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STELLUNGNAHME
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Europäischer Wirtschafts- und Sozialausschuss
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Paket „Lernen und Beschäftigungsfähigkeit“
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Vorschlag für eine Empfehlung des Rates für einen europäischen Ansatz für Microcredentials für lebenslanges Lernen und Beschäftigungsfähigkeit
[COM(2021) 770 final]
Vorschlag für eine Empfehlung des Rates zu individuellen Lernkonten
[COM(2021) 773 final]
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SOC/708
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Berichterstatterin: Tatjana BABRAUSKIENĖ
Mitberichterstatterin: Mariya MINCHEVA
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Befassung
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Europäische Kommission, 21/01/2022
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Rechtsgrundlage
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Artikel 304 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union
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Zuständige Fachgruppe
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Fachgruppe Beschäftigung, Sozialfragen, Unionsbürgerschaft
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Annahme in der Fachgruppe
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03/05/2022
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Verabschiedung im Plenum
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18/05/2022
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Plenartagung Nr.
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569
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Ergebnis der Abstimmung
(Ja-Stimmen/Nein-Stimmen/Enthaltungen)
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204/2/4
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1.Schlussfolgerungen und Empfehlungen
1.1Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss (EWSA) fordert die Europäische Kommission und die Mitgliedstaaten erneut auf, die Strategien für die Erwachsenenbildung auszubauen und so sicherzustellen, dass alle Erwachsenen ein Recht auf eine hochwertige und inklusive Erwachsenenbildung für Lebenskompetenzen haben und das Ziel, dass jährlich 60 % der Erwachsenen an einschlägigen Bildungsangeboten teilnehmen, erfüllt oder gar übertroffen werden kann. Für eine wirksame Umsetzung der europäischen Säule sozialer Rechte ist es überdies erforderlich, Qualifikationslücken zu schließen und die Steuerung sowie die Finanzierung der Erwachsenenbildung und der Weiterbildung von Arbeitnehmern zu verbessern. Es ist außerdem wichtig, dass Investitionen, notwendige Reformen und ein wirksamer sozialer Dialog zur Förderung der Kompetenzentwicklung im Einklang mit dem ersten Grundsatz der europäischen Säule sozialer Rechte (Recht auf allgemeine und berufliche Bildung und lebenslanges Lernen) in das Europäische Semester eingebettet werden.
1.2Der EWSA verweist auf seine früheren Stellungnahmen zum lebenslangen Lernen und zur Erwachsenenbildung und die darin enthaltenen wichtigen Feststellungen in Bezug auf die Initiativen zu individuellen Lernkonten und Microcredentials. Insbesondere unterstreicht er, dass „Umschulung und Weiterbildung größte Bedeutung für die Unterstützung des ökologischen und des digitalen Wandels in der Wirtschaft haben und als soziale und wirtschaftliche Verantwortung betrachtet werden müssen, für eine inklusive Ausbildung für gute Arbeitsplätze und einen gerechten Übergang für alle zu sorgen. Zukunftsorientierte Wirtschaftsstrategien (einschließlich wirksamer bildungs- und ausbildungspolitischer Maßnahmen) sind erforderlich, um die Weiterqualifizierung und Umschulung der Arbeitskräfte zu unterstützen. Sie können zu einem fairen und sozial gerechten Übergang zu einer klimaneutralen Wirtschaft beitragen, indem für ein Gleichgewicht auf dem Arbeitsmarkt und damit für inklusive Digitalisierung und hochwertige Arbeitsplätze gesorgt wird. Die Unternehmen benötigen wirksame Unterstützung, um ihre Strategien für die Umschulung und Weiterbildung ihrer Arbeitskräfte zur Förderung von Innovation zu verstärken und zu finanzieren. Gleichzeitig sollte das allgemeine wirtschaftliche und gesellschaftliche Interesse gewahrt werden. In Tarifverträgen sollte der Zugang zu unterschiedlichen Formen von bezahltem Bildungsurlaub der Arbeitnehmer für persönliche und berufliche Zwecke festgelegt werden.“ In Fällen, in denen zwischen den Sozialpartnern keine Vereinbarung über bezahlten Urlaub getroffen wird, dieser aber im Rahmen einer staatlichen Initiative vorgesehen ist, sollte die Finanzierung aus öffentlichen Mitteln erfolgen.
1.3Die rasche Entwicklung und Verbreitung neuer Technologien muss mit einer wirksamen Weiterqualifizierung und Umschulung einhergehen. Investitionen in die Erwachsenenbildung und die Kompetenzentwicklung können für die wirtschaftliche Erholung und den Aufbau eines sozialen Europas maßgeblich sein. Die EU-Mitgliedstaaten und Sozialpartner sollten neben individuellen Lernkonten auch andere Ansätze und Finanzinstrumente in Betracht ziehen. Die vorgeschlagenen Maßnahmen sollten nicht an die Stelle bestehender Weiterbildungsangebote durch Arbeitgeber, öffentliche und private Arbeitsvermittlungen, der öffentlichen Unterstützung von Einrichtungen der allgemeinen und beruflichen Bildung oder von anderen Formen der Unterstützung treten. So stellen insbesondere die von den Sozialpartnern verwalteten Bildungsfonds ein wirksames Instrument dar, um dem auf nationaler und Branchenebene ermittelten Aus- und Weiterbildungsbedarf gerecht zu werden.
1.4Die Verfügbarkeit ausreichend qualifizierter Arbeitskräfte und eine bessere Beschäftigungsfähigkeit sind wesentliche Voraussetzungen dafür, dass Unternehmen sowie die Gesellschaft sich entwickeln und wachsen, Arbeitskräfte beschäftigen und einen Beitrag zu den politischen Zielen der Europäischen Union leisten können. Bereits heute bestehen in einigen Branchen und Regionen Qualifikationsungleichgewichte und ein Arbeitskräftemangel, und diese Tendenzen werden sich weiter verschärfen. In dieser Hinsicht kommt den Mitgliedstaaten und den Arbeitgebern bei der Finanzierung und Förderung der Teilnahme an Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen eine wichtige Rolle zu. Wenn Europa seine Wettbewerbs- und Innovationsfähigkeit auf lange Sicht stärken will, muss die Kompetenzentwicklung auf den Bedarf der Arbeitsmärkte abgestimmt werden. Dies ist sowohl für die Unternehmen als auch für die Arbeitnehmer von großer Bedeutung.
1.5Arbeitnehmer sehen sich beim Zugang zu Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen mit zahlreichen Hindernissen konfrontiert. Wenn die Arbeitnehmer ihre Aus- und Weiterbildung eigenständiger und individueller steuern sollen, muss ihnen eine wirksame Beratung und Unterstützung an die Seite gestellt werden, damit sie die Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen auswählen und absolvieren, die ihrem Bedarf entsprechen. So würde auch ein optimaler Einsatz der Investitionen in Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen sichergestellt, da die Maßnahmen dem ermittelten individuellen Bedarf genau entsprechen würden. Im Falle der arbeitsplatzorientierten Aus- und Weiterbildung könnte ein rein individueller Ansatz die Verknüpfung zwischen der Finanzierung und den Inhalten von Aus- und Weiterbildungsangeboten schwächen, was ein weniger arbeitsplatzorientiertes und somit nicht ausreichend auf die Bedürfnisse der Arbeitgeber zugeschnittenes Angebot zur Folge haben könnte.
1.6Der EWSA stimmt der Stellungnahme des Beratenden Ausschusses für Berufsbildung zu, in der es heißt, dass die Bedingungen für den Zugang zu und den Anspruch auf Aus- und Weiterbildung durch eine angemessene Kombination von Regelungen an die unterschiedlichen Situationen und Gegebenheiten angepasst werden müssen. Der EWSA ersucht die Kommission, die Aufteilung der Zuständigkeiten und das Subsidiaritätsprinzip zu achten und den Besonderheiten und Rechtsrahmen der einzelnen Mitgliedstaaten Rechnung zu tragen. Bei der Annahme und Umsetzung der Vorschläge zu individuellen Lernkonten und Microcredentials ist dafür Sorge zu tragen, dass diese mit den bestehenden Systemen der Mitgliedstaaten für die berufliche Aus- und Weiterbildung, mit der Rolle von Tarifverhandlungen sowie mit den Rechtsvorschriften in Bezug auf die Arbeitsbedingungen und Urlaubsansprüche von Arbeitnehmern vereinbar sind.
1.7Der EWSA ersucht die Kommission und die Mitgliedstaaten, die bestehenden nationalen und branchenspezifischen Instrumente und Finanzierungsprogramme zu berücksichtigen und zwischen den in einigen Ländern und Branchen noch nicht gesetzlich oder tarifvertraglich definierten Begriffen „Recht“ bzw. „Anspruch“ einerseits und dem Begriff „Bildungskonto“ andererseits zu unterscheiden. Der EWSA ruft dazu auf, in den Vorschlägen vorzusehen, dass alle Erwachsenen, vor allem die besonders schutzbedürftigen, das Recht auf wirksame, hochwertige und inklusive Weiterbildungsangebote für Arbeitnehmer, bezahlten Bildungsurlaub, umfassende Qualifikationen, Validierung des informellen und nichtformalen Lernens sowie Orientierung und Beratung haben. Die Mitgliedstaaten werden ersucht, ihre Systeme für die Erwachsenenbildung und die berufliche Aus- und Weiterbildung sofern nötig zu verbessern und dazu einen wirksamen sozialen Dialog abzuhalten und die einschlägigen Interessenträger zu konsultieren. Der EWSA begrüßt, dass individuelle Lernkonten für die Aus‑ und Weiterbildung, Validierung und Berufsberatung genutzt werden können.
1.8Der EWSA unterstreicht die Bedeutung von Qualitätsstandards auf dem Aus- und Weiterbildungsmarkt, insbesondere im Hinblick auf Microcredentials, sowie die möglichen Vor- und Nachteile verschiedener Ansätze für die Finanzierung von Erwachsenenbildung (z. B. individuelle Lernkonten), einschließlich des Kosten-Nutzen-Verhältnisses, des Verwaltungs‑ und Kostenaufwands, der erreichten Statusänderung (höheres Niveau der formalen Qualifikation), der Qualitätssicherung, der arbeitsmarktrelevanten Ergebnisse sowie des Mehrwerts für die berufliche Entwicklung und die Teilnahmequote in der besonders wichtigen Zielgruppe der Geringqualifizierten. Der EWSA bedauert, dass die Kommission keine Folgenabschätzung zu ihrem Vorschlag zu Microcredentials durchgeführt hat, obwohl dieser Vorschlag Auswirkungen auf bestehende nationale Regelungen, insbesondere im Hinblick auf Qualifikationen und Tarifverträge, haben kann. Vor diesem Hintergrund muss im Rahmen eines wirksamen sozialen Dialogs und wirksamer Konsultationen, auch der organisierten Zivilgesellschaft, ausgelotet werden, ob und wie die europäischen Initiativen zu individuellen Lernkonten und Microcredentials zusätzlich zur Verbesserung der nationalen und branchenspezifischen Aus- und Weiterbildungssysteme beitragen können.
1.9Der EWSA betont, dass die Kataloge der von Anbietern beruflicher Aus- und Weiterbildung angebotenen Microcredentials unter Einbeziehung der Sozialpartner und der Anbieter selbst auf der Grundlage der für das Angebot geltenden Qualitätsstandards erstellt werden sollten. Die Kataloge sollten Angaben zu den Lernergebnissen der Microcredentials sowie deren Anerkennung durch andere Bildungsanbieter und durch die Arbeitgeber enthalten.
1.10Der EWSA erinnert daran, wie wichtig bezahlter Bildungsurlaub auch im Sinne des (in elf Mitgliedstaaten ratifizierten) IAO-Übereinkommens Nr. 140 ist. Er weist zudem darauf hin, dass der Vorschlag zu individuellen Lernkonten im Hinblick auf die darin vorgesehene Anforderung an die Mitgliedstaaten, Systeme für individuelle Lernkonten ausschließlich für Arbeitsmarktzwecke zu konzipieren, mit den nationalen Systemen vereinbar sein sollte, da bezahlter Bildungsurlaub in einigen Mitgliedstaaten auch zur Förderung der persönlichen Entwicklung oder zum Abschluss eines Studiengangs (z. B. Hochschulabschluss) in Anspruch genommen werden kann.
1.11Der EWSA erinnert die Kommission und die Mitgliedstaaten daran, dass eine wirksame Einbeziehung der Sozialpartner in die Regelung der Erwachsenenbildung, der Weiterbildung von Arbeitnehmern und des bezahlten Bildungsurlaubs sowie die Förderung gemeinsamer Maßnahmen der Sozialpartner von wesentlicher Bedeutung sind. Er betont ferner, dass die einschlägigen Organisationen der Zivilgesellschaft zur Erwachsenenbildung konsultiert werden müssen.
1.12Der EWSA ersucht die Kommission, den Austausch bewährter Verfahren und das wechselseitige Lernen zwischen den Mitgliedstaaten unter Einbeziehung der Sozialpartner zu fördern. Der Schwerpunkt sollte dabei auf der Frage liegen, wie am besten ein wirksamer Zugang zu Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen sichergestellt werden kann und wie insbesondere die Systeme für die Erwachsenenbildung und die Qualifikationsstrategien der Mitgliedstaaten sowie ihre Finanzierungsmechanismen und ihre Formen der Aus- und Weiterbildung, auch in Bezug auf Microcredentials, verbessert werden können. Der EWSA fordert ferner, dass der Beratende Ausschuss für Berufsbildung in die Folgemaßnahmen zu den Vorschlägen einbezogen wird und bei der Berichterstattung über die Umsetzung der Initiativen sowie bei der Schaffung des Überwachungsrahmens in Zusammenarbeit mit dem Beschäftigungsausschuss eine aktive Rolle übernimmt.
1.13Der EWSA ersucht die Mitgliedstaaten, die Initiativen zu individuellen Lernkonten und Microcredentials mit der Umsetzung der
Empfehlung des Rates vom 19. Dezember 2016 für Weiterbildungspfade: Neue Chancen für Erwachsene
zu verknüpfen. Dadurch würde sichergestellt, dass alle Erwachsenen mit geringen Kompetenzen bzw. Qualifikationen ihre Grundfertigkeiten und beruflichen Kompetenzen weiterentwickeln können und dass sie begleitet und im Hinblick auf eine Verbesserung ihrer Lebensumstände und ihrer Beschäftigungsfähigkeit zur Teilnahme an Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen motiviert werden. Auf diese Weise soll erreicht werden, dass 80 % der Erwachsenen über grundlegende digitale Kompetenzen verfügen.
1.14Der EWSA bekräftigt, dass individuelle Lernkonten und ähnliche Finanzierungssysteme den Zugang zu anerkannten und validierten Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen verbessern und Arbeitnehmern die Teilnahme an Verfahren zur Validierung ihrer Kompetenzen und ihrer Berufserfahrung ermöglichen müssen. Microcredentials müssen mit Beteiligung der Sozialpartner von den zuständigen Behörden anerkannt werden. Der EWSA fordert die wirksame Umsetzung der Empfehlung des Rates zur Validierung nichtformalen und informellen Lernens und die Bereitstellung ausreichender öffentlicher Mittel für Validierungssysteme in allen Mitgliedstaaten. Indem Arbeitgeber und Gewerkschaften die Anerkennung von Aus- und Weiterbildungen sicherstellen, können sie Arbeitnehmer dabei unterstützen, ihr Qualifikationsniveau zu verbessern, und so zu deren beruflicher Entwicklung und einem gerechten Wandel auf dem Arbeitsmarkt beitragen.
1.15Der EWSA hält es für wichtig, dass die Initiativen auf den Weiterqualifizierungs- und Umschulungsbedarf von Erwachsenen, Erwerbstätigen insgesamt (d. h. von Arbeitern, Angestellten und Selbstständigen) und sonstigen Zielgruppen (z. B. von Langzeitarbeitslosen, Nichterwerbstätigen und insbesondere von Berufsrückkehrern nach der Elternzeit, Menschen mit Behinderung, Rentnern, Frauen, Menschen unter 30 Jahren und jungen Menschen, die weder eine Schule besuchen noch einen Arbeits- oder Ausbildungsplatz haben) abgestimmt sind, damit diese Gruppen einen wirksamen Zugang zu hochwertigen und inklusiven Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen haben. Die besondere Situation von atypisch Beschäftigten und Selbstständigen bedarf dringend angemessener Lösungen. In diesem Zusammenhang ist der wichtigen Funktion Rechnung zu tragen, die Sozialpartnern bei der Weiterbildung von Arbeitnehmern zukommt. Unternehmen spielen bei der Förderung der Aus- und Weiterbildung ihrer Arbeitnehmer eine ebenso entscheidende Rolle wie die Mitgliedstaaten bei der Bereitstellung von Ressourcen für den Zugang zur Erwachsenenbildung. Da 90 % der arbeitsplatzbezogenen Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen in der EU von den Arbeitgebern finanziert werden, sollte die EU deren Engagement und positive Rolle bei der Kompetenzentwicklung uneingeschränkt anerkennen und fördern.
1.16Der EWSA ersucht die Mitgliedstaaten, mögliche Instrumente zur Gewährleistung der Übertragbarkeit individueller Lernkonten (z. B. bilaterale Abkommen) auszuloten. Die EU‑Qualitätsstandards für Microcredentials sollten ein Governance-System vorsehen, in das auch die Sozialpartner eingebunden sind, und dass zusätzlich zu vollständigen Qualifikationen und zur Weiterbildung von Arbeitnehmern auch Microcredentials berücksichtigt werden. Anbieter von Aus- und Weiterbildungen sollten Kataloge der von ihnen angebotenen Microcredentials, einschließlich deren Lernergebnisse, sowie Angaben zu ihrer Strategie für die Anerkennung von Microcredentials, die von anderen Anbietern und Unternehmen ausgestellt wurden, veröffentlichen. Um für Chancengleichheit beim Zugang zu vollständigen Bildungsprogrammen und Qualifikationen zu sorgen, ist es wichtig, den Zugang zu allen Formen hochwertiger und inklusiver allgemeiner und beruflicher Bildung (einschließlich Microcredentials) für alle Lernenden, einschließlich benachteiligter und schutzbedürftiger Gruppen, zu verbessern. Atypisch Beschäftigte benötigen eine effektive finanzielle und nichtfinanzielle Unterstützung, um Zugang zu Kursen (einschließlich Microcredentials) für die berufliche Weiterbildung und Mobilität zu erhalten. Dabei gilt es, die Zugänglichkeit und Nutzbarkeit von nicht nur Online-Weiterbildungsmaterialien und -instrumenten gemäß der
Richtlinie (EU) 2016/2102
vom 26. Oktober 2016 sicherzustellen.
2.Allgemeine Bemerkungen
2.1Am 10. Dezember 2021 veröffentlichte die Europäische Kommission ihren
Vorschlag für eine Empfehlung des Rates zu individuellen Lernkonten
und ihren
Vorschlag für eine Empfehlung des Rates über einen europäischen Ansatz für Microcredentials für lebenslanges Lernen und Beschäftigungsfähigkeit
. Diese Initiativen sollen den Aktionsplan zur europäischen Säule sozialer Rechte unterstützen, mit dem das neue Ziel festgelegt wurde, dass spätestens im Jahr 2030 jährlich mindestens 60 % aller Erwachsenen an Aus- bzw. Weiterbildungsmaßnahmen teilnehmen. Konkret soll dadurch sichergestellt werden, dass jeder „das Recht auf allgemeine und berufliche Bildung und lebenslanges Lernen von hoher Qualität und in inklusiver Form“ (Grundsatz 1) hat, und zwar „ungeachtet der Art und Dauer des Beschäftigungsverhältnisses“ (Grundsatz 5). Hierzu gehört auch „das Recht, Ansprüche auf sozialen Schutz und Fortbildung bei beruflichen Übergängen zu übertragen“ (Grundsatz 4). Es ist außerdem wichtig, dass Investitionen, notwendige Reformen und ein wirksamer sozialer Dialog zur Förderung der Kompetenzentwicklung im Einklang mit dem ersten Grundsatz der europäischen Säule sozialer Rechte (Recht auf allgemeine und berufliche Bildung und lebenslanges Lernen) in das Europäische Semester eingebettet werden.
2.2Der Beratende Ausschuss für Berufsbildung, in dem die Regierungen und die Sozialpartner vertreten sind, reagierte auf den Vorschlag zu individuellen Lernkonten, indem er am 16. August 2021 eine
Stellungnahme
zu individuellen Lernkonten und zur Stärkung des Berufsbildungsangebots in Europa annahm. Darin bekräftigte er, dass die COVID-19-Pandemie, die Digitalisierung und die Dekarbonisierung enorme Auswirkungen auf die Wirtschaft, die Industrie und die Erwerbsbevölkerung in Europa haben, da die sich rasch verändernden Arbeitsmuster aufwendige Anpassungen erfordern. Die Pandemie hat in vielen Branchen strukturelle Veränderungen begünstigt und so den ökologischen und den digitalen Wandel beschleunigt. Dies ist vor dem Hintergrund der fortwährenden Herausforderungen im Zusammenhang mit dem demografischen Wandel, einem neuen Aus- und Weiterbildungsbedarf und dem Missverhältnis zwischen Qualifikationsangebot und -nachfrage zu betrachten. In der Stellungnahme heißt es weiter, dass die Bedingungen für den Zugang zu und den Anspruch auf Aus- und Weiterbildung durch eine angemessene Kombination von Regelungen an die unterschiedlichen Situationen und Gegebenheiten angepasst werden müssen, wobei sämtlichen Gegebenheiten des Arbeitsmarkts Rechnung zu tragen ist.
2.3Im Abschlussbericht zu dem im Jahr 2021 von europäischen Sozialpartnern durchgeführten Projekt zu Kompetenzen, Innovation und Aus- und Weiterbildung wird unter anderem festgestellt, dass Unternehmen und Arbeitnehmer eine entscheidende Rolle spielen, wenn es um Innovation und die Entwicklung neuer Fähigkeiten und Kompetenzen geht, die im Rahmen der Weiterbildung von Arbeitnehmern erworben werden können und die für die Anpassung an ein sich wandelndes Umfeld von entscheidender Bedeutung sind. Deshalb sei es wichtig, dass Bildungsmöglichkeiten für Mitarbeiter angeboten und zugänglich gemacht werden, die dem Bedarf von Arbeitgebern und Arbeitnehmern im Hinblick auf die Entwicklung innovativer Technologien und Geschäftsmodelle entsprechen und die es den Arbeitnehmern ermöglichen, einen Arbeitsplatz zu finden, der ihren Fähigkeiten, Erwartungen und Kompetenzen entspricht, und diesen auch zu behalten. Eine zentrale Herausforderung in diesem Zusammenhang besteht darin, die verschiedenen Instrumente wie etwa Gutscheine, (gesetzlich oder tarifvertraglich geregelten) bezahlten Bildungsurlaub, persönliche Bildungskonten oder (branchenübergreifende oder branchenspezifische) Bildungsfonds verfügbar und interoperabel zu machen und auf die länderspezifischen institutionellen Rahmen abzustimmen.
2.4In einigen Mitgliedstaaten gewährleisten nationale Rechtsvorschriften und/oder Tarifverträge das Recht des Einzelnen auf allgemeine und berufliche Bildung, einschließlich für Erwachsene, sowie auf bezahlten Bildungsurlaub für arbeitsplatzrelevante Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen. Die Sozialpartner, der soziale Dialog und Tarifverhandlungen spielen in ganz Europa – wenngleich in jedem Land auf unterschiedliche Weise – eine Schlüsselrolle, wenn es darum geht, Arbeitnehmern den effektiven Zugang zu Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen zu erleichtern. Dabei können entweder bestehende Ansätze auf nationaler und/oder Branchenebene oder aber andere, alternative Ansätze für individuelle Lernkonten als besser geeignet erachtet werden, um das Aus- und Weiterbildungsangebot auf nationaler Ebene zu fördern. Dabei sollte eine wirksame Einbeziehung der nationalen und sektoralen Sozialpartner sichergestellt werden.
2.5Die unterschiedlichen rechtlichen und/oder tarifvertraglichen Rahmenbedingungen ergeben sich aus den Entscheidungen der einzelnen Mitgliedstaaten, eigene Aus- und Weiterbildungsstrategien zu beschließen und umzusetzen und auf bestehenden Finanzierungsmechanismen aufzubauen. Folglich sollten die EU-Mitgliedstaaten und Sozialpartner neben individuellen Lernkonten auch andere Ansätze und Finanzinstrumente in Betracht ziehen. Ein pauschaler Ansatz wird nicht funktionieren; vielmehr muss den unterschiedlichen Aus- und Weiterbildungssystemen der Mitgliedstaaten sowie verschiedenen branchenspezifischen Merkmalen Rechnung getragen werden. Die Entscheidung darüber, ob individuelle Lernkonten zu den Instrumenten für die Bereitstellung und Finanzierung von Aus‑ und Weiterbildungsmaßnahmen zählen sollten oder nicht, muss insofern weiterhin gänzlich Zuständigkeit der Mitgliedstaaten sein, als der Aus- und Weiterbildungsmarkt auf nationaler Ebene geregelt ist. Der EWSA betont, dass die Mitgliedstaaten in Absprache mit den Sozialpartnern auch die Freiheit haben, sich gegen einen Ansatz mit individuellen Lernkonten zu entscheiden und stattdessen ihre bestehenden Mechanismen für die Bereitstellung von Aus‑ und Weiterbildungsmaßnahmen anzupassen oder weiterzuentwickeln.
2.6Der EWSA erinnert daran, dass die „in dieser Empfehlung beschriebenen Maßnahmen […] nicht an die Stelle der Weiterbildungsangebote durch Arbeitgeber, öffentliche und private Arbeitsvermittlungen, der öffentlichen Unterstützung von Einrichtungen der allgemeinen und beruflichen Bildung oder von anderen Formen der Unterstützung treten [sollten]“. Er teilt die Auffassung, dass die Empfehlung die Mitgliedstaaten „nicht daran hindern [sollte], weitergehende als die [darin] empfohlenen Bestimmungen zur Erwachsenenbildung/‑weiterbildung beizubehalten oder einzuführen“, und dass sie „nicht die Autonomie der Sozialpartner beschränken [sollte], wo diese für die Einrichtung und Verwaltung der Weiterbildungssysteme verantwortlich sind“.
2.7Der EWSA verweist auf seine jüngst verabschiedete Stellungnahme, in der er feststellt, „dass die rasche Entwicklung und Verbreitung neuer Technologien mit einer wirksamen Weiterqualifizierung und Umschulung einhergehen muss. Der EWSA betont, dass die Auswirkungen der COVID-19-Krise auf die Gesellschaft und Wirtschaft Europas noch deutlicher gemacht haben, wie wichtig eine wirksame Politik im Bereich der allgemeinen und beruflichen Bildung sowie hochwertige Arbeitsplätze für die Unterstützung einer nachhaltigen und gerechten sozialen und wirtschaftlichen Erholung und Resilienz sind, was für die Bewältigung der Folgen der Pandemie in Europa von entscheidender Bedeutung ist. Investitionen in die Erwachsenenbildung und die Entwicklung von Kompetenzen können für die wirtschaftliche Erholung und ein soziales Europa maßgeblich sein.“
2.8Der EWSA erinnert daran, dass Erwachsene und Arbeitnehmer beim Zugang zu Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen mit zahlreichen Hindernissen konfrontiert sind, darunter Zeitmangel, Finanzierungslücken, ein Mangel an Motivation, qualifizierter Orientierungshilfe und Beratung sowie zuweilen an hochwertiger Aus- und Weiterbildung und an Unterstützung vonseiten des Arbeitgebers (Ersatz für den vorübergehenden Ausfall der Arbeitskraft), insbesondere bei KMU, sowie die mangelnde Berücksichtigung der Vereinbarkeit von Berufs‑ und Privatleben. Es ist wichtig, Menschen in die Lage zu versetzen, die Weichen im Hinblick auf ihre Aus- und Weiterbildung selbst zu stellen, sofern gewährleistet ist, dass sie beim Zugang zu und bei der Teilnahme an arbeitsmarktrelevanten Schulungen wirksam unterstützt werden. Dazu zählt auch die Unterstützung durch Orientierungshilfe und Beratung zu geeigneten Formen der Aus- und Weiterbildung. Arbeitnehmer müssen Zugang zu betrieblicher Aus- und Weiterbildung haben. Ferner benötigen Geringqualifizierte gezielte Unterstützung, insbesondere im Hinblick auf Online-Bildungsmaßnahmen. Online‑Bildungsmaßnahmen bieten zahlreiche Möglichkeiten, den Zugang zur Erwachsenenbildung auszuweiten, jedoch verfügen Geringqualifizierte nicht immer über die erforderlichen Kompetenzen, um von dieser Aus- bzw. Weiterbildungsform bestmöglich zu profitieren, und benötigen daher möglicherweise zusätzliche Unterstützung.
2.9Um verschiedenen Hindernissen für den Zugang zu Bildungsangeboten entgegenzuwirken und die Motivation Erwachsener zur Teilnahme an Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen zu steigern, sollten auch Erschwernisse im Zusammenhang mit dem Beschäftigungs- und Bildungsstatus von Einzelpersonen berücksichtigt werden. Das Instrument sollte durch eine wirksame Orientierungshilfe und Beratung ergänzt werden. Darüber hinaus besteht Verbesserungsbedarf im Hinblick auf die Strategie für die Öffentlichkeitsarbeit. Um das bestehende Missverhältnis zwischen Qualifikationsangebot und -nachfrage zu verringern, müssen der Aus- und Weiterbildungsbedarf im Voraus ermittelt und das entsprechende Bildungsangebot gezielt konzipiert werden. Zudem sind umfassende Lernunterstützungssysteme erforderlich, um für stärkere Synergien zwischen finanziellen Anreizen, Beratungsdiensten und dem Zugang zu Validierungs- und Anerkennungsverfahren zu sorgen.
2.10Der EWSA ist besorgt, dass ein rein individueller Ansatz die Verknüpfung zwischen der Finanzierung und den Inhalten von Aus- und Weiterbildungsangeboten schwächen könnte, was zu einem weniger arbeitsplatzorientierten und somit nicht ausreichend auf die Bedürfnisse der Arbeitgeber zugeschnittenen Angebot führen könnte. Da 90 % der arbeitsplatzbezogenen Aus‑ und Weiterbildungsmaßnahmen in der EU von den Arbeitgebern finanziert werden, sollte die EU deren Engagement und positive Rolle bei der Kompetenzentwicklung uneingeschränkt anerkennen und fördern. Die Sozialpartner tragen gemeinsam maßgeblich dazu bei, sowohl die Bereitstellung als auch die Nutzung von Aus- und Weiterbildungsangeboten zu verbessern. So stellen insbesondere die von den Sozialpartnern verwalteten Ausbildungsfonds ein wirksames Instrument dar, um dem auf nationaler und Branchenebene ermittelten Aus- und Weiterbildungsbedarf gerecht zu werden. Ferner sollten finanzielle und nichtfinanzielle Beiträge von Einzelpersonen anerkannt und gefördert werden.
2.11Der EWSA erkennt an, dass Microcredentials ergänzend dazu beitragen, unter Berücksichtigung des sich wandelnden Bedarfs am Arbeitsmarkt den Zugang zu Weiterqualifizierungs- und Umschulungsmaßnahmen auszuweiten. Er begrüßt ferner, dass die Mitgliedstaaten ermutigt werden, Microcredentials in ihre Beschäftigungspolitik und aktive Arbeitsmarktpolitik zu integrieren, um Qualifikationsungleichgewichten in bestimmten Wirtschaftssektoren und Regionen zu begegnen und gleichzeitig den Zugang zu vollständigen Qualifikationen zu gewährleisten. In Bezug auf die Kumulierbarkeit von Microcredentials betont der EWSA, dass letztere nicht als Ersatz für vollständige Qualifikationen betrachtet werden sollten. Den Mitgliedstaaten sollte daher nahegelegt werden, Microcredentials in ihre nationalen Qualifikationsrahmen aufzunehmen. An der Gestaltung eines entsprechenden Konzepts auf nationaler Ebene und an den Überlegungen darüber, wie Microcredentials anerkannt und mit Teilqualifikationen verknüpft werden können, sollten auch die Sozialpartner beteiligt sein.
2.12Microcredentials können wesentlich dazu beitragen, Erwachsenen die Weiterqualifizierung und Umschulung oder den Wechsel auf einen neuen Arbeitsplatz zu erleichtern, sofern die Qualitätsstandards für Microcredentials klar definiert sind und den Lernenden deutlich vermittelt werden. Zwar können Microcredentials eine Form der Aus- bzw. Weiterbildung darstellen, die über ein potenzielles individuelles Lernkonto in Anspruch genommen wird, doch sollten sie als unabhängig von individuellen Lernkonten und vielmehr als Teil des zusätzlichen Instrumentariums für das kontinuierliche Lernen betrachtet werden. Der EWSA begrüßt ferner, dass in dem Empfehlungsvorschlag auch Sozialpartner zu den Anbietern von Microcredentials gezählt werden und dass die Mitgliedstaaten darin ermutigt werden, die Entwicklung von Microcredentials zu fördern, die Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertreter im Rahmen des sozialen Dialogs konzipieren und festlegen.
3.Besondere Bemerkungen
3.1Die Arbeitnehmerfreizügigkeit kann dazu beitragen, die Herausforderungen im Zusammenhang mit den Qualifikationsungleichgewichten und dem Arbeitskräftemangel zu bewältigen. Die Regulierung von Qualifikationsanforderungen muss weiterhin in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten fallen, wobei auch die Sozialpartner einzubeziehen sind, z. B. in Bezug auf die Validierung von Kompetenzen, einschließlich Microcredentials. Gleichzeitig gilt es, die Anzahl der reglementierten Berufe zu verringern. Ferner wäre auch eine bessere Koordinierung von qualifizierten Arbeitskräften aus Drittländern und unbesetzten Stellen unabhängig von dem jeweiligen Qualifikationsniveau oder der jeweiligen Berufserfahrung denkbar. Auch das anstehende Kommissionspaket zu Kompetenzen und Talenten, einschließlich der möglichen Szenarien für einen EU-Talentpool, kann in dieser Hinsicht einen wichtigen Beitrag leisten.
3.2Tarifverträge sind ein wichtiges Instrument, da sie ein Anrecht auf bezahlten Bildungsurlaub vorsehen und Arbeitnehmern so einen besseren Zugang zu arbeitsmarktrelevanten Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen verschaffen können. Eine besonders wichtige Rolle spielen solche Verträge bei der Auslotung der Möglichkeiten für bezahlten Bildungsurlaub für Arbeitnehmer in KMU, die während der Abwesenheit ihrer Mitarbeiter aufgrund von Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen in der Regel einen größeren Verlust an Produktionskapazitäten erleiden. In diesem Zusammenhang ist hervorzuheben, dass Gesetzgebungsinitiativen auf EU‑ oder nationaler Ebene weder Tarifverhandlungen vorgreifen noch die Autonomie der Sozialpartner einschränken dürfen, Lösungen für Probleme zu ermitteln, die für gut funktionierende nationale Arbeitsmärkte relevant sind, unter anderem im Hinblick auf die Kompetenzentwicklung und auf Übergänge sowie auf hochwertige Arbeitsplätze für Arbeitnehmer im Rahmen eines gerechten Übergangs.
3.3Der EWSA unterstreicht die Bedeutung von Qualitätsstandards auf dem Aus- und Weiterbildungsmarkt, insbesondere im Hinblick auf Microcredentials, sowie die möglichen Vor- und Nachteile verschiedener Ansätze für die Finanzierung der Erwachsenenbildung (z. B. individuelle Lernkonten), einschließlich des Kosten-Nutzen-Verhältnisses, des Verwaltungs‑ und Kostenaufwands, der erreichten Statusänderung (höheres Niveau der formalen Qualifikation), der Qualitätssicherung, der arbeitsmarktrelevanten Ergebnisse sowie des Mehrwerts für die berufliche Entwicklung und die Teilnahmequote in der besonders wichtigen Zielgruppe der Geringqualifizierten. Dies ist erforderlich, um einen wirksamen sozialen Dialog und wirksame Konsultationen, auch der organisierten Zivilgesellschaft, zu der Frage sicherzustellen, ob und wie die europäischen Initiativen zu individuellen Lernkonten und Microcredentials zusätzlich zur Verbesserung der nationalen und branchenspezifischen Aus‑ und Weiterbildungssysteme beitragen können. Der EWSA betont, dass die Kataloge der von Anbietern beruflicher Aus- und Weiterbildung angebotenen Microcredentials unter Einbeziehung der Sozialpartner und der Anbieter selbst auf der Grundlage der für das Angebot geltenden Qualitätsstandards erstellt werden sollten. Die Kataloge sollten Angaben zu den Lernergebnissen der Microcredentials sowie deren Anerkennung durch andere Bildungsanbieter und durch die Arbeitgeber enthalten.
3.4Der EWSA hält es für wichtig, dass die Initiativen auf den Weiterqualifizierungs- und Umschulungsbedarf von Erwachsenen, Erwerbstätigen insgesamt (d. h. von Arbeitern, Angestellten und Selbstständigen) und sonstigen Zielgruppen (z. B. von Langzeitarbeitslosen, Nichterwerbstätigen, Menschen mit Behinderung, Rentnern und jungen Menschen, die weder eine Schule besuchen noch einen Arbeits- oder Ausbildungsplatz haben) abgestimmt sind, damit auch diese Gruppen Zugang zu hochwertigen, wirksamen und inklusiven Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen haben und so ihre Beschäftigungsfähigkeit verbessern können. Die Unterstützung der Mitgliedstaaten bei der Bereitstellung von Ressourcen für den Zugang zur Erwachsenenbildung ist in dieser Hinsicht von wesentlicher Bedeutung. Eine ebenso wichtige Rolle kommt nach wie vor den Unternehmen zu, wenn es darum geht, ihre Arbeitnehmer bei arbeitsplatzrelevanten Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen zu unterstützen. Für die besondere Situation von atypisch Beschäftigten und Selbstständigen können individuelle Lernkonten und Microcredentials nicht die einzige Lösung sein, diesbezüglich bedarf es dringend geeigneter Lösungen. In diesem Zusammenhang ist der wichtigen Funktion Rechnung zu tragen, die den Sozialpartnern bei der Weiterbildung von Arbeitnehmern zukommt.
Brüssel, den 18. Mai 2022
Christa SCHWENG
Präsidentin des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses