URTEIL DES GERICHTSHOFS (Große Kammer)

30. April 2019 ( *1 )

„Nichtigkeitsklage – Gemeinsame Fischereipolitik – Erhaltung der Bestände – Internationale Konvention zur Erhaltung der Thunfischbestände im Atlantik – Zulässige Gesamtfangmenge (TAC) für Schwertfisch im Mittelmeer – Verordnung (EU) 2017/1398 – Festsetzung der Fangmöglichkeiten für das Jahr 2017 – Ausschließliche Zuständigkeit der Union – Festlegung des Referenzzeitraums – Verlässlichkeit der Grunddaten – Umfang der gerichtlichen Kontrolle – Art. 17 EUV – Wahrnehmung der Interessen der Union in internationalen Gremien – Grundsatz der relativen Stabilität – Tatbestandsmerkmale – Rückwirkungsverbot, Grundsätze der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes und Diskriminierungsverbot“

In der Rechtssache C‑611/17

betreffend eine Nichtigkeitsklage nach Art. 263 AEUV, eingereicht am 23. Oktober 2017,

Italienische Republik, vertreten durch G. Palmieri als Bevollmächtigte im Beistand von P. Gentili, avvocato dello Stato,

Klägerin,

gegen

Rat der Europäischen Union, vertreten durch F. Naert und E. Moro als Bevollmächtigte,

Beklagter,

unterstützt durch:

Königreich Spanien, zunächst vertreten durch V. Ester Casas, dann durch M. J. García-Valdecasas Dorrego als Bevollmächtigte,

Europäische Kommission, vertreten durch F. Moro und A. Stobiecka-Kuik als Bevollmächtigte,

Streithelfer,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Große Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten K. Lenaerts, der Vizepräsidentin R. Silva de Lapuerta, der Kammerpräsidenten J.‑C. Bonichot, A. Arabadjiev und E. Regan, der Kammerpräsidentin C. Toader (Berichterstatterin), des Kammerpräsidenten C. Lycourgos, der Richter E. Juhász, M. Ilešič, J. Malenovský, E. Levits, L. Bay Larsen, P. G. Xuereb und N. Piçarra sowie der Richterin L. S. Rossi,

Generalanwalt: G. Hogan,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne mündliche Verhandlung und ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

1

Mit ihrer Klage beantragt die Italienische Republik die Nichtigerklärung der Verordnung (EU) 2017/1398 des Rates vom 25. Juli 2017 zur Änderung der Verordnung (EU) 2017/127 hinsichtlich bestimmter Fangmöglichkeiten (ABl. 2017, L 199, S. 2, berichtigt im ABl. 2017, L 238, S. 55, im Folgenden: angefochtene Verordnung).

Rechtlicher Rahmen

ICCAT‑Konvention

2

Mit dem Beschluss 86/238/EWG des Rates vom 9. Juni 1986 (ABl. 1986, L 162, S. 33) ist die Europäische Union der Internationalen Konvention zur Erhaltung der Thunfischbestände im Atlantik in der Fassung des Protokolls zu der am 10. Juli 1984 in Paris unterzeichneten Schlussakte der Konferenz der Bevollmächtigten der Vertragsparteien der Konvention (im Folgenden: ICCAT-Konvention) beigetreten.

GFP-Verordnung

3

Die Erwägungsgründe 35 bis 37 der Verordnung (EU) Nr. 1380/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2013 über die Gemeinsame Fischereipolitik und zur Änderung der Verordnungen (EG) Nr. 1954/2003 und (EG) Nr. 1224/2009 des Rates sowie zur Aufhebung der Verordnungen (EG) Nr. 2371/2002 und (EG) Nr. 639/2004 des Rates und des Beschlusses 2004/585/EG des Rates (ABl. 2013, L 354, S. 22, im Folgenden: GFP-Verordnung) lauten:

„(35)

In Anbetracht der prekären Wirtschaftslage der Fangindustrie und der Abhängigkeit der Küstenbevölkerung in bestimmten Gebieten vom Fischfang muss die relative Stabilität der Fangtätigkeiten sichergestellt werden, indem die Fangmöglichkeiten so auf die Mitgliedstaaten aufgeteilt werden, dass für jeden Mitgliedstaat ein vorhersehbarer Anteil an den Beständen gewahrt bleibt.

(36)

Angesichts der wechselnden biologischen Lage der Bestände sollte diese relative Stabilität der Fangtätigkeiten Regionen schützen, in denen lokale Gemeinschaften besonders stark von der Fischerei und damit verbundenen Tätigkeiten abhängig sind, und dabei deren besondere Bedürfnisse in vollem Umfang berücksichtigen, wie der Rat in seiner Entschließung vom 3. November 1976 [über bestimmte externe Aspekte der Schaffung einer 200-Meilen-Fischereizone in der Gemeinschaft ab 1. Januar 1977 (ABl. 1981, C 105, S. 1)], insbesondere in Anhang VII, beschlossen hat.

(37)

Das Konzept der relativen Stabilität ist also in diesem Sinne zu verstehen.“

4

Art. 2 („Ziele“) der GFP-Verordnung bestimmt in den Abs. 1 und 2:

„(1)   Die [Gemeinsame Fischereipolitik (GFP)] stellt sicher, dass Fischerei- und Aquakulturtätigkeiten langfristig umweltverträglich sind und auf eine Art und Weise durchgeführt werden, die mit den Zielen der Erreichung eines wirtschaftlichen, sozialen und beschäftigungspolitischen Nutzens und eines Beitrags zum Nahrungsmittelangebot vereinbar ist.

(2)   Die GFP wendet bei der Bestandsbewirtschaftung den Vorsorgeansatz an und setzt sich bei der Nutzung der biologischen Meeresschätze das Ziel, die Populationen fischereilich genutzter Arten in einem Umfang wiederherzustellen und zu erhalten, der oberhalb des Niveaus liegt, das den höchstmöglichen Dauerertrag ermöglicht.“

5

Art. 16 („Fangmöglichkeiten“) Abs. 1 der Verordnung sieht vor:

„Die auf die Mitgliedstaaten aufgeteilten Fangmöglichkeiten stellen eine relative Stabilität der Fangtätigkeiten eines jeden Mitgliedstaats für jeden Fischbestand oder jede Fischerei sicher. Bei der Aufteilung neuer Fangmöglichkeiten werden die Interessen jedes einzelnen Mitgliedstaats berücksichtigt.“

Verordnung Nr. 2371/2002

6

Nach Art. 48 der GFP-Verordnung wurde die Verordnung (EG) Nr. 2371/2002 des Rates vom 20. Dezember 2002 über die Erhaltung und nachhaltige Nutzung der Fischereiressourcen im Rahmen der Gemeinsamen Fischereipolitik (ABl. 2002, L 358, S. 59) durch die GFP-Verordnung aufgehoben. Art. 20 („Aufteilung der Fangmöglichkeiten“) der Verordnung Nr. 2371/2002 sah vor:

„(1)   Der Rat entscheidet mit qualifizierter Mehrheit auf Vorschlag der Kommission über die Fang- und/oder Aufwandsbeschränkungen und über die Aufteilung der Fangmöglichkeiten auf die Mitgliedstaaten sowie über die mit diesen Beschränkungen zusammenhängenden Bedingungen. Die Fangmöglichkeiten werden in einer Weise auf die Mitgliedstaaten aufgeteilt, die jedem Mitgliedstaat eine relative Stabilität für jeden Bestand bzw. jede Fischerei garantiert.

(2)   Legt die Gemeinschaft neue Fangmöglichkeiten fest, so entscheidet der Rat unter Berücksichtigung der Interessen der einzelnen Mitgliedstaaten über die Aufteilung dieser Möglichkeiten.

…“

Verordnung 2017/127

7

Anhang I D („ICCAT‑Konventionsbereich“) der Verordnung (EU) 2017/127 des Rates vom 20. Januar 2017 zur Festsetzung der Fangmöglichkeiten für 2017 für bestimmte Fischbestände und Bestandsgruppen in den Unionsgewässern sowie für Fischereifahrzeuge der Union in bestimmten Nicht-Unionsgewässern (ABl. 2017, L 24, S. 1) bestimmte vor seiner Änderung durch die angefochtene Verordnung für den Fang von Schwertfisch im Mittelmeer, dass „[d]ie in der [Internationalen Kommission für die Erhaltung der Thunfischbestände im Atlantik] beschlossenen [zulässigen Gesamtfangmengen] für Schwertfisch im Mittelmeer … den Vertragsparteien, kooperierenden Nichtvertragsparteien, Rechtsträgern oder Rechtsträgern im Fischereisektor im Rahmen der ICCAT nicht zugewiesen [werden] und somit … ihr Unionsanteil nicht [feststeht]“. Darin war auch angegeben, dass die von der ICCAT festgesetzte TAC für diese Art jährlich 10500 Tonnen betragen sollte.

Angefochtene Verordnung

8

In den Erwägungsgründen 9 bis 12 der angefochtenen Verordnung heißt es:

„(9)

Auf ihrer Jahrestagung 2016 hat die [ICCAT] die Empfehlung 16‑05 (im Folgenden ‚Empfehlung 16‑05‘) angenommen, mit der die TAC für Schwertfisch im Mittelmeer (Xiphias gladius) auf 10500 Tonnen festgelegt und eine Arbeitsgruppe eingesetzt wurde, um eine faire und gerechte Aufteilung der TAC für Schwertfisch im Mittelmeer zu definieren und die Quoten für die Vertragsparteien, kooperierenden Nichtvertragsparteien, Rechtsträger oder Rechtsträger im Fischereisektor für 2017 sowie das Verfahren für die Verwaltung der TAC festzulegen.

(10)

Die Union hat mit einem an das ICCAT‑Sekretariat gerichteten Schreiben vom 23. Dezember 2016 bestätigt, dass sie die Empfehlung 16‑05 ab dem 1. Januar 2017 umsetzen wird. Die Union hat insbesondere bestätigt, dass sie die Schonzeit für Schwertfisch im Mittelmeer gemäß Absatz 11 der Empfehlung 16‑05 während des Zeitraums vom 1. Januar bis zum 31. März ab 2017 einrichten wird. Es ist daher angebracht, eine solche Schonzeit als Voraussetzung für die Festsetzung und Aufteilung von Fangmöglichkeiten für Schwertfisch im Mittelmeer einzuführen.

(11)

Die mit der Empfehlung 16‑05 eingesetzte Arbeitsgruppe tagte vom 20. bis 22. Februar 2017 und hat einen Verteilungsschlüssel sowie einen Kompromiss für die Verwaltung der Quoten für 2017 vorgeschlagen. Als Teil des Kompromisses wurde der Anteil der Union auf 70,756 % der ICCAT‑TAC festgelegt, was 7410,48 Tonnen im Jahr 2017 entspricht. Es ist daher angebracht, den Anteil der Union im Unionsrecht durchzuführen und die Quoten der Mitgliedstaaten festzusetzen. Die Aufteilung sollte auf der Grundlage der historischen Fangmengen während des Referenzzeitraums von 2012 bis 2015 geschehen.

(12)

Die in der Verordnung [2017/127] vorgesehenen Fangbeschränkungen gelten ab dem 1. Januar 2017. Die Bestimmungen, die durch diese Änderungsverordnung über Fangbeschränkungen festgelegt wurden, sollten daher auch ab diesem Tag gelten. Der Grundsatz der Rechtssicherheit und der Grundsatz des Schutzes legitimer Erwartungen werden durch diese rückwirkende Geltung nicht berührt, da die betreffenden Fangmöglichkeiten noch nicht ausgeschöpft wurden.“

9

Nach Art. 1 Nr. 2 dieser Verordnung wird Anhang I D der Verordnung 2017/127 u. a. dahin geändert, dass die Tabelle der Fangmöglichkeiten für Schwertfisch im Mittelmeer in diesem Anhang durch eine Tabelle ersetzt wird, die u. a. vorsieht, dass der der Union für das Jahr 2017 vorbehaltene Anteil an der TAC für diese Art 7410,48 Tonnen und die Quote für Italien 3736,26 Tonnen beträgt.

Vorgeschichte des Rechtsstreits

10

Bis Ende 2016 sahen die geltenden Empfehlungen der ICCAT für Schwertfisch im Mittelmeer nur technische Schutzmaßnahmen vor, ohne jemals eine TAC festzusetzen.

11

Nach Abschluss der Arbeiten der Jahrestagung der ICCAT vom November 2016 beschlossen die Vertragsparteien, kooperierenden Nichtvertragsparteien, Rechtsträger oder Rechtsträger im Fischereisektor im Rahmen der ICCAT-Konvention (im Folgenden: CPC) unter Berücksichtigung der aktuellsten wissenschaftlichen Bewertungen, die im Ständigen Ausschuss für Forschung und Statistik, einem der Organe der ICCAT, durchgeführt wurden, mit der Empfehlung 16-05 einen neuen Mehrjahresplan für die Bewirtschaftung und den Schutz des Bestands von Schwertfisch im Mittelmeer anzunehmen, indem sie ab dem Jahr 2017 eine auf 10500 Tonnen festgesetzte TAC einführten, die auf der Grundlage der historischen Fangmengen für die Jahre 2010 bis 2015 berechnet worden war.

12

Am 20. Februar 2017 wurden in Madrid (Spanien) internationale Verhandlungen aufgenommen, bei denen die Union durch die Generaldirektion Maritime Angelegenheiten und Fischerei der Kommission vertreten war. Diese Verhandlungen wurden mit der Entscheidung abgeschlossen, ein System für die Aufteilung der TAC vorzusehen, bei dem als Berechnungsgrundlage der Durchschnitt der Fangmengen von Schwertfisch im Mittelmeer in den Jahren 2010 bis 2014 zugrunde gelegt werden sollte. Nach Abschluss dieser Verhandlungen erhielt die Union für das Jahr 2017 eine Quote von 70,756 % an einer TAC von 10500 Tonnen.

13

Am 18. April 2017 wurde das schriftliche Verfahren auf elektronischem Weg, mit dem die CPC die Aufteilung dieser TAC förmlich billigten, abgeschlossen. Dadurch wurde die Zuweisung einer Fangquote für Schwertfisch im Mittelmeer von 7410,48 Tonnen an die Union für das Jahr 2017 formell bestätigt.

14

Am 18. Juli 2017 gab die Kommission den betreffenden Mitgliedstaaten bekannt, dass die Abstimmung infolge von Einwänden verfahrensrechtlicher Art für ungültig erklärt worden sei und daher eine neue Abstimmung organisiert werde.

15

Der Rat erließ die angefochtene Verordnung am 25. Juli 2017.

16

Am selben Tag gab das Sekretariat der ICCAT mit einem an die CPC gerichteten Rundschreiben offiziell bekannt, dass die ursprüngliche Abstimmung nicht gültig sei, und verschob die Festsetzung des Datums der neuen Abstimmung auf einen späteren Zeitpunkt. Mit einem Rundschreiben vom 7. August 2017 wurde dieser Zeitpunkt zunächst auf den 2. September festgesetzt und dann wegen Fehlens des erforderlichen Quorums auf den 2. Oktober verschoben.

17

Schließlich teilte das Sekretariat der ICCAT den CPC am 9. Oktober 2017 mit einem neuen Rundschreiben mit, dass das Quorum erreicht worden sei und deshalb die Vereinbarung über die Aufteilung der TAC, wie sie nach Abschluss der internationalen Verhandlungen in Madrid festgelegt worden sei, endgültig gebilligt worden sei.

Anträge der Parteien und Verfahren vor dem Gerichtshof

18

Die Italienische Republik beantragt,

die angefochtene Verordnung und insbesondere die Erwägungsgründe 9 bis 12, Art. 1 Nr. 2, soweit damit Anhang I D der Verordnung 2017/127 geändert wird, und Nr. 3 des Anhangs der angefochtenen Verordnung für nichtig zu erklären und

dem Rat die Kosten aufzuerlegen.

19

Der Rat beantragt,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise, für den Fall, dass die angefochtene Verordnung in Bezug auf Schwertfisch im Mittelmeer für nichtig erklärt wird, die Aufrechterhaltung der Wirkungen dieser Bestimmungen anzuordnen und

der Italienischen Republik die Kosten aufzuerlegen.

20

Mit Entscheidungen vom 26. Januar 2018 und 26. Februar 2018 sind das Königreich Spanien und die Kommission als Streithelfer zur Unterstützung der Anträge des Rates zugelassen worden.

21

Am 20. August 2018 hat die Italienische Republik gemäß Art. 16 Abs. 3 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union die Zuweisung der vorliegenden Rechtssache an die Große Kammer beantragt.

Zur Klage

Zum ersten Klagegrund: Verstoß gegen Art. 1 des Beschlusses 86/238

Vorbringen der Parteien

22

Nach Ansicht der Italienischen Republik ist die angefochtene Verordnung rechtswidrig, soweit sich der Rat für verpflichtet gehalten habe, sie zu erlassen, weil er an die im Rahmen der ICCAT getroffene Entscheidung über die Aufteilung der TAC für Schwertfisch im Mittelmeer auf die CPC gebunden sei. Eine solche Verpflichtung habe es zum Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Verordnung jedoch nicht gegeben, da die ICCAT im Juli 2017 die Abstimmung von April 2017, in der diese Aufteilung gebilligt worden war, aufgehoben hatte. Die Kommission habe hiervon gewusst, da sie dies den Mitgliedstaaten mit Schreiben vom 18. Juli 2017 mitgeteilt habe. Daraus ergebe sich, dass sich die Kommission in ihrem Vorschlag vom 3. Juli 2017 für eine Verordnung des Rates zur Änderung der Verordnung 2017/127 hinsichtlich bestimmter Fangmöglichkeiten (COM[2017] 356 final, im Folgenden: Verordnungsvorschlag) auf eine nicht bestehende internationale Verpflichtung beziehe, die den Rat daher nicht binden könne.

23

Durch den Erlass der angefochtenen Verordnung auf der Grundlage dieser falschen Prämisse habe der Rat gegen den Beschluss 86/238 und die internationalen Rechtsakte, auf die der Beschluss Bezug nehme, verstoßen. In Ermangelung einer ordnungsgemäß gebilligten Entscheidung der ICCAT sei die Union nämlich keineswegs verpflichtet gewesen, sich an noch im Billigungsverfahren befindliche Vorschläge zu halten. Im Übrigen beziehe sich der elfte Erwägungsgrund dieser Verordnung nicht auf eine von der ICCAT ordnungsgemäß gebilligte Aufteilung, sondern nur auf den Vorschlag für eine Aufteilung, der aus der Tagung der Arbeitsgruppe, die vom 20. bis 22. Februar 2017 stattgefunden habe, hervorgegangen sei.

24

Der Rat macht geltend, es gebe im Rahmen der ICCAT zwischen den CPC sehr wohl eine Übereinkunft über die Aufteilung der TAC für Schwertfisch im Mittelmeer. Auch wenn die förmliche Annahme dieser Übereinkunft letztlich erst im Oktober 2017 erfolgt sei, weise nichts darauf hin, dass dieser Aufschub inhaltliche Auswirkungen auf die Aufteilung gehabt habe, zumal die abschließende Entscheidung der ICCAT die gleiche Aufteilung übernommen habe. Hätte der Rat diese förmliche Übereinkunft im Rahmen der ICCAT abgewartet, um die Fangmöglichkeiten, auf die sich die angefochtene Verordnung beziehe, festzulegen, hätten sich alle Fischer in der Union in einer Situation der Unsicherheit befunden, die bis Ende 2017 hätte dauern können. Er habe sich somit auf diese Aufteilung schon vor ihrer förmlichen Annahme durch die ICCAT und vor der Bindung der Union an die Entscheidung der ICCAT stützen dürfen.

25

Der Rat weist außerdem darauf hin und das Königreich Spanien stimmt ihm in diesem Punkt in seinem Streithilfeschriftsatz zu, dass die Union nur dann gegen ihre Verpflichtungen aus der ICCAT-Konvention und dem Beschluss 86/238 verstoßen hätte, wenn sie Fangmöglichkeiten festgelegt hätte, die über die ihr von der ICCAT gewährten hinausgegangen wären, was nicht der Fall gewesen sei.

Würdigung durch den Gerichtshof

26

Vorab ist darauf hinzuweisen, dass die Union nach Art. 3 Abs. 1 Buchst. d AEUV eine ausschließliche Zuständigkeit für die „Erhaltung der biologischen Meeresschätze im Rahmen der gemeinsamen Fischereipolitik“ hat.

27

Zudem verfügt der Unionsgesetzgeber im Bereich der Fischerei über ein weites Ermessen, das seiner politischen Verantwortung, die ihm die Art. 40 bis 43 AEUV übertragen, entspricht. Folglich hat sich die Kontrolle durch den Unionsrichter auf die Prüfung der Frage zu beschränken, ob die betreffende Maßnahme nicht mit einem offensichtlichen Irrtum oder einem Ermessensmissbrauch behaftet ist oder ob der Unionsgesetzgeber die Grenzen seines Ermessens nicht offensichtlich überschritten hat. Die Rechtmäßigkeit einer in diesem Bereich erlassenen Maßnahme kann nämlich nur dann beeinträchtigt sein, wenn diese Maßnahme zur Erreichung des Ziels, das der Unionsgesetzgeber verfolgt, offensichtlich ungeeignet ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 17. März 2011, AJD Tuna, C‑221/09, EU:C:2011:153‚ Rn. 80 und 81 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

28

Insoweit lässt sich nicht geltend machen, der Rat habe sich wegen einer im Rahmen der ICCAT getroffenen rechtsverbindlichen Entscheidung für verpflichtet gehalten, die angefochtene Verordnung zu erlassen, da im elften Erwägungsgrund dieser Verordnung nicht auf eine solche Entscheidung Bezug genommen wird, sondern nur, wie die Italienische Republik im Übrigen selbst ausführt, auf den Vorschlag für eine Aufteilung, der aus der Tagung der Arbeitsgruppe vom 20. bis 22. Februar 2017 hervorgegangen ist. Somit ergibt sich aus diesem Erwägungsgrund, dass der Rat dem förmlichen Erlass der Entscheidung der ICCAT über die Aufteilung der TAC auf die CPC zuvorkommen wollte.

29

Jedenfalls war es in Anbetracht des Umstands, dass der von der angefochtenen Verordnung geregelte Bereich in eine ausschließliche Zuständigkeit der Union fällt und dass der Unionsgesetzgeber in diesem Bereich über ein weites Ermessen verfügt, nicht erforderlich, dass der Rat den förmlichen Erlass einer rechtsverbindlichen Entscheidung der ICCAT abwartete, bevor er den Mitgliedstaaten Fangquoten zuwies. Da nämlich die Festlegung dieser Quoten in seine Zuständigkeit fällt, kann er sie beschließen.

30

Auch wenn feststeht, dass am Tag des Erlasses der angefochtenen Verordnung keine Entscheidung der ICCAT vorlag, konnte dies folglich den Rat nicht daran hindern, in einem Bereich, in dem er über ein weites Ermessen verfügt, die Maßnahmen zu treffen, die er zur Erreichung der Ziele der GFP für unerlässlich hielt (vgl. entsprechend Urteil vom 11. Januar 2017, Spanien/Rat, C‑128/15, EU:C:2017:3‚ Rn. 50 und die dort angeführte Rechtsprechung).

31

Jedenfalls hätte der Rat, wie der Rat und das Königreich Spanien zu Recht anmerken, nur dann gegen die Verpflichtungen aus dem Beschluss 86/238 verstoßen, wenn er Fangmöglichkeiten festgelegt hätte, die über die der Union von der ICCAT zugewiesenen hinausgegangen wären, was hier nicht der Fall ist.

32

Somit ist der erste Klagegrund der Italienischen Republik als unbegründet zurückzuweisen.

Zum zweiten und zum fünften Klagegrund: Begründungsmangel der angefochtenen Verordnung

Vorbringen der Parteien

33

Mit diesen Klagegründen, die zusammen zu prüfen sind, macht die Italienische Republik geltend, dass, wenn davon auszugehen wäre, dass der Rat die angefochtene Verordnung nicht erlassen habe, weil er dazu verpflichtet gewesen sei, sondern aus eigener Zuständigkeit, diese einen Begründungsmangel aufweise.

34

Hierzu trägt dieser Mitgliedstaat erstens vor, dass der Rat wegen des Grundsatzes der relativen Stabilität die Beeinträchtigung der Interessen der Fischer in der Union in angemessener Weise hätte begründen müssen, die dadurch entstanden sei, dass er für die Union einen Anteil von 70,756 % an der im Rahmen der ICCAT beschlossenen TAC akzeptiert habe, während für die Jahre 2010 bis 2014 die Fangmengen für Schwertfisch im Mittelmeer, die allen diesen Fischern hätten zugeteilt werden können, mindestens 75 % der historischen Fangmengen erreicht hätten. Die angefochtene Verordnung enthalte jedoch insoweit keinerlei Begründung. Deren elfter Erwägungsgrund stelle lediglich klar, dass es angebracht sei, „den Anteil der Union im Unionsrecht durchzuführen und die Quoten der Mitgliedstaaten festzusetzen“.

35

Zweitens habe sich die ICCAT bei der Festsetzung der TAC des Jahres 2017 für Schwertfisch im Mittelmeer auf 10500 Tonnen zwar auf die historischen Fangmengen dieser Art in den Jahren 2010 bis 2014 gestützt, doch hätte der Rat entsprechend seinem erklärten Willen, die Entscheidungen der ICCAT in das Unionsrecht umzusetzen, die Aufteilung des auf die Union entfallenden Anteils an dieser TAC, nämlich 7410,48 Tonnen, auf die Mitgliedstaaten anhand der historischen Fangmengen, die von den Mitgliedstaaten in diesen Jahren erreicht worden seien, festlegen müssen. Die angefochtene Verordnung sei daher, soweit es in ihrem elften Erwägungsgrund heiße, dass der Referenzzeitraum aus den Jahren 2012 bis 2015 bestehe, mit einem Begründungsmangel behaftet.

36

Drittens werde in der angefochtenen Verordnung nicht erklärt, weshalb nur der herangezogene Referenzzeitraum vom Unionsgesetzgeber als „verlässlich“ erachtet worden sei, während bei den Gesprächen im Rahmen der ICCAT der berücksichtigte Zeitraum mit Einverständnis der Kommission aus den Jahren 2010 bis 2014 bestanden habe.

37

Der Rat ist der Ansicht, dass das Vorbringen der Italienischen Republik zur Stützung ihres zweiten und ihres fünften Klagegrundes keinen Begründungsmangel der angefochtenen Verordnung darlege, sondern diese teilweise in der Sache beanstande. Insoweit sei dieses Vorbringen für ins Leere gehend zu erklären. Jedenfalls lasse sich der Klageschrift und ihren Anlagen klar entnehmen, dass die Italienische Republik über alle Gespräche, die dazu geführt hätten, dass der Union für das Jahr 2017 ein Anteil von 7410,48 Tonnen an einer TAC von 10500 Tonnen für Schwertfisch im Mittelmeer zugeteilt worden sei und dieser Anteil dann auf die Mitgliedstaaten aufgeteilt worden sei, umfassend informiert gewesen sei und ihr die Gründe für diese Zuteilung und Aufteilung bekannt gewesen seien.

38

Das Königreich Spanien führt aus, die Italienische Republik könne zwar die Zuweisung des Anteils an dieser TAC an die Union ablehnen, da sich daraus eine Verringerung der Fangmöglichkeiten für die Union insgesamt und ein Schaden für die Italienische Republik im Besonderen ergebe. Doch könne sie sich nicht mit Erfolg darauf berufen, dass diese Entscheidung der ICCAT nicht begründet sei, da ihre Prämissen in den Erwägungsgründen der angefochtenen Verordnung erwähnt seien.

Würdigung durch den Gerichtshof

39

Mit dem zweiten und dem fünften Klagegrund macht die Italienische Republik geltend, die angefochtene Verordnung leide an einem Begründungsmangel, da der Rat darin zum einen nicht dargelegt habe, weshalb er sich damit einverstanden erklärt habe, dass die Fangmöglichkeiten der Union auf 7410,48 Tonnen einer TAC von 10500 Tonnen für Schwertfisch im Mittelmeer begrenzt worden seien, obwohl diese TAC von der ICCAT unter Bezugnahme auf den Zeitraum 2010 bis 2014 festgesetzt worden sei und der Prozentsatz der den Fischern in der Union in diesem Zeitraum zugeteilten Fangmengen von Schwertfisch im Mittelmeer höher gewesen sei, und zum anderen, da in der genannten Verordnung nicht speziell erläutert werde, warum der den Mitgliedstaaten zugewiesene Anteil an diesen 7410,48 Tonnen auf der Grundlage der Fangquoten für den Zeitraum 2012 bis 2015 festgesetzt worden sei, wodurch für die Italienische Republik ein erheblicher Schaden entstanden sei.

40

Erstens muss nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs die nach Art. 296 Abs. 2 AEUV vorgeschriebene Begründung der Natur des betreffenden Rechtsakts angepasst sein und die Überlegungen des Organs, das den Rechtsakt erlassen hat, so klar und eindeutig zum Ausdruck bringen, dass die Betroffenen ihr die Gründe für die erlassene Maßnahme entnehmen können und das zuständige Gericht seine Kontrollaufgabe wahrnehmen kann. In der Begründung brauchen nicht alle tatsächlich oder rechtlich einschlägigen Gesichtspunkte genannt zu werden, da die Frage, ob die Begründung eines Rechtsakts den Erfordernissen des Art. 296 Abs. 2 AEUV genügt, nicht nur anhand seines Wortlauts zu beurteilen ist, sondern auch anhand seines Kontexts sowie sämtlicher Rechtsvorschriften auf dem betreffenden Gebiet (Urteil vom 17. März 2011, AJD Tuna, C‑221/09, EU:C:2011:153, Rn. 58 und die dort angeführte Rechtsprechung).

41

Dies gilt erst recht, wenn die Mitgliedstaaten eng am Entstehungsprozess des streitigen Rechtsakts beteiligt waren und daher wissen, auf welchen Gründen er beruht (Urteil vom 25. Oktober 2001, Italien/Rat, C‑120/99, EU:C:2001:567, Rn. 29 und die dort angeführte Rechtsprechung).

42

Folglich hängt der Umfang der Begründungspflicht von der Rechtsnatur der betreffenden Maßnahme ab; bei generellen Rechtsakten kann sich die Begründung darauf beschränken, die Gesamtlage anzugeben, die zum Erlass der Maßnahme geführt hat, und die allgemeinen Ziele zu bezeichnen, die mit ihr erreicht werden sollen. In diesem Zusammenhang hat der Gerichtshof insbesondere festgestellt, dass es, wenn der angefochtene Rechtsakt den von dem Unionsorgan verfolgten Zweck in seinen wesentlichen Zügen erkennen lässt, zu weit ginge, eine besondere Begründung für die einzelnen technischen Entscheidungen zu verlangen (Urteil vom 22. November 2018, Swedish Match, C‑151/17, EU:C:2018:938, Rn. 79 und die dort angeführte Rechtsprechung).

43

Im vorliegenden Fall ist zum einen hervorzuheben, dass die Erwägungsgründe 9 bis 11 der angefochtenen Verordnung den Kontext wiedergeben, in dem die Zuweisung der TAC an die Union und deren Aufteilung auf die Mitgliedstaaten beschlossen wurden, indem darin ausdrücklich auf die Arbeiten innerhalb der Arbeitsgruppe der ICCAT zur Definition einer fairen und gerechten Aufteilung der TAC für Schwertfisch im Mittelmeer sowie auf die Verpflichtung der Union hingewiesen wird, das Ergebnis des Kompromisses anzuwenden, der im Rahmen der ICCAT hinsichtlich der Aufteilung für das Jahr 2017 gefunden wurde.

44

Zum anderen war die Italienische Republik, wie aus ihren Verfahrensschriftsätzen hervorgeht, eng am Entscheidungsprozess für die Festsetzung und Zuweisung der TAC von 7410,48 Tonnen für Schwertfisch im Mittelmeer sowohl im Rahmen der ICCAT als auch, was die Aufteilung dieser Mengen auf die Mitgliedstaaten betrifft, innerhalb der Union beteiligt. In den verschiedenen Etappen dieses Prozesses, insbesondere von Februar bis April 2017, hatte die italienische Delegation außerdem Gelegenheit, ihre Bedenken gegen die Wahl der geplanten Verteilungsschlüssel zu äußern.

45

Was die Diskussionen im Rahmen der ICCAT angeht, lässt sich, wie in Rn. 12 des vorliegenden Urteils ausgeführt, dem Zuteilungssystem für die TAC, das aus den im Jahr 2017 in Madrid (Spanien) geführten Verhandlungen innerhalb einer Arbeitsgruppe hervorgegangen ist, die dem Fang von Schwertfisch im Mittelmeer gewidmet war, entnehmen, dass die Italienische Republik wusste, dass die Mengen, die sich aus den Verhandlungen mit den anderen CPC ergaben, sehr nahe an den Mengen waren, die dem historischen Fangvolumen der Fischer in der Union für Schwertfisch im Mittelmeer entsprachen, und dass die Abweichungen zu diesen historischen Statistiken um wenige Punkte auf andere von der ICCAT herangezogene Kriterien zurückzuführen waren, darunter z. B. die Anstrengungen, die von den CPC in der Vergangenheit unternommen worden waren, um den Fischfang zu organisieren, wie die Anwendung strengerer Regeln als von der ICCAT gefordert in bestimmten Fällen, sowie sozioökonomische Erwägungen.

46

Was die Aufteilung des der Union zustehenden Anteils an dieser TAC auf die Mitgliedstaaten anbelangt, kannte die Italienische Republik dafür sowohl die Gründe als auch die Methode. So geht insbesondere in Bezug auf den Ausschluss der Jahre 2010 und 2011 aus dem Referenzzeitraum aus der Klageschrift selbst hervor, dass die Italienische Republik über die Diskussionen zu den Einwänden gegen die Zahlen für diesen Zeitraum, weil diese wegen Indizien für illegale Fänge nicht als verlässlich angesehen wurden, informiert war und dass sie sich in einem Schreiben an die Kommission von April 2017 dagegen ausgesprochen hat.

47

Unter diesen Umständen kann die Italienische Republik nicht behaupten, die Gründe für die Entscheidungsprozesse und damit für den Erlass der angefochtenen Verordnung nicht zu kennen.

48

Da es sich zweitens nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs bei der Begründungspflicht nach Art. 296 Abs. 2 AEUV um ein wesentliches Formerfordernis handelt, das von der Stichhaltigkeit der Begründung zu unterscheiden ist, die zur materiellen Rechtmäßigkeit des streitigen Rechtsakts gehört (Urteil vom 17. März 2011, AJD Tuna, C‑221/09, EU:C:2011:153‚ Rn. 60 und die dort angeführte Rechtsprechung), und da einige der von der Italienischen Republik zur Stützung des zweiten und des fünften Klagegrundes vorgebrachten Argumente nicht darauf abzielen, die Begründung der angefochtenen Verordnung in Frage zu stellen, sondern vielmehr die sachliche Richtigkeit der Wahl des Referenzzeitraums, werden diese Argumente im Rahmen des sechsten Klagegrundes geprüft.

49

Folglich greifen der zweite und der fünfte Klagegrund nicht durch.

Zum sechsten Klagegrund: Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und fehlerhafte Tatsachenwürdigung

Vorbringen der Parteien

50

Die Italienische Republik macht geltend, für den Fall, dass die im elften Erwägungsgrund der angefochtenen Verordnung angeführte Entscheidung des Unionsgesetzgebers, für die Aufteilung der Fangmöglichkeiten für Schwertfisch im Mittelmeer auf die betreffenden Mitgliedstaaten einen Referenzzeitraum aus den Jahren 2012 bis 2015 zugrunde zu legen, damit begründet werde, dass die Daten über die in diesen Jahren erfolgten Fänge dieser Art in Bezug auf Italien verworfen worden seien, verstoße diese Entscheidung zum einen offensichtlich gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Es erscheine zwar legitim, die Aufteilung der Quote auf die Mitgliedstaaten auf verlässliche historische Fangdaten zu stützen, soweit sie auf „zulässige“ Fänge beschränkt seien, doch sei der vollständige Ausschluss zweier Jahre aus dem Referenzzeitraum unverhältnismäßig, da dies auf einen Ausschluss sämtlicher zulässiger Fänge in diesem Zeitraum hinauslaufe. Zum anderen sei die Prämisse selbst, dass die Daten für die Jahre 2010 und 2011 verzerrt seien, weil sie sowohl die rechtmäßigen als auch die rechtswidrigen Fänge erfassten, sachlich falsch, da diese Daten sowohl von der Kommission als auch von der ICCAT akzeptiert worden seien.

51

Der Rat macht geltend, mangels einer Verpflichtung, einen bestimmten Zeitraum zu berücksichtigen, und da der Ausschluss der Jahre 2010 und 2011 für alle betreffenden Mitgliedstaaten gelte, stelle sich für diese Jahre die Frage nach der Verhältnismäßigkeit nicht. Auch sei es schwierig, den zulässigen Teil und den unzulässigen Teil der in diesen Jahren erfolgten Fänge von Schwertfisch im Mittelmeer zu bestimmen. Ferner dürfte, eine gewisse Stabilität in den Fängen unterstellt, der zulässige Teil der Fänge in den Jahren 2010 und 2011 nicht grundlegend anders ausgefallen sein als die zulässigen Fänge in folgenden Jahren. Da aber die folgenden Jahre berücksichtigt worden seien, dürfte das Ergebnis nicht grundlegend anders ausfallen. Eine Verletzung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes sei somit nicht gegeben.

52

Im Übrigen habe der Gerichtshof im Urteil vom 29. Oktober 2009, Kommission/Italien (C‑249/08, nicht veröffentlicht, EU:C:2009:672), entschieden, dass die Italienische Republik u. a. dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus dem Unionsrecht verstoßen habe, dass sie keine ausreichenden Vorkehrungen für eine Kontrolle, Inspektion und Überwachung der Ausübung der Fischerei getroffen habe, insbesondere in Bezug auf die Einhaltung der Vorschriften über die Mitführung und Verwendung von Treibnetzen, und dass sie nicht ausreichend dafür Sorge getragen habe, dass geeignete Maßnahmen gegen die Urheber von Verstößen gegen die Unionsregelung über die Mitführung und Verwendung von Treibnetzen getroffen würden. Trotz dieses Urteils lägen genaue und übereinstimmende Indizien dafür vor, dass diese Versäumnisse in den Jahren 2010 und 2011 fortbestanden hätten.

53

Das Königreich Spanien weist darauf hin, dass der Umstand, dass die ICCAT für die Zuweisung des Anteils an der TAC, der der Union für Schwertfisch im Mittelmeer zustehe, auf die Jahre 2010 bis 2014 als Referenzzeitraum abgestellt habe, den Rat nicht verpflichtet habe, für die Aufteilung der Quoten auf die Mitgliedstaaten denselben Zeitraum zugrunde zu legen. Außerdem verschweige die Italienische Republik, dass in den Jahren 2010 und 2011 eine Zunahme des Fangs von Schwertfisch im Mittelmeer in ihren Hoheitsgewässern beobachtet worden sei, die auf die Verwendung illegaler Vorrichtungen wie Treibnetze zurückzuführen gewesen sei, was die Kommission zur Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens und später zur Übersendung eines Aufforderungsschreibens an diesen Mitgliedstaat aus diesem Grund für diese Jahre veranlasst habe.

Würdigung durch den Gerichtshof

54

Mit ihrem sechsten Klagegrund wirft die Italienische Republik dem Rat vor, dadurch gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoßen und die Tatsachen falsch gewürdigt zu haben, dass er als Berechnungsgrundlage für die Aufteilung der der Union für das Jahr 2017 zugewiesenen TAC auf die Mitgliedstaaten die historischen Fangmengen von Schwertfisch im Mittelmeer in einem Referenzzeitraum von 2012 bis 2015 mit Ausnahme der Jahre 2010 und 2011 herangezogen habe.

55

Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, der zu den allgemeinen Grundsätzen des Unionsrechts gehört, die Handlungen der Unionsorgane nicht die Grenzen dessen überschreiten dürfen, was zur Erreichung der mit der betreffenden Regelung zulässigerweise verfolgten Ziele geeignet und erforderlich ist, wobei zu beachten ist, dass, wenn mehrere geeignete Maßnahmen zur Auswahl stehen, die am wenigsten belastende zu wählen ist und dass die verursachten Nachteile gegenüber den angestrebten Zielen nicht unangemessen sein dürfen (Urteil vom 11. Januar 2017, Spanien/Rat, C‑128/15, EU:C:2017:3, Rn. 71 und die dort angeführte Rechtsprechung).

56

Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs zur gerichtlichen Kontrolle der Voraussetzungen, unter denen dieser Grundsatz angewandt wurde, kann aufgrund des weiten Ermessens, über das der Unionsgesetzgeber im Bereich der GFP verfügt, die Rechtmäßigkeit einer in diesem Bereich erlassenen Maßnahme nur dann beeinträchtigt sein, wenn diese Maßnahme zur Erreichung des vom zuständigen Organ verfolgten Ziels offensichtlich ungeeignet ist. Es geht somit nicht darum, ob die vom Gesetzgeber erlassene Maßnahme die einzig mögliche oder die bestmögliche Maßnahme war, sondern darum, ob sie offensichtlich ungeeignet war (Urteile vom 23. März 2006, Unitymark und North Sea Fishermen’s Organisation, C‑535/03, EU:C:2006:193‚ Rn. 57 und 58 sowie die dort angeführte Rechtsprechung, und vom 11. Januar 2017, Spanien/Rat, C‑128/15, EU:C:2017:3‚ Rn. 72 und die dort angeführte Rechtsprechung).

57

Der Gerichtshof hat außerdem bereits entschieden, dass der Rat, wenn er die TAC festlegt und die Fangmöglichkeiten auf die Mitgliedstaaten aufteilt, einen komplexen wirtschaftlichen Sachverhalt zu beurteilen hat, wofür er über ein weites Ermessen verfügt. In einem solchen Fall bezieht sich das Ermessen, über das der Rat verfügt, nicht ausschließlich auf die Art und die Reichweite der zu erlassenden Bestimmungen, sondern in gewissem Maß auch auf die Feststellung von Grunddaten. Der Richter muss sich bei der Kontrolle einer solchen Ermessensausübung auf die Prüfung der Frage beschränken, ob dieses Ermessen nicht offensichtlich fehlerhaft ausgeübt oder missbraucht worden ist oder ob die betreffende Behörde die Grenzen ihres Ermessens nicht offensichtlich überschritten hat (Urteil vom 11. Januar 2017, Spanien/Rat, C‑128/15, EU:C:2017:3, Rn. 46 und die dort angeführte Rechtsprechung).

58

Im vorliegenden Fall verpflichtete in Anbetracht dieses weiten Ermessens der Umstand, dass die ICCAT die Jahre 2010 bis 2014 als Referenzzeitraum für die Zuweisung des der Union zustehenden Anteils an der TAC für Schwertfisch im Mittelmeer herangezogen hatte, den Rat nicht dazu, für die Aufteilung der Quoten auf die betreffenden Mitgliedstaaten denselben Zeitraum zugrunde zu legen.

59

Im Übrigen ist unstreitig, dass der Gerichtshof im Urteil vom 29. Oktober 2009, Kommission/Italien (C‑249/08, nicht veröffentlicht, EU:C:2009:672), bereits festgestellt hat, dass die Italienische Republik in der Zeit von 1993 bis 2005 in ihrem Hoheitsgebiet und in den ihrer Hoheitsgewalt oder Gerichtsbarkeit unterliegenden Gewässern im Wesentlichen keine ausreichenden Vorkehrungen für eine Kontrolle, Inspektion und Überwachung der Ausübung der Fischerei getroffen hatte, insbesondere in Bezug auf die Einhaltung der Vorschriften über die Mitführung und Verwendung von Treibnetzen, und dass sie nicht ausreichend dafür Sorge getragen hatte, dass geeignete Maßnahmen gegen die Urheber von Verstößen gegen die Unionsregelung über die Mitführung und Verwendung von Treibnetzen getroffen wurden, insbesondere durch Verhängung von abschreckenden Sanktionen gegen diese Personen. Zur Überprüfung, ob die Italienische Republik diesem Urteil nachgekommen ist, führte die Kommission zusätzliche Kontrollen der Fänge der Jahre 2010 und 2011 durch. Daraus ergab sich, dass die in dem genannten Urteil festgestellten Verstöße in der Zeit nach der Verkündung des Urteils fortbestanden. Auf der Grundlage dieser Kontrollen leitete die Kommission im Jahr 2011 ein neues Vertragsverletzungsverfahren gemäß Art. 260 Abs. 2 AEUV ein, in dem es u. a. zur Versendung eines Aufforderungsschreibens an die Italienische Republik im September 2011 kam. Außerdem ergibt sich aus den dem Gerichtshof vorgelegten Akten, dass die Kommission in den Jahren 2012 und 2013 neue Vor-Ort-Kontrollen durchführte, um die Einhaltung der Zusicherungen zu überprüfen, die dieser Mitgliedstaat in dem Vertragsverletzungsverfahren hinsichtlich der Verbesserungen bei der Überwachung und Kontrolle der Einhaltung der Vorschriften über die Verwendung und Mitführung von Treibnetzen gegeben hatte. Diese Kontrollen lieferten jedoch keine Hinweise für einen erneuten Verstoß gegen diese Vorschriften, so dass das Verfahren im Jahr 2014 eingestellt wurde.

60

Demnach geht aus dem in der vorstehenden Randnummer angeführten Kontext mittelbar hervor, dass der Rat, ohne das weite Ermessen, über das er in diesem Bereich verfügt, zu überschreiten, und trotz des Umstands, dass der Gerichtshof nicht gemäß Art. 260 Abs. 2 AEUV festgestellt hat, dass die Italienische Republik in den Jahren 2010 und 2011 nicht die Maßnahmen ergriffen hatte, die sich aus dem Urteil vom 29. Oktober 2009, Kommission/Italien (C‑249/08, nicht veröffentlicht, EU:C:2009:672), ergaben, berechtigt war, davon auszugehen, dass Indizien für Unregelmäßigkeiten die Fangdaten für diese Jahre belasteten, und daher zu beschließen, diese Daten nicht zu berücksichtigen, um die der Union für das Jahr 2017 zugeteilte TAC auf die Mitgliedstaaten aufzuteilen.

61

Im Übrigen können die Rügen, die sich auf den Ausschluss der Jahre 2010 und 2011 beziehen, für sich allein nicht die Rechtmäßigkeit der Entscheidung des Rates zugunsten des Zeitraums von 2012 bis 2015 in Frage stellen, da die Italienische Republik nichts dafür vorgetragen hat, dass dieser Zeitraum als solcher für die Aufteilung der Quoten zwischen den betreffenden Mitgliedstaaten offensichtlich ungeeignet war.

62

Somit kann der vom Rat gewählte Referenzzeitraum für die Aufteilung des der Union für das Jahr 2017 zugewiesenen Anteils an der TAC auf die Mitgliedstaaten nicht als offensichtlich ungeeignet angesehen werden.

63

Nach alledem ist der sechste Klagegrund als unbegründet zurückzuweisen.

Zum dritten und zum achten Klagegrund: Verstoß gegen Art. 17 EUV und Art. 16 der GFP-Verordnung sowie gegen den Grundsatz der guten Verwaltung

Vorbringen der Parteien

64

Mit diesen Klagegründen, die zusammen zu prüfen sind, vertritt die Italienische Republik erstens die Ansicht, dass die angefochtene Verordnung gegen Art. 17 EUV verstoße. Diese Verordnung verkenne nämlich das gemeinsame Interesse der Union, da sowohl die Kommission als auch der Rat einen „Kompromiss“ im Rahmen der ICCAT geltend machten, aber nicht erläuterten, welchen Vorteil die Union davon habe, die drastische Verringerung ihrer Fangmöglichkeiten für Schwertfisch im Mittelmeer akzeptiert zu haben. Ein Kompromiss setze aber zwangsläufig voraus, dass auf einen Vorteil verzichtet werde, um einen anderen Vorteil in einem anderen Bereich zu erhalten. Im vorliegenden Fall beruhe die Verordnung nicht auf einem Kompromiss, sondern auf der einseitigen Preisgabe der Interessen der Union.

65

Zweitens macht die Italienische Republik geltend, dass der in Art. 16 der GFP-Verordnung erwähnte und in den Erwägungsgründen 35 bis 37 dieser Verordnung definierte spezifische Grundsatz der relativen Stabilität unter den Umständen des vorliegenden Falles anwendbar sei. Aus diesem Grundsatz ergebe sich, dass bei der Festlegung einer Quote zum Schutz einer Fischart und der künftigen Fangmöglichkeiten die allgemein prekäre wirtschaftliche Situation zu berücksichtigen sei, in der sich die besonders vom Fang dieser Art abhängigen Gemeinschaften befänden. Zu diesem Zweck sei ein Gleichgewicht zwischen der Notwendigkeit, die Fischerei dieser Art zu begrenzen, um die Wiederauffüllung des Bestands zu fördern, und den sozioökonomischen Problemen zu suchen, die diese Beschränkungen mit sich bringen könnten, was im vorliegenden Fall in Bezug auf den Schwertfisch im Mittelmeer völlig gefehlt habe. Darüber hinaus seien die Fischer, da gleichzeitig der jedem Mitgliedstaat zugewiesene historische Anteil verringert sowie die TAC von 10500 Tonnen und eine neue verbindliche Quote eingeführt worden seien, jeder Möglichkeit beraubt worden, ihre Produktion über diese Obergrenze hinaus zu erhöhen, so dass es für die Fangindustrie der Union unbedingt erforderlich gewesen wäre, zumindest die zuvor erzielte Quote beizubehalten.

66

Drittens sei der Grundsatz der guten Verwaltung verletzt worden, da eine so nachteilige Maßnahme wie die angefochtene Verordnung nicht hätte erlassen werden dürfen, ohne dass eine strenge technische Bewertung gezeigt hätte, dass allein die Wahl der Jahre 2012 bis 2015 als Referenzzeitraum es ermöglicht habe, die Aufteilung des der Union zugewiesenen Anteils an der TAC auf der Grundlage verlässlicher Daten festzulegen, und dass daher der daraus für die Italienische Republik entstandene Schaden unvermeidbar gewesen sei.

67

Nach Ansicht des Rates ist es erstens zwar richtig, dass es im Interesse der Union liege, wenn nur die während des Referenzzeitraums erzielten Fangmengen unabhängig von der Rechtmäßigkeit dieser Fänge oder anderer relevanter Faktoren berücksichtigt würden, doch habe die Arbeitsgruppe der ICCAT außerdem noch weitere Umstände herangezogen. So werde im von der ICCAT erlassenen Wiederauffüllungsplan ausdrücklich auf die sozioökonomischen Folgen Bezug genommen. Auch sei zu beachten, dass eine Wiederauffüllung des Bestands von Schwertfisch im Mittelmeer das beste Mittel sei, um eine nachhaltige und rentable Fischerei für die Zukunft zu gewährleisten.

68

Zweitens vertritt der Rat wie auch das Königreich Spanien und die Kommission zum Grundsatz der relativen Stabilität die Ansicht, dass die beiden Sätze in Art. 16 Abs. 1 der GFP-Verordnung zwei unterschiedliche Fälle erfassten. Im ersten Satz sei nämlich der Grundsatz der relativen Stabilität für die bestehenden Fangmöglichkeiten verankert. Satz 2 betreffe hingegen die Aufteilung neuer Fangmöglichkeiten. Würden neue Fangmöglichkeiten festgesetzt, müsse erstmals noch ein Verteilungsschlüssel unter Berücksichtigung der Interessen der einzelnen Mitgliedstaaten festgelegt werden. Im Übrigen betreffe dieser Grundsatz die Aufteilung der Fangmöglichkeiten auf die Mitgliedstaaten, nicht aber die Aufteilung der Fangmöglichkeiten zwischen der Union und anderen Parteien. Daher sei dieser Grundsatz im vorliegenden Fall nicht anwendbar.

69

Da der Rat drittens über ein weites Ermessen bei der Wahl des Referenzzeitraums verfüge, sei er nicht verpflichtet gewesen, nachzuweisen, dass der gewählte Zeitraum der einzige gewesen sei, anhand dessen die Aufteilung des der Union zugewiesenen Anteils auf die verschiedenen Mitgliedstaaten auf der Grundlage verlässlicher Daten habe ermittelt werden können, sondern allenfalls, dass die Wahl dieses Zeitraums die Erreichung dieses Ziels erlaube.

70

Nach Auffassung des Königreichs Spanien sind die Gründe für die Wahl der Jahre 2012 bis 2015 als Referenzzeitraum sowie der entsprechende Ausschluss der Jahre 2010 und 2011 bereits hinreichend erläutert worden. Die Italienische Republik habe auch nicht nachgewiesen, dass der Rat die Grenzen des Ermessens, über das er in diesen Bereichen verfüge, überschritten habe oder einen Ermessensmissbrauch begangen habe.

71

Die Kommission trägt vor, sie habe im Rahmen dieser Verhandlungen keineswegs einseitig die Interessen der Union preisgegeben. Auch könne der Verordnungsvorschlag nicht als nachteilig für die Interessen der Union angesehen werden. Sie habe vielmehr das allgemeine Interesse der Union ordnungsgemäß befördert, indem sie die Verhandlungen im Rahmen der ICCAT in einer mit dem ihr erteilten Mandat im Einklang stehenden Weise geführt habe und dabei den übergeordneten Interessen der Union Rechnung getragen habe, wie etwa der schnellstmöglichen Wiederauffüllung des Bestands von Schwertfisch im Mittelmeer in Entsprechung zu der Verpflichtung aus Art. 17 EUV.

72

In ihrer Erwiderung bekräftigt die Italienische Republik noch einmal, dass Art. 16 der GFP-Verordnung in seiner Gesamtheit zu betrachten sei und dass der Grundsatz der relativen Stabilität zwar ausschließlich für die bestehenden Fangmöglichkeiten maßgebend sei, aber bei der Festlegung neuer Fangmöglichkeiten zu anderen Interessen hinzutrete.

73

In seiner Gegenerwiderung führt der Rat aus, dass es erstmals zum Zeitpunkt der Einführung einer TAC erforderlich sei, einen Verteilungsschlüssel unter Berücksichtigung der Interessen der einzelnen Mitgliedstaaten festzulegen. Die Einführung einer TAC gehe daher ohne den geringsten Zweifel damit einher, dass „neue Fangmöglichkeiten“ im Sinne von Art. 16 der GFP-Verordnung zugewiesen würden. Da die Aufteilung der Fangmöglichkeiten zwischen der Union und Drittländern von einer Vereinbarung mit diesen Ländern abhänge, sei es zudem unmöglich, den Grundsatz der relativen Stabilität, der innerhalb der Union gelte, in ihren Außenbeziehungen durchzusetzen. Dieser Grundsatz gelte weder für die Aufteilung der Fangmöglichkeiten zwischen der Union und den sonstigen CPC im Rahmen der ICCAT noch für deren Aufteilung auf die Mitgliedstaaten innerhalb der Union anlässlich der Einführung einer neuen TAC.

Würdigung durch den Gerichtshof

74

Erstens ist zum Verstoß gegen Art. 17 EUV darauf hinzuweisen, dass nach dessen Abs. 1 die Kommission die allgemeinen Interessen der Union fördert und zu diesem Zweck geeignete Initiativen ergreift und nach Maßgabe der Verträge Koordinierungs‑, Exekutiv- und Verwaltungsfunktionen ausübt.

75

Gemäß Art. 2 der GFP-Verordnung besteht in der Fangindustrie das Interesse der Union insbesondere darin, die nachhaltige Nutzung und Bewirtschaftung sowie die Erhaltung der biologischen Meeresschätze und der Meeresumwelt zu gewährleisten, um die Fischpopulationen schrittweise in einem Umfang wiederherzustellen und zu erhalten, der oberhalb des Niveaus an Biomasse liegt, das den höchstmöglichen Dauerertrag ermöglicht. Diese Ziele werden von der Union insbesondere dadurch verfolgt, dass der Rat auf Vorschlag der Kommission Maßnahmen zur Festlegung und Aufteilung von Fangmöglichkeiten erlässt wie diejenigen, die mit der Verordnung 2017/127 und der angefochtenen Verordnung getroffen wurden.

76

Die Verfolgung dieser Ziele ist auch in den Außenbeziehungen der Union im Bereich der Fischerei zu berücksichtigen, d. h. im Rahmen der Verhandlungen, die in den regionalen Gremien geführt werden. Das ist der Fall, wenn die Union bei den Verhandlungen im Rahmen der ICCAT einen Standpunkt vertreten soll. Bei dieser handelt es sich um ein Gremium, das mit dem Erlass von Maßnahmen betraut ist, die es ermöglichen, die langfristige Erhaltung und die nachhaltige Nutzung der Fischbestände in dem Gebiet zu gewährleisten, das seiner Verantwortung unterstellt ist.

77

Im vorliegenden Fall ist zum einen darauf hinzuweisen, dass der Standpunkt der Union im Rahmen der ICCAT, wie die Kommission ausführt, darin besteht, den Erlass von Maßnahmen zur Erhaltung und Bewirtschaftung der Fischbestände im Gebiet der ICCAT-Konvention zu unterstützen, einschließlich der TAC, die auf den besten verfügbaren wissenschaftlichen Stellungnahmen basieren, um das Ziel von Art. 2 Abs. 2 der GFP-Verordnung zu erreichen, die Populationen fischereilich genutzter Arten in einem Umfang wiederherzustellen und zu erhalten, der oberhalb des Niveaus liegt, das den höchstmöglichen Dauerertrag ermöglicht. Im Rahmen der ICCAT wurde die Notwendigkeit, der Überfischung des Fischbestands entgegenzutreten, durch den Erlass der Empfehlung 16-05 anerkannt, die ab 2017 die Anwendung eines Wiederauffüllungsplans über 15 Jahre und die Einführung einer TAC von 10500 Tonnen für 2017 vorsah, was später dem Grundsatz und dem Wert nach in die Verordnung 2017/127 übernommen wurde. Diese Empfehlung, auf die in den Erwägungsgründen 9 bis 11 der angefochtenen Verordnung Bezug genommen wird, sah außerdem vor, dass der Schlüssel für die Aufteilung der TAC auf die CPC anhand transparenter und objektiver Kriterien zu bestimmen war, darunter Umwelt- und sozioökonomische Kriterien sowie die in der Resolution 15-13 der ICCAT niedergelegten Kriterien für die Aufteilung der Fangmöglichkeiten.

78

Zum anderen räumte das Mandat, das der Kommission erteilt worden war, damit sie die Verhandlungen im Rahmen der ICCAT im Namen der Union führen konnte, ihr eine gewisse Flexibilität ein. Ziel der Kommission war es jedoch, der Union für das Jahr 2017 mindestens 70 % der TAC für Schwertfisch im Mittelmeer zu sichern. Laut dem Kompromiss, auf den sich die CPC einigten, erhielt die Union eine Quote von 70,756 % an der TAC von 10500 Tonnen.

79

Somit zeigt das Ergebnis der von der Kommission geführten Verhandlungen nicht nur, dass diese die Grenzen ihres Mandats nicht überschritten hat, sondern auch, dass sie von ihrem Handlungsspielraum Gebrauch gemacht hat, indem sie die Notwendigkeit bekräftigt hat, die Vorkommen von Schwertfisch im Mittelmeer zum Vorteil aller betroffenen Parteien nachhaltig zu bewirtschaften, so dass sie bei diesen Verhandlungen nicht gegen Art. 17 EUV verstoßen hat.

80

Zweitens ist zu den Rügen der Italienischen Republik, die sich auf den Grundsatz der relativen Stabilität beziehen, darauf hinzuweisen, dass dieser Grundsatz ein Kriterium für die Aufteilung der Fangmöglichkeiten der Union auf die Mitgliedstaaten in Form der diesen zugeteilten Quoten widerspiegelt. Somit gibt dieser Grundsatz den Fischern keine Garantie für den Fang einer bestimmten Fischmenge, da das Erfordernis der relativen Stabilität so zu verstehen ist, dass es nur bedeutet, dass jeder Mitgliedstaat bei dieser Aufteilung ein Recht auf einen bestimmten Prozentsatz behält (Urteil vom 22. November 2007, Cofradía de pescadores San Pedro de Bermeo u. a./Rat, C‑6/06 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2007:702‚ Rn. 53).

81

Im vorliegenden Fall ist die Italienische Republik der Ansicht, dass der Grundsatz der relativen Stabilität sowohl innerhalb der Union als auch in den Beziehungen der Union zu Drittländern und sowohl für die Aufteilung der bestehenden Fangmöglichkeiten als auch für „neue Fangmöglichkeiten“ gelte. Der Rat, dem sich die Kommission und das Königreich Spanien insoweit anschließen, ist hingegen der Auffassung, dass dieser Grundsatz nur unionsintern und nur für bestehende Fangmöglichkeiten gelte.

82

Zur Anwendbarkeit des Grundsatzes der relativen Stabilität auf den Anteil an der TAC, der der Union von der ICCAT insgesamt zugewiesen wurde, ist darauf hinzuweisen, dass Art. 16 Abs. 1 Satz 1 der GFP-Verordnung klarstellt, dass die „auf die Mitgliedstaaten“ aufgeteilten Fangmöglichkeiten eine relative Stabilität der Fangtätigkeiten „eines jeden Mitgliedstaats“ für jeden Fischbestand oder jede Fischerei sicherstellen. Aus dem 35. Erwägungsgrund dieser Verordnung folgt zudem, dass in Anbetracht u. a. der Abhängigkeit der Küstenbevölkerung in bestimmten Gebieten vom Fischfang die relative Stabilität der Fangtätigkeiten sichergestellt werden muss, indem die Fangmöglichkeiten so „auf die Mitgliedstaaten“ aufgeteilt werden, dass „für jeden Mitgliedstaat“ ein vorhersehbarer Anteil an den Beständen gewahrt bleibt.

83

Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass der Grundsatz der relativen Stabilität nur für die Aufteilung der Fangmöglichkeiten innerhalb der Union und nicht für die Außenbeziehungen der Union gilt.

84

Zur Anwendbarkeit dieses Grundsatzes auf „neue Fangmöglichkeiten“ ist zunächst anzumerken, dass nach Art. 16 Abs. 1 Satz 2 der GFP‑Verordnung die Interessen jedes einzelnen Mitgliedstaats „bei der Aufteilung neuer Fangmöglichkeiten“ berücksichtigt werden.

85

Sodann ist darauf hinzuweisen, dass der Gerichtshof zur Verordnung Nr. 2371/2002, der Vorgängerin der GFP-Verordnung, insbesondere zu Art. 20 der Verordnung Nr. 2371/2002, der wie Art. 16 der GFP‑Verordnung die Aufteilung von Fangmöglichkeiten betraf, entschieden hat, dass die „bestehenden Fangmöglichkeiten“, die Abs. 1 dieses Artikels behandelt, von den „neuen Fangmöglichkeiten“, denen Abs. 2 dieses Artikels gewidmet ist, zu unterscheiden sind (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 8. November 2007, Spanien/Rat, C‑141/05, EU:C:2007:653, Rn. 85).

86

Während die „bestehenden Fangmöglichkeiten“ die Fangmöglichkeiten sind, die bereits auf die Mitgliedstaaten aufgeteilt wurden, handelt es sich bei den „neuen Fangmöglichkeiten“ um diejenigen, die zum ersten Mal auf die Mitgliedstaaten aufgeteilt werden.

87

In diesem Zusammenhang hat der Gerichtshof bereits entschieden, dass das Erfordernis der relativen Stabilität in dem Sinne zu verstehen ist, dass für jeden Mitgliedstaat ein fester Prozentsatz beizubehalten ist und der ursprüngliche Verteilungsschlüssel so lange anwendbar bleibt, bis eine Änderungsverordnung erlassen wird (Urteil vom 8. November 2007, Spanien/Rat, C‑141/05, EU:C:2007:653‚ Rn. 86 und die dort angeführte Rechtsprechung). Dieses Erfordernis findet daher nur Anwendung, wenn es bereits eine Aufteilung der Fangmöglichkeiten gibt, d. h., nur in Bezug auf „bestehende Fangmöglichkeiten“.

88

Dagegen kann das Erfordernis der relativen Stabilität keine Anwendung finden, wenn zwischen den Mitgliedstaaten noch kein Verteilungsschlüssel festgelegt wurde. In diesem Fall, d. h. bei der Aufteilung „neuer Fangmöglichkeiten“, sieht Art. 16 Abs. 1 Satz 2 der GFP-Verordnung lediglich vor, dass „[d]ie Interessen jedes Mitgliedstaats“ zu berücksichtigen sind, wobei der Begriff des Interesses die Notwendigkeit umfassen kann, die relative Stabilität der Fangtätigkeiten zu wahren, jedoch nicht auf diese Notwendigkeit beschränkt ist (Urteil vom 8. November 2007, Spanien/Rat, C‑141/05, EU:C:2007:653‚ Rn. 87).

89

Da es im vorliegenden Fall vor Erlass der angefochtenen Verordnung keine Regelung gab, mit der die Fangmöglichkeiten für Schwertfisch im Mittelmeer beschränkt worden wären, ist davon auszugehen, dass die angefochtene Verordnung „neue Fangmöglichkeiten“ im Sinne von Art. 16 Abs. 1 der GFP-Verordnung festgelegt hat.

90

Daraus folgt, dass der Grundsatz der relativen Stabilität, wie er in Art. 16 Abs. 1 der GFP-Verordnung zum Ausdruck kommt, nur für die in der Union bestehenden Fangmöglichkeiten gilt und folglich weder für die Aufteilung von Fangmöglichkeiten zwischen der Union und den CPC im Rahmen der ICCAT noch für die Aufteilung neuer Fangmöglichkeiten auf die Mitgliedstaaten innerhalb der Union, wenn, wie im vorliegenden Fall, eine neue TAC eingeführt wird.

91

Somit konnte der Rat durch den Erlass der angefochtenen Verordnung nicht gegen diesen Grundsatz verstoßen.

92

Was drittens den Grundsatz der guten Verwaltung betrifft, wie er in Art. 41 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union zum Ausdruck kommt, sind die Gründe für die Entscheidung des Unionsgesetzgebers, die Jahre 2012 bis 2015 unter Ausschluss der Jahre 2010 und 2011 als Referenzzeitraum heranzuziehen, bereits in den Rn. 45, 46 und 60 des vorliegenden Urteils wiedergegeben worden.

93

Jedenfalls fällt, wie sich aus Rn. 57 des vorliegenden Urteils ergibt, nach gefestigter Rechtsprechung eine solche Entscheidung in das Ermessen des Rates, und zwar nicht nur hinsichtlich der Bestimmung der Art und der Reichweite der zu erlassenden Bestimmungen, sondern in gewissem Maß auch in Bezug auf die Grunddaten. In diesem Rahmen hat sich die gerichtliche Kontrolle auf die Prüfung der Frage zu beschränken, ob die angefochtene Handlung nicht offensichtlich fehlerhaft oder ermessensmissbräuchlich ist oder ob die betreffende Behörde die Grenzen ihres Ermessens nicht offensichtlich überschritten hat.

94

Insoweit kann dem Rat, wie sich aus den Rn. 58 bis 62 des vorliegenden Urteils ergibt, nicht der Vorwurf gemacht werden, einen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen zu haben, als er entschieden hat, den der Union für das Jahr 2017 zugewiesenen Anteil an der TAC auf der Grundlage der historischen Fangmengen von Schwertfisch im Mittelmeer in einem Referenzzeitraum von 2012 bis 2015 auf die Mitgliedstaaten aufzuteilen.

95

In diesem Zusammenhang kann dem Rat nicht vorgeworfen werden, er habe den Grundsatz der guten Verwaltung verletzt, weil er es unterlassen hat, die Wahl eines solchen Bezugszeitraums anhand einer „strengen technischen Studie“ zu rechtfertigen, da aus den von der Kommission übermittelten technischen Daten gerade hervorging, dass die Fangmengen der Jahre 2010 und 2011 nicht berücksichtigt werden konnten.

96

Nach alledem sind der dritte und der achte Klagegrund als unbegründet zurückzuweisen.

Zum vierten und zum zehnten Klagegrund: Verstoß gegen das Rückwirkungsverbot sowie gegen die Grundsätze der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes

Vorbringen der Parteien

97

Mit diesen Klagegründen, die zusammen zu prüfen sind, macht die Italienische Republik geltend, die angefochtene Verordnung verstoße gegen das Rückwirkungsverbot sowie gegen die Grundsätze der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes, da sie Ende Juli 2017 erlassen und ab dem 1. Januar 2017 Wirkungen entfaltet habe, obwohl die Fangsaison für Schwertfisch im Mittelmeer, die vom 1. April bis 31. Dezember dauere, bereits zur Hälfte abgelaufen gewesen sei. Entgegen den Ausführungen im zwölften Erwägungsgrund der angefochtenen Verordnung habe diese Verordnung nämlich zum ersten Mal in der Praxis der vorangegangenen Jahrzehnte gleichzeitig eine verbindliche TAC, eine drastische Verringerung des Anteils der Union an dieser TAC im Vergleich zu dem in den vorangegangenen Jahren erzielten Prozentsatz und eine Aufteilung des Anteils der Union auf die Mitgliedstaaten eingeführt. Eine solche „Revolution“ bei den Produktionsbedingungen in der Fangindustrie der Union hätte angemessen vorbereitet und hinreichend im Voraus vorgestellt werden müssen, um es den Betroffenen zu ermöglichen, sich darauf einzustellen.

98

Der Unionsgesetzgeber habe auch gegen die Grundsätze der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes verstoßen, da es für jeden Wirtschaftsteilnehmer der Fangindustrie entscheidend sei, sich auf einen festen normativen Rahmen verlassen zu können, dessen etwaige Änderungen zumindest vorhersehbar seien.

99

Der Rat führt zum einen aus, dass für Schwertfisch im Mittelmeer bereits eine TAC festgesetzt worden sei, im vorliegenden Fall in der im Januar 2017 erlassenen Verordnung 2017/127, obwohl zu diesem Zeitpunkt noch keine Einigung über eine Aufteilung dieser TAC im Rahmen der ICCAT erzielt worden sei, und zum anderen, dass die Fangsaison für Schwertfisch im Mittelmeer vom 1. April bis 31. Dezember dauere.

100

Es liege auf der Hand, dass diese TAC später habe geändert werden müssen, um auf den der Union zugewiesenen Anteil an der TAC reduziert zu werden, nachdem die TAC von der ICCAT festgesetzt worden sei. Unter diesen Umständen habe es kein berechtigtes Vertrauen darauf geben können, dass der Italienischen Republik eine bestimmte Quote zugeteilt würde. Auch könne der Grundsatz der Rechtssicherheit erst dann mit Erfolg geltend gemacht werden, wenn die TAC und der der Union zugewiesene Anteil an der TAC festgelegt worden seien und dieser auf die Mitgliedstaaten aufgeteilt worden sei. Bis dahin habe bei allen Fischereitätigkeiten vor der Festlegung dieser Quoten ein gewisser Grad an Unsicherheit und Umsicht berücksichtigt werden müssen, so dass die Voraussetzungen für die Anwendung des Grundsatzes des Vertrauensschutzes nicht erfüllt seien.

101

Der Rat hätte zudem, wenn er die endgültige Entscheidung der ICCAT abgewartet hätte, den Mitgliedstaaten die Quoten für das Jahr 2017 erst im Oktober 2017 zuteilen können. Eine Entscheidung, die Ende 2017 ergangen, aber am 1. Januar in Kraft getreten wäre und nach der die Fangmengen von Schwertfisch im Mittelmeer hätten verringert werden müssen, wäre der Rechtssicherheit jedoch sicherlich noch abträglicher gewesen.

102

Das Königreich Spanien macht geltend, die rückwirkende Anwendung von Unionsrechtsakten auf dem Gebiet der Fischerei sei durchaus üblich.

103

Die Kommission führt aus, dass auf Unionsebene die Fangdaten für Schwertfisch im Mittelmeer insgesamt 5125 Tonnen für das Jahr 2016 gegenüber 4793,4 Tonnen für das Jahr 2017 auswiesen, dem Jahr, in dem die der Union zugewiesene Quote 7410 Tonnen betragen habe. Diese im Jahr 2017 verzeichnete Verringerung der Fangmengen sei zum Teil auf die während der ersten drei Monate dieses Jahres geltende Schonzeit zurückzuführen und zum Teil auf einen Rückgang der Fangmengen im Vergleich zum Jahr 2016 ab April 2017, der Eröffnung der Saison für Schwertfisch im Mittelmeer.

104

Der letztgenannte Rückgang könne aber nicht unmittelbar mit der Verringerung um weniger als 600 Tonnen infolge der Entscheidung der ICCAT, den Anteil der Union an der TAC auf 70,756 % festzusetzen, in Verbindung gebracht werden. Die im Jahr 2017 erzielten Fangmengen von Schwertfisch im Mittelmeer seien nämlich deutlich hinter den unter der Geltung der angefochtenen Verordnung erlaubten Fangmengen zurückgeblieben.

105

Außerdem seien die Fangmengen vom Anfang der Fangsaison 2017 an im Vergleich zu denen des Vorjahres zurückgegangen. Diese Tendenz habe sich während der gesamten Fangsaison 2017 fortgesetzt, auch nachdem die angefochtene Verordnung Ende Juli 2017 in Kraft getreten sei. Unter diesen Umständen kann nicht mit Erfolg geltend gemacht werden, das Inkrafttreten der Bestimmungen der angefochtenen Verordnung habe gegen die Grundsätze des Vertrauensschutzes oder der Rechtssicherheit verstoßen.

Würdigung durch den Gerichtshof

106

Was erstens die Rückwirkung der angefochtenen Verordnung angeht, verbietet es zwar der Grundsatz der Rechtssicherheit im Allgemeinen, den Beginn der Geltungsdauer eines Rechtsakts der Union auf einen Zeitpunkt vor dessen Veröffentlichung zu legen; dies kann aber ausnahmsweise dann anders sein, wenn ein im Allgemeininteresse liegendes Ziel es verlangt und das berechtigte Vertrauen der Betroffenen gebührend beachtet ist oder wenn aus Wortlaut, Zweck oder Aufbau der betreffenden Vorschriften eindeutig hervorgeht, dass ihnen eine solche Wirkung beizumessen ist (Urteil vom 19. März 2009, Mitsui & Co. Deutschland, C‑256/07, EU:C:2009:167‚ Rn. 32 und die dort angeführte Rechtsprechung).

107

Es steht fest, dass die Einführung einer TAC für Schwertfisch im Mittelmeer in Höhe von 10500 Tonnen bereits seit dem 1. Januar 2017 in der Verordnung 2017/127 vorgesehen war. Selbst wenn also die Aufteilung des der Union zugewiesenen Anteils an dieser TAC auf die Mitgliedstaaten noch festgelegt werden musste, war die Einführung neuer Fangmöglichkeiten schon im Januar 2017, d. h. vor Beginn der Fangsaison für Schwertfisch im Mittelmeer am 1. April 2017, dem Grundsatz nach vereinbart. Folglich wurde, wie die Italienische Republik einräumt, über den Rückgang des historischen Anteils gleichzeitig mit der Einführung der TAC entschieden.

108

Außerdem hat der Rat, wie sich aus den Erwägungsgründen 9 bis 11 der angefochtenen Verordnung ergibt, u. a. versucht, sich mit dieser Verordnung nach dem im Rahmen der ICCAT festgelegten Anteil an der TAC für Schwertfisch im Mittelmeer für das Jahr 2017 zu richten. Da die förmliche Billigung der Aufteilung der TAC für diese Art erst am 18. April 2017 erfolgte, konnte dieses Ziel jedoch nur mit einer rückwirkenden Geltung der angefochtenen Verordnung ab dem 1. Januar 2017 erreicht werden.

109

Im Übrigen ist, wie die Kommission geltend macht, festzustellen, dass zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der angefochtenen Verordnung am 30. Juli 2017 die Fangmöglichkeiten für Schwertfisch im Mittelmeer keineswegs ausgeschöpft waren. In der Zeit vom 1. April 2017, dem Tag, an dem die Fangsaison für diese Art begann, bis Ende Juli 2017 waren nämlich in der Union von den 7410 Tonnen, die dem der Union für das Jahr 2017 zugewiesenen Anteil an der TAC entsprachen, etwas mehr als 2298,3 Tonnen Schwertfisch im Mittelmeer gefangen worden. Aus den dem Gerichtshof vorgelegten Akten ergibt sich, dass die italienischen Fischer im selben Zeitraum von einer Quote von 3736 Tonnen, die der Italienischen Republik durch die angefochtene Verordnung zugewiesen worden war, rund 1271,3 Tonnen Schwertfisch im Mittelmeer gefangen hatten.

110

Jedenfalls ist festzustellen, dass diese Quote von 3736 Tonnen auch am 31. Dezember 2017 noch nicht erreicht war, denn die italienischen Fischer hatten bis dahin nur 2285,3 Tonnen Schwertfisch im Mittelmeer oder 61,16 % dieser Quote eingeholt.

111

Zweitens ist hinsichtlich der Grundsätze der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes anzumerken, dass der Grundsatz der Rechtssicherheit u. a. gebietet, dass Rechtsvorschriften – vor allem dann, wenn sie nachteilige Folgen für Einzelne und Unternehmen haben können – klar, bestimmt und in ihren Auswirkungen vorhersehbar sein müssen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 17. Oktober 2018, Klohn, C‑167/17, EU:C:2018:833‚ Rn. 50 und die dort angeführte Rechtsprechung).

112

Als Ausfluss des Grundsatzes der Rechtssicherheit steht das Recht auf Vertrauensschutz jedem Einzelnen zu, wenn sich herausstellt, dass die Unionsverwaltung bei ihm begründete Erwartungen geweckt hat. Präzise, nicht an Bedingungen geknüpfte und übereinstimmende Auskünfte von zuständiger und zuverlässiger Seite stellen unabhängig von der Form ihrer Mitteilung Zusicherungen dar, die solche Erwartungen wecken können. Dagegen kann niemand eine Verletzung dieses Grundsatzes geltend machen, dem die Verwaltung keine bestimmten Zusicherungen gegeben hat. Ist ferner ein umsichtiger und besonnener Wirtschaftsteilnehmer in der Lage, den Erlass einer Unionsmaßnahme, die seine Interessen berühren kann, vorherzusehen, so kann er sich im Fall ihres Erlasses nicht auf den genannten Grundsatz berufen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 17. März 2011, AJD Tuna, C‑221/09, EU:C:2011:153, Rn. 71 bis 73 und die dort angeführte Rechtsprechung).

113

Im vorliegenden Fall konnten sich die Wirtschaftsteilnehmer der italienischen Fangindustrie nicht auf eine Verletzung des Vertrauensschutzes berufen, da diese aufgrund der Festlegung einer TAC für Schwertfisch im Mittelmeer seit der Veröffentlichung der Verordnung 2017/127 in der Lage waren, vorherzusehen, dass im Zuge der Aufteilung des der Union zugewiesenen Anteils an dieser TAC auf die Mitgliedstaaten neue Fangmöglichkeiten festgesetzt würden. Wie in Rn. 107 des vorliegenden Urteils ausgeführt, war zum Zeitpunkt des Beginns der Fangsaison für Schwertfisch im Mittelmeer grundsätzlich bekannt, dass neue Fangmöglichkeiten zugeteilt werden würden, auch wenn ihre genaue Höhe noch festzulegen war.

114

Dem Rat kann auch nicht vorgeworfen werden, den Wirtschaftsteilnehmern der italienischen Fangindustrie irgendeine Zusicherung der genauen Höhe der ihnen in der angefochtenen Verordnung vorbehaltenen Fangquote gegeben zu haben.

115

Schließlich kann der Grundsatz der Rechtssicherheit, wie der Rat zutreffend vorträgt, erst mit Erfolg geltend gemacht werden, nachdem die TAC auf die Mitgliedstaaten aufgeteilt worden ist, was vor Inkrafttreten der angefochtenen Verordnung nicht der Fall war.

116

Der vierte und der zehnte Klagegrund sind daher als unbegründet zurückzuweisen.

Zum siebten Klagegrund: Verstoß gegen die Art. 258 und 260 AEUV

Vorbringen der Parteien

117

Die Italienische Republik trägt vor, das von der Kommission im Jahr 2011 auf der Grundlage von Art. 260 Abs. 2 AEUV eingeleitete Vertragsverletzungsverfahren wegen des Verdachts der Verwendung von Treibnetzen durch die italienischen Fischer sei von der Kommission im Jahr 2014 eingestellt worden. Die Entscheidung, die Jahre 2010 und 2011 vom Referenzzeitraum für die Feststellung der den Mitgliedstaaten zuzuteilenden Quoten auszunehmen, bedeute daher, dass der Rat tatsächlich die Absicht gehabt habe, gegen die Italienische Republik wegen Verletzung ihrer Verpflichtung, das Verbot der Verwendung solcher Vorrichtungen zu kontrollieren, eine Sanktion zu verhängen. Die Art. 258 und 260 AEUV behielten jedoch der Kommission die Befugnis vor, Vertragsverletzungen der Mitgliedstaaten zu verfolgen, während der Rat überhaupt nicht dafür zuständig sei, Maßnahmen zur Verhängung von Sanktionen gegen Mitgliedstaaten wegen Verstoßes gegen ihre Verpflichtungen aus dem Unionsrecht, selbst in der Form einer Verordnung, zu verhängen. Die angefochtene Verordnung verstoße daher gegen die Art. 258 und 260 AEUV.

118

Nach Ansicht des Rates verkennt dieses Argument die Natur und die Zielsetzung der angefochtenen Verordnung. Es sei erforderlich, mit den anderen CPC eine Einigung über die TAC und den der Union zugewiesenen Anteil zu finden und einen Bezugszeitraum festzulegen, um über die Aufteilung dieses Anteils auf die Mitgliedstaaten anhand verlässlicher Daten entscheiden zu können. Hinsichtlich der Bestimmung des Anteils der Union an der TAC für Schwertfisch im Mittelmeer habe sich die ICCAT nicht nur auf die Fangzahlen, sondern auch auf andere Kriterien gestützt. Dieser Anteil habe trotz allem sehr nah bei diesen Zahlen gelegen (bei etwa 70 % der TAC statt 75 %). Es handele sich dabei also keineswegs um eine gegen die Italienische Republik getroffene Sanktion. Im Übrigen habe das Ergebnis dieser Verhandlungen im Rahmen der ICCAT Auswirkungen auf die anderen betreffenden Mitgliedstaaten gehabt.

119

Was die Aufteilung des der Union zugewiesenen Anteils an der TAC auf die Mitgliedstaaten angehe, sei die Wahl eines nicht weit zurückliegenden Zeitraums von vier Jahren, nämlich der Jahre 2012 bis 2015, mangels einer Regelung, die einen bestimmten Zeitraum vorschreibe, von vornherein durchaus angemessen.

Würdigung durch den Gerichtshof

120

Wie in den Rn. 56, 69 und 93 des vorliegenden Urteils ausgeführt, verfügt der Unionsgesetzgeber im Bereich der Fischerei über ein weites Ermessen, das der politischen Verantwortung entspricht, die ihm die Art. 40 bis 43 AEUV übertragen, und muss sich die richterliche Kontrolle auf die Prüfung beschränken, ob die betreffende Maßnahme nicht offensichtlich fehlerhaft oder ermessensmissbräuchlich ist oder ob das betreffende Organ nicht die Grenzen seines Ermessens offensichtlich überschritten hat.

121

Was zunächst die Wahl des Referenzzeitraums 2012 bis 2015 anbelangt, so kann dem Rat, wie in den Rn. 58 bis 62 des vorliegenden Urteils festgestellt, nicht vorgeworfen werden, dadurch einen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen zu haben.

122

Sodann kann, wie der Gerichtshof bereits entschieden hat, eine Verringerung der Fangmöglichkeiten keinerlei Form von Sanktion gleichgestellt werden (vgl. entsprechend Urteil vom 25. Oktober 2001, Italien/Rat, C‑120/99, EU:C:2001:567, Rn. 75).

123

Schließlich kann jedenfalls die Festlegung der Verteilungsschlüssel für neue Fangmöglichkeiten durch den Rat nicht mit den Befugnissen gleichgesetzt werden, über die die Kommission nach den Art. 258 und 260 AEUV verfügt.

124

Der siebte Klagegrund ist daher als unbegründet zurückzuweisen.

Neunter Klagegrund: Verstoß gegen Art. 18 AEUV

Vorbringen der Parteien

125

Die Italienische Republik macht geltend, die angefochtene Verordnung bewirke eine Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit, da sie die italienischen Fischer benachteilige, indem sie ihre Fangmöglichkeiten in Bezug auf Schwertfisch im Mittelmeer für das Jahr 2017 um mehrere Hundert Tonnen verringere. Nur die italienischen Fischer seien nämlich dieser Kürzungsmaßnahme unterworfen worden, während die Festlegung des Referenzzeitraums 2012 bis 2015 die Fischer der anderen Mitgliedstaaten nicht benachteiligt habe.

126

Der Rat weist darauf hin, dass die Einführung der TAC für diese Art, des der Union zugewiesenen Anteils und folglich der den Mitgliedstaaten zugeteilten Quoten zwangsläufig zu einer Beschränkung der Fangmöglichkeiten führe, dass aber diese Beschränkung für alle betreffenden Mitgliedstaaten gelte. Folglich könne kein Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot vorliegen.

127

Die Kommission trägt vor, abgesehen von dem Umstand, dass die Erschöpfungsquote der zugeteilten Quote 61,16 % für das Jahr 2017 nicht überschritten habe und der Einfluss der betreffenden Verringerungsmaßnahme daher relativ gewesen sei, habe der Gerichtshof in seinem Urteil vom 16. Juni 1987, Romkes (46/86, EU:C:1987:287), bereits entschieden, dass die Anwendung einer Methode wie derjenigen, die zur Festsetzung der im vorliegenden Fall fraglichen Quoten herangezogen worden sei, nicht mit dem Diskriminierungsverbot unvereinbar sei.

128

Das Königreich Spanien weist darauf hin, dass sowohl das Verfahren zur Zuweisung dieses Anteils an der TAC im Rahmen der ICCAT als auch dessen spätere Aufteilung auf die verschiedenen Mitgliedstaaten durch die angefochtene Verordnung, die innerhalb der Union einheitlich gelte, nicht zu einer Ungleichbehandlung zugunsten oder zulasten des einen oder des anderen dieser Staaten führten.

Würdigung durch den Gerichtshof

129

Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs ist Art. 40 Abs. 2 Unterabs. 2 AEUV in Verbindung mit Art. 38 Abs. 1 Unterabs. 2 AEUV, der im Rahmen der gemeinsamen Agrar- und Fischereipolitik das Verbot jeder Diskriminierung aufstellt, lediglich ein besonderer Ausdruck des allgemeinen Gleichheitsgrundsatzes, der besagt, dass gleiche Sachverhalte nicht unterschiedlich und unterschiedliche Sachverhalte nicht gleich behandelt werden dürfen, es sei denn, dass eine Differenzierung objektiv gerechtfertigt wäre (Urteile vom 8. November 2007, Spanien/Rat, C‑141/05, EU:C:2007:653, Rn. 40 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie vom 11. Januar 2017, Spanien/Rat, C‑128/15, EU:C:2017:3, Rn. 80 und die dort angeführte Rechtsprechung).

130

Ferner ist noch anzumerken, dass die Methode für die Festsetzung der den Mitgliedstaaten zugeteilten Prozentsätze anhand der von ihren Flotten während eines Referenzzeitraums gefischten Mengen nicht mit dem Diskriminierungsverbot unvereinbar ist, da diese Methode von den Fischern jedes Mitgliedstaats verlangt, sich um eine Beschränkung der Fänge auf Mengen zu bemühen, die sich proportional zu ihren Fangmengen vor Inkrafttreten des Unionsrechtsakts zur Begrenzung der Fangmöglichkeiten verhalten (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 16. Juni 1987, Romkes, 46/86, EU:C:1987:287, Rn. 23).

131

Auch wenn der Gerichtshof im Rahmen von Entscheidungen über Rechtssachen, die der im vorliegenden Verfahren entsprechen, eine Ungleichbehandlung der Mitgliedstaaten für rechtswidrig erklärt hat, u. a. in Rn. 113 des Urteils vom 17. März 2011, AJD Tuna (C‑221/09, EU:C:2011:153), das in einer Rechtssache ergangen ist, in der es um eine Ungleichbehandlung wegen der Flagge der Wirtschaftsteilnehmer oder des Mitgliedstaats, in dem sie registriert sind, ging, erbringt die Italienische Republik im vorliegenden Verfahren keinen Nachweis dafür, dass die italienischen Fischer schlechter behandelt wurden als Fischer aus anderen Mitgliedstaaten, die sich in einer vergleichbaren Situation befanden.

132

Der neunte Klagegrund ist daher als unbegründet zurückzuweisen.

133

Da keiner der Klagegründe, auf die die Italienische Republik ihre Klage gestützt hat, durchgreift, ist die Klage insgesamt abzuweisen.

Kosten

134

Nach Art. 138 Abs. 1 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da der Rat beantragt hat, die Italienische Republik zur Tragung der Kosten zu verurteilen, und diese mit ihren Klagegründen unterlegen ist, sind ihr die Kosten aufzuerlegen.

135

Gemäß Art. 140 Abs. 1 der Verfahrensordnung tragen das Königreich Spanien und die Kommission als Streithelfer ihre eigenen Kosten.

 

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Große Kammer) für Recht erkannt und entschieden:

 

1.

Die Klage wird abgewiesen.

 

2.

Die Italienische Republik trägt neben ihren eigenen Kosten die Kosten des Rates der Europäischen Union.

 

3.

Das Königreich Spanien und die Europäische Kommission tragen ihre eigenen Kosten.

 

Unterschriften


( *1 ) Verfahrenssprache: Italienisch.