BESCHLUSS DES GERICHTSHOFS (Zehnte Kammer)

8. Februar 2018(*)

„Rechtsmittel – Art. 181 der Verfahrensordnung – Verordnung (EU) 2015/1589 – Staatliche Beihilfe für Inhaber einer Glücksspielkonzession – Beschwerde – Untätigbleiben der Kommission – Untätigkeitsklage – Abweisung“

In der Rechtssache C‑508/17 P

betreffend ein Rechtsmittel nach Art. 56 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, eingelegt am 19. August 2017,

CBA Spielapparate- und Restaurantbetriebs GmbH mit Sitz in Wien (Österreich), Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt A. Schuster,

Rechtsmittelführerin,

andere Partei des Verfahrens:

Europäische Kommission,

Beklagte im ersten Rechtszug,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Zehnte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten E. Levits sowie der Richter A. Borg Barthet und F. Biltgen (Berichterstatter),

Generalanwalt: H. Saugmandsgaard Øe,



Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund der nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Entscheidung, gemäß Art. 181 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs durch mit Gründen versehenen Beschluss zu entscheiden,

folgenden

Beschluss

1        Mit ihrem Rechtsmittel begehrt die CBA Spielapparate- und Restaurantbetriebs GmbH (im Folgenden: CBA) die Aufhebung des Beschlusses des Gerichts der Europäischen Union vom 19. Juni 2017, CBA Spielapparate- und Restaurantbetriebsgesellschaft/Kommission (T‑906/16, nicht veröffentlicht, im Folgenden: angefochtener Beschluss, EU:T:2017:430), mit dem das Gericht ihre auf die Feststellung, dass die Europäische Kommission es rechtswidrig unterlassen habe, eine Beschwerde bezüglich einer staatlichen Beihilfe, die die österreichischen Behörden der Casinos Austria AG gewährt haben sollen, zu prüfen und über diese Beschwerde zu entscheiden, gerichtete Untätigkeitsklage abgewiesen hat.

 Verfahren vor dem Gericht und angefochtener Beschluss

2        Mit Klageschrift, die am 22. Dezember 2016 bei der Kanzlei des Gerichts einging, erhob CBA eine Untätigkeitsklage gegen die Kommission nach Art. 265 AEUV.

3        Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Gericht diese Klage gemäß Art. 126 seiner Verfahrensordnung als offensichtlich unzulässig abgewiesen.

4        Dabei hat das Gericht in Rn. 10 des angefochtenen Beschlusses darauf hingewiesen, dass die in Art. 265 AEUV festgelegten Voraussetzungen für die Zulässigkeit einer Untätigkeitsklage nicht erfüllt seien, wenn das beklagte Organ, das zum Tätigwerden aufgefordert worden sei, vor Klageerhebung zu dieser Aufforderung Stellung genommen habe.

5        In Rn. 11 des angefochtenen Beschlusses hat das Gericht festgestellt, dass die Kommission mit Schreiben vom 21. Oktober 2016 zur Beschwerde der Rechtsmittelführerin Stellung genommen und in einem Schreiben vom 5. Dezember 2016 an ihrem Standpunkt festgehalten habe.

6        In Rn. 12 des angefochtenen Beschlusses hat das Gericht festgestellt, dass es unerheblich sei, dass diese Stellungnahme die Rechtsmittelführerin nicht zufriedengestellt habe. Art. 265 AEUV beziehe sich nämlich auf das Absehen von einer Entscheidung oder einer Stellungnahme und nicht auf den Erlass eines anderen als des Aktes, den die Betroffenen gewünscht oder für notwendig gehalten hätten.

 Anträge der Rechtsmittelführerin

7        Mit ihrem Rechtsmittel beantragt CBA, der Gerichtshof möge

–        den angefochtenen Beschluss zur Gänze aufheben und den Rechtsstreit selbst endgültig entscheiden oder die Klage für zulässig erklären und die Rechtssache an das Gericht zurückverweisen;

–        der Kommission die Kosten auferlegen.

 Zum Rechtsmittel

8        Nach Art. 181 seiner Verfahrensordnung kann der Gerichtshof ein Rechtsmittel, wenn es ganz oder teilweise offensichtlich unzulässig oder offensichtlich unbegründet ist, jederzeit auf Vorschlag des Berichterstatters und nach Anhörung des Generalanwalts ganz oder teilweise durch mit Gründen versehenen Beschluss zurückweisen.

9        Diese Bestimmung ist im Rahmen des vorliegenden Rechtsmittels anzuwenden.

 Vorbringen der Rechtsmittelführerin

10      CBA stützt ihr Rechtsmittel auf mehrere Gründe, mit denen sie im Wesentlichen ihre Interessen beeinträchtigende Verfahrensfehler und eine Verletzung des Unionsrechts durch das Gericht rügt.

11      CBA wirft dem Gericht zunächst vor, in Rn. 10 des angefochtenen Beschlusses Art. 265 AEUV falsch ausgelegt zu haben, indem es die Voraussetzungen für die Zulässigkeit der Untätigkeitsklage als nicht erfüllt angesehen habe.

12      Sodann macht CBA geltend, das Gericht habe Art. 265 AEUV und Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden: Charta) insoweit falsch ausgelegt, als es in Rn. 11 des angefochtenen Beschlusses angenommen habe, dass die Schreiben der Kommission vom 21. Oktober und 5. Dezember 2016 bloße Mitteilungen darstellten, obgleich es sie als „Einstellung der Rechtssache“ hätte einstufen müssen, durch die das mit ihrer Beschwerde in Gang gesetzte Vorprüfungsverfahren beendet werde, so dass diese Schreiben Beschlüsse darstellten, die mit einer Nichtigkeitsklage bei den Unionsgerichten anfechtbar seien.

13      Die Kommission habe mit diesen Schreiben einen endgültigen Standpunkt zum Antrag auf Feststellung einer Verletzung der Art. 107 und 108 AEUV eingenommen, ohne einen vor dem Gericht mit einer Nichtigkeitsklage bekämpfbaren Beschluss zu fassen. Weil CBA eine Stellungnahme zu dem im Rahmen der fraglichen Beschwerde angenommenen Standpunkt der Kommission eingebracht habe, sei das Verfahren nicht abgeschlossen. Da die Kommission in einem Fall wie dem vorliegenden davon absehe, gemäß den Art. 4, 9, 12 Abs. 3 und Art. 13 der Verordnung (EU) 2015/1589 des Rates vom 13. Juli 2015 über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel 108 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (ABl. 2015, L 248, S. 9) einen abschließenden Beschluss zu erlassen, sei die Untätigkeitsklage zulässig.

14      Schließlich habe das Gericht Art. 265 AEUV und Art. 47 der Charta dadurch falsch ausgelegt, dass es in Rn. 12 des angefochtenen Beschlusses entschieden habe, dass die Frage, ob die in Rede stehenden Schreiben sie zufriedengestellt hätten, unerheblich sei. Das Gericht hätte beachten müssen, dass einerseits über eine Beschwerde gemäß Art. 24 Abs. 2 Unterabs. 3 der Verordnung 2015/1589 ein Beschluss zu fassen sei, gegen den dem Beschwerdeführer die Möglichkeit der Erhebung eines Rechtsbehelfs zustehen müsse, wenn ihn diese Stellungnahme nicht zufriedenstelle, und dass andererseits die Unterlassung der Einbringung einer Stellungnahme die „rechtliche Fiktion“ nach sich ziehe, dass die Beschwerde als zurückgenommen gelte, womit der Status als „Beteiligte“ im Sinne von Art. 1 Buchst. h der Verordnung 2015/1589 erlösche und daher für den Beschwerdeführer die Möglichkeit entfalle, gegen die im Rahmen des fraglichen Beschwerdeverfahrens von der Kommission erlassenen Beschlüsse Nichtigkeitsklage zu erheben.

 Würdigung durch den Gerichtshof

15      Zunächst ist festzustellen, dass das Gericht in Rn. 10 des angefochtenen Beschlusses darauf hingewiesen hat, dass die in Art. 265 AEUV festgelegten Voraussetzungen für die Zulässigkeit einer Untätigkeitsklage nicht erfüllt sind, wenn das beklagte Organ, das zum Tätigwerden aufgefordert wurde, vor Klageerhebung zu dieser Aufforderung Stellung genommen hat (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 1. April 1993, Pesqueras Echebastar/Kommission, C‑25/91, EU:C:1993:131, Rn. 11).

16      Aus Rn. 11 des angefochtenen Beschlusses geht jedoch hervor, dass die Kommission mit Schreiben vom 21. Oktober 2016 zur Beschwerde von CBA Stellung nahm und mit Schreiben vom 5. Dezember 2016 an ihrem Standpunkt festhielt.

17      Folglich hat das Gericht dadurch, dass es die Untätigkeitsklage als unzulässig abgewiesen hat, nur die Voraussetzungen, die nach der in Rn. 15 des vorliegenden Beschlusses angeführten Rechtsprechung für die Zulässigkeit der Untätigkeitsklage gelten, auf den vorliegenden Fall angewandt.

18      Da CBA lediglich die oben angeführte Rechtsprechung beanstandet, ohne eine spezifische rechtliche Argumentation vorzubringen, mit der das Ergebnis, zu dem das Gericht im Einklang mit dieser Rechtsprechung gelangt ist, in Frage gestellt werden könnte, ist die Rüge eines Verstoßes gegen die Voraussetzungen für die Zulässigkeit der Untätigkeitsklage als offensichtlich unzulässig zurückzuweisen.

19      Was das Vorbringen von CBA anbelangt, dass sich das Gericht in Rn. 11 des angefochtenen Beschlusses zu Unrecht darauf beschränkt habe, die Schreiben der Kommission als „bloße Mitteilungen“ einzustufen, ist zum einen festzustellen, dass es auf einem falschen Verständnis von Rn. 11 des angefochtenen Beschlusses beruht. Aus Rn. 11 geht nämlich hervor, dass sich das Gericht in Wirklichkeit darauf beschränkt hat, die verschiedenen Stellungnahmen der Kommission zu nennen, ohne sie rechtlich einzustufen. Zum anderen lässt das Ergebnis, zu dem das Gericht bezüglich der Voraussetzungen für die Zulässigkeit der Untätigkeitsklage gelangt ist, die davon zu unterscheidende Frage unberührt, ob die Weigerung der Kommission, der Beschwerde von CBA Folge zu geben, Gegenstand einer Nichtigkeitsklage hätte sein können.

20      Zudem kann Art. 47 der Charta – auch wenn die Voraussetzungen für die Zulässigkeit einer Klage vor dem Gerichtshof im Licht des durch diesen Artikel gewährleisteten Rechts auf einen wirksamen Rechtsbehelf auszulegen sind – nicht zu einer Änderung der in Art. 265 AEUV aufgeführten Voraussetzungen für die Zulässigkeit der Untätigkeitsklage führen.

21      Infolgedessen ist dieses Vorbringen als offensichtlich unbegründet zurückzuweisen.

22      Die verschiedenen Argumente, mit denen CBA einen Rechtsfehler des Gerichts in Rn. 12 des angefochtenen Beschlusses gerügt hat, sind ebenfalls als offensichtlich unbegründet zurückzuweisen.

23      Erstens ist nämlich festzustellen, dass das Gericht zu Recht entschieden hat, dass es unerheblich ist, dass die Stellungnahme der Kommission CBA nicht zufriedengestellt hat, da Art. 265 AEUV die Untätigkeit durch Nichtbescheidung oder Nichtstellungnahme meint, nicht aber den Erlass einer anderen als der von den Betroffenen gewünschten oder für notwendig erachteten Handlung (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 24. November 1992, Buckl u. a./Kommission, C‑15/91 und C‑108/91, EU:C:1992:454, Rn. 16 und 17, sowie vom 1. April 1993, Pesqueras Echebastar/Kommission, C‑25/91, EU:C:1993:131, Rn. 12).

24      Zweitens ist darauf hinzuweisen, dass die durch Art. 47 der Charta gewährleistete Wirksamkeit eines Rechtsbehelfs nicht davon abhängt, dass er für den Kläger positiv ausgeht (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 12. September 2006, Reynolds Tobacco u. a./Kommission, C‑131/03 P, EU:C:2006:541, Rn. 84).

25      In diesem Zusammenhang ist auch das von CBA vorgebrachte Argument zurückzuweisen, dass das Versäumnis des Beschwerdeführers, eine Stellungnahme einzureichen, die „rechtliche Fiktion“ auslöse, dass die Beschwerde als zurückgenommen gelte, wodurch sein Status als „Beteiligter“ im Sinne von Art. 1 Buchst. h der Verordnung 2015/1589 erlösche.

26      Da nämlich feststeht, dass CBA eine Stellungnahme zum Standpunkt der Kommission eingereicht hat und die „rechtliche Fiktion“ somit ihr gegenüber nicht zum Tragen kommen kann, ist dieses hypothetische Argument im vorliegenden Fall unerheblich und deshalb als offensichtlich unbegründet zurückzuweisen.

27      Zudem ist hinsichtlich des Arguments von CBA, mit dem der Eindruck erweckt wird, dass die Eigenschaft als „Beteiligter“ im Sinne von Art. 1 Buchst. h der Verordnung 2015/1589 als solche genügen könnte, um die Zulässigkeit einer Nichtigkeitsklage herbeizuführen, darauf hinzuweisen, dass der vorliegende Rechtsstreit nicht die Nichtigerklärung eines an CBA gerichteten oder sie unmittelbar und individuell betreffenden Rechtsakts betrifft, sondern die Zulässigkeit einer Untätigkeitsklage.

28      Nach alledem ist das Rechtsmittel in vollem Umfang zurückzuweisen.

 Kosten

29      Nach Art. 137 der Verfahrensordnung, der nach ihrem Art. 184 Abs. 1 auf das Rechtsmittelverfahren anzuwenden ist, wird in dem das Verfahren beendenden Beschluss über die Kosten entschieden. Da der vorliegende Beschluss ergangen ist, ohne dass die Rechtsmittelschrift der Beklagten im ersten Rechtszug zugestellt wurde, ist zu entscheiden, dass die Rechtsmittelführerin ihre eigenen Kosten trägt.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Zehnte Kammer) beschlossen:

1.      Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen.

2.      Die CBA Spielapparate- und Restaurantbetriebs GmbH trägt ihre eigenen Kosten.

Luxemburg, den 8. Februar 2018

Der Kanzler

 

Der Präsident der Zehnten Kammer

A. Calot Escobar

 

E. Levits


*      Verfahrenssprache: Deutsch.