«Staatliche Beihilfen – Empfehlung betreffend die Definition der kleinen und mittleren Unternehmen – Gemeinschaftsrahmen für staatliche Beihilfen an kleine und mittlere Unternehmen – Unabhängigkeitskriterium – Vertrauensschutz – Rechtssicherheit»
|
||||
|
||||
(Empfehlung 96/280 der Kommission betreffend die Definition der kleinen und mittleren Unternehmen; Mitteilung der Kommission
über den Gemeinschaftsrahmen für staatliche Beihilfen an kleine und mittlere Unternehmen)
(Artikel 88 EG)
Hierzu geht aus Nummer 1.2 der 1996 veröffentlichten Mitteilung der Kommission über den Gemeinschaftsrahmen für staatliche Beihilfen an kleine und mittlere Unternehmen (KMU) hervor, dass die befürwortende Haltung der Kommission gegenüber diesen Beihilfen durch die Marktmängel gerechtfertigt wird, die dazu führen, dass sich diese Unternehmen einigen Hindernissen gegenübersehen, die ihre sozial und wirtschaftlich wünschenswerte Entwicklung begrenzen, und aus Nummer 3.2 dieser Mitteilung, dass ein Unternehmen als KMU im Sinne dieses Gemeinschaftsrahmens eingestuft werden kann, wenn es drei Kriterien erfüllt, nämlich das Kriterium der Zahl der Beschäftigten, das finanzielle Kriterium und das Unabhängigkeitskriterium. Hinsichtlich des letztgenannten Kriteriums gelten gemäß Artikel 1 Absatz 3 des Anhangs der Empfehlung 96/280 der Kommission betreffend die Definition der KMU Unternehmen als unabhängig, die nicht zu 25 % oder mehr des Kapitals oder der Stimmanteile im Besitz von einem oder von mehreren Unternehmen gemeinsam stehen, die die Definition der KMU bzw. der kleinen Unternehmen nicht erfüllen.
Jedoch kann der verfügende Teil eines Rechtsakts nicht von seiner Begründung getrennt werden, so dass er, wenn dies erforderlich ist, unter Berücksichtigung der Gründe auszulegen ist, die zu seinem Erlass geführt haben.
Wie sich u. a. aus der achtzehnten, der neunzehnten und der zweiundzwanzigsten Begründungserwägung dieser Empfehlung sowie aus Nummer 3.2 der Mitteilung über den KMU‑Gemeinschaftsrahmen ergibt, bezweckt das Unabhängigkeitskriterium somit, dass die für KMU vorgesehenen Maßnahmen tatsächlich diejenigen Unternehmen erreichen, deren geringe Größe für sie einen Nachteil bedeutet, nicht aber diejenigen, die einem Konzern angehören und Zugang zu Mitteln und Unterstützungen haben, die ihre gleich großen Konkurrenten nicht haben. Es ergibt sich ferner, dass zur Beschränkung auf solche Unternehmen, die tatsächlich unabhängige KMU darstellen, auch rechtliche Gebilde von KMU ausgeschlossen werden sollen, die eine wirtschaftliche Gruppe bilden, deren Bedeutung über die eines solchen Unternehmens hinausgeht, und dass darauf zu achten ist, dass die Definition der KMU nicht durch eine rein formale Erfüllung der Kriterien umgangen wird.
Das Unabhängigkeitskriterium ist daher im Licht dieses Zieles auszulegen, so dass ein Unternehmen, das zu weniger als 25 % von einem großen Unternehmen gehalten wird und somit formal dieses Kriterium erfüllt, in Wirklichkeit aber zu einem Unternehmenskonzern gehört, gleichwohl nicht so betrachtet werden kann, als erfülle es dieses Kriterium.
Solange folglich die Kommission keine Entscheidung über die Genehmigung getroffen hat und selbst solange die Klagefrist gegen diese Entscheidung nicht abgelaufen ist, hat der Empfänger keine Gewissheit über die Rechtmäßigkeit der geplanten Beihilfe, die allein ein berechtigtes Vertrauen bei ihm wecken kann.
URTEIL DES GERICHTSHOFES (Fünfte Kammer)
29. April 2004(1)
„Staatliche Beihilfen – Empfehlung betreffend die Definition der kleinen und mittleren Unternehmen – Gemeinschaftsrahmen für staatliche Beihilfen an kleine und mittlere Unternehmen – Unabhängigkeitskriterium – Vertrauensschutz – Rechtssicherheit“
In der Rechtssache C-91/01 Italienische Republik, vertreten durch I. M. Braguglia als Bevollmächtigten im Beistand von D. Del Gaizo, avvocato dello Stato, Zustellungsanschrift in Luxemburg,Klägerin,
gegen
Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch V. Di Bucci und J. M. Flett als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,Beklagte,
wegen Nichtigerklärung der Entscheidung 2001/779/EG der Kommission vom 15. November 2000 über die staatliche Beihilfe, die Italien zugunsten der Solar Tech Srl gewähren will (ABl. 2001, L 292, S. 45), soweit darin der für kleinere und mittlere Unternehmen vorgesehene Zuschlag von 15 % Bruttosubventionsäquivalent zu dieser Beihilfe für nicht anwendbar angesehen wird, erlässtDER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer),
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 18. September 2003,
folgendes
Aus diesen Gründen
DER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer)
für Recht erkannt und entschieden:
Timmermans |
Rosas |
von Bahr |
Der Kanzler |
Der Präsident |
R. Grass |
V. Skouris |