Parteien
Entscheidungsgründe
Tenor

Parteien

In der Rechtssache C‑62/08

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 234 EG, eingereicht vom Hof van Cassatie (Belgien) mit Entscheidung vom 7. Februar 2008, beim Gerichtshof eingegangen am 18. Februar 2008, in dem Verfahren

UDV North America Inc.

gegen

Brandtraders NV

erlässt

DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten C. W. A. Timmermans (Berichterstatter) sowie der Richter J.‑C. Bonichot, K. Schiemann, P. Kūris und L. Bay Larsen,

Generalanwalt: D. Ruiz-Jarabo Colomer,

Kanzler: R. Grass,

nach Unterrichtung des vorlegenden Gerichts, dass der Gerichtshof nach Art. 104 § 3 Abs. 2 seiner Verfahrensordnung durch mit Gründen versehenen Beschluss zu entscheiden beabsichtigt,

nachdem den in Art. 23 der Satzung des Gerichtshofs bezeichneten Beteiligten Gelegenheit zur Äußerung gegeben worden ist,

nach Anhörung des Generalanwalts

folgenden

Beschluss

Entscheidungsgründe

1. Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 9 Abs. 1 Buchst. a und Abs. 2 Buchst. d der Verordnung (EG) Nr. 40/94 des Rates vom 20. Dezember 1993 über die Gemeinschaftsmarke (ABl. 1994, L 11, S. 1).

2. Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der UDV North America Inc. (im Folgenden: UDV), einer Gesellschaft mit Sitz in Stamford (USA), und der Brandtraders NV (im Folgenden: Brandtraders), einer Gesellschaft mit Sitz in Zeebrugge (Belgien), wegen der Benutzung der UDV gehörenden Gemeinschaftsmarke Smirnoff Ice durch Brandtraders.

Rechtlicher Rahmen

3. Der siebte Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 40/94 lautet:

„Zweck des durch die eingetragene Marke gewährten Schutzes ist es, insbesondere die Herkunftsfunktion der Marke zu gewährleisten; dieser Schutz ist absolut im Falle der Identität zwischen der Marke und dem Zeichen und zwischen den Waren oder Dienstleistungen. Der Schutz erstreckt sich ebenfalls auf Fälle der Ähnlichkeit von Zeichen und Marke sowie Waren und Dienstleistungen. Der Begriff der Ähnlichkeit ist im Hinblick auf die Verwechslungsgefahr auszulegen. Die Verwechslungsgefahr stellt die spezifische Voraussetzung für den Schutz dar; ob sie vorliegt, hängt von einer Vielzahl von Umständen ab, insbesondere dem Bekanntheitsgrad der Marke auf dem Markt, der gedanklichen Verbindung, die das benutzte oder eingetragene Zeichen zu ihr hervorrufen kann, sowie dem Grad der Ähnlichkeit zwischen der Marke und dem Zeichen und zwischen den damit gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen.“

4. Art. 9 der Verordnung Nr. 40/94 („Recht aus der Gemeinschaftsmarke“) bestimmt:

„(1) Die Gemeinschaftsmarke gewährt ihrem Inhaber ein ausschließliches Recht. Dieses Recht gestattet es dem Inhaber, Dritten zu verbieten, ohne seine Zustimmung im geschäftlichen Verkehr

a) ein mit der Gemeinschaftsmarke identisches Zeichen für Waren oder Dienstleistungen zu benutzen, die mit denjenigen identisch sind, für die sie eingetragen ist;

b) ein Zeichen zu benutzen, wenn wegen der Identität oder Ähnlichkeit des Zeichens mit der Gemeinschaftsmarke und der Identität oder Ähnlichkeit der durch die Gemeinschaftsmarke und das Zeichen erfassten Waren oder Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen besteht; dabei schließt die Gefahr von Verwechslungen die Gefahr ein, dass das Zeichen mit der Marke gedanklich in Verbindung gebracht wird;

c) ein mit der Gemeinschaftsmarke identisches oder ihr ähnliches Zeichen für Waren oder Dienstleistungen zu benutzen, die nicht denen ähnlich sind, für die die Gemeinschaftsmarke eingetragen ist, wenn diese in der Gemeinschaft bekannt ist und die Benutzung des Zeichens die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung der Gemeinschaftsmarke ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise ausnutzt oder beeinträchtigt.

(2) Sind die Voraussetzungen des Absatzes 1 erfüllt, so kann insbesondere verboten werden:

a) das Zeichen auf Waren oder deren Aufmachung anzubringen;

b) unter dem Zeichen Waren anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu den genannten Zwecken zu besitzen oder unter dem Zeichen Dienstleistungen anzubieten oder zu erbringen;

c) Waren unter dem Zeichen einzuführen oder auszuführen;

d) das Zeichen in den Geschäftspapieren und in der Werbung zu benutzen.

…“

Ausgangsverfahren und Vorlagefragen

5. UDV ist Inhaberin der Gemeinschaftsmarke Smirnoff Ice (Nr. 1540913), die für „alkoholische Getränke, nämlich destillierte Spirituosen und Liköre“ in Klasse 33 des Abkommens von Nizza über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken vom 15. Juni 1957 in revidierter und geänderter Fassung mit Wirkung ab 6. März 2000 eingetragen worden ist.

6. Brandtraders betreibt eine Internetseite (im Folgenden: Internetseite), auf der Mitgliedsgesellschaften anonym Anzeigen als Verkäufer oder Käufer schalten können sowie, ebenfalls anonym, Geschäfte aushandeln und gegebenenfalls zu auf der Internetseite wiedergegebenen Allgemeinen Geschäftsbedingungen eine Einigung erzielen können.

7. Auch Nichtmitglieder können die Internetseite besuchen und auf ihr Angebote und Gesuche einsehen, nicht aber Informationen über den Lagerort der Ware oder den geforderten Preis.

8. Gemäß den Allgemeinen Geschäftsbedingungen schließt Brandtraders, wenn sie über eine erzielte Einigung unterrichtet wird, gegen eine Kommission mit dem Käufer einen Kaufvertrag als Kommissionärin des Verkäufers ab, d. h. im eigenen Namen, aber für Rechnung des Verkäufers.

9. Am 11. Dezember 2001 stellte ein Verkäufer ein Angebot von Waren mit der Bezeichnung „Smirnoff Ice/24 btl/30 cl/5 %“ auf die Internetseite, wobei er die verfügbare Menge und als Zollstatus „T1“, d. h. den Status von Waren im externen gemeinschaftlichen Versand, angab.

10. Am 13. Dezember 2001 nahm ein Gerichtsvollzieher auf Antrag von UDV ein Protokoll auf, das eine vollständige Kopie der Internetseite in der für Nichtmitglieder zugänglichen Form und damit auch das genannte Warenangebot enthielt.

11. Mit Beschluss vom 19. Dezember 2001 gab der Voorzitter van de rechtbank van koophandel te Brussel (Präsident des Handelsgerichts Brüssel) Brandtraders auf einseitigen Antrag von UDV auf Unterlassung auf, die betroffenen Waren im selben Zustand zu bewahren, und drohte dabei ein Zwangsgeld von 500 Euro je umgelagerten Artikel an. In dem Beschluss wurde ferner ein Gutachter benannt, um den behaupteten Verstoß genauer festzustellen.

12. Unter Berücksichtigung insbesondere des Gutachtens wurde ausweislich des Vorlagebeschlusses und der Akten sodann der folgende Sachverhalt ermittelt.

13. Auf ein von ihr auf die Internetseite gestelltes Angebot hin einigte sich die Hillyard Trading Ltd (im Folgenden: Hillyard), eine Gesellschaft mit Sitz in Gibraltar, mit der Checkprice UK Ltd (im Folgenden: Checkprice), einer Gesellschaft mit Sitz in Norwich (Vereinigtes Königreich), über den Verkauf von 3 040 Kartons zu je 24 Flaschen Smirnoff Ice mit Ursprung in Kapstadt (Südafrika) an Checkprice.

14. Am 3. September 2001 schloss Brandtraders im eigenen Namen, aber für Rechnung von Hillyard mit Checkprice einen Kaufvertrag, der die zwischen Hillyard und Checkprice vereinbarten Kaufbedingungen enthielt, und sandte außerdem an Hillyard ein Bestätigungsschreiben über den Vertragsschluss. Die Marke Smirnoff Ice war in dem Bestätigungsschreiben, aber nicht im Kaufvertrag genannt. In dem Bestätigungsschreiben wurde auch darauf hingewiesen, dass Brandtraders im eigenen Namen, aber für Rechnung des Verkäufers tätig werde.

15. Am 15. Oktober 2001 sandte Brandtraders an Checkprice eine Rechnung über 2 846 Kartons unverzollte Waren, da 194 Kartons beim Entladen beschädigt worden waren. Die Rechnung belief sich auf den Kaufpreis zuzüglich der Kommission von Brandtraders. Darin war die Marke Smirnoff Ice erwähnt.

16. Nach Bezahlung der Rechnung am 22. Oktober 2001 wurde die im Hafen von Felixstowe (Vereinigtes Königreich) entladene Ware Checkprice zur Verfügung gestellt. Anschließend wurde sie in den freien Verkehr gebracht.

17. Am 30. Oktober 2001 bezahlte Brandtraders, nachdem sie am 29. Oktober 2001 von Hillyard eine Gutschriftanzeige für die beschädigten Kartons erhalten hatte, die ihr am 18. September 2001 von Hillyard für die Ware ausgestellte Rechnung. In der Rechnung war die Marke Smirnoff Ice erwähnt.

18. Am 28. Dezember 2001 beantragte UDV beim Voorzitter van de rechtbank van koophandel te Brussel gegen Brandtraders eine einstweilige Unterlassungsverfügung.

19. Mit Beschluss vom 19. April 2002 wurde der Antrag für zulässig und begründet erklärt.

20. Laut diesem nach einem streitigen Verfahren ergangenen Beschluss hatte Brandtraders dadurch gegen Art. 9 Abs. 1 und 2 der Verordnung Nr. 40/94 verstoßen, dass sie am 3. September 2001 einen Posten Flaschen Smirnoff Ice von Hillyard gekauft und an Checkprice weiterverkauft, zuvor auf der Internetseite für dieses Geschäft geworben und am 13. Dezember 2001 auf der Internetseite ein weiteres Mal für ein solches Geschäft geworben habe. Außerdem wurde Brandtraders unter Androhung eines Zwangsgelds von 100 Euro je Zuwiderhandlung eine Wiederholung solcher Verstöße untersagt.

21. Der als Berufungsgericht angerufene Hof van beroep te Brussel hob diesen Beschluss mit Urteil vom 23. September 2003 auf und wies den Unterlassungsantrag von UDV als unzulässig ab.

22. Das Berufungsgericht entschied zunächst, dass das Entladen der Ware im Hafen von Felixstowe durch den logistischen Partner von Brandtraders keinesfalls eine Benutzung der Marke Smirnoff Ice durch Brandtraders darstellen könne.

23. Zweitens führte der Hof van beroep te Brussel aus, dass sich das Angebot der Ware der Marke Smirnoff Ice nicht Brandtraders zuordnen lasse, da die Angaben auf der Internetseite nicht von Brandtraders stammten und diese über die Angebote auf der Seite auch keine Kontrolle gehabt habe. Das Gericht kam deshalb zu dem Ergebnis, dass keine Benutzung im Sinne von Art. 9 Abs. 2 Buchst. b der Verordnung Nr. 40/94 vorliege.

24. Drittens bewertete der Hof van beroep te Brussel die Nennung der Marke Smirnoff Ice in den Geschäftspapieren von Brandtraders, insbesondere in dem Bestätigungsschreiben und in den Rechnungen, als eine Benutzung im geschäftlichen Verkehr, die auch im Gemeinschaftsgebiet stattgefunden habe, selbst wenn sich die Ware möglicherweise nicht dort befinde.

25. Da jedoch nach Ansicht dieses Gerichts Brandtraders bei der Benutzung des Zeichens, das mit der fraglichen Marke identisch sei, an dem Verkauf der Ware, bei dem sie selbst Vertragspartei gewesen sei, kein eigenes Interesse gehabt habe, weil sie für Rechnung eines Dritten, nämlich des Verkäufers, gehandelt habe, habe sie das Zeichen nicht im Sinne von Art. 9 Abs. 1 Buchst. a und Abs. 2 Buchst. d der Verordnung Nr. 40/94 benutzt.

26. UDV hat beim Hof van Cassatie gegen das Urteil vom 23. September 2003 Kassationsbeschwerde mit der Begründung eingelegt, dass es entgegen der Auffassung des Hof van beroep te Brussel für die Anwendung von Art. 9 Abs. 1 Buchst. a und Abs. 2 Buchst. d der Verordnung Nr. 40/94, um eine Benutzung des Zeichens im Sinne dieser Vorschriften durch den Dritten, im vorliegenden Fall durch Brandtraders als Zwischenhändler, zu bejahen, nicht erforderlich sei, dass dieser für eigene Rechnung handele und/oder das fragliche Zeichen als ein Beteiligter benutze, der an einem Verkauf der Ware, bei dem er selbst Vertragspartei sei, ein eigenes Interesse habe.

27. Unter diesen Umständen hat der Hof van Cassatie das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1. Ist es für die Benutzung des Zeichens im Sinne von Art. 9 Abs. 1 Buchst. a und Abs. 2 Buchst. d der Verordnung Nr. 40/94 erforderlich, dass ein Dritter im Sinne von Art. 9 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung

a) das Zeichen für eigene Rechnung benutzt,

b) das Zeichen als ein Beteiligter benutzt, der an einem Verkauf von Waren, bei dem er selbst Vertragspartei ist, ein eigenes Interesse hat?

2. Kann ein Zwischenhändler, der im eigenen Namen, aber nicht für eigene Rechnung handelt, als ein Dritter betrachtet werden, der das Zeichen im Sinn der genannten Vorschriften benutzt?

Zu den Vorlagefragen

28. Da die Beantwortung der vorgelegten Fragen keinen Raum für vernünftige Zweifel lässt, hat der Gerichtshof nach Art. 104 § 3 Abs. 2 seiner Verfahrensordnung das vorlegende Gericht von seiner Absicht unterrichtet, durch mit Gründen versehenen Beschluss zu entscheiden, und den in Art. 23 der Satzung des Gerichtshofs bezeichneten Beteiligten Gelegenheit gegeben, hierzu Stellung zu nehmen.

29. UDV hat in ihrer Stellungnahme keine Einwände gegen die Absicht des Gerichtshofs erhoben, durch mit Gründen versehenen Beschluss zu entscheiden. Die Regierung des Vereinigten Königreichs hat mitgeteilt, sie verzichte insoweit auf eine Stellungnahme.

30. Mit seinen Fragen möchte das vorlegende Gericht wissen, ob unter den Begriff der „Benutzung“ im Sinne des Art. 9 Abs. 1 Buchst. a und Abs. 2 Buchst. d der Verordnung Nr. 40/94 ein Sachverhalt wie der dem Ausgangsverfahren zugrunde liegende fällt, in dem ein Zwischenhändler, der im eigenen Namen, aber für Rechnung des Verkäufers handelt und der daher an einem Verkauf von Waren, bei dem er selbst Vertragspartei ist, kein eigenes Interesse hat, in seinen Geschäftspapieren ein mit einer Gemeinschaftsmarke identisches Zeichen für Waren oder Dienstleistungen benutzt, die mit denjenigen identisch sind, für die die Marke eingetragen ist.

31. Einleitend ist erstens festzustellen, dass eine der Brandtraders vorgeworfenen Rechtsverletzungen, hinsichtlich deren der Hof van beroep te Brussel entschieden hat, dass die Nennung der Marke Smirnoff Ice in dem streitigen Angebot auf der Internetseite Brandtraders nicht zugerechnet werden könne und daher keine „Benutzung“ im Sinne des Art. 9 Abs. 2 Buchst. b der Verordnung Nr. 40/94 sei, nicht Gegenstand der von UDV beim Hof van Cassatie eingelegten Kassationsbeschwerde und daher auch nicht Gegenstand des Vorabentscheidungsersuchens ist.

32. Infolgedessen ist das Vorbringen von Brandtraders in ihren schriftlichen Erklärungen zu dieser behaupteten Rechtsverletzung nicht zu behandeln.

33. Ebenso wenig ist zweitens das in den schriftlichen Erklärungen von Brandtraders enthaltene Vorbringen zu den Grundsätzen zu prüfen, die in der Rechtsprechung des Gerichtshofs, insbesondere im Urteil vom 18. Oktober 2005, Class International (C‑405/03, Slg. 2005, I‑8735), zu im Zollverfahren des externen Ve rsands befindlichen Waren und zum Anbieten oder Inverkehrbringen von Waren im Sinne von Art. 9 Abs. 2 Buchst. b und c der Verordnung Nr. 40/94 unter einem mit einer eingetragenen Marke identischen oder ihr ähnlichen Zeichen entwickelt worden sind.

34. Die im Ausgangsverfahren behauptete Rechtsverletzung betrifft nämlich Handlungen der Benutzung eines solchen Zeichens in Geschäftspapieren im Sinne von Art. 9 Abs. 2 Buchst. d der Verordnung Nr. 40/94, die nach Auffassung des Hof van beroep te Brussel, wie in Randnr. 24 des vorliegenden Beschlusses erwähnt, im Gemeinschaftsgebiet vorgenommen worden sind, selbst wenn sich die Ware möglicherweise nicht dort befand.

35. Da das Urteil des Hof van beroep te Brussel jedoch in diesem Punkt mit der beim vorlegenden Gericht erhobenen Kassationsbeschwerde nicht angegriffen worden ist, ist die von ihm entschiedene Rechtsfrage nicht Gegenstand des vorliegenden Vorabentscheidungsersuchens.

36. Der Vorlageentscheidung lässt sich entnehmen, dass Anlass für die Vorlagefragen die von Brandtraders vor dem Hof van beroep te Brussel vorgebrachte und von diesem übernommene Auffassung war, dass die Nennung der Marke Smirnoff Ice in den Geschäftspapieren von Brandtraders, insbesondere in dem Bestätigungsschreiben und in den Rechnungen, keine Benutzung eines mit einer eingetragenen Marke identischen Zeichens im Sinne von Art. 9 Abs. 1 Buchst. a und Abs. 2 Buchst. d der Verordnung Nr. 40/94 sei, weil Brandtraders bei der Benutzung des Zeichens an dem Verkauf der Ware, bei dem sie selbst Vertragspartei gewesen sei, kein eigenes Interesse gehabt habe, da sie für Rechnung eines Dritten, nämlich des Verkäufers, gehandelt habe.

37. In ihren schriftlichen Erklärungen hat Brandtraders diese Auffassung mit der folgenden Argumentation untermauert, die sie bereits vor dem Hof van beroep te Brussel vorgetragen hatte.

38. Im belgischen Recht handele ein Kommissionär, wie er im Ausgangsverfahren in Frage stehe, im eigenen Namen, aber für Rechnung eines Dritten, des Kommittenten, im vorliegenden Fall des Verkäufers. Der Kommissionär, der sich an einem Kaufvertrag für Rechnung des Verkäufers beteilige, erwerbe daher keine Rechte an der Ware.

39. Der Inhaber einer eingetragenen Marke könne aber, wie sich im Wege einer Analogie auch aus der Rechtsprechung des Benelux-Gerichtshofs ergebe, einem Dritten die Benutzung eines mit der Marke identischen Zeichens kraft seines Ausschließlichkeitsrechts nur verbieten, wenn sie eigene Waren des Dritten betreffe.

40. Da im vorliegenden Fall die Benutzung des fraglichen Zeichens durch den Kommissionär definitionsgemäß nicht dessen eigene Waren betreffe, könne ihr der Markeninhaber nicht kraft seines Ausschließlichkeitsrechts entgegentreten.

41. Dieses Vorbringen kann nur zurückgewiesen werden.

42. Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs zum Begriff der „Benutzung“ im Sinne von Art. 5 Abs. 1 der Ersten Richtlinie 89/104/EWG des Rates vom 21. Dezember 1988 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken (ABl. 1989, L 40, S. 1) (vgl. u. a. Urteile vom 12. November 2002, Arsenal Football Club, C‑206/01, Slg. 2002, I‑10273, vom 16. November 2004, Anheuser-Busch, C‑245/02, Slg. 2004, I‑10989, vom 25. Januar 2007, Adam Opel, C‑48/05, Slg. 2007, I‑1017, vom 11. September 2007, Céline, C‑17/06, Slg. 2007, I‑7041, und vom 12. Juni 2008, O2 Holdings und O2 [UK], C‑533/06, Slg. 2008, I‑4231, Randnr. 57), der mit Art. 9 Abs. 1 der Verordnung Nr. 40/94 identisch und daher in gleicher Weise wie dieser auszulegen ist, kann sich ein Markeninhaber in einem Sachverhalt wie dem des Ausgangsverfahrens, der zur in den genannten Art. 5 und 9 Abs. 1 Buchst. a geregelten Fallgestaltung der Benutzung eines mit einer eingetragenen Marke identischen Zeichens durch einen Dritten für Waren oder Dienstleistungen, die mit denen der Marke identisch sind, gehört, bereits dann auf sein Ausschließlichkeitsrecht berufen, wenn die folgenden vier Voraussetzungen erfüllt sind:

– Die Benutzung muss ohne Zustimmung des Markeninhabers erfolgen;

– sie muss im geschäftlichen Verkehr vorgenommen werden;

– sie muss für Waren oder Dienstleistungen vorgenommen werden und

– der Dritte muss das Zeichen wie eine Marke benutzen, d. h. die Benutzung des Zeichens durch den Dritten muss die Funktionen der Marke und insbesondere ihre wesentliche Funktion, den Verbrauchern die Herkunft der Waren oder Dienstleistungen zu garantieren, beeinträchtigen oder sie zu beeinträchtigen geeignet sein.

43. Im Hinblick auf diese Anwendungsvoraussetzungen ist der Umstand, dass der fragliche Dritte ein mit einer eingetragenen Marke identisches Zeichen für Waren benutzt, die in dem Sinne, dass er keine Rechte an ihnen hat, nicht seine eigenen sind, unerheblich und kann daher für sich genommen nicht bedeuten, dass diese Benutzung nicht unter den Begriff der „Benutzung“ im Sinne von Art. 9 Abs. 1 der Verordnung Nr. 40/94 fiele.

44. Zunächst hat der Gerichtshof entschieden, dass eine Benutzung als im geschäftlichen Verkehr vorgenommen anzusehen ist, wenn sie im Zusammenhang mit einer auf einen wirtschaftlichen Vorteil gerichteten kommerziellen Tätigkeit und nicht im privaten Bereich erfolgt (vgl. in diesem Sinne Urteil Arsenal Football Club, Randnr. 40).

45. Im vorliegenden Fall erfolgte die im Ausgangsverfahren fragliche Benutzung durch einen Wirtschaftsteilnehmer wie Brandtraders offenkundig im Zusammenhang mit einer auf einen wirtschaftlichen Vorteil gerichteten kommerziellen Tätigkeit.

46. Es ist im Ausgangsverfahren nämlich unstreitig, dass sich Brandtraders an einem Kaufvertrag beteiligte und hierfür eine Vergütung erhielt. Der Umstand, dass der Kommissionär in diesem Zusammenhang für Rechnung des Verkäufers handelte, ist insoweit unerheblich.

47. Ferner wurde im Ausgangssachverhalt die Benutzung eindeutig für Waren vorgenommen, da es sich, auch wenn kein Fall der Anbringung eines mit einer eingetragenen Marke identischen Zeichens auf den Waren des Dritten vorliegt, um eine Benutzung „für Waren oder Dienstleistungen“ im Sinne von Art. 9 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 40/94 handelt, wenn der Dritte das Zeichen in der Weise benutzt, dass eine Verbindung zwischen dem Zeichen und den vom Dritten vertriebenen Waren oder den von ihm erbrachten Dienstleistungen hergestellt wird, im Ausgangssachverhalt in Form der Benutzung des streitigen Zeichens in Geschäftspapieren (vgl. in diesem Sinne Urteile Arsenal Football Club, Randnr. 41, und Céline, Randnrn. 22 und 23).

48. Wenn eine solche Verbindung hergestellt wird, ist es im Übrigen unerheblich, dass der Dritte ein mit einer eingetragenen Marke identisches Zeichen für den Vertrieb von Waren benutzt, die in dem Sinne, dass er im Zuge des Geschäfts, an dem er sich beteiligt, keine Rechte an ihnen erwirbt, nicht seine eigenen sind.

49. Es lässt sich außerdem nicht bestreiten, dass bei einem Sachverhalt wie dem des Ausgangsverfahrens die Benutzung des fraglichen Zeichens durch den Dritten von den angesprochenen Verkehrskreisen dahin verstanden werden kann, dass mit ihr der Dritte als das Unternehmen angegeben wird oder werden soll, von dem die Waren herstammen, und dass sie daher den Eindruck aufkommen lassen kann, es bestehe im geschäftlichen Verkehr eine konkrete Verbindung zwischen diesen Waren und dem Unternehmen, von dem diese Waren herstammen (vgl. in diesem Sinne Urteil Anheuser-Busch, Randnr. 60).

50. Denn durch eine solche Benutzung maßt sich der Dritte das wesentliche Recht an, das eine Marke ihrem Inhaber verleiht, nämlich das ausschließliche Recht, das streitige Zeichen zur Unterscheidung von Waren zu benutzen.

51. In einem solchen Fall handelt es sich offensichtlich um die Benutzung einer Marke als Marke. In dieser Hinsicht ist es im Übrigen ohne Bedeutung, dass der Dritte die Benutzung im Rahmen des Vertriebs von Waren für Rechnung eines anderen Wirtschaftsteilnehmers vornimmt, der allein die Rechte an den Waren besitzt.

52. Schließlich ist unstreitig, dass die Benutzung des im Ausgangsverfahren streitigen Zeichens durch Brandtraders von UDV nicht genehmigt worden war.

53. Daraus folgt, dass unter Umständen, wie sie im Ausgangsverfahren vorliegen, die Benutzung eines mit einer eingetragenen Marke identischen Zeichens durch einen Dritten unter den Begriff der „Benutzung“ im Sinne des Art. 9 Abs. 1 der Verordnung Nr. 40/94 fällt, da alle Anwendungsvoraussetzungen dieser Vorschrift im Hinblick auf diesen Begriff eindeutig erfüllt sind.

54. Nach alledem ist auf die Vorlagefragen zu antworten, dass unter den Begriff der „Benutzung“ im Sinne des Art. 9 Abs. 1 Buchst. a und Abs. 2 Buchst. d der Verordnung Nr. 40/94 ein Sachverhalt wie der dem Ausgangsverfahren zugrunde liegende fällt, bei dem ein Zwischenhändler, der im eigenen Namen, aber für Rechnung des Verkäufers handelt und der daher an einem Verkauf von Waren, bei dem er selbst Vertragspartei ist, kein eigenes Interesse hat, in seinen Geschäftspapieren ein mit einer Gemeinschaftsmarke identisches Zeichen für Waren oder Dienstleistungen benutzt, die mit denjenigen identisch sind, für die die Marke eingetragen ist.

Kosten

55. Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

Tenor

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Zweite Kammer) für Recht erkannt:

Unter den Begriff der „Benutzung“ im Sinne des Art. 9 Abs. 1 Buchst. a und Abs. 2 Buchst. d der Verordnung (EG) Nr. 40/94 des Rates vom 20. Dezember 1993 über die Gemeinschaftsmarke fällt ein Sachverhalt wie der dem Ausgangsverfahren zugrunde liegende, bei dem ein Zwischenhändler, der im eigenen Namen, aber für Rechnung des Verkäufers handelt und der daher an einem Verkauf von Waren, bei dem er selbst Vertragspartei ist, kein eigenes Interesse hat, in seinen Geschäftspapieren ein mit einer Gemeinschaftsmarke identisches Zeichen für Waren oder Dienstleistungen benutzt, die mit denjenigen identisch sind, für die die Marke eingetragen ist.