URTEIL DES GERICHTSHOFS (Fünfte Kammer)
28. November 2024 ( *1 )
„Vorlage zur Vorabentscheidung – Wirtschafts- und Währungspolitik – Europäisches System Volkswirtschaftlicher Gesamtrechnungen auf nationaler und regionaler Ebene – Statistische Berichtspflichten der Altersvorsorgeeinrichtungen – Besondere Alterssicherungssysteme für freie Berufe – Pflichtmitgliedschaft und Pflichtbeiträge“
In den verbundenen Rechtssachen C‑758/22 und C‑759/22
betreffend Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Bundesverwaltungsgericht (Deutschland) mit Beschlüssen vom 27. September 2022, beim Gerichtshof eingegangen am 15. Dezember 2022, in den Verfahren
Bayerische Ärzteversorgung,
Bayerische Architektenversorgung,
Bayerische Apothekerversorgung,
Bayerische Rechtsanwalts- und Steuerberaterversorgung,
Bayerische Ingenieurversorgung-Bau m. Psychotherapeutenversorgung (C‑758/22),
Sächsische Ärzteversorgung (C‑759/22)
gegen
Deutsche Bundesbank
erlässt
DER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer)
unter Mitwirkung des Präsidenten der Vierten Kammer I. Jarukaitis in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten der Fünften Kammer sowie der Richter E. Regan und Z. Csehi (Berichterstatter),
Generalanwalt: M. Campos Sánchez-Bordona,
Kanzler: M. Siekierzyńska, Verwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 13. Dezember 2023,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
– |
der Bayerischen Ärzteversorgung, der Bayerischen Architektenversorgung, der Bayerischen Apothekerversorgung, der Bayerischen Rechtsanwalts- und Steuerberaterversorgung und der Bayerischen Ingenieurversorgung-Bau m. Psychotherapeutenversorgung, vertreten durch Rechtsanwalt S. Altenschmidt und Rechtsanwältin P. Müller, |
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der Sächsischen Ärzteversorgung, vertreten durch Rechtsanwalt C. Köhler, |
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der Deutschen Bundesbank, vertreten durch Rechtsanwältin L. Luyken sowie Rechtsanwälte M. Mogendorf und W. Spoerr, |
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der Europäischen Kommission, vertreten durch F. Blanc, S. Delaude und L. Mantl als Bevollmächtigte, |
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der Europäischen Zentralbank (EZB), vertreten durch S. J. Hlásková Murphy, K. Kaiser und B. van der Eem als Bevollmächtigte, |
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 29. Februar 2024
folgendes
Urteil
1 |
Die Vorabentscheidungsersuchen betreffen die Auslegung der Verordnung (EU) 2018/231 der Europäischen Zentralbank vom 26. Januar 2018 über die statistischen Berichtspflichten der Altersvorsorgeeinrichtungen (ABl. 2018, L 45, S. 3) in Verbindung mit der Verordnung (EU) Nr. 549/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Mai 2013 zum Europäischen System Volkswirtschaftlicher Gesamtrechnungen auf nationaler und regionaler Ebene in der Europäischen Union (ABl. 2013, L 174, S. 1). |
2 |
Sie ergehen im Rahmen zweier Rechtsstreitigkeiten, in denen mehrere Versorgungseinrichtungen, nämlich zum einen die Bayerische Ärzteversorgung, die Bayerische Architektenversorgung, die Bayerische Apothekerversorgung, die Bayerische Rechtsanwalts- und Steuerberaterversorgung sowie die Bayerische Ingenieurversorgung-Bau m. Psychotherapeutenversorgung (Rechtssache C‑758/22) und zum anderen die Sächsische Ärzteversorgung (Rechtssache C‑759/22), der Deutschen Bundesbank in der Frage gegenüberstehen, ob diese Versorgungseinrichtungen einer statistischen Berichtspflicht für Altersvorsorgeeinrichtungen unterliegen. |
Rechtlicher Rahmen
Unionsrecht
Verordnung Nr. 549/2013
3 |
In den Erwägungsgründen 1, 3, 12 und 14 der Verordnung Nr. 549/2013 wird ausgeführt:
…
…
…
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4 |
In Art. 1 Abs. 2 der Verordnung Nr. 549/2013 heißt es: „Das ESVG 2010 legt Folgendes fest:
…“ |
5 |
Anhang A dieser Verordnung enthält ein Kapitel 1 („Allgemeine Merkmale und Grundprinzipien“) mit folgenden Nrn. 1.34, 1.35, 1.37 und 1.57:
Tabelle 1.1
…
…
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6 |
Anhang A Kapitel 2 („Einheiten und ihre Zusammenfassungen“) der Verordnung Nr. 549/2013 enthält folgende Nrn. 2.32 bis 2.35, 2.38, 2.40, 2.43, 2.105 bis 2.110 und 2.117:
Abbildung 2.1 – Zuordnung der Einheiten zu den Sektoren
…
…
…
Tabelle 2.2 – Produzententypen und Haupttätigkeiten der einzelnen Sektoren
… Pensionseinrichtungen (S.129)
… Sozialversicherung (S.1314)
Normalerweise gibt es zwischen der Höhe der Beiträge und dem Einzelrisiko des Versicherten keinen unmittelbaren Zusammenhang.“ |
7 |
In Anhang A Kapitel 3 („Gütertransaktionen und Transaktionen mit nichtproduzierten Vermögensgütern“) der Verordnung Nr. 549/13 finden sich folgende Nrn. 3.17 bis 3.19, 3.24 und 3.26 bis 3.28:
…
…
…
Institutionelle Einheiten: Unterscheidung in Markt, für die Eigenverwendung und Nichtmarkt
Tabelle 3.1 – Institutionelle Einheiten nach Marktproduzenten, Produzenten für die Eigenverwendung und Nichtmarktproduzenten
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8 |
Anhang A Kapitel 17 Nr. 17.43 der Verordnung Nr. 549/13 lautet: „Definition: Altersvorsorgeeinrichtungen der Sozialversicherung sehen vor, dass den Versorgungsberechtigten in ihrer Eigenschaft als Versicherte eines Sozialschutzsystems vom Staat die Pflicht zur Alterssicherung und zur Absicherung weiterer altersbedingter Risiken wie Erwerbsunfähigkeit, Krankheit usw. auferlegt wird. Alterssicherungsleistungen der Sozialversicherung werden für die Versorgungsberechtigten durch den Staat erbracht.“ |
9 |
Anhang A Kapitel 20 („Die Konten des Sektors Staat“) dieser Verordnung umfasst insbesondere folgende Nrn. 20.05, 20.15, 20.32 bis 20.34, 20.38, 20.39, 20.306, 20.309 und 20.310: „Abgrenzung des Sektors Staat
… Dem Sektor Staat zugeordnete Organisationen ohne Erwerbszweck …
…
…
Die Kontrolle kann bereits bei Erfüllung eines einzigen Kriteriums gegeben sein. Falls jedoch eine Organisation ohne Erwerbszweck, die hauptsächlich durch den Staat finanziert wird[,] ihre Politik oder ihr Programm in einem signifikanten Umfang selbst entsprechend den Grundsätzen, wie sie in den anderen Kriterien erwähnt werden, bestimmen kann, wird sie nicht als vom Staat kontrolliert betrachtet. In den meisten Fällen werden mehrere Kriterien zusammen darauf hinweisen, dass die Kontrolle gegeben ist. Eine Entscheidung auf der Grundlage dieser Kriterien wird wertend sein. … Finanzielle Mittlertätigkeit und die Abgrenzung des Staates
… Pensionseinrichtungen
… Der öffentliche Sektor …
… Kontrolle durch den öffentlichen Sektor
…
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Verordnung 2018/231
10 |
Im zweiten Erwägungsgrund der Verordnung 2018/231 wird ausgeführt: „Altersvorsorgeeinrichtungen werden statistische Berichtspflichten auferlegt, damit der [Europäischen Zentralbank (EZB)] angemessene Statistiken über die Finanzgeschäfte des Teilsektors Altersvorsorgeeinrichtungen in den Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist …, zur Verfügung stehen, wobei diese Mitgliedstaaten als ein Wirtschaftsraum angesehen werden. Die Erhebung statistischer Daten über Altersvorsorgeeinrichtungen ist erforderlich, um regelmäßig sowie ad-hoc auftretendem analytischem Bedarf zu entsprechen und die EZB im Rahmen der Durchführung der monetären und finanziellen Analyse zu unterstützen; darüber hinaus dient sie dem Beitrag des ESZB zur Stabilität des Finanzsystems.“ |
11 |
In Art. 1 dieser Verordnung heißt es: „Im Sinne dieser Verordnung sind die nachfolgenden Begriffe wie folgt zu verstehen: 1. Unter einer ‚Altersvorsorgeeinrichtung‘ (Teilsektor S.129 des ESVG 2010) ist eine finanzielle Kapitalgesellschaft oder Quasi-Kapitalgesellschaft zu verstehen, die in ihrer Hauptfunktion als Folge der Zusammenfassung sozialer Risiken und Bedürfnisse der Versicherten finanzielle Mittlertätigkeiten ausübt (soziale Sicherung). Eine Altersvorsorgeeinrichtung stellt als System der sozialen Sicherung Einkommen im Ruhestand und häufig Leistungen bei Tod und Erwerbsunfähigkeit bereit. Von der Begriffsbestimmung nicht erfasst werden: …
…“ |
Deutsches Recht
VersoG
12 |
In Bayern sind die Versorgungsanstalten namentlich Gegenstand von Art. 1 („Rechtsform, Sitz, Geltungsbereich, Verordnungsermächtigung“) des Gesetzes über das öffentliche Versorgungswesen in der Fassung der Bekanntmachung vom 16. Juni 2008 (BayGVBl. S. 182) in der auf den Sachverhalt der Rechtssache C‑758/22 anwendbaren Fassung (im Folgenden: VersoG). |
13 |
Art. 9 („Grundsätze der Geschäftstätigkeit“) Abs. 1 bis 3 VersoG sieht vor: „(1) Die Versorgungsanstalten sind auf der Grundlage der Gegenseitigkeit und ausschließlich gemeinnützig tätig. Sie sind zu einer wirtschaftlichen und sparsamen Wirtschaftsführung verpflichtet. Die Vermögen der Versorgungsanstalten sind getrennt zu halten. (2) Die Versorgungsanstalten bestreiten den Verwaltungsaufwand einschließlich der Bezüge der Beamten, Angestellten, Arbeiter und Versorgungsberechtigten aus eigenen Mitteln. Die Verteilung auf die einzelnen Versorgungsanstalten erfolgt entsprechend den tatsächlich verursachten Kosten. (3) Die Mittel und das Vermögen der Versorgungsanstalten dürfen nur zur Erfüllung ihres Versorgungsauftrags verwendet werden. Im Fall der Auflösung einer Anstalt stehen die verbleibenden Mittel nach Maßgabe der Satzung den Mitgliedern, Versicherten und Leistungsberechtigten zu.“ |
14 |
Art. 10 („Satzung“) Abs. 1 bis 3 VersoG lautet: „(1) Die Versorgungsanstalten regeln ihre Angelegenheiten durch Satzung nach Maßgabe dieses Gesetzes. (2) Die Satzung muss neben den in diesem Gesetz besonders genannten Inhalten Bestimmungen enthalten über
(3) Die Satzung und ihre Änderungen werden nach der aufsichtlichen Genehmigung vom Vorsitzenden des Verwaltungsrats ausgefertigt und im Bayerischen Staatsanzeiger veröffentlicht. Sie treten am Tag nach der Veröffentlichung in Kraft, wenn nicht ein anderer Zeitpunkt bestimmt wird.“ |
15 |
Der Zweite Teil („Bayerische Ärzteversorgung, Bayerische Apothekerversorgung, Bayerische Architektenversorgung, Bayerische Ingenieurversorgung-Bau mit Psychotherapeutenversorgung, Bayerische Rechtsanwalts- und Steuerberaterversorgung“) VersoG enthält einen Abschnitt 1 („Gemeinsame Vorschriften“), in dem sich Art. 28 („Aufgaben“) VersoG findet. Dieser Artikel sieht in Satz 3 vor, dass „[d]ie Versorgungsanstalten … die Voraussetzungen für eine Befreiung ihrer Mitglieder von der Versicherungspflicht bei der gesetzlichen Rentenversicherung zu erfüllen [haben]“. |
16 |
Art. 30 („Mitgliedschaft) Abs. 1 bis 3 VersoG bestimmt: „(1) Bei den Versorgungsanstalten besteht Pflichtmitgliedschaft. (2) Die Satzung kann Ausnahmen und Befreiungen von der Pflichtmitgliedschaft vorsehen, insbesondere wenn der Berufsangehörige
… (3) Ausgeschiedene Pflichtmitglieder können nach Maßgabe der Satzung freiwillige Mitglieder bleiben.“ |
17 |
Art. 31 („Beiträge, Überleitung“) Abs. 1 und 4 VersoG lautet: „(1) Die Mitglieder sind nach Maßgabe der Satzung zur Zahlung von Beiträgen verpflichtet. Die Satzung kann einkommensunabhängige Mindestbeiträge vorsehen. Sie kann bestimmen, dass zur Weiterführung des Versorgungsschutzes für Zeiten ohne Berufs- oder Erwerbstätigkeit oder ohne Einkommen angemessene Beiträge zu entrichten sind. Der Pflichtbeitrag darf die Grenze nicht übersteigen, die für die Befreiung der Versorgungsanstalt von der Körperschaftssteuerpflicht maßgeblich ist. … (4) Die Satzung kann zulassen, dass zur Erhöhung der Versorgungsanwartschaft freiwillige Mehrzahlungen geleistet werden. Diese dürfen zusammen mit dem Pflichtbeitrag die Grenze nach Abs. 1 Satz 4 nicht übersteigen.“ |
18 |
Die Art. 33 bis 36 und 38 VersoG regeln die Pflichtmitgliedschaft bei den einzelnen Versorgungsanstalten. |
Sächsisches Heilberufekammergesetz
19 |
§ 6 („Versorgungswerk“) des Sächsischen Heilberufekammergesetzes vom 24. Mai 1994 (SächsGVBl. S. 935) in seiner in der Rechtssache C‑759/22 anwendbaren Fassung sah vor: „(1) Die Kammern können durch Satzung zur Versorgung ihrer Mitglieder und deren Familienangehörigen ein Versorgungswerk errichten. … Die Mitglieder der Kammern sind Mitglieder des Versorgungswerkes nach Maßgabe der Satzung. … (3) Die Satzung trifft Regelungen über
… Die Satzung kann Regelungen treffen über die Voraussetzungen, unter denen ein Mitglied seine an das Versorgungswerk geleisteten Beiträge auf eine andere öffentlich-rechtliche Versicherungseinrichtung oder Versorgungseinrichtung seiner Berufsgruppe (berufsständische Versorgungseinrichtung) überleiten kann, sowie über die Voraussetzungen und die Höhe eines Anspruchs auf Rückerstattung geleisteter Beiträge, wenn die Mitgliedschaft endet. (4) Das Vermögen des Versorgungswerkes ist ein Sondervermögen, das nur für die Haftung von Verbindlichkeiten des Versorgungswerkes zur Verfügung steht. Es ist vom übrigen Vermögen der Kammer getrennt zu verwalten. Es darf nur für gesetzlich zugelassene Zwecke unter Einschluss des Ausgleichs der notwendigen Verwaltungskosten verwendet werden.“ |
Ausgangsrechtsstreitigkeiten und Vorlagefragen
20 |
In den Jahren 2018 und 2019 erhielten die Klägerinnen der Ausgangsverfahren Mitteilungen der Deutschen Bundesbank mit dem Inhalt, dass sie nach den Art. 1 und 2 der Verordnung 2018/231 als Altersvorsorgeeinrichtungen statistischen Berichtspflichten unterlägen, aufgrund deren sie der Deutschen Bundesbank ab dem 30. September 2019 näher bezeichnete Daten über ihre finanziellen Verhältnisse, auf vierteljährlicher Basis für einige von ihnen und auf jährlicher Basis für andere, zu übermitteln hätten. |
21 |
Die Klägerinnen der Ausgangsverfahren erhoben beim Verwaltungsgericht Frankfurt am Main (Deutschland) Klagen auf Aufhebung dieser Mitteilungen, hilfsweise auf Feststellung, dass sie besagten statistischen Berichtspflichten nicht unterliegen. |
22 |
Das Verwaltungsgericht Frankfurt am Main wies die Klagen mit der Begründung ab, dass die Klägerinnen der Ausgangsverfahren Altersvorsorgeeinrichtungen im Sinne des Art. 1 Nr. 1 der Verordnung 2018/231 und folglich nach deren Art. 2 Abs. 1 berichtspflichtig seien. Versorgungseinrichtungen wie die Klägerinnen der Ausgangsverfahren zählten als Marktproduzentinnen zu den finanziellen Kapitalgesellschaften und gehörten daher zum Teilsektor Pensionseinrichtungen/Altersvorsorgeeinrichtungen (S.129) des ESVG 2010 gemäß der Verordnung Nr. 549/2013. Mit ihrer Haupttätigkeit stellten sie Versorgungsleistungen zur Verfügung. Dafür setzten sie wirtschaftlich signifikante Preise fest. Das gelte auch für die Pflichtleistungen. Mangels staatlicher Beihilfen seien die Versorgungseinrichtungen gezwungen, Beiträge und Leistungen so zu regeln, dass ihre Leistungsfähigkeit sichergestellt bleibe. Jedenfalls ergebe sich die Einordnung der Pflichtleistungen als Marktproduktion namentlich aus Anhang A Nr. 3.19 der Verordnung Nr. 549/2013, weil die Klägerinnen der Ausgangsverfahren mehrjährig mindestens 50% ihrer Kosten aus Verkäufen ihrer Produkte gedeckt hätten. Anhang A Nr. 1.37 dieser Verordnung stehe einer solchen Einordnung nicht entgegen, da diese Bestimmung nur für Einheiten des öffentlichen Sektors gelte, zu denen die Klägerinnen der Ausgangsverfahren nicht zählten, da sie nicht staatlich kontrolliert würden. Deshalb sei auch eine Zuordnung zum Teilsektor Sozialversicherung (S.1314) des ESVG 2010 ausgeschlossen, bei der die Berichtspflicht entfiele. Anhang A Nr. 20.39 der Verordnung bestätige die Einordnung der Klägerinnen der Ausgangsverfahren als Altersvorsorgeeinrichtungen. Danach sei ein von einer staatlichen Einheit verwaltetes System mit im Voraus festgelegten Beiträgen nicht als Sozialversicherungssystem anzusehen, wenn es – wie im Fall der Klägerinnen der Ausgangsverfahren – ohne staatliche Garantie für die Höhe der zu zahlenden Leistungen arbeite und diese Höhe, die von der Ertragskraft seiner Vermögenswerte abhänge, insoweit zwangsläufig ungewiss sei. |
23 |
Die Klägerinnen der Ausgangsverfahren legten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main Revision beim Bundesverwaltungsgericht (Deutschland), dem vorlegenden Gericht, ein. Sie machen geltend, sie seien keine Marktproduzentinnen. Ihre den größten Teil ihrer Produktion ausmachenden Pflichtleistungen würden nicht zu wirtschaftlich signifikanten Preisen veräußert. Insoweit könnten die Pflichtmitglieder keine freie Entscheidung über den Erwerb der Versorgungsleistungen auf der Grundlage der geforderten Beiträge treffen, weshalb eine der Bedingungen nicht erfüllt sei, die für das Vorliegen solcher Preise kennzeichnend sei, nämlich die Bedingung gemäß Anhang A Nr. 3.19 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 549/2013, wonach „die Verbraucher … sich für oder gegen einen Kauf entscheiden [können] und ihre Entscheidung auf der Grundlage der geforderten Preise [treffen]“. Das 50 %-Kriterium in Anhang A Nr. 3.19 Abs. 3 dieser Verordnung, nach dem eine institutionelle Einheit, die fortgesetzt und beständig mindestens 50 % ihrer Kosten durch ihre Verkäufe decke, als Marktproduzent eingeordnet werden könne, sei nicht einschlägig, da es nur der Produktionswertbestimmung diene. Jedenfalls gehörten die Versorgungseinrichtungen wie die gesetzliche Rentenversicherung zur Sozialversicherung. |
24 |
Nach Ansicht der Deutschen Bundesbank weist das Urteil des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main die gerügten Rechtsfehler nicht auf. |
25 |
Das vorlegende Gericht hat im Hinblick insbesondere auf Art. 1 Nr. 1 Buchst. f der Verordnung 2018/231 und Anhang A Nrn. 1.37, 2.107, 2.117, 3.17 bis 3.19, 3.24, 3.26, 17.43, 20.10, 20.12 und 20.39 der Verordnung Nr. 549/2013 Zweifel, wie die Klägerinnen der Ausgangsverfahren einzuordnen sind. Es sieht sich vor die Frage gestellt, ob sie als Altersvorsorgeeinrichtungen oder als Sozialversicherung einzuordnen sind oder ob für sie eine andere Zuordnung einschlägig ist. |
26 |
Die Klägerinnen der Ausgangsverfahren seien Einrichtungen des öffentlichen Rechts mit eigener Rechtspersönlichkeit. Sie dürften nur gemeinnützig tätig sein und ihre Mittel sowie ihr Vermögen nur zur Erfüllung ihrer Gemeinwohlaufgabe verwenden. Ihren Verwaltungsaufwand einschließlich der Bezüge der Beschäftigten und der Versorgungsberechtigten müssten sie aus eigenen Mitteln bestreiten. |
27 |
Nach deutschem Recht unterliege die überwiegende Mehrheit der den Systemen der Klägerinnen der Ausgangsverfahren angeschlossenen Mitglieder einer Pflichtmitgliedschaft, die sich auf die Ausübung ihres Berufs in Bayern oder Sachsen gründe. Nach Ende dieser Pflichtmitgliedschaft sei es möglich, auf freiwilliger Basis Mitglied zu bleiben, um weiterhin Versorgungsanwartschaften erwerben zu können. Die Klägerinnen der Ausgangsverfahren regelten durch ihre Satzungen die Erhebung von Beiträgen oder Umlagen zur Finanzierung ihrer Aufgabe sowie die Voraussetzungen, die Art und Höhe und das Erlöschen von Versorgungsansprüchen. Freiwillige Mehrzahlungen seien ebenfalls möglich, aber auf ein zulässiges Höchstmaß beschränkt. Die Klägerinnen der Ausgangsverfahren erbrächten mehr als 50 % ihrer Leistungen an ihre Pflichtmitglieder. |
28 |
Vor diesem Hintergrund hat das Bundesverwaltungsgericht beschlossen, die Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende, in den Rechtssachen C‑758/22 und C‑759/22 gleichlautende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:
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Zu den Vorlagefragen
29 |
Mit seinen Fragen möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob die Bestimmungen des Anhangs A der Verordnung Nr. 549/2013 dahin auszulegen sind, dass Versorgungseinrichtungen, die Leistungen bei Ruhestand, Tod und Erwerbsunfähigkeit zugunsten von Mitgliedern anbieten, die überwiegend, weil sie einen bestimmten Beruf ausüben, pflichtmitgliedschaftlich angeschlossen sind, unter den Begriff „Altersvorsorgeeinrichtungen“ im Sinne der Nr. 2.105 dieses Anhangs fallen und folglich den in der Verordnung 2018/231 vorgesehenen statistischen Berichtspflichten unterliegen müssen. |
30 |
Aus dem 14. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 549/2013 geht hervor, dass mit dem ESVG 2010 für die Zwecke der Union, insbesondere für die Festlegung und Überwachung der Wirtschafts- und Sozialpolitik der Union, ein Bezugsrahmen für die Erstellung der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen der Mitgliedstaaten geschaffen wird. Um vergleichbare Ergebnisse zu erzielen, sollten diese Gesamtrechnungen, wie es im dritten Erwägungsgrund dieser Verordnung heißt, nach einheitlichen Grundsätzen erstellt werden, die keine unterschiedlichen Auslegungen zulassen (Urteil vom 13. Juli 2023, Ferrovienord,C‑363/21 und C‑364/21, EU:C:2023:563, Rn. 64 und die dort angeführte Rechtsprechung). |
31 |
Wie sich aus Art. 1 Abs. 2 Buchst. a dieser Verordnung ergibt, legt das ESVG 2010 eine Methodik für die gemeinsamen Normen, Definitionen, Klassifikationen und Buchungsregeln fest, die sich in Anhang A findet und zur Erstellung von Konten und Tabellen auf vergleichbaren Grundlagen für die Zwecke der Union verwendet wird. |
32 |
Nach Nr. 1.01 dieses Anhangs ist das ESVG 2010 „ein international vereinheitlichtes Rechnungssystem, das systematisch und detailliert eine Volkswirtschaft (Region, Land, Ländergruppe) mit ihren wesentlichen Merkmalen und den Beziehungen zu anderen Volkswirtschaften beschreibt“. |
33 |
Der als Handbuch konzipierte Anhang besteht aus 24 Kapiteln, die in seinen Nrn. 1.03 und 1.04 kurz umrissen werden. Kapitel 1 vermittelt einen Überblick über die Konzepte und Grundsätze des ESVG. Es beschreibt die grundlegenden statistischen Einheiten und ihre Zusammenfassungen und enthält eine zusammenfassende Darstellung der Kontenabfolge. In Kapitel 2 werden die bei der Messung der Volkswirtschaft verwendeten institutionellen Einheiten dargestellt, und es wird beschrieben, wie diese Einheiten zwecks Analyse zu Sektoren und anderen Gruppen zusammengefasst werden. Kapitel 20 ist den Konten für den Sektor Staat gewidmet. |
34 |
Die Nrn. 1.34 und 1.57 des Anhangs A der Verordnung Nr. 549/2013 sehen die Zuordnung jeder institutionellen Einheit – definiert als wirtschaftliche Einheit, die Eigentümer von Waren und Vermögenswerten sein kann und eigenständig Verbindlichkeiten eingehen, wirtschaftliche Tätigkeiten ausüben und Transaktionen mit anderen Einheiten vornehmen kann – zu einem der sechs im ESVG 2010 bezeichneten Hauptsektoren vor, d. h. den nichtfinanziellen Kapitalgesellschaften, den finanziellen Kapitalgesellschaften, dem Staat, den privaten Haushalten, den privaten Organisationen ohne Erwerbszweck oder der übrigen Welt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 13. Juli 2023, Ferrovienord,C‑363/21 und C‑364/21, EU:C:2023:563, Rn. 66 und die dort angeführte Rechtsprechung). |
35 |
Diesen Bestimmungen sowie Nr. 2.41 des Anhangs A der Verordnung Nr. 549/2013 ist zu entnehmen, dass sich diese Sektoren gegenseitig ausschließen, so dass eine institutionelle Einheit nur einem Sektor oder Teilsektor angehören kann. Nach Nr. 2.32 dieses Anhangs fassen die Sektoren und Teilsektoren jeweils die institutionellen Einheiten zusammen, die ein gleichartiges wirtschaftliches Verhalten aufweisen. |
36 |
Der Teilsektor Altersvorsorgeeinrichtungen fällt in den Sektor finanzielle Kapitalgesellschaften, wie in Nr. 2.66 des Anhangs A der Verordnung Nr. 549/2013 klargestellt wird. Folglich werden Altersvorsorgeeinrichtungen wie jede institutionelle Einheit dieses Sektors gemäß der Definition des Begriffs „finanzielle Kapitalgesellschaften“ in Nr. 2.55 dieses Anhangs als „Marktproduzenten“ eingeordnet. |
37 |
Zu dieser Einordnung der Altersvorsorgeeinrichtungen als „Marktproduzenten“ ist auf eine Besonderheit hinzuweisen, die den in den Nrn. 2.105 bis 2.110 des Anhangs A der Verordnung Nr. 549/2013 im Einzelnen aufgeführten Tätigkeiten dieser Einrichtungen eigen ist. Aus Nr. 2.108 dieses Anhangs geht nämlich hervor, dass im Gegensatz zu Lebensversicherungsgesellschaften „Altersvorsorgeeinrichtungen von Gesetzes wegen auf spezifische Gruppen von Arbeitnehmern und Selbständigen beschränkt [sind]“. Somit fasst der Teilsektor Pensionseinrichtungen/Altersvorsorgeeinrichtungen finanzielle Kapitalgesellschaften zusammen, denen es nicht freisteht, ihre Dienstleistungen der gesamten Öffentlichkeit anzubieten. |
38 |
Im vorliegenden Fall geht aus den Vorlagebeschlüssen hervor, dass die in den Ausgangsverfahren in Rede stehenden Versorgungseinrichtungen, die in Bayern (Rechtssache C‑758/22) bzw. in Sachsen (Rechtssache C‑759/22) tätig sind, für ihre Mitglieder Leistungen bei Ruhestand, Tod und Erwerbsunfähigkeit sicherstellen und in dem Sinne auf sektoraler Grundlage organisiert sind, dass die meisten ihrer Mitglieder aufgrund der Ausübung eines bestimmten Berufs wie des Arzt‑, Apotheker‑, Rechtsanwalts- oder Architektenberufs einer gesetzlichen Pflichtmitgliedschaft unterliegen. |
39 |
Es sind im Übrigen diese sektorale Organisation der Versorgungseinrichtungen und die damit einhergehende Pflichtmitgliedschaft ihrer Mitglieder, die das vorlegende Gericht zu der Frage veranlasst haben, ob die Tätigkeiten dieser Einrichtungen unter den Begriff „Marktproduktion“ oder den Begriff „marktbestimmte Tätigkeit“ im Sinne des Anhangs A der Verordnung Nr. 549/2013 fallen können. |
40 |
Es ist jedoch festzustellen, dass eine solche sektorale Organisation der Altersvorsorgeeinrichtungen, wie oben in Rn. 37 ausgeführt, in den Nrn. 2.107 und 2.108 des Anhangs A der Verordnung Nr. 549/2013 ausdrücklich vorgesehen ist. Ungeachtet dieser Besonderheit hat sich der Unionsgesetzgeber dafür entschieden, Altersvorsorgeeinrichtungen als finanzielle Kapitalgesellschaften und damit als Marktproduzenten einzuordnen. Daher ist im vorliegenden Fall nicht die Frage nach der Auslegung des Begriffs „Marktproduktion“ oder des Begriffs „marktbestimmte Tätigkeit“ zu klären, sondern zu prüfen, ob Versorgungseinrichtungen wie die in den Ausgangsverfahren in Rede stehenden im Licht der in den Nrn. 2.105 bis 2.110 dieses Anhangs aufgestellten Kriterien als „Altersvorsorgeeinrichtungen“ eingestuft werden können. |
41 |
Insoweit lässt sich dem Wortlaut der Nrn. 2.105 bis 2.110 des Anhangs A der Verordnung Nr. 549/2013 entnehmen, dass die Tätigkeiten von Altersvorsorgeeinrichtungen folgende Kriterien erfüllen. |
42 |
Als Erstes geht aus den Nrn. 2.105 und 2.107 dieses Anhangs hervor, dass Altersvorsorgeeinrichtungen – die in ihrer Hauptfunktion als Folge der Zusammenfassung sozialer Risiken und Bedürfnisse der Versicherten finanzielle Mittlertätigkeiten ausüben – für die Versicherten Zahlungen nach dem Eintritt in den Ruhestand sicherstellen. Sie können auch Leistungen an die Versicherten bei Erwerbsunfähigkeit sowie Zahlungen nach dem Tod von Versicherten an deren Hinterbliebene gewährleisten. |
43 |
Als Zweites heißt es in Nr. 2.106 des Anhangs A der Verordnung Nr. 549/2013, dass Altersvorsorgeeinrichtungen – die getrennt von den sie schaffenden Einheiten sind – Entscheidungsfreiheit besitzen und über eine vollständige Rechnungsführung verfügen. |
44 |
Als Drittes wird in den Nrn. 2.107 und 2.108 dieses Anhangs, wie oben in Rn. 37 ausgeführt, klargestellt, dass Altersvorsorgeeinrichtungen im Gegensatz zu Lebensversicherungsgesellschaften von Gesetzes wegen auf spezifische Gruppen von Arbeitnehmern und Selbständigen wie u. a Personen, die der gleichen Berufsgruppe angehören, beschränkt sind. |
45 |
Als Viertes schließt Nr. 2.110 des Anhangs A der Verordnung Nr. 549/2013 die Sozialversicherung im Sinne der Nr. 2.117 dieses Anhangs vom Begriff der Altersvorsorgeeinrichtungen aus. Nach besagter Nr. 2.117 ist die Sozialversicherung – deren Haupttätigkeit in der Gewährung von Sozialleistungen besteht – dadurch gekennzeichnet, dass zum einen bestimmte Bevölkerungsgruppen gesetzlich zur Teilnahme an dem System oder zu Beitragszahlung verpflichtet sind und zum anderen der Staat die Beiträge und Leistungen festlegt, ohne dass es zwischen der Höhe der Beiträge und dem Einzelrisiko des Versicherten normalerweise einen unmittelbaren Zusammenhang gibt. |
46 |
Zum letztgenannten Punkt geht aus Nr. 20.39 des Anhangs A der Verordnung Nr. 549/2013, der zu Kapitel 20 („Die Konten des Sektors Staat“) dieses Anhangs gehört, hervor, dass ein Altersvorsorgesystem, selbst wenn es von einer staatlichen Einheit errichtet wurde, nicht als Sozialversicherungssystem behandelt werden kann und dem Teilsektor Pensionseinrichtungen/Altersvorsorgeeinrichtungen zuzuordnen ist, wenn es keine staatliche Garantie für die Höhe der Leistungen gibt und diese, da sie von der Ertragskraft der Vermögenswerte abhängt, ungewiss ist. |
47 |
Nach ständiger Rechtsprechung ist der Gerichtshof im Rahmen des Verfahrens nach Art. 267 AEUV, das auf einer klaren Aufgabentrennung zwischen den nationalen Gerichten und dem Gerichtshof beruht, nicht zur Auslegung des nationalen Rechts befugt. Vielmehr ist allein das nationale Gericht dafür zuständig, den Sachverhalt des Ausgangsrechtsstreits festzustellen und zu würdigen sowie die genaue Bedeutung der nationalen Rechts- oder Verwaltungsvorschriften zu bestimmen (Urteil vom 28. April 2022, SeGEC u. a.,C‑277/21, EU:C:2022:318, Rn. 21 und die dort angeführte Rechtsprechung). |
48 |
Der Gerichtshof, der dazu aufgerufen ist, dem vorlegenden Gericht zweckdienliche Antworten zu geben, ist jedoch befugt, dem nationalen Gericht auf der Grundlage der Akten des Ausgangsverfahrens und der vor ihm abgegebenen schriftlichen Erklärungen Hinweise zu geben, die diesem Gericht eine Entscheidung ermöglichen (Urteil vom 28. April 2022, SeGEC u. a.,C‑277/21, EU:C:2022:318, Rn. 22 und die dort angeführte Rechtsprechung). |
49 |
Im vorliegenden Fall ergibt sich aus den Erläuterungen des vorlegenden Gerichts, dass die Tätigkeiten der Versorgungseinrichtungen, um die es in den Ausgangsrechtsstreitigkeiten geht, folgende Merkmale aufweisen. |
50 |
Erstens steht fest, dass diese Versorgungseinrichtungen für ihre Mitglieder Leistungen bei Ruhestand, Tod und Erwerbsunfähigkeit sicherstellen. |
51 |
Zweitens geht aus den Angaben des vorlegenden Gerichts hervor, dass es sich bei den Versorgungsanstalten, um die es in der Rechtssache C‑758/22 geht, um Einrichtungen mit eigener Rechtspersönlichkeit, Selbstverwaltungsrecht und eigener Rechnungslegung handelt. Ebenfalls nach den Erläuterungen des vorlegenden Gerichts ist das Versorgungswerk, um das es in der Rechtssache C‑759/22 geht, obwohl es sich um eine teilrechtsfähige Einrichtung der Ärztekammer handelt, organisatorisch und wirtschaftlich verselbständigt sowie mit weitgehender Autonomie ausgestattet, besitzt eigenes Vermögen und verfügt über eine vollständige Rechnungsführung. Derartige Versorgungseinrichtungen, die selbstverwaltet sind und selbst Rechnung legen, erfüllen das oben in Rn. 43 angeführte Kriterium. |
52 |
Drittens ergibt sich aus den Angaben des vorlegenden Gerichts (siehe oben, Rn. 38) auch, dass die überwiegende Mehrheit der Mitglieder der Versorgungseinrichtungen, um die es in den Ausgangsverfahren geht, aufgrund der Ausübung einer bestimmten Berufstätigkeit einer gesetzlichen Pflichtmitgliedschaft unterliegt, wobei diese Versorgungseinrichtungen grundsätzlich nicht berechtigt sind, ihre Leistungen an andere Personen zu erbringen. Folglich scheinen solche Einrichtungen das oben in Rn. 44 angesprochene Kriterium zu erfüllen. |
53 |
Viertens geht aus den Vorlagebeschlüssen hervor, dass die Höhe der den Mitgliedern angebotenen Leistungen, die nicht staatlich garantiert ist, von der Höhe der entrichteten Beiträge und vom Erfolg der betreffenden Versorgungseinrichtung bei der Vermögensverwaltung abhängt. Im Übrigen legen die Versorgungseinrichtungen, um die es in den Ausgangsverfahren geht, nach den Ausführungen des vorlegenden Gerichts im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben die Höhe der von ihnen erhobenen Beiträge und die Höhe der von ihnen angebotenen Leistungen fest. Daher erfüllen solche Versorgungseinrichtungen die oben in den Rn. 45 und 46 genannten Kriterien, die eine Einordnung als Sozialversicherungssystem zugunsten der Einordnung als Altersvorsorgeeinrichtung ausschließen. |
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Daraus folgt, dass, wenn die Tätigkeiten der Versorgungseinrichtungen, um die es in den Ausgangsrechtsstreitigkeiten geht, tatsächlich die vorstehend in den Rn. 50 bis 53 aufgeführten Merkmale aufweisen, was festzustellen Sache des vorlegenden Gerichts ist, diese Einrichtungen dem Teilsektor „Altersvorsorgeeinrichtungen“ im Sinne des Anhangs A Nr. 2.105 der Verordnung Nr. 549/2013 zugeordnet werden können. |
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Nach alledem ist auf die Vorlagefragen zu antworten, dass die Bestimmungen des Anhangs A der Verordnung Nr. 549/2013 dahin auszulegen sind, dass Versorgungseinrichtungen, deren Tätigkeiten alle nachstehenden Merkmale aufweisen, unter den Begriff „Altersvorsorgeeinrichtungen“ im Sinne der Nr. 2.105 dieses Anhangs fallen und folglich grundsätzlich den in der Verordnung 2018/231 vorgesehenen statistischen Berichtspflichten unterliegen müssen:
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Kosten
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Für die Beteiligten der Ausgangsverfahren sind die Verfahren Teil der beim vorlegenden Gericht anhängigen Verfahren; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig. |
Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Fünfte Kammer) für Recht erkannt: |
Die Bestimmungen des Anhangs A der Verordnung (EU) Nr. 549/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Mai 2013 zum Europäischen System Volkswirtschaftlicher Gesamtrechnungen auf nationaler und regionaler Ebene in der Europäischen Union |
sind dahin auszulegen, dass |
Versorgungseinrichtungen, deren Tätigkeiten alle nachstehenden Merkmale aufweisen, unter den Begriff „Altersvorsorgeeinrichtungen“ im Sinne der Nr. 2.105 dieses Anhangs fallen und folglich grundsätzlich den statistischen Berichtspflichten unterliegen müssen, die in der Verordnung (EU) 2018/231 der Europäischen Zentralbank vom 26. Januar 2018 über die statistischen Berichtspflichten der Altersvorsorgeeinrichtungen vorgesehen sind: |
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Jarukaitis Regan Csehi Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 28. November 2024. Der Kanzler A. Calot Escobar Der Präsident K. Lenaerts |
( *1 ) Verfahrenssprache: Deutsch