61987J0193(01)

URTEIL DES GERICHTSHOFES VOM 18. JANUAR 1990. - HENRI MAURISSEN UND UNION SYNDICALE GEGEN RECHNUNGSHOF DER EUROPAEISCHEN GEMEINSCHAFTEN. - BEAMTE - GEWERKSCHAFT - KOALITIONSRECHT. - VERBUNDENE RECHTSSACHEN 193/87 UND 194/87.

Sammlung der Rechtsprechung 1990 Seite I-00095


Leitsätze
Entscheidungsgründe
Kostenentscheidung
Tenor

Schlüsselwörter


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1 . Beamte - Rechte und Pflichten - Koalitionsrecht - Bedeutung

( Beamtenstatut, Artikel 24 a )

2 . Beamte - Rechte und Pflichten - Koalitionsrecht - Grenzen - Keine Verpflichtung der Verwaltung, gewerkschaftliche Mitteilungen verteilen zu lassen

( Beamtenstatut, Artikel 24 a )

3 . Beamte - Fürsorgepflicht der Verwaltung - Umfang - Kollektive Beziehungen im Dienstrecht - Ausschluß

4 . Beamte - Gleichbehandlung - Von einigen Organen hinsichtlich der Verteilung gewerkschaftlicher Mitteilungen gewährte Vergünstigungen - Keine Rechtspflicht - Unmöglichkeit, sich gegenüber den anderen Organen auf den Gleichheitsgrundsatz zu berufen

5 . Beamte - Rechte und Pflichten - Koalitionsrecht - Umfang - Teilnahme der Gewerkschaftsvertreter an den Vorbereitungssitzungen des Konzertierungsausschusses - Verpflichtung der Verwaltung zur Gewährung von Dienstbefreiung

( Beamtenstatut, Artikel 24 a )

Leitsätze


1 . Es ist Sache der Gemeinschaftsorgane und der ihnen gemäß Artikel 1 des Beamtenstatuts bei der Anwendung dieses Statuts gleichgestellten Einrichtungen, alles zu unterlassen, was die Ausübung der in Artikel 24 a anerkannten Vereinigungsfreiheit behindern könnte .

Die in dieser Weise anerkannte Vereinigungsfreiheit bedeutet nach den allgemeinen Grundsätzen des Arbeitsrechts nicht nur, daß die Beamten und sonstigen Bediensteten das Recht haben, frei Vereinigungen ihrer Wahl zu gründen, sondern auch, daß diese Vereinigungen sich zur Verteidigung der beruflichen Interessen ihrer Mitglieder jeder erlaubten Tätigkeit widmen können .

Daraus folgt erstens, daß die Gemeinschaftsorgane und -einrichtungen ihren Beamten und sonstigen Bediensteten weder verbieten können, Mitglied einer Gewerkschaft oder eines Berufsverbandes zu werden und an der Gewerkschaftsarbeit teilzunehmen, noch sie in irgendeiner Form wegen dieser Mitgliedschaft oder dieser Arbeit benachteiligen dürfen .

Es folgt zweitens daraus, daß die Gemeinschaftsorgane und -einrichtungen, ohne ungerechtfertigte Unterschiede in der Behandlung der Gewerkschaften und Berufsverbände zu machen, hinnehmen müssen, daß diese die ihnen zustehende Aufgabe wahrnehmen, nämlich unter anderem Aktionen zur Unterrichtung der Beamten und sonstigen Bediensteten durchführen, diese bei den Organen und Einrichtungen vertreten und an der Konzertierung mit diesen Organen und Einrichtungen in allen das Personal interessierenden Bereichen teilnehmen .

2 . Die Vereinigungsfreiheit ist zwar ein allgemeiner Grundsatz des Arbeitsrechts; sie kann jedoch inhaltlich nicht so weit gefasst werden, daß sie die Gemeinschaftsorgane und -einrichtungen dazu verpflichtete, ihre Botendienste den Gewerkschaften für die Verteilung gewerkschaftlicher Mitteilungen an das Personal zur Verfügung zu stellen .

Artikel 24 a des Beamtenstatuts, der die Anerkennung der Vereinigungsfreiheit im Rahmen des öffentlichen Dienstes der Gemeinschaften zum Ausdruck bringt, enthält bezueglich der Gewährung solcher Vergünstigungen keine nähere Regelung .

Ein Organ oder eine Gemeinschaftseinrichtung ist dazu nicht verpflichtet, wenn allgemeine Durchführungsbestimmungen oder eine Vereinbarung mit einer Gewerkschaft oder einem Berufsverband, durch die Artikel 24 a insoweit ergänzt würde, fehlen .

3 . Die Fürsorgepflicht gehört in den Rahmen der individuellen Beziehungen zwischen der Anstellungsbehörde und den ihr unterstehenden Beamten und sonstigen Bediensteten . Eine Berufung auf die Fürsorgepflicht zur Lösung von Problemen in den kollektiven Beziehungen zwischen den Gemeinschaftsorganen und -einrichtungen und den Gewerkschaften oder Berufsverbänden ist nicht möglich .

4 . Es trifft zwar zu, daß einige der Gemeinschaftsorgane und -einrichtungen im Bereich der Verteilung gewerkschaftlicher Mitteilungen den Gewerkschaften oder Berufsverbänden und deren Vertretern - übrigens in unterschiedlicher Weise - Vergünstigungen gewähren . Da aber dem Beamtenstatut keine dahin gehende Rechtspflicht zu entnehmen ist, handelt es sich um Vorteile, die aufgrund der Befugnisse zur Organisation des Dienstbetriebs oder aufgrund besonderer Vereinbarungen zwischen dem Organ bzw . der Einrichtung und den Personalvertretern freiwillig gewährt werden .

Auf diese auf der Eigeninitiative der Organe bzw . Einrichtungen beruhenden Maßnahmen kann der Klagegrund, mit dem eine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes geltend gemacht wird, nicht gestützt und gegen die Organe oder Einrichtungen gerichtet werden, die sich weigern, den Gewerkschaftsfunktionären dieselben Vergünstigungen zu gewähren .

5 . Die Gemeinschaftsorgane und -einrichtungen sind zur Rücksichtnahme auf die Gewerkschaftsarbeit verpflichtet, die zur Gewährleistung einer wirkungsvollen Teilnahme an dem Konzertierungsverfahren notwendig ist, in dessen Rahmen das im Beschluß des Rates vom 23 . Juni 1981 vorgesehene Verfahren stattfindet und das es dem Rat ermöglichen soll, seine Entscheidungen im Personalbereich in voller Kenntnis der Sachlage zu treffen . Die Vereinigungsfreiheit bedeutet nämlich für die Gewerkschaften gerade die Möglichkeit, an einer solchen Konzertierung mitzuwirken und auf diese Weise am Zustandekommen der Entscheidungen teilzuhaben .

Wenn also die Kommission beschließt, die Vertreter der Gewerkschaften oder Berufsverbände zusammenzurufen, um die dem Rat zu unterbreitenden Vorschläge bezueglich der Änderungen des Beamtenstatuts und der Entwicklung der Dienstbezuege und Ruhegehälter vorzubereiten, müssen diesen Vertretern die notwendigen Vergünstigungen gewährt werden, um ihnen die Teilnahme an den Sitzungen zu ermöglichen .

Daher müssen die Gewerkschaftsvertreter zu diesem Zweck nach den von jedem Gemeinschaftsorgan und jeder Gemeinschaftseinrichtung einseitig oder vertraglich festzulegenden Modalitäten Dienstbefreiung erhalten .

Entscheidungsgründe


1 Herr Maurissen ( im folgenden : Kläger zu 1 ), Beamter des Rechnungshofes, hat mit Klageschrift, die am 22 . Juni 1987 bei der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen ist ( Rechtssache 193/87 ), gemäß Artikel 91 des Beamtenstatuts die Aufhebung zweier Entscheidungen des Präsidenten des Rechnungshofes vom 17 . März 1987 und 31 . März 1987 betreffend die Ausübung von Gewerkschaftstätigkeiten innerhalb des Rechnungshofes beantragt .

2 Der Gewerkschaftsbund - Europäischer Öffentlicher Dienst - in Luxemburg ( im folgenden : Kläger zu 2 ) hat mit Klageschrift, die am 22 . Juni 1987 bei der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen ist ( Rechtssache 194/87 ), gemäß Artikel 173 Absatz 2 EWG-Vertrag die Aufhebung derselben Entscheidungen beantragt .

3 Aus den Akten ergibt sich, daß in einem Flugblatt vom 26 . Februar 1987 über die Absichten des Rechnungshofes in bezug auf die vorläufigen Haushaltsabgaben für das Jahr 1988 der Exekutivausschuß des Klägers zu 2 die geplante Erhöhung der Zahl von Bediensteten auf Zeit beanstandete . Dieser Anstieg könne nicht nur den europäischen öffentlichen Dienst entwerten, sondern auch die Unabhängigkeit des Rechnungshofes bedrohen und seine Rolle als "finanzielles Gewissen Europas" gefährden .

4 Am 17 . März 1987 übermittelte der Präsident des Rechnungshofes dem Kläger zu 1, dem einzigen Beamten des Rechnungshofes unter den im Flugblatt genannten Mitgliedern des Exekutivausschusses des Klägers zu 2, ein Schreiben, in dem er Form und Inhalt des Flugblatts beanstandete und dem Kläger zu 1 mitteilte, er habe beschlossen, dem internen Botendienst vorläufig zu untersagen, gewerkschaftliche Mitteilungen zu verteilen . In diesem Schreiben bat er den Kläger zu 1, diese Mitteilungen in Zukunft an die Personalvertretung zu richten, die sich für deren Verteilung des internen Botendienstes bedienen könne; andere Formen der Verteilung blieben der eigenen Initiative des Klägers zu 1 überlassen .

5 Am 11 . März 1987 hatte der Generalsekretär des Klägers zu 2 den Präsidenten des Rechnungshofes über die Einrichtung einer Gewerkschaftsvertretung beim Rechnungshof unterrichtet und ihn um Zustimmung zur Dienstbefreiung derjenigen Mitglieder der Vertretung gebeten, die zur Teilnahme an Sitzungen mit der Kommission der Europäischen Gemeinschaften über Personalfragen bestimmt würden .

6 Am 31 . März 1987 antwortete der Präsident des Rechnungshofes dem Generalsekretär des Klägers zu 2, er nehme von der Einrichtung einer Gewerkschaftsvertretung Kenntnis, könne dem Antrag auf Dienstbefreiung aber nicht stattgeben .

7 Die vorliegenden Klagen sind gegen diese Entscheidungen vom 17 . und 31 . März 1987 gerichtet .

8 Da der Rechnungshof die Zulässigkeit der einzelnen Klagen bestritten hat, hat der Gerichtshof beschlossen, zunächst gesondert über diese Einreden der Unzulässigkeit zu entscheiden .

9 Mit Urteil vom 11 . Mai 1989 hat der Gerichtshof die Klage des Klägers zu 1 für zulässig erklärt . Ausserdem hat er die Klage des Klägers zu 2 insoweit, als sie gegen die Entscheidung vom 31 . März 1987 gerichtet ist, für zulässig und insoweit, als sie sich gegen die Entscheidung vom 17 . März 1987 richtet, für unzulässig erklärt .

10 Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts, des Verfahrensablaufs sowie des Parteivorbringens wird auf den Sitzungsbericht verwiesen . Der Akteninhalt wird im folgenden nur insoweit wiedergegeben, als die Begründung des Urteils dies erfordert .

11 Die Prüfung der Begründetheit der Klagen hat von Artikel 24 a des Beamtenstatuts auszugehen . Danach haben "die Beamten ... Vereinigungsfreiheit; sie können insbesondere Gewerkschaften oder Berufsverbänden der europäischen Beamten angehören ".

12 Es ist Sache der Gemeinschaftsorgane und der ihnen gemäß Artikel 1 des Beamtenstatuts bei der Anwendung dieses Statuts gleichgestellten Einrichtungen, alles zu unterlassen, was die Ausübung der in Artikel 24 a anerkannten Vereinigungsfreiheit behindern könnte .

13 Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes ( Urteile vom 8 . Oktober 1974 in der Rechtssache 175/73, Gewerkschaftsbund, Slg . 1974, 917, und in der Rechtssache 18/74, Allgemeine Gewerkschaft, Slg . 1974, 933 ) bedeutet die in dieser Weise anerkannte Vereinigungsfreiheit gemäß den allgemeinen Grundsätzen des Arbeitsrechts nicht nur, daß die Beamten und sonstigen Bediensteten das Recht haben, frei Vereinigungen ihrer Wahl zu gründen, sondern auch, daß diese Vereinigungen sich zur Verteidigung der beruflichen Interessen ihrer Mitglieder jeder erlaubten Tätigkeit widmen können .

14 Daraus folgt erstens, daß die Gemeinschaftsorgane und -einrichtungen ihren Beamten und sonstigen Bediensteten weder verbieten können, Mitglied einer Gewerkschaft oder eines Berufsverbandes zu werden und an der Gewerkschaftsarbeit teilzunehmen, noch sie in irgendeiner Form wegen dieser Mitgliedschaft oder dieser Arbeit benachteiligen dürfen .

15 Es folgt zweitens daraus, daß die Gemeinschaftsorgane und -einrichtungen, ohne ungerechtfertigte Unterschiede in der Behandlung der Gewerkschaften und Berufsverbände zu machen, hinnehmen müssen, daß diese die ihnen zustehende Aufgabe wahrnehmen, nämlich unter anderem Aktionen zur Unterrichtung der Beamten und sonstigen Bediensteten durchführen, diese bei den Organen und Einrichtungen vertreten und an der Konzertierung mit diesen Organen und Einrichtungen in allen das Personal interessierenden Bereichen teilnehmen .

16 Unter Berücksichtigung dieser Erwägungen ist die Rechtmässigkeit der streitigen Entscheidungen zu prüfen .

Zur Klage des Klägers zu 1 gegen die Entscheidung vom 17 . März 1987

17 Der Kläger zu 1 stützt diese Klage auf zwei Gründe : eine Verletzung des Artikels 24 a des Beamtenstatuts und einen Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung der Beamten .

Zum ersten Klagegrund

18 Die Entscheidung vom 17 . März 1987 beseitigt die Möglichkeit, den internen Botendienst zur Verteilung der gewerkschaftlichen Mitteilungen zu benutzen . Mit ihr wird nicht die Verteilung dieser Mitteilungen innerhalb des Rechnungshofes verboten; insbesondere stellt die Entscheidung, wie sich aus ihrem Wortlaut selbst ergibt, kein Hindernis dafür dar, daß die Gewerkschaftsfunktionäre in eigener "Initiative" sich "anderer Formen der Verteilung" bedienen .

19 Mit dieser Entscheidung wird daher nur eine Vergünstigung verweigert, deren Gewährung die Arbeit des Klägers zu 1 als Gewerkschaftsfunktionär sicherlich hätte erleichtern können . Das Fehlen dieser Vergünstigung behindert ihn jedoch nicht in der Ausübung seiner gewerkschaftlichen Betätigung .

20 Diese Entscheidung könnte nur beanstandet werden, wenn der Anspruch auf die mit ihr verweigerte Vergünstigung, wie der Kläger zu 1 geltend macht, in einem in der Gemeinschaftsrechtsordnung anwendbaren allgemeinen Grundsatz des Arbeitsrechts, im Beamtenstatut oder den zu dessen Durchführung erlassenen einseitigen oder vertraglichen Regelungen oder in der bestehenden Fürsorgepflicht begründet wäre .

21 Die Vereinigungsfreiheit ist zwar ein allgemeiner Grundsatz des Arbeitsrechts; sie kann jedoch inhaltlich nicht so weit gefasst werden, daß sie die Gemeinschaftsorgane und -einrichtungen dazu verpflichtete, ihre Botendienste den Gewerkschaften für die Verteilung gewerkschaftlicher Mitteilungen an das Personal zur Verfügung zu stellen .

22 Artikel 24 a des Beamtenstatuts, der die Anerkennung der Vereinigungsfreiheit im Rahmen des öffentlichen Dienstes der Gemeinschaften zum Ausdruck bringt, enthält bezueglich der Gewährung solcher Vergünstigungen keine nähere Regelung . Ausserdem ist diese Vorschrift insoweit weder durch eine eigene allgemeine Durchführungsbestimmung des Rechnungshofes noch durch eine Vereinbarung zwischen diesem und einer Gewerkschaft oder einem Berufsverband ergänzt worden .

23 Was schließlich die Fürsorgepflicht angeht, so gehört diese in den Rahmen der individuellen Beziehungen zwischen der Anstellungsbehörde und den ihr unterstehenden Beamten und sonstigen Bediensteten . Eine Berufung auf die Fürsorgepflicht zur Lösung von Problemen in den kollektiven Beziehungen zwischen den Gemeinschaftsorganen und -einrichtungen und den Gewerkschaften oder Berufsverbänden ist nicht möglich .

24 Der erste Klagegrund ist deshalb zurückzuweisen .

Zum zweiten Klagegrund

25 Mit diesem Klagegrund wird geltend gemacht, daß der Präsident des Rechnungshofes gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung von Beamten verstossen habe, indem er die Gewerkschaftsfunktionäre in bezug auf die Verteilung gewerkschaftlicher Mitteilungen nicht genauso wohlwollend behandele, wie dies bei den anderen Gemeinschaftsorganen und -einrichtungen der Fall sei .

26 Es trifft zwar zu, daß einige der anderen Gemeinschaftsorgane und -einrichtungen in diesem Bereich den Gewerkschaften oder Berufsverbänden und deren Vertretern - übrigens in unterschiedlicher Weise - Vergünstigungen gewähren . Da aber dem Beamtenstatut keine dahin gehende Rechtspflicht zu entnehmen ist, handelt es sich um Vorteile, die aufgrund der Befugnisse zur Organisation des Dienstbetriebs oder aufgrund besonderer Vereinbarungen zwischen dem Organ bzw . der Einrichtung und den Personalvertretern freiwillig gewährt werden .

27 Auf diese auf der Eigeninitiative der Organe bzw . Einrichtungen beruhenden Maßnahmen kann der Klagegrund, mit dem eine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes geltend gemacht wird, nicht gestützt werden .

28 Folglich ist der zweite Klagegrund zurückzuweisen .

29 Daher muß die Klage des Klägers zu 1, soweit sie gegen die Entscheidung vom 17 . März 1987 gerichtet ist, abgewiesen werden .

Zur Klage gegen die Entscheidung vom 31 . März 1987

30 Zunächst ist der Klagegrund zu prüfen, den die Kläger auf die in Artikel 24 a des Beamtenstatuts garantierte Vereinigungsfreiheit stützen .

31 Der Rechnungshof hat zwar den Grundsatz der Vereinigungsfreiheit anerkannt, sich aber auf den Beschluß des Rates zur Schaffung eines Konzertierungsverfahrens vom 23 . Juni 1981 berufen . Er hat ausgeführt, daß er zwar aufgrund dieses Beschlusses verpflichtet sei, den von den Gewerkschaften oder Berufsverbänden bestimmten Vertretern seines Personals zur Teilnahme an den Sitzungen des im Beschluß vorgesehenen "Konzertierungsausschusses" Dienstbefreiung zu gewähren; diese Verpflichtung könne sich jedoch nicht auf die von der Kommission durchgeführten Vorbereitungssitzungen erstrecken .

32 Das im Beschluß des Rates vom 23 . Juni 1981 vorgesehene Konzertierungsverfahren gilt für "Vorschläge der Kommission an den Rat, die die Änderung des Statuts der Beamten der Gemeinschaften oder der Beschäftigungsbedingungen für die sonstigen Bediensteten der Gemeinschaften betreffen oder sich auf die Anwendung von Besoldungs - oder Pensionsvorschriften des Statuts oder der Beschäftigungsbedingungen beziehen ".

33 Dieses Verfahren ist im Rahmen eines sogenannten "Konzertierungsausschusses" eingeführt worden, dem Vertreter der Mitgliedstaaten und der Verwaltungen der Gemeinschaftsorgane und -einrichtungen, aber auch Vertreter des Personals, die durch die Gewerkschaften und Berufsverbände bestimmt werden, angehören .

34 Zwar ist es Sache des Rates, hinsichtlich der Änderungen des Beamtenstatuts und der Entwicklung der Dienstbezuege und Pensionen die notwendigen Entscheidungen zu treffen; der Rat kann jedoch nur auf Vorschlag der Kommission und in enger Zusammenarbeit mit ihr handeln . Die Arbeit des im Beschluß vom 23 . Juni 1981 vorgesehenen "Konzertierungsausschusses" findet somit im Rahmen eines Verfahrens statt, dessen erste Phasen innerhalb der Kommission und während der Sitzungen zwischen der Kommission und den Vertretern der Gewerkschaften stattfinden .

35 Daraus folgt, daß die Gemeinschaftsorgane und -einrichtungen verpflichtet sind, auf die Gewerkschaftsarbeit, die zur Gewährleistung einer wirkungsvollen Teilnahme an diesem Konzertierungsverfahren notwendig ist, Rücksicht zu nehmen . Die Vereinigungsfreiheit bedeutet nämlich für die Gewerkschaften gerade die Möglichkeit, an einer solchen Konzertierung mitzuwirken und auf diese Weise am Zustandekommen der Entscheidungen teilzuhaben .

36 Wenn also die Kommission beschließt, die Vertreter der Gewerkschaften oder Berufsverbände zusammenzurufen, um die dem Rat zu unterbreitenden Vorschläge vorzubereiten, müssen diesen Vertretern die notwendigen Vergünstigungen gewährt werden, um ihnen die Teilnahme an den Sitzungen zu ermöglichen .

37 Daher müssen die Gewerkschaftsvertreter zu diesem Zweck nach den von jedem Gemeinschaftsorgan und jeder Gemeinschaftseinrichtung einseitig oder vertraglich festzulegenden Modalitäten Dienstbefreiung erhalten .

38 Die Entscheidung vom 31 . März 1987 muß deshalb aufgehoben werden, da mit ihr allgemein und grundsätzlich den Vertretern der Gewerkschaften oder Berufsverbände jegliche Dienstbefreiung zur Teilnahme an den Sitzungen der Kommission verweigert wird . Unter diesen Umständen ist es nicht mehr notwendig, den zweiten Klagegrund der Kläger zu prüfen .

39 Der Klage gegen die Entscheidung des Präsidenten des Rechnungshofes vom 31 . März 1987 ist mithin stattzugeben; im übrigen ist die Klage des Klägers zu 1 abzuweisen .

Kostenentscheidung


Kosten

40 Gemäß Artikel 69 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen . Nach Artikel 70 der Verfahrensordnung tragen jedoch die Organe in Rechtsstreitigkeiten mit Bediensteten der Gemeinschaften ihre Kosten selbst .

41 In der Rechtssache 193/87 muß der Rechnungshof seine eigenen Kosten tragen . Ausserdem ist ihm die Hälfte der Kosten des Klägers zu 1 aufzuerlegen, der die Aufhebung einer der mit seiner Klage angefochtenen Entscheidungen erreicht hat .

42 In der Rechtssache 194/87 hat der Kläger zu 2 mit einem seiner Klageanträge obsiegt und ist mit dem anderen unterlegen . Daher hat jede der Parteien, einschließlich der Internationale des Services Publics als Streithelferin des Klägers zu 2, ihre eigenen Kosten zu tragen .

Tenor


Aus diesen Gründen

hat

DER GERICHTSHOF

für Recht erkannt und entschieden :

1 ) Die Entscheidung des Präsidenten des Rechnungshofes vom 31 . März 1987 wird aufgehoben .

2 ) Im übrigen wird die Klage des Herrn Maurissen abgewiesen .

3 ) In der Rechtssache 193/87 trägt der Rechnungshof seine eigenen Kosten und die Häfte der Kosten des Herrn Maurissen einschließlich der Kosten des Verfahrens der einstweiligen Anordnung .

4 ) In der Rechtssache 194/87 trägt jede Partei ihre eigenen Kosten .