URTEIL DES GERICHTSHOFS (Große Kammer)

14. April 2015 ( *1 )

„Vorlage zur Vorabentscheidung — Inländische Abgaben — Art. 110 AEUV — Von einem Mitgliedstaat auf Kraftfahrzeuge bei der erstmaligen Zulassung oder der erstmaligen Umschreibung des Eigentums erhobene Steuer — Neutralität zwischen aus anderen Mitgliedstaaten stammenden Gebrauchtfahrzeugen und gleichartigen, auf dem nationalen Markt verfügbaren Kraftfahrzeugen“

In der Rechtssache C‑76/14

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht von der Curte de Apel Braşov (Rumänien) mit Entscheidung vom 29. Januar 2014, beim Gerichtshof eingegangen am 12. Februar 2014, in dem Verfahren

Mihai Manea

gegen

Instituția Prefectului județul Brașov – Serviciul public comunitar regim de permise de conducere și înmatriculare a vehiculelor

erlässt

DER GERICHTSHOF (Große Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten V. Skouris, des Vizepräsidenten K. Lenaerts, der Kammerpräsidenten M. Ilešič (Berichterstatter), L. Bay Larsen, T. von Danwitz und J.‑C. Bonichot, der Richter A. Arabadjiev, M. Safjan und D. Šváby, der Richterinnen M. Berger und A. Prechal sowie der Richter E. Jarašiūnas und C. G. Fernlund,

Generalanwalt: M. Szpunar,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

von M. Manea, vertreten durch R. Cătălin, avocat,

der rumänischen Regierung, vertreten durch R. H. Radu als Bevollmächtigten im Beistand von V. Angelescu und D. M. Bulancea,

der Europäischen Kommission, vertreten durch R. Lyal und G.‑D. Bălan als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 10. Februar 2015

folgendes

Urteil

1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 110 AEUV.

2

Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen Herrn Manea und der Instituția Prefectului județul Brașov – Serviciul public comunitar regim de permise de conducere și înmatriculare a vehiculelor über eine Steuer, deren Zahlung von Herrn Manea im Hinblick auf die Zulassung eines aus einem anderen Mitgliedstaat stammenden Gebrauchtfahrzeugs in Rumänien verlangt wurde.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

3

Die europäischen Emissionsklassen legen die tolerierbaren Grenzwerte für Abgasemissionen neuer, in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union verkaufter Kraftfahrzeuge fest. Der erste Grenzwert dieser Art (allgemein als Klasse Euro 1 bezeichnet) wurde durch die am 1. Januar 1992 in Kraft getretene Richtlinie 91/441/EWG des Rates vom 26. Juni 1991 zur Änderung der Richtlinie 70/220/EWG zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über Maßnahmen gegen die Verunreinigung der Luft durch Emissionen von Kraftfahrzeugen (ABl. L 242, S. 1) eingeführt. Seitdem wurden die Vorschriften in diesem Bereich mit dem Ziel einer Verbesserung der Luftqualität in der Union stetig verschärft.

4

Die Richtlinie 2007/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. September 2007 zur Schaffung eines Rahmens für die Genehmigung von Kraftfahrzeugen und Kraftfahrzeuganhängern sowie von Systemen, Bauteilen und selbständigen technischen Einheiten für diese Fahrzeuge (Rahmenrichtlinie) (ABl. L 263, S. 1) unterscheidet zwischen Fahrzeugen der Klasse M, die „[f]ür die Personenbeförderung ausgelegte und gebaute Kraftfahrzeuge mit mindestens vier Rädern“ umfasst, und solchen der Klasse N, die „[f]ür die Güterbeförderung ausgelegte und gebaute Kraftfahrzeuge mit mindestens vier Rädern“ umfasst. Diese Klassen sind nach der Zahl der Sitzplätze und der Gesamtmasse (Klasse M) bzw. nur nach der Gesamtmasse (Klasse N) weiter unterteilt.

Rumänisches Recht

5

Mit dem Gesetz Nr. 343/2006 zur Änderung und Ergänzung des Gesetzes Nr. 571/2003 über das Steuergesetzbuch (Legea nr. 343/2006 pentru modificarea şi completarea Legii nr. 571/2003 privind Codul fiscal) vom 17. Juli 2006 (Monitorul Oficial al României, Teil I, Nr. 662 vom 1. August 2006) wurde in das Steuergesetzbuch eine Sondersteuer für Kraftfahrzeuge eingeführt, die ab dem 1. Januar 2007 galt und bei der erstmaligen Zulassung des Fahrzeugs in Rumänien fällig wurde (im Folgenden: Sondersteuer).

6

Mit der Dringlichkeitsverordnung Nr. 50/2008 der Regierung zur Einführung einer Umweltsteuer für Kraftfahrzeuge (Ordonanță de Urgență a Guvernului nr. 50/2008 pentru instituirea taxei pe poluare pentru autovehicule) vom 21. April 2008 (Monitorul Oficial al României, Teil I, Nr. 327 vom 25. April 2008) (im Folgenden: OUG Nr. 50/2008), die ab dem 1. Juli 2008 galt, wurde eine Umweltsteuer für Kraftfahrzeuge der Kategorien M1 bis M3 und N1 bis N3 eingeführt. Die Pflicht zur Zahlung dieser Steuer entstand u. a. bei der erstmaligen Zulassung eines solchen Kraftfahrzeugs in Rumänien.

7

Die OUG Nr. 50/2008 wurde mehrfach geändert, bevor sie durch das Gesetz Nr. 9/2012 über die Steuer auf Schadstoffemissionen von Kraftfahrzeugen (Legea nr. 9/2012 privind taxa pentru emisiile poluante provenite de la autovehicule) vom 6. Januar 2012 (Monitorul Oficial al României, Teil I, Nr. 17 vom 10. Januar 2012), das am 13. Januar 2012 in Kraft trat, aufgehoben wurde.

8

Mit dem Gesetz Nr. 9/2012 wurde entsprechend der OUG Nr. 50/2008 eine Umweltsteuer für Kraftfahrzeuge der Kategorien M1 bis M3 und N1 bis N3 eingeführt.

9

Nach Art. 4 Abs. 1 des Gesetzes Nr. 9/2012 entstand die Pflicht zur Entrichtung dieser Steuer u. a. bei der erstmaligen Zulassung eines Kraftfahrzeugs in Rumänien.

10

Nach Art. 4 Abs. 2 dieses Gesetzes entstand die Pflicht zur Zahlung der genannten Steuer unter bestimmten Voraussetzungen auch bei der erstmaligen Umschreibung des Eigentums an einem Gebrauchtfahrzeug in Rumänien. Diese Vorschrift lautete wie folgt:

„Die Pflicht zur Zahlung der Steuer entsteht auch bei erstmaliger Umschreibung des Eigentums an einem gebrauchten Kraftfahrzeug in Rumänien, für das weder die Sondersteuer für Pkw und Kraftfahrzeuge gemäß dem Gesetz Nr. 571/2003 mit späteren Änderungen und Ergänzungen noch die Umweltsteuer für Kraftfahrzeuge entrichtet wurde und das nicht in die Kategorie von Kraftfahrzeugen fällt, die gemäß den im Zeitpunkt der Zulassung geltenden gesetzlichen Bestimmungen von der Zahlung dieser Steuern ausgenommen oder befreit sind.“

11

Der Ausdruck „erstmalige Umschreibung des Eigentums“ bezeichnete gemäß Art. 2 Buchst. i des Gesetzes Nr. 9/2012 die „erste Übertragung des Eigentums an einem Gebrauchtfahrzeug, die nach Inkrafttreten dieses Gesetzes … erfolgt“.

12

Die Anwendung von Art. 4 Abs. 2 des Gesetzes Nr. 9/2012 wurde jedoch durch die am 31. Januar 2012 in Kraft getretene Dringlichkeitsverordnung Nr. 1/2012 der Regierung vom 30. Januar 2012 über die Aussetzung der Anwendung einiger Vorschriften des Gesetzes Nr. 9/2012 betreffend die Steuer auf Schadstoffemissionen von Kraftfahrzeugen sowie über die Erstattung der gemäß Art. 4 Abs. 2 dieses Gesetzes erhobenen Steuer (Ordonanță de Urgență a Guvernului nr. 1/2012 pentru suspendarea aplicării unor dispoziții ale Legii nr. 9/2012 privind taxa pentru emisiile poluante provenite de la autovehicule, precum și pentru restituirea taxei achitate in conformitate cu prevederile art. 4 alin. 2 din lege, Monitorul Oficial al României, Teil I, Nr. 79 vom 31. Januar 2012, im Folgenden: OUG Nr. 1/2012) bis zum 1. Januar 2013 ausgesetzt. Die OUG Nr. 1/2012 sah darüber hinaus vor, dass die Steuerpflichtigen, die diese Steuer gemäß dem genannten Art. 4 Abs. 2 im Zeitraum vom Inkrafttreten des Gesetzes Nr. 9/2012 bis zum Inkrafttreten der OUG Nr. 1/2012 entrichtet haben, einen Anspruch auf Erstattung dieser Steuer haben.

13

Art. 6 des Gesetzes Nr. 9/2012 sah vor:

„(1)   Der zu zahlende Steuerbetrag wird auf der Grundlage der in den Anhängen 1 bis 5 vorgesehenen Merkmale wie folgt berechnet:

a)

für Kraftfahrzeuge der Kategorie M1 der Schadstoffklassen Euro 3, Euro 4, Euro 5 oder Euro 6:

1.

Für Kraftfahrzeuge der Schadstoffklassen Euro 5, Euro 4 oder Euro 3 wird die Steuer auf der Grundlage des Kohlenstoffdioxidausstoßes (CO2), der Steuer auf Schadstoffemissionen, ausgedrückt in Euro/g CO2, nach Anhang 1, der Schadstoffklasse, der Steuer auf Schadstoffemissionen, ausgedrückt in Euro/cm3, gemäß Anhang 2, und einer prozentualen Steuerermäßigung nach Spalte 2 des Anhangs 4 nach folgender Formel berechnet:

Zahlbetrag = [(A × B × 30 %) + (C × D × 70 %)] × (100 ‐ E) %,

wobei:

A = kombinierter Wert des CO2-Ausstoßes in g/km;

B = Steuer auf Schadstoffemissionen in Euro/g CO2 nach Spalte 3 des Anhangs 1;

C = Hubraum (Zylindervolumen);

D = Steuer auf Schadstoffemissionen nach Hubraum nach Spalte 3 des Anhangs 2;

E = prozentuale Steuerermäßigung nach Spalte 2 des Anhangs 4.

2.

Für Kraftfahrzeuge der Schadstoffklasse Euro 6 wird die Steuer ab dem Inkrafttreten der Schadstoffklasse Euro 6 für die Zulassung, den Verkauf und die Inbetriebnahme von Neufahrzeugen … auf der Grundlage der Formel nach Nr. 1 berechnet.

b)

für Kraftfahrzeuge der Klasse M1, die keiner Euro-Schadstoffklasse, der Schadstoffklasse Euro 1 oder der Schadstoffklasse Euro 2 angehören und für die kein kombinierter Wert des CO2-Ausstoßes festgelegt ist, nach folgender Formel:

Zahlbetrag = C × D × (100 – E): 100;

wobei:

C = Hubraum (Zylindervolumen);

D = Steuer auf Schadstoffemissionen nach Hubraum nach Spalte 3 des Anhangs 2;

E = prozentuale Steuerermäßigung nach Spalte 2 des Anhangs 4.

(3)   Der fixe Ermäßigungssatz … bestimmt sich nach dem Alter des Kraftfahrzeugs.

(4)   Bei der Berechnung der Steuer können gegenüber dem sich aus Anhang 4 ergebenden Ermäßigungssatz zusätzliche Ermäßigungen entsprechend den Abweichungen von den gewöhnlichen Merkmalen, die der Bestimmung des fixen Prozentsatzes zugrunde lagen, gemäß den Durchführungsbestimmungen [zum Gesetz Nr. 9/2012 über die Steuer auf Schadstoffemissionen von Kraftfahrzeugen (Normele metodologice de aplicare a Legii nr. 9/2012 privind taxa pentru emisiile poluante provenite de la autovehicule, Monitorul Oficial al României, Teil I, Nr. 29 vom 13. Januar 2012), im Folgenden: Durchführungsbestimmungen] gewährt werden, wenn die Person, die die Zulassung oder gegebenenfalls die erstmalige Umschreibung des Eigentums an einem Gebrauchtfahrzeug beantragt, ehrenwörtlich erklärt, dass die tatsächliche durchschnittliche jährliche Fahrleistung des betreffenden Fahrzeugs höher ist als die für die entsprechende Fahrzeugkategorie als Standard angesehene durchschnittliche jährliche Fahrleistung. In diesem Fall wird die Steuer auf der Grundlage des sich aus Anhang 4 ergebenden Ermäßigungssatzes, erhöht durch den zusätzlichen Ermäßigungssatz nach Anhang 5, berechnet. Ist der neue Ermäßigungssatz höher als 90 %, so wird ein Ermäßigungssatz von 90 % angewandt.

(5)   Der nach Abs. 1 berechnete zu entrichtende Steuerbetrag kann auch dann gemäß den Durchführungsbestimmungen … angepasst werden, wenn die Person, die die Zulassung eines Gebrauchtfahrzeugs oder gegebenenfalls die erstmalige Umschreibung des Eigentums an einem Gebrauchtfahrzeug beantragt, aufgrund eines vom Autonomen Regiebetrieb ‚Zentrales rumänisches Autoregister‘ erstellten technischen Sachverständigengutachtens den Nachweis erbringt, dass die Wertminderung des Gebrauchtfahrzeugs höher ist.

(6)   Das Alter des Kraftfahrzeugs wird nach dessen Erstzulassung berechnet.

(7)   Kann die Person, die die Zulassung eines Kraftfahrzeugs oder die erstmalige Umschreibung des Eigentums an einem Kraftfahrzeug beantragt, den Nachweis für das Datum der Zulassung des Fahrzeugs nicht erbringen, so wird die Steuer entsprechend dem Baujahr berechnet.“

14

Art. 9 des Gesetzes Nr. 9/2012 sah vor:

„(1)   Der zu zahlende Steuerbetrag kann angefochten werden, wenn die Person, die ein Gebrauchtfahrzeug zulassen oder das Eigentum daran umschreiben möchte, den Nachweis erbringen kann, dass ihr Fahrzeug einer stärkeren Wertminderung unterlag als in der pauschalen Tabelle in Spalte 2 des Anhangs 4 angegeben.

(2)   Die Höhe der Wertminderung wird auf der Grundlage der Kriterien ermittelt, die bei der Festlegung des Ermäßigungssatzes nach Art. 6 Abs. 4 Berücksichtigung finden.

(3)   Im Fall einer Anfechtung werden die in Abs. 2 genannten Eigenschaften des Gebrauchtfahrzeugs auf Antrag des Steuerpflichtigen durch ein technisches Sachverständigengutachten ermittelt, das entgeltlich vom Autonomen Regiebetrieb ‚Zentrales rumänisches Autoregister‘ auf der Grundlage des in den Durchführungsbestimmungen … festgelegten Verfahrens erstellt wird.

(4)   Die Gebühr für die Erstellung des technischen Sachverständigengutachtens wird vom Autonomen Regiebetrieb ‚Zentrales rumänisches Autoregister‘ entsprechend den mit der Erstellung des Gutachtens in Zusammenhang stehenden Tätigkeiten festgelegt und darf deren Kosten nicht übersteigen.

(5)   Das Ergebnis des technischen Sachverständigengutachtens wird in einem vom Autonomen Regiebetrieb ‚Zentrales rumänisches Autoregister‘ erstellten Dokument festgehalten, das die den Kriterien nach Abs. 2 entsprechenden Informationen und den sich daraus ergebenden Ermäßigungssatz enthält.

(6)   Der Steuerpflichtige legt das vom Autonomen Regiebetrieb ‚Zentrales rumänisches Autoregister‘ erstellte Dokument über das Ergebnis des technischen Sachverständigengutachtens der zuständigen Steuerbehörden vor.

(7)   Bei Erhalt des in Abs. 6 genannten Dokuments berechnet die Steuerbehörde den zu zahlenden Steuerbetrag neu, was zur Erstattung der Differenz zu der bei der Zulassung eines Gebrauchtfahrzeugs oder der Umschreibung des Eigentums an einem Gebrauchtfahrzeug gezahlten Steuer führen kann.

…“

15

Art. 11 des Gesetzes Nr. 9/2012 lautete:

„Die Person, die mit der Anfechtungsentscheidung nicht einverstanden ist, kann gemäß den gesetzlichen Vorschriften die zuständigen Gerichte anrufen.“

16

Anhang 4 des Gesetzes Nr. 9/2012 bestimmte:

„Tabelle mit den Ermäßigungssätzen für die Steuer auf Schadstoffemissionen

Alter des Fahrzeugs Ermäßigungssatz (%)

Neu 0

≤ 1 Monat 3

> 1 Monat bis einschließlich 3 Monate 5

> 3 Monate bis einschließlich 6 Monate 8

> 6 Monate bis einschließlich 9 Monate 10

> 9 Monate bis einschließlich 1 Jahr 13

> 1 Jahr bis einschließlich 2 Jahre 21

> 2 Jahre bis einschließlich 3 Jahre 28

> 3 Jahre bis einschließlich 4 Jahre 33

> 4 Jahre bis einschließlich 5 Jahre 38

> 5 Jahre bis einschließlich 6 Jahre 43

> 6 Jahre bis einschließlich 7 Jahre 49

> 7 Jahre bis einschließlich 8 Jahre 55

> 8 Jahre bis einschließlich 9 Jahre 61

> 9 Jahre bis einschließlich 10 Jahre 66

> 10 Jahre bis einschließlich 11 Jahre 73

> 11 Jahre bis einschließlich 12 Jahre 79

> 12 Jahre bis einschließlich 13 Jahre 84

> 13 Jahre bis einschließlich 14 Jahre 89

> 14 Jahre 90“

17

Art. 6 Abs. 1 der Durchführungsbestimmungen sah vor:

„Der nach Art. 6 des Gesetzes berechnete zu entrichtende Steuerbetrag kann angepasst werden, wenn das Fahrzeug, bezüglich dessen einer der Vorgänge nach Art. 4 des Gesetzes beantragt worden ist, außerhalb der Referenzparameter eines als Standard geltenden Kraftfahrzeugs liegt; diese Referenzparameter sind:

a)

die gewöhnlich durchschnittlich im Jahr gefahrenen Kilometer:

M1 – 15000 km;

N1 – 30000 km;

M2 und N2 – 60000 km;

M3 und N3 – 100000 km;

b)

der gewöhnliche Zustand, den ein Kraftfahrzeug aufweist, das alle technischen Voraussetzungen erfüllt, die bei der Typengenehmigung und der regelmäßigen Fahrzeuguntersuchung nach geltendem Recht gestellt werden, dessen Karosserie keine Anzeichen von Korrosion oder Beschädigung aufweist, das nicht neu lackiert wurde, dessen Innenbezüge sauber und unbeschädigt sind und dessen Armaturen sich in gutem Zustand befinden;

c)

die Standardausstattung: Klimaanlage, ABS und Airbag;

d)

das Alter des Fahrzeugs.“

18

Das Gesetz Nr. 9/2012 war bis einschließlich 14. März 2013 in Kraft.

19

Die Dringlichkeitsverordnung Nr. 9/2013 der Regierung über die Umweltgebühr für Kraftfahrzeuge (Ordonanţă de urgenţă a Guvernului nr. 9/2013 privind timbrul de mediu pentru autovehicule) vom 19. Februar 2013 (Monitorul Oficial al României, Teil I, Nr. 119 vom 4. März 2013), mit der das Gesetz Nr. 9/2012 aufgehoben wurde, ist am 15. März 2013 in Kraft getreten.

Ausgangsverfahren und Vorlagefragen

20

Herr Manea wollte Anfang 2013 in Rumänien ein Gebrauchtfahrzeug zulassen, das er in Spanien käuflich erworben hatte. Dieses Fahrzeug gehört zur Fahrzeugklasse M1 und war 2005 in Spanien als Neufahrzeug zugelassen worden.

21

Mit Schreiben vom 5. März 2013 stellte die zuständige rumänische Behörde die Zulassung unter die Bedingung der Zahlung der Steuer gemäß dem Gesetz Nr. 9/2012.

22

Da Herr Manea der Auffassung war, dass das Gesetz Nr. 9/2012 mit Art. 110 AEUV unvereinbar sei, erhob er beim Tribunal Brașov Klage mit dem Antrag, die erwähnte Behörde zu verurteilen, das in Rede stehende Fahrzeug zuzulassen, ohne die Zahlung der genannten Steuer zu verlangen.

23

Mit Urteil vom 24. September 2013 wies das Tribunal Brașov diese Klage ab. Gegen dieses Urteil legte Herr Manea bei der Curte de Apel Brașov Rechtsmittel ein.

24

Die Curte de Apel Brașov stellt klar, dass das Gesetz Nr. 9/2012 nach ihrer eigenen Rechtsprechung mit Art. 110 AEUV vereinbar sei, weist aber darauf hin, dass ein anderes rumänisches Berufungsgericht ein anderslautendes Urteil erlassen habe, und dass folglich zur Gewährleistung einer einheitlichen Anwendung des Unionsrechts eine Vorabentscheidung des Gerichtshofs erforderlich sei.

25

Unter diesen Umständen hat die Curte de Apel Brașov das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1.

Ist Art. 110 AEUV unter Berücksichtigung der Bestimmungen des Gesetzes Nr. 9/2012 und des Gegenstands der in diesem Gesetz vorgesehenen Steuer dahin auszulegen, dass er dem entgegensteht, dass ein Mitgliedstaat der Europäischen Union eine auf alle ausländischen Kraftfahrzeuge bei der Zulassung in diesem Staat anzuwendende Steuer auf Schadstoffemissionen einführt, die auch bei der Übertragung des Eigentums an einem inländischen Kraftfahrzeug anzuwenden ist, mit Ausnahme des Falles, in dem eine solche oder eine gleichartige Steuer bereits gezahlt wurde?

2.

Ist Art. 110 AEUV unter Berücksichtigung der Bestimmungen des Gesetzes Nr. 9/2012 und des Gegenstands der in diesem Gesetz vorgesehenen Steuer dahin auszulegen, dass er dem entgegensteht, dass ein Mitgliedstaat der Europäischen Union eine auf alle ausländischen Kraftfahrzeuge bei der Zulassung in diesem Staat anzuwendende Steuer auf Schadstoffemissionen einführt, die auf inländische Kraftfahrzeuge nur anzuwenden ist, wenn das Eigentum an einem solchen Fahrzeug übertragen wird, mit dem Ergebnis, dass ein ausländisches Kraftfahrzeug nicht ohne Zahlung der Steuer genutzt werden darf, während ein inländisches Kraftfahrzeug zeitlich unbegrenzt ohne Zahlung der Steuer so lange genutzt werden darf, bis das Eigentum daran übertragen wird?

26

Die rumänische Regierung hat gemäß Art. 16 Abs. 3 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union beantragt, dass dieser als Große Kammer tagt.

Zu den Vorlagefragen

27

Das vorlegende Gericht möchte mit seinen Fragen, die zusammen zu prüfen sind, im Wesentlichen wissen, ob Art. 110 AEUV dahin auszulegen ist, dass er zum einen dem entgegensteht, dass ein Mitgliedstaat eine Steuer auf Kraftfahrzeuge einführt, die auf eingeführte Gebrauchtfahrzeuge bei ihrer erstmaligen Zulassung in diesem Mitgliedstaat und auf in diesem Mitgliedstaat bereits zugelassene Fahrzeuge bei der ersten Umschreibung des Eigentums an diesen Fahrzeugen in diesem Staat erhoben wird, und zum anderen dem, dass dieser Mitgliedstaat bereits zugelassene Kraftfahrzeuge, für die eine zuvor geltende Steuer entrichtet wurde, von dieser Steuer befreit.

28

Es ist darauf hinzuweisen, dass das Ziel von Art. 110 AEUV darin besteht, den freien Warenverkehr zwischen den Mitgliedstaaten unter normalen Wettbewerbsbedingungen zu gewährleisten. Er soll jede Form des Schutzes beseitigen, die aus einer inländischen Abgabe – insbesondere einer solchen, die Waren aus anderen Mitgliedstaaten diskriminiert – folgen könnte (vgl. in diesem Sinne Urteile Kommission/Dänemark, C‑47/88, EU:C:1990:449, Rn. 9, Brzeziński, C‑313/05, EU:C:2007:33, Rn. 27, Kalinchev, C‑2/09, EU:C:2010:312, Rn. 37, und X, C‑437/12, EU:C:2013:857, Rn. 26).

29

Zu diesem Zweck ist es nach Art. 110 Abs. 1 AEUV jedem Mitgliedstaat untersagt, auf Waren aus anderen Mitgliedstaaten inländische Abgaben zu erheben, die höher sind als bei gleichartigen inländischen Waren. Diese Bestimmung des Vertrags soll die Wettbewerbsneutralität der inländischen Abgaben für bereits auf dem inländischen Markt befindliche und für eingeführte Waren gewährleisten (vgl. in diesem Sinne Urteile Kommission/Dänemark, C‑47/88, EU:C:1990:449, Rn. 8 und 9, Weigel, C‑387/01, EU:C:2004:256, Rn. 66, und X, C‑437/12, EU:C:2013:857, Rn. 29).

30

Um festzustellen, ob eine Steuer wie die im Ausgangsverfahren fragliche zu einer Diskriminierung führt, ist angesichts der Fragestellungen des vorlegenden Gerichts und der vor dem Gerichtshof abgegebenen Erklärungen zunächst zu prüfen, ob diese Steuer im Hinblick auf den Wettbewerb zwischen aus anderen Mitgliedstaaten als Rumänien stammenden Gebrauchtfahrzeugen und gleichartigen rumänischen Gebrauchtfahrzeugen, die im Inland zugelassen wurden, ohne dass hierfür eine Steuer entrichtet worden wäre, neutral ist. Sodann ist die Neutralität dieser Steuer bezüglich aus anderen Mitgliedstaaten als Rumänien stammender Gebrauchtfahrzeuge und gleichartiger inländischer Fahrzeuge zu prüfen, die bei ihrer Zulassung einer Steuer unterworfen wurden.

31

Es entspricht insoweit ständiger Rechtsprechung, dass die aus anderen Mitgliedstaaten stammenden Gebrauchtfahrzeuge – die „Waren aus anderen Mitgliedstaaten“ im Sinne von Art. 110 AEUV darstellen – die in anderen Mitgliedstaaten als dem betreffenden Mitgliedstaat zum Verkauf angebotenen Fahrzeuge sind und im Fall eines Kaufs durch eine in dem letztgenannten Mitgliedstaat ansässige Person eingeführt und in diesem Mitgliedstaat in Betrieb genommen werden dürfen, während die gleichartigen inländischen Fahrzeuge – die „inländische Waren“ im Sinne von Art. 110 AEUV darstellen – die Gebrauchtfahrzeuge gleichen Typs mit denselben Eigenschaften und derselben Abnutzung sind, die in diesem Mitgliedstaat zum Verkauf angeboten werden (vgl. u. a. Urteile Kommission/Dänemark, C‑47/88, EU:C:1990:449, Rn. 17, Kalinchev, C‑2/09, EU:C:2010:312, Rn. 32 und 40, sowie Tatu, C‑402/09, EU:C:2011:219, Rn. 55).

32

Folglich ist die Neutralität, die Art. 110 AEUV verlangt, nicht unter Berücksichtigung der in Rumänien betriebenen Kraftfahrzeuge zu prüfen, die nicht zum Verkauf angeboten werden. Wie der Generalanwalt in Nr. 16 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, stehen diese Fahrzeuge gerade deshalb, weil sie dem Markt nicht zur Verfügung stehen, nicht in einem Wettbewerbsverhältnis mit anderen Fahrzeugen, seien es die auf dem inländischen Markt oder die auf den Märkten anderer Mitgliedstaaten verfügbaren.

Neutralität der Steuer hinsichtlich des Wettbewerbs zwischen aus anderen Mitgliedstaaten stammenden Gebrauchtfahrzeugen und gleichartigen inländischen, in dem betreffenden Mitgliedstaat ohne Zahlung einer Steuer bereits zugelassenen Fahrzeugen

33

Für die Anwendung des Art. 110 AEUV und insbesondere zum Zweck des Vergleichs der Besteuerung eingeführter Gebrauchtwagen mit der Besteuerung bereits im Inland befindlicher Gebrauchtwagen sind nicht nur der Steuersatz, sondern auch die Bemessungsgrundlage dieser Steuer und die Einzelheiten ihrer Erhebung zu berücksichtigen (vgl. hierzu Urteile Kommission/Dänemark, C‑47/88, EU:C:1990:449, Rn. 18, Nunes Tadeu, C‑345/93, EU:C:1995:66, Rn. 12, und Kommission/Griechenland, C‑74/06, EU:C:2007:534, Rn. 27).

34

Genauer gesagt darf ein Mitgliedstaat auf eingeführte Gebrauchtfahrzeuge keine Steuer erheben, deren Bemessungsgrundlage ein über dem tatsächlichen Wert des Fahrzeugs liegender Wert ist, mit der Folge, dass eingeführte gebrauchte Kraftfahrzeuge höher besteuert werden als gleichartige auf dem Inlandsmarkt erhältliche Fahrzeuge. Zur Vermeidung einer diskriminierenden Besteuerung ist daher der tatsächliche Wertverlust der Fahrzeuge zu berücksichtigen (Urteile Weigel, C‑387/01, EU:C:2004:256, Rn. 70, und Kommission/Griechenland, C‑74/06, EU:C:2007:534, Rn. 28).

35

Diese Berücksichtigung muss nicht notwendig zu einer Bewertung oder einem Sachverständigengutachten für jedes einzelne Fahrzeug führen. Zur Vermeidung der einer solchen Regelung inhärenten Schwerfälligkeit kann ein Mitgliedstaat nämlich mittels durch Rechts- oder Verwaltungsvorschrift festgelegter pauschaler Tabellen, die anhand von Kriterien wie Alter, Kilometerstand, Allgemeinzustand, Antriebsart, Fabrikat oder Modell des Fahrzeugs errechnet werden, einen Wert von Gebrauchtfahrzeugen festsetzen, der in aller Regel ihrem tatsächlichen Wert sehr nahekommt (Urteile Gomes Valente, C‑393/98, EU:C:2001:109, Rn. 24, Weigel, C‑387/01, EU:C:2004:256, Rn. 73, Kommission/Griechenland, C‑74/06, EU:C:2007:534, Rn. 29, und Tatu, C‑402/09, EU:C:2011:219, Rn. 41).

36

Der Gerichtshof hat diese objektiven, der Ermittlung der Wertminderung von Kraftfahrzeugen dienenden Kriterien nicht in verpflichtender Weise aufgezählt. Sie sind also nicht zwingend kumulativ anzuwenden. Allerdings garantiert die Anwendung einer auf einem einzigen Wertminderungskriterium wie dem Alter des Kraftfahrzeugs beruhenden Tabelle nicht, dass die Tabelle die tatsächliche Wertminderung dieser Fahrzeuge widerspiegelt. Insbesondere führt eine solche Tabelle bei Nichtberücksichtigung des Kilometerstands in aller Regel nicht zu einer angemessenen Annäherung an den tatsächlichen Wert der eingeführten Gebrauchtfahrzeuge (Urteile Kommission/Griechenland, C‑74/06, EU:C:2007:534, Rn. 37 bis 43, und Tatu, C‑402/09, EU:C:2011:219, Rn. 42).

37

Im vorliegenden Fall geht aus den dem Gerichtshof vorliegenden Akten zweifelsfrei hervor, dass der im Ausgangsverfahren in Rede stehende Steuerbetrag zum einen anhand von Kriterien festgelegt wird, die in gewissem Maß die von dem Fahrzeug verursachte Umweltverschmutzung berücksichtigen, wie dessen Hubraum und die Euro-Klasse, der es zugehört, und zum anderen durch Berücksichtigung der Wertminderung des Fahrzeugs. Diese Wertminderung, die zu einer Verringerung des Betrags führt, der auf der Grundlage der Umweltkriterien ermittelt wurde, bestimmt sich nicht nur nach dem Alter des Fahrzeugs (Wert E in der Formel nach Art. 6 Abs. 1 des Gesetzes Nr. 9/2012), sondern auch, wie sich aus Art. 6 Abs. 4 des Gesetzes Nr. 9/2012 und Art. 6 Abs. 1 der Durchführungsbestimmungen ergibt, nach dessen durchschnittlicher jährlicher Fahrleistung, vorausgesetzt, der Steuerpflichtige hat Angaben zur Fahrleistung gemacht. Außerdem kann der Steuerpflichtige, wenn er der Auffassung ist, dass das Alter und die durchschnittliche jährliche Fahrleistung den tatsächlichen Wertverlust des Fahrzeugs nicht zutreffend und hinreichend widerspiegeln, nach Art. 9 des Gesetzes Nr. 9/2012 beantragen, diese mittels eines Sachverständigengutachtens zu bestimmen, dessen Kosten, die zu seinen Lasten gehen, die Kosten der mit der Erstellung des Sachverständigengutachtens in Zusammenhang stehenden Tätigkeiten nicht übersteigen dürfen.

38

Eine Regelung wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende gewährleistet durch die Einbeziehung des Alters und der durchschnittlichen jährlichen Fahrleistung des Fahrzeugs in die Berechnung der Steuer sowie durch die zusätzlich zu diesen Kriterien vorgesehene fakultative Berücksichtigung des Zustands des Fahrzeugs und von dessen Ausstattung mittels eines bei der für die Registrierung von Kraftfahrzeugen zuständigen Behörde zu nicht überhöhten Kosten eingeholten Sachverständigengutachtens eine einer angemessenen Annäherung an den tatsächlichen Wert des Fahrzeugs entsprechende Verringerung des Steuerbetrags (vgl. entsprechend Urteil Tatu, C‑402/09, EU:C:2011:219, Rn. 44).

39

Dieses Ergebnis wird dadurch bestätigt, dass in den in Anhang 4 des Gesetzes Nr. 9/2012 enthaltenen pauschalen Tabellen gebührend berücksichtigt wurde, dass der jährliche Wertverlust von Kraftfahrzeugen im Allgemeinen über 5 % liegt und nicht linear verläuft, sondern insbesondere in den ersten Jahren ihrer Inbetriebnahme weit höher ist als später (vgl. entsprechend Urteil Tatu, C‑402/09, EU:C:2011:219, Rn. 45).

40

Im Übrigen durfte der rumänische Gesetzgeber zu Recht davon ausgehen, dass die den Zustand des Fahrzeugs und dessen Ausstattung betreffenden Wertminderungskriterien nur dann ordnungsgemäß angewendet werden können, wenn eine individuelle Untersuchung des Fahrzeugs durch einen Sachverständigen in Anspruch genommen wird und vom Steuerpflichtigen gefordert wird, dass er die Kosten dieses Sachverständigengutachtens übernimmt, damit nicht zu oft Sachverständigengutachten erstellt werden, was die getroffene Regelung sowohl verwaltungsmäßig als auch finanziell schwerfällig werden ließe (vgl. entsprechend Urteil Tatu, C‑402/09, EU:C:2011:219, Rn. 46).

41

Anders als die im Zeitraum vom 1. Januar 2007 bis zum 30. Juni 2008 erhobene Sondersteuer, die nach der OUG Nr. 50/2008 im Zeitraum vom 1. Juli 2008 bis zum 12. Januar 2012 erhobene Umweltsteuer und die nach dem Gesetz Nr. 9/2012 in der für den Zeitraum vom 13. Januar 2012 bis zum 1. Januar 2013 geltenden Fassung erhobene Umweltsteuer wurde die nach dem Gesetz Nr. 9/2012 in der für den darauffolgenden Zeitraum bis zum 14. März 2013 geltenden und für das Ausgangsverfahren maßgeblichen Fassung erhobene Umweltsteuer nach derselben Berechnungsmethode zum einen auf aus anderen Mitgliedstaaten stammende Gebrauchtfahrzeuge bei ihrer erstmaligen Zulassung in Rumänien erhoben und zum anderen auf bereits in Rumänien zugelassene Kraftfahrzeuge bei der erstmaligen Umschreibung des Eigentums an diesen Gebrauchtfahrzeugen in diesem Mitgliedstaat, wenn im Zeitpunkt ihrer Zulassung in diesem Mitgliedstaat keine Steuer entrichtet worden war.

42

Daraus folgt, dass die Steuerlast, die sich aus dem Gesetz Nr. 9/2012 in der in dem für das Ausgangsverfahren maßgeblichen Zeitraum geltenden Fassung ergab, für Steuerpflichtige, die ein aus einem anderen Mitgliedstaat als Rumänien stammendes Gebrauchtfahrzeug erworben hatten, das auf ihren Antrag in dem letztgenannten Mitgliedstaat zugelassen wurde, und für Steuerpflichtige, die in Rumänien ein Gebrauchtfahrzeug erworben hatten, das dort vor dem 1. Januar 2007 ohne Entrichtung einer Steuer zugelassen worden war und bezüglich dessen die erstmalige Umschreibung des Eigentums vorzunehmen war, identisch war, da bei der Erhebung der mit dem Gesetz Nr. 9/2012 eingeführten Steuer das letztgenannte Fahrzeug gleichen Typs mit denselben Eigenschaften und derselben Abnutzung war wie das aus einem anderen Mitgliedstaat stammende Fahrzeug.

43

Aus den vorstehenden Erwägungen folgt, dass eine Steuerregelung wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende in Bezug auf den Wettbewerb zwischen aus anderen Mitgliedstaaten als Rumänien stammenden Gebrauchtfahrzeugen und gleichartigen inländischen in dem betreffenden Mitgliedstaat ohne Zahlung einer Steuer bereits zugelassenen Fahrzeugen neutral ist.

Neutralität der Steuer hinsichtlich des Wettbewerbs zwischen aus anderen Mitgliedstaaten stammenden Gebrauchtfahrzeugen und gleichartigen inländischen Fahrzeugen, die in dem betreffenden Mitgliedstaat unter Entrichtung einer Steuer bereits zugelassen worden sind

44

Es steht fest, dass Art. 4 Abs. 2 des Gesetzes Nr. 9/2012 in dem für das Ausgangsverfahren maßgeblichen Zeitraum eine Steuerbefreiung für die erstmalige Umschreibung des Eigentums an inländischen Gebrauchtfahrzeugen bewirkte, bei deren Zulassung in Rumänien vor dem im vorliegenden Fall maßgeblichen Zeitraum die Sondersteuer (Zulassung zwischen dem 1. Januar 2007 und dem 30. Juni 2008), die Umweltsteuer nach der OUG Nr. 50/2008 (Zulassung zwischen dem 1. Juli 2008 und dem 12. Januar 2012) oder die Umweltsteuer nach dem Gesetz Nr. 9/2012 in der durch die OUG Nr. 1/2012 teilweise ausgesetzten Fassung (Zulassung zwischen dem 13. Januar 2012 und dem 1. Januar 2013) erhoben wurde.

45

Aus den Vorabentscheidungen des Gerichtshofs in den Rechtssachen, die die bei der Zulassung von Gebrauchtfahrzeugen in Rumänien nach der OUG Nr. 50/2008 erhobene Steuer und die bei der Zulassung von Gebrauchtfahrzeugen in Rumänien nach dem Gesetz Nr. 9/2012 in der durch die OUG Nr. 1/2012 teilweise ausgesetzten Fassung erhobene Steuer betreffen, geht aber eindeutig hervor, dass diese Steuern mit Art. 110 AEUV unvereinbar waren und somit grundsätzlich zuzüglich Zinsen zu erstatten sind (vgl. u. a. Urteile Tatu, C‑402/09, EU:C:2011:219, Nisipeanu, C‑263/10, EU:C:2011:466, Irimie, C‑565/11, EU:C:2013:250; Beschluss Câmpean und Ciocoiu, C‑97/13 und C‑214/13, EU:C:2014:229, sowie Urteil Nicula, C‑331/13, EU:C:2014:2285). Wie aus den Nrn. 2, 3 und 26 der Schlussanträge des Generalanwalts hervorgeht, hatte die im Zeitraum vom 1. Januar 2007 bis zum 30. Juni 2008 erhobene Sondersteuer dieselben Merkmale wie die mit Art. 110 AEUV unvereinbaren Steuern nach der OUG Nr. 50/2008 und dem Gesetz Nr. 9/2012 in der durch die OUG Nr. 1/2012 teilweise ausgesetzten Fassung.

46

Es zeigt sich somit, dass durch Art. 4 Abs. 2 des Gesetzes Nr. 9/2012 die Umschreibung des Eigentums an inländischen Gebrauchtfahrzeugen, für deren Zulassung in Rumänien zwischen dem 1. Januar 2007 und dem 1. Januar 2013 eine mit dem Unionsrecht unvereinbare und daher zuzüglich Zinsen zu erstattende Steuer zu entrichten war, von der mit diesem Gesetz eingeführten Steuer befreit wurde.

47

Hierzu ist entsprechend den Ausführungen des Generalanwalts in Nr. 28 seiner Schlussanträge darauf hinzuweisen, dass die Befreiung von Gebrauchtfahrzeugen, für die bereits eine zuvor geltende Steuer entrichtet wurde, die sodann für mit dem Unionsrecht unvereinbar befunden wurde, die Erstattung dieser Steuer zuzüglich Zinsen nicht ersetzen kann.

48

Diese Befreiung hatte außerdem zur Folge, dass die fragliche Steuer für die erstmalige Umschreibung des Eigentums an inländischen, in Rumänien zwischen dem 1. Januar 2007 und dem 1. Januar 2013 zugelassenen Gebrauchtfahrzeugen in dem für das Ausgangsverfahren maßgeblichen Zeitraum nicht zu entrichten war, während die Steuer bei der Zulassung in Rumänien von gleichartigen, aus anderen Mitgliedstaaten stammenden Fahrzeugen in dem für das Ausgangsverfahren maßgeblichen Zeitraum weiterhin erhoben wurde. Eine Befreiung wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende fördert somit den Verkauf inländischer Gebrauchtfahrzeuge und erschwert die Einfuhr gleichartiger Fahrzeuge.

49

Im Übrigen wird der Betrag der bei der Zulassung eines Kraftfahrzeugs erhobenen Steuer, wie der Gerichtshof bereits wiederholt entschieden hat, Teil des Fahrzeugwerts. Wenn ein in einem Mitgliedstaat nach Zahlung einer Steuer zugelassenes Fahrzeug anschließend in diesem Mitgliedstaat als Gebrauchtfahrzeug veräußert wird, ist der Restwert der Zulassungssteuer im Marktwert dieses Fahrzeugs enthalten. Übersteigt der Betrag der Zulassungssteuer, die auf ein eingeführtes Gebrauchtfahrzeug desselben Typs mit denselben Eigenschaften und derselben Abnutzung erhoben wird, diesen Restwert, so liegt ein Verstoß gegen Art. 110 AEUV vor. Aufgrund dieser unterschiedlichen Steuerlast bestünde nämlich die Gefahr, dass der Verkauf inländischer Gebrauchtfahrzeuge gefördert und damit die Einfuhr gleichartiger Fahrzeuge erschwert wird (Urteil X, C-437/12, EU:C:2013:857, Rn. 30 bis 32 und die dort angeführte Rechtsprechung).

50

Da der Betrag der bei der Zulassung inländischer Gebrauchtfahrzeuge erhobenen Steuer aber im vorliegenden Fall zuzüglich Zinsen zu erstatten ist, so dass die Situation wiederhergestellt wird, die vor der Erhebung dieses Betrags bestand, ist dieser, wie der Generalanwalt in Nr. 29 seiner Schlussanträge ausführt, nicht mehr als Teil des Marktwerts dieser Fahrzeuge anzusehen. Folglich ist der Restwert dieser Steuer im Wert der zwischen dem 1. Januar 2007 und dem 1. Januar 2013 zugelassenen inländischen Gebrauchtfahrzeuge gleich Null und somit zwingend geringer als die Zulassungssteuer, die auf ein eingeführtes Gebrauchtfahrzeug desselben Typs mit denselben Eigenschaften und derselben Abnutzung erhoben wird. Wie sich aus der in Rn. 49 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung ergibt, ist diese Situation mit Art. 110 AEUV unvereinbar.

51

Nach alledem ist auf die Vorlagefragen zu antworten, dass Art. 110 AEUV dahin auszulegen ist,

dass er dem nicht entgegensteht, dass ein Mitgliedstaat eine Steuer auf Kraftfahrzeuge einführt, die auf eingeführte Gebrauchtfahrzeuge bei ihrer erstmaligen Zulassung in diesem Mitgliedstaat und auf in diesem Mitgliedstaat bereits zugelassene Fahrzeuge bei der ersten Umschreibung des Eigentums an diesen Fahrzeugen in diesem Staat erhoben wird,

dass er dem entgegensteht. dass dieser Mitgliedstaat bereits zugelassene Kraftfahrzeuge, für die eine zuvor geltende, mit dem Unionsrecht für unvereinbar erklärte Steuer entrichtet wurde, von dieser Steuer befreit.

Zu den zeitlichen Wirkungen des Urteils des Gerichtshofs

52

Die rumänische Regierung hat für den Fall, dass nach dem zu erlassenden Urteil eine Steuerregelung, wie sie mit dem Gesetz Nr. 9/2012 für den für das Ausgangsverfahren maßgeblichen Zeitraum eingeführt wurde, mit Art. 110 AEUV unvereinbar ist, beantragt, die zeitlichen Wirkungen dieses Urteils zu begrenzen.

53

Nach ständiger Rechtsprechung wird durch die Auslegung einer Vorschrift des Unionsrechts, die der Gerichtshof in Ausübung seiner Befugnisse aus Art. 267 AEUV vornimmt, erläutert und verdeutlicht, in welchem Sinn und mit welcher Tragweite diese Vorschrift seit ihrem Inkrafttreten zu verstehen und anzuwenden ist oder gewesen wäre. Daraus folgt, dass die Vorschriften in dieser Auslegung auch auf Rechtsverhältnisse, die vor Erlass des auf das Ersuchen um Auslegung ergangenen Urteils entstanden sind, angewandt werden können und müssen, wenn alle sonstigen Voraussetzungen für die Anrufung der zuständigen Gerichte in einem die Anwendung dieser Vorschriften betreffenden Streit vorliegen (vgl. u. a. Urteile Blaizot u. a., 24/86, EU:C:1988:43, Rn. 27, Skov und Bilka, C‑402/03, EU:C:2006:6, Rn. 50, und Brzeziński, C‑313/05, EU:C:2007:33, Rn. 55).

54

Daher kann der Gerichtshof die Möglichkeit, sich auf die Auslegung zu berufen, die er einer Bestimmung gegeben hat, nur ganz ausnahmsweise aufgrund des allgemeinen unionsrechtlichen Grundsatzes der Rechtssicherheit beschränken. Eine solche Beschränkung ist nur dann zulässig, wenn zwei grundlegende Kriterien erfüllt sind, nämlich guter Glaube der Betroffenen und die Gefahr schwerwiegender Störungen (Urteile Skov und Bilka, C‑402/03, EU:C:2006:6, Rn. 51, und Kalinchev, C‑2/09, EU:C:2010:312, Rn. 50).

55

Hinsichtlich der Gefahr schwerwiegender Störungen ist darauf hinzuweisen, dass finanzielle Konsequenzen, die sich aus einem im Vorabentscheidungsverfahren ergangenen Urteil für einen Mitgliedstaat ergeben, für sich allein nicht die zeitliche Begrenzung der Wirkungen dieses Urteils rechtfertigen (vgl. u. a. Urteile Bidar, C‑209/03, EU:C:2005:169, Rn. 68, und Brzeziński, C‑313/05, EU:C:2007:33, Rn. 58). Es obliegt dem Mitgliedstaat, der eine solche Begrenzung beantragt, dem Gerichtshof Zahlen vorzulegen, die die Gefahr schwerwiegender wirtschaftlicher Auswirkungen nachweisen (Urteile Brzeziński, C‑313/05, EU:C:2007:33, Rn. 59 und 60, und Kalinchev, C‑2/09, EU:C:2010:312, Rn. 54 und 55).

56

Was die möglichen wirtschaftlichen Auswirkungen einer Unvereinbarkeit mit Art. 110 AEUV der mit dem Gesetz Nr. 9/2012 im maßgeblichen Zeitraum eingeführten Steuerregelung betrifft, hat die rumänische Regierung eine Schätzung vorgelegt, wonach sich die Erstattung der nach diesem Gesetz in dem genannten Zeitraum vereinnahmten Beträge zuzüglich Zinsen auf 181349488,05 rumänische Lei (RON) belaufen soll. Nach Ansicht der rumänischen Regierung sind diese wirtschaftlichen Auswirkungen in Anbetracht der wirtschaftlichen Schwierigkeiten Rumäniens als schwerwiegend anzusehen.

57

Es ist festzustellen, dass die von der rumänischen Regierung vorgebrachte Schätzung für sich genommen nicht auf das Bestehen einer Gefahr schließen lässt, dass sich das vorliegende Urteil ernstlich störend auf die rumänische Wirtschaft auswirkt. Die Voraussetzung des Vorliegens schwerwiegender Störungen ist somit nicht nachgewiesen.

58

Unter diesen Umständen braucht nicht geprüft zu werden, ob das Kriterium des guten Glaubens der Betroffenen erfüllt ist.

59

Demnach sind die Wirkungen des vorliegenden Urteils nicht zeitlich zu beschränken.

Kosten

60

Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem beim vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

 

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Große Kammer) für Recht erkannt:

Art. 110 AEUV ist dahin auszulegen,

 

dass er dem nicht entgegensteht, dass ein Mitgliedstaat eine Steuer auf Kraftfahrzeuge einführt, die auf eingeführte Gebrauchtfahrzeuge bei ihrer erstmaligen Zulassung in diesem Mitgliedstaat und auf in diesem Mitgliedstaat bereits zugelassene Fahrzeuge bei der ersten Umschreibung des Eigentums an diesen Fahrzeugen in diesem Staat erhoben wird,

 

dass er dem entgegensteht. dass dieser Mitgliedstaat bereits zugelassene Kraftfahrzeuge, für die eine zuvor geltende, mit dem Unionsrecht für unvereinbar erklärte Steuer entrichtet wurde, von dieser Steuer befreit.

 

Unterschriften


( *1 ) Verfahrenssprache: Rumänisch.