CCMI/197
            
            
               Harmonisierte Bedingungen für die Vermarktung von Bauprodukten
            
            
            
            
               STELLUNGNAHME
            
            
            
               Beratende Kommission für den industriellen Wandel (CCMI)
            
            
            
               Harmonisierte Bedingungen für die Vermarktung von Bauprodukten
            
            
               [COM(2022) 144 final]
            
            
            
            
               Berichterstatter: Manuel GARCÍA SALGADO 
            
            
               Ko-Berichterstatter: Domenico CAMPOGRANDE 
            
            
            
            
            
               
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                        Befassung
                      
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                        Europäisches Parlament, 18/05/2022
                      
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                        Rat der Europäischen Union, 30/05/2022
                      
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                        Rechtsgrundlage
                      
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                        Artikel 304 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union
                      
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                        Zuständiges Arbeitsorgan
                      
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                        Beratende Kommission für den industriellen Wandel (CCMI)
                      
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                        Annahme in der CCMI
                      
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                        13/09/2022
                      
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                        Ergebnis der Abstimmung 
                            (Ja-Stimmen/Nein-Stimmen/Enthaltungen)
                      
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                        14/0/2
                      
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                        Verabschiedung im Plenum
                      
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                        DD/MM/YYYY
                      
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                        Plenartagung Nr.
                      
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                        …
                      
                   | 
               
               
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                        Ergebnis der Abstimmung 
                            (Ja-Stimmen/Nein-Stimmen/Enthaltungen)
                      
                   | 
                  
                      
                        …/…/…
                      
                   | 
               
            
          
         
            
            
            
               
            
            
               1.Schlussfolgerungen und Empfehlungen
            
            
            
               1.1Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss (EWSA) ist der Auffassung, dass der Vorschlag der Europäischen Kommission keine kurzfristigen Lösungen vorsieht, um die derzeitigen Verzögerungen bei der Veröffentlichung neuer Normen im Amtsblatt der Europäischen Union zu beheben. So strebt die Kommission eine Überarbeitung der Bauprodukteverordnung an, die selbst bei erfolgreicher Durchführung erst nach zehn Jahren zu Ergebnissen führen wird.
            
            
            
               1.2Der EWSA stellt mit Besorgnis fest, dass für den Übergang von der derzeit geltenden zur überarbeiteten Verordnung ein Zeitraum von 20 Jahren vorgeschlagen wurde. Dies könnte zu praktischen Problemen führen, da ein Zeitraum von 20 Jahren für die schrittweise Einführung harmonisierter technischer Spezifikationen schlichtweg zu lang ist. Das aktuelle Normungssystem ist nicht praktikabel, da es den von der Kommission aufgeworfenen Fragen und neu festgelegten politischen Prioritäten nicht entsprechen kann.
            
            
            
               1.3Der EWSA stellt mit Besorgnis fest, dass die Kommission den Mitgliedstaaten zwar mehrere politische Optionen vorgelegt hat, gleichzeitig jedoch erneut den alten Ansatz aufgreift, nach dem technische Spezifikationen von Regulierungsbehörden auf europäischer Ebene verfasst werden. Dies ist vor allem deshalb besorgniserregend, da bei einem solchen zentralisierten Prozess kleinere Akteure der Industrie geringere Möglichkeiten hätten, ihre Meinung zu äußern und ihre Standpunkte einzubringen.
            
            
            
               1.4Der EWSA unterstützt im Einklang mit der Baubranche die Ausarbeitung einer Alternative zu der von der Kommission vorgeschlagenen Option. Die Normung sollte weiterhin im Mittelpunkt stehen. Es wird notwendig sein, die Beratungen fortzusetzen und alle interessierten Akteure (die Mitgliedstaaten, das Europäische Komitee für Normung (CEN), die Europäische Kommission usw.) um Zusammenarbeit zu ersuchen, damit eine tragfähige Lösung vorgeschlagen werden kann, bei der harmonisierte Normen einen grundlegenden Bestandteil des Systems darstellen. Konkret soll im Zuge eines Dialogs zwischen allen Interessenträgern ein angemessenes System für den freien Verkehr von Bauprodukten erarbeitet werden. Der Dialog mit den Sozialpartnern stellt in diesem Zusammenhang ein wichtiges Instrument dar.
            
            
            
               1.5Der EWSA ist der Ansicht, dass das Normungsverfahren ein von der Industrie ausgehender Bottom-up-Prozess sein sollte, bei dem alle Interessenträger kooperativ und kompromissbereit zusammenarbeiten, um zeitgemäße Normen zu entwickeln. Solche Normen sind entscheidend dafür, zügig und zeitnah einen nachhaltigen und digitalisierten Bausektor zu erreichen und die Innovation in der Branche zu fördern. Dies wird auch durch den Dialog mit den Sozialpartnern unterstützt.
            
            
            
               1.6Nach Ansicht des EWSA trägt ein in das Normungssystem integrierter gut funktionierender europäischer Rechtsrahmen für Bauprodukte nicht nur den Bedürfnissen der Branche Rechnung, sondern er kommt auch der Gesellschaft im Allgemeinen. Dies zeigt, wie wichtig die Einbeziehung der Sozialpartner ist. Auf diese Weise kann die EU den digitalen Binnenmarkt, die wirtschaftliche Erholung nach der COVID-19-Krise, die strategischen Pläne im Rahmen des europäischen Grünen Deals und die Ziele der Kreislaufwirtschaft verwirklichen.
            
            
            
               1.7Der EWSA stellt fest, dass in dem Vorschlag für eine neue Bauprodukteverordnung auf eine für alle Akteure des Bausektors obligatorische Anwendung europäischer Bewertungsmethoden, Klassifizierungen und Kriterien verwiesen wird. Dies betrifft mehr als drei Millionen Unternehmen in der EU, von denen die meisten kleine und mittlere Unternehmen (KMU) sind. Derartige Anforderungen müssen gerechtfertigt und verhältnismäßig sein und dürfen keinen unnötigen bürokratischen und administrativen Aufwand verursachen, insbesondere wenn ihr Mehrwert begrenzt ist. Nach Auffassung des EWSA wurde dieses Problem in dem Vorschlag für eine überarbeitete Bauprodukteverordnung unterschätzt.
            
            
            
               1.8Der EWSA spricht sich für eine vollständige Leistungserklärung sowie für eine Anpassung von Artikel 6 und Anhang III in Bezug auf die in Anhang I aufgeführten Anforderungen aus, da die CE-Kennzeichnung auf Bauprodukten keine Garantie dafür bietet, dass die Grundanforderungen an Bauwerke erfüllt werden. Dies steht einem einheitlichen europäischen Binnenmarkt für Bauprodukte entgegen, da den Mitgliedstaaten gemäß Artikel 8 vorgeschrieben werden kann, die Vermarktung und Verwendung von Bauprodukten zu verhindern, die die Sicherheit auf Baustellen gefährden können.
            
            
          
         
            
               1.9Der EWSA betont, dass die mit der Bauprodukteverordnung verbundenen Verfahren verbessert oder weiterentwickelt werden müssen, insbesondere im Hinblick auf die Normung und die Bestimmung von Schnittstellen zu nationalen Durchführungsstandards. Es gilt sicherzustellen, dass die Kommission alle Prüfanforderungen/Leistungen/Merkmale in Form harmonisierter Normen einführt. Andernfalls sollte es den Mitgliedstaaten möglich sein, im Fall spezifischer Bedenken auf nationaler Ebene hinsichtlich der Verwendung von Bauprodukten nationale Anforderungen an solche Produkte zu beschließen. In diesem Fall müssten nationale Anforderungen und Anhänge für einen bestimmten Zeitraum genehmigt werden. Im Fall einer umfassenderen Leistungserklärung müssen die notwendigen Schritte unternommen werden, um sicherzustellen, dass auf der Ebene der Arbeiten (Entwicklung, Montage usw.) eine Übereinstimmung sowohl hinsichtlich des Inhalts der Informationen als auch hinsichtlich ihrer Glaubwürdigkeit erreicht wird.
            
            
            
               1.10Der EWSA merkt an, dass der in dem Vorschlag für eine überarbeitete Bauprodukteverordnung vorgesehene Mechanismus für die Sammlung von Informationen über die in den Spezifikationen zu öffentlichen Aufträgen genannten Produkte nicht näher beschrieben wird, da er Gegenstand des neuen Artikels 7 ist. Es wird eine enorme und unermessliche Aufgabe sein, die Eigenschaften und Merkmale zu erfassen, die den Anforderungen aller öffentlichen Auftraggeber für alle möglichen Verwendungszwecke entsprechen.
            
            
            
               1.11Nach Auffassung des EWSA muss unbedingt verhindert werden, dass die Anstrengungen von Bauunternehmen zur Verwirklichung kreislaufwirtschaftlicher Konzepte aufgrund mangelnder regulatorischer Klarheit in der neuen Bauprodukteverordnung verzögert, behindert oder sogar eingestellt werden. Deshalb bedarf es regulatorischer Klarstellungen, um einen Stillstand auf dem Weg zur Kreislaufwirtschaft zu verhindern.
            
            
            
               1.12Nach Auffassung des EWSA muss die überarbeitete Bauprodukteverordnung klare und verhältnismäßige Bestimmungen enthalten. Diese müssen auch dem Umstand Rechnung tragen, dass für wiederverwendete oder wiederaufbereitete Produkte, die etwa vor 20, 50 oder 150 Jahren erstmals verwendet wurden, keine Informationen vorliegen, da Leistungsinformationen für solche Produkte mit CE-Kennzeichnung nur lokal verfügbar sind.
            
            
            
               1.13Nach Meinung des EWSA ist es für die Wettbewerbsfähigkeit des Sektors wesentlich, dass die überarbeitete Bauprodukteverordnung nicht nur das Inverkehrbringen innovativer Produkte ermöglicht, sondern auch deren Nutzung erleichtert. In diesem Sinne sollte die europäische technische Zulassung (ETZ) auch Informationen enthalten, die die Zweifel der Nutzer hinsichtlich der Verwendung innovativer Produkte mindern.
            
            
            
               1.14Der EWSA betont, dass klar sein muss, dass für den Begriff „Bauprodukt“ weiterhin nur die in Artikel 2 Ziffer 1 der geltenden Bauprodukteverordnung vorgesehene Definition gilt und dass diese nicht ausgeweitet wird. Es ist nicht klar, was in dem Vorschlag für eine überarbeitete Bauprodukteverordnung unter dem Begriff „Dienstleistung“ zu verstehen ist. In diesem Zusammenhang gilt es sicherzustellen, dass Sonderanfertigungen vom Anwendungsbereich der Verordnung ausgenommen bleiben.
            
            
            
               1.15Der EWSA teilt die positive Bewertung des Kommissionsvorschlags durch die Europäische Agentur für Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz (EU-OSHA) in Bezug auf die zusätzlich zu den Funktions- und Sicherheitsanforderungen für Bauprodukte vorgesehenen Kriterien, insbesondere in den Bereichen Umwelt und Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz, die häufig mit der Kreislaufwirtschaft und mit Nachhaltigkeitsfragen zusammenhängen. All dies bestätigt den Eindruck, dass ein gutes Management von Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz positive Auswirkungen hat.
            
            
            
               1.16Der EWSA bringt seine Besorgnis darüber zum Ausdruck, dass es nach nationalen Rechtsvorschriften in der Regel zulässig ist, (bis zu einem gewissen Prozentsatz mit Altteer, PCB, PCP, Asbest oder Altmineralwolle) kontaminierte Abfälle unter der Straßendecke zu verwenden; andernfalls werden diese Abfälle auf spezielle Deponien verbracht. Bau- und Abbruchabfälle machen mehr als ein Drittel des gesamten Abfallaufkommens in der EU aus. Ferner bestehen in bestimmten Bereichen widersprüchliche Bedenken, z. B. hinsichtlich der Frage, ob der Untergrund beim Straßenbau und bei anderen Infrastrukturen nicht als große Lagerstätte für Bauabfälle genutzt wird.
            
            
            
               1.17Der EWSA bringt seine Besorgnis darüber zum Ausdruck, dass es bei der Vorbereitung für die Wiederverwendung, die Wiederaufarbeitung und das Recycling eines Konzepts bedarf, das die Trennung von Bauteilen und Werkstoffen in der Recyclingphase erleichtert und mit dem gemischte oder komplexe Materialien vermieden werden. All dies bewirkt, dass Arbeitnehmer diesen Stoffen massiv ausgesetzt sind. Die EU-OSHA unterstützt Unternehmen, die innovative Lösungen für derartige Probleme vorgeschlagen haben. Ein Beispiel hierfür stellt die „Beseitigung gefährlicher Lösungsmittel bei der Analyse von zurückgewonnenem Material für die Straßeninstandsetzung und im Baugewerbe“ dar. Deshalb vertritt der EWSA die Ansicht, dass diese für die Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz so wesentlichen Aspekte in der überarbeiteten Verordnung berücksichtigt werden müssen. Nach Auffassung des EWSA sollte dies nicht nur Arbeitsplätze und wirtschaftlichen Fortschritt gewährleisten, sondern auf der Grundlage der sozialen Verantwortung der Unternehmen auch zur Verbesserung der sozioökonomischen und ökologischen Situation beitragen.
            
            
            
               1.18Der EWSA ist der Auffassung, dass der Vorschlag grundlegend überarbeitet werden muss, um die zentralen Ziele erreichen zu können.
            
            
          
         
            
               2.Allgemeine Bemerkungen
            
            
            
               2.1Im ihrem Bericht über die Durchführung der Bauprodukteverordnung von 2016 zeigte die Kommission bestimmte Mängel bei der Durchführung dieser Verordnung auf. Bei der Bewertung der Bauprodukteverordnung, in den Stellungnahmen der REFIT-Plattform und in den Anmerkungen der Mitgliedstaaten und der Interessenträger wurde deutlich auf die Mängel des Rechtsrahmens hingewiesen. Diese behindern das Funktionieren des Binnenmarkts für Bauprodukte, weshalb die Ziele der Bauprodukteverordnung nicht erreicht werden können. 
            
            
            
               2.2In der Mitteilung über den europäischen Grünen Deal, im Aktionsplan für die Kreislaufwirtschaft und in der Mitteilung über eine Renovierungswelle für Europa wurde die Rolle der Bauprodukteverordnung als Teil der Bemühungen um energie- und ressourceneffiziente Gebäude und Renovierungen sowie für die Nachhaltigkeit von Bauprodukten hervorgehoben. In dem Vorschlag für eine überarbeitete Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden wurde die Bedeutung der Lebenszyklus‑Treibhausgasemissionen von Gebäuden und Baustoffen für die Berechnung des Treibhauspotenzials neuer Gebäude ab 2030 hervorgehoben.
            
            
            
               2.3In der EU-Waldstrategie und in der Mitteilung über nachhaltige Kohlenstoffkreisläufe wurde im Zusammenhang mit der Überarbeitung der Bauprodukteverordnung die Entwicklung einer Methodologie und eines robusten und transparenten Standards für die Quantifizierung der Klimavorteile von Bauprodukten und der Abscheidung und Nutzung von CO2 angekündigt.
            
            
            
               2.4Sowohl das Europäische Parlament als auch der Rat haben Maßnahmen zur Förderung der Kreislaufwirtschaft von Bauprodukten, zur Beseitigung von Hindernissen im Binnenmarkt für Bauprodukte und zur Verwirklichung der Ziele des europäischen Grünen Deals und des Aktionsplans für die Kreislaufwirtschaft gefordert.
            
            
            
               2.5Die beiden übergeordneten Ziele der Überarbeitung der Bauprodukteverordnung bestehen darin, 1) einen gut funktionierenden Binnenmarkt für Bauprodukte zu verwirklichen und 2) einen Beitrag zu den Zielen des ökologischen und des digitalen Wandels, insbesondere zu einem modernen, ressourceneffizienten und wettbewerbsorientierten Markt, zu leisten.
            
            
            
               2.6Die Bauprodukteverordnung schränkt die Möglichkeiten für die Branche erheblich ein, die Leistung ihrer Produkte in einheitlicher und abgestimmter Weise zu erklären und die Produkte im Hinblick auf ihre Klima-, Umwelt- und Nachhaltigkeitsbilanz zu differenzieren. Darüber hinaus schränkt sie auch die Möglichkeiten der Mitgliedstaaten erheblich ein, nationale Anforderungen an Gebäude festzulegen oder mit Nachhaltigkeitszielen verbundene Kriterien für die Vergabe öffentlicher Aufträge aufzunehmen, ohne das Funktionieren des Binnenmarkts zu gefährden.
            
            
            
               2.7In der Mitteilung „Eine neue Industriestrategie für Europa“ vom März 2020 wird ein Plan dargelegt, nach dem die EU-Industrie die Führung beim ökologischen und beim digitalen Wandel übernehmen soll. In der Mitteilung zur Aktualisierung der neuen Industriestrategie von 2020 wurde das Bauwesen als eines der vorrangigen Ökosysteme genannt, die mit den größten Herausforderungen bei der Verwirklichung der Klima- und Nachhaltigkeitsziele und der Bewältigung des digitalen Wandels konfrontiert sind, und deren Wettbewerbsfähigkeit davon abhängt.
            
            
            
               2.8Mit der vorgeschlagenen Verordnung zur Aufhebung der derzeitigen Bauprodukteverordnung sollen die in dieser Verordnung festgestellten Mängel behoben und die Ziele des europäischen Grünen Deals und des Aktionsplans für die Kreislaufwirtschaft in Bezug auf Bauprodukte angegangen werden. Die zentralen Aspekte der Funktionsweise des Rahmens der Bauprodukteverordnung, insbesondere der Normungsprozess, müssen unbedingt verbessert werden, um die politischen Ziel zu erreichen. Allerdings werden wesentliche Aspekte im Zusammenhang mit der Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz sowie andere Empfehlungen der EU-OSHA im Verordnungsvorschlag nicht berücksichtigt.
            
            
            
               2.9Der EWSA ist der Ansicht, dass allgemeine und berufliche Bildung, Umschulungen, lebenslanges Lernen und Zertifizierungen äußerst wichtige Aspekte sind und dass sie für die Zukunft der Branche Gegenstand des sozialen Dialogs sein müssen. Der EWSA stellt ferner fest, dass der Erwerb der erforderlichen Kompetenzen Zeit und Geld erfordert.
            
            
          
         
            
               3.Besondere Bemerkungen
            
            
            
               3.1Die Normung spielt für das europäische Baugewerbe eine vordringliche Rolle. Sie ist die wichtigste Säule des Binnenmarkts, erleichtert den freien Verkehr von Bauprodukten in der EU und fördert die Bautätigkeit. Diese wichtige Funktion wird in den europäischen Rechtsvorschriften anerkannt, insbesondere in der Bauprodukteverordnung und der Verordnung zur europäischen Normung.
            
            
            
               3.2Das Ziel der Normung im Bereich der Nachhaltigkeit von Bauwerken sollte eine gleichberechtigte Bewertung der ökologischen, wirtschaftlichen und sozialen Aspekte der Nachhaltigkeit von Produkten, Gebäuden und Dienstleistungen sowie die Unterrichtung des Verbrauchers (vorzugsweise durch Kennzeichnung) umfassen.
            
            
            
               3.3Ohne zeitgemäße Normen könnte der Binnenmarkt für Bauprodukte weder verwirklicht noch aufrechterhalten werden. In den letzten Jahren ist die Integration von Normen in das Regulierungssystem allerdings oft gescheitert, was zu einer geringeren Effizienz im Bausektor und zu einer Beeinträchtigung des Binnenmarkts, u. a. durch höhere direkte oder indirekte Kosten für – insbesondere kleine und mittlere – Unternehmen, geführt hat.
            
            
            
               3.4Die Kommission kann Standards für die Entwicklung harmonisierter Normen anhand von Normungsanwendungen festlegen. Sie hat sich allerdings passiv verhalten und von dieser Möglichkeit nicht Gebrauch gemacht, weshalb das CEN gezwungen war, weiterhin mit veralteten Aufträgen zu arbeiten. Dies hat Sachverständige überdies von der Arbeit an neuen Normen abgehalten, da diese häufig aus Gründen blockiert werden, auf die sie keinen Einfluss haben.
            
            
            
               3.5Die Kommission weist auf Probleme im Zusammenhang mit dem (sicherlich verbesserungsfähigen) derzeitigen Normungsverfahren über das CEN hin, die sie dazu veranlasst haben, viele Normen zu blockieren. Nach Ansicht des EWSA kann die von der Kommission vorgeschlagene Lösung, d. h. die Annahme immer mehr delegierter Rechtsakte, nicht zufriedenstellend sein, da sie die Branche im Normungsverfahren außen vor lässt. Ferner werden viele Normen von der Kommission blockiert, weshalb eine kurzfristige Lösung gefunden werden muss, um diese Blockade aufzuheben. Der EWSA stellt kritisch infrage, ob diese Form der Ausweitung letztlich nicht zu Kompetenzüberschneidungen mit den Mitgliedstaaten führt. Nach Ansicht des EWSA sollte dieser Ansatz nur in hinreichend gerechtfertigten Ausnahmefällen zur Anwendung kommen, und darüber hinaus sollte eine Reihe eindeutiger Bedingungen festgelegt werden.
            
            
            
               3.6In dem Vorschlag für eine überarbeitete Verordnung wird angemerkt, dass Tätigkeiten im Zusammenhang mit dem Lieferkettenmanagement und dem öffentlichen Auftragswesen sich auf die Umwelt und die Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz auswirken und so die Verwendung und Vermarktung von hochwertigen Produkten und Baustoffen fördern können. Auch die EU-OSHA sieht darin einen wichtigen Einflussfaktor, der für eine stärkere Verwendung umweltschonender und für Arbeitnehmer sichererer Produkte sorgen kann.
            
            
            
               3.7Im Rahmen des EU-OSHA-Projekts „LIFT-OSH“ (Leverage Instruments for Occupational Safety and Health, Förderinstrumente für Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz) haben sich die Erkenntnisse über die positiven Auswirkungen eines guten Arbeitsschutzmanagements bestätigt.
            
            
            
               3.8Ferner muss nach Auffassung des EWSA in dem Vorschlag für eine überarbeitete Verordnung unbedingt auf die Asbest-Problematik eingegangen werden, die in Europa nach wie vor mit erheblichen Berufsrisiken verbunden ist. Nach den jüngsten gemeinsamen Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO) führen berufsbedingte Asbestexpositionen in den 27 Mitgliedstaaten der EU jährlich zu mehr als 66 000 Todesfällen. In der aktuellen Debatte über die Asbest-Richtlinie fordern die Sachverständigen die vollständige Beseitigung von Asbest, selbst in Industriegebäuden, die lediglich viermal jährlich von nur einem Arbeitnehmer betreten werden. Die Beratende Kommission für den industriellen Wandel (CCMI) ist der Ansicht, dass in diesem Zusammenhang die Exposition der mit der Asbestbeseitigung betrauten Arbeitnehmer sowie deren jeweilige Bedürfnisse im Hinblick auf Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz berücksichtigt werden sollten. Nach Auffassung des EWSA sollte dies nicht nur Arbeitsplätze und wirtschaftlichen Fortschritt gewährleisten, sondern auf der Grundlage der sozialen Verantwortung der Unternehmen auch zur Verbesserung der sozioökonomischen und ökologischen Situation beitragen.
            
            
            
               3.9Nach dem Vorschlag für eine überarbeitete Bauprodukteverordnung unterliegen Bauprodukte, die auf der Baustelle für den sofortigen Einbau in Bauwerke hergestellt werden, denselben Vorschriften wie andere Bauprodukte, die von Herstellern in Verkehr gebracht werden. Auf diese Weise sollen Sicherheit und Umweltschutz gewährleistet und eine potenzielle Regulierungslücke geschlossen werden. Eine solche Regelungslücke besteht nach Ansicht des EWSA nicht, wenn diese Produkte nicht in den Verkehr gebracht werden. Auftragnehmer, die auf der Baustelle Produkte für den sofortigen Einbau in Bauwerke herstellen (z. B. Betonstürze, Polyurethansprühschaumstoff oder Fenster- und Türrahmen), müssen die für Bauwerke bzw. deren Teile geltenden rechtlichen Anforderungen erfüllen. Diese wiederum beruhen in den meisten –wenn nicht in allen – Fällen auf genau denselben technischen Anforderungen, wie sie für Hersteller gelten, beispielsweise im Hinblick auf die Durchführung einer werkseigenen Produktionskontrolle, die Anfertigung der technischen Dokumentation, die Bewertung von Bauprodukten, die Leistungs- und Konformitätserklärung und die Anbringung der CE‑Kennzeichnung. Diese überflüssige Bestimmung wäre für KMU besonders nachteilig.
            
            
          
         
            
               3.10In Artikel 7 des Vorschlags für eine überarbeitete Bauprodukteverordnung wird der Anwendungsbereich des Artikels auf alle Produktanforderungen ausgeweitet, die in den Spezifikationen für die Vergabe öffentlicher Aufträge genannt werden. Es wird allerdings nicht weiter beschrieben, wie diese Informationen, die sich auf ein breites und vielfältiges Spektrum an Bauwerken, z. B. Zwinger für Polizeihunde, Verwaltungsgebäude von Behörden, Autobahnen und kerntechnische Anlagen, beziehen können, eingeholt werden können. Der EWSA fragt sich, ob alle Informationen über die Eigenschaften und Merkmale von Produkten eingeholt werden können und wie geeignete Bewertungsmethoden festgelegt werden können, die den Anforderungen aller öffentlichen Auftraggeber für alle möglichen Verwendungszwecke entsprechen. Darüber hinaus dürfte die von öffentlichen Auftraggebern eingeforderte Glaubwürdigkeit je nach Verwendungszweck sehr unterschiedlich ausfallen. So wird im Hinblick auf die Leistung von Abdichtungsbahnen, die in einem Hundezwinger verbaut werden sollen, eine andere Glaubwürdigkeit erwartet als im Hinblick auf die Leistung eines baugleichen Produkts, das auf dem Dach eines Kunstmuseums verwendet wird. Dies könnte zu Unstimmigkeiten bei der Anwendung der im Kommissionsvorschlag vorgesehenen Bewertungs- und Überprüfungssysteme führen. Der EWSA bezweifelt, dass es sich hierbei um einen realistischen Ansatz handelt.
            
            
            
            
               Brüssel, den 13. September 2022
            
            
            
            
            
            
               Pietro Francesco De Lotto
            
            
               Vorsitzender der Beratenden Kommission für den industriellen Wandel
            
            
            
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