URTEIL DES GERICHTSHOFS (Fünfte Kammer)

22. Oktober 2015 ( *1 )

„Vorlage zur Vorabentscheidung — Öffentliche Dienstleistungsaufträge — Richtlinie 2004/18/EG — Art. 23 Abs. 2 — Erbringung öffentlicher Gesundheitsdienstleistungen — Erbringung von Gesundheitsdienstleistungen öffentlicher Krankenhäuser in privaten Einrichtungen — Erfordernis der Erbringung der Dienstleistungen in einer konkreten Gemeinde“

In der Rechtssache C‑552/13

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Juzgado de lo Contencioso-Administrativo no 6 de Bilbao (Verwaltungsgericht Nr. 6 in Bilbao, Spanien) mit Entscheidung vom 30. September 2013, beim Gerichtshof eingegangen am 25. Oktober 2013, in dem Verfahren

Grupo Hospitalario Quirón SA

gegen

Departamento de Sanidad del Gobierno Vasco,

Instituto de Religiosas Siervas de Jesús de la Caridad

erlässt

DER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten der Vierten Kammer T. von Danwitz in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten der Fünften Kammer sowie der Richter D. Šváby, A. Rosas, E. Juhász (Berichterstatter) und C. Vajda,

Generalanwalt: M. Szpunar,

Kanzler: M. Ferreira, Hauptverwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 20. April 2015,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

der Grupo Hospitalario Quirón SA, vertreten durch J. Cabrera Ayala und I. Millán Fernández, abogados,

des Departamento de Sanidad del Gobierno Vasco, vertreten durch L. Pérez Ovejero als Bevollmächtigte,

des Instituto de Religiosas Siervas de Jesús de la Caridad, vertreten durch L. Galdos Tobalina und A. Arenaza Artabe, abogados,

der spanischen Regierung, vertreten durch L. Banciella Rodríguez-Miñón als Bevollmächtigten,

der Europäischen Kommission, vertreten durch A. Tokár und E. Sanfrutos Cano als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 11. Juni 2015

folgendes

Urteil

1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung des Unionsrechts im Bereich der öffentlichen Aufträge und insbesondere von Art. 23 Abs. 2 der Richtlinie 2004/18/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge, Lieferaufträge und Dienstleistungsaufträge (ABl. L 134, S. 114).

2

Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Grupo Hospitalario Quirón SA (im Folgenden: Grupo Hospitalario Quirón) einerseits und dem Departamento de Sanidad del Gobierno Vasco (baskisches Gesundheitsministerium) sowie dem Instituto de Religiosas Siervas de Jesús de la Caridad andererseits betreffend die Rechtmäßigkeit einer Voraussetzung, die in zwei von dieser Einrichtung veröffentlichten Vergabebekanntmachungen enthalten ist.

Rechtlicher Rahmen

3

Im zweiten Erwägungsgrund der Richtlinie 2004/18 heißt es:

„Die Vergabe von Aufträgen in den Mitgliedstaaten auf Rechnung des Staates, der Gebietskörperschaften und anderer Einrichtungen des öffentlichen Rechts ist an die Einhaltung der im Vertrag niedergelegten Grundsätze gebunden, insbesondere des Grundsatzes des freien Warenverkehrs, des Grundsatzes der Niederlassungsfreiheit und des Grundsatzes der Dienstleistungsfreiheit sowie der davon abgeleiteten Grundsätze wie z. B. des Grundsatzes der Gleichbehandlung, des Grundsatzes der Nichtdiskriminierung, des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung, des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit und des Grundsatzes der Transparenz …“

4

Art. 1 dieser Richtlinie („Definitionen“) bestimmt:

„…

(2)   

a)

‚Öffentliche Aufträge‘ sind zwischen einem oder mehreren Wirtschaftsteilnehmern und einem oder mehreren öffentlichen Auftraggebern geschlossene schriftliche entgeltliche Verträge über die Ausführung von Bauleistungen, die Lieferung von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen im Sinne dieser Richtlinie.

d)

‚Öffentliche Dienstleistungsaufträge‘ sind öffentliche Aufträge über die Erbringung von Dienstleistungen im Sinne von Anhang II, die keine öffentlichen Bau- oder Lieferaufträge sind.

(4)   ‚Dienstleistungskonzessionen‘ sind Verträge, die von öffentlichen Dienstleistungsaufträgen nur insoweit abweichen, als die Gegenleistung für die Erbringung der Dienstleistungen ausschließlich in dem Recht zur Nutzung der Dienstleistung oder in diesem Recht zuzüglich der Zahlung eines Preises besteht.

…“

5

Art. 2 („Grundsätze für die Vergabe von Aufträgen“) der Richtlinie sieht vor:

„Die öffentlichen Auftraggeber behandeln alle Wirtschaftsteilnehmer gleich und nichtdiskriminierend und gehen in transparenter Weise vor.“

6

Gemäß Art. 7 („Schwellenwerte für öffentliche Aufträge“) der Richtlinie 2004/18 in der durch die Verordnung (EG) Nr. 1177/2009 der Kommission vom 30. November 2009 (ABl. L 314, S. 64) angepassten Fassung, die zeitlich auf das im Ausgangsverfahren in Rede stehende Verfahren anwendbar ist, gilt diese Richtlinie für öffentliche Dienstleistungsaufträge, die von anderen öffentlichen Auftraggebern als den zentralen Regierungsbehörden vergeben werden und deren geschätzter Wert netto ohne Mehrwertsteuer (MwSt) einen Betrag von 193000 Euro erreicht oder überschreitet.

7

Art. 21 („Aufträge über Dienstleistungen gemäß Anhang II Teil B“) der Richtlinie 2004/18 lautet wie folgt:

„Aufträge über Dienstleistungen gemäß Anhang II Teil B unterliegen nur Artikel 23 und Artikel 35 Absatz 4.“

8

Gemäß Anhang II Teil B der Richtlinie 2004/18 fallen Gesundheitsdienstleistungen unter die Kategorie 25 („Gesundheits-, Veterinär- und Sozialwesen“) dieses Anhangs.

9

Art. 23 („Technische Spezifikationen“) Abs. 2 der Richtlinie 2004/18 bestimmt:

„Die technischen Spezifikationen müssen allen Bietern gleichermaßen zugänglich sein und dürfen die Öffnung der öffentlichen Beschaffungsmärkte für den Wettbewerb nicht in ungerechtfertigter Weise behindern.“

Ausgangsverfahren und Vorlagefrage

10

Aus der dem Gerichtshof vorgelegten Akte geht hervor, dass die Erbringung öffentlicher Gesundheitsdienstleistungen im Baskenland (Spanien) auf der Grundlage eines Systems der territorialen Organisation und der Aufteilung in Gesundheitsbezirke gewährleistet wird. Nach diesem System werden die Patienten, die der öffentlichen Gesundheitsversorgung unterliegen, von einem im entsprechenden Gesundheitsbezirk gelegenen öffentlichen Krankenhaus („Referenzkrankenhaus“) versorgt.

11

Um die öffentlichen Krankenhäuser zu entlasten und die Wartezeiten der Patienten im Einzugsgebiet dieser Einrichtungen, die medizinischer Leistungen bedürfen, die von den öffentlichen Gesundheitsdiensten nicht innerhalb eines angemessenen Zeitraums erbracht werden können, zu verkürzen, führten die zuständigen Behörden einen Mechanismus der Zusammenarbeit mit privaten Gesundheitseinrichtungen und Krankenhäusern ein, nach dem gewisse ergänzende öffentliche medizinische Dienstleistungen ausgelagert und auf vertraglicher Basis und nach Vergabe eines öffentlichen Dienstleistungsauftrags von diesen privaten Einrichtungen sichergestellt werden. Diese privaten Einrichtungen stellen dem öffentlichen Gesundheitswesen also ihre Infrastrukturen und ihre technischen und personellen Mittel, nämlich u. a. Krankenpfleger und Assistenten, mit dem Ziel zur Verfügung, zur Erfüllung der Aufgaben des öffentlichen Gesundheitssystems beizutragen. Chirurgische Eingriffe und andere medizinische Behandlungen werden jedoch von dem öffentlichen Gesundheitswesen angehörenden Chirurgen gewährleistet, die sich zu diesem Zweck in diese privaten Einrichtungen begeben.

12

Vor diesem Hintergrund genehmigte die Directora Territorial de Vizcaya del Departamento de Sanidad del Gobierno Vasco die Ausschreibungsunterlagen, die Kosten und die Auftragsunterlagen des Auftrags für öffentliche Dienstleistungen auf den Gebieten „kleinere chirurgische Eingriffe, allgemeine Chirurgie, gastroenterologische Chirurgie, Gynäkologie, Urologie, Traumatologie und orthopädische Chirurgie“ für Patienten im Einzugsgebiet der öffentlichen Krankenhäuser von Basurto, das sich in der Gemeinde Bilbao befindet, und Galdakao, das sich in der Gemeinde Galdakao befindet. Der Auftrag sollte auf der Grundlage eines offenen Verfahrens vergeben werden, die Ausschreibung wurde im Boletín Oficial del País Vasco (Amtsblatt des Baskenlands) vom 31. Januar 2011 veröffentlicht. Der geschätzte Auftragshöchstwert, einschließlich eventueller Überträge, betrug 5841041,84 Euro (im Folgenden: Auftrag Nr. 21/2011).

13

Am 10. Mai 2011 genehmigte dieselbe öffentliche Behörde die Ausschreibungsunterlagen, die Kosten und die Auftragsunterlagen des Auftrags im Zusammenhang mit „augenchirurgischen Eingriffen“ für Patienten im Einzugsgebiet des öffentlichen Krankenhauses von Galdakao. Der Auftrag sollte in einem offenen Verfahren vergeben werden, die Ausschreibung wurde im Boletín Oficial del País Vasco vom 14. Juni 2011 veröffentlicht. Der geschätzte Auftragshöchstwert, einschließlich eventueller Überträge, betrug 6273219,53 Euro (im Folgenden: Auftrag Nr. 50/2011).

14

Der Dienstleister an den die Aufträge vergeben würden, sollte die Vergütung sowohl im Fall des Auftrags Nr. 21/2011 als auch im Fall des Auftrags Nr. 50/2011 unmittelbar vom Departamento de Sanidad del Gobierno Vasco in dessen Eigenschaft als öffentlicher Auftraggeber erhalten.

15

Die technischen Spezifikationen dieser beiden Aufträge bestimmen in dem Punkt über die Mindestanforderungen mit der Überschrift „Standort“:

„Mit Rücksicht auf die Notwendigkeit, diese Dienstleistungen in angemessener Entfernung zu den Patienten und ihren Familienangehörigen zu erbringen, die Erreichbarkeit und die Fahrtzeit mit den öffentlichen Verkehrsmitteln sowie die Notwendigkeit der Minimierung der erforderlichen Fahrten des medizinischen Personals der … Krankenhäuser, müssen sich die angebotenen Gesundheitszentren in der Gemeinde Bilbao befinden.“

16

Daher sollte gemäß den Ausschreibungsunterlagen für diese Aufträge der Ort der Erbringung der darin vorgesehenen Leistungen ausschließlich die Gemeinde Bilbao sein.

17

Grupo Hospitalario Quirón, Eigentümerin eines privaten Allgemeinkrankenhauses in der Gemeinde Erandio, focht die beiden öffentlichen Ausschreibungen betreffend die Aufträge Nr. 21/2011 und Nr. 50/2011 zunächst im Wege eines Verwaltungsverfahrens und schließlich in einem Gerichtsverfahren an. Sie trug vor, dass das Erfordernis, dass die von diesen Ausschreibungsverfahren erfassten Leistungen in der Gemeinde Bilbao erbracht werden müssten, gegen die Grundsätze der Gleichbehandlung, des freien Zugangs zu Ausschreibungsverfahren und des freien Wettbewerbs verstoße.

18

Das vorlegende Gericht führt aus, dass das Krankenhaus der Grupo Hospitalario Quirón alle in den Ausschreibungsunterlagen für diese Aufträge angeführten technischen Spezifikationen erfülle, bis auf das Standort-Erfordernis, da es sich nicht in der Gemeinde Bilbao befinde, sondern in der Gemeinde Erandio, die an Bilbao angrenze. Die Gemeinden Bilbao und Erandio bildeten jedoch gemeinsam mit anderen Gemeinden das sogenannte „Gran Bilbao“ bzw. den „Großraum Bilbao“. Im Übrigen habe es vor der Ausschreibung dieser Aufträge keine Ausschreibungen des Departamento de Sanidad del Gobierno Vasco gegeben, die die Verpflichtung enthalten hätten, die betreffenden Gesundheitsdienstleistungen an einem bestimmten Ort zu erbringen.

19

Von den Bietern werde formal nicht verlangt, dass sie über Krankenhauseinrichtungen in der Gemeinde Bilbao verfügten oder Eigentümer solcher Einrichtungen seien; sie müssten lediglich in der Lage sein, die Gesundheitsdienstleistungen, die Gegenstand der Aufträge Nr. 21/2011 und Nr. 50/2011 seien, in Einrichtungen zu erbringen, die in dieser Gemeinde gelegen seien, unabhängig davon, aufgrund welchen Rechtstitels sie diese nutzten. De facto stehe jedoch fest, dass, abgesehen von den mit der Nutzung solcher Einrichtungen verbundenen Kosten, lediglich Gesundheitsdienstleister mit Sitz in Bilbao an der Ausschreibung teilnehmen könnten, da alle anderen Betreiber nicht in der Lage seien, in der Zeit zwischen der Veröffentlichung der Ausschreibung für diese Aufträge und dem Ende der Frist für die Einreichung von Angeboten dafür zu sorgen, dass sie über die Einrichtungen und das geeignete Personal verfügten.

20

Nach Ansicht des vorlegenden Gerichts stellt das in den Ausschreibungsunterlagen für diese Aufträge enthaltene Standort‑Erfordernis eine Beschränkung des Wettbewerbs und einen Verstoß gegen den Grundsatz des freien Zugangs der Bieter zu Ausschreibungsverfahren dar, die sich nicht durch eine zwingende Notwendigkeit rechtfertigen lasse. Die Nachbargemeinden Erandio und Bilbao hätten nämlich von 1924 bis 1982 zur selben Gemeinde gehört und bildeten derzeit zusammen mit anderen Gemeinden den Großraum Bilbao. Außerdem sei das Krankenhaus der Grupo Hospitalario Quirón von der Gemeinde Bilbao aus mit öffentlichen Verkehrsmitteln leicht zu erreichen.

21

Darüber hinaus richteten sich die Gesundheitsdienstleistungen, die Gegenstand des Auftrags Nr. 21/2011 seien, nicht nur an die Patienten im Einzugsgebiet des in der Gemeinde Bilbao gelegenen öffentlichen Krankenhauses von Basurto, sondern auch an die Patienten im Einzugsgebiet des in der Gemeinde Galdakao, einer von Bilbao unabhängigen Gemeinde, gelegenen öffentlichen Krankenhauses von Galdakao. Daher sei es sehr wahrscheinlich, dass die Patienten, für die die den Gegenstand dieser beiden Aufträge bildenden Dienstleistungen bestimmt seien, in erster Linie in einer anderen Gemeinde als Bilbao wohnten, so dass das auf den Wohnsitz der Patienten gestützte Argument nicht stichhaltig sei.

22

Das vorlegende Gericht kommt daher zu dem Ergebnis, dass das im Ausgangsverfahren in Rede stehende Erfordernis nicht mit Art. 23 Abs. 2 der Richtlinie 2004/18 vereinbar sei.

23

Aufgrund dieser Erwägungen hat der Juzgado de lo Contencioso‑Administrativo no 6 de Bilbao (Verwaltungsgericht Nr. 6 in Bilbao) beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen:

Ist das Erfordernis in öffentlichen Aufträgen für die Erbringung von Gesundheitsdienstleistungen, wonach die Gesundheitsleistung, die Gegenstand dieser Aufträge ist, ausschließlich in einer konkreten Gemeinde erbracht werden kann, in der die Patienten nicht unbedingt ihren Wohnsitz haben müssen, mit dem Recht der Europäischen Union vereinbar?

Zur Vorlagefrage

24

Erstens ist festzustellen, dass, wie sich aus der dem Gerichtshof vorgelegten Akte ergibt, die beiden Aufträge Nr. 21/2011 und Nr. 50/2011 öffentliche Dienstleistungsaufträge im Sinne von Art. 1 Abs. 2 Buchst. a und d der Richtlinie 2004/18 darstellen, deren Wert den in Art. 7 der Richtlinie vorgesehenen Schwellenwert überschreitet, und keine Dienstleistungskonzessionen im Sinne von Art. 1 Abs. 3 dieser Richtlinie, da die Vergütung des Auftragnehmers in vollem Umfang vom öffentlichen Auftraggeber gezahlt wird, der auch das wirtschaftliche Risiko trägt.

25

Wie sich aus den Rn. 7 und 8 des vorliegenden Urteils ergibt, unterliegen diese Aufträge, die Gesundheitsdienstleistungen zum Gegenstand haben, einzig den Art. 23 und 35 Abs. 4 der Richtlinie 2004/18.

26

Zweitens ist zum einen darauf hinzuweisen, dass gemäß Art. 23 Abs. 2 der Richtlinie 2004/18, der Bestimmung, der diese Aufträge unterliegen und die Ausdruck des Grundsatzes der Gleichbehandlung ist, die technischen Spezifikationen den gleichberechtigten Zugang aller Bieter ermöglichen müssen.

27

Zum anderen verweisen die technischen Ausschreibungsunterlagen der beiden im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Aufträge, wie sich aus Rn. 15 des vorliegenden Urteils ergibt, auf die Notwendigkeit, im Interesse der Patienten, ihrer Angehörigen und des medizinischen Personals, das sich zu der ausgewählten ergänzenden privaten Krankenhauseinrichtung begeben muss, die angemessene Entfernung und Erreichbarkeit dieser Einrichtung zu gewährleisten, also auf Kriterien, die in der Natur der beanspruchten Dienstleistungen liegen.

28

Das in den besonderen verwaltungsrechtlichen Bestimmungen und technischen Spezifikationen der Aufträge Nr. 21/2011 und Nr. 50/2011 vorgesehene Erfordernis, dass sich eine solche Einrichtung zwingend in der konkreten Gemeinde befinden muss, die der Ort der ausschließlichen Erbringung der fraglichen Gesundheitsdienstleistungen sein soll, stellt im Hinblick auf die geografische Situation im Ausgangsverfahren jedoch eine territoriale Einschränkung der Durchführung dar, die nicht dazu geeignet ist, die Erreichung des in Rn. 27 des vorliegenden Urteils erwähnten Ziels zu ermöglichen, im Interesse der Patienten, ihrer Angehörigen und des medizinischen Personals, das sich zu der ergänzenden privaten Krankenhauseinrichtung begeben muss, die angemessene Entfernung und Erreichbarkeit dieser Einrichtung zu gewährleisten und dabei allen Bietern einen gleichen und diskriminierungsfreien Zugang zu diesen Aufträgen zu ermöglichen.

29

In Anbetracht der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden geografischen Situation führt ein geografisches Standort‑Erfordernis wie das in den besonderen verwaltungsrechtlichen Bestimmungen und technischen Spezifikationen der Aufträge Nr. 21/2011 und Nr. 50/2011 enthaltene dazu, diejenigen Bieter automatisch auszuschließen, die nicht in der Lage sind, die in Rede stehenden Dienstleistungen in einer in einer bestimmten Gemeinde gelegenen Einrichtung zu erbringen, obwohl sie möglicherweise die anderen in den Ausschreibungsunterlagen und technischen Spezifikationen der betreffenden Aufträge festgelegten Voraussetzungen erfüllen.

30

Das vorlegende Gericht führt aus, dass dies bei der Klägerin des Ausgangsverfahrens der Fall sei, deren Einrichtung sämtliche geforderten Voraussetzungen, einschließlich derjenigen der angemessenen Entfernung und Erreichbarkeit, erfülle, mit Ausnahme des Erfordernisses des Standorts im Gebiet der Gemeinde Bilbao, da diese Einrichtung in einer an Bilbao angrenzenden Gemeinde gelegen sei.

31

In diesem Zusammenhang ist auch darauf hinzuweisen, dass, wie das vorlegende Gericht ausführt, zahlreiche Patienten, die in den Genuss der in der privaten Krankenhauseinrichtung der Auftragnehmerin zu erbringenden Dienstleistungen kommen sollen, ihren Wohnsitz außerhalb der Gemeinde haben, in deren Gebiet sich diese Einrichtung nach der fraglichen Standortklausel befinden muss.

32

Dieses Erfordernis stellt demnach nicht sicher, dass die beiden im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Aufträge sämtlichen Bietern, die die angemessene Entfernung und Erreichbarkeit der privaten ergänzenden Krankenhauseinrichtung gewährleisten können, gleichermaßen und diskriminierungsfrei zugänglich sind, da es diese Aufträge nur denjenigen Bietern zugänglich macht, die die in Rede stehenden Dienstleistungen in einer Einrichtung erbringen können, die in der Gemeinde gelegen ist, die in der entsprechenden Vergabebekanntmachung bezeichnet ist. Es verstößt daher gegen Art. 23 Abs. 2 der Richtlinie 2004/18.

33

Nach alledem ist auf die Vorlagefrage zu antworten, dass Art. 23 Abs. 2 der Richtlinie 2004/18 einem Erfordernis wie dem im Ausgangsverfahren in Rede stehenden entgegensteht, das in Bekanntmachungen über die öffentliche Vergabe von Gesundheitsdienstleistungen als technische Spezifikation formuliert ist und dahin geht, dass die Gesundheitsdienstleistungen, die Gegenstand der Ausschreibungsverfahren sind, von privaten Krankenhauseinrichtungen erbracht werden müssen, die ausschließlich in einer bestimmten Gemeinde gelegen sind, in der die von diesen Dienstleistungen betroffenen Patienten nicht unbedingt ihren Wohnsitz haben müssen, sofern dieses Erfordernis zum automatischen Ausschluss derjenigen Bieter führt, die diese Dienstleistungen nicht in einer solchen in der fraglichen Gemeinde gelegenen Einrichtung erbringen können, alle übrigen Voraussetzungen dieser Ausschreibungsverfahren jedoch erfüllen.

Kosten

34

Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

 

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Fünfte Kammer) für Recht erkannt:

 

Art. 23 Abs. 2 der Richtlinie 2004/18/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge, Lieferaufträge und Dienstleistungsaufträge steht einem Erfordernis wie dem im Ausgangsverfahren in Rede stehenden entgegen, das in Bekanntmachungen über die öffentliche Vergabe von Gesundheitsdienstleistungen als technische Spezifikation formuliert ist und dahin geht, dass die Gesundheitsdienstleistungen, die Gegenstand der Ausschreibungsverfahren sind, von privaten Krankenhauseinrichtungen erbracht werden müssen, die ausschließlich in einer bestimmten Gemeinde gelegen sind, in der die von diesen Dienstleistungen betroffenen Patienten nicht unbedingt ihren Wohnsitz haben müssen, sofern dieses Erfordernis zum automatischen Ausschluss derjenigen Bieter führt, die diese Dienstleistungen nicht in einer solchen in der fraglichen Gemeinde gelegenen Einrichtung erbringen können, alle übrigen Voraussetzungen dieser Ausschreibungsverfahren jedoch erfüllen.

 

Unterschriften


( *1 ) Verfahrenssprache: Spanisch.