen der Mitbenutzung der Entsorgungseinrichtungen gesammelten Verpackungsmengen uneingeschränkt zurückzugreifen. Diese Auflagen seien unerlässlich, um die Ausschaltung des Wettbewerbs auf den relevanten Märkten zu verhindern, und stellten eine der Rechtssicherheit dienende Konkretisierung der von DSD gegebenen Zusagen dar (Randnr. 182 der angefochtenen Entscheidung).

49     Schließlich heißt es in der angefochtenen Entscheidung, wenn sich durch eine letztinstanzliche Entscheidung eines zuständigen deutschen Gerichts herausstellen sollte, dass entgegen der von der Kommission vertretenen Auffassung die Mitbenutzung der Entsorgungseinrichtungen der Partner des Leistungsvertrags durch Dritte nicht mit der Verpackungsverordnung vereinbar ist, würde dies eine wesentliche Änderung des dieser Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalts darstellen und die Kommission veranlassen, die Voraussetzungen für die Anwendung von Art. 81 Abs. 3 EG auf den Leistungsvertrag zu überprüfen und gegebenenfalls die Freistellungserklärung zu widerrufen (Randnr. 183 der angefochtenen Entscheidung).

F –  Verfügender Teil

50     Art. 1 des verfügenden Teils bringt die Position der Kommission zur Satzung und den sogenannten Garantieverträgen, die DSD zusammen mit dem Leistungsvertrag angemeldet hatte, zum Ausdruck:

„Ausgehend von ihrem jetzigen Kenntnisstand und unter Berücksichtigung der Zusagen von DSD stellt die Kommission fest, dass für sie keine Veranlassung besteht, aufgrund von Artikel 81 Absatz 1 [EG] und Artikel 53 Absatz 1 EWR-Abkommen gegen die Satzung und die Garantieverträge vorzugehen.“

51     Mit Art. 2 der angefochtenen Entscheidung wird der Leistungsvertrag freigestellt:

„Die Bestimmungen von Artikel 81 Absatz 1 [EG] und von Artikel 53 Absatz 1 EWR-Abkommen werden gemäß Artikel 81 Absatz 3 [EG] und Artikel 53 Absatz 3 EWR-Abkommen für nicht anwendbar erklärt auf individuelle Leistungsverträge, die eine Ausschließlichkeitsbindung vorsehen und deren Laufzeit spätestens mit dem Jahr 2003 endet.

Diese Freistellung gilt vom 1. Januar 1996 bis zum 31. Dezember 2003.“

52     In Art. 3 der Entscheidung verknüpft die Kommission diese Freistellung mit zwei Auflagen:

„Die Freistellung gemäß Artikel 2 ist an folgende Auflagen gebunden:

a)      DSD hindert die Entsorger nicht daran, mit Wettbewerbern von DSD Verträge über die Mitbenutzung von Behältern oder sonstigen Einrichtungen zum Sammeln und Sortieren gebrauchter Verkaufspackungen abzuschließen und zu erfüllen;

b)      DSD darf von Entsorgern, die mit Wettbewerbern von DSD Verträge über die Mitbenutzung von Behältern oder sonstigen Einrichtungen zum Sammeln und Sortieren gebrauchter Verkaufsverpackungen abschließen, nicht verlangen, dass diese gegenüber DSD Verpackungsmengen nachweisen müssen, die nicht für das DSD-System gesammelt wurden.“

 Verfahren und Anträge der Beteiligten

53     Mit Klageschrift, die am 27. November 2001 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Klägerin gemäß Art. 230 Abs. 4 EG Klage auf Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung erhoben.

54     Mit Antragsschrift, die am 26. Februar 2002 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Landbell AG für Rückhol‑Systeme (im Folgenden: Landbell), ein mit DSD konkurrierendes Befreiungssystem, beantragt, im vorliegenden Verfahren als Streithelferin zur Unterstützung der Anträge der Kommission zugelassen zu werden. Dieser Antrag auf Zulassung als Streithelferin ist den Parteien übermittelt worden, die hierzu fristgerecht Stellung genommen haben.

55     Mit Beschluss vom 17. Juni 2002 hat das Gericht (Fünfte Kammer) Landbell als Streithelferin zugelassen, und diese konnte am 9. Oktober 2002 ihre Stellungnahme abgeben.

56     Auf Bericht des Berichterstatters hat das Gericht (Erste Kammer) beschlossen, das mündliche Verfahren zu eröffnen, und im Rahmen prozessleitender Maßnahmen eine Reihe von Fragen zur mündlichen Beantwortung in der Sitzung an die Beteiligten gerichtet.

57     Die Beteiligten haben in der Sitzung vom 11. und 12. Juli 2006 mündlich verhandelt und die Fragen des Gerichts beantwortet.

58     Die Klägerin beantragt,

–       Art. 3 Buchst. a und b der angefochtenen Entscheidung für nichtig zu erklären;

–       hilfsweise, die angefochtene Entscheidung insgesamt für nichtig zu erklären;

–       die in Randnr. 72 der angefochtenen Entscheidung wiedergegebene Zusage von DSD für nichtig zu erklären;

–       der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

59     Die Kommission beantragt,

–       die Klage abzuweisen;

–       der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

60     Landbell beantragt,

–       die Klage abzuweisen;

–       der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

 Zur Rechtslage

61     Die Klägerin stützt ihre Klage auf vier Klagegründe: Erstens verstoße die Auflage in Art. 3 Buchst. a der angefochtenen Entscheidung gegen Art. 81 Abs. 3 EG und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Zweitens verletze diese Auflage Art. 86 Abs. 2 EG. Drittens verstoße die Auflage in Art. 3 Buchst. b der angefochtenen Entscheidung gegen Art. 81 Abs. 3 EG und Art. 86 Abs. 2 EG. Viertens liege im Zusammenhang mit dem Antrag auf Nichtigerklärung der in Randnr. 72 der angefochtenen Entscheidung erwähnten Zusage der Klägerin ein Verstoß gegen das Grundrecht auf freien Zugang zu den Gerichten vor.

A –  Erster Klagegrund: Verstoß der Auflage in Art. 3 Buchst. a der angefochtenen Entscheidung gegen Art. 81 Abs. 3 EG und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit

62     Nach Ansicht der Klägerin verstößt die Auflage in Art. 3 Buchst. a der angefochtenen Entscheidung (im Folgenden: erste Auflage) – „DSD hindert die Entsorger nicht daran, mit Wettbewerbern von DSD Verträge über die Mitbenutzung von Behältern oder sonstigen Einrichtungen zum Sammeln und Sortieren gebrauchter Verkaufspackungen abzuschließen und zu erfüllen“ – gegen Art. 81 Abs. 3 EG und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Sie gliedert ihren Klagegrund im Wesentlichen in drei Teile.

63     Erstens trägt sie vor, dass die erste Auflage im Hinblick auf Art. 81 Abs. 3 EG objektiv nicht notwendig sei, da die Mitbenutzung der Sammel- und Sortiereinrichtungen (im Folgenden: Sammeleinrichtungen) für die Tätigkeit von Wettbewerbern von DSD keineswegs unentbehrlich sei. Zumindest sei die angefochtene Entscheidung insoweit unzureichend begründet.

64     Zweitens macht sie in Erwiderung auf die Ausführungen in der Klagebeantwortung geltend, dass der von der Kommission angeführte angeblich drohende Verstoß gegen Art. 81 Abs. 1 EG oder Art. 82 EG spekulativ sei und die erste Auflage nicht rechtfertigen könne, die – in jedem Fall – nur die Verhinderung der Ausschaltung des Wettbewerbs auf dem Markt, auf dem die Wettbewerbsbeschränkung festgestellt worden sei, zum Ziel haben könne.

65     Drittens sei die erste Auflage unverhältnismäßig, da sie, zum ersten, durch die mit ihr angeordnete Mitbenutzung der Sammeleinrichtungen gegen die Verpackungsverordnung verstoße, zum zweiten, zu einer Wettbewerbsverzerrung zu ihren Lasten führe, zum dritten, in den spezifischen Gegenstand der Marke „Der Grüne Punkt“ eingreife und, zum vierten, ihr Grundrecht auf Zugang zu den Gerichten verletze.

66     Bevor die Klägerin ihre Vorwürfe begründet, legt sie zunächst dar, aus welchen Gründen es notwendig sei, im Fall der Mitbenutzung der Sammeleinrichtungen ihre Zustimmung einzuholen.

67     Diese Gründe sind vor der Würdigung der drei oben genannten Teile des ersten Klagegrundes zu prüfen.

1.     Erfordernis, im Fall der Mitbenutzung der Sammeleinrichtungen die Zustimmung von DSD einzuholen

a)     Vorbringen der Beteiligten

68     Die Klägerin macht geltend, auch wenn sie rechtlich nicht Eigentümerin der von der ersten Auflage erfassten Sammeleinrichtungen sei, müssten diese gleichwohl als Einrichtungen von DSD angesehen werden, da sie vollständig von ihr finanziert worden seien, Bestandteil des Dualen Systems seien und die Marke „Der Grüne Punkt“ trügen. Deshalb sei für jede Mitbenutzung der Einrichtungen der Entsorger, die einen Leistungsvertrag mit DSD geschlossen hätten, ihre Zustimmung erforderlich.

69     Das Erfordernis, ihre Zustimmung einzuholen, begründet die Klägerin an erster Stelle damit, dass sie die vom Dualen System verwendeten Sammeleinrichtungen finanziert habe. Insoweit stützt sie sich insbesondere auf § 7 Abs. 1 des Leistungsvertrags, wonach das Entgelt, das DSD an den Entsorger zahle, der Abgeltung aller von diesem erbrachten Leistungen, wie z. B. Gefäßgestellung, Transport und Sortierung der Verpackungen sowie Bereitstellung der Abfälle, diene. Die Klägerin beruft sich außerdem auf ein Urteil des Landgerichts Köln vom 18. März 1997, aus dem hervorgehe, dass ein Wettbewerber von DSD bei Mitbenutzung der Sammeleinrichtungen vom Dualen System profitiere und eine Mitbenutzung nur nach „Einholung der Zustimmung [von DSD] (gegen Entgelt)“ möglich sei. Sie führt darüber hinaus den Grundsatz von Treu und Glauben aus § 242 BGB an, wonach die Vertragsparteien bei längerfristig angelegten Vertragsverhältnissen und enger wirtschaftlicher Zusammenarbeit zu besonderer Rücksichtnahme verpflichtet seien.

70     Das Einholen ihrer Zustimmung im Fall der Mitbenutzung von Sammeleinrichtungen sei außerdem erforderlich, um ihr die Erfüllung ihrer Verpflichtungen aus der Verpackungsverordnung zu ermöglichen, nämlich eine bundesweite Flächendeckung zu gewährleisten, die Verwertungsquoten einzuhalten und den Mengenstromnachweis in den einzelnen Bundesländern zu erbringen (§ 10 Satz 2 des Leistungsvertrags; vierter Vertrag zur Änderung des Leistungsvertrags, Ziffern 1.1 und 1.5.1, und Urteil des Verwaltungsgerichts Gießen vom 31. Januar 2001). Ferner bedürfe es ihrer Zustimmung, damit sie sich vergewissern könne, dass die Verpackungen, die am Dualen System teilnähmen und mit der Marke „Der Grüne Punkt“ gekennzeichnet seien, vom Verbraucher auch tatsächlich diesem System, d. h. den mit der betreffenden Marke versehenen Sammeleinrichtungen, zugeführt würden.

71     Die Kommission und Landbell tragen vor, dass sich die Finanzierung der Sammeleinrichtungen bloß folgerichtig aus dem Leistungsvertrag ergebe, der bestimme, welche Leistungen zu erbringen seien und welches Entgelt dafür gezahlt werden müsse. Außerdem habe sich die Klägerin im Verwaltungsverfahren nicht auf § 242 BGB berufen, und ihr derzeitiger Standpunkt widerspreche der Ansicht, die sie im Verwaltungsverfahren vertreten habe. Ferner träfen die Pflichten aus der Verpackungsverordnung DSD wie jeden anderen Wirtschaftsteilnehmer in derselben Position, und die Anbringung der Marke „Der Grüne Punkt“ auf den Sammeleinrichtungen habe keine Bedeutung für den Verbraucher, der die betreffenden Behälter vor allem mit der zu verwertenden Materialfraktion in Verbindung bringe. Landbell verweist zudem darauf, dass alle hessischen Gebietskörperschaften der Mitbenutzung der Sammeleinrichtungen des Dualen Systems durch das Befreiungssystem von Landbell zugestimmt hätten.

b)     Würdigung durch das Gericht

72     Aus der angefochtenen Entscheidung geht hervor, dass DSD im Verwaltungsverfahren der Kommission die Zusage gab, Entsorger weder zu verpflichten, ausschließlich für DSD tätig zu werden, noch zu verpflichten, ihre eigenen Sammeleinrichtungen ausschließlich zur Erfüllung des Leistungsvertrags zu verwenden (siehe oben, Randnr. 17). Außerdem sagte DSD der Kommission zu, darauf zu verzichten, die Nutzung der Sammeleinrichtungen ihrer Vertragspartner durch Dritte von ihrer Zustimmung abhängig zu machen (siehe oben, Randnr. 21).

73     Diese Zusagen betreffen zum einen die Entsorger, die Vertragspartner von DSD sind, und zum anderen die Unternehmen, die Zugang zu den Sammeleinrichtungen der Vertragspartner von DSD haben möchten. Sie sind die Antwort auf die Bedenken, die die Kommission im Verwaltungsverfahren geäußert hatte, und zwar sowohl im Hinblick auf die mögliche Anwendung von Art. 81 Abs. 1 EG auf den Leistungsvertrag für den Fall, dass dieser eine Ausschließlichkeitsklausel zugunsten von DSD in Bezug auf den Zugang Dritter zu den Sammeleinrichtungen enthält (siehe oben, Randnr. 35), als auch hinsichtlich der möglichen Anwendung von Art. 82 EG, falls sich herausstellen sollte, dass die Absicht von DSD, die Mitbenutzung der Sammeleinrichtungen von ihrer Zustimmung abhängig zu machen, unter Art. 82 EG fällt (siehe oben, Randnr. 20).

74     Um diese Bedenken zu zerstreuen, unterbreitete DSD die angeführten Zusagen. Die in Randnr. 72 der angefochtenen Entscheidung wiedergegebene Zusage ist insoweit besonders aufschlussreich, da sie als Antwort auf die Bedenken der Kommission in Bezug auf den von DSD ursprünglich erhobenen Anspruch, die Mitbenutzung der Sammeleinrichtungen ihrer Vertragspartner durch Dritte von ihrer Zustimmung abhängig zu machen, angeboten wurde (Randnrn. 57, 58, 136 und 137 der angefochtenen Entscheidung). Diese Zusage sollte demnach die Kommission dadurch beruhigen, dass ihr erklärt wurde, DSD verzichte auf die Geltendmachung von Unterlassungsansprüchen in der Art des im Urteil des Landgerichts Köln vom 18. März 1997 beschriebenen Unterlassungsanspruchs, den sie auf der Grundlage des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb gegen ein konkurrierendes Unternehmen erhoben hatte, das einige Sammeleinrichtungen des Dualen Systems unentgeltlich nutzen wollte.

75     Die von DSD unterbreiteten Zusagen wurden von der Kommission bei der Beurteilung des von DSD angemeldeten Leistungsvertrags berücksichtigt. Das gilt sowohl auf der Ebene der Prüfung einer möglichen Wettbewerbsbeschränkung im Hinblick auf Art. 81 Abs. 1 EG auf dem Gebiet des Zugangs zu den Einrichtungen der Entsorger (siehe oben, Randnrn. 33 bis 36, sowie Randnrn. 133 bis 140 der angefochtenen Entscheidung) als auch auf der Ebene der Prüfung nach Art. 81 Abs. 3 EG im Hinblick auf die Beurteilung der Frage, ob der Wettbewerb aufrechterhalten werden kann (siehe oben, Randnr. 41, sowie Randnrn. 158 bis 163 der angefochtenen Entscheidung). So verweist die Kommission in der Entscheidung z. B. ausdrücklich auf die Zusagen, als sie zu dem Ergebnis kommt, dass der Leistungsvertrag die Entsorger nicht exklusiv an DSD binde und sie daher frei und ungehindert ihre Leistungen den Wettbewerbern von DSD anbieten könnten (siehe oben, Randnr. 46, und Randnr. 176 der angefochtenen Entscheidung).

76     Nach Abschluss des Verwaltungsverfahrens hat die Klägerin gleichwohl vor dem Gericht geltend gemacht, dass für jede Mitbenutzung der Sammeleinrichtungen ihrer Vertragspartner ihre Zustimmung erforderlich sei.

77     Die Klägerin trägt hierzu erstens vor, dieses Erfordernis ergebe sich daraus, dass sie sich über das gemäß dem Leistungsvertrag gezahlte Entgelt an der Finanzierung der vom Dualen System verwendeten Sammeleinrichtungen beteiligt habe. Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass es sich bei dem Dualen System um das erste bundesweit zugelassene Befreiungssystem handelt und dieses System in Deutschland über eine maßgebliche Stellung verfügt, da es rund 70 % der Verpackungen, die in Deutschland gesammelt werden können, und mindestens 80 % der Nachfrage auf dem deutschen Markt für das Sammeln beim Verbraucher stellt (siehe oben, Randnr. 29). Es versteht sich daher von selbst, dass DSD die erste und hauptsächliche, wenn nicht einzige Einnahmequelle der Entsorger darstellt, was das Sammeln und Sortieren von Verpackungen angeht.

78     Die Klägerin bestreitet jedoch nicht, dass es den Entsorgern und nicht DSD obliegt, die für das Sammeln und Sortieren der Verpackungen erforderlichen Investitionen vorzunehmen (Randnr. 151 der angefochtenen Entscheidung). Ebenso wenig bestreitet sie, dass für die bis dahin nicht existierenden Sortieranlagen erhebliche Investitionen der Entsorger erforderlich waren (Randnr. 53 der angefochtenen Entscheidung). Wenn die Kommission eine ziemlich lange Laufzeit der Ausschließlichkeitsklausel von DSD zugunsten der Entsorger akzeptiert hat, dann geschah dies im Übrigen, um diesen Unternehmen die Amortisierung ihrer Investitionen zu ermöglichen, die auf rund 10 Mrd. DM geschätzt wurden (siehe oben, Randnr. 39). Die betreffende Klausel soll also die Rentabilität der von den Entsorgern getätigten Investitionen sicherstellen und dient nicht dazu, DSD einen Anspruch auf Auskunft über die Verwendung dieser Investitionen einzuräumen.

79     Außerdem lässt die Prüfung des Leistungsvertrags die Feststellung zu, dass DSD außer über die vorerwähnte Ausschließlichkeitsklausel nicht die Risiken trägt, die mit den für den Aufbau des Dualen Systems erforderlichen Investitionen verbunden sind. So übernimmt DSD für Risiken des Entsorgers aus dem Betrieb des Dualen Systems keine Haftung (§ 5 Abs. 1 des Leistungsvertrags). Desgleichen übernimmt DSD im Fall der Beendigung des Vertrags nicht die Investitionen des Entsorgers und leistet auch keinen Schadensersatz (§ 9 Abs. 3 und 4 des Leistungsvertrags). Ferner ergibt sich aus § 7 Abs. 1 des Leistungsvertrags, dass das von DSD den Entsorgern gezahlte Entgelt gewichtsbezogen ist, was bedeutet, dass DSD einem Entsorger kein Entgelt für die getätigten Investitionen zahlen muss, wenn dieser keine Verpackungen mehr für DSD sammelt.

80     Zudem berücksichtigt DSD nicht, dass die Kommission ihr für den Fall der Mitbenutzung in der angefochtenen Entscheidung ausdrücklich das Recht einräumt, darauf zu achten, dass keine für Dritte erbrachten Dienstleistungen der Entsorger ihr gegenüber abgerechnet werden, und sie ermächtigt, in der Folge eine Minderung des Entgelts auszuhandeln, das sie ihren Vertragspartnern schuldet (siehe oben, Randnr. 35). Aufgrund dieser Klarstellungen kann DSD sicher sein, dass die Mitbenutzung nicht in Form des an die Entsorger gezahlten Entgelts auf ihre Kosten erfolgt. Es kann also nicht zu einer „unentgeltlichen Nutzung“ der Sammeleinrichtungen kommen, wie es im Urteil des Landgerichts Köln zu einem Zeitpunkt der Fall war, als die Verpackungsverordnung noch nicht neugefasst und DSD nicht in der Lage war, ihre Zahlungen an die Entsorger entsprechend der Mitbenutzung der Sammeleinrichtungen zu mindern.

81     Soweit sich die Klägerin schließlich auf § 242 BGB beruft, wonach Vertragspartner zu besonderer Rücksichtnahme verpflichtet seien – wobei schwer zu verstehen ist, inwiefern es infolge dieser Pflicht nötig sein soll, im Fall der Mitbenutzung die Zustimmung von DSD einzuholen –, kommt das Gericht nicht umhin, festzustellen, dass dieses auf das deutsche Recht gestützte Argument nicht im Verwaltungsverfahren vorgebracht wurde und der Kommission daher nicht der Vorwurf gemacht werden kann, es bei Erlass der angefochtenen Entscheidung nicht berücksichtigt zu haben.

82     Dass das Duale System das erste Befreiungssystem war, das mit Entsorgern arbeitete, und deren hauptsächliche, wenn nicht einzige Einnahmequelle darstellt, genügt folglich nicht, um daraus ein Recht von DSD abzuleiten, die Mitbenutzung von ihrer Zustimmung abhängig zu machen.

83     Die Klägerin führt zweitens aus, die Einholung ihrer Zustimmung im Fall der Mitbenutzung der Sammeleinrichtungen sei notwendig, damit sie den Pflichten aus der Verpackungsverordnung nachkommen und sicherstellen könne, dass die Verpackungen, die unter das Duale System fielen, vom Verbraucher auch diesem System zugeführt würden.

84     Hierzu ist festzustellen, dass die Pflichten aus der Verpackungsverordnung für DSD wie für jeden anderen Betreiber eines Befreiungssystems gelten. Außerdem begründen die Bestimmungen des Leistungsvertrags, auf die sich DSD beruft, kein Recht von DSD, die Mitbenutzung der Sammeleinrichtungen ihrer Vertragspartner von ihrer Zustimmung abhängig zu machen. § 10 Satz 2 des Leistungsvertrags betrifft nämlich nicht den Fall der Mitbenutzung der Sammeleinrichtungen, sondern den einer abweichenden Gestaltung des Dualen Systems, und beschränkt sich auf die Feststellung, dass eine abweichende Gestaltung des betreffenden Systems der Zustimmung der Vertragsparteien und der betroffenen Gebietskörperschaft bedarf. Wie noch ausgeführt wird, hat die Mitbenutzung jedoch nicht zur Folge, dass das Duale System daran gehindert wäre, die Anforderungen aus der Verpackungsverordnung zu erfüllen (siehe unten, Randnrn. 161 bis 170). Zudem betreffen die Ziff. 1.1 und 1.5.1 des 4. Änderungsvertrags nicht Verpackungen, auf die es hier allein ankommt, sondern „zusätzliche Materialien, bei denen es sich nicht um Verkaufsverpackungen handelt“. Darüber hinaus hat das Verwaltungsgericht Gießen im Urteil vom 31. Januar 2001 nicht das Erfordernis geprüft, im Fall der Mitbenutzung der Sammeleinrichtungen die Zustimmung von DSD einzuholen, sondern lediglich festgestellt, dass der Lahn‑Dill‑Kreis eine von ihm umgesetzte Sammel‑ und Verwertungslösung, die kein System im Sinne von § 6 Abs. 3 VerpackV gewesen sei, mit der Klägerin abzustimmen habe.

85     Soweit ferner vorgetragen wird, die Rolle, die die Marke „Der Grüne Punkt“ in der Phase des Sammelns der Verpackungen spiele, müsse bewahrt werden, ist den Akten zu entnehmen, dass zahlreiche Sammeleinrichtungen nicht mit dieser Marke versehen sind (siehe unten, Randnr. 189). Außerdem verbindet der Verbraucher die Abfallbehälter gedanklich nicht mit der betreffenden Marke, sondern mit der Art der Verpackung (Verkaufsverpackungen) und vor allem mit der Materialfraktion (leichte Materialien, Papier oder Pappe, Glas usw.), die den verschiedenen Arten von Sammeleinrichtungen zuzuführen ist. Das in der angefochtenen Entscheidung angeführte Beispiel der gemeinsamen Sammlung von Druckschriften (Zeitungen und Zeitschriften) und Verpackungen aus Papier oder Pappe verdeutlicht, dass eine Mitbenutzung der Sammeleinrichtungen möglich ist, ohne dass berücksichtigt zu werden braucht, ob die Marke „Der Grüne Punkt“ auf diesen Einrichtungen angebracht ist (siehe oben, Randnr. 26).

86     Dass das Duale System das erste Befreiungssystem war, das die Sammeleinrichtungen in sein System einbezogen hat, oder dass es die Marke „Der Grüne Punkt“ verwendet, um sein System zu kennzeichnen, genügt daher nicht, um daraus ein Recht von DSD abzuleiten, die Mitbenutzung von ihrer Zustimmung abhängig zu machen.

87     Selbst wenn die Klägerin das Recht hätte, die Mitbenutzung der Sammeleinrichtungen ihrer Vertragspartner durch Dritte von ihrer Zustimmung abhängig zu machen, was, wie sich aus den vorstehenden Randnummern ergibt, nicht der Fall ist, kann das Gericht nicht umhin, festzustellen, dass die Klägerin im Verwaltungsverfahren angegeben hat, dass sie sich nicht auf dieses Recht berufen werde. Vorbehaltlich eines spezifischen Vorbringens zu der in Randnr. 72 der Entscheidung wiedergegebenen Zusage – das noch geprüft werden wird (siehe unten, Randnrn. 218 ff.) – bestreitet die Klägerin nicht die Gültigkeit oder Rechtmäßigkeit der verschiedenen Zusagen, die sie im Verwaltungsverfahren gegeben hat, um den von der Kommission geäußerten Bedenken zu begegnen.

88     Mit den betreffenden Zusagen wurde eine inhaltliche Klarstellung des Leistungsvertrags bewirkt, den DSD zur Erteilung eines Negativattests oder einer Befreiung angemeldet hatte, indem DSD der Kommission erklärte, wie sie sich in Zukunft verhalten wolle. Die Kommission hat diese Zusagen daher legitimerweise bei ihrer Beurteilung berücksichtigt, so dass DSD die beantragte Freistellungsentscheidung erhielt. Somit brauchte die Kommission nicht zu der Frage Stellung zu beziehen, ob DSD das Recht hatte, die Mitbenutzung der Sammeleinrichtungen von ihrer Zustimmung abhängig zu machen, denn schließlich hatte DSD mit ihren Zusagen darauf verzichtet, dieser Mitbenutzung zu widersprechen.

89     Demnach hat die Kommission aufgrund der Zusagen, die DSD im Hinblick auf die von der Kommission identifizierten Probleme insoweit gegeben hat, zu Recht die angefochtene Entscheidung erlassen, ohne dabei das angebliche Recht von DSD, der Mitbenutzung zu widersprechen, zu berücksichtigen. Das Gericht hat aber nicht die Aufgabe, die Rechtmäßigkeit dieser Entscheidung hinsichtlich eines Gesichtspunkts zu prüfen, auf dessen Geltendmachung die Klägerin verzichtet hatte.

2.     Erster Teil: Keine Notwendigkeit der Mitbenutzung der Sammeleinrichtungen

a)     Vorbringen der Beteiligten

90     In Analogie zur Lehre von den wesentlichen Einrichtungen (Urteile des Gerichtshofs vom 6. April 1995, RTE und ITP/Kommission, „Magill“, C‑241/91 P und C‑242/91 P, Slg. 1995, I‑743, Randnrn. 53 und 54, und vom 26. November 1998, Bronner, C‑7/97, Slg. 1998, I‑7791, Randnr. 41, Urteil des Gerichts vom 15. September 1998, European Night Services u. a./Kommission, T‑374/94, T‑375/94, T‑384/94 und T‑388/94, Slg. 1998, II‑3141) macht die Klägerin geltend, dass die mit der ersten Auflage angeordnete Mitbenutzung für die Tätigkeit der Wettbewerber von DSD unentbehrlich sein müsse, was hier nicht der Fall sei.

91     Den Befreiungssystemen stünden auch ohne Mitbenutzung etwa 70 % des Marktes offen. Rund 70 % der vom System der Klägerin behandelten Verpackungen (Glasverpackungen, die überwiegende Zahl der Verpackungen aus Papier oder Pappe und in Süddeutschland Leichtverpackungen) würden nämlich über Bringsysteme erfasst, d. h. über Container auf hierfür vorgesehenen Standorten oder über Wertstoffhöfe. Diese Systeme seien die Regel und keine „nur vereinzelt“ anzutreffende Lösung, wie es in der Entscheidung heiße (siehe oben, Randnr. 34). Um nicht auf die Mitbenutzung zurückgreifen zu müssen, reiche es daher aus, dass die konkurrierenden Befreiungssysteme ihre eigenen Container aufstellten. Die Klägerin führt außerdem das Beispiel des „Blauen Sacks“, den Landbell im April 1998 zur Sammlung bestimmter Arten von Verpackungen im Lahn‑Dill‑Kreis verwendet habe, als Beleg dafür an, dass ohne weiteres ein anderes Erfassungssystem als das Duale System aufgebaut werden könne. Zudem sei dem Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs Kassel vom 20. August 1999 zu entnehmen, dass konkurrierende Befreiungssysteme „nebeneinander“, d. h. mit eigenen Sammeleinrichtungen, betrieben werden könnten.

92     Den Selbstentsorgerlösungen sei es im Allgemeinen nicht gestattet, die Verpackungen in verbrauchernahen Sammeleinrichtungen zu erfassen, wie es aufgrund der ersten Auflage jedoch möglich wäre. Dieses Verbot sei entscheidend für die Einhaltung der in der Verpackungsverordnung vorgeschriebenen Verwertungsquoten. Ausnahmsweise könnten Selbstentsorgerlösungen Verpackungen beim Verbraucher oder in dessen Nähe erfassen, und zwar im Kleingewerbe und im Versandhandel (vgl. Mitteilung der Bundesregierung, S. 7). In diesen beiden Randbereichen seien Selbstentsorgerlösungen jedoch bereits heute mit eigenen Sammeleinrichtungen tätig und somit nicht auf eine Mitbenutzung angewiesen.

93     Zuletzt macht die Klägerin geltend, dass die Entscheidung gegen Artikel 253 EG verstoße, indem sie nicht darlege, inwiefern die Mitbenutzung für die Tätigkeit ihrer Wettbewerber unentbehrlich sei. In Bezug auf die Sammeleinrichtungen müsste die Entscheidung Untersuchungen zur Marktstruktur und zu den angeblichen Wettbewerbsbeschränkungen enthalten, um zu belegen, dass die Mitbenutzung unerlässlich sei. Hierzu bemerkt die Klägerin, in Randnr. 160 der angefochtenen Entscheidung, die auf raumökonomische und entsorgungslogistische Ursachen sowie gewachsene Entsorgungstraditionen der Verbraucher verweise (siehe oben, Randnr. 41), stütze sich die Kommission nicht auf überprüfbare Tatsachen. Auch die dort aufgestellte Behauptung, dass die Duplizierung der Sammeleinrichtungen „in vielen Fällen wirtschaftlich eher unwahrscheinlich“ erscheine, sei nicht ausreichend. In Bezug auf die Sortiereinrichtungen enthalte die Entscheidung keine Begründung, weshalb die Mitbenutzung notwendig sei, außer dem allgemeinen Hinweis in Randnr. 182 der angefochtenen Entscheidung, dass sie erforderlich sei, um eine Ausschaltung des Wettbewerbs zu verhindern.

94     Nach Ansicht der Kommission geht die Bezugnahme auf die Lehre von den wesentlichen Einrichtungen fehl, da die Sammeleinrichtungen nicht DSD gehörten und es Dritten erlaubt sein müsse, sie ohne ihre Zustimmung zu benutzen. Hier sei vielmehr festzustellen, dass einer Wettbewerbsbeschränkung durch die Entscheidung eine Freistellung gemäß Art. 81 Abs. 3 EG erteilt und diese Freistellung mit einer Auflage zur Aufrechterhaltung des Wettbewerbs verknüpft werde. Insoweit sei in den Randnrn. 133 bis 139 angegeben, aus welchen Gründen der Zugang der Wettbewerber von DSD zu den Sammeleinrichtungen von grundlegender Bedeutung sei (siehe oben, Randnrn. 33 bis 36). Zudem behindere die Ausschließlichkeitsklausel, die DSD an die Entsorger binde und die in den Randnrn. 128, 160 und 162 der angefochtenen Entscheidung geprüft worden sei, den Markzutritt von Wettbewerbern erheblich (siehe oben, Randnrn. 30 und 40). Im Kern macht die Kommission geltend, ohne die erste Auflage hätte die Ausschließlichkeitsbindung zwischen der Klägerin und den Entsorgern zur Folge, dass Wettbewerbern von DSD der Zutritt zum Markt für das Sammeln beim Verbraucher verwehrt wäre. Deshalb sei die angefochtene Entscheidung insoweit hinreichend begründet.

95     Zur Kritik an der Mitbenutzung der Sammeleinrichtungen durch Befreiungssysteme führen die Kommission und Landbell aus, dass die Mitbenutzung notwendig sei, um einen wirksamen Wettbewerb zu ermöglichen. Landbell weist außerdem darauf hin, dass das Duale System von Anfang an die kommunalen Erfassungseinrichtungen für das Sammeln von Verpackungen aus Papier oder Pappe und von Glas mitbenutzt habe.

96     Zur Kritik an der Mitbenutzung der Sammeleinrichtungen durch Selbstentsorgerlösungen trägt die Kommission vor, dass eine Mitbenutzung nur dort in Betracht komme, wo sich nach nationalem Recht die Anfallstellen von Selbstentsorgerlösungen einerseits und Dualem System andererseits überschnitten. Die erste Auflage gelte demnach für die Fälle, in denen Selbstentsorgerlösungen verbrauchernah sammeln dürften. In einem solchen Fall komme es nur dann zu einer Mitbenutzung, wenn die Anfallstellen nur eine einzige Einrichtung duldeten. Außerdem seien Selbstentsorgerlösungen bei Verpackungen im Versandhandel nur dann auf eine Mitbenutzung angewiesen, wenn der Umsatz ihrer Kunden so gering sei, dass die Aufstellung von Sammelbehältnissen in „zumutbarer Entfernung“ von deren Sitz oder Wohnort wirtschaftlich untragbar sei.

97     Zur Kritik, dass die Notwendigkeit der Mitbenutzung der Sortiereinrichtungen nicht begründet sei, stellt die Kommission fest, die Klägerin übersehe, dass bei Mitbenutzung der Sammeleinrichtungen die Verpackungen zwingend gemeinsam sortiert werden müssten.

b)     Würdigung durch das Gericht

98     Unter Bezugnahme auf das Urteil Magill, das den Fall betrifft, dass sich der Betroffene auf ein unbestreitbares Recht berufen kann, über die betreffenden Anlagen zu verfügen – was vorliegend nicht der Fall ist (siehe oben, Randnrn. 87 bis 89) –, trägt die Klägerin im Wesentlichen vor, dass die erste Auflage für nichtig erklärt werden müsse, weil sie die Mitbenutzung der Sammeleinrichtungen einschließlich der Sortiereinrichtungen vorschreibe, obwohl dies weder notwendig sei, um die Tätigkeit der Befreiungssysteme und der Selbstentsorgerlösungen zu ermöglichen, noch im Hinblick auf Art. 253 EG hinreichend begründet sei.

99     Für die Prüfung dieses Vorbringens ist zunächst darauf hinzuweisen, dass die Kommission in Randnr. 182 der angefochtenen Entscheidung ausdrücklich erklärt hat, dass der Grund für die erste Auflage, wonach DSD den Entsorgern nicht verbieten darf, mit Wettbewerbern von DSD Verträge über die Mitbenutzung ihrer Behälter oder sonstigen Einrichtungen zum Sammeln und Sortieren abzuschließen, in dem Bestreben liegt, „die Ausschaltung des Wettbewerbs auf den relevanten Märkten zu verhindern“, und zwar zum einen dem Markt für das Sammeln der Verpackungen beim Verbraucher und zum anderen dem vorgelagerten Markt für die Organisation der Rücknahme und Verwertung der beim Verbraucher anfallenden Verpackungen (siehe oben, Randnr. 48, und Randnr. 182 der angefochtenen Entscheidung in Verbindung mit Randnr. 46 des vorliegenden Urteils und Randnr. 176 der angefochtenen Entscheidung zur Bestimmung der relevanten Märkte).

100   Außerdem ist in Bezug auf die Bedeutung des Ausdrucks „Wettbewerber von DSD“ in der ersten Auflage der Fall der Befreiungssysteme, die ohne Zweifel auf beiden vorerwähnten Märkten Wettbewerber von DSD sind, von dem der Selbstentsorgerlösungen zu unterscheiden, die nur am Rande auf diesen Märkten auftreten, da sie die Verpackungen grundsätzlich am Ort der tatsächlichen Übergabe oder in dessen unmittelbarer Nähe und nicht beim Verbraucher sammeln müssen (siehe oben, Randnrn. 5 und 6).

 i) Zur Notwendigkeit der Mitbenutzung für die konkurrierenden Befreiungssysteme

101   Im Wesentlichen wird in der angefochtenen Entscheidung die Ansicht vertreten, dass die verschiedenen Arten von Einrichtungen, die das Duale System bundesweit verwende, einen Flaschenhals darstellten, den die anderen Befreiungssysteme passieren können müssten, um mit DSD auf dem Markt für das Sammeln beim Verbraucher konkurrieren und infolgedessen auf dem vorgelagerten Markt für die Organisation der Rücknahme und Verwertung der beim Verbraucher anfallenden Verpackungen tätig sein zu können.

102   Zu diesem Zweck werden die Einrichtungen, auf die sich die erste Auflage bezieht, genauer als „Behälter oder sonstige Einrichtungen zum Sammeln und Sortieren“ von Verpackungen der Entsorger definiert, die einen Leistungsvertrag mit DSD geschlossen haben. Diese Einrichtungen werden in der Entscheidung auch unter der Bezeichnung „Erfassungsinfrastrukturen“ bzw. „Entsorgungsinfrastrukturen“ (Randnrn. 162, 164, 171 und 176 der angefochtenen Entscheidung) oder unter dem Oberbegriff „Entsorgungseinrichtungen“ (Randnrn. 164 und 182 der angefochtenen Entscheidung) geführt. Der Entscheidung zufolge handelt es sich um Behälter, die an einem hierfür vorgesehenen Standort haushaltsnah aufgestellt werden, und um die Infrastrukturen, die erforderlich sind, um die vom Entsorger an die Verbraucher verteilten Plastiksäcke oder Tonnen abzuholen bzw. zu leeren (Randnr. 32 der angefochtenen Entscheidung).

103   Da das Sortieren der Materialien zum Aufgabenbereich der Entsorger gehört, umfasst der Begriff der Entsorgungseinrichtungen zudem auch den spezialisierten Betrieb, in dem das Sortieren in der Regel erfolgt. Diese Erläuterung in Randnr. 32 der Entscheidung macht verständlich, warum sich die Mitbenutzung der Sammeleinrichtungen auch auf die Sortiereinrichtungen bezieht. Denn die Phase des Sammelns ist nur der erste Schritt im Prozess der Verwertung der Verpackungen, deren logische Folge und notwendiges Gegenstück die Phase des Sortierens bildet. Sobald die Entsorger sowohl Verpackungen, die unter das Duale System fallen, als auch solche, die von anderen Befreiungssystemen erfasst werden, sammeln dürfen, können sie daher die Mengen, die sie für die jeweiligen Systeme gesammelt haben, sortieren. Dies ist der Klägerin wohlbekannt, da der Leistungsvertrag das Sammeln wie auch das Sortieren der Verpackungen vorsieht. Aus diesem Grund übrigens vertritt die Kommission die Auffassung, dass der Markt für das Sammeln der Verpackungen beim Verbraucher sowohl das Sammeln als auch das Sortieren dieser Verpackungen umfasse; zwar handele es sich um zwei unterschiedliche Tätigkeiten, für die unterschiedliche Infrastruktureinrichtungen benötigt würden, aber der Markt sei ein einheitlicher, weil DSD beide Tätigkeiten zusammen nachfrage (Randnr. 87 der angefochtenen Entscheidung).

104   Es lässt sich daher nicht behaupten, dass die angefochtene Entscheidung in Bezug auf die Einbeziehung der Sortiereinrichtungen in den Oberbegriff der Sammeleinrichtungen unzureichend begründet wäre, weshalb der betreffende Vorwurf der Klägerin zurückzuweisen ist.

105   Um zu belegen, dass es nötig sei, eine Mitbenutzung der Sammeleinrichtungen vorzusehen, damit die mit DSD konkurrierenden Befreiungssysteme Zutritt zu den Märkten für das Sammeln und für die Organisation der Rücknahme und Verwertung beim Verbraucher erhielten und sich dort halten könnten, prüft die Kommission in der angefochtenen Entscheidung die Rolle der Entsorger im Rahmen eines Befreiungssystems und die Besonderheiten, durch die sich die Sammeleinrichtungen auszeichneten.

106   Zu den Entsorgern heißt es in der Entscheidung zutreffend, dass innerhalb eines Befreiungssystems die Beauftragung von nur einem Entsorger pro Vertragsgebiet ökonomisch vorteilhaft sei, da sich die verbrauchernahe Entsorgung durch ausgeprägte Netz- sowie umfangreiche ökonomische Skalen- und Verbundeffekte auszeichne (Randnr. 160 der angefochtenen Entscheidung). Dadurch, dass DSD mit einem einzigen Entsorger je Gebiet kontrahiert, wird der Erhalt der nach den anwendbaren Vorschriften erforderlichen Genehmigungen und Angaben erleichtert und das Sammeln der Verpackungen in dem gesamten betreffenden Gebiet ermöglicht, ohne dass mehrere Unternehmen beauftragt werden müssten.

107   Ebenfalls zu Recht wird in der Entscheidung festgestellt, dass es aus raumökonomischen und entsorgungslogistischen Gründen eher unwahrscheinlich sei, dass sich ein anderes Befreiungssystem an Entsorger wende, die nicht am Dualen System teilnähmen, das 80 % der Nachfrage auf dem Markt für das Sammeln beim Verbraucher stelle (Randnr. 128 der angefochtenen Entscheidung). Dass 80 % der Verpackungen, die bei den Verbrauchern gesammelt werden können, bereits von einem von den Gebietskörperschaften genehmigten Netz von Entsorgern erfasst werden, macht nämlich den Aufbau eines parallelen Netzes sehr viel schwerer. Das ist der Grund, warum die Kommission die Duplizierung des von den am Dualen System teilnehmenden Entsorgern aufgebauten Netzes für eher unwahrscheinlich hält.

108   Zu den Sammeleinrichtungen als solchen heißt es in der Entscheidung zu Recht, dass insbesondere raumökonomische und entsorgungslogistische Ursachen sowie gewachsene Entsorgungstraditionen der Endverbraucher eine Duplizierung der für Verbraucher bestimmten Erfassungseinrichtungen in vielen Fällen wirtschaftlich eher unwahrscheinlich erscheinen ließen (Randnr. 160 der angefochtenen Entscheidung). Das ist verständlich, da die Duplizierung der Einrichtungen weder im Interesse der Behörden ist, die die erforderlichen Zulassungen und Genehmigungen erteilen, noch im Interesse der Verbraucher, von deren Kooperation der Erfolg der Befreiungssysteme abhängt, weil sie es sind, die die Verpackungen in die zu sammelnden Säcke und in die zu leerenden Behälter oder den passenden Container werfen.

109   Vom Verbraucher zu verlangen, dass er zwei oder mehr Säcke nicht je nach Material, sondern je nach dem in Anspruch genommenen Befreiungssystem befüllt, oder von ihm zu verlangen, dass er in seiner Wohnung je nach dem in Anspruch genommenen System zwei oder mehr verschiedene Behälter aufbewahrt, die geleert werden müssen, wäre unter diesem Gesichtspunkt kontraproduktiv, wenn nicht sogar unvereinbar mit der Art und Weise, in der sich der Wettbewerb organisiert, wenn der Hersteller oder Vertreiber von Verpackungen beschließt, sich mehrerer Befreiungssysteme zu bedienen, um deren Rücknahme und Verwertung sicherzustellen (vgl. Urteil des Gerichts vom 24. Mai 2007, Duales System Deutschland/Kommission, T‑151/01, Slg. 2007, I‑0000, Randnrn. 129 bis 139, in denen das Gericht die Ausführungen wiedergibt, mit denen in der mündlichen Verhandlung die Funktionsweise der Systeme erläutert worden ist, die mehrere Befreiungssysteme kombinieren, um die Sammlung und Verwertung der Verpackungen sicherzustellen). In diesem Sinne ist die Wendung „gewachsene Entsorgungstraditionen der Endverbraucher“ (Randnrn. 93 und 160 der angefochtenen Entscheidung) zu verstehen, die zur Verbesserung der Umwelt beitragen möchten, aber auf eine Weise, die so wenig Unannehmlichkeiten wie möglich bereitet.

110   Außerdem ist eine Vermehrung der Systeme zum Sammeln der Säcke oder zum Leeren der Behälter ebenso wie eine Vermehrung der Container oder der Standorte, an denen sich die Verbraucher haushaltsnah ihrer Verpackungen entledigen können sollen, schon deswegen nicht wirtschaftlich sinnvoll, weil die verfügbaren Plätze begrenzt sind (Randnr. 93 der angefochtenen Entscheidung) und derselbe Container zwei oder mehr Befreiungssystemen dienen kann, so wie es aktuell in Bezug auf Verpackungen aus Papier und Pappe, die unter das Duale System fallen, und Druckschriften (Zeitungen und Zeitschriften), für die die Gemeinden zuständig sind, praktiziert wird (Randnr. 32 der angefochtenen Entscheidung). Die Kommission konnte daher sehr wohl raumökonomische und entsorgungslogistische Gesichtspunkte bei der Beurteilung berücksichtigen, unter welchen Bedingungen Befreiungssystemen der Zugang zu den Verbrauchern ermöglicht werden konnte.

111   Diese soziologischen und wirtschaftlichen Erwägungen sind DSD sehr wohl bekannt – schließlich hat sie sich die betreffenden Gesichtspunkte beim Aufbau ihres Systems zunutze gemacht. So hat DSD von Anfang an beschlossen, für die Sammlung von Verpackungen aus Papier und Pappe sowie aus Glas die bestehenden Sammeleinrichtungen der Gemeinden zu benutzen. Diese bereits existierenden Einrichtungen haben DSD somit den schnellen und effektiven Aufbau des Dualen Systems und dadurch einen leichten Zugang zu den Verbrauchern ermöglicht, die bereits daran gewöhnt waren, die für die Rückführung dieser Arten von Verpackungen vorgesehenen Standorte aufzusuchen.

112   Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass in der angefochtenen Entscheidung rechtlich hinreichend dargelegt wird, aus welchen Gründen die Einrichtungen der Entsorger, die einen Leistungsvertrag mit DSD geschlossen haben, für die mit DSD konkurrierenden Befreiungssysteme, unter denen sich Landbell an erster Stelle befindet, einen Flaschenhals darstellen.

113   DSD zu erlauben, die Entsorger am Abschluss und der Erfüllung von Verträgen mit den Wettbewerbern von DSD zu hindern, liefe daher im Ergebnis darauf hinaus, diesen Wettbewerbern jede ernsthafte Chance zu nehmen, Zutritt zum Markt für das Sammeln beim Verbraucher zu erlangen und sich auf diesem Markt zu halten, weshalb die Kommission mit Recht zu dem Schluss gelangen kann, dass die Mitbenutzung notwendig ist, um eine Ausschaltung des Wettbewerbs auf diesem Markt zu verhindern.

114   Diese Schlussfolgerung wird durch die Argumente der Klägerin, mit denen sie die Notwendigkeit der Mitbenutzung für die Befreiungssysteme kritisiert, nicht in Frage gestellt.

115   So ändert die Tatsache, dass (dem Gewicht nach) 70 % der von der Klägerin gesammelten Verpackungen durch ein System der freiwilligen Verbringung zu Containern oder zu einem Wertstoffhof gesammelt werden und nicht durch ein System des Abholens von Säcken oder der Leerung von Behältern, nichts daran, dass, wie bereits ausgeführt, sowohl die von dem Bring‑System benutzten Sammeleinrichtungen als auch die von dem Hol‑System genutzten Entsorgungsinfrastrukturen einen Flaschenhals bilden, den die mit DSD konkurrierenden Befreiungssysteme passieren können müssen, um in den Markt für das Sammeln beim Verbraucher einzudringen.

116   Bei dem Beispiel des von Landbell im Lahn‑Dill‑Kreis eingeführten „Blauen Sacks“, das die Klägerin als Beleg dafür angeführt hat, dass es möglich sei, ein selbständiges Hol‑System aufzubauen, kann außerdem nicht unberücksichtigt bleiben, dass dieses Beispiel kein Bundesland, sondern nur einen Kreis betraf, was jegliche Anerkennung als Befreiungssystem ausschloss, dass es sich in dem betreffenden Fall um ein mit Unterstützung der örtlichen Behörden durchgeführtes Pilotprojekt handelte und dass DSD gegen dieses System geklagt hat. Außerdem ist festzuhalten, dass Landbell seit der Entscheidung tatsächlich wieder Zutritt zum Markt für das Sammeln beim Verbraucher als Befreiungssystem für das Land Hessen erhalten hat, wo Landbell mit Zustimmung der betroffenen Unternehmen und der jeweiligen örtlichen Behörden dieselben Sammeleinrichtungen benutzt, wie sie vom Dualen System verwendet werden.

117   Schließlich lässt die zitierte Passage des Beschlusses des Verwaltungsgerichtshofs Kassel vom 20. August 1999, in dem dieser in Betracht zieht, dass Befreiungssysteme „nebeneinander“ aufgebaut werden, nicht den Schluss zu, dass konkurrierende Befreiungssysteme getrennte Sammeleinrichtungen benutzen müssten.

118   Nach alledem wird in der angefochtenen Entscheidung sowohl in Bezug auf die Pflichten, die die Kommission im Hinblick auf Art. 81 EG treffen, als auch hinsichtlich der Begründungspflicht rechtlich hinreichend dargelegt, aus welchen Gründen die Mitbenutzung der Sammeleinrichtungen – einschließlich der Sortiereinrichtungen – der Unternehmen, die einen Vertrag mit DSD geschlossen haben, notwendig ist, um es den konkurrierenden Befreiungssystemen zu ermöglichen, in den Markt für das Sammeln beim Verbraucher einzudringen und infolgedessen auf dem vorgelagerten Markt für die Organisation der Rücknahme und Verwertung der Verpackungen beim Verbraucher tätig zu sein.

119   Soweit sich die Klägerin auf die angebliche Fehlerhaftigkeit oder die unzureichende Begründung der angefochtenen Entscheidung in Bezug auf die Notwendigkeit beruft, die Mitbenutzung zu garantieren, um den Wettbewerb zwischen den Befreiungssystemen aufrechtzuerhalten, ist ihr Vorbringen folglich zurückzuweisen.

 ii) Zur angeblichen Notwendigkeit der Mitbenutzung für die Selbstentsorgerlösungen

120   Da DSD bundesweit als Befreiungssystem zugelassen ist, sind mit dem Begriff „Wettbewerber von DSD“, auf den die erste Auflage Bezug nimmt, offensichtlich in erster Linie alle konkurrierenden Befreiungssysteme gemeint, d. h. alle Systeme, die von den deutschen Behörden für die Rücknahme und Verwertung von beim Verbraucher anfallenden Verpackungen zugelassen sind. Es stellt sich jedoch die Frage, ob dieser Begriff auch die Selbstentsorgerlösungen umfasst. Die Klägerin vertritt hierzu die Ansicht, dass die Mitbenutzung für die Selbstentsorgerlösungen nicht notwendig sei, während die Kommission in ihren Schriftsätzen geltend macht, dass die erste Auflage für Selbstentsorgerlösungen gelte, wenn ihnen das Sammeln beim Verbraucher erlaubt sei.

121   Nach Auffassung des Gerichts ist die erste Auflage dahin auszulegen, dass sich der Begriff „Wettbewerber von DSD“ nicht auf Selbstentsorgerlösungen, sondern nur auf Befreiungssysteme bezieht, und zwar aus folgenden Gründen.

122   Zunächst ist unbestreitbar, dass die Selbstentsorgerlösungen die Verpackungen grundsätzlich am Ort der tatsächlichen Übergabe oder in dessen unmittelbarer Nähe und nicht beim Verbraucher sammeln müssen. Diese Auslegung beruht auf dem Wortlaut der Verpackungsverordnung (siehe oben, Randnrn. 5 und 6). Sie stützt sich auch auf die im Verwaltungsverfahren gegenüber der Kommission abgegebene Mitteilung der Bundesregierung, aus der hervorgeht, dass „die zu erfüllenden Quoten ausschließlich durch Rücknahme der Verkaufsverpackungen am Ort der tatsächlichen Übergabe bzw. in dessen unmittelbarer Nähe zu erfüllen sind und dass eine möglicherweise daneben organisierte haushaltsnahe Entsorgung nicht auf diese Quoten angerechnet werden kann“ (Mitteilung der Bundesregierung, S. 3 bis 6, und Randnr. 15 der angefochtenen Entscheidung). Vor diesem Hintergrund kann nicht behauptet werden, dass die Selbstentsorgerlösungen und die Befreiungssysteme in unmittelbarem Wettbewerb miteinander stünden, was das Sammeln beim Verbraucher angeht.

123   Sodann bestreiten die Beteiligten nicht mehr, dass die Selbstentsorgerlösungen abweichend von dieser Regel am Rande auf dem Markt für das Sammeln der Verpackungen beim Verbraucher und infolgedessen auf dem vorgelagerten Markt für die Organisation der Rücknahme und Verwertung der beim Verbraucher anfallenden Verpackungen tätig werden können. So stellt die Kommission im Rahmen der Definition des Marktes für das Sammeln von Verpackungen fest, sofern sich die Auffassung der deutschen Behörden durchsetzen sollte (siehe oben, Randnr. 122), „würden Selbstentsorgerlösungen lediglich am Marktrand, insbesondere im Bereich der den privaten Haushalten gleichgestellten Anfallstellen oder bei Lieferung an den Endverbraucher, als Nachfrager auf diesem Markt auftreten“ (Randnr. 87 in Verbindung mit Randnr. 15 der angefochtenen Entscheidung; vgl. auch Randnr. 159 der angefochtenen Entscheidung). Ferner entgegnet die Kommission auf das Vorbringen von DSD, wonach das Sammeln beim Verbraucher im Rahmen der Selbstentsorgerlösungen nicht möglich sei, dass „Verpackungen von an den privaten Endverbraucher gelieferten Waren (Versandhandel, Anlieferung im Kleingewerbe) … unstreitig auch von Selbstentsorgerlösungen in der Nähe des privaten Endverbrauchers gesammelt werden“ müssten (Randnr. 167 der angefochtenen Entscheidung).

124   Zudem räumen die Beteiligten in ihren Schriftsätzen übereinstimmend ein, dass sich die Möglichkeiten einer Selbstentsorgerlösung, auf dem Markt für das Sammeln beim Verbraucher tätig zu werden, auf zwei in der Verpackungsverordnung beschriebene Fälle der Überschneidung beschränkten. Der erste dieser Fälle betrifft die Versandhandelsunternehmen, die eine Selbstentsorgerlösung verwenden. So ist nach § 6 Abs. 1 Satz 6 VerpackV im Versandhandel „die Rücknahme durch geeignete Rückgabemöglichkeiten in zumutbarer Entfernung zum Endverbraucher zu gewährleisten“. Das bedeutet, dass der Begriff der Rücknahme am Ort der tatsächlichen Übergabe, der die Selbstentsorgerlösung grundsätzlich auszeichnet, hier dahin zu verstehen ist, dass die Rücknahme verbrauchernah erfolgen kann. Der zweite Fall ist der, dass die Anfallstelle der Verpackung in der Verpackungsverordnung einem Verbraucher gleichgestellt wird. So gelten nach § 3 Abs. 10 Satz 2 Verpackungsverordnung „Gaststätten, Hotels, Kantinen, Verwaltungen, Kasernen, Krankenhäuser, Bildungseinrichtungen, karitative Einrichtungen und Freiberufler sowie landwirtschaftliche Betriebe und Handwerksbetriebe mit Ausnahmen von Druckereien und sonstigen papierverarbeitenden Betrieben, die über haushaltsübliche Sammelgefäße für Papier, Pappe, Kartonagen und Leichtverpackungen mit nicht mehr als maximal je Stoffgruppe einem 1 100‑Liter‑Umleerbehälter im haushaltsüblichen Abfuhrrhythmus entsorgt werden können“, als Verbraucher.

125   Schließlich ist festzustellen, dass anders als bei den mit DSD konkurrierenden Befreiungssystemen, für die die Entscheidung darlegt, aus welchen Gründen die Entsorger, die Vertragspartner von DSD sind, und ihre Sammeleinrichtungen einen Flaschenhals bilden, die Kommission nicht erläutert, warum es notwendig sein soll, dass die Selbstentsorgerlösungen Zugang zu diesen Unternehmen und ihren Einrichtungen haben, damit der Wettbewerb auf den relevanten Märkten aufrechterhalten wird.

126   Im Gegenteil führt die Kommission in ihrer Untersuchung der Bedingung der Nichtausschaltung des Wettbewerbs (siehe oben, Randnr. 40) aus, dass „den von DSD ausgeschlossenen Entsorgern Angebotsmöglichkeiten im Rahmen von Selbstentsorgerlösungen“ verblieben, und erläutert, dass diese „in jedem Fall im Hinblick auf bestimmte Verkaufsverpackungs-/Anfallstellen-Kombinationen am Marktrand [des Marktes für das Sammeln beim Verbraucher] möglich“ seien (Randnr. 159 unter Verweis auf Randnr. 87 der angefochtenen Entscheidung). Diese Erläuterung legt den Schluss nahe, dass die Kommission nicht oder jedenfalls im Hinblick auf die von DSD gegebenen Zusagen (Randnr. 163 der angefochtenen Entscheidung) nicht mehr besorgt war, ob es den Selbstentsorgerlösungen gelingen würde, für die Rücknahme und Verwertung der beim Verbraucher anfallenden Verpackungen in den in der Verpackungsverordnung vorgesehenen Fällen der Überschneidung einen Entsorger zu finden.

127   Dieser Befund wird dadurch bestätigt, dass die Kommission im Rahmen der Prüfung der Spürbarkeit der Ausschließlichkeitsklausel zugunsten der Entsorger in Bezug auf den Wettbewerb feststellt (siehe oben, Randnr. 30), dass „[l]ediglich im Hinblick auf ausgewählte, den privaten Haushalten gleichgestellte Anfallstellen, etwa Krankenhäuser oder Kantinen, … unter bestimmten entsorgungslogistischen und verpackungsbezogenen Voraussetzungen auch eine Beauftragung alternativer Entsorger (und damit [die] Aufstellung zusätzlicher Erfassungsbehältnisse) vorstellbar“ erscheine (Randnr. 128 der angefochtenen Entscheidung). Das bedeutet, dass es in diesen Fällen möglich wäre, zwei Entsorgungssysteme gleichzeitig nebeneinander bestehen zu lassen.

128   So können sich die Selbstentsorgerlösungen anders als die Befreiungssysteme, die strengen Anforderungen in Bezug auf die räumliche Abdeckung genügen müssen, darauf beschränken, die Verpackungen dort zurückzunehmen, wo sie in Verkehr gebracht werden. Auch wenn es aus den oben dargelegten Gründen (siehe oben, Randnrn. 105 bis 113) schwierig scheint, sämtliche für ein Befreiungssystem notwendigen Einrichtungen zu duplizieren, ist es daher für eine Selbstentsorgerlösung einfacher, durchzusetzen, dass eine zweite Einrichtung an diesem oder jenem Ort platziert wird, damit es die unter ihr System fallenden Verpackungen sammeln kann.

129   Da es an einer nachvollziehbaren Begründung fehlt, inwiefern die Mitbenutzung für die Selbstentsorgerlösungen notwendig sein soll, um „eine Ausschaltung des Wettbewerbs auf den relevanten Märkten zu verhindern“, ist der in der ersten Auflage verwendete Begriff „Wettbewerber von DSD“ aufgrund der vorstehenden Ausführungen dahin auszulegen, dass er sich nicht auf Selbstentsorgerlösungen, sondern nur auf Befreiungssysteme bezieht, die mit DSD konkurrieren.

130   Diese Auslegung des Begriffs „Wettbewerber von DSD“ wird im Übrigen durch eine Passage in der Entscheidung bestätigt, in der es ausdrücklich heißt, dass die Mitbenutzung der Sammeleinrichtungen durch „konkurrierende Systeme“ nicht die Selbstentsorgerlösungen betreffe. So führt die Kommission zur Widerlegung einer Aussage von DSD in Bezug auf die Mitbenutzung der Sammelgefäße durch konkurrierende Systeme aus, dass sich diese Aussage „allein auf die Frage [beziehe], ob Selbstentsorger endverbrauchernah anfallende Verpackungen sammeln oder zukaufen dürfen, und … daher nicht die Frage der Mitbenutzung von Sammelgefäßen durch konkurrierende Systeme“ betreffe (vgl. Fn. 16 zu Randnr. 169 der angefochtenen Entscheidung). Dieses Zitat, das Selbstentsorgerlösungen und konkurrierende Systeme gegenüberstellt, schließt die Selbstentsorgerlösungen eindeutig von der Mitbenutzung der Sammeleinrichtungen aus, die somit auf die konkurrierenden Systeme beschränkt ist, d. h. die mit DSD konkurrierenden Befreiungssysteme.

131   In Anbetracht dessen braucht auf das Vorbringen der Klägerin, die angefochtene Entscheidung sei rechtswidrig, weil die erste Auflage die Selbstentsorgerlösungen erfasse, nicht weiter eingegangen zu werden.

132   Ebenso wenig kann das Gericht bestimmte Argumente der Kommission berücksichtigen, soweit diese im Stadium der Gegenerwiderung ausgeführt hat, die Mitbenutzung könnte bei geringem Umsatz notwendig sein, soweit es um Selbstentsorgerlösungen gehe, die sich mit Verpackungen befassten, die im Versandhandel geliefert worden seien, und auch in dem Fall, dass nur eine einzige Sammeleinrichtung aufgestellt werden könne, wie z. B. in einem Krankenhaus, soweit es um den Verbrauchern gleichgestellte Anfallstellen gehe. Denn diese Ausführungen fehlen in der angefochtenen Entscheidung (Fall des Umsatzes) oder widersprechen ihr (Fall des Krankenhauses), und das Vorbringen der Kommission im Verfahren vor dem Gericht kann den insoweit bestehenden Begründungsmangel der angefochtenen Entscheidung nicht heilen (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichtshofs vom 24. Oktober 1996, Deutschland u. a./Kommission, C‑329/93, C‑62/95 und C‑63/95, Slg. 1996, I‑5151, Randnrn. 47 und 48, und des Gerichts vom 18. Januar 2005, Confédération nationale du Crédit mutuel/Kommission, T‑93/02, Slg. 2005, II‑143, Randnr. 126).

3.     Zweiter Teil: Unzulässigkeit der Erteilung einer Auflage zur Behebung eines etwaigen Verstoßes gegen Art. 81 Abs. 1 EG und Art. 82 EG

a)     Vorbringen der Beteiligten

133   Auf die Ausführungen in der Klagebeantwortung (siehe oben, Randnr. 94) macht die Klägerin geltend, dass ein etwaiger Verstoß gegen Art. 81 Abs. 1 EG oder Art. 82 EG, wie ihn die Kommission anführe, rein spekulativ sei und nicht die erste Auflage rechtfertigen könne, die jedenfalls nur zum Ziel haben könne, die Ausschaltung des Wettbewerbs auf dem Markt zu verhindern, auf dem eine Wettbewerbsbeschränkung festgestellt worden sei, und zwar dem Markt für das Sammeln beim Verbraucher.

134   Erstens weist die Klägerin darauf hin, dass die einzige in der Entscheidung genannte Wettbewerbsbeschränkung im Sinne von Art. 81 Abs. 1 EG in der Ausschließlichkeitsklausel liege, die DSD zugunsten der Entsorger vereinbart habe (siehe oben, Randnrn. 28 bis 32). Diese Beschränkung betreffe den Markt für das Sammeln beim Verbraucher und hindere die anderen Entsorger daran, DSD ihre Dienste anzubieten, was eine spürbare Verringerung des Wettbewerbs zwischen den Entsorgern im Vertragsgebiet zur Folge habe (Randnrn. 123, 124 und 140 der angefochtenen Entscheidung). Die betreffende Beschränkung sei jedoch von der Kommission gemäß Art. 81 Abs. 3 EG u. a. deswegen freigestellt worden (siehe oben, Randnrn. 37 bis 41), weil sie nicht geeignet gewesen sei, den Wettbewerb auf dem Markt für das Sammeln beim Verbraucher auszuschalten (Randnrn. 158 und 178 der angefochtenen Entscheidung). Die erste Auflage, deren ausdrückliches Ziel darin bestehe, den Wettbewerbern den Zugang zum vorgelagerten Markt für die Organisation des Sammelns beim Verbraucher zu ermöglichen (Randnrn. 162 und 177 der angefochtenen Entscheidung), habe daher keine Verbindung zu der erwähnten Wettbewerbsbeschränkung, die nicht die Wettbewerber von DSD auf dem Markt für die Organisation betreffe, sondern die Wettbewerber der Entsorger, die Vertragsparteien von DSD seien. Die erste Auflage sei somit nicht geeignet, den Wettbewerb auf dem Markt für das Sammeln beim Verbraucher zu intensivieren.

135   Zweitens könne die Kommission keine Auflage erteilen, um eine angeblich drohende Wettbewerbsbeschränkung oder einen angeblich drohenden Missbrauch auf einem Drittmarkt, dem Markt für die Organisation beim Verbraucher, auf dem eine Wettbewerbsbeschränkung im Sinne von Art. 81 Abs. 1 EG nicht festgestellt und erst recht nicht im Hinblick auf Art. 81 Abs. 3 EG freigestellt worden sei, zu verhindern. So habe die Kommission in der Entscheidung eindeutig erklärt, dass der Leistungsvertrag keine Ausschließlichkeitsbindung zugunsten von DSD in Bezug auf die Sammeleinrichtungen ihrer Vertragspartner enthalte (siehe oben, Randnr. 36). Außerdem stelle die Kommission fest, dass auf der Ebene des Markts für die Organisation keine Wettbewerbsbeschränkung bestehe (Randnr. 86 der angefochtenen Entscheidung). Zudem gebe es keine Anhaltspunkte dafür, dass sie ihren Vertragspartnern eine solche Ausschließlichkeitsbindung vertraglich einräumen oder diese Ausschließlichkeit einseitig anordnen wolle. Der bei der Anwendung des Art. 81 Abs. 3 EG zu berücksichtigende Markt müsse daher mit dem Markt identisch sein, der im Hinblick auf Art. 81 Abs. 1 EG untersucht werde. Ferner sei die Befugnis nach Art. 8 Abs. 1 der Verordnung Nr. 17 zur Erteilung einer Auflage ebenso wie der Prüfungsgegenstand des Art. 81 Abs. 3 EG durch die nach Art. 81 Abs. 1 EG festgestellte Wettbewerbsbeschränkung begrenzt. Art. 8 der Verordnung Nr. 17 biete daher keine Rechtsgrundlage für die Erteilung einer Auflage zum Zweck der Regelung eines angeblichen wettbewerblichen Problems.

136   Drittens könne die Kommission, selbst wenn sie eine Freistellungsentscheidung mit einer Nebenbestimmung verbinden könnte, um eine fiktive Wettwerbeschränkung auf einem Drittmarkt zu unterbinden, dies nicht in der Form einer Auflage tun, die einen eigenständigen Titel begründe (Art. 15 Abs. 2 Buchst. b der Verordnung Nr. 17), sondern nur in der Form einer Bedingung, die dazu diene, eine Vereinbarung „freistellbar“ zu machen (Urteil des Gerichts vom 22. Oktober 1996, SNCF und British Railways/Kommission, T‑79/95 und T‑80/95, Slg. 1996, II‑1491, Randnrn. 63 ff). Dies werde durch die (in der Erwiderung, Fn. 20 und 21, angeführte) Entscheidungspraxis der Kommission bestätigt, die ihre Freistellungsentscheidungen fast immer mit Bedingungen und nicht mit Auflagen verknüpft habe, wenn und soweit sie ein bestimmtes Verhalten zur Verhinderung der Ausschaltung des Wettbewerbs im Sinne des Art. 81 Abs. 3 EG für notwendig gehalten habe.

137   Die Kommission macht zunächst geltend, dass die vorstehenden Ausführungen der Klägerin unzulässig seien, weil es sich um ein neues, verspätet vorgebrachtes Angriffsmittel im Sinne von Art. 48 § 2 der Verfahrensordnung des Gerichts handele. Sie weist außerdem darauf hin, dass die erste Auflage der Absicherung der Zusagen diene, die DSD gegeben habe, um einige während des Verwaltungsverfahrens angesprochene Probleme zu lösen und einige Unklarheiten eben dieser Zusagen zu beseitigen. Worauf es daher ankomme, sei die Frage, ob das Verhalten, zu dessen Unterlassung sich DSD verpflichtet habe, an Art. 81 Abs. 1 EG gemessen werden könne. In der Entscheidung lege die Kommission ihre insoweit bestehenden Bedenken dar, die nicht nur die Ausschließlichkeitsklausel zugunsten der Entsorger beträfen, sondern auch die Frage des Zugangs der Wettbewerber zu den Einrichtungen der Entsorger, die Vertragspartner von DSD seien. Ferner führt die Kommission aus, ihre Prüfung im Rahmen von Art. 81 EG müsse sich nicht auf den Markt für das Sammeln beim Verbraucher beschränken, der im Übrigen zwei Seiten umfasse – die des Angebots von Diensten durch die Entsorger und die der Nachfrage von Diensten durch DSD und die anderen Befreiungssysteme –, sondern könne sich auch auf etwaige Rückwirkungen des Leistungsvertrags auf den vorgelagerten Markt für Organisation erstrecken.

b)     Würdigung durch das Gericht

 i) Zur Zulässigkeit

138   Auf den Antrag der Kommission, das vorstehend wiedergegebene Vorbringen von DSD für unzulässig zu erklären, weil es sich um ein neues, verspätet vorgebrachtes Angriffsmittel im Sinne von Art. 48 § 2 der Verfahrensordnung handele, ist zu antworten, dass neue Angriffs- und Verteidigungsmittel nach dieser Bestimmung zwar tatsächlich im Laufe des Verfahrens nicht mehr vorgebracht werden können, dass aber ein Vorbringen, das eine Erweiterung eines bereits unmittelbar oder mittelbar in der Klageschrift vorgetragenen Angriffsmittels darstellt und in engem Zusammenhang mit diesem steht, demgegenüber als zulässig anzusehen ist. Entsprechendes muss für eine Rüge gelten, die zur Stützung eines Angriffsmittels vorgebracht wird (vgl. u. a. Urteil des Gerichts vom 21. März 2002, Joynson/Kommission, T‑231/99, Slg. 2002, II‑2085, Randnr. 156).

139   Bei dem Vorbringen von DSD in der Erwiderung handelt es sich nur um eine Ergänzung des Vorbringens, mit dem sie in der Klageschrift die Rechtswidrigkeit der ersten Auflage im Hinblick auf Art. 81 EG gerügt hat. Die betreffenden Ausführungen stellen im Übrigen lediglich eine Entgegnung auf das Vorbringen der Kommission in der Klagebeantwortung dar, mit dem diese den Gegenstand des Rechtsstreits auf die Feststellung konzentriert, dass in der angefochtenen Entscheidung einer Wettbewerbsbeschränkung eine Freistellung gemäß Art. 81 Abs. 3 EG erteilt werde, wobei diese Freistellung mit einer Auflage verknüpft werde, die zum Schutz des Wettbewerbs erforderlich sei. Insbesondere ist der erstmals im Stadium der Erwiderung erhobene Vorwurf der Klägerin, dass die erste Auflage gegen Art. 8 der Verordnung Nr. 17 verstoße, eng mit dem Verstoß gegen Art. 81 Abs. 3 EG verbunden, der mit dem ersten Klagegrund geltend gemacht wird, da mit diesem Klagegrund die Rechtmäßigkeit der ersten Auflage im Hinblick auf das anwendbare Recht bestritten wird und es eben Art. 8 der Verordnung Nr. 17 ist, der die Kommission berechtigt, eine Freistellungsentscheidung nach Art. 81 Abs. 3 EG mit einer Auflage zu verbinden.

140   Jedenfalls hat die Kommission in der Gegenerwiderung und in der mündlichen Verhandlung Gelegenheit gehabt, zu dem, was sie für ein neues Angriffsmittel hält, Stellung zu nehmen.

141   Aus diesen Erwägungen ergibt sich, dass der Antrag der Kommission, das Vorbringen der Klägerin für unzulässig zu erklären, soweit es sich auf die Befugnis bezieht, zur Behebung eines angeblichen drohenden Verstoßes gegen Art. 81 Abs. 1 EG und Art. 82 EG eine Auflage zu erteilen, zurückzuweisen ist.

 ii) Zur Begründetheit

142   Zu prüfen ist daher der Vorwurf der Klägerin, die Kommission habe im vorliegenden Fall die auf der Grundlage von Art. 81 Abs. 3 EG erlassene Freistellungsentscheidung nicht mit einer nach Art. 8 der Verordnung Nr. 17 erteilten Auflage verbinden dürfen.

143   Nach Art. 81 Abs. 3 EG können die Bestimmungen des Abs. 1 für nicht anwendbar erklärt werden auf Vereinbarungen zwischen Unternehmen, die zur Verbesserung der Warenerzeugung oder ‑verteilung oder zur Förderung des technischen oder wirtschaftlichen Fortschritts beitragen (erste Bedingung), wobei die Verbraucher an dem entstehenden Gewinn angemessen zu beteiligen sind (zweite Bedingung), ohne dass den beteiligten Unternehmen Beschränkungen auferlegt werden, die für die Verwirklichung dieser Ziele nicht unerlässlich sind (dritte Bedingung), oder Möglichkeiten eröffnet werden, für einen wesentlichen Teil der betreffenden Waren den Wettbewerb auszuschalten (vierte Bedingung).

144   Außerdem kann die Kommission gemäß Art. 8 der Verordnung Nr. 17 eine Freistellungsentscheidung nach Art. 81 Abs. 3 EG mit Bedingungen und Auflagen verbinden.

145   In diesem Zusammenhang ist vorab zu bemerken, dass die Darstellung der angefochtenen Entscheidung durch die Klägerin unzutreffend ist. Denn die angefochtene Entscheidung hat sich in keiner Phase der Prüfung der Kommission anhand von Art. 81 EG darauf beschränkt, die Auswirkungen der Ausschließlichkeitsklausel zugunsten der Entsorger auf den Wettbewerb zu untersuchen, sondern sie hat sich in allen Phasen auch mit der Frage des Zugangs zu den Einrichtungen der Entsorger befasst.

146   Das gilt sowohl in Bezug auf die Prüfung im Hinblick auf Art. 81 Abs. 1 EG (Randnrn. 28 bis 32 und Randnrn. 33 bis 36 der angefochtenen Entscheidung) als auch hinsichtlich der Prüfung anhand von Art. 81 Abs. 3 EG (vgl. Randnrn. 37 bis 39, soweit es um die ersten drei Bedingungen für die Anwendung dieser Vertragsbestimmung geht, in denen sich die Analyse auf die Entsorger konzentriert, sowie Randnrn. 40 und 41, in denen die Bedingung der Nichtausschaltung des Wettbewerbs sowohl im Hinblick auf die Entsorger als auch und vor allem in Bezug auf die mit DSD konkurrierenden Befreiungssysteme geprüft wird).

147   Nur bei den Erläuterungen, die die Kommission zur Rechtfertigung der Auflagen vorträgt, mit denen die Freistellungsentscheidung gemäß Art. 8 der Verordnung Nr. 17 verbunden ist, beschränkt sich die Entscheidung auf den Hinweis, dass der Zugang der Wettbewerber von DSD zu den Einrichtungen der Entsorger gesichert werden müsse, die einen Leistungsvertrag mit DSD geschlossen hätten, und zwar, um sich von den Vorbehalten freizumachen, mit denen die Klägerin eine der in Randnr. 71 wiedergegebenen Zusagen versehen habe, und um die Ausschaltung des Wettbewerbs auf dem Markt für das Sammeln beim Verbraucher und dem vorgelagerten Markt für die Organisation des Sammelns beim Verbraucher zu verhindern (siehe oben, Randnrn. 42 und 45).

148   Außerdem unterscheidet die Klägerin in ihren Ausführungen künstlich den Markt für das Sammeln beim Verbraucher, den sie auf die von DSD beauftragten Entsorger und diejenigen Entsorger begrenzen will, die keinen Leistungsvertrag mit DSD geschlossen haben, und den Markt für die Organisation der Rücknahme und Verwertung beim Verbraucher anfallender Verpackungen, der für DSD und ihre Wettbewerber relevant ist. Wie in der Entscheidung dargelegt (siehe oben, Randnr. 41), kommt es vielmehr auf die Frage an, ob die mit DSD konkurrierenden Befreiungssysteme Zugang zu den Sammeleinrichtungen der Vertragspartner von DSD haben müssen, um Zutritt zum Markt für das Sammeln der Verpackungen beim Verbraucher zu erhalten und infolgedessen auf dem vorgelagerten Markt für die Organisation der Rücknahme und Verwertung der beim Verbraucher anfallenden Verpackungen tätig zu sein.

149   Daher kann nicht behauptet werden, dass die Freistellungsentscheidung ausschließlich die im Rahmen der Beurteilung im Hinblick auf Art. 81 Abs. 1 EG festgestellte Wettbewerbsbeschränkung, nämlich die Ausschließlichkeitsklausel zugunsten der Entsorger, betreffe. Denn die Entscheidung bezieht sich auf den gesamten Leistungsvertrag, den DSD angemeldet und durch die verschiedenen Zusagen zur Klarstellung seiner Anwendungsvoraussetzungen präzisiert hat.

150   Es muss deshalb berücksichtigt werden, dass die Kommission bereit war, den Leistungsvertrag freizustellen, weil DSD ihr u. a. zugesichert hatte, dass sie sich nicht auf eine Bestimmung dieses Vertrags berufen werde, um die Entsorger an DSD zu binden, und dass sie keine Unterlassungsansprüche gegenüber Dritten im Fall der Mitbenutzung geltend machen werde. Diese Zusicherungen sind entscheidend, da sie der Kommission die Schlussfolgerung erlauben, dass die Nichtausschaltung des Wettbewerbs als Bedingung für die Freistellung im vorliegenden Fall erfüllt ist. Insoweit ist festzustellen, dass die Kommission im Verwaltungsverfahren unmissverständlich erklärt hat, ohne derartige Zusicherungen sei sie nicht gewillt, den Leistungsvertrag zu genehmigen oder freizustellen, sondern neige entweder zu der Auffassung, dass das Bestehen eines etwaigen Hindernisses für den Zugang der Wettbewerber von DSD zu den Sammeleinrichtungen ihrer Vertragspartner als solches eine Wettbewerbsbeschränkung darstelle (siehe oben, Randnr. 33), oder stelle sich die Frage, ob das Verhalten von DSD, durch das der Zugang ihrer Wettbewerber zu den betreffenden Einrichtungen verhindert werden solle, nicht unter Art. 82 EG gefasst werden könne (siehe oben, Randnr. 35).

151   Da die Kommission die Freistellungsentscheidung sowohl auf ihre Beurteilung der Ausschließlichkeitsklausel zugunsten der Entsorger als auch darauf gestützt hat, dass der Wettbewerb in der Weise aufrechterhalten werden müsse, dass die mit DSD konkurrierenden Befreiungssysteme Zugang zu den Sammeleinrichtungen der Vertragspartner von DSD hätten (siehe oben, Randnrn. 118 und 128), hat sie folglich mit dem Erlass der ersten Auflage weder gegen Art. 81 Abs. 3 EG noch gegen Art. 8 der Verordnung Nr. 17 verstoßen.

152   Schließlich macht die Klägerin noch geltend, selbst wenn die Kommission befugt gewesen sei, die angefochtene Entscheidung mit einer an DSD gerichteten Nebenbestimmung zu verbinden, habe sie dies nur in der Form einer Bedingung und nicht in der Form einer Auflage tun können, da die mit einer Auflage verbundenen Rechtsfolgen schwerer wögen als die mit einer Bedingung verbundenen. Die Kommission könnte nämlich nach Art. 8 Abs. 3 Buchst. b der Verordnung Nr. 17 ihre Entscheidung widerrufen oder ändern oder den Beteiligten bestimmte Handlungen untersagen, wenn sie einer mit der Entscheidung verbundenen Auflage zuwiderhandeln, und gemäß Art. 15 Abs. 2 Buchst. b dieser Verordnung eine Geldbuße verhängen, wenn die Klägerin gegen eine Auflage verstößt.

153   Hervorzuheben ist jedoch, dass nach Art. 8 Abs. 1 der Verordnung Nr. 17 Freistellungsentscheidungen mit Bedingungen und Auflagen verbunden werden dürfen, ohne dass dort klargestellt würde, nach welchen Kriterien die Kommission zwischen diesen beiden Möglichkeiten zu wählen hat. Da Art. 81 Abs. 3 zugunsten der Unternehmen eine Ausnahme von dem allgemeinen Verbot des Art. 81 Abs. 1 EG darstellt, muss der Kommission außerdem im Hinblick auf die Modalitäten der Freistellungserklärung unbeschadet der Verpflichtung, die ihrer Zuständigkeit in Art. 81 EG gesetzten Schranken zu beachten, ein weiter Ermessensspielraum zustehen (Urteil des Gerichtshofs vom 23. Oktober 1974, Transocean Marine Paint/Kommission, 17/74, Slg. 1974, 1063, Randnr. 16).

154   Dass es die Kommission in anderen Rechtssachen vorgezogen hat, anstelle von Auflagen Bedingungen anzuordnen, reicht für sich nicht aus, um die in der Verordnung Nr. 17 eingeräumte Befugnis in Frage zu stellen, eine Freistellungsentscheidung mit Auflagen anstelle von Bedingungen zu verbinden.

155   Folglich hat die Kommission weder gegen Art. 81 Abs. 3 EG noch gegen Art. 8 der Verordnung Nr. 17 verstoßen, als sie im vorliegenden Fall die Freistellungsentscheidung mit einer Auflage verbunden hat, die sich auf die Notwendigkeit bezieht, die Mitbenutzung der Sammeleinrichtungen der vom Dualen System beauftragten Unternehmen durch die mit DSD konkurrierenden Befreiungssysteme zu garantieren.

4.     Dritter Teil: Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit

156   Die Klägerin macht geltend, selbst wenn die Mitbenutzung der Sammeleinrichtungen zur Aufrechterhaltung des Wettbewerbs notwendig sein sollte, wäre die erste Auflage gleichwohl unverhältnismäßig, weil sie erstens gegen die Verpackungsverordnung verstoße, zweitens zu einer Wettbewerbsverzerrung zu Lasten von DSD führe, drittens einen übermäßigen Eingriff in die Marke „Der Grüne Punkt“ darstelle und viertens ihr Grundrecht auf Zugang zu den Gerichten verletze.

a)     Zum angeblichen Verstoß gegen die Verpackungsverordnung

 Vorbringen der Beteiligten

157   Nach Auffassung der Klägerin ist die erste Auflage unverhältnismäßig, weil die Mitbenutzung ihrer Sammeleinrichtungen mit dem in der Verpackungsverordnung verankerten Grundsatz der Produktverantwortung unvereinbar sei. Nach diesem Grundsatz hätten Hersteller und Vertreiber von Verpackungen die Verwertungsquoten „hinsichtlich der von ihnen … in Verkehr gebrachten Verpackungen“ zu erfüllen (Anhang I Nr. 1 Abs. 1 Satz 1 zu § 6 VerpackV). Außerdem gehe die Verantwortung des Herstellers oder Vertreibers für diese Verpackungen mit dessen Beteiligung an einem Befreiungssystem auf den Betreiber des betreffenden Systems über, der „die in sein System eingebrachten Verpackungen einer Verwertung zuzuführen“ habe (§ 6 Abs. 3 Satz 2 VerpackV) und die Verwertungsquoten „hinsichtlich der Verpackungen“ zu erfüllen habe, „für die sich Hersteller oder Vertreiber an seinem System beteiligen“ (Anhang I Nr. 1 Abs. 1 Satz 2 zu § 6 VerpackV). Nach dieser Betrachtungsweise, die auf die konkrete Verpackung abstelle, sei ein Zukauf von Verpackungen anderer Systeme zur Erreichung der in der Verpackungsverordnung vorgesehenen Verwertungsquoten unzulässig. In diesem Zusammenhang führt die Klägerin aus, dass die mit dem Dualen System konkurrierenden Systeme ihre Verpflichtung zur Rücknahme und Verwertung grundsätzlich mit eigenen Erfassungseinrichtungen, den „Sammeleinrichtungen des Systems“, erfüllen müssten (vgl. Anhang I Nr. 3 Abs. 3 Ziff. 7 zu § 6 VerpackV).

158   So sei bei einer gemeinsamen Benutzung der Sammeleinrichtungen durch zwei konkurrierende Systeme die Zuordnung einer konkreten Verpackung zu dem einen oder dem anderen System in aller Regel nicht möglich. Die in der angefochtenen Entscheidung erwähnte „verursachergerechte Zuordnung der Verpackungsmengen durch Aufteilung nach Quoten“ (Randnr. 170 der angefochtenen Entscheidung) erfordere kostspielige und schwierige Sortieranalysen. Außerdem habe das von der Kommission angeführte Beispiel von Papier und Karton zu unbilligen Ergebnissen geführt, da der durch Sortieranalysen ermittelte Anteil der Sammelmenge, der auf DSD zuzuschreibende Verpackungen entfalle, ursprünglich 25 % betragen habe, während der Anteil der von DSD tatsächlich lizenzierten Verpackungen deutlich unter dieser Quote gelegen habe. Die Übertragung einer solchen Lösung auf alle Verpackungen wäre für DSD inakzeptabel.

159   Ferner trägt die Klägerin vor, dass nach der Verpackungsverordnung jede Mitbenutzung der Sammeleinrichtungen durch Selbstentsorgerlösungen, die in aller Regel die Verpackungen nicht verbrauchernah erfassen könnten, unzulässig sei. Wenn die Kommission meine, die Klägerin könne sich gegenüber ihren Vertragspartnern nicht auf die Verpackungsverordnung berufen (Randnr. 167 der angefochtenen Entscheidung), verkenne sie daher, dass diese Verordnung auch den Zweck verfolge, die Klägerin vor Wettbewerbsverzerrungen zu schützen.

160   Nach Ansicht der Kommission ist die Darstellung der Verpackungsverordnung durch die Klägerin falsch, da die Verwertungsquoten weder auf den konkreten Verpackungen noch auf den insgesamt auf den Markt gelangenden Mengen beruhten, sondern auf der Verpackungsmenge, die in das jeweilige System eingebracht werde. Landbell macht geltend, dass eine Mitbenutzung von Sammeleinrichtungen mit der Verpackungsverordnung vereinbar sei, deren Neufassung 1998 das Ziel gehabt habe, den Wettbewerb zwischen Befreiungssystemen zu fördern.

 Würdigung durch das Gericht

161   Die Klägerin trägt im Wesentlichen vor, dass sie infolge der Mitbenutzung der Sammeleinrichtungen der Unternehmen, die einen Leistungsvertrag mit DSD geschlossen hätten, daran gehindert werde, die Verpackungen, die ihr vom jeweiligen Hersteller oder Vertreiber von Verpackungen konkret zugeordnet worden seien, gemäß dem in der Verpackungsverordnung verankerten Grundsatz der Produktverantwortung zurückzunehmen und zu verwerten. Indem die erste Auflage DSD daran hindere, der Mitbenutzung zu widersprechen, greife sie daher übermäßig in die Rechte und Pflichten ein, die DSD aus der Verpackungsverordnung erwüchsen.

162   In der mündlichen Verhandlung sind die Beteiligten zur Funktionsweise der Befreiungssysteme und der Selbstentsorgerlösungen befragt worden, damit sich das Gericht ein Bild von der Rolle machen kann, die die Verpackung als solche – von der Klägerin „konkrete Verpackung“ genannt – bei der Erfüllung der Pflicht zur Rücknahme und Verwertung aus der Verpackungsverordnung spielt. Diese kontradiktorische Darlegung erlaubt dem Gericht folgende Feststellungen.

163   Zum einen werden die in Anhang I zu § 6 VerpackV festgelegten Verwertungsquoten als Prozentsatz der in Verkehr gebrachten Menge, die tatsächlich zurückgenommen und verwertet wird, und nicht nach Zahl oder Art der jeweiligen Verpackungen berechnet. So heißt es in Anhang I Nr. 1 Abs. 1 zu § 6 VerpackV, dass Hersteller und Vertreiber von Verpackungen hinsichtlich der von ihnen in Verkehr gebrachten Verpackungen die Anforderungen an die Verwertung zu erfüllen haben und das Gleiche für Betreiber von Befreiungssystemen gilt, soweit es um die Verpackungen geht, für die sich Hersteller oder Vertreiber an solchen Systemen beteiligen. Hierzu stellt Anhang I Nr. 1 Abs. 2 zu § 6 VerpackV klar, dass die relevanten Verpackungsmengen in „Masseprozent“ bestimmt werden, wobei es keinen Unterschied macht, ob es sich um Verpackungen handelt, die vom Hersteller oder Vertreiber in Verkehr gebracht werden, oder um solche, für die sich Hersteller oder Vertreiber an einem Befreiungssystem beteiligen. Zudem haben Selbstentsorgerlösungen und Befreiungssysteme seit dem 1. Januar 2000 dieselben Quoten der stofflichen Verwertung zu erfüllen (Randnr. 21 der angefochtenen Entscheidung).

164   Im Übrigen geht aus § 6 Abs. 1 Sätze 4 und 5 VerpackV hervor, dass sich die Pflicht zur Rücknahme und Verwertung für Vertreiber mit einer Verkaufsfläche von mehr als 200 m2 auch auf die Verpackungen von Markenprodukten erstreckt, die sie nicht verkaufen, sofern sie Verpackungen dieser Art, Form und Größe in ihrem Sortiment führen. Somit wird die Verwertungsquote dieser Vertreiber nicht bezogen auf die tatsächlich in Verkehr gebrachten Verpackungen berechnet, sondern bezogen auf die nach Art, Form und Größe vergleichbaren Verpackungen.

165   Zum anderen ergibt sich aus den vorausgehenden Feststellungen, dass sich die vom Hersteller oder vom Vertreiber der Verpackungen beschlossene Aufteilung der Verpackungsmengen zwischen den verschiedenen Systemen nicht auf im Voraus festgelegte Verpackungsmengen bezieht, sondern auf die Stoffmengen, die diesen Verpackungen entsprechen. Das bedeutet in der Praxis, dass, wenn ein Verpackungshersteller beschließt, DSD mit der Rücknahme und Verwertung der Hälfte der Kunststoffverpackungen, die er in Deutschland in Verkehr bringt, zu beauftragen, DSD für die Rücknahme und Verwertung einer Stoffmenge zu sorgen hat, die der Hälfte dieser Verpackungen entspricht. Um die in der Verpackungsverordnung vorgesehenen Verwertungsquoten zu erfüllen, muss DSD also den deutschen Behörden nachweisen, dass sie 60 % der Kunststoffmasse, die ihr von diesem Hersteller zugewiesen wurde, der Verwertung zugeführt hat (da die Verwertungsquote für Kunststoff 60 % beträgt). Ebenso muss der Hersteller, wenn er belegen kann, dass er für die Hälfte der in Verkehr gebrachten Kunststoffmenge seine Pflicht zur Rücknahme und Verwertung auf DSD übertragen hat, außerdem nachweisen, dass er die verbleibende, der anderen Hälfte entsprechende Stoffmenge mit Hilfe einer Selbstentsorgerlösung oder eines anderen Befreiungssystems zurückgenommen und verwertet hat.

166   Zudem ist es, wie in Randnr. 170 der angefochtenen Entscheidung festgestellt wird, durchaus möglich, die in Sammeleinrichtungen gesammelten Mengen durch Quoten zwischen verschiedenen Systemen aufzuteilen. So zeigt die Klägerin in Bezug auf die Verpackungen aus Papier und Pappe, die vom Dualen System zusammen mit den Druckschriften (Zeitungen und Zeitschriften) gesammelt werden, am eigenen Beispiel, dass Sammeleinrichtungen problemlos geteilt werden können. Die Klägerin hat daher keinen Anspruch darauf, ihren Wettbewerbern die Nutzung einer Technik zu untersagen, die sie selbst verwendet. Zudem hat Landbell in der mündlichen Verhandlung die Existenz einer im Anschluss an die Entscheidung getroffenen Ausgleichsvereinbarung erwähnt, wonach sich die jeweiligen Systembetreiber die Stoffmengen, die von den von ihnen beauftragten Entsorgern verwertet werden, je nach den Stoffmengen teilen können, für die sie aufgrund der mit den Herstellern und Vertreibern von Verpackungen unterzeichneten Verträge verantwortlich sind.

167   Jedenfalls genügt die Behauptung von DSD, die Aufteilung der im Bereich der Verpackungen aus Papier und Pappe und der Druckschriften (Zeitungen und Zeitschriften) gesammelten Mengen sei schwierig und kostspielig, nicht, um die Verhältnismäßigkeit der ersten Auflage im Hinblick auf die Verpackungsverordnung in Frage zu stellen. Selbst wenn dies der Fall wäre, sind Schwierigkeit und Kosten nämlich keine Kriterien, die einen Verstoß gegen die Verpackungsverordnung begründeten, und können für sich genommen kein Verhalten rechtfertigen, das zur Ausschaltung des Wettbewerbs auf den relevanten Märkten führen kann. Außerdem heißt es im vorliegenden Fall in der angefochtenen Entscheidung ausdrücklich, dass die erste Auflage DSD nicht daran hindert, im Fall der Mitbenutzung der Sammeleinrichtungen das den Entsorgern gezahlte Entgelt zu mindern, um sicherzustellen, dass ihr gegenüber keine für Dritte erbrachten Leistungen abgerechnet werden (vgl. Randnr. 35). Bei Mitbenutzung kann sich DSD somit vergewissern, dass das dem Entsorger geschuldete Entgelt nur die Rücknahme‑ und Verwertungsleistungen berücksichtigt, die im Auftrag des Dualen Systems erbracht werden, und nicht der Finanzierung einer Leistung dient, die im Auftrag eines anderen Systems ausgeführt wird.

168   Zudem stützt kein Beweismittel die Behauptung von DSD, dass die für Verpackungen aus Papier und Pappe und Druckschriften verwendete Technik der Quoten zu für sie unbilligen Ergebnissen geführt habe. Jedenfalls droht die in der Entscheidung empfohlene Mitbenutzung nicht die Interessen von DSD zu verletzen, da das Ziel einer solchen Bestimmung gerade darin besteht, jedem Befreiungssystem die Möglichkeit zu garantieren, die Verpackungen zu sammeln, die ihm von den betreffenden Herstellern und Vertreibern zugewiesen worden sind. Um dieses Ziel zu erreichen, hat die Kommission übrigens DSD die zweite Auflage erteilt (siehe unten, Randnrn. 213 bis 217).

169   Da der Wettbewerb zwischen den Systemen nicht auf der Grundlage der Zuteilung konkreter Verpackungen, sondern der Zuweisung der diesen Verpackungen entsprechenden Stoffmengen stattfindet, kann die erste Auflage entgegen den Ausführungen der Klägerin folglich nicht als unverhältnismäßig angesehen werden.

170   Infolgedessen ist die erste Auflage nicht deshalb unverhältnismäßig, weil sie mit der Verpackungsverordnung unvereinbar wäre.

171   Soweit die Klägerin schließlich vorträgt, sie könne auf der Grundlage der Verpackungsverordnung der Teilung der vom Dualen System benutzten Sammeleinrichtungen mit Selbstentsorgerlösungen widersprechen, ist darauf hinzuweisen, dass der zur Bestimmung des Anwendungsbereichs der ersten Auflage verwendete Begriff „Wettbewerber von DSD“ nach den Feststellungen des Gerichts dahin auszulegen ist, dass darunter nur diejenigen Systeme zu verstehen sind, denen der angefochtenen Entscheidung zufolge die Mitbenutzung der Sammeleinrichtungen garantiert werden muss, nämlich die mit DSD konkurrierenden Befreiungssysteme (siehe oben, Randnr. 129). Daher ist die erste Auflage ohne Bedeutung für die Frage, ob sich DSD möglicherweise auf die Verpackungsverordnung berufen kann, um der Mitbenutzung durch Selbstentsorgerlösungen zu widersprechen.

b)     Zur Gefahr einer Wettbewerbsverzerrung zulasten von DSD

 Vorbringen der Beteiligten

172   Nach Auffassung der Klägerin ist die erste Auflage unverhältnismäßig, weil sie es ihren Wettbewerbern ermögliche, sich gezielt die rentabelsten Sammeleinrichtungen herauszupicken und ihr die kostenintensivsten zu überlassen. Ein solches Rosinenpicken sei für Selbstentsorger uneingeschränkt möglich, die in den Bereichen der Überschneidung mit den Befreiungssystemen, also bei Verpackungen, die bei den den Haushalten gleichgestellten Anfallstellen und im Versandhandel angeliefert würden, keine Verpflichtung zur Flächendeckung hätten. Auch andere Befreiungssysteme könnten zum Nachteil der Klägerin Rosinen picken, und bei Mitbenutzung der Sammeleinrichtungen werde es zu Interessenkonflikten kommen, da DSD nicht mehr im Einzelnen die Organisation ihres Systems regeln könne, wie sie es derzeit tue. Außerdem beruft sich die Klägerin auf die Mitteilung der Bundesregierung, in der davor gewarnt werde, dass die Befreiungssysteme an Effizienz verlören und eine Wettbewerbsverzerrung im Sinne von Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 94/62/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Dezember 1994 über Verpackungen und Verpackungsabfälle (ABl. L 365, S. 10) entstünde, wenn „sich Selbstentsorger … unabhängig von dem Vertriebsgebiet der Verpackungen aussuchen [könnten], wo sie möglicherweise regional begrenzt an Schwerpunktanfallstellen Verpackungsabfälle erfassen oder Verpackungsabfälle aufkaufen“.

173   Die Kommission, unterstützt von Landbell, bestreitet die angebliche Gefährdung des Dualen Systems durch die erste Auflage. Da die Verpackungsverordnung gleichermaßen für alle Befreiungssysteme gelte, könne sich nämlich keines auf vermeintlich lukrativere Gebiete beschränken. Auch seien die Selbstentsorgerlösungen verpflichtet, ihre Verpackungen am Ort der Übergabe an den Verbraucher zurückzunehmen, und die Struktur ihrer Anfallstellen unterscheide sich deshalb von der der Befreiungssysteme.

 Würdigung durch das Gericht

174   Entgegen der Behauptung der Klägerin hat die Mitbenutzung der Sammeleinrichtungen nicht zur Folge, dass die mit DSD konkurrierenden Befreiungssysteme innerhalb eines Bundeslands den rentabelsten Gebieten vor den anderen, die dem Dualen System überlassen blieben, den Vorzug geben können. Denn alle Befreiungssysteme unterliegen denselben Pflichten, gleichgültig, ob es sich dabei um die Pflicht zur flächendeckenden Erfassung, zur Einhaltung der Verwertungsquoten oder zum Mengenstromnachweis handelt.

175   Außerdem heißt es jedenfalls in der Entscheidung ausdrücklich, dass die erste Auflage DSD nicht daran hindert, in der Folge das den Entsorgern gezahlte Entgelt zu mindern (siehe oben, Randnr. 35).

176   Was sodann die angebliche Unvereinbarkeit der Mitbenutzung der Sammeleinrichtungen mit Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 94/62 angeht, wonach die zur Rücknahme oder Verwertung der Verpackungen bestimmten Systeme so beschaffen sein müssen, dass keine Handelshemmnisse oder Wettbewerbsverzerrungen entstehen, so soll die angefochtene Entscheidung gerade sicherstellen, dass auf den relevanten Märkten Wettbewerb herrscht, und zwar entsprechend den Zielen der Verpackungsverordnung, mit deren Neufassung im Jahr 1998 die Entwicklung eines Wettbewerbs zwischen Befreiungssystemen ermöglicht werden sollte (Randnr. 169 der angefochtenen Entscheidung).

177   Somit kann die erste Auflage nicht deshalb als unverhältnismäßig angesehen werden, weil sie mit der Gefahr einer Wettbewerbsverzerrung zu Lasten der Klägerin verbunden wäre.

178   Was ferner die Konkurrenz angeht, die infolge der ersten Auflage im Fall der zwischen den Vertragspartnern von DSD und Selbstentsorgerlösungen geteilten Benutzung von Sammeleinrichtungen drohen soll, hat das Gericht im vorliegenden Urteil bereits festgestellt, dass der zur Bestimmung des Anwendungsbereichs der ersten Auflage verwendete Begriff „Wettbewerber von DSD“ dahin auszulegen ist, dass darunter nur diejenigen Systeme zu verstehen sind, denen der angefochtenen Entscheidung zufolge die Mitbenutzung der Sammeleinrichtungen garantiert werden muss, nämlich die mit DSD konkurrierenden Befreiungssysteme. Daher ist die erste Auflage ohne Bedeutung für die Beziehungen zwischen DSD und den Selbstentsorgerlösungen.

c)     Zum angeblichen Eingriff in die Funktion der Marke „Der Grüne Punkt“

 Vorbringen der Beteiligten

179   Nach Ansicht der Klägerin ist die erste Auflage unverhältnismäßig, weil sie in die Herkunftsfunktion der Marke „Der Grüne Punkt“ eingreife, die darin bestehe, die Rücknahme‑ und Verwertungsleistung des Dualen Systems und nicht die eines anderen Systems zu kennzeichnen. Hierzu führt sie aus, dass ihre Marke in Deutschland als Kollektivmarke zur Kennzeichnung der Verpackungen der am Dualen System teilnehmenden Hersteller und Vertreiber und als Individualmarke zur Kennzeichnung der vom Dualen System verwendeten Sammeleinrichtungen eingetragen sei. Namentlich die Herkunftsfunktion der Kollektivmarke „Der grüne Punkt“ sei von mehreren deutschen Gerichten anerkannt worden (Urteil des Bundespatentgerichts vom 18. September 1996, für das die Marke eine Aussage über das ökologische Engagement des Herstellers treffe; Urteil des Landgerichts Hamburg vom 23. Dezember 1996 und Urteil des Kammergerichts Berlin vom 14. Juni 1994, für die die Marke über die Teilnahme am Dualen System informiere; Urteil des Oberlandesgerichts Köln vom 8. Mai 1998, in dem von der überragenden Bedeutung die Rede sei, die die Marke infolge ihrer Verbreitung und Bekanntheit erlangt habe, und Urteil des Bundesgerichtshofs vom 15. März 2001, für den die Hersteller und Vertreiber durch Anbringung der Marke auf ihren Verpackungen die Teilnahme am Dualen System kenntlich machten). Im vorliegenden Fall macht die Klägerin geltend, dass die Mitbenutzung der Sammeleinrichtungen einen Eingriff in die Kollektiv‑ und Individualmarke „Der Grüne Punkt“ darstelle, weil der Verbraucher aufgrund der Werbung wisse, dass mit dieser Marke gekennzeichnete Verpackungen am Dualen System und nicht an einem konkurrierenden System teilnähmen und über die in der Regel ebenfalls mit der Marke „Der Grüne Punkt“ versehenen Sammeleinrichtungen des Dualen Systems zu entsorgen seien. Bei einer Mitbenutzung der Sammeleinrichtungen erfolge die Organisation der Sammlung und Verwertung der vom Dualen System erfassten Verpackungen – entgegen der Erwartung des Verbrauchers – durch Wettbewerber von DSD. Die Mitbenutzung der Sammeleinrichtungen, die zum Dualen System gehörten, täusche deshalb die Verbraucher.

180   Die Klägerin fügt hinzu, sie werde mit der ersten Auflage verpflichtet, durch Erteilung einer unentgeltlichen Zwangslizenz für die auf ihren Sammeleinrichtungen angebrachte Marke „Der Grüne Punkt“ an ihre Wettbewerber die Konkurrenz zu fördern. Eine solche Zwangslizenz sei jedoch rechtswidrig, weil sie die insoweit geltenden Grundsätze verletze (Art. 21 des Übereinkommens über handelsbezogene Aspekte der Rechte des geistigen Eigentums [TRIPs] vom 15. April 1994 [Anhang 1 C des Übereinkommens zur Errichtung der Welthandelsorganisation], genehmigt durch den Beschluss 94/800/EG des Rates vom 22. Dezember 1994 über den Abschluss der Übereinkünfte im Rahmen der multilateralen Verhandlungen der Uruguay-Runde [1986–1994] im Namen der Europäischen Gemeinschaft in Bezug auf die in ihre Zuständigkeiten fallenden Bereiche [ABl. L 336, S. 1, 214], und Gutachten 1/94 des Gerichtshofs vom 15. November 1994, Slg. 1994, I‑5267).

181   Die Kommission bemerkt zunächst, einige Rügen der Klägerin beträfen nicht den Leistungsvertrag, der Gegenstand der angefochtenen Entscheidung sei, sondern den Zeichennutzungsvertrag, um den es in der Entscheidung Nr. 2001/463 gehe, und brauchten daher im Rahmen der vorliegenden Rechtssache nicht geprüft zu werden. Die Klägerin scheine einen Ausschließlichkeitsanspruch auf die Nutzung der Sammeleinrichtungen daraus herleiten zu wollen, dass sie deren Eigentümern erlaube, das Zeichen „Der Grüne Punkt“ auf ihren Einrichtungen anzubringen; das sei nicht hinnehmbar. Denn dies würde bedeuten, dass ein Entsorger, der das Zeichen „Der Grüne Punkt“ auf einem Wagen zur Abholung der Verpackungen anbringe, diesen nur für Fahrten im Auftrag des Dualen Systems und nicht auch zum Transport anderer Abfälle verwenden dürfte. Nicht nur fehle dafür jede Grundlage im Leistungsvertrag, die Antworten der Entsorger auf die Auskunftsverlangen der Kommission belegten auch, dass diese Entsorger ihre Fahrzeuge für andere Aufträge verwendeten. Die Klägerin könne sich daher nicht auf das von ihr behauptete Ausschließlichkeitsrecht berufen. Außerdem werde der Verbraucher nicht getäuscht, wenn er eine mit dem Zeichen „Der Grüne Punkt“ gekennzeichnete Verpackung in eine zum Dualen System gehörende Sammeleinrichtung werfe, weil die Frage der Mitbenutzung für das Verhalten des Verbrauchers ohne Bedeutung sei. Endabnehmer der vom Dualen System angebotenen Rücknahme‑ und Verwertungsleistung sei zudem nicht der Verbraucher, sondern der Hersteller oder Vertreiber der Verpackungen. Es sei somit nicht dargetan, dass die von der Klägerin behauptete Täuschung die Marke „Der Grüne Punkt“ verletze.

182   Zur Zwangslizenz macht die Kommission geltend, die Klägerin trage nicht vor, wem sie denn aufgrund der Entscheidung überhaupt eine Lizenz erteilen müsse. Es sei und bleibe die freie Entscheidung der Klägerin, den Entsorgern auf deren Behältnissen die Markennutzung zu gestatten oder gar nahezulegen und ihre Einwilligung auch wieder zurückzuziehen.

 Würdigung durch das Gericht

183   Die Klägerin führt im Wesentlichen aus, dass die erste Auflage gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoße, weil die Mitbenutzung die Marke „Der Grüne Punkt“ verletze, die es ermögliche, ihre Dienstleistungen von denen anderer Unternehmen zu unterscheiden. Dadurch, dass die mit DSD konkurrierenden Befreiungssysteme Zugang zu den von den Entsorgern errichteten Sammeleinrichtungen hätten, die bereits vom Dualen System verwendet würden, profitierten sie von der Bekanntheit dieser Marke bei den Verbrauchern, und diese würden getäuscht, indem sie ihre Verpackungen bei Einrichtungen zurückgäben, von denen sie annähmen, dass sie für das Duale System bestimmt seien und nicht für ein konkurrierendes System.

184   Dem ist jedoch nicht zu folgen.

185   Erstens hindert der Leistungsvertrag den Entsorger und Vertragspartner von DSD nicht daran, seine Sammeleinrichtungen einem System anzubieten, das mit dem Dualen System konkurriert. Denn im Leistungsvertrag heißt es lediglich, dass der „Entsorger … in geeigneter Weise und laufend den von der DSD verliehenen ‚Grünen Punkt‘ in seinen Aktionen für das System herausstellen [wird], z. B. durch Aufdruck auf Papiere, Werbemittel und Sammelbehälter sowie durch Beschriften der für das System eingesetzten Fahrzeuge und Betriebsanlagen“ (§ 2 Abs. 5 Unterabs. 1 Satz 4), und dass die „Verwendung des Zeichens ‚Der Grüne Punkt‘ … für den Entsorger kostenlos“ ist (§ 2 Abs. 5 Unterabs. 3 Satz 1). Dass DSD dem Entsorger gestattet, die Marke „Der Grüne Punkt“ kostenlos auf seinen Sammeleinrichtungen anzubringen, gibt DSD noch keinen Anspruch darauf, dass die betreffenden Einrichtungen ausschließlich vom Dualen System verwendet werden. Dem Leistungsvertrag ist im Gegenteil zu entnehmen, dass die Anbringung des betreffenden Zeichens keine andere Bedeutung hat, als „zu Werbezwecken“ darauf hinzuweisen, dass die fragliche Einrichtung am Dualen System teilnimmt.

186   Die Bestimmungen des Leistungsvertrags, die sich auf die Marke „Der Grüne Punkt“ beziehen, belegen daher nicht, dass die Anbringung der Marke auf einer Sammeleinrichtung diese daran hindern würde, anderen Zwecken zu dienen.

187   Zweitens sieht keine Vorschrift der Verpackungsverordnung vor, dass die Sammeleinrichtungen im Hinblick auf das verwendete System gekennzeichnet werden müssten. Erst recht ist keiner Vorschrift der Verpackungsverordnung zu entnehmen, dass die solcherart gekennzeichneten Sammeleinrichtungen einem einzigen System vorbehalten bleiben müssten, um zu verhindern, dass der Verbraucher sich womöglich über die Identität des Systems täuscht, das die von ihm dort deponierte Verpackung zurücknimmt und verwertet. Zur Bedeutung, die die Anbringung des Zeichens „Der Grüne Punkt“ auf den Verpackungen hat – eine der durch Anhang I Nr. 4 Abs. 2 Satz 2 zu § 6 VerpackV eröffneten Möglichkeiten, die es dem Verbraucher erlauben sollen, die Teilnahme der betreffenden Verpackung an einem Befreiungssystem zu erkennen (siehe oben, Randnr. 6) –, hat das Gericht außerdem im Urteil Duales System Deutschland/Kommission (T‑151/01, Randnr. 133) festgestellt, dass, sobald die Erfüllung der in der Verpackungsverordnung vorgesehenen Verwertungsquoten und die Aufteilung der Verpackungsmengen zwischen den Systemen auf der Grundlage der jeweiligen Stoffmengen und nicht je nach den Verpackungen als solchen erfolgen, das Zeichen „Der Grüne Punkt“ gleichgültig, ob die Verpackungen mit ihm gekennzeichnet sind oder nicht, weder die Funktion noch das Gewicht hat, das die Klägerin ihm beimisst. So muss ein Hersteller oder Vertreiber von Verpackungen, der beschließt, DSD die Rücknahme und Verwertung eines Teils der Verpackungen, die er in Deutschland vertreibt, zu übertragen und die Rücknahme und Verwertung des anderen Teils dieser Verpackungen selbst mit Hilfe einer Selbstentsorgerlösung zu übernehmen oder einem anderen Befreiungssystem zu übertragen, lediglich die Stoffmengen zwischen den jeweils betroffenen Systemen aufteilen und die von der Verpackungsverordnung vorgeschriebenen Anforderungen an die Kennzeichnung erfüllen, ohne sich im Einzelnen um das Verhalten des Endverbrauchers kümmern zu müssen, wie es die Klägerin behauptet.

188   Vor diesem Hintergrund lässt sich der Verpackungsverordnung nicht entnehmen, dass die Anbringung der Marke „Der Grüne Punkt“ auf einer Sammeleinrichtung oder auf einer zur Rücknahme durch das Duale System bestimmten Verpackung die Mitbenutzung der Sammeleinrichtungen verhindern würde.

189   Drittens ist zu berücksichtigen, dass nach Lage der Akten die vom Dualen System verwendeten Sammeleinrichtungen nicht alle das Zeichen „Der Grüne Punkt“ tragen. Es kann daher angenommen werden, dass die Verbraucher zum Zeitpunkt der Deponierung der Verpackungen in den Sammeleinrichtungen diese nicht mit der Marke „Der Grüne Punkt“ in Verbindung bringen, sondern mit der Art der den unterschiedlichen Typen von Sammeleinrichtungen zuzuführenden Verpackung (Verkaufsverpackungen) und vor allem mit der Materialfraktion, aus der sie bestehen (leichte Materialien, Papier oder Pappe, Glas usw.). Die Klägerin weist insoweit nicht nach, dass der Verbraucher der Tatsache Bedeutung zumisst, dass DSD und nicht ein anderes Befreiungssystem für die Rücknahme und Beseitigung einer Verpackung verantwortlich ist. Der Verbraucher mag sich gewiss um die Umwelt sorgen, doch da alle Befreiungssysteme denselben Pflichten unterliegen, erscheint die Frage, welches System sich im konkreten Fall um die Rücknahme und Verwertung kümmert, nicht entscheidend. Keine dieser Pflichten wird durch die Mitbenutzung der bestehenden Sammeleinrichtungen berührt. Ebenso wenig bestreitet die Klägerin, dass die Verpackungen aus Papier und Pappe in denselben Einrichtungen gesammelt werden wie die Druckschriften (Zeitungen und Zeitschriften), für die die Gemeinden zuständig sind und nicht das Duale System. Sie behauptet jedoch insoweit nicht, dass die Verbraucher aufgrund einer eventuellen Anbringung der Marke „Der Grüne Punkt“ auf diesen Einrichtungen davon ausgingen, dass das Duale System die Verantwortung für das Sammeln und Verwerten der Druckschriften übernehme.

190   Zur Vermeidung jeglicher Gefahr der Verwechslung durch den Verbraucher dürfte es daher ausreichen, auf den von mehreren Systemen benutzten Sammeleinrichtungen anzugeben, dass die Verpackungen im Auftrag des Dualen Systems und im Auftrag eines oder mehrerer anderer konkurrierender Befreiungssysteme wiederverwertet werden, ohne dass jede Mitbenutzung der betreffenden Sammeleinrichtungen verboten werden muss, wie die Klägerin verlangt.

191   Schließlich ist festzustellen, dass es weder aufgrund der ersten Auflage noch aufgrund der technischen Zwänge, die mit der Mitbenutzung der Sammeleinrichtungen verbunden sind, für die Wettbewerber von DSD erforderlich ist, von dieser die Erlaubnis zur Benutzung der Marke „Der Grüne Punkt“ zu erhalten. So ist denkbar, dass die zusammen benutzten Sammeleinrichtungen mit keinerlei Zeichen oder Angabe versehen sind oder im Gegenteil jedes System dort ein Zeichen anbringt, das seiner Kennzeichnung dient. Daher trifft es nicht zu, dass DSD aufgrund der ersten Auflage seinen Wettbewerbern eine unentgeltliche Zwangslizenz der Marke „Der Grüne Punkt“ erteilen muss.

192   Folglich ist die erste Auflage nicht deshalb unverhältnismäßig, weil sie zu einem übermäßigen Eingriff in die Funktion führte, die der Marke „Der Grüne Punkt“ im Dualen System zukommt.

d)     Zur Auswirkung der ersten Auflage auf das Recht auf Zugang zu den nationalen Gerichten

 Vorbringen der Beteiligten

193   Nach Ansicht der Klägerin verbietet ihr die erste Auflage, die Entsorger daran zu „hindern“, mit Wettbewerbern von DSD Mitbenutzungsverträge abzuschließen. Ein solches Hindern könnte darin liegen, dass die Klägerin vor nationalen Behörden oder Gerichten gegen die betreffenden Entsorger vorgehe und die Unvereinbarkeit der Mitbenutzung mit der Verpackungsverordnung geltend mache. In diesem Fall wäre die erste Auflage mit dem in Art. 6 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten normierten Grundrecht auf Zugang zu den Gerichten unvereinbar (Urteil des Gerichtshofs vom 15. Mai 1986, Johnston, 222/84, Slg. 1986, 1651, Randnrn. 17 und 18, und Urteil des Gerichts vom 17. Juli 1998, ITT Promedia/Kommission, T‑111/96, Slg. 1998, II‑2937, Randnr. 60).

194   Die Kommission führt aus, dass die erste Auflage die Klägerin keineswegs hindere, die Frage der Vereinbarkeit einer Mitbenutzung von Sammeleinrichtungen mit der Verpackungsverordnung vor einem deutschen Verwaltungsgericht klären zu lassen (vgl. in diesem Sinne Urteile des Verwaltungsgerichtshofs Kassel vom 20. August 1999 und des Verwaltungsgerichts Gießen vom 31. Januar 2001). Hingegen sei es Sache der Gemeinschaftsgerichte, die Rechtmäßigkeit der Zusage und der Auflagen zu prüfen.

 Würdigung durch das Gericht

195   Im Wesentlichen trägt die Klägerin vor, dass die erste Auflage sie daran hindere, vor den nationalen deutschen Gerichten und Behörden geltend zu machen, dass die Mitbenutzung der Sammeleinrichtungen mit der Verpackungsverordnung unvereinbar sei.

196   Die erste Auflage kann jedoch nicht in diesem Sinne verstanden werden. Denn sie verpflichtet DSD, konkurrierende Befreiungssysteme nicht an der Mitbenutzung der Sammeleinrichtungen zu hindern. Das Gericht hat im vorliegenden Urteil bereits festgestellt, dass diese Auflage mit Art. 81 Abs. 3 EG und Art. 8 der Verordnung Nr. 17 vereinbar ist (siehe oben, Randnr. 151), weil sie zur Aufrechterhaltung des Wettbewerbs auf den Märkten für das Sammeln der Verpackungen beim Verbraucher und die Organisation der Rücknahme und Verwertung der beim Verbraucher anfallenden Verpackungen notwendig ist.

197   Die erste Auflage hindert DSD jedoch nicht daran, sich an ein nationales Gericht oder eine nationale Behörde zu wenden, um der Mitbenutzung der Sammeleinrichtungen zu widersprechen, deren Gestattung ihr im Rahmen der Freistellungsentscheidung auferlegt wird. DSD behält somit die Möglichkeit, sich unter Berufung auf einen Verstoß gegen die Verpackungsverordnung oder andere nationale Vorschriften der Mitbenutzung der Sammeleinrichtungen ihrer Vertragspartner zu widersetzen. Verfügt DSD über diese Möglichkeit, kann sie gleichwohl nicht unberücksichtigt lassen, dass die Kommission dann zu dem Schluss gelangen könnte, dass ein solches Vorgehen nach geltendem Gemeinschaftsrecht die Auflage verletzt, die ihr zur Absicherung der Freistellungsentscheidung erteilt wurde. Außerdem ist daran zu erinnern, dass die nationalen Gerichte, wenn sie über Vereinbarungen oder Verhaltensweisen befinden, die bereits Gegenstand einer Entscheidung der Kommission sind, keine Entscheidungen erlassen dürfen, die dieser zuwiderlaufen, selbst wenn sie im Widerspruch zu der Entscheidung eines erstinstanzlichen nationalen Gerichts steht (Urteil des Gerichtshofs vom 14. Dezember 2000, Masterfoods und HB, C‑344/98, Slg. 2000, I‑11369, Randnr. 52).

198   Das von DSD angeführte Grundrecht auf Zugang zu den Gerichten kann daher nicht zur Folge haben, dass sie gegen eine Entscheidung verstoßen darf, die auf der Grundlage des Gemeinschaftsrechts ergangen ist.

199   Infolgedessen ist die erste Auflage nicht deshalb unverhältnismäßig, weil sie DSD das Recht nähme, sich an die nationalen Gerichte oder Behörden zu wenden.

5.     Ergebnis in Bezug auf den ersten Klagegrund

200   Nach alldem verbietet die erste Auflage der Klägerin, konkurrierende Befreiungssysteme am Zugang zu den Sammeleinrichtungen der Vertragspartner von DSD zu hindern. Diese Auflage beruht auf dem Willen der Kommission, den Zugang mit DSD konkurrierender Systeme zum Markt für das Sammeln beim Verbraucher und infolgedessen zum Markt für die Rücknahme und Verwertung beim Verbraucher anfallender Verpackungen zu gewährleisten. Das Vorbringen der Klägerin im Rahmen des ersten Klagegrundes ist nicht geeignet, dieses Ergebnis in Frage zu stellen.

201   Folglich ist der erste Klagegrund in Bezug auf Befreiungssysteme in vollem Umfang zurückzuweisen.

202   Im Übrigen hält es das Gericht, um auf die Argumente von DSD zu diesem Punkt zu antworten, außerdem für erforderlich, daran zu erinnern (siehe oben, Randnr. 121), dass sich der zur Bestimmung des Anwendungsbereichs der ersten Auflage verwendete Begriff „Wettbewerber von DSD“ nicht auf Selbstentsorgerlösungen bezieht, da der Entscheidung zu entnehmen ist, dass diese Systeme nur in Randbereichen der relevanten Märkte auftreten und in Fällen der Überschneidung über hinreichende Möglichkeiten des Zugangs zu anderen Entsorgern oder Sammeleinrichtungen verfügen als denen, derer sich das Duale System bedient.

203   Da sich die erste Auflage nicht auf Selbstentsorgerlösungen bezieht, besteht somit kein Anlass, näher auf die Argumente der Klägerin zu diesem Punkt einzugehen.

B –  Zum zweiten Klagegrund: Verstoß der in Art. 3 Buchst. a der angefochtenen Entscheidung erteilten Auflage gegen Art. 86 Abs. 2 EG

1.     Vorbringen der Beteiligten

204   Die Klägerin führt aus, dass sie zum Schutz der Umwelt die Verpackungen bundesweit, auch in unattraktiven ländlichen Gebieten, sammle und verwerte. Außerdem sei das Duale System von den zuständigen Behörden aller Länder zugelassen worden. Infolge dieser Zulassungen sei sie mit einer Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse im Sinne von Art. 86 Abs. 2 EG betraut worden. Insoweit sei unerheblich, dass jeder Betreiber eines Befreiungssystems von den Landesbehörden zugelassen werden könne, da Art. 86 Abs. 2 EG allein an die Übernahme einer Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse anknüpfe und nicht an das Vorliegen besonderer oder ausschließlicher Rechte im Sinne von Art. 86 Abs. 1 EG. In diesem Zusammenhang macht die Klägerin geltend, dass die Erfüllung der ihr obliegenden Sicherstellungs- und Gewährleistungspflichten (flächendeckende und regelmäßige Erfassung, Verwertungsquoten und Mengenstromnachweis) durch die in der ersten Auflage vorgesehene Mitbenutzung der Sammeleinrichtungen gefährdet werde, da dadurch die Zulassung des Dualen Systems in Frage gestellt werden könnte. Auch führe eine solche Mitbenutzung zu Wettbewerbsverzerrungen, indem sie ihren Wettbewerbern ein Rosinenpicken zulasten ihres Systems ermögliche. Folglich dürften die in Art. 81 EG aufgeführten Wettbewerbsregeln nicht gelten, soweit sie die Erfüllung der ihr übertragenen besonderen Aufgabe unmöglich machten.

205   Die Kommission und Landbell tragen vor, die Klägerin trete keinen Beweis für die Gefahr an, die die Mitbenutzung für ihre Tätigkeit oder eine angebliche, zu einer Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse gehörende Aufgabe darstelle, und tatsächlich würden die von DSD beauftragten Entsorger durch die Mitbenutzung nicht beeinträchtigt. Landbell weist außerdem darauf hin, dass die Abdeckung unattraktiver ländlicher Regionen Bestandteil der von den Kunden der Befreiungssysteme nachgefragten Dienstleistung sei, die verlangten, eine Sammlung im gesamten Vertragsgebiet in Anspruch nehmen zu können, um von ihren eigenen Pflichten aus der Verpackungsverordnung befreit zu werden.

2.     Würdigung durch das Gericht

206   Nach Art. 86 Abs. 2 EG gelten für Unternehmen, die mit Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse betraut sind, die Vorschriften des EG‑Vertrags, insbesondere die Wettbewerbsregeln, soweit die Anwendung dieser Vorschriften nicht die Erfüllung der ihnen übertragenen besonderen Aufgabe rechtlich oder tatsächlich verhindert. Außerdem heißt es dort, dass die Entwicklung des Handelsverkehrs nicht in einem Ausmaß beeinträchtigt werden darf, das dem Interesse der Gemeinschaft zuwiderläuft.

207   Selbst wenn die Klägerin mit einer Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse im Sinne von Art. 86 Abs. 2 EG betraut sein sollte, und zwar ebenso wie alle anderen von den Länderbehörden zugelassenen Befreiungssysteme, wäre im vorliegenden Fall gleichwohl festzustellen, dass eine Gefährdung dieses Auftrags durch die angefochtene Entscheidung nicht dargetan ist.

208   Anders nämlich als die Klägerin im Rahmen des vorliegenden Klagegrundes behauptet, folgt aus der an DSD erteilten Auflage, die Entsorger nicht daran zu hindern, mit Wettbewerbern von DSD Verträge über die Mitbenutzung ihrer Behälter oder sonstigen Einrichtungen zum Sammeln und Sortieren abzuschließen und zu erfüllen, keineswegs, dass die angefochtene Entscheidung die Durchführung der dem Dualen System übertragenen Dienstleistung der Rücknahme und Verwertung zu wirtschaftlich tragbaren Bedingungen gefährden würde.

209   Insbesondere lässt sich den Akten nicht entnehmen, dass es DSD aufgrund der angefochtenen Entscheidung nicht mehr möglich sein könnte, die Verpackungen regelmäßig bundesweit zu sammeln, die in der Verpackungsverordnung vorgeschriebenen Verwertungsquoten zu erreichen oder den darin verlangten Mengenstromnachweis zu erbringen. Zudem hat das Gericht bereits im Rahmen des ersten Klagegrundes festgestellt, dass die Klägerin nicht nachgewiesen hat, dass die Erfüllung der ersten Auflage mit der Gefahr von Wettbewerbsverzerrungen zu ihren Lasten verbunden ist.

210   Daher ist der zweite Klagegrund zurückzuweisen.

C –  Dritter Klagegrund: Verstoß der Auflage in Art. 3 Buchst. b der angefochtenen Entscheidung gegen Art. 81 Abs. 3 EG und Art. 86 Abs. 2 EG

211   Nach Auffassung der Klägerin verstößt die Auflage in Art. 3 Buchst. b der angefochtenen Entscheidung (im Folgenden: zweite Auflage), wonach „DSD … von Entsorgern, die mit Wettbewerbern von DSD Verträge über die Mitbenutzung von Behältern oder sonstigen Einrichtungen zum Sammeln und Sortieren gebrauchter Verkaufsverpackungen abschließen, nicht verlangen [darf], dass diese gegenüber DSD Verpackungsmengen nachweisen müssen, die nicht für das DSD-System gesammelt wurden“, gegen Art. 81 Abs. 3 EG und Art. 86 Abs. 2 EG. Sie verweist insoweit auf die Ausführungen im Rahmen des ersten und des zweiten Klagegrundes.

212   Außerdem trägt die Klägerin vor, dass die deutschen Behörden sie in der Verpackungsverordnung verpflichteten, „die tatsächlich erfasste Menge an Verpackungen“ zu verwerten (vgl. Anhang I Nr. 1 Abs. 5 zu § 6 VerpackV), und dass sie, um den entsprechenden Mengennachweis zu erbringen, von den Entsorgern verlange, ihr jeden Monat die „erfassten Mengen“ anzugeben. Nach der zweiten Auflage dürfe DSD jedoch von den betreffenden Entsorgern im Fall der Mitbenutzung der Sammeleinrichtungen nicht verlangen, ihr für „Verpackungsmengen …, die nicht für das DSD-System gesammelt wurden“, den entsprechenden Nachweis zu erbringen. Der angefochtenen Entscheidung zufolge sei eine solche Auflage notwendig, „[d]amit die Wettbewerber von DSD auf die für sie im Rahmen der Mitbenutzung der Entsorgungseinrichtungen gesammelten Verpackungsmengen uneingeschränkt zurückgreifen können“ (Randnr. 182 der angefochtenen Entscheidung). In diesem Zusammenhang führt die Klägerin aus, mit der zweiten Auflage solle sichergestellt werden, dass bei Mitbenutzung eingesammelte Mengen nicht für den Mengenstromnachweis von DSD verwendet, sondern den Wettbewerbern zugerechnet würden. Hingegen sollte diese Auflage nicht Auskunftsansprüche ausschließen, die DSD gegenüber den Entsorgern in Bezug auf die insgesamt in den Sammeleinrichtungen erfassten Verpackungen geltend mache, um den Nachweis für die gesammelten Mengen zu erbringen.

213   Das Gericht stellt zunächst fest, dass der dritte Klagegrund kein neues oder spezifisches Vorbringen enthält, aus dem hervorginge, inwiefern die zweite Auflage gegen Art. 81 Abs. 3 EG und Art. 86 Abs. 2 EG verstoßen soll. Daher ist der dritte Klagegrund aus denselben Gründen zurückzuweisen, wie sie im Rahmen des ersten und des zweiten Klagegrundes dargelegt worden sind.

214   Außerdem haben sich die Kommission und DSD in der mündlichen Verhandlung darauf geeinigt, wie die Auflage in Art. 3 Buchst. b der angefochtenen Entscheidung auszulegen ist.

215   Das Gericht kommt daher in Anbetracht der mündlichen Ausführungen und der Antworten der Beteiligten auf die in der mündlichen Verhandlung gestellten Fragen zu dem Ergebnis, dass DSD nach der zweiten Auflage von den Entsorgern zwar keine Auskunft über die Verpackungsmengen verlangen kann, die im Rahmen eines konkurrierenden Befreiungssystems gesammelt wurden, jedoch nach wie vor von den betreffenden Unternehmen die Auskünfte verlangen kann, die sie zum Nachweis der vom Dualen System erfassten Mengen benötigt. Dieser Auskunftsanspruch wird im Übrigen in Randnr. 175 der angefochtenen Entscheidung ausdrücklich erwähnt.

216   Hierzu in der mündlichen Verhandlung befragt, hat die Kommission erklärt, dass die zweite Auflage die Klägerin nicht daran hindere, die Gesamtmenge der von den Entsorgern gesammelten Verpackungen oder den Teil dieser Verpackungen, der unter das Duale System falle, zu erfahren, wobei sie jedoch darauf hingewiesen hat, dass es vor allem darauf ankomme, dass DSD nicht versuche, sich die Verpackungsmengen zuzuschreiben, die die betreffenden Entsorger im Auftrag eines konkurrierenden Systems gesammelt hätten. Dieser Standpunkt der Kommission wird von der Klägerin geteilt (siehe oben, Randnr. 212).

217   Daher ist die zweite Auflage dahin auszulegen, dass zum einen DSD von den Entsorgern, die nach dem Leistungsvertrag ihre Vertragspartner sind, nicht verlangen kann, ihr die Verpackungsmengen zuzuschreiben, die sie im Auftrag eines konkurrierenden Systems gesammelt haben, und zum anderen diese Auflage DSD nicht daran hindert, die Gesamtmenge der von den Entsorgern gesammelten Verpackungen sowie den Teil dieser Verpackungen, der unter das Duale System fällt, in Erfahrung zu bringen.

D –  Vierter Klagegrund: Antrag auf Nichtigerklärung der in Randnr. 72 der angefochtenen Entscheidung wiedergegebenen Zusage und Verletzung des Grundrechts auf Zugang zu den Gerichten

1.     Vorbringen der Beteiligten

218   Die Klägerin weist darauf hin, dass sie auf Veranlassung der Kommission die Zusage gegeben habe, „auf die Geltendmachung von Unterlassungsansprüchen der im Urteil des Landgerichts Köln vom 18. März 1997 beschriebenen Art gegenüber der VfW sowie in vergleichbaren Fällen zu verzichten“ (Randnr. 72 der angefochtenen Entscheidung); dieses Urteil war auf eine Klage von DSD ergangen, mit der diese sich gegen die unentgeltliche Mitbenutzung der Sammeleinrichtungen des Dualen Systems durch VfW gewandt hatte. Die betreffende Zusage sei mit dem Grundrecht auf freien Zugang zu den Gerichten unvereinbar (Urteil ITT Promedia/Kommission, Randnr. 60). Der Verstoß wiege umso schwerer, als ein Unterlassungsanspruch von DSD gegenüber ihren Wettbewerbern nicht „völlig unbegründet“ und damit nach deutschem Recht auch nicht missbräuchlich sei (Urteil ITT Promedia/Kommission, Randnr. 56). So sei dem Urteil des Landgerichts Köln zu entnehmen, dass DSD auf der Grundlage des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb gerichtlich erstreiten könne, dass VfW die von DSD finanzierten Sammeleinrichtungen nicht unentgeltlich nutzen dürfe. Dem Urteil zufolge bedürfe es für die Mitbenutzung dieser Sammeleinrichtungen der Zustimmung von DSD und der Zahlung einer „Art Lizenz“ unmittelbar an DSD.

219   Die Kommission trägt, unterstützt von Landbell, vor, dass die Klägerin eine Zusage kritisiere, die sie gegeben habe, nachdem Dritte der Kommission mitgeteilt hätten, dass DSD entgegen der in Randnr. 71 der angefochtenen Entscheidung wiedergegebenen Zusage keinen ungehinderten Zugang zu den Sammeleinrichtungen ihrer Vertragspartner ermögliche. Dürfe die Klägerin die Entsorger nicht daran hindern, die Mitbenutzung ihrer Anlagen zu gestatten, dürfe sie auch Wettbewerbern die Mitbenutzung nicht verbieten.

2.     Würdigung durch das Gericht

220   Es ist daran zu erinnern, dass sich im Anschluss an die Mitteilung im Amtsblatt, in der die Kommission ihre Absicht bekannt gab, verschiedene Verträge im Zusammenhang mit dem Dualen System positiv zu beurteilen, Dritte an die Kommission wandten, um sie darauf hinzuweisen, dass DSD entgegen den Zusagen, die sie in diesem Stadium des Verwaltungsverfahrens in Bezug auf den ungehinderten Zugang Dritter zu den Sammeleinrichtungen ihrer Vertragspartner gegeben hatte, gerichtlich gegen die Mitbenutzung der betreffenden Einrichtungen vorgehe. So ließ das Urteil des Landgerichts Köln vom 18. März 1997 eindeutig den Willen von DSD erkennen, sich gegen eine Selbstentsorgerlösung, die VfW, zu wenden, die unentgeltlich Zugang zu den Sammeleinrichtungen erhalten wollte, die das Duale System in einigen deutschen Krankenhäusern verwendete.

221   In diesem Zusammenhang wies die Kommission mit Schreiben vom 21. August 1997 DSD darauf hin, dass ein Verhalten, das darin bestehe, Dritte an der Nutzung der Sammeleinrichtungen ihrer Vertragspartner zu hindern, unter Art. 82 EG fallen könne, und hob die Bedeutung hervor, die dieses Verhalten für das Freistellungsverfahren haben könne, da nach der vierten Bedingung in Art. 81 Abs. 3 EG eine zum Zweck der Freistellung angemeldete Vereinbarung nicht die Möglichkeit eröffnen dürfe, für einen wesentlichen Teil der betreffenden Waren den Wettbewerb auszuschalten.

222   Um die Bedenken zu zerstreuen, die die Kommission in ihrem Schreiben vom 21. August 1997 geäußert hatte, gab DSD im Anschluss an diese Stellungnahme folgende – in Randnr. 72 der angefochtenen Entscheidung wiedergegebene – Zusage:

„[DSD] ist bereit, auf die Geltendmachung von Unterlassungsansprüchen der im Urteil des Landgerichts Köln vom 18. März 1997 beschriebenen Art gegenüber der VfW sowie in vergleichbaren Fällen zu verzichten. Die Geltendmachung von Auskunfts- und Ausgleichsansprüchen gegen Entsorgungsunternehmen, die in einem Vertragsverhältnis zur [DSD] stehen, bleibt vorbehalten.“

223   Es lässt sich nicht behaupten, dass eine solche Zusage das Recht von DSD auf Zugang zu den Gerichten verletzt. Denn DSD hat diese Zusage aus freien Stücken der Kommission vorgeschlagen, und zwar um zu vermeiden, dass diese ihrem Schreiben vom 21. August 1997 Taten folgen lasse. DSD hat somit von sich aus gemäß dem Grundsatz, dass auf die Geltendmachung eines eigenen Rechts verzichtet werden kann, und in vollständiger Kenntnis der Lage der Kommission im Kern mitgeteilt, dass sie darauf verzichte, vor den deutschen Gerichten gegen etwaige Vereinbarungen zwischen den Entsorgern, die einen Leistungsvertrag mit DSD geschlossen haben, und den verschiedenen Systemen vorzugehen, die an der Mitbenutzung der Sammeleinrichtungen dieser Entsorger interessiert sein könnten.

224   Im Übrigen ist festzustellen, dass der Verzicht, den DSD in der in Randnr. 72 der angefochtenen Entscheidung wiedergegebenen Zusage erklärt hat, nicht ohne Gegenleistung der Kommission erfolgt ist.

225   So ist unbestreitbar, dass die Kommission infolge der Zusage von DSD kein Verfahren nach Art. 82 EG eröffnet hat, und zwar anders als beim Zeichennutzungsvertrag, bei dem die Kommission im Anschluss an die Stellungnahmen betroffener Dritter zu der Mitteilung im Amtsblatt ein solches Verfahren eingeleitet hat.

226   Ebenso wenig wird bestritten, dass die Kommission die Zusage von DSD dahin berücksichtigt hat, dass sie die Existenz eines eventuellen Wettbewerbsproblems z. B. in Bezug auf den Zugang der Selbstentsorgerlösungen zu den Sammeleinrichtungen in deutschen Krankenhäusern oder hinsichtlich anderer Marktsegmente nicht genauer geprüft hat. Eine derartige Analyse hätte die Kommission nämlich möglicherweise benötigt, um die Auswirkungen zu untersuchen, die das Verhalten von DSD im Rahmen des Falls, zu dem das Urteil des Landgerichts Köln vom 18. März 1997 erging, auf ihre Beurteilung des Leistungsvertrags im Rahmen von Art. 81 Abs. 1 und 3 EG haben konnte. Im vorliegenden Fall ist die Beurteilung der Kommission in diesem Punkt vage geblieben, und das, obwohl sie es in der Entscheidung für vorstellbar hält, dass ein Krankenhaus über mehrere Sammeleinrichtungen verfügt (Randnr. 128 der angefochtenen Entscheidung). Diese Behauptung kann nicht das Ergebnis vorwegnehmen, zu dem eine eingehende Prüfung der Wettbewerbsbedingungen im Bereich der Erfassung der an die Krankenhäuser gelieferten Verpackungen gegebenenfalls gelangt wäre.

227   Daher konnte die Kommission im Hinblick auf Art. 81 Abs. 3 EG und Art. 8 der Verordnung Nr. 17 zu Recht davon ausgehen, dass sie sich nicht mit der Zusage von DSD betreffend den Zugang der Befreiungssysteme zu den Sammeleinrichtungen ihrer Vertragspartner begnügen konnte, sondern weiter gehen und die Freistellungsentscheidung mit einer Auflage verbinden musste, um sicherzustellen, dass es der Leistungsvertrag DSD nicht ermöglichen würde, den Wettbewerb auf den relevanten Märkten auszuschalten.

228   Dass die erste Auflage nicht die Selbstentsorgerlösungen erfasst, weil der Zugang dieser Systeme zu den Sammeleinrichtungen der Vertragspartner von DSD aufgrund der Alternativlösungen, die von den Entsorgern angeboten werden, die keinen Leistungsvertrag mit DSD geschlossen haben, nicht gewährleistet zu werden braucht (siehe oben, Randnrn. 120 bis 129, und Randnr. 159 der angefochtenen Entscheidung), lässt insoweit nicht den Schluss zu, dass die in Randnr. 72 der angefochtenen Entscheidung wiedergegebene Zusage deshalb rechtswidrig wäre, weil sie nicht im Hinblick auf ein im Rahmen der angefochtenen Entscheidung identifiziertes Wettbewerbsproblem gegeben wurde. Die betreffende Zusage trägt nämlich anderen Erwägungen Rechnung als denen, die die Kommission zum Erlass der ersten Auflage bewegt haben. Während die erste Auflage die Erfüllung der vierten Bedingung in Art. 81 Abs. 3 EG sicherstellen soll, nämlich dafür zu sorgen, dass der Leistungsvertrag nicht den Wettbewerb auf den relevanten Märkten ausschalten wird, soll die Zusage lediglich der Kommission die Arbeit erleichtern, wenn sie ein Negativattest oder eine Freistellung erteilt. Wie jedoch oben in den Randnrn. 225 und 226 ausgeführt, hat es die Zusage von DSD der Kommission erlaubt, die Prüfung von Fragen zu vermeiden, die als solche die angefochtene Entscheidung hätten in Frage stellen oder Anlass zur Eröffnung eines Verfahrens nach Art. 82 EG geben können.

229   Folglich verletzt die in Randnr. 72 der angefochtenen Entscheidung wiedergegebene Zusage der Klägerin nicht ihr Recht auf Zugang zu den Gerichten, da sie von DSD in Kenntnis der Lage gegeben wurde, um zu erreichen, dass die Kommission von der Prüfung von Fragen absieht, die Anlass zur Einleitung eines Verfahrens nach Art. 82 EG geben oder ihre Analyse im Rahmen von Art. 81 EG in Frage stellen konnten.

230   Daher ist der vierte Klagegrund zurückzuweisen.

231   Nach alledem ist die Klage, soweit sie sich auf die erste und die zweite Auflage wie auch die angefochtene Entscheidung insgesamt oder nur die in Randnr. 72 der angefochtenen Entscheidung wiedergegebene Zusage bezieht, in vollem Umfang abzuweisen.

 Kosten

232   Nach Art. 87 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Gemäß Art. 87 § 3 der Verfahrensordnung kann das Gericht jedoch die Kosten teilen oder beschließen, dass jede Partei ihre eigenen Kosten trägt, wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt. Im vorliegenden Fall ist das Gericht der Ansicht, dass die Auslegung der ersten Auflage dahin, dass sie sich nur auf die mit DSD konkurrierenden Befreiungssysteme und nicht auf die Selbstentsorgerlösungen bezieht, wie auch die Auslegung der zweiten Auflage den insoweit erhobenen Rügen der Klägerin letztlich teilweise Recht gibt. Deshalb trägt es nach Auffassung des Gerichts den Umständen des vorliegenden Falles angemessen Rechnung, der Kommission ein Viertel der Kosten der Klägerin und ein Viertel ihrer eigenen Kosten aufzuerlegen. Die Klägerin trägt drei Viertel ihrer eigenen Kosten, drei Viertel der Kosten der Kommission und die Kosten von Landbell.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Erste Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Klage wird abgewiesen.

2.      Die Klägerin, Der Grüne Punkt – Duales System Deutschland GmbH, trägt drei Viertel ihrer eigenen Kosten sowie drei Viertel der Kosten der Kommission und die Kosten der Landbell AG für Rückhol‑Systeme.

3.      Die Kommission trägt ein Viertel ihrer eigenen Kosten und ein Viertel der Kosten der Klägerin.



García-Valdecasas

Cooke

Labucka

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 24. Mai 2007.

Der Kanzler

 

       Der Präsident

E. Coulon

 

       J. D. Cooke


Inhaltsverzeichnis


Rechtlicher Rahmen

A –  Verordnung über die Vermeidung von Verpackungsabfällen

B –  Befreiungssystem des Unternehmens Der Grüne Punkt – Duales System Deutschland GmbH, Zeichennutzungsvertrag und Leistungsvertrag

Sachverhalt

Angefochtene Entscheidung

A –  Zur vertraglichen Beziehung zwischen DSD und den Entsorgungsunternehmen

B –  Beurteilung im Hinblick auf Art. 81 Abs. 1 EG

1.  Zur Ausschließlichkeitsklausel zugunsten des Entsorgers

2.  Zugang zu den Einrichtungen der Entsorger

C –  Beurteilung im Hinblick auf Art. 81 Abs. 3 EG

D –  An die Freistellungsentscheidung geknüpfte Auflagen der Kommission

E –  Ergebnis

F –  Verfügender Teil

Verfahren und Anträge der Beteiligten

Zur Rechtslage

A –  Erster Klagegrund: Verstoß der Auflage in Art. 3 Buchst. a der angefochtenen Entscheidung gegen Art. 81 Abs. 3 EG und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit

1.  Erfordernis, im Fall der Mitbenutzung der Sammeleinrichtungen die Zustimmung von DSD einzuholen

a)  Vorbringen der Beteiligten

b)  Würdigung durch das Gericht

2.  Erster Teil: Keine Notwendigkeit der Mitbenutzung der Sammeleinrichtungen

a)  Vorbringen der Beteiligten

b)  Würdigung durch das Gericht

i) Zur Notwendigkeit der Mitbenutzung für die konkurrierenden Befreiungssysteme

ii) Zur angeblichen Notwendigkeit der Mitbenutzung für die Selbstentsorgerlösungen

3.  Zweiter Teil: Unzulässigkeit der Erteilung einer Auflage zur Behebung eines etwaigen Verstoßes gegen Art. 81 Abs. 1 EG und Art. 82 EG

a)  Vorbringen der Beteiligten

b)  Würdigung durch das Gericht

i) Zur Zulässigkeit

ii) Zur Begründetheit

4.  Dritter Teil: Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit

a)  Zum angeblichen Verstoß gegen die Verpackungsverordnung

Vorbringen der Beteiligten

Würdigung durch das Gericht

b)  Zur Gefahr einer Wettbewerbsverzerrung zulasten von DSD

Vorbringen der Beteiligten

Würdigung durch das Gericht

c)  Zum angeblichen Eingriff in die Funktion der Marke „Der Grüne Punkt“

Vorbringen der Beteiligten

Würdigung durch das Gericht

d)  Zur Auswirkung der ersten Auflage auf das Recht auf Zugang zu den nationalen Gerichten

Vorbringen der Beteiligten

Würdigung durch das Gericht

5.  Ergebnis in Bezug auf den ersten Klagegrund

B –  Zum zweiten Klagegrund: Verstoß der in Art. 3 Buchst. a der angefochtenen Entscheidung erteilten Auflage gegen Art. 86 Abs. 2 EG

1.  Vorbringen der Beteiligten

2.  Würdigung durch das Gericht

C –  Dritter Klagegrund: Verstoß der Auflage in Art. 3 Buchst. b der angefochtenen Entscheidung gegen Art. 81 Abs. 3 EG und Art. 86 Abs. 2 EG

D –  Vierter Klagegrund: Antrag auf Nichtigerklärung der in Randnr. 72 der angefochtenen Entscheidung wiedergegebenen Zusage und Verletzung des Grundrechts auf Zugang zu den Gerichten

1.  Vorbringen der Beteiligten

2.  Würdigung durch das Gericht

Kosten



* Verfahrenssprache: Deutsch.