Rechtssache C-402/03

Skov Æg

gegen

Bilka Lavprisvarehus A/S

und

Bilka Lavprisvarehus A/S

gegen

Jette Mikkelsen et Michael Due Nielsen

(Vorabentscheidungsersuchen des Vestre Landsret)

„Richtlinie 85/374/EWG – Haftung für fehlerhafte Produkte – Haftung des Lieferanten eines fehlerhaften Produktes“

Schlussanträge des Generalanwalts L. A. Geelhoed vom 20. Januar 2005 

Urteil des Gerichtshofes (Große Kammer) vom 10. Januar 2006 

Leitsätze des Urteils

1.     Rechtsangleichung – Haftung für fehlerhafte Produkte – Richtlinie 85/374

(Richtlinie 85/374 des Rates, Artikel 1 und 3)

2.     Rechtsangleichung – Haftung für fehlerhafte Produkte – Richtlinie 85/374

(Richtlinie 85/374 des Rates, Artikel 13)

3.     Vorabentscheidungsverfahren – Auslegung – Zeitliche Wirkung der Auslegungsurteile

(Artikel 234 EG)

1.     Die Richtlinie 85/374 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Haftung für fehlerhafte Produkte ist dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Vorschrift entgegensteht, wonach der Lieferant über die in Artikel 3 Absatz 3 der Richtlinie abschließend aufgezählten Fälle hinaus in die verschuldensunabhängige Haftung, die diese Richtlinie einführt und dem Hersteller aufbürdet, eintritt.

Weil diese Richtlinie für die darin geregelten Punkte eine vollständige Harmonisierung bezweckt, ist die in den Artikeln 1 und 3 vorgenommene Festlegung des Kreises der haftenden Personen nämlich als erschöpfend anzusehen. Da Artikel 3 Absatz 3 der Richtlinie die Haftung des Lieferanten nur für den Fall vorsieht, dass der Hersteller nicht festgestellt werden kann, dehnt eine nationale Regelung, die vorsieht, dass der Lieferant für die Fehler eines Produktes unmittelbar gegenüber den Geschädigten haftet, folglich diesen Kreis der haftenden Personen aus.

(vgl. Randnrn. 33-34, 37, 45 und Tenor)

2.     Die Richtlinie 85/374 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Haftung für fehlerhafte Produkte ist dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Regelung, nach der der Lieferant in die Verschuldenshaftung des Herstellers unbeschränkt einzutreten hat, nicht entgegensteht, da nach Artikel 13 dieser Richtlinie die durch diese eingeführte Regelung die Anwendung anderer Regelungen der vertraglichen oder außervertraglichen Haftung nicht ausschließt, sofern diese wie die Haftung für verdeckte Mängel oder für Verschulden auf anderen Grundlagen beruhen.

(vgl. Randnrn. 47-48 und Tenor)

3.     Der Gerichtshof kann die für die Betroffenen bestehende Möglichkeit, sich auf die Auslegung, die er einer Bestimmung gegeben hat, zu berufen, um in gutem Glauben begründete Rechtsverhältnisse in Frage zu stellen, nur ausnahmsweise aufgrund des allgemeinen gemeinschaftsrechtlichen Grundsatzes der Rechtssicherheit beschränken. Eine solche Beschränkung ist nur dann zulässig, wenn zwei grundlegende Kriterien erfüllt sind, nämlich guter Glaube der Betroffenen und die Gefahr schwerwiegender Störungen.

Sieht eine nationale Regelung entgegen dem, was in der Richtlinie 85/374 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Haftung für fehlerhafte Produkte festgelegt ist, die Übertragung der verschuldensunabhängigen Haftung des Herstellers auf den Lieferanten vor, so schließt der Umstand, dass dieselbe Rechtsordnung einen Mechanismus der Regressklage einführt, der es einem Lieferanten, der den durch ein fehlerhaftes Produkt Geschädigten entschädigt hat, ermöglicht, in dessen Rechte gegen den Hersteller einzutreten, aus, dass eine Beeinträchtigung der Rechtssicherheit eintreten könnte. Unter diesen Voraussetzungen kann das Gemeinschaftsgericht einem Antrag auf Beschränkung der zeitlichen Wirkungen seines Vorabentscheidungsurteils über die Auslegung dieser Richtlinie nicht stattgeben.

(vgl. Randnrn. 51-53)




URTEIL DES GERICHTSHOFES (Große Kammer)

10. Januar 2006(*)

„Richtlinie 85/374/EWG – Haftung für fehlerhafte Produkte – Haftung des Lieferanten eines fehlerhaften Produktes“

In der Rechtssache C‑402/03

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Artikel 234 EG, eingereicht vom Vestre Landsret (Dänemark) mit Entscheidung vom 26. September 2003, beim Gerichtshof eingegangen am 29. September 2003, in den Verfahren

Skov Æg

gegen

Bilka Lavprisvarehus A/S

und

Bilka Lavprisvarehus A/S

gegen

Jette Mikkelsen,

Michael Due Nielsen

erlässt

DER GERICHTSHOF (Große Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten V. Skouris, der Kammerpräsidenten P. Jann (Berichterstatter), C. W. A. Timmermans, A. Rosas, K. Schiemann und J. Makarczyk, der Richter C. Gulmann, J. N. Cunha Rodrigues, der Richterin R. Silva de Lapuerta sowie der Richter K. Lenaerts, P. Kūris, E. Juhász und G. Arestis,

Generalanwalt: L. A. Geelhoed,

Kanzler: H. von Holstein, Hilfskanzler,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 17. November 2004,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

–       der Skov Æg, vertreten durch G. Lett und U. Christrup, advokaterne,

–       der Bilka Lavprisvarehus A/S, vertreten durch J. Rostock‑Jensen, advokat,

–       von Frau Mikkelsen und Herrn Due Nielsen, vertreten durch J. Andersen, advokat,

–       der dänischen Regierung, vertreten durch J. Molde als Bevollmächtigten im Beistand von P. Biering, advokat,

–       der spanischen Regierung, vertreten durch L. Fraguas Gadea und E. Braquehais Conesa als Bevollmächtigte,

–       der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch N. B. Rasmussen und G. Valero Jordana als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 20. Januar 2005

folgendes

Urteil

1       Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Richtlinie 85/374/EWG des Rates vom 25. Juli 1985 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Haftung für fehlerhafte Produkte (ABl. L 210, S. 29; im Folgenden: Richtlinie).

2       Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen Frau Mikkelsen und Herrn Nielsen (im Folgenden: Geschädigte) und der Bilka Lavprisvarehus A/S (im Folgenden: Bilka) sowie zwischen Bilka und der Skov Æg (im Folgenden: Skov) über den Ersatz des Schadens, den die Geschädigten nach dem Verzehr von Eiern erlitten haben, die von Bilka verkauft und von Skov erzeugt worden waren.

 Rechtlicher Rahmen

 Die gemeinschaftsrechtliche Regelung

3       Wie in der ersten Begründungserwägung der Richtlinie angegeben, entspricht deren Erlass dem Gedanken, dass eine „Angleichung der einzelstaatlichen Rechtsvorschriften über die Haftung des Herstellers für Schäden, die durch die Fehlerhaftigkeit seiner Produkte verursacht worden sind, … erforderlich [ist], weil deren Unterschiedlichkeit den Wettbewerb verfälschen, den freien Warenverkehr innerhalb des Gemeinsamen Marktes beeinträchtigen und zu einem unterschiedlichen Schutz des Verbrauchers … führen kann“.

4       Wie aus der zweiten Begründungserwägung der Richtlinie hervorgeht, beruht das durch diese geschaffene Haftungssystem auf der Feststellung, dass nur „bei einer verschuldensunabhängigen Haftung des Herstellers … das unserem Zeitalter fortschreitender Technisierung eigene Problem einer gerechten Zuweisung der mit der modernen technischen Produktion verbundenen Risiken in sachgerechter Weise gelöst werden“ kann.

5       Artikel 1 der Richtlinie sieht vor:

„Der Hersteller eines Produkts haftet für den Schaden, der durch einen Fehler dieses Produkts verursacht worden ist.“

6       Artikel 3 der Richtlinie bestimmt:

„(1) ‚Hersteller‘ ist der Hersteller des Endprodukts, eines Grundstoffs oder eines Teilprodukts sowie jede Person, die sich als Hersteller ausgibt, indem sie ihren Namen, ihr Warenzeichen oder ein anderes Erkennungszeichen auf dem Produkt anbringt.

(2) Unbeschadet der Haftung des Herstellers gilt jede Person, die ein Produkt zum Zweck des Verkaufs, der Vermietung, des Mietkaufs oder einer anderen Form des Vertriebs im Rahmen ihrer geschäftlichen Tätigkeit in die Gemeinschaft einführt, im Sinne dieser Richtlinie als Hersteller dieses Produkts und haftet wie der Hersteller.

(3) Kann der Hersteller des Produkts nicht festgestellt werden, so wird jeder Lieferant als dessen Hersteller behandelt, es sei denn, dass er dem Geschädigten innerhalb angemessener Zeit den Hersteller oder diejenige Person benennt, die ihm das Produkt geliefert hat. Dies gilt auch für eingeführte Produkte, wenn sich bei diesen der Importeur im Sinne des Absatzes 2 nicht feststellen lässt, selbst wenn der Name des Herstellers angegeben ist.“

7       Was die Durchsetzung der Haftung des Herstellers angeht, heißt es in Artikel 4 der Richtlinie: „Der Geschädigte hat den Schaden, den Fehler und den ursächlichen Zusammenhang zwischen Fehler und Schaden zu beweisen.“ Artikel 7 zählt die Fälle auf, in denen der Hersteller nicht haftet. Dazu gehören u. a. die Fälle, dass der Hersteller das Produkt nicht in den Verkehr gebracht hat, dass der Fehler nicht vorlag, als das Produkt in den Verkehr gebracht wurde, dass das Produkt nicht für den Vertrieb hergestellt worden ist, dass der Fehler darauf zurückzuführen ist, dass das Produkt verbindlichen hoheitlich erlassenen Normen entspricht, oder dass der Fehler nach dem Kenntnisstand zu dem Zeitpunkt, zu dem das Produkt in den Verkehr gebracht wurde, nicht erkannt werden konnte.

8       Was das Verhältnis zwischen dem durch die Richtlinie eingeführten Haftungssystem zum einen und den nationalen Haftungsrechtsystemen zum anderen betrifft, sieht Artikel 13 der Richtlinie vor:

„Die Ansprüche, die ein Geschädigter aufgrund der Vorschriften über die vertragliche und außervertragliche Haftung oder aufgrund einer zum Zeitpunkt der Bekanntgabe dieser Richtlinie bestehenden besonderen Haftungsregelung geltend machen kann, werden durch diese Richtlinie nicht berührt.“

 Die nationale Regelung

9       Aus den Erklärungen der dänischen Regierung geht hervor, dass die Haftung für fehlerhafte Produkte, und zwar sowohl diejenige des Herstellers als auch diejenige des Lieferanten, vor Erlass der Richtlinie in Dänemark durch die Rechtsprechung geregelt war. Nach dieser wird die Haftung für fehlerhafte Produkte mit Blick auf die allgemeinen auf den Begriff des Verschuldens gestützten Haftungsregeln des dänischen Rechts beurteilt. Die Entwicklung der Rechtsprechung habe jedoch dazu geführt, dass die Haftung des Herstellers in bestimmten Fällen auch ohne Verschulden angenommen worden sei. Was den Lieferanten angehe, so sei er in die Haftung der in der Produktions‑ und Vertriebskette vor ihm tätig gewordenen Wirtschaftsteilnehmer eingetreten.

10     Die Richtlinie ist in Dänemark durch das Gesetz Nr. 371 vom 7. Juni 1989 über die Haftung für fehlerhafte Produkte, geändert durch das Gesetz Nr. 1041 vom 28. November 2000 (im Folgenden: Gesetz Nr. 371), umgesetzt worden. Die dänische Regierung hat angegeben, dieses Gesetz habe zum einen das in der Richtlinie vorgesehene System der Haftung für fehlerhafte Produkte zulasten des Herstellers übernommen und zum anderen die in der Rechtsprechung bestehende Regel bestätigt, wonach der Lieferant in die Haftung der nacheinander vor ihm tätig gewordenen Wirtschaftsteilnehmer eintrete. Im Übrigen seien die früheren Regeln aus der Rechtsprechung anwendbar geblieben.

11     § 4 des Gesetzes Nr. 371 definiert die Begriffe „Hersteller“ und „Zwischenhändler“ (Lieferant) wie folgt:

„1.      Als Hersteller gilt derjenige, der ein Endprodukt, ein Teilprodukt oder einen Grundstoff herstellt, ein Naturprodukt hervorbringt oder erntet, sowie derjenige, der sich als Hersteller ausgibt, in dem er seinen Namen, sein Warenzeichen oder ein anderes Erkennungszeichen auf dem Produkt anbringt.

2.      Als Hersteller gilt außerdem, wer im Rahmen seiner geschäftlichen Tätigkeit ein Produkt zwecks Verkaufs, Vermietung, Mietkaufs oder einer anderen Form des Vertriebs in die Gemeinschaft einführt.

3.      Als Zwischenhändler gilt, wer ein Produkt gewerbsmäßig vertreibt, ohne dass er als dessen Hersteller anzusehen ist.

…“

12     § 6 dieses Gesetzes stellt den Grundsatz auf, dass der Hersteller für Fehler eines Produktes haftet. § 10 des Gesetzes sieht vor:

„Ein Zwischenhändler ist bei der Produkthaftung unmittelbar dem Geschädigten oder weiteren Zwischenhändlern in der Umsatzkette haftbar.“

13     Nach § 11 Absatz 3 des Gesetzes Nr. 371 tritt ein Lieferant, der einen durch ein fehlerhaftes Produkt Geschädigten entschädigt hat, in dessen Ansprüche gegen die in der Produktions‑ und Vertriebskette vor ihm liegenden Wirtschaftsteilnehmer ein.

 Das Ausgangsverfahren und die Vorabentscheidungsfragen

14     Nach dem Verzehr von Eiern, die die Geschädigten in einem Ladengeschäft gekauft hatten, das der Firma Bilka gehörte, die die Eier ihrerseits bei dem Hersteller Skov beschafft hatte, erkrankten sie an einer Salmonellenvergiftung.

15     Die Geschädigten verklagten den Lieferanten Bilka; dieser verkündete dem Hersteller Skov den Streit.

16     Mit Urteil vom 22. Januar 2002 stellte der Aalborg Byret fest, dass die Eier fehlerhaft gewesen seien, dass es einen Kausalzusammenhang zwischen diesem Fehler und dem erlittenen Schaden gebe und dass kein Verschulden der Geschädigten nachgewiesen worden sei. Bilka wurde zur Zahlung einer Entschädigung an die Geschädigten und Skov zur Erstattung dieser Entschädigung an Bilka verurteilt.

17     Unter diesen Voraussetzungen hat der Vestre Landsret auf die von Bilka und Skov eingelegten Rechtsmittel hin das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1.      Steht die Richtlinie einer gesetzlichen Regelung entgegen, wonach ein Zwischenhändler ohne Begrenzung in die Haftung des Herstellers nach der Richtlinie eintritt?

2.      Steht die Richtlinie einer Regelung entgegen, wonach Zwischenhändler nach Maßgabe der Rechtsprechungspraxis ohne Begrenzung in die durch die Rechtsprechung begründete Verschuldenshaftung des Herstellers bei der Produkthaftung für Personen- oder Verbraucherschaden eintreten?

3.      Im Hinblick auf

–      das Protokoll der 1025. Tagung des Ministerrates vom 25. Juli 1985, in dem es unter Punkt 2 heißt:

„Der Rat und die Kommission vertreten in der Frage der Auslegung der Artikel 3 und … [13] übereinstimmend die Auffassung, dass es jedem Mitgliedstaat unbenommen bleibt, in seinen nationalen Rechtsvorschriften Regeln für die Haftung der Zwischenhändler festzulegen, da diese durch die Richtlinie nicht geregelt wird. Es besteht ferner Einvernehmen darüber, dass die Mitgliedstaaten nach der Richtlinie Regeln für die endgültige gegenseitige Aufteilung der Haftung zwischen mehreren haftenden Herstellern (vgl. Artikel 3) und den Zwischenhändlern festlegen können“;

–      Artikel 13 der Richtlinie

wird um Aufklärung ersucht, ob die Richtlinie den Mitgliedstaat daran hindert, durch Gesetz die Produkthaftung der Zwischenhändler zu regeln, falls der Zwischenhändler, wie in § 4 Absatz 3 Punkt 1 des Gesetzes Nr. 371 geschehen, definiert wird als „[derjenige, der] das Produkt gewerbsmäßig vertreibt, ohne dass er als dessen Hersteller [nach der in Artikel 3 der Produkthaftungsrichtlinie gegebenen Definition] anzusehen ist“.

4.      Hindert die Richtlinie den Mitgliedstaat daran, eine Rechtsvorschrift über die Produkthaftung einzuführen, wonach die Zwischenhändler – ohne dass sie selbst Hersteller wären oder nach Artikel 3 der Richtlinie als Hersteller behandelt würden – eintreten in

–       die Produkthaftung des Herstellers nach der Richtlinie,

–       die durch die Rechtsprechung begründete Verschuldenshaftung des Herstellers bei der Produkthaftung für Personen- und Verbraucherschaden,

wenn diese Rechtsvorschrift voraussetzt, dass

a)      der Zwischenhändler definiert wird als derjenige, der das Produkt gewerbsmäßig vertreibt, ohne dass er als dessen Hersteller anzusehen ist (§ 4 Absatz 3 Punkt 1 des Gesetzes Nr. 371),

b)      der Hersteller haftbar gemacht werden kann oder dass der Zwischenhändler dafür nicht haftet, wenn dies nicht der Fall ist (§ 10 des Gesetzes Nr. 371),

c)      der Zwischenhändler einen Regressanspruch gegen den Hersteller hat (§ 11 Absatz 3 des Gesetzes Nr. 371)?

5.      Hindert die Richtlinie den Mitgliedstaat daran, eine vor der Produkthaftungsrichtlinie bestehende, nicht auf Gesetz, sondern auf der Rechtsprechung beruhende Regelung der Produkthaftung beizubehalten, wonach die Zwischenhändler – ohne dass sie selbst Hersteller wären oder nach Artikel 3 der Richtlinie als Hersteller behandelt würden – eintreten in

–       die Produkthaftung des Herstellers nach der Produkthaftungsrichtlinie,

–       die durch die Rechtsprechung begründete Verschuldenshaftung des Herstellers bei der Produkthaftung für Personen- und Verbraucherschaden,

wenn die vorgenannte, auf der Rechtsprechung beruhende Regelung voraussetzt, dass

a)      der Zwischenhändler definiert wird als derjenige, der das Produkt gewerbsmäßig vertreibt, ohne dass er als dessen Hersteller anzusehen ist (§ 4 Absatz 3 Punkt 1 des Gesetzes Nr. 371),

b)      der Hersteller haftbar gemacht werden kann oder dass der Zwischenhändler dafür nicht haftet, wenn dies nicht der Fall ist (§ 10 des Gesetzes Nr. 371),

c)      der Zwischenhändler einen Regressanspruch gegen den Hersteller hat (§ 11 Absatz 3 des Gesetzes Nr. 371)?

 Zu den Vorabentscheidungsfragen

18     Diese Fragen des vorlegenden Gerichts, die zusammen zu prüfen sind, gehen im Wesentlichen dahin, ob die Richtlinie dem entgegensteht, dass ein Mitgliedstaat die Haftung des Lieferanten in der Weise regelt, dass er vorsieht, dass dieser in die Haftung des Herstellers einzutreten hat.

19     In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass die Haftung, die durch die Richtlinie eingeführt wird und nach deren Artikel 1 den Hersteller trifft, eine verschuldensunabhängige Haftung ist. Dies ist in der zweiten Begründungserwägung der Richtlinie ausdrücklich angegeben. Es ergibt sich aus der Aufzählung der Punkte, die der Geschädigte zu beweisen hat, in Artikel 4 der Richtlinie sowie aus den in Artikel 7 genannten Fällen, in denen die Haftung des Herstellers ausgeschlossen ist.

20     Das vorlegende Gericht fragt, ob die Richtlinie zum einen einer nationalen Regelung, die die verschuldensunabhängige Haftung, die die Richtlinie einführt und dem Hersteller aufbürdet, auf den Lieferanten überträgt, und zum anderen einer nationalen Regelung entgegensteht, die die Verschuldenshaftung des Herstellers auf den Lieferanten überträgt.

21     Zur Beantwortung dieser Fragen ist vorab zu bestimmen, welches Ausmaß die Harmonisierung durch die Richtlinie hat.

 Zum Ausmaß der Harmonisierung durch die Richtlinie

22     In den Urteilen vom 25. April 2002 in den Rechtssachen C‑52/00 (Kommission/Frankreich, Slg. 2002, I‑3827, Randnr. 16), C‑154/00 (Kommission/Griechenland, Slg. 2002, I‑3879, Randnr. 12) und C‑183/00 (González Sánchez, Slg. 2002, I‑3901, Randnr. 25) hat der Gerichtshof entschieden, dass der Gestaltungsspielraum der Mitgliedstaaten bei der Regelung der Haftung für fehlerhafte Produkte zur Gänze von der Richtlinie selbst festgelegt wird und aus deren Wortlaut, Zweck und Systematik abzuleiten ist.

23     Nach der Prüfung dieser Kriterien ist der Gerichtshof zu dem Ergebnis gelangt, dass die Richtlinie für die darin geregelten Punkte eine vollständige Harmonisierung der Rechts‑ und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten bezweckt (Urteile Kommission/Frankreich, Randnr. 24, und Kommission/Griechenland, Randnr. 20).

24     Im Rahmen des vorliegenden Verfahrens machen die Geschädigten und die dänische Regierung geltend, mit der Richtlinie werde keine vollständige Harmonisierung der Haftung für fehlerhafte Produkte, sondern nur eine Harmonisierung der Haftung des Herstellers fehlerhafter Produkte vorgenommen. Gestützt auf den Wortlaut der Artikel 1 und 3 der Richtlinie vertreten sie die Auffassung, diese regele die Haftung des Lieferanten nicht und lasse den Mitgliedstaaten einen Beurteilungsspielraum, was die Definition des Kreises der haftenden Personen angehe.

25     Artikel 1 der Richtlinie sieht eine Haftung für den Schaden vor, der durch den Fehler eines Produktes verursacht worden ist, und bürdet diese Haftung dem Hersteller des betreffenden Produktes auf.

26     Die Begriffe „Schaden“, „Fehler“ und „Produkt“ sind in den Artikeln 9, 6 bzw. 2 der Richtlinie definiert. Der Begriff „Hersteller“ ist in Artikel 3 der Richtlinie definiert. Nach Absatz 1 dieser Vorschrift bezeichnet er den Hersteller des Produktes. Absatz 2 derselben Vorschrift schließt in den Begriff „Hersteller“ denjenigen ein, der das Produkt in die Gemeinschaft einführt. Nach Artikel 3 Absatz 3 der Richtlinie wird der Lieferant, wenn der Hersteller nicht festgestellt werden kann, als solcher behandelt, es sei denn, dass er dem Geschädigten innerhalb angemessener Zeit seinen eigenen Lieferanten benennt.

27     Die Gründe, aus denen es angebracht erschien, sich für die Haftung des Herstellers zu entscheiden, werden in Artikel 1 Buchstabe e der Begründung des Vorschlags einer Richtlinie (Dokument KOM[76] 372 endg. [ABl. C 241, S. 9]) dargelegt, auf die die dänische Regierung Bezug genommen hat. Diese Gründe, die sich auf die Artikel 1 und 2 dieses Vorschlags beziehen, die ohne sachliche Änderung zu den Artikeln 1 und 3 der Richtlinie geworden sind, lassen sich wie folgt zusammenfassen.

28     Zwar wird anerkannt, dass die Möglichkeit, den Lieferanten eines fehlerhaften Produktes in der Art, wie es die Richtlinie vorsieht, haftbar zu machen, die Verfolgung der Rechte des Geschädigten erleichtern würde, es wird aber festgestellt, dass diese Erleichterung teuer würde erkauft werden müssen, da jeder Lieferant sich gegen eine solche Haftung würde versichern müssen, was zu einer starken Verteuerung der Produkte führen würde. Darüber hinaus würde diese Erleichterung zu einer zahlenmäßigen Zunahme der Klagen führen, da der Lieferant seinerseits seinen eigenen Lieferanten bis hin zum Hersteller in Anspruch nehmen würde. Da der Lieferant in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle lediglich das gekaufte Produkt unverändert weitergebe und nur der Hersteller die Möglichkeit habe, auf die Qualität des Produktes einzuwirken, wird es als angebracht angesehen, die Haftung für fehlerhafte Produkte auf den Hersteller zu konzentrieren.

29     Aus diesen Erwägungen geht hervor, dass nach Abwägung der jeweiligen Rollen der verschiedenen in den Herstellungs‑ und Vertriebsketten tätig werdenden Wirtschaftsteilnehmer die Entscheidung getroffen wurde, die Haftung für durch fehlerhafte Produkte verursachte Schäden in der durch die Richtlinie geschaffenen rechtlichen Regelung grundsätzlich dem Hersteller und nur in einigen beschränkten Fällen dem Importeur und dem Lieferanten aufzubürden.

30     Entgegen der von den Geschädigten und von der dänischen Regierung vertretenen Auffassung beschränken die Artikel 1 und 3 der Richtlinie sich also nicht darauf, die Haftung des Herstellers eines fehlerhaften Produktes zu regeln, sondern bestimmen unter den an den Herstellungs‑ und Vertriebsvorgängen berufsmäßig Beteiligten denjenigen, der die durch die Richtlinie eingeführte Haftung wird übernehmen müssen.

 Zur Übertragung der verschuldensunabhängigen Haftung des Herstellers im Rahmen der Richtlinie auf den Lieferanten

31     Der erste Teil der Fragen des vorlegenden Gerichts geht dahin, ob die Richtlinie dahin auszulegen ist, dass sie einer nationalen Vorschrift entgegensteht, wonach der Lieferant in die verschuldensunabhängige Haftung, die die Richtlinie einführt und dem Hersteller aufbürdet, unbeschränkt eintritt.

32     In diesem Zusammenhang ist festzustellen, dass der Kreis der haftenden Personen, gegen die der Geschädigte eine Klage im Rahmen des in der Richtlinie vorgesehenen Haftungssystems erheben kann, in den Artikeln 1 und 3 der Richtlinie festgelegt ist (siehe Randnrn. 29 und 30 des vorliegenden Urteils).

33     Da die Richtlinie – worauf in Randnummer 23 des vorliegenden Urteils hingewiesen worden ist – für die darin geregelten Punkte eine vollständige Harmonisierung bezweckt, ist die in den Artikeln 1 und 3 vorgenommene Festlegung des Kreises der haftenden Personen als erschöpfend anzusehen.

34     Artikel 3 Absatz 3 der Richtlinie sieht die Haftung des Lieferanten nur für den Fall vor, dass der Hersteller nicht festgestellt werden kann. Der dänische Gesetzgeber hat daher dadurch, dass er in § 10 des Gesetzes Nr. 371 vorsieht, dass der Lieferant für die Fehler eines Produktes unmittelbar gegenüber den Geschädigten haftet, den Kreis der haftenden Personen, gegen die der Geschädigte im Rahmen des in der Richtlinie vorgesehenen Haftungssystems eine Klage erheben darf, über die in der Richtlinie festgelegten Grenzen hinaus ausgedehnt.

35     Die dänische Regierung macht geltend, die nationalen Rechtsvorschriften bürdeten dem Lieferanten keine selbständige Haftung auf, da dieser gegenüber den Geschädigten nur insoweit hafte, als der Hersteller, gegen den er eine Regressklage erheben könne, haftbar sein könne. Die Lage des Lieferanten ähnele damit der Lage bei einer selbstschuldnerischen Bürgschaft.

36     Dieser Gesichtspunkt ist nicht entscheidend. Abgesehen davon, dass das durch diese nationalen Rechtsvorschriften geschaffene System dem Lieferanten eine Verpflichtung auferlegt, die der Gemeinschaftsgesetzgeber als nicht gerechtfertigt angesehen hat (siehe Randnr. 28 des vorliegenden Urteils), hätte es eine Kette von Inanspruchnahmen zur Folge, die durch die Möglichkeit des Geschädigten, den Hersteller unter den Voraussetzungen des Artikels 3 der Richtlinie unmittelbar zu belangen, gerade vermieden werden soll (siehe Urteil Kommission/Frankreich, Randnr. 40, und Randnr. 28 des vorliegenden Urteils).

37     Die Richtlinie ist folglich dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Vorschrift entgegensteht, nach der der Lieferant unbeschränkt in die Haftung des Herstellers im Rahmen der Richtlinie eintritt.

38     Die dänische Regierung vertritt jedoch die Auffassung, dass Artikel 13 der Richtlinie, wonach die Ansprüche, die ein Geschädigter aufgrund der Vorschriften über die vertragliche und außervertragliche Haftung geltend machen kann, durch die Richtlinie nicht berührt werden, als Rechtsgrundlage dafür dienen könne, die im System der Richtlinie den Hersteller treffende Haftung auf den Lieferanten auszudehnen.

39     In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass der Gerichtshof in den Urteilen Kommission/Frankreich (Randnr. 21), Kommission/Griechenland (Randnr. 17) und González Sánchez (Randnr. 30) nach einer Untersuchung des Wortlauts, des Zwecks und der Systematik der Richtlinie entschieden hat, dass deren Artikel 13 nicht dahin ausgelegt werden kann, dass er den Mitgliedstaaten die Möglichkeit lässt, eine allgemeine Regelung der Haftung für fehlerhafte Produkte beizubehalten, die von der in der Richtlinie vorgesehenen Regelung abweicht.

40     Die dänische Regierung wünscht, dass diese Rechtsprechung im Licht der Erklärung zu den Artikeln 3 und 13 in Nummer 2 des Protokolls des Ministerrates vom 25. Juli 1985 überprüft wird, wonach diese Artikel dem nicht entgegenstehen, dass jeder Mitgliedstaat in seinen nationalen Rechtsvorschriften Regeln für die Haftung der Zwischenhändler festlegt.

41     Um die Beibehaltung der nationalen Regel zu verteidigen, wonach der Lieferant in die Haftung des Herstellers eintritt, die vor dem Inkrafttreten der Richtlinie von der Rechtsprechung entwickelt worden war und die durch das Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie lediglich bestätigt worden ist, beruft die dänische Regierung sich auch auf die Erklärung in Punkt 16 dieses Protokolls, in der der Rat „den Wunsch zum Ausdruck gebracht hat, dass die Mitgliedstaaten, die auf dem Gebiet des Verbraucherschutzes zurzeit günstigere Bestimmungen anwenden, als sie in der Richtlinie vorgesehen sind, von den in der Richtlinie gebotenen Möglichkeiten nicht in der Weise Gebrauch machen, dass sich dieser Schutz verringert“.

42     In diesem Zusammenhang ist erstens darauf hinzuweisen, dass eine in ein Protokoll des Rates aufgenommene Erklärung, wenn sie in einer Vorschrift des abgeleiteten Rechts keinen Ausdruck gefunden hat, zur Auslegung dieser Vorschrift nicht herangezogen werden kann (siehe u. a. Urteile vom 26. Februar 1991 in der Rechtssache C‑292/89, Antonissen, Slg. 1991, I‑745, Randnr. 18, und vom 8. Juni 2000 in der Rechtssache C‑375/98, Epson Europe, Slg. 2000, I‑4243, Randnr. 26).

43     Zweitens können die beiden Erklärungen, auf die die dänische Regierung Bezug genommen hat, keine Änderung des durch die Richtlinie festgelegten Kreises der haftenden Personen im Widerspruch zum Wortlaut und der Systematik der Regelung rechtfertigen. Insbesondere können sie nicht herangezogen werden, um den Mitgliedstaaten zu ermöglichen, die Belastung durch die mit der Richtlinie eingeführten und durch diese dem Hersteller aufgebürdeten Haftung über die in Artikel 3 Absatz 3 abschließend genannten Fälle hinaus auf den Lieferanten zu übertragen.

44     Was das Vorbringen der dänischen Regierung angeht, dass diese Auslegung der Richtlinie in Dänemark ein Absinken des Niveaus des Verbraucherschutzes herbeiführen könne, ist festzustellen, dass eine eventuelle Ausdehnung der durch die Richtlinie eingeführten Haftung auf die Lieferanten in die Zuständigkeit des Gemeinschaftsgesetzgebers fällt, der gegebenenfalls eine Änderung der betreffenden Vorschriften vorzunehmen hat.

45     Somit ist auf den ersten Teil der Fragen des vorlegenden Gerichts zu antworten, dass die Richtlinie dahin auszulegen ist, dass sie einer nationalen Regelung entgegensteht, nach der der Lieferant über die in Artikel 3 Absatz 3 der Richtlinie abschließend aufgezählten Fälle hinaus in die verschuldensunabhängige Haftung eintritt, die die Richtlinie einführt und dem Hersteller aufbürdet.

 Zur Übertragung der Verschuldenshaftung des Herstellers auf den Lieferanten

46     Der zweite Teil der Fragen des vorlegenden Gerichts geht im Wesentlichen dahin, ob die Richtlinie einer nationalen Regelung entgegensteht, nach der der Lieferant in die Verschuldenshaftung des Herstellers bei einem durch einen Fehler des Erzeugnisses verursachten Schaden unbeschränkt einzutreten hat.

47     In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass der Gerichtshof in den Urteilen Kommission/Frankreich (Randnr. 22), Kommission/Griechenland (Randnr. 18) und González Sánchez (Randnr. 31) entschieden hat, dass Artikel 13 der Richtlinie dahin auszulegen ist, dass die durch diese eingeführte Regelung die Anwendung anderer Regelungen der vertraglichen oder außervertraglichen Haftung nicht ausschließt, sofern diese wie die Haftung für verdeckte Mängel oder für Verschulden auf anderen Grundlagen beruhen.

48     Auf den zweiten Teil der Fragen des vorlegenden Gerichts ist somit zu antworten, dass die Richtlinie dahin auszulegen ist, dass sie einer nationalen Regelung, nach der der Lieferant in die Verschuldenshaftung des Herstellers unbeschränkt einzutreten hat, nicht entgegensteht.

 Zur zeitlichen Beschränkung der Wirkungen des Urteils

49     Für den Fall, dass der Gerichtshof der Auslegung, für die sie eingetreten sind, nicht folgen sollte, haben die Geschädigten und die dänische Regierung beim Gerichtshof beantragt, die Wirkungen seines Urteils zeitlich zu beschränken. Zur Begründung ihres Antrags haben sie sich u. a. auf die schwerwiegenden Folgen für die Rechtssicherheit und die finanziellen Auswirkungen berufen, die das Urteil für die Geschädigten in einer großen Zahl von seit dem Inkrafttreten der Richtlinie entschiedenen Rechtsstreitigkeiten über die Haftung für fehlerhafte Produkte haben könne.

50     Nach ständiger Rechtsprechung wird durch die Auslegung einer Vorschrift des Gemeinschaftsrechts, die der Gerichtshof in Ausübung seiner Befugnisse aus Artikel 234 EG vornimmt, erläutert und verdeutlicht, in welchem Sinne und mit welcher Tragweite diese Vorschrift seit ihrem Inkrafttreten zu verstehen und anzuwenden ist oder gewesen wäre. Daraus folgt, dass die Gerichte die Vorschriften in dieser Auslegung auch auf Rechtsverhältnisse, die vor Erlass des auf das Ersuchen um Auslegung ergangenen Urteils entstanden sind, anwenden können und müssen, wenn alle sonstigen Voraussetzungen für die Anrufung der zuständigen Gerichte in einem die Anwendung dieser Vorschriften betreffenden Streit vorliegen (vgl. u. a. Urteile vom 2. Februar 1988 in der Rechtssache 24/86, Blaizot, Slg. 1988, 379, Randnr. 27, und vom 15. Dezember 1995 in der Rechtssache C‑415/93, Bosman, Slg. 1995, I‑4921, Randnr. 141).

51     In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass der Gerichtshof die für die Betroffenen bestehende Möglichkeit, sich auf die Auslegung, die er einer Bestimmung gegeben hat, zu berufen, um in gutem Glauben begründete Rechtsverhältnisse in Frage zu stellen, nur ausnahmsweise aufgrund des allgemeinen gemeinschaftsrechtlichen Grundsatzes der Rechtssicherheit beschränken kann. Eine solche Beschränkung ist nur dann zulässig, wenn zwei grundlegende Kriterien erfüllt sind, nämlich guter Glaube der Betroffenen und die Gefahr schwerwiegender Störungen (vgl. u. a. Urteile vom 28. September 1994 in der Rechtssache C‑57/93, Vroege, Slg. 1994, I‑4541, Randnr. 21, und vom 12. Oktober 2000 in der Rechtssache C‑372/98, Cooke, Slg. 2000, I‑8683, Randnr. 42).

52     Es ist jedoch anzumerken, dass der dänische Gesetzgeber in § 11 Absatz 3 des Gesetzes Nr. 371 auf den in den meisten Rechtssystemen bekannten Mechanismus der Regressklage zurückgegriffen und vorgesehen hat, dass ein Lieferant, der den durch ein fehlerhaftes Produkt Geschädigten entschädigt hat, in dessen Rechte gegen den Hersteller eintritt. Es ist daher festzustellen, dass der gegenüber dem Geschädigten als haftbar angesehene Lieferant in der Regel vom Hersteller unter Voraussetzungen, die die Rechtssicherheit gewährleisten, eine Entschädigung erhalten kann.

53     Ohne dass es notwendig wäre, die Frage zu prüfen, ob ein Lieferant über einen Klageanspruch gegen einen zuvor entschädigten Geschädigten verfügen könnte, oder sich die Frage nach dem guten Glauben der beteiligten Kreise zu stellen, ist dem Antrag der Geschädigten und der dänischen Regierung, die nichts Weiteres vorgetragen haben, was ihr Vorbringen untermauern könnte, dass das vorliegende Urteil, wenn seine Wirkungen nicht zeitlich beschränkt würden, zu schwerwiegenden Störungen führen könnte, nicht stattzugeben.

 Kosten

54     Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Große Kammer) für Recht erkannt:

Die Richtlinie 85/374/EWG des Rates vom 25. Juli 1985 zur Angleichung der Rechts‑ und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Haftung für fehlerhafte Produkte ist dahin auszulegen,

–       dass sie einer nationalen Regelung entgegensteht, nach der ein Lieferant über die in Artikel 3 Absatz 3 der Richtlinie abschließend aufgezählten Fälle hinaus in die verschuldensunabhängige Haftung eintritt, die die Richtlinie einführt und dem Hersteller aufbürdet;

–       dass sie einer nationalen Regelung nicht entgegensteht, nach der der Lieferant in die Verschuldenshaftung des Herstellers unbeschränkt einzutreten hat.

Unterschriften.


* Verfahrenssprache: Dänisch.