URTEIL DES GERICHTSHOFS (Dritte Kammer)
23. Dezember 2009(*)
„Justizielle Zusammenarbeit in Zivilsachen – Ehesachen und Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung – Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 – Einstweilige Maßnahmen in Bezug auf das Sorgerecht – In einem Mitgliedstaat vollstreckbare Entscheidung – Widerrechtliches Verbringen des Kindes – Anderer Mitgliedstaat – Anderes Gericht – Übertragung des Sorgerechts auf den anderen Elternteil – Zuständigkeit – Eilvorlageverfahren“
In der Rechtssache C‑403/09 PPU
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 68 EG und Art. 234 EG, eingereicht vom Višje Sodišče v Mariboru (Slowenien) mit Entscheidung vom 19. Oktober 2009, beim Gerichtshof eingegangen am 20. Oktober 2009, in dem Verfahren
Jasna Detiček
gegen
Maurizio Sgueglia
erlässt
DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten K. Lenaerts, der Richterin R. Silva de Lapuerta sowie der Richter E. Juhász, J. Malenovský (Berichterstatter) und D. Šváby,
Generalanwalt: Y. Bot,
Kanzler: L. Hewlett, Hauptverwaltungsrätin,
aufgrund des Antrags des vorlegenden Gerichts vom 19. Oktober 2009, beim Gerichtshof eingegangen am 20. Oktober 2009, das Vorabentscheidungsersuchen gemäß Art. 104b der Verfahrensordnung einem Eilverfahren zu unterwerfen,
aufgrund der Entscheidung der Dritten Kammer vom 27. Oktober 2009, diesem Antrag stattzugeben,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 7. Dezember 2009,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
– von J. Detiček, vertreten durch B. Žibret, odvetnik,
– von M. Sgueglia, vertreten durch L. Varanelli, odvetnik,
– der slowenischen Regierung, vertreten durch N. Aleš Verdir als Bevollmächtigte,
– der tschechischen Regierung, vertreten durch M. Smolek als Bevollmächtigten,
– der deutschen Regierung, vertreten durch J. Kemper als Bevollmächtigte,
– der französischen Regierung, vertreten durch B. Beaupère-Manokha als Bevollmächtigte,
– der italienischen Regierung, vertreten durch I. Bruni als Bevollmächtigte im Beistand von F. Arena, avvocato dello Stato,
– der lettischen Regierung, vertreten durch K. Drevina als Bevollmächtigte,
– der polnischen Regierung, vertreten durch M. Arciszewski als Bevollmächtigten,
– der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch A.‑M. Rouchaud-Joët und M. Žebre als Bevollmächtigte,
nach Anhörung des Generalanwalts
folgendes
Urteil
1 Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 20 der Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 des Rates vom 27. November 2003 über die Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen und in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1347/2000 (ABl. L 338, S. 1).
2 Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen Frau Detiček und Herrn Sgueglia wegen des Sorgerechts für ihre Tochter Antonella.
Rechtlicher Rahmen
Gemeinschaftsrecht
3 Der 12. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 2201/2003 lautet:
„Die in dieser Verordnung für die elterliche Verantwortung festgelegten Zuständigkeitsvorschriften wurden dem Wohle des Kindes entsprechend und insbesondere nach dem Kriterium der räumlichen Nähe ausgestaltet. Die Zuständigkeit sollte vorzugsweise dem Mitgliedstaat des gewöhnlichen Aufenthalts des Kindes vorbehalten sein außer in bestimmten Fällen, in denen sich der Aufenthaltsort des Kindes geändert hat oder in denen die Träger der elterlichen Verantwortung etwas anderes vereinbart haben.“
4 Im 16. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 2201/2003 heißt es:
„Die vorliegende Verordnung hindert die Gerichte eines Mitgliedstaats nicht daran, in dringenden Fällen einstweilige Maßnahmen einschließlich Schutzmaßnahmen in Bezug auf Personen oder Vermögensgegenstände, die sich in diesem Staat befinden, anzuordnen.“
5 Der 21. Erwägungsgrund der Verordnung besagt:
„Die Anerkennung und Vollstreckung der in einem Mitgliedstaat ergangenen Entscheidungen sollten auf dem Grundsatz des gegenseitigen Vertrauens beruhen und die Gründe für die Nichtanerkennung auf das notwendige Minimum beschränkt sein.“
6 Im 33. Erwägungsgrund der Verordnung wird ausgeführt:
„Diese Verordnung steht im Einklang mit den Grundrechten und Grundsätzen, die mit der am [7. Dezember 2000 in Nizza proklamierten] Charta der Grundrechte der Europäischen Union [ABl. C 364, S. 1, im Folgenden: Charta] anerkannt wurden. Sie zielt insbesondere darauf ab, die Wahrung der Grundrechte des Kindes im Sinne des Artikels 24 der [Charta] zu gewährleisten.“
7 Art. 2 der Verordnung Nr. 2201/2003 bestimmt:
„Für die Zwecke dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck
…
4. ‚Entscheidung‘ jede von einem Gericht eines Mitgliedstaats erlassene Entscheidung über die Ehescheidung, die Trennung ohne Auflösung des Ehebandes oder die Ungültigerklärung einer Ehe sowie jede Entscheidung über die elterliche Verantwortung, ohne Rücksicht auf die Bezeichnung der jeweiligen Entscheidung, wie Urteil oder Beschluss;
…
11. ‚widerrechtliches Verbringen oder Zurückhalten eines Kindes‘ das Verbringen oder Zurückhalten eines Kindes, wenn
a) dadurch das Sorgerecht verletzt wird, das aufgrund einer Entscheidung oder kraft Gesetzes oder aufgrund einer rechtlich verbindlichen Vereinbarung nach dem Recht des Mitgliedstaats besteht, in dem das Kind unmittelbar vor dem Verbringen oder Zurückhalten seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte,
und
b) das Sorgerecht zum Zeitpunkt des Verbringens oder Zurückhaltens allein oder gemeinsam tatsächlich ausgeübt wurde oder ausgeübt worden wäre, wenn das Verbringen oder Zurückhalten nicht stattgefunden hätte. Von einer gemeinsamen Ausübung des Sorgerechts ist auszugehen, wenn einer der Träger der elterlichen Verantwortung aufgrund einer Entscheidung oder kraft Gesetzes nicht ohne die Zustimmung des anderen Trägers der elterlichen Verantwortung über den Aufenthaltsort des Kindes bestimmen kann.“
8 Art. 8 Abs. 1 der Verordnung Nr. 2201/2003 sieht vor:
„Für Entscheidungen, die die elterliche Verantwortung betreffen, sind die Gerichte des Mitgliedstaats zuständig, in dem das Kind zum Zeitpunkt der Antragstellung seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat.“
9 Art. 20 („Einstweilige Maßnahmen einschließlich Schutzmaßnahmen“) der Verordnung lautet:
„(1) Die Gerichte eines Mitgliedstaats können in dringenden Fällen ungeachtet der Bestimmungen dieser Verordnung die nach dem Recht dieses Mitgliedstaats vorgesehenen einstweiligen Maßnahmen einschließlich Schutzmaßnahmen in Bezug auf in diesem Staat befindliche Personen oder Vermögensgegenstände auch dann anordnen, wenn für die Entscheidung in der Hauptsache gemäß dieser Verordnung ein Gericht eines anderen Mitgliedstaats zuständig ist.
(2) Die zur Durchführung des Absatzes 1 ergriffenen Maßnahmen treten außer Kraft, wenn das Gericht des Mitgliedstaats, das gemäß dieser Verordnung für die Entscheidung in der Hauptsache zuständig ist, die Maßnahmen getroffen hat, die es für angemessen hält.“
10 In Art. 21 Abs. 1 und 3 der Verordnung heißt es:
„(1) Die in einem Mitgliedstaat ergangenen Entscheidungen werden in den anderen Mitgliedstaaten anerkannt, ohne dass es hierfür eines besonderen Verfahrens bedarf.
…
(3) Unbeschadet des Abschnitts 4 kann jede Partei, die ein Interesse hat, gemäß den Verfahren des Abschnitts 2 eine Entscheidung über die Anerkennung oder Nichtanerkennung der Entscheidung beantragen.“
Das Haager Übereinkommen von 1980
11 Art. 12 des Haager Übereinkommens vom 25. Oktober 1980 über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung (im Folgenden: Haager Übereinkommen von 1980) bestimmt:
„Ist ein Kind im Sinn des Artikels 3 widerrechtlich verbracht oder zurückgehalten worden und ist bei Eingang des Antrags bei dem Gericht oder der Verwaltungsbehörde des Vertragsstaats, in dem sich das Kind befindet, eine Frist von weniger als einem Jahr seit dem Verbringen oder Zurückhalten verstrichen, so ordnet das zuständige Gericht oder die zuständige Verwaltungsbehörde die sofortige Rückgabe des Kindes an
Ist der Antrag erst nach Ablauf der in Absatz 1 bezeichneten Jahresfrist eingegangen, so ordnet das Gericht oder die Verwaltungsbehörde die Rückgabe des Kindes ebenfalls an, sofern nicht erwiesen ist, dass das Kind sich in seine neue Umgebung eingelebt hat.
Hat das Gericht oder die Verwaltungsbehörde des ersuchten Staates Grund zu der Annahme, dass das Kind in einen anderen Staat verbracht worden ist, so kann das Verfahren ausgesetzt oder der Antrag auf Rückgabe des Kindes abgelehnt werden.“
12 Art. 13 des Haager Übereinkommens von 1980 sieht vor:
„Ungeachtet des Artikels 12 ist das Gericht oder die Verwaltungsbehörde des ersuchten Staates nicht verpflichtet, die Rückgabe des Kindes anzuordnen, wenn die Person, Behörde oder sonstige Stelle, die sich der Rückgabe des Kindes widersetzt, nachweist:
a) dass die Person, Behörde oder sonstige Stelle, der die Sorge für die Person des Kindes zustand, das Sorgerecht zur Zeit des Verbringens oder Zurückhaltens tatsächlich nicht ausgeübt, dem Verbringen oder Zurückhalten zugestimmt oder dieses nachträglich genehmigt hat oder
b) dass die Rückgabe mit der schwerwiegenden Gefahr eines körperlichen oder seelischen Schadens für das Kind verbunden ist oder das Kind auf andere Weise in eine unzumutbare Lage bringt.
Das Gericht oder die Verwaltungsbehörde kann es ferner ablehnen, die Rückgabe des Kindes anzuordnen, wenn festgestellt wird, dass sich das Kind der Rückgabe widersetzt und dass es ein Alter und eine Reife erreicht hat, angesichts deren es angebracht erscheint, seine Meinung zu berücksichtigen.
Bei Würdigung der in diesem Artikel genannten Umstände hat das Gericht oder die Verwaltungsbehörde die Auskünfte über die soziale Lage des Kindes zu berücksichtigen, die von der zentralen Behörde oder einer anderen zuständigen Behörde des Staates des gewöhnlichen Aufenthalts des Kindes erteilt worden sind.“
Nationales Recht
13 Art. 411 Abs. 1 und 3 des Zivilprozessgesetzes (Zakon o pravdnem postopku) bestimmt:
„(1) In Verfahren, die Ehesachen oder Streitigkeiten über die Beziehungen zwischen Eltern und Kindern betreffen, kann das Gericht auf Antrag einer Partei oder von Amts wegen einstweilige Anordnungen über die Sorge für gemeinsame Kinder und über deren Unterhalt sowie einstweilige Anordnungen über den Entzug oder die Beschränkung des Umgangsrechts oder über die Umgangsregelung erlassen.
…
(3) Einstweilige Anordnungen nach den vorangegangenen Absätzen werden gemäß den Bestimmungen des Gesetzes erlassen, das den einstweiligen Rechtsschutz regelt.“
14 Art. 272 Abs. 1 des Gesetzes über Vollstreckung und einstweiligen Rechtsschutz (Zakon o izvršbi in zavarovanju, im Folgenden: ZIZ) sieht vor:
„Das Gericht erlässt eine einstweilige Anordnung zur Sicherung einer nicht auf Geld gerichteten Forderung, wenn der Gläubiger glaubhaft macht, dass die Forderung besteht oder dass für ihn eine Forderung gegen den Schuldner entstehen wird. Der Gläubiger muss glaubhaft machen, dass die Anordnung notwendig ist, um die Anwendung von Gewalt oder das Entstehen eines schwer ersetzbaren Schadens zu verhindern.“
15 In Art. 267 ZIZ heißt es:
„Eine einstweilige Anordnung kann vor Eröffnung des Verfahrens, während des Verfahrens sowie nach Abschluss des Verfahrens erlassen werden, solange keine Vollstreckung erfolgt ist.“
16 Art. 278 Abs. 2 ZIZ bestimmt:
„Das Gericht setzt das Verfahren aus und hebt die getroffenen Maßahmen auch auf Antrag des Schuldners auf, wenn sich die Umstände, aufgrund deren die einstweilige Anordnung erlassen wurde, später geändert haben, so dass die Anordnung nicht mehr erforderlich ist.“
17 Art. 105 Abs. 3 des Gesetzes über Ehe und Familienbeziehungen (Zakon o zakonski zvezi in družinskih razmerjih) sieht vor:
„Wenn sich die beiden Eltern auch mit Hilfe des Sozialarbeitszentrums nicht über das Sorgerecht für die Kinder einig werden, entscheidet das Gericht auf Antrag eines oder beider Elternteile, das Sorgerecht für alle Kinder einem von ihnen zuzusprechen oder das Sorgerecht für einzelne Kinder dem einen, das für die übrigen Kinder dem anderen Elternteil zu zuzusprechen. Das Gericht kann auch von Amts wegen entscheiden, das Sorgerecht für alle oder einzelne Kinder einer anderen Person zuzusprechen.“
Ausgangsverfahren und Vorlagefragen
18 Die sich in Scheidung befindenden Eheleute Frau Detiček, die die slowenische Staatsangehörigkeit besitzt, und Herr Sgueglia lebten 25 Jahre lang zusammen in Rom (Italien). Ihre Tochter Antonella wurde am 6. September 1997 geboren.
19 Am 25. Juli 2007 übertrug das zuständige Gericht in Tivoli (Italien) (im Folgenden: Gericht von Tivoli), bei dem die Eheleute Detiček und Sgueglia einen Antrag auf Scheidung eingereicht hatten, der sich auch auf die Regelung des Sorgerechts für Antonella bezog, das alleinige Sorgerecht für Antonella vorläufig auf Herrn Sgueglia und ordnete ihre vorläufige Unterbringung im Heim der Suore Calasanziane in Rom an.
20 Am selben Tag verließ Frau Detiček mit ihrer Tochter Antonella Italien und begab sich in die Stadt Zgornje Poljčane in Slowenien, wo beide seither wohnen.
21 Mit Entscheidung vom 22. November 2007 des Okrožno sodišče v Mariboru (Kreisgericht Maribor) (Slowenien), die der Vrhovno sodišče (Oberster Gerichtshof) (Slowenien) mit Entscheidung vom 2. Oktober 2008 bestätigte, wurde der Beschluss des Gerichts von Tivoli vom 25. Juli 2007 für im Hoheitsgebiet der Republik Slowenien vollstreckbar erklärt.
22 Auf der Grundlage dieser Entscheidung des Vrhovno sodišče wurde der Okrajno sodišče v Slovenska Bistrica (Bezirksgericht Slovenska Bistrica) (Slowenien) mit einem Vollstreckungsverfahren zur Herausgabe des Kindes an Herrn Sgueglia und Unterbringung in dem genannten Heim befasst. Mit Beschluss vom 2. Februar 2009 setzte dieses Gericht jedoch die Vollstreckung des Beschlusses des Gerichts von Tivoli bis zur rechtskräftigen Entscheidung des Ausgangsverfahrens aus.
23 Am 28. November 2008 stellte Frau Detiček beim Okrožno sodišče v Mariboru den Antrag, im Wege einer einstweiligen Anordnung (Schutzmaßnahme) das Sorgerecht für das Kind auf sie zu übertragen.
24 Mit Beschluss vom 9. Dezember 2008 gab dieses Gericht dem Antrag von Frau Detiček statt und übertrug ihr vorläufig das Sorgerecht für Antonella. Es stützte seine Entscheidung auf Art. 20 der Verordnung Nr. 2001/2003 in Verbindung mit Art. 13 des Haager Übereinkommens von 1980 und begründete sie mit einer Änderung der Umstände und dem Kindeswohl.
25 Dazu führte es aus, dass sich Antonella in ihre soziale Umgebung in Slowenien integriert habe. Eine Rückkehr nach Italien mit zwangsweiser Unterbringung in einem Heim liefe dem Kindeswohl zuwider, da dies Antonella ein irreversibles physisches und psychisches Trauma zufügen würde. Im Übrigen habe Antonella im Verlauf des gerichtlichen Verfahrens in Slowenien den Wunsch geäußert, bei ihrer Mutter zu bleiben.
26 Gegen diesen Beschluss legte Herr Sgueglia beim selben Gericht einen Einspruch ein, den das Gericht im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes mit Beschluss vom 29. Juni 2009 zurückwies.
27 Gegen den letztgenannten Beschluss erhob Herr Sgueglia Beschwerde beim Višje Sodišče v Mariboru (Obergericht Maribor) (Slowenien).
28 Vor diesem Hintergrund hat der Višje Sodišče v Mariboru das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof die beiden folgenden Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:
1. Ist ein Gericht in der Republik Slowenien (Mitgliedstaat der Europäischen Union) gemäß Art. 20 der Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 für den Erlass von Schutzmaßnahmen zuständig, wenn ein Gericht eines anderen Mitgliedstaats, das nach der Verordnung für die Entscheidung in der Hauptsache zuständig ist, bereits eine Schutzmaßnahme getroffen hat, die in der Republik Slowenien für vollstreckbar erklärt wurde?
Falls die vorstehende Frage bejaht wird:
2. Kann ein slowenisches Gericht unter Anwendung des nationalen Rechts (die gemäß Art. 20 der Verordnung Nr. 2201/2003 erlaubt ist) durch den Erlass einer Schutzmaßnahme nach Art. 20 der Verordnung Nr. 2201/2003 eine rechtskräftige und vollstreckbare Schutzmaßnahme ändern oder aufheben, die von einem Gericht in einem anderen Mitgliedstaat getroffen wurde, das nach dieser Verordnung für die Entscheidung in der Hauptsache zuständig ist?
Zum Eilvorlageverfahren
29 Der Višje Sodišče v Mariboru hat beantragt, das vorliegende Vorabentscheidungsersuchen gemäß Art. 104b der Verfahrensordnung dem Eilverfahren zu unterwerfen.
30 Zur Begründung hat das vorlegende Gericht darauf verwiesen, dass einerseits eine vollstreckbare Entscheidung eines italienischen Gerichts über Schutzmaßnahmen vorliege, mit der das Sorgerecht für das Kind auf den Vater übertragen worden sei, und andererseits eine Entscheidung des slowenischen Gerichts über Schutzmaßnahmen, mit der das Sorgerecht für das Kind der Mutter zugesprochen worden sei. Überdies sei rasches Handeln geboten, weil eine Aufschiebung der Entscheidung dem Kindeswohl zuwiderliefe und die Beziehungen zwischen dem Kind und seinem Vater irreparabel verschlechtern könne. Schließlich mache allein die Vorläufigkeit der erlassenen Schutzmaßnahme in Bezug auf das Sorgerecht ein Eingreifen des Gerichtshofs im Eilverfahren erforderlich, um den Zustand der Rechtsunsicherheit nicht zu verlängern.
31 Die Dritte Kammer des Gerichtshofs hat am 27. Oktober 2009 nach Anhörung des Generalanwalts dem Antrag des vorlegenden Gerichts, das Vorabentscheidungsersuchen dem Eilverfahren zu unterwerfen, stattgegeben.
Zu den Vorlagefragen
32 Mit seinen beiden Fragen, die zusammen zu prüfen sind, möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 20 der Verordnung Nr. 2201/2003 dahin auszulegen ist, dass er einem Gericht eines Mitgliedstaats den Erlass einer einstweiligen Maßnahme in Bezug auf das elterliche Sorgerecht erlaubt, mit der das Sorgerecht für ein Kind, das sich im Hoheitsgebiet dieses Mitgliedstaats befindet, auf einen Elternteil übertragen wird, wenn ein Gericht eines anderen Mitgliedstaats, das nach der Verordnung Nr. 2201/2003 für die Entscheidung über das Sorgerecht in der Hauptsache zuständig ist, bereits eine Entscheidung erlassen hat, mit der das Sorgerecht für das Kind vorläufig auf den anderen Elternteil übertragen wurde, und wenn diese Entscheidung für im Hoheitsgebiet des erstgenannten Mitgliedstaats vollstreckbar erklärt worden ist.
33 Nach ständiger Rechtsprechung sind bei der Auslegung einer Gemeinschaftsvorschrift nicht nur ihr Wortlaut und ihr Zusammenhang zu berücksichtigen, sondern auch die Ziele, die mit der Regelung, zu der sie gehört, verfolgt werden (vgl. in diesem Sinne u. a. Urteile vom 18. Mai 2000, KVS International, C‑301/98, Slg. 2000, I‑3583, Randnr. 21, vom 23. November 2006, ZVK, C‑300/05, Slg. 2006, I‑11169, Randnr. 15, und vom 22. Oktober 2009, Bogiatzi [verheiratete Ventouras], C‑301/08, Slg. 2009, I‑0000, Randnr. 39).
34 Nach gefestigter Rechtsprechung haben überdies die Mitgliedstaaten nicht nur ihr nationales Recht gemeinschaftsrechtskonform auszulegen, sondern auch darauf zu achten, dass sie sich nicht auf eine Auslegung einer Vorschrift des abgeleiteten Rechts stützen, die mit den durch die Gemeinschaftsrechtsordnung geschützten Grundrechten oder den anderen allgemeinen Grundsätzen des Gemeinschaftsrechts kollidiert (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 6. November 2003, Lindqvist, C‑101/01, Slg. 2003, I‑12971, Randnr. 87, und vom 26. Juni 2007, Ordre des barreaux francophones et germanophone u. a., C‑305/05, Slg. 2007, I‑5305, Randnr. 28).
35 Es ist zunächst zu beachten, dass laut dem zwölften Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 2201/2003 die in dieser Verordnung für die elterliche Verantwortung festgelegten Zuständigkeitsvorschriften dem Wohle des Kindes entsprechend und insbesondere nach dem Kriterium der räumlichen Nähe ausgestaltet wurden.
36 Nach Art. 8 der Verordnung Nr. 2201/2003 sind für Entscheidungen, die die elterliche Verantwortung betreffen, in erster Linie die Gerichte des Mitgliedstaats zuständig, in dem das Kind zum Zeitpunkt der Antragstellung seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Denn wegen ihrer räumlichen Nähe sind diese Gerichte im Allgemeinen am Besten in der Lage, die zum Wohle des Kindes zu erlassenden Maßnahmen zu beurteilen.
37 Im vorliegenden Fall geht aus der Vorlageentscheidung und dem Beschluss des Okrožno sodišče v Mariboru vom 9. Dezember 2008 hervor, dass im Ausgangsverfahren das zuständige Gericht für alle Entscheidungen in der Hauptsache über Fragen der elterlichen Verantwortung gemäß Art. 8 der Verordnung Nr. 2201/2003 das Gericht von Tivoli ist.
38 Jedoch können nach Art. 20 Abs. 1 der Verordnung Nr. 2201/2003 die Gerichte eines Mitgliedstaats, in dem sich das Kind befindet, unter bestimmten Voraussetzungen die nach dem Recht dieses Mitgliedstaats vorgesehenen einstweiligen Maßnahmen einschließlich Schutzmaßnahmen anordnen, auch wenn für die Entscheidung in der Hauptsache gemäß der Verordnung ein Gericht eines anderen Mitgliedstaats zuständig ist. Da diese Vorschrift eine Ausnahme von der durch die Verordnung geschaffenen Zuständigkeitsregelung darstellt, ist sie restriktiv auszulegen.
39 Wie bereits dem Wortlaut des Art. 20 Abs. 1 der Verordnung Nr. 2201/2003 zu entnehmen ist, dürfen die in dieser Vorschrift genannten Gerichte solche einstweiligen Maßnahmen einschließlich Schutzmaßnahmen nur erlassen, wenn drei kumulative Voraussetzungen erfüllt sind: die betreffenden Maßnahmen müssen dringend sein, sie müssen in Bezug auf Personen oder Vermögensgegenstände getroffen werden, die sich in dem Mitgliedstaat befinden, in dem das mit der Sache befasste Gericht seinen Sitz hat, und sie müssen vorübergehender Art sein (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 2. April 2009, A, C‑523/07, Slg. 2009, I‑0000, Randnr. 47).
40 Liegt nur eine dieser drei Voraussetzungen nicht vor, hat dies deshalb zur Folge, dass die in Aussicht genommene Maßnahme nicht unter Art. 20 Abs. 1 der Verordnung Nr. 2201/2003 fallen kann.
41 Es ist zunächst die Voraussetzung der Dringlichkeit zu behandeln.
42 Da Art. 20 Abs. 1 der Verordnung Nr. 2201/2003 ein in der Hauptsache unzuständiges Gericht ermächtigt, ausnahmsweise eine einstweilige Maßnahme betreffend die elterliche Verantwortung zu erlassen, ist davon auszugehen, dass sich der in der Vorschrift enthaltene Begriff der Dringlichkeit sowohl auf die Lage, in der sich das Kind befindet, als auch auf die praktische Unmöglichkeit bezieht, den die elterliche Verantwortung betreffenden Antrag vor dem Gericht zu stellen, das für die Entscheidung in der Hauptsache zuständig ist.
43 Aus der Vorlageentscheidung geht hervor, dass der Okrožno sodišče v Mariboru in seinem Beschluss vom 9. Dezember 2008 das Bestehen einer dringlichen Lage im Sinne von Art. 20 Abs. 1 der Verordnung Nr. 2201/2003 unter Verweis auf die Änderung der Umstände bejahte, die seit dem Erlass der die elterliche Verantwortung betreffenden einstweiligen Maßnahme des Gerichts von Tivoli, mit der dieses das alleinige Sorgerecht für das Kind auf seinen Vater übertragen hatte, eingetreten sei. Diese Änderung der Umstände habe sich daraus ergeben, dass sich das Kind zwischenzeitlich gut in die Umgebung integriert habe, in der es gegenwärtig in Slowenien lebe. Unter diesen Umständen war der Okrožno sodišče v Mariboru der Auffassung, dass die Rückkehr des Kindes nach Italien, die sich aus der Vollstreckung des Beschlusses des Gerichts von Tivoli ergäbe, es in eine Lage brächte, die geeignet wäre, sein Wohlbefinden schwerwiegend zu schädigen.
44 Die vom Okrožno sodišče v Mariboru angeführten Umstände können jedoch eine Feststellung, dass Dringlichkeit im Sinne von Art. 20 Abs. 1 der Verordnung Nr. 2201/2003 vorliegt, nicht begründen.
45 Erstens nämlich liefe die Anerkennung einer dringlichen Lage in einem Fall wie dem vorliegenden dem in der Verordnung Nr. 2201/2003 niedergelegten Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung von in den Mitgliedstaaten ergangenen Entscheidungen zuwider, der seinerseits, wie dem 21. Erwägungsgrund der Verordnung zu entnehmen ist, auf dem Grundsatz des gegenseitigen Vertrauens zwischen den Mitgliedstaaten beruht.
46 Unter den Vorschriften, die die in der vorstehenden Randnummer genannten Grundsätze gewährleisten, sind insbesondere Art. 28 Abs. 1 der Verordnung Nr. 2201/2003, wonach die im Herkunftsmitgliedstaat ergangenen Entscheidungen über die elterliche Verantwortung, die in diesem Mitgliedstaat vollstreckbar sind, im ersuchten Mitgliedstaat grundsätzlich zu vollstrecken sind, sowie Art. 31 Abs. 3 der Verordnung zu nennen, der jede Nachprüfung einer Entscheidung, deren Vollstreckbarerklärung beantragt worden ist, in der Sache selbst verbietet.
47 Im vorliegenden Fall wurde jedoch eine vorläufige Entscheidung über die elterliche Verantwortung von dem in der Hauptsache zuständigen Gericht erlassen, nämlich dem Gericht von Tivoli, und diese Entscheidung wurde in Slowenien für vollstreckbar erklärt. Wenn eine Änderung von Umständen, die aus einem graduellen Prozess wie der Integration des Kindes in eine neue Umgebung resultiert, ausreichend wäre, um ein in der Hauptsache nicht zuständiges Gericht nach Art. 20 Abs. 1 der Verordnung Nr. 2201/2003 zum Erlass einer einstweiligen Maßnahme zu ermächtigen, die darauf abzielt, die von dem in der Hauptsache zuständigen Gericht erlassene Maßnahme über die elterliche Verantwortung zu ändern, trüge die etwaige Langsamkeit des Vollstreckungsverfahrens im ersuchten Staat dazu bei, die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass das erstgenannte Gericht die Vollstreckung der für vollstreckbar erklärten Entscheidung verhindern könnte. Eine solche Auslegung dieser Vorschrift würde die die Verordnung tragenden Grundsätze selbst erschüttern.
48 Zweitens ist zu beachten, dass die Veränderung der Lage des Kindes im vorliegenden Fall Ergebnis eines rechtswidrigen Verbringens im Sinne von Art. 2 Nr. 11 der Verordnung Nr. 2201/2003 ist. Die vom Okrožno sodišče v Mariboru angeordnete einstweilige Maßnahme ist nämlich nicht nur auf Art. 20 Abs. 1 der Verordnung Nr. 2201/2003 gestützt, sondern auch auf Art. 13 des Haager Übereinkommens von 1980, der nur im Fall rechtswidrigen Verbringens oder Zurückhaltens anwendbar ist.
49 Die Anerkennung einer dringlichen Lage in einem Fall wie dem vorliegenden liefe jedoch dem mit der Verordnung Nr. 2201/2003 verfolgten Ziel zuwider, darauf hinzuwirken, dass von rechtswidrigem Verbringen oder Zurückhalten von Kindern zwischen Mitgliedstaaten Abstand genommen wird (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 11. Juli 2008, Rinau, C‑195/08 PPU, Slg. 2008, I‑5271, Randnr. 52). Dürfte nämlich eine Maßnahme, die zu einer Veränderung der elterlichen Verantwortung führt, nach Art. 20 Abs. 1 der Verordnung Nr. 2201/2003 erlassen werden, liefe dies darauf hinaus, durch die Verfestigung einer aus rechtswidrigem Handeln entstandenen tatsächlichen Situation die Position des Elternteils zu stärken, der für das rechtswidrige Verbringen verantwortlich ist.
50 Weiter ist bereits dem Wortlaut von Art. 20 Abs. 1 der Verordnung Nr. 2201/2003 zu entnehmen, dass einstweilige Maßnahmen in Bezug auf Personen zu erlassen sind, die sich in dem Mitgliedstaat befinden, in dem das für den Erlass dieser Maßnahmen zuständige Gericht seinen Sitz hat.
51 Eine einstweilige Maßnahme betreffend die elterliche Verantwortung, die auf eine Änderung des Sorgerechts für ein Kind abzielt, wird aber nicht nur in Bezug auf das Kind selbst, sondern auch in Bezug auf den Elternteil, dem das Sorgerecht für das Kind neu zugesprochen wird, sowie den anderen Elternteil erlassen, dem durch den Erlass der Maßnahme das Sorgerecht genommen wird.
52 Im vorliegenden Fall ist unstreitig, dass eine der Personen, in Bezug auf die eine solche Maßnahme erlassen wird, nämlich der Vater, in einem anderen Mitgliedstaat wohnt, und es deutet nichts darauf hin, dass er sich in dem Mitgliedstaat aufhielte, dessen Gericht die Zuständigkeit nach Art. 20 Abs. 1 der Verordnung Nr. 2201/2003 beansprucht.
53 Schließlich werden die vorstehenden Erwägungen durch die Anforderungen bestätigt, die sich aus dem 33. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 2201/2003 ergeben, wonach die Verordnung im Einklang mit den Grundrechten und Grundsätzen steht, die mit der Charta anerkannt wurden, und insbesondere darauf abzielt, die Wahrung der Grundrechte des Kindes im Sinne des Art. 24 der Charta zu gewährleisten.
54 Es ist darauf hinzuweisen, dass eines dieser Grundrechte des Kindes sein in Art. 24 Abs. 3 der Charta niedergelegter Anspruch auf regelmäßige persönliche Beziehungen und direkte Kontakte zu beiden Elternteilen ist, dessen Wahrung unbestreitbar dem Wohle jedes Kindes entspricht.
55 Art. 20 der Verordnung Nr. 2201/2003 kann nicht so ausgelegt werden, dass er diesem Grundrecht zuwiderliefe.
56 Insoweit ist festzustellen, dass ein rechtswidriges Verbringen des Kindes aufgrund der einseitigen Entscheidung eines Elternteils dem Kind meist die Möglichkeit nimmt, regelmäßig persönliche Beziehungen und direkte Kontakte zu dem anderen Elternteil zu pflegen.
57 Daher kann Art. 20 der Verordnung Nr. 2201/2003 nicht dahin ausgelegt werden, dass er dem Elternteil, der das Kind rechtswidrig verbracht hat, als Mittel dafür diente, die durch sein rechtswidriges Handeln geschaffene tatsächliche Situation länger andauern zu lassen oder die Folgen dieses Handelns zu legitimieren.
58 Zwar darf das Grundrecht des Kindes, regelmäßige persönliche Beziehungen und direkte Kontakte zu beiden Elternteilen zu pflegen, nach Art. 24 Abs. 3 der Charta, wenn dies seinem Wohl entgegensteht, Ausnahmen unterworfen werden.
59 Es ist daher davon auszugehen, dass eine Maßnahme, die regelmäßige persönliche Beziehungen und direkte Kontakte zu beiden Elternteilen verhindert, nur durch ein anderes Interesse des Kindes gerechtfertigt werden kann, das von solchem Gewicht ist, dass es gegenüber dem dem genannten Grundrecht zugrunde liegenden Interesse des Kindes überwiegt.
60 Eine ausgewogene und vernünftige Beurteilung aller auf dem Spiel stehenden Interessen, die auf objektiven Erwägungen hinsichtlich der Person des Kindes selbst und seiner sozialen Umgebung beruhen muss, ist jedoch grundsätzlich im Rahmen eines Verfahrens vor dem Gericht vorzunehmen, das nach der Verordnung Nr. 2201/2003 für die Entscheidung in der Hauptsache zuständig ist.
61 Nach alledem ist auf die Vorlagefragen zu antworten, dass Art. 20 der Verordnung Nr. 2201/2003 dahin auszulegen ist, dass er unter Umständen, wie sie im Ausgangsverfahren vorliegen, einem Gericht eines Mitgliedstaats nicht den Erlass einer einstweiligen Maßnahme in Bezug auf das elterliche Sorgerecht erlaubt, mit der das Sorgerecht für ein Kind, das sich im Hoheitsgebiet dieses Mitgliedstaats befindet, auf einen Elternteil übertragen wird, wenn ein Gericht eines anderen Mitgliedstaats, das nach der Verordnung Nr. 2201/2003 für die Entscheidung über das Sorgerecht in der Hauptsache zuständig ist, bereits eine Entscheidung erlassen hat, mit der das Sorgerecht für das Kind vorläufig auf den anderen Elternteil übertragen wurde, und wenn diese Entscheidung für im Hoheitsgebiet des erstgenannten Mitgliedstaats vollstreckbar erklärt worden ist.
Kosten
62 Für die Beteiligten des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren Teil des bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Verfahrens; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.
Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Dritte Kammer) für Recht erkannt:
Art. 20 der Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 des Rates vom 27. November 2003 über die Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen und in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1347/2000 ist dahin auszulegen, dass er unter Umständen, wie sie im Ausgangsverfahren vorliegen, einem Gericht eines Mitgliedstaats nicht den Erlass einer einstweiligen Maßnahme in Bezug auf das elterliche Sorgerecht erlaubt, mit der das Sorgerecht für ein Kind, das sich im Hoheitsgebiet dieses Mitgliedstaats befindet, auf einen Elternteil übertragen wird, wenn ein Gericht eines anderen Mitgliedstaats, das nach der Verordnung Nr. 2201/2003 für die Entscheidung über das Sorgerecht in der Hauptsache zuständig ist, bereits eine Entscheidung erlassen hat, mit der das Sorgerecht für das Kind vorläufig auf den anderen Elternteil übertragen wurde, und wenn diese Entscheidung für im Hoheitsgebiet des erstgenannten Mitgliedstaats vollstreckbar erklärt worden ist.
Unterschriften
* Verfahrenssprache: Slowenisch.