Rechtssache C-239/03
Kommission der Europäischen Gemeinschaften
gegen
Französische Republik
„Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats – Übereinkommen zum Schutz des Mittelmeers vor Verschmutzung – Artikel 4 Absatz 1 und 8 – Protokoll über den Schutz des Mittelmeers gegen Verschmutzung vom Lande aus – Artikel 6 Absätze 1 und 3 – Unterbliebener Erlass geeigneter Maßnahmen, um die massive und andauernde Verschmutzung des Étang de Berre zu verhüten, zu
verringern und zu bekämpfen – Einleitungsgenehmigung“
Leitsätze des Urteils
1. Vertragsverletzungsverfahren – Klage auf Feststellung der Nichteinhaltung eines von der Gemeinschaft und den Mitgliedstaaten
abgeschlossenen gemischten Abkommens – Protokoll über den Schutz des Mittelmeers gegen Verschmutzung vom Lande aus – Zuständigkeit
des Gerichtshofes – Zulässigkeit
(Artikel 226 EG; Übereinkommen von Barcelona, Artikel 4 Absatz 1 und 8; Protokoll über den Schutz des Mittelmeers gegen Verschmutzung
vom Lande aus, Artikel 6 Absätze 1 und 3)
2. Völkerrechtliche Verträge – Verträge der Gemeinschaft – Protokoll über den Schutz des Mittelmeers gegen Verschmutzung vom
Lande aus – Verpflichtung der Mitgliedstaaten zur Verringerung der besagten Verschmutzung – Umfang
(Protokoll über den Schutz des Mittelmeeres gegen Verschmutzung vom Lande aus, Artikel 6 Absätze 1 und 3)
1. Die Anwendung der Artikel 4 Absatz 1 und 8 des Übereinkommens von Barcelona zum Schutz des Mittelmeers vor Verschmutzung sowie
des Artikels 6 Absätze 1 und 3 des Protokolls über den Schutz des Mittelmeers gegen Verschmutzung vom Lande aus auf Einleitungen
von Süßwasser und Schlämmen in ein Salzwassermoor unterliegt, auch wenn diese Einleitungen nicht Gegenstand einer besonderen
Gemeinschaftsregelung sind, dem Gemeinschaftsrecht, weil diese Bestimmungen in gemischten Abkommen enthalten sind, die die
Gemeinschaft und ihre Mitgliedstaaten in einem Bereich geschlossen haben, der weitgehend vom Gemeinschaftsrecht erfasst wird.
Der nach Artikel 226 EG angerufene Gerichtshof ist deshalb für die Beurteilung ihrer Einhaltung durch einen Mitgliedstaat
zuständig.
Gemischte Abkommen, die von der Gemeinschaft, ihren Mitgliedstaaten und Drittländern geschlossen wurden, haben nämlich in
der Gemeinschaftsrechtsordnung denselben Status wie rein gemeinschaftsrechtliche Abkommen, soweit es um Bestimmungen geht,
die in die Zuständigkeit der Gemeinschaft fallen. Die Mitgliedstaaten erfüllen somit dadurch, dass sie für die Einhaltung
der Verpflichtungen aus einem von den Gemeinschaftsorganen geschlossenen Abkommen sorgen, im Rahmen der Gemeinschaftsrechtsordnung
eine Verpflichtung gegenüber der Gemeinschaft, die die Verantwortung für die ordnungsgemäße Durchführung des Abkommens übernommen
hat.
(vgl. Randnrn. 25-26, 31)
2. Es ist eine besonders strikte Verpflichtung, die den vertragschließenden Parteien nach Artikel 6 Absatz 1 in Verbindung mit
Artikel 1 des Protokolls über den Schutz des Mittelmeers gegen Verschmutzung vom Lande aus auferlegt wird, nämlich die zur
strengen Beschränkung der Verschmutzung des Gebietes vom Lande aus durch die Einleitung von Stoffen, die, auch wenn sie nicht
toxisch sind, für das Meeresmilieu gefährlich werden können, und zwar durch geeignete Maßnahmen. Die Strenge dieser Verpflichtung
entspricht dem Wesen des Übereinkommens, das u. a. die Verhinderung der Verschmutzung wegen Untätigkeit der Behörden bezweckt.
Die Tragweite dieser Verpflichtung ist im Zusammenhang mit Artikel 6 Absatz 3 des Protokolls zu sehen, der die Überwachung
der Verschmutzung des Protokollgebiets vom Lande aus durch die Mitgliedstaaten verlangt, indem er ein System der vorherigen
Genehmigung der Einleitung der in Anhang II des Protokolls genannten Stoffe durch die zuständigen nationalen Behörden schafft.
Ein Mitgliedstaat, der nicht alle geeigneten Maßnahmen ergreift, um die massive und andauernde Verschmutzung eines Mittelmeergebiets
zu verhüten, zu verringern und zu bekämpfen, und der es unterlässt, den Bestimmungen des Anhangs III des Protokolls über das
System der Genehmigung für das Einleiten der genannten Stoffe Rechnung zu tragen, verstößt dadurch gegen seine Verpflichtungen
u. a. aus dem genannten Artikel 6 Absätze 1 und 3 des Protokolls.
(vgl. Randnrn. 50-51 und Tenor)
-
URTEIL DES GERICHTSHOFES (Zweite Kammer)
7. Oktober 2004(1)
„Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats – Übereinkommen zum Schutz des Mittelmeers vor Verschmutzung – Artikel 4 Absatz 1 und 8 – Protokoll über den Schutz des Mittelmeers gegen Verschmutzung vom Lande aus – Artikel 6 Absätze 1 und 3 – Unterbliebener Erlass geeigneter Maßnahmen, um die massive und andauernde Verschmutzung des Étang de Berre zu verhüten, zu
verringern und zu bekämpfen – Einleitungsgenehmigung“
In der Rechtssache C-239/03betreffend eine Vertragsverletzungsklage nach Artikel 226 EG, eingereicht am 4. Juni 2003,
Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch G. Valero Jordana und B. Stromsky als Bevollmächtigte,
Klägerin,
gegen
Französische Republik, vertreten durch G. de Bergues und E. Puisais als Bevollmächtigte,
Beklagte,
erlässt
DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer),
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten C. W. A. Timmermans sowie des Richters R. Schintgen (Berichterstatter), der Richterin
R. Silva de Lapuerta und der Richter P. Kūris und G. Arestis,
Generalanwalt: D. Ruiz-Jarabo Colomer,
Kanzler: R. Grass,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens,aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,
folgendes
Urteil
- 1
Mit ihrer Klageschrift beantragt die Kommission der Europäischen Gemeinschaften, festzustellen, dass die Französische Republik
dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus den Artikeln 4 Absatz 1 und 8 des Übereinkommens von Barcelona vom 16. Februar 1976
zum Schutz des Mittelmeers vor Verschmutzung, das im Namen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft durch den Beschluss 77/585/EWG
des Rates vom 25. Juli 1977 genehmigt wurde (ABl. L 240, S. 1, im Folgenden: Übereinkommen), und Artikel 6 Absätze 1 und 3
des Protokolls von Athen vom 17. Mai 1980 über den Schutz des Mittelmeers gegen Verschmutzung vom Lande aus, das im Namen
der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft durch den Beschluss 83/101/EWG des Rates vom 28. Februar 1983 genehmigt wurde (ABl.
L 67, S. 1, im Folgenden: Protokoll), sowie aus Artikel 300 Absatz 7 EG verstoßen hat,
- –
- dass sie nicht alle geeigneten Maßnahmen ergriffen hat, um die massive und andauernde Verschmutzung des Étang de Berre zu
verhüten, zu verringern und zu bekämpfen, und
- –
- dass sie es unterlassen hat, den Bestimmungen des Anhangs III des Protokolls nach dessen Abschluss durch eine Änderung der
Genehmigung für das Einleiten von in Anhang II aufgeführten Stoffen Rechnung zu tragen.
-
- Rechtlicher Rahmen
- 2
Artikel 2 Buchstabe a des Übereinkommens definiert den Ausdruck „Verschmutzung“ als
„die unmittelbare oder mittelbare Zuführung von Stoffen oder Energie durch den Menschen in die Meeresumwelt, aus der sich
abträgliche Wirkungen wie eine Schädigung der lebenden Schätze, eine Gefährdung der menschlichen Gesundheit, eine Behinderung
von Tätigkeiten auf See einschließlich der Fischerei, eine Beeinträchtigung des Gebrauchswerts des Meerwassers und eine Verringerung
der Annehmlichkeiten der Umwelt ergeben“.
- 3
Artikel 4 Absatz 1 des Übereinkommens lautet:
„Die Vertragsparteien treffen einzeln oder gemeinsam alle geeigneten Maßnahmen entsprechend diesem Übereinkommen und den in
Kraft befindlichen Protokollen, deren Vertragsparteien sie sind, um die Verschmutzung des Mittelmeergebiets zu verhüten, zu
verringern und zu bekämpfen und die Meeresumwelt in diesem Gebiet zu schützen und zu pflegen.“
- 4
Artikel 8 des Übereinkommens bestimmt:
„Die Vertragsparteien treffen alle geeigneten Maßnahmen, um eine Verschmutzung des Mittelmeergebiets durch das Einleiten über
Flüsse, küstennahe Betriebe oder Ausflüsse oder durch jede andere an Land befindliche Verschmutzungsquelle innerhalb ihrer
Hoheitsgebiete zu verhüten, zu verringern und zu bekämpfen.“
- 5
Im gleichen Sinne bestimmt Artikel 1 des Protokolls:
„Die Vertragsparteien … ergreifen alle geeigneten Maßnahmen, um die durch Ableitung aus Flüssen, Einrichtungen an der Küste
oder durch Flussmündungen oder durch sonstige Quellen auf ihrem Gebiet verursachte Verschmutzung des Mittelmeers zu verhüten,
zu verringern, zu bekämpfen und zu überwachen.“
- 6
In Artikel 3 Buchstabe c des Protokolls heißt es:
„Das von diesem Protokoll erfasste Gebiet – nachstehend als ‚Protokollgebiet‘ bezeichnet – ist:
… Salzwassermoore, die mit dem Meer in Verbindung stehen.“
- 7
Nach Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe a gilt das Protokoll für „alle verunreinigenden Ableitungen, die das Protokollgebiet von
auf dem Lande gelegenen Quellen auf den Gebieten der Parteien erreichen, insbesondere
- –
- unmittelbar durch Mündungs-Rohrleitungen, die Einleitungen in das Meer einbringen, oder durch Einbringen an der Küste oder
von der Küste aus;
- –
- mittelbar durch Flüsse, Kanäle oder sonstige Wasserläufe, einschließlich unterirdischer Wasserläufe oder Abflüsse“.
- 8
In Artikel 6 Absätze 1 und 3 des Protokolls heißt es:
„(1) Die Parteien führen im Protokollgebiet eine strenge Beschränkung der vom Lande ausgehenden Verschmutzung durch die im Anhang II
dieses Protokolls aufgeführten Stoffe oder Quellen ein.
…
(3) Für Einleitungen ist zwingend eine Genehmigung der zuständigen nationalen Behörden erforderlich, bei der die Bestimmungen
im Anhang III … zu berücksichtigen sind.“
- 9
Aus den Nummern 11 und 13 in Abschnitt A des Anhangs II des Protokolls ergibt sich, dass „Stoffe, die direkt oder indirekt
den Sauerstoffgehalt des Meeresmilieus beeinträchtigen, insbesondere solche, die die Eutrophisierung zur Folge haben“, und
„Stoffe, die – auch wenn sie nicht toxisch sind – wegen der Menge, in der sie eingeleitet werden, für das Meeresmilieu gefährlich
werden oder bei einer rechtmäßigen Verwendung des Meeres einen Einfluss ausüben können“, unter die Regelung des Artikels 6
des Protokolls fallen.
- 10
Abschnitt B des Anhangs II bestimmt:
„Die Überwachung und strenge Begrenzung von Einleitungen der in Abschnitt A genannten Stoffe ist gemäß Anhang III durchzuführen.“
- 11
Anhang III des Protokolls führt die Faktoren an, denen „zur Erteilung einer Genehmigung für die Einleitung von Abfällen, die
in Anhang II … genannte Stoffe enthalten“, Rechnung zu tragen ist. Die Mitgliedstaaten müssen so den „Eigenschaften und [der]
Zusammensetzung der Abfälle“, den „Eigenschaften der Abfallkomponenten in Bezug auf ihre Schädlichkeit“, den „Eigenschaften
der Orte der Einleitung und des Meeres-Empfangsmilieus“, den „[v]erfügbare[n] Abfalltechnologien“ und schließlich der „[p]otenzielle[n]
Beeinträchtigung der Meeresökosysteme und der Verwendung des Meerwassers“ Rechnung tragen.
- 12
Außerdem sind nach Artikel 300 Absatz 7 EG die von der Gemeinschaft geschlossenen Abkommen „für die Organe der Gemeinschaft
und für die Mitgliedstaaten verbindlich“.
Gegegenstand des Verfahrens und Vorverfahren
- 13
Der Étang de Berre mit einer Fläche von 15 000 Hektar ist ein über den Caronte-Kanal unmittelbar mit dem Mittelmeer verbundenes
Salzwassermoor. Sein Wasservolumen beträgt 900 Millionen m3.
- 14
Bei der Kommission ging eine Beschwerde über die Verschlechterung der Wasserumwelt des Étang de Berre aufgrund von Süßwassereinleitungen
ein, die aus der Durance stammten und bei jeder Inbetriebnahme der Turbinen des von der Electricité de France (im Folgenden:
EDF) betriebenen Wasserkraftwerks Saint-Chamas künstlich in den Étang de Berre eingeleitet würden.
- 15
EDF bewirtschaftet die Staustufe von Saint-Chamas gemäß
- –
- der Loi n° 55‑6 relative à l'aménagement de la Durance (Gesetz über den Ausbau der Durance) vom 5. Januar 1955 (JORF vom 6.
Januar 1955, berichtigt im JORF vom 20. Februar 1955), deren Artikel 1 die Arbeiten zur Regulierung der Durance, zur Verwendung
des Wassers zur Bewässerung und zur Energieerzeugung für gemeinnützig erklärt hat, da zwischen dem Zusammenfluss mit dem Verdon
und dem Étang de Berre eine Ableitung eingerichtet werde;
- –
- dem Décret concédant à EDF (service national) l’aménagement et l’exploitation de la chute et du réservoir de Serre-Ponçon,
sur la Durance, et des chutes à établir sur la dérivation de la Durance, entre le confluent du Verdon et l’étang de Berre
(Dekret über die Erteilung der Genehmigung zum Ausbau und zur Bewirtschaftung der Staustufe und des Stausees von Serre-Ponçon
an der Durance und der an der Ableitung der Durance zwischen dem Zusammenfluss mit dem Verdon und dem Étang de Berre einzurichtenden
Staustufen an EDF [nationaler Dienst]) vom 28. September 1959 (JORF vom 7. Oktober 1959);
- –
- dem Abkommen zwischen EDF und dem Minister für Infrastruktur vom 19. August 1966, nach dessen Artikel 9
„Electricité de France … alle geeigneten Schritte [ergreift], um die Einleitungen in den Étang einzustellen, sobald der Gehalt
an Feststoffen fünf Gramm je Liter übersteigt, außer wenn diese Maßnahme sich bei einem Zwischenfall im elektrischen Netz
ausnahmsweise als unzumutbar erweisen sollte“;
- –
- dem Décret approuvant la convention et le cahier des charges spécial des chutes de Salon et de Saint-Chamas, sur la Durance
(départements des Bouches-du-Rhône, du Vaucluse et du Gard) (Dekret über die Genehmigung des Abkommens und des besonderen
Pflichtenhefts der Staustufen von Salon und Saint-Chamas an der Durance [Departements Bouches-du-Rhône, Vaucluse und Gard])
vom 6. April 1972 (JORF vom 18. April 1972, im Folgenden: Dekret von 1972); das Pflichtenheft enthält in Artikel 17 die Pflicht
zur Einhaltung der Bestimmungen über Einleitungen in den Étang de Berre im Abkommen vom 19. August 1966;
- –
- der Betriebsanweisung betreffend die „Überführung des Wassers der Ableitung in die Durance im Rahmen der Verringerung der
flüssigen und festen Einleitungen in den Étang de Berre“ (im Folgenden: Betriebsanweisung), die am 22. April 1997 von der
Direction régionale de l'industrie, de la recherche et de l'environnement genehmigt wurde.
- 16
Nummer 2 der Betriebsanweisung legt die Ziele der Verringerung der Einleitung von Wasser und Schlamm wie folgt fest:
„Einleitung von Wasser
- –
- Begrenzung der jährlichen Einleitung: 2 100 hm3
- –
- Begrenzung der Einleitung vom 1. Mai bis 30. September: 400 hm3
Einleitung von Schlämmen
- –
- Begrenzung der jährlichen Einleitung: 200 000 Tonnen
- –
- Begrenzung des Gehalts an Schwebstoffen auf 2 g/l
Einhaltung der Höchstmengen
Im Fall von Schwierigkeiten bei der Einhaltung dieser Höchstmengen hat EDF dies der Mission de Reconquête de l'Étang de Berre
[Einrichtung für die Wiederherstellung des Étang de Berre] mitzuteilen, die über das weitere Vorgehen entscheidet.“
- 17
Aus den Akten ergibt sich, dass die Anlagen von EDF an der Durance nicht nur der regionalen Energieerzeugung dienen, sondern
auch zur Sicherheit der Energieversorgung beitragen, indem sie eine sofort verfügbare Spitzenkapazität bereitstellen, um Zwischenfällen
im Netz zu begegnen.
- 18
Da die Kommission der Auffassung war, dass die Französische Republik nicht alle geeigneten Maßnahmen getroffen habe, um die
massive und andauernde Verschmutzung des Étang de Berre zu verhüten, zu verringern und zu bekämpfen, oder es unterlassen habe,
den Bestimmungen des Anhangs III des Protokolls nach dessen Abschluss durch eine Änderung der Genehmigung für das Einleiten
von in Anhang II des Protokolls aufgeführten Stoffen Rechnung zu tragen, und folglich gegen ihre Verpflichtungen aus den Artikeln 4
Absatz 1 und 8 des Übereinkommens und Artikel 6 Absätze 1 und 3 des Protokolls sowie Artikel 300 Absatz 7 EG verstoßen habe,
stellte sie der französischen Regierung am 10. Mai 1999 ein Mahnschreiben zu, um ihr Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.
- 19
Da die von der Französischen Republik in ihrem Schreiben vom 5. Oktober 1999 entwickelte Argumentation die Kommission nicht
überzeugt hatte, sandte sie ihr eine mit Gründen versehene Stellungnahme, die an den Inhalt des Mahnschreibens erinnerte und
sie aufforderte, die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um der Stellungnahme innerhalb von zwei Monaten nach ihrer Zustellung
nachzukommen.
- 20
In Beantwortung der mit Gründen versehenen Stellungnahme übermittelte die französische Regierung der Kommission mit Schreiben
vom 31. Oktober 2000 ein Dossier.
- 21
Da die Kommission der Ansicht war, dass dieses Dossier es ihr nicht ermögliche, von ihren in der Stellungnahme ausgeführten
Rügen abzusehen, hat sie die vorliegende Klage erhoben.
Zuständigkeit des Gerichtshofes
- 22
Die französische Regierung ist der Ansicht, der Gerichtshof sei für die Entscheidung über die Klage nicht zuständig, weil
die Verpflichtungen, deren Verletzung den französischen Behörden vorgeworfen werde, nicht gemeinschaftsrechtlicher Art seien.
Die Einleitung von Süßwasser und Schlämmen in ein Salzwassermoor sei nämlich nicht durch eine Richtlinie der Gemeinschaft
geregelt, so dass die Vorschriften des Übereinkommens und des Protokolls über solche Einleitungen nicht in die Zuständigkeit
der Gemeinschaft fielen.
- 23
Da Gegenstand der Vertragsverletzungsklage nur die Nichteinhaltung gemeinschaftsrechtlicher Verpflichtungen sein kann, ist
vor einer Entscheidung über das tatsächliche Vorliegen einer Vertragsverletzung zu prüfen, ob die Verpflichtungen Frankreichs,
auf die sich die Klage bezieht, gemeinschaftsrechtlicher Art sind.
- 24
Insoweit ist festzustellen, dass das Übereinkommen und das Protokoll von der Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten aufgrund
einer geteilten Zuständigkeit geschlossen wurden.
- 25
Nach der Rechtsprechung haben jedoch gemischte Abkommen, die von der Gemeinschaft, ihren Mitgliedstaaten und Drittländern
geschlossen wurden, in der Gemeinschaftsrechtsordnung denselben Status wie rein gemeinschaftsrechtliche Abkommen, soweit es
um Bestimmungen geht, die in die Zuständigkeit der Gemeinschaft fallen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 30. September 1987
in der Rechtssache 12/86, Demirel, Slg. 1987, 3719, Randnr. 9, und vom 19. März 2002 in der Rechtssache C‑13/00, Kommission/Irland,
Slg. 2002, I‑2943, Randnr. 14).
- 26
Der Gerichtshof hat daraus gefolgert, dass die Mitgliedstaaten dadurch, dass sie für die Einhaltung der Verpflichtungen aus
einem von den Gemeinschaftsorganen geschlossenen Abkommen sorgen, im Rahmen der Gemeinschaftsrechtsordnung eine Verpflichtung
gegenüber der Gemeinschaft erfüllen, die die Verantwortung für die ordnungsgemäße Durchführung des Abkommens übernommen hat
(vgl. Urteile Demirel, Randnr. 11, und Kommission/Irland, Randnr. 15).
- 27
Im vorliegenden Fall betreffen die Bestimmungen des Übereinkommens und des Protokolls ohne Zweifel einen Bereich, für den
in weiten Teilen die Gemeinschaft zuständig ist.
- 28
Der Umweltschutz als Gegenstand des Übereinkommens und des Protokolls ist weitgehend gemeinschaftsrechtlich geregelt, einschließlich
des Schutzes der Gewässer vor Verschmutzung (siehe z. B. Richtlinie 91/271/EWG des Rates vom 21. Mai 1991 über die Behandlung
von kommunalem Abwasser [ABl. L 135, S. 40], Richtlinie 91/676/EWG des Rates vom 12. Dezember 1991 zum Schutz der Gewässer
vor Verunreinigung durch Nitrat aus landwirtschaftlichen Quellen [ABl. L 375, S. 1] und Richtlinie 2000/60/EG des Europäischen
Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2000 zur Schaffung eines Ordnungsrahmens für Maßnahmen der Gemeinschaft im Bereich
der Wasserpolitik [ABl. L 327, S. 1]).
- 29
Da das Übereinkommen und das Protokoll somit Rechte und Pflichten in einem weitgehend dem Gemeinschaftsrecht unterliegenden
Bereich schaffen, besteht ein Gemeinschaftsinteresse daran, dass sowohl die Gemeinschaft als auch ihre Mitgliedstaaten die
darin eingegangenen Verpflichtungen einhalten.
- 30
Der Umstand, dass die mit der vorliegenden Klage beanstandeten Einleitungen von Süßwasser und Schlämmen in die Meeresumwelt
noch nicht Gegenstand einer Gemeinschaftsregelung sind, kann diese Feststellung nicht in Frage stellen.
- 31
Somit unterliegt die Anwendung der Artikel 4 Absatz 1 und 8 des Übereinkommens sowie des Artikels 6 Absätze 1 und 3 des Protokolls
auf Einleitungen von Süßwasser und Schlämmen in ein Salzwassermoor, auch wenn diese Einleitungen nicht Gegenstand einer besonderen
Gemeinschaftsregelung sind, dem Gemeinschaftsrecht, weil diese Bestimmungen in gemischten Abkommen enthalten sind, die die
Gemeinschaft und ihre Mitgliedstaaten in einem Bereich geschlossen haben, der weitgehend vom Gemeinschaftsrecht erfasst wird.
Der nach Artikel 226 EG angerufene Gerichtshof ist deshalb für die Beurteilung ihrer Einhaltung durch einen Mitgliedstaat
zuständig.
Zur Sache
- 32
Zur Begründung ihrer Klage erhebt die Kommission zwei Rügen in Bezug auf
- –
- einen Verstoß gegen Artikel 6 Absatz 1 des Protokolls in Verbindung mit den Artikeln 4 Absatz 1 und 8 des Übereinkommens,
weil die Französische Republik nicht die erforderlichen Maßnahmen für eine strikte Beschränkung der Einbringung von Stoffen
in den Étang de Berre ergriffen habe, die die in Artikel 2 Buchstabe a des Übereinkommens beschriebenen schädlichen Auswirkungen
haben, um die Verschmutzung dieses Gewässers langfristig zu bekämpfen und zu verringern;
- –
- einen Verstoß gegen Artikel 6 Absatz 3 des Protokolls, weil die Genehmigung zur Einleitung von Abfällen durch das Kraftwerk
von Saint-Chamas in den Étang de Berre nicht nach den im Übereinkommen und im Protokoll vorgesehenen Kriterien erteilt worden
sei.
Zur ersten Rüge Parteivorbringen
- 33
Die Kommission macht geltend, Artikel 6 Absatz 1 des Protokolls enthalte eine Erfolgspflicht.
- 34
Nach Ansicht der Kommission, die sich dabei auf mehrere wissenschaftliche Untersuchungen stützt, besteht ein Zusammenhang
zwischen der Menge an Süßwasser, Schlämmen und Sedimenten, die durch das Wasserkraftwerk Saint-Chamas in den Étang de Berre
eingeleitet werde, einerseits und Salzgehalt, Entsalzung und Schichtenbildung des Wassers, der auf übermäßige Zuführung von
Nährstoffen (Nährsalzen) zurückzuführenden Eutrophierung und der nachteiligen Veränderung der Fauna und Flora und des Erholungswerts
des Étang de Berre andererseits. Der Betrieb des Wasserkraftwerks Saint-Chamas sei zwar nicht der einzige Grund für die Verschmutzung
des Étang de Berre, diese sei aber zu einem wesentlichen Teil auf den Betrieb des Kraftwerks zurückzuführen.
- 35
Artikel 6 Absatz 1 des Protokolls sei im Licht von Artikel 6 Absatz 3 des Protokolls zu lesen, der für Einleitungen der fraglichen
Stoffe zwingend eine Genehmigung vorschreibe, bei der die Bestimmungen des Anhangs III des Protokolls zu berücksichtigen seien.
Folglich sei die Einleitung dieser Stoffe ohne Genehmigung verboten, was gerade bedeute, dass der Staat über Art und Menge
der eingeleiteten Stoffe unterrichtet sei.
- 36
Das Bestehen eines regionalen Energiemangels oder die Fragilität der Versorgungssicherheit der Region Provence-Alpes-Côte
d'Azur (im Folgenden: Region PACA) könne die Verstöße gegen Artikel 6 Absatz 1 des Protokolls nicht rechtfertigen, zumal es
eine alternative Lösung für die Gewährleistung der Versorgungssicherheit gebe, nämlich den Bau einer 400 000 Volt-Entlastungsleitung
in der Region zwischen Boutre und Carros.
- 37
Zwar habe die Verschmutzung des Étang de Berre in den letzten Jahren im Rahmen eines Planes zu seiner Wiederherstellung abgenommen;
die Verringerung der Einleitungen sei jedoch verspätet, unbeständig und vor allem in sehr begrenztem Umfang erfolgt. Insbesondere
sei das in dem Plan vorgesehene maximale Gesamtvolumen nicht mit der nachhaltigen Wiederherstellung einer Meeresumwelt im
Étang de Berre zu vereinbaren.
- 38
Nach Ansicht der französischen Regierung enthält Artikel 6 Absatz 1 des Protokolls eine Verpflichtung zum Einsatz geeigneter
Mittel. Im vorliegenden Fall sei die Französische Republik deshalb nur zum Nachweis verpflichtet, dass sie ausreichende rechtliche
Mittel geschaffen habe, um die aus der Einleitung von Süßwasser und Schlämmen herrührende Verschmutzung zu verringern.
- 39
In dieser Hinsicht liege die strategische Bedeutung der Wasserkraftwerke von Salon und Saint-Chamas in der besonderen Situation
der Energieversorgung der Region PACA begründet. Die künftige 400 000 Volt-Leitung „Boutre-Carros“ stelle nur einen Teil eines
umfassenderen Programms dar, der den in dieser Region aufgetretenen Schwierigkeiten im Bereich der Energieversorgung abhelfen
solle.
- 40
Erstens bestreitet die französische Regierung die Behauptung der Kommission, dass der Étang de Berre seit 1983 einer massiven,
andauernden und spezifischen Verschmutzung vom Lande aus ausgesetzt gewesen sei, die erhebliche schädliche Auswirkungen auf
Fauna, Flora und Erholungswert gehabt habe. Auch wenn der Betrieb des Wasserkraftwerks Saint-Chamas durchaus zur Verschmutzung
des Étang de Berre beigetragen habe, so gebe es doch noch andere bedeutende Verschmutzungsfaktoren (Industrialisierung der
Ufer, Bevölkerungszuwachs, Landwirtschaft). Auf wissenschaftlicher Ebene bestreitet die französische Regierung die Erwägungen
der Kommission hinsichtlich des Salzgehalts des Gewässers und hebt die Auswirkungen des Windes in Bezug auf die vertikale
Durchmischung des Wassers hervor, die die Kommission unterschätzt habe.
- 41
Nur ein umfassender Ansatz, der auf eine Verringerung der Verschmutzungsquellen durch die Beeinflussung der wichtigsten Faktoren
abziele, führe zu einer Wiederherstellung des Étang de Berre. Ein Ansatz, der sich ausschließlich mit der Einleitung von Süßwasser
befasse, könne weder die Verschmutzung erklären noch zur Entwicklung einer geeigneten Lösung beitragen.
- 42
Außerdem lägen bisher weder zur Bestandsaufnahme der Fischressourcen des Étang de Berre noch zu den tieferen Ursachen des
Rückgangs der Fischereitätigkeit in den letzten Jahren, noch zu den Faktoren, die diese Tätigkeit behindern könnten, seriöse
Untersuchungen vor.
- 43
Schließlich seien die Argumente der Kommission in Bezug auf die Eutrophierung des Étang de Berre nicht fundiert. Sie beruhten
auf alten, unvollständigen Untersuchungen aus der Zeit vor 1993.
- 44
Zweitens bestreitet die französische Regierung das Vorbringen der Kommission, wonach die Verringerung der Einleitungen „verspätet,
unbeständig und vor allem in sehr begrenztem Umfang“ erfolgt sei. Sie beruft sich insoweit auf die quantifizierten Ergebnisse
der Durchführung der im Plan zur Wiederherstellung des Étang de Berre vorgesehenen Maßnahmen.
- 45
Drittens bestreitet die französische Regierung die angeblich begrenzte Reichweite der von den öffentlichen Stellen getroffenen
Maßnahmen zur langfristigen Verringerung der Verschmutzung des Étang de Berre. Insbesondere beruhe es, wie die Bestandsaufnahme
der Mission de Reconquête de l'Étang de Berre für den Zeitraum von 1994 bis 1999 zeige, auf einer Unterbewertung der seit
1997 festgestellten Verbesserungen, wenn die Kommission die Verringerung der Einleitungen als unzureichend beurteile.
Würdigung durch den Gerichtshof
- 46
Aus den Artikeln 1 und 4 des Protokolls ergibt sich, dass dieses bezweckt, die durch Ableitung aus Flüssen, Einrichtungen
an der Küste oder durch Flussmündungen oder durch sonstige Quellen in ihrem Gebiet verursachte Verschmutzung des Mittelmeers
zu verhüten, zu verringern, zu bekämpfen und zu überwachen. Insoweit verpflichtet Artikel 1 des Protokolls die vertragschließenden
Parteien in Erneuerung ihrer Verpflichtungen nach den Artikeln 4 und 8 des Übereinkommens, „alle geeigneten Maßnahmen“ zu
ergreifen.
- 47
Insbesondere verpflichtet Artikel 6 Absatz 1 des Protokolls die vertragschließenden Parteien, „im Protokollgebiet eine strenge
Beschränkung der vom Lande ausgehenden Verschmutzung durch die im Anhang II dieses Protokolls aufgeführten Stoffe oder Quellen
ein[zuführen]“. Abschnitt B dieses Anhangs spricht ebenfalls von einer „strenge[n] Begrenzung“ der Ableitung der in Abschnitt A
genannten Stoffe.
- 48
Aus Artikel 3 Buchstabe c des Protokolls ergibt sich, dass das darin genannte Gebiet Salzwassermoore umfasst, die mit dem
Meer in Verbindung stehen, also auch den Étang de Berre. Selbst wenn dieser während seiner gesamten Geschichte nur kurze Zeit
wirklich salzhaltig war, da der Caronte-Kanal, der ihn mit dem Meer verbindet, 1863 gegraben und 1925 vertieft wurde, so ist
doch zwischen den Parteien unstreitig, dass er als Meeresumwelt den ökologischen Referenzzustand darstellt.
- 49
Zu den in Anhang II genannten Stoffen gehören nach den Nummern 11 und 13 des Abschnitts A „Stoffe, die direkt oder indirekt
den Sauerstoffgehalt des Meeresmilieus beeinträchtigen, insbesondere solche, die die Eutrophisierung zur Folge haben“, und
„Stoffe, die – auch wenn sie nicht toxisch sind – wegen der Menge, in der sie eingeleitet werden, für das Meeresmilieu gefährlich
werden oder bei einer rechtmäßigen Verwendung des Meeres einen Einfluss ausüben können“.
- 50
Es ist also eine besonders strikte Verpflichtung, die den vertragschließenden Parteien nach Artikel 6 Absatz 1 in Verbindung
mit Artikel 1 des Protokolls auferlegt wird, nämlich die zur „strengen Beschränkung“ der Verschmutzung des Gebietes vom Lande
aus durch die Einleitung von Stoffen, die, „auch wenn sie nicht toxisch sind“, für das Meeresmilieu gefährlich werden können,
und zwar durch „geeignete Maßnahmen“. Diese Strenge entspricht dem Wesen des Übereinkommens, das u. a. die Verhinderung der
Verschmutzung wegen Untätigkeit der Behörden bezweckt.
- 51
Wie die Kommission zutreffend ausgeführt hat, ist die Tragweite dieser Verpflichtung im Zusammenhang mit Artikel 6 Absatz 3
des Protokolls zu sehen, der die Überwachung der Verschmutzung des Protokollgebiets vom Lande aus durch die Mitgliedstaaten
verlangt, indem er ein System der vorherigen Genehmigung der Einleitung der in Anhang II genannten Stoffe durch die zuständigen
nationalen Behörden schafft.
- 52
Im vorliegenden Fall macht die Kommission geltend,
- –
- der Étang de Berre werde seit 1983 massiv, andauernd und spezifisch vom Lande aus verschmutzt, was erhebliche schädliche Auswirkungen
auf Fauna, Flora und Erholungswert habe;
- –
- diese Verschmutzung sei hauptsächlich auf die Einleitung erheblicher Mengen von Süßwasser, Schlämmen und Sedimenten durch
das Wasserkraftwerk Saint-Chamas zurückzuführen;
- –
- auch wenn diese Einleitungen insbesondere in den Jahren 1997 und 1998 abgenommen hätten, sei die Verringerung verspätet, unbeständig
und in sehr begrenztem Umfang erfolgt, so dass die von den Behörden getroffenen Maßnahmen, vor allem im Rahmen des Planes
zur Wiederherstellung des Étang de Berre, nicht „geeignet“ gewesen seien.
- 53
Die französische Regierung bestreitet weder die Verschmutzung des Étang de Berre noch, dass der Betrieb des Wasserkraftwerks
Saint-Chamas dazu beitrage, weist jedoch auf wichtige andere Verschmutzungsquellen hin, wie die Industrialisierung der Ufer
des Gewässers, die Bevölkerungszunahme der Anrainergemeinden, die Ausweitung der landwirtschaftlichen Tätigkeit oder die Verschlechterung
der Wasserqualität der in den Étang de Berre mündenden Flüsse. Dessen Wiederherstellung erfordere einen umfassenden Ansatz,
der nicht auf eine einzelne Verschmutzungsquelle beschränkt sein dürfe.
- 54
Dieser Argumentation kann nicht gefolgt werden.
- 55
Der Umstand, dass für die Verschmutzung des Étang de Berre auch andere Faktoren, ob sie nun vom Menschen herrühren oder nicht,
ursächlich sind als die Zuführungen von Süßwasser durch das Wasserkraftwerk von Saint-Chamas, kann das Bestehen einer Verschmutzung
vom Lande aus, die auf den Turbinenbetrieb des Kraftwerks zurückzuführen ist, nicht in Frage stellen.
- 56
Die französische Regierung hat das Vorbringen der Kommission weder bestritten noch zu bestreiten versucht, wonach die Zuführung
einer enormen Menge Süßwasser mit hohem Sedimentgehalt und unregelmäßigem Zufluss die ökologischen Bedingungen im Biotop des
Étang de Berre erheblich gestört habe. Nach Anhang II Abschnitt A Nummer 13 des Protokolls können solche Einleitungen, „auch
wenn sie nicht toxisch sind[,] wegen der Menge, in der sie eingeleitet werden, für das Meeresmilieu gefährlich werden“. Im
Übrigen war es, wie die Beklagte in ihren Schriftsätzen vorgetragen hat, gerade eines der Ziele des Planes von 1993 der französischen
Regierung zur Wiederherstellung des Étang de Berre, die jährlichen Zuführungen von Süßwasser und Schwebstoffen durch den Kanal
des Kraftwerks Saint-Chamas zu verringern.
- 57
Es ist deshalb zu prüfen, ob die von den Behörden getroffenen Maßnahmen im Hinblick auf ihre Verpflichtung zur strengen Beschränkung
der Verschmutzung vom Lande aus „geeignet“ waren.
- 58
Nach Angaben der französischen Regierung hat der Plan zur Wiederherstellung des Étang de Berre seit 1994/95 eine Verringerung
der durch das Kraftwerk zugeführten Süßwassermenge gegenüber früheren Zeiträumen um 40 % ermöglicht. Die zugeführte Schlammmenge
habe sich seit 1981 auf ein Achtel, nämlich von 800 000 Tonnen auf 100 000 Tonnen pro Jahr in den letzten acht Jahren, vermindert,
wobei das Tagesmittel der Schwebstoffe heute auf 1 g/l begrenzt sei. Was die Zuführungen von Nährsalzen aus dem Industriekanal
von EDF betreffe, so beliefen sie sich für Phosphor nur auf 10 % bis 20 % der Gesamtmenge. Jedenfalls bestünden noch Unsicherheiten
in Bezug auf den Anteil der Zuführungen aus dem Kanal von EDF an der Verschmutzung mit Stickstoff und Phosphor.
- 59
Die Behauptung, die Verringerung der Einleitungen sei verspätet, unbeständig und begrenzt gewesen, sei unzutreffend.
- 60
In dieser Hinsicht ergibt sich aus den Akten (insbesondere aus dem Zwischenbericht des Conseil général des ponts et chaussées
über die Wiederherstellung des Étang de Berre von Januar 1999, S. 11 [im Folgenden: Zwischenbericht], dem Bericht des Verbandes
öffentlichen Interesses für die Wiederherstellung des Étang de Berre, GIPREB mit dem Titel „Bilanz der Erkenntnisse, ‚Gesundheitszustand
der Umwelt‘“ vom November 2002, S. 36 und 37 [im Folgenden: GIPREB-Bericht] und der aktualisierten Bilanz des GIPREB von 2002,
S. 16 und 17) Folgendes:
- –
- Die vom Kraftwerk Saint-Chamas im Zeitraum von 1966 bis 2000, der die Zeit umfasst, in der die Gemeinschaft und ihre Mitgliedstaaten
an das Protokoll gebunden waren, im Jahresmittel eingeleitete Süßwassermenge betrug 3,09 Milliarden m3;
- –
- nach Einführung des Wiederherstellungsplans und der EDF auferlegten Beschränkungen wurde die durchschnittlich eingeleitete
Wassermenge deutlich verringert und belief sich vom 1. November 1995 bis 31. Oktober 2001 im Jahresmittel auf 2,085 Milliarden
m3, was einer Verringerung um 30 % entspricht;
- –
- die jährlichen Süßwasserzuführungen sind angesichts des unregelmäßigen Turbinenbetriebs des Kraftwerks durch starke Schwankungen
innerhalb eines Jahres und zwischen verschiedenen Jahren gekennzeichnet. So waren die Einleitungen des Kraftwerks im Zeitraum
1999/00, in dem die Kommission im vorliegenden Verfahren die mit Gründen versehene Stellungnahme abgegeben hat, besonders
umfangreich, was nach dem GIPREB-Bericht auf Energiemangel in der Region PACA zurückzuführen ist;
- –
- die massive Zuführung von Süßwasser trägt zum Sauerstoffmangel im mittleren und tiefen Bereich des Étang de Berre bei, wo
der Salzgehalt des Oberflächen- und des Tiefenwassers stark differiert. Dieser Bereich ist nämlich durch das Vorhandensein
einer Dichtebarriere gekennzeichnet, die den Austausch des Tiefenwassers begrenzt und zu einer stabilen Schichtenbildung sowie
zu Sauerstoffmangel führt, mit seltenen und kurzen Zeiträumen der Sauerstoffzufuhr durch Windstöße, die ausreichend stark
sind, um eine Durchmischung des Wassers zu ermöglichen.
- 61
Was die Schlammmengen betrifft, die das Wasser der Durance mit sich führt, so steht allgemein fest, dass die Zuführung dieser
Stoffe „schädliche Auswirkungen für die Umwelt und insbesondere für Tier- und Pflanzenarten [hat], da sie die Trübung des
Wassers erhöht. Die Durchdringung mit Licht wird verringert, was das Wachstum der Wasserpflanzen einschränkt. In großen Mengen
auf dem Grund abgesetzt, beeinträchtigen die Schlämme auch die Tiefenfauna“ (aktualisierte Bilanz des GIPREB, S. 17).
- 62
Aus dem GIPREB-Bericht (S. 41) geht hervor, dass die Inbetriebnahme des Absetzbeckens Cadarache im Jahr 1980 und der Erlass
des Planes zur Wiederherstellung des Étang de Berre eine Verringerung der Schlammzuführungen durch das Kraftwerk auf eine
eingeleitete Menge in der Größenordnung von 200 000 t/Jahr und einen Schwebstoffgehalt von höchstens 2 g/l ermöglicht haben.
Die Zuführungen beliefen sich 1999/00 sogar nur auf 143 000 Tonnen und 2000/01 auf 92 000 Tonnen bei einem Schwebstoffgehalt
von 1 g/l im Tagesmittel, während das Jahresmittel im Zeitraum von 1966 bis 2000 450 000 t/Jahr betrug.
- 63
Jedoch betrug der Anteil der von dem Kraftwerk eingeleiteten Schlämme im Zeitraum von 1997 bis 2000 nach der aktualisierten
Bilanz des GIPREB (S. 17) zwischen 50 % und 80 % der Gesamtzuflüsse. Außerdem stellt der Zwischenbericht (S. 13) fest, dass
eine Einleitung mit maximaler Kapazität des Kraftwerks (250 m3/s) und mit maximaler Konzentration (2 g/l) während eines einzigen Tages genüge, um dem Étang de Berre über 40 000 Tonnen
Schlamm zuzuführen. Diese Menge ist, wie die Kommission ausgeführt hat, im Vergleich mit den für städtische Kläranlagen festgesetzten
Grenzwerten sehr hoch.
- 64
In Bezug auf die Zuführungen von Nährsalzen durch das Wasserkraftwerk ist unstreitig, dass eine übermäßige Zufuhr von Nährstoffen
in die Meeresumwelt zur Eutrophierung aufgrund starker Pflanzenvermehrung führt, weil damit eine Anhäufung organischer Masse
und ein Sauerstoffmangel einhergehen, der für die erhöhte Sterblichkeit von Fischarten und insbesondere von am Grund lebenden
Arten verantwortlich ist.
- 65
Die französische Regierung räumt ein, dass seit 1995 und vor allem seit 1998 eine enorme Zunahme von Grünalgen sowie in geringerem
Umfang von enteromorphen nitrophilen Arten zu beobachten sei, die an niedrige Salzgehalte angepasst seien und deren Wachstum
in eutrophierter Umgebung begünstigt werde. Im gleichen Sinne kommt der GIPREB in seiner aktualisierten Bilanz (S. 31) zu
dem Ergebnis, dass „[d]er Étang de Berre … sich in einem Eutrophierungszustand [befindet], der durch eine immer noch sehr
hohe Erzeugung von Phytoplankton im Oberflächenwasser und seit einigen Jahren durch eine Vermehrung von Makroalgen, hauptsächlich
Grünalgen, gekennzeichnet ist“.
- 66
In dieser Hinsicht enthält der GIPREB-Bericht in Ermangelung präziser einheitlicher Untersuchungsmethoden große Unsicherheiten,
was einen Vergleich zum Zweck der Feststellung des durch das Wasserkraftwerk zugeführten Anteils von Nährstoffen (Stickstoff
und Phosphor) erschwert.
- 67
Zumindest ist aber die starke Eutrophierung, unter der der Étang de Berre leidet, auf die übermäßige Zufuhr von Nährstoffen
zurückzuführen, zu der die Einleitung großer Mengen Süßwasser, auch wenn es einen niedrigen Gehalt an Nährsalzen hat, aufgrund
der Freisetzung des in den Sedimenten enthaltenen Phosphors, auf die die Kommission in ihren Schriftsätzen hingewiesen hat,
jedenfalls erheblich beigetragen hat, wie sich aus dem GIPREB-Bericht (S. 92) ergibt.
- 68
Somit sind durch das Kraftwerk Saint-Chamas in der Zeit gegen Ende des Vorverfahrens große Mengen Süßwasser, die immer noch
bedeutenden saisonalen Schwankungen unterliegen, in den Étang de Berre eingeleitet worden, auch wenn sie im Lauf der Jahre
aufgrund nach und nach getroffener Maßnahmen im Rahmen des Planes zur Wiederherstellung verringert wurden. Insbesondere ist
festzustellen, dass auch eine im Jahresmittel auf 2,085 bis 2,3 Milliarden m3 begrenzte Einleitung von Wasser eine erhebliche Menge darstellt, vor allem wenn man zum Vergleich das Volumen des Étang de
Berre (900 Millionen m3) heranzieht, das um die Hälfte geringer ist.
- 69
Die schädlichen Auswirkungen solcher Einleitungen für das ökologische Gleichgewicht des Étang de Berre waren sowohl in Bezug
auf ihr übermäßiges Volumen im Vergleich zu dem des Étang als auch auf ihre Schwankungen allgemein bekannt, wie sich u. a.
aus dem GIPREB-Bericht ergibt, der ein Jahr nach der mit Gründen versehenen Stellungnahme der Kommission erstellt wurde. Dieser
Umstand zeigt für sich allein, dass die von den französischen Behörden ergriffenen Maßnahmen im Hinblick auf die Verpflichtung
aus Artikel 6 Absatz 1 des Protokolls unzureichend waren.
- 70
Was die Zufuhr von Schlämmen betrifft, so lassen die dem Gerichtshof vorgelegten Zahlen eine erhebliche Verringerung der Einleitungen
seit der Inbetriebnahme des Absetzbeckens Cadarache und dem Erlass des Planes zur Wiederherstellung des Étang de Berre erkennen.
Das von dem Kraftwerk abgeleitete Wasser kann jedoch immer noch sehr große Mengen Schlamm mit sich führen, besonders bei maximalem
Ausstoß.
- 71
Im Ergebnis ist der erste Klagegrund in Anbetracht der strengen Verpflichtung aus Artikel 6 Absatz 1 des Protokolls als begründet
anzusehen.
Zum zweiten Klagegrund Argumente der Parteien
- 72
Nach Auffassung der Kommission stellt das Dekret von 1972 in Verbindung mit dem Abkommen vom 19. August 1966 zwischen dem
Ministerium für Infrastruktur und EDF zwar eine Genehmigung zur Einleitung von Abfällen durch das Kraftwerk Saint-Chamas in
den Étang de Berre dar; diese Genehmigung habe jedoch, da sie vor dem Übereinkommen und dem Protokoll ergangen sei, nicht
aufgrund der darin vorgesehenen Kriterien, insbesondere den in Abschnitt E des Anhangs III des Protokolls genannten, erteilt
werden können. Auch habe sie nicht die qualitativen und quantitativen Grenzen für jeden der Stoffe festsetzen können, die
durch den Industriekanal von EDF eingeleitet würden und die Ökosysteme und Wasserverwendungen schädigen könnten.
- 73
Was die Betriebsanweisung betreffe, so befinde sie sich außerhalb jedes rechtlichen Rahmens, und ein Verstoß gegen sie könne
nicht zu einer rechtlichen Sanktion führen. Artikel 6 Absatz 3 des Protokolls bestimme, dass die Genehmigung von den zuständigen
nationalen Behörden zu erteilen sei, d. h. im Rahmen der ihnen durch die interne Rechtsordnung des betreffenden Staates übertragenen
Zuständigkeiten.
- 74
Jedenfalls halte diese Anweisung nicht die in Anhang III des Protokolls vorgesehenen Kriterien ein. Eine Genehmigung, die
alle in diesem Anhang genannten Faktoren beachte, müsse die Zusammensetzung der Einleitungen berücksichtigen, so dass eine
Genehmigung für bestimmte Mengen von Süßwasser, Schwebstoffen, Stickstoff und Phosphor nach Stoffen aufgegliedert hätte erteilt
werden müssen.
- 75
Die französische Regierung macht geltend, die Betriebsanweisung sei rechtlich bindend, von der zuständigen Behörde genehmigt,
und ein Verstoß gegen sie könne geahndet werden. Sie sei gemäß Artikel 15 des Pflichtenhefts im Anhang zum Dekret von 1972
nach Abstimmung mit den hauptsächlich betroffenen staatlichen Dienststellen erlassen und für den Präfekten vom Directeur régional
de l'industrie, de la recherche et de l'environnement genehmigt worden. Im Übrigen könne gegen den Konzessionär im Fall der
Zuwiderhandlung gegen die Anweisung nach geltendem Recht eine Geldbuße bis zu 12 200 Euro verhängt und im Wiederholungsfall
der Entzug der Konzession ausgesprochen werden.
- 76
Was den Inhalt der Anweisung betreffe, so entsprächen die angeordneten Maßnahmen sowohl in Bezug auf die Verringerung des
Schwebstoffgehalts des eingeleiteten Wassers von 5 g/l auf 2 g/l als auch auf die Verringerung der Zufuhr von Süßwasser und
Schlämmen den Bestimmungen des Anhangs III des Protokolls.
- 77
Folglich hätten die französischen Behörden EDF eine verwaltungsbehördliche Genehmigung zur Bewirtschaftung, Ableitung und
Einleitung des Wassers der Durance in den Étang de Berre erteilt, die sich im Rahmen des Anhangs III des Protokolls halte.
Würdigung durch den Gerichtshof
- 78
Wie der Gerichtshof in seinem Urteil vom 15. Juli 2004 in der Rechtssache C‑213/03 (Pêcheurs de l'Étang de Berre, Slg. 2004,
I‑0000, Randnr. 41) entschieden hat, verpflichtet Artikel 6 Absatz 3 des Protokolls die Mitgliedstaaten klar, präzise und
unbedingt, die Einleitung von in Anhang II des Protokolls aufgeführten Stoffen von einer Genehmigung durch die zuständigen
nationalen Behörden abhängig zu machen, bei der die Bestimmungen des Anhangs III des Protokolls ordnungsgemäß zu berücksichtigen
sind.
- 79
Nach Ansicht der französischen Regierung berücksichtigt die Betriebsanweisung, die die Bestimmungen des Pflichtenhefts im
Anhang zum Dekret von 1972 über die Einleitung des aus der Durance abgeleiteten Wassers in den Étang de Berre ändere, gerade
den Plan zur Wiederherstellung des Étang de Berre, der im Rahmen der Bestimmungen des Übereinkommens und des Protokolls erlassen
worden sei. Diese Anweisung, deren Bestimmungen auf den Kriterien von Anhang III des Protokolls beruhten, stelle die gemäß
Artikel 6 Absatz 3 des Protokolls erteilte Genehmigung dar.
- 80
In dieser Hinsicht genügt die Feststellung, dass die Betriebsanweisung von der Direction régionale de l'industrie, de la recherche
et de l'environnement genehmigt wurde und das Dekret von 1972 das Abkommen und das Pflichtenheft für die Staustufen von Salon
und Saint-Chamas an der Durance betraf.
- 81
Unter diesen Umständen ergibt sich nicht klar aus den Erklärungen der französischen Regierung, worin die Betriebsanweisung
die einschlägigen Bestimmungen des Pflichtenhefts im Anhang des Dekrets von 1972 rechtlich hätte ändern können, um den Bestimmungen
des Artikels 6 Absatz 3 des Protokolls in Bezug auf die Erteilung von Genehmigungen Rechnung zu tragen.
- 82
Die französische Regierung trägt vor, die Betriebsanweisung sei gemäß Artikel 15 des Dekrets von 1972 ergangen, wie sich auch
aus den Bezugsvermerken der Anweisung ergebe.
- 83
Artikel 15 des Dekrets von 1972 lautet:
„Vor Inbetriebnahme des Staudamms der Nebenentnahmestelle Mallemort erstellt die Verwaltung nach Anhörung des Konzessionärs
eine Betriebsanweisung, um die Bedingungen für eine Öffnung der Flutablaufventile festzulegen. Diese Betriebsanweisung wird
im Einvernehmen mit dem für den Überflutungsdienst im Durancebecken zuständigen Chefingenieur des Straßenbauamts in Avignon
erstellt.“
- 84
Diese Bestimmung betrifft, wie die Kommission bemerkt hat, ausschließlich „die Bedingungen für eine Öffnung der Flutablaufventile“
vor „Inbetriebnahme des Staudamms der Nebenentnahmestelle Mallemort“. Sie enthält keinerlei Hinweis auf die Voraussetzungen,
unter denen Stoffe wie die in Anhang II des Protokolls genannten nach Kriterien in den Étang de Berre eingeleitet werden dürfen,
die eine Beeinträchtigung seines Ökosystems verhindern sollen.
- 85
Unter diesen Umständen ist, ohne dass es noch auf den Inhalt der Betriebsanweisung ankäme, in Anbetracht der Bestimmungen
des Anhangs III des Protokolls festzustellen, dass die französische Regierung nicht nachgewiesen hat, dass die zuständigen
nationalen Behörden eine Genehmigung für die Einleitung der in Anhang II des Protokolls genannten Stoffe gemäß Artikel 6 Absatz 3
des Protokolls erteilt haben.
- 86
Die zweite Rüge der Kommission greift folglich ebenfalls durch.
- 87
Nach alledem ist der Klage stattzugeben.
Kosten
- 88
Nach Artikel 69 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da
die Kommission die Verurteilung der Französischen Republik beantragt hat und diese mit ihrem Vorbringen unterlegen ist, sind
ihr die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.
-
Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Zweite Kammer) für Recht erkannt und entschieden:
- 1.
- Die Französische Republik hat dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus den Artikeln 4 Absatz 1 und 8 des Übereinkommens von
Barcelona vom 16. Februar 1976 zum Schutz des Mittelmeers vor Verschmutzung, das im Namen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft
durch den Beschluss 77/585/EWG des Rates vom 25. Juli 1977 genehmigt wurde, und Artikel 6 Absätze 1 und 3 des Protokolls von
Athen vom 17. Mai 1980 über den Schutz des Mittelmeers gegen Verschmutzung vom Lande aus, das im Namen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft
durch den Beschluss 83/101/EWG des Rates vom 28. Februar 1983 genehmigt wurde, sowie aus Artikel 300 Absatz 7 EG verstoßen,
-
- –
- dass sie nicht alle geeigneten Maßnahmen ergriffen hat, um die massive und andauernde Verschmutzung des Étang de Berre zu
verhüten, zu verringern und zu bekämpfen, und
-
- –
- dass sie es unterlassen hat, den Bestimmungen des Anhangs III des Protokolls von Athen vom 17. Mai 1980 über den Schutz des
Mittelmeers gegen Verschmutzung vom Lande aus, das im Namen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft durch den Beschluss 83/101/EWG
des Rates vom 28. Februar 1983 genehmigt wurde, nach dessen Abschluss durch eine Änderung der Genehmigung für das Einleiten
von in Anhang II aufgeführten Stoffen Rechnung zu tragen.
- 2.
- Die Französische Republik trägt die Kosten des Verfahrens.
Unterschriften.
- 1 –
- Verfahrenssprache: Französisch.