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INT/915

Fahrzeuge der Klasse L/COVID-19

STELLUNGNAHME

Europäischer Wirtschafts- und Sozialausschuss


Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 168/2013 hinsichtlich spezifischer Maßnahmen für Fahrzeuge der Klasse L aus einer auslaufenden Serie infolge der COVID-19-Pandemie
[COM(2020) 491 final – 2020/0251 (COD)]

Berichterstatter: Christophe LEFÈVRE

Befassung

Rat der Europäischen Union, 14/09/2020

Europäisches Parlament, 14/09/2020

Rechtsgrundlage

Artikel 114 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union

Zuständige Fachgruppe

Fachgruppe Binnenmarkt, Produktion, Verbrauch

Präsidiumsbeschluss

15/09/2020

Verabschiedung auf der Plenartagung

29/10/2020

Plenartagung Nr.

555

Ergebnis der Abstimmung
(Ja-Stimmen/Nein-Stimmen/Enthaltungen)

220/3/18



1.Schlussfolgerungen und Empfehlungen

1.1Vor dem Hintergrund der COVID-19-Krise, die die Verkäufe im Jahr 2020 beinahe vollständig zum Erliegen brachte, hat der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss (EWSA) den Vorschlag der Europäischen Kommission für eine Verordnung geprüft, die es den Herstellern von Motorrädern der Euro-4-Norm ermöglichen würde, die Fahrzeuge, die am 15. März 2020 auf Lager waren, über den 1. Januar 2021 hinaus zu verkaufen.

1.2Mit dieser Frist wurde die Möglichkeit eingeschränkt, auch noch nach der Einführung der verbindlichen Euro-5-Norm zum 1. Januar 2021 die noch unverkauften, weniger umweltfreundlichen Fahrzeuge zu verkaufen.

1.3Der EWSA stellt fest, dass die ursprüngliche Umsetzung der Verpflichtung zum Verkauf von der Euro-5-Norm entsprechenden Motorrädern und die Einstellung der Produktion von Euro-4-Fahrzeugen durch den vorliegenden Vorschlag in keiner Weise in Frage gestellt werden.

1.4Der EWSA unterstützt den Verordnungsvorschlag als angemessene und ausgewogene Maßnahme zur Bewältigung der wirtschaftlichen Folgen der COVID-19-Krise und zur Abwendung einer kostspieligen Verschrottung des Euro-4-Fahrzeugbestands.

1.5Mit dem Vorschlag wird ein Gleichgewicht zwischen der Sicherstellung des reibungslosen Funktionierens des Binnenmarkts, der durch COVID-19 stark beeinträchtigt wurde, und der Fortsetzung der Bemühungen um eine Verringerung der Umweltauswirkungen des Straßenverkehrs gewährleistet.

2.Inhalt des Kommissionsvorschlags

2.1Die COVID-19-Pandemie hat die Motorradbranche in Mitleidenschaft gezogen: Mit dem erheblichen Rückgang der Nachfrage aufgrund der Kontaktbeschränkungen wuchsen die Lagerbestände an, während normalerweise 60 % der Verkäufe eines Jahres in die Monate März bis Juli fallen. Dies beeinträchtigt die Fähigkeit der Hersteller, einige der in der Verordnung (EU) Nr. 168/2013 1 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Januar 2013 festgelegten Fristen einzuhalten.

2.2Gemäß dieser Verordnung gelten die Schadstoffemissionen der Norm Euro 5 ab dem 1. Januar 2021, was bedeutet, dass ab diesem Zeitpunkt nur Fahrzeuge, die die Anforderungen dieser Norm erfüllen, in der Union auf den Markt gebracht werden dürfen.

2.3Aufgrund der Bestimmungen der Verordnung (EU) über auslaufende Serien für Fahrzeuge der Klasse L können Hersteller einen begrenzten Teil eines Bestands von Fahrzeugen, deren EU‑Typgenehmigung nicht mehr gültig ist, auf den Markt bringen.

2.4Wenngleich diese Verordnung einen Abbau der Lagerbestände in Form „auslaufender Serien“ vorsieht, dürfen in jedem Mitgliedstaat höchstens 10 % der durchschnittlichen Zahl der in den beiden vorangegangenen Jahren verkauften Fahrzeuge bzw. höchstens 100 Fahrzeuge als auslaufende Serien verkauft werden. Nach Aussagen der Industrie beliefen sich die Lagerbestände im März 2020 jedoch auf schätzungsweise 553 700 Euro-4-Fahrzeuge.

Angesichts der Verringerung des Absatzes um 98 % und der Zahl der auf Lager befindlichen Fahrzeuge sind die bestehenden Bestimmungen über auslaufende Serien dieser Situation nicht angemessen.

2.5Mit dem Vorschlag soll eine Ausnahmeregelung eingeführt werden, nach der Hersteller der Euro-4-Norm entsprechende Auslaufmodelle, die am 15. März 2020 auf Lager waren, auch noch im Jahr 2021 in Verkehr bringen dürfen, und zwar in größerer Stückzahl als in der ursprünglichen Verordnung vorgesehen.

2.6Auch wenn mit diesem Vorschlag die Einstellung des Verkaufs von Fahrzeugen verzögert wird, die umweltschädlicher als die der neuen Generation sind, beschränkt sich die Flexibilität auf Fahrzeuge, die zum Zeitpunkt der Kontaktbeschränkungen bereits hergestellt waren. Außerdem wird hierdurch vermieden, dass Fahrzeuge, die auf den Markt gebracht worden wären, wenn es keine Krise gegeben hätte, unnötig verschrottet werden müssen. Dieser Vorschlag hat keinen Einfluss auf das Inkrafttreten der Euro-5-Norm für alle neu hergestellten Fahrzeuge zum 1. Januar 2021.

3.Allgemeine Bemerkungen

3.1Der EWSA bekräftigt seine Unterstützung für alle Initiativen zur Verringerung von Schadstoffemissionen und zur Verbesserung der Luftqualität und insbesondere für die Anwendung von Emissionsnormen („Euro-Normen“) im Verkehrssektor. Die Emissionen von Schadstoffen – etwa Kohlenmonoxid, Stickoxide, Kohlenwasserstoffe und Feinstaub – müssen unbedingt begrenzt werden.

3.2In seiner am 19. Januar 2011 einstimmig verabschiedeten Stellungnahme zu dem Vorschlag für eine Verordnung über die Genehmigung von zweirädrigen, dreirädrigen und vierrädrigen Fahrzeugen sowie über die entsprechende Marktüberwachung 2 begrüßte der EWSA die von der Europäischen Kommission vorgeschlagene Frist 3 für die Einführung der neuen europäischen Umweltnormen.

3.3Der EWSA erkennt an, dass die COVID-19-Pandemie für die überwiegende Mehrheit der europäischen Wirtschaftssektoren und insbesondere für saisonale Märkte wie den Verkauf von Motorrädern, die von den in der Hochsaison eingeführten Maßnahmen zur Kontaktbeschränkung besonders betroffen waren, eine große Herausforderung darstellt.

3.4Aufgrund dieser Situation war es den Herstellern nicht möglich, eine befriedigende Menge von Fahrzeugen der Norm Euro 4 zu verkaufen, deren Gültigkeitsdauer am 31. Dezember 2020 abläuft. Der EWSA ist der Auffassung, dass die Bestimmungen für Fahrzeuge auslaufender Serien in ihrer derzeitigen Form als Unterstützung für die Motorradbranche nicht ausreichen, um die wirtschaftlichen Auswirkungen der Krise abzumildern.

3.5Der EWSA hält es daher für notwendig, eine angemessene Lösung für die Schwierigkeiten der Motorradbranche zu finden, und zwar unter Wahrung eines Gleichgewichts zwischen dem Erfordernis, die seit dem 15. März 2020 auf Lager befindlichen Fahrzeuge zu verkaufen, und dem Belang, das Inkrafttreten der Euro-5-Norm ab dem 1. Januar 2021 nicht zu verzögern.

3.6Der EWSA befürwortet daher die Einführung spezifischer Bestimmungen für Fahrzeuge auslaufender Serien der Klasse L für das Jahr 2021, die seiner Ansicht nach eine angemessene und ausgewogene Maßnahme darstellt, um das reibungslose Funktionieren des Binnenmarkts zu gewährleisten und gleichzeitig die Bemühungen um eine Verringerung der Umweltauswirkungen des Straßenverkehrs fortzusetzen.

Brüssel, den 29. Oktober 2020

Christa SCHWENG

Präsidentin des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses

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