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Europäischer Wirtschafts- und Sozialausschuss

ECO/497

Wirtschaftspolitik des Euro-Währungsgebiets 2019
(ergänzende Stellungnahme)

STELLUNGNAHME

Europäischer Wirtschafts- und Sozialausschuss


Wirtschaftspolitik des Euro-Währungsgebiets 2019
(ergänzende Stellungnahme)

[COM(2018) 759 final]

Berichterstatter: Petr ZAHRADNÍK

Beschluss des Präsidiums

Rechtsgrundlage

14/05/2019

Art. 32 Abs. 1 der Geschäftsordnung und Art. 29 Buchst. a der Durchführungsbestimmungen zur Geschäftsordnung

Zuständige Fachgruppe

Fachgruppe Wirtschafts- und Währungsunion, wirtschaftlicher und sozialer Zusammenhalt

Annahme in der Fachgruppe

17/10/2019

Verabschiedung auf der Plenartagung

30/10/2019

Plenartagung Nr.

547

Ergebnis der Abstimmung
(Ja-Stimmen/Nein-Stimmen/Enthaltungen)

137/0/4



Vorbemerkung

Diese Stellungnahme ist Teil eines Pakets von zwei Folgestellungnahmen zum Jahreswachstumsbericht [COM(2018) 770 final] bzw. zur Empfehlung zur Wirtschaftspolitik des Euro-Währungsgebiets [COM(2018) 759 final]. Die früheren Vorschläge des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses (EWSA) 1 sollen unter Berücksichtigung der jüngsten Entwicklungen und der Wirtschaftsprognosen für die EU und den Euroraum sowie der verschiedenen Berichte und Empfehlungen im Rahmen des laufenden Europäischen Semesters aktualisiert und weiterentwickelt werden. Dieses Paket bildet den Gesamtbeitrag der Zivilgesellschaft der EU zur Wirtschafts-, Sozial- und Umweltpolitik für den nächsten Zyklus des Europäischen Semesters, der im November 2019 beginnt. Der EWSA fordert die Europäische Kommission und den Rat auf, diesem Beitrag im Rahmen des nächsten „Herbstpakets“ des Europäischen Semesters und des damit verbundenen interinstitutionellen Entscheidungsprozesses Rechnung zu tragen.

1.Schlussfolgerungen und Empfehlungen

1.1Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss (EWSA) stellt mit Genugtuung fest, dass die Volkswirtschaften der EU und des Euro-Währungsgebiets sich in den letzten Jahren positiv entwickelt haben. Gleichzeitig ist er sich voll und ganz der Risiken bewusst, die zu einer Umkehrung dieses Trends führen könnten. Der EWSA weist darauf hin, dass die Wirtschaft der EU und die Wirtschaft des Euroraums derzeit stärker als gewöhnlich externen Risiken ausgesetzt sind. Als größte Unsicherheitsfaktoren können in diesem Zusammenhang der Brexit – insbesondere, wenn er unvermittelt und ohne Abkommen erfolgen sollte – und eine Eskalation der Handelskriege angesehen werden.

1.2Der EWSA ist davon überzeugt, dass die derzeitige Priorität der Wirtschaftspolitik in der EU und im Euroraum darin besteht, die Gefahr einer Rezession zu begrenzen und abzumildern und die EU-Wirtschaft auf einen Weg des nachhaltigen Wachstums zu führen. Um dieses Ziel zu erreichen, ist es von grundlegender Bedeutung, dass die expansive Geldpolitik der EZB mit einem positiven fiskalpolitischen Kurs im Euroraum und in der EU einhergeht, wobei die Grundsätze der Haushaltsdisziplin einzuhalten sind. Der EWSA ist davon überzeugt, dass es dringend erforderlich und an der Zeit ist, die Widerstandsfähigkeit zu erhöhen und das Potenzial für künftiges Wachstum aufrechtzuerhalten.

1.3Der EWSA stellt fest, dass in der EU und im Euroraum die Wachstumsrate bei den Investitionen derzeit höher ist als beim BIP und dass die Investitionsrate dadurch 2018 ihren höchsten Stand (20,5 %) seit 2008 (22,8 %) erreicht hat. Er ist jedoch der Auffassung, dass der Investitionsbedarf noch höher ist und zur Deckung dieses Investitionsbedarfs mehr Mittel in öffentliche und private Investitionen fließen müssen, insbesondere angesichts des höheren Investitionsniveaus in China und den USA.

1.4Der EWSA ist sich jedoch vollauf der Tatsache bewusst, dass diese wirtschaftliche Entwicklung nicht überall in der EU und im Euroraum einheitlich war und dass der Konvergenzprozess nach wie vor zu wünschen übrig lässt. Auch die Frage der Nachhaltigkeit ist für die EU eine immer komplexere Herausforderung.

1.5Der EWSA begrüßt, dass eine erheblich verbesserte Haushaltsdisziplin mehr Spielraum für eine stärkere fiskalpolitische Expansion eröffnet, wobei gleichzeitig alle Vorschriften für eine umsichtige Fiskalpolitik eingehalten werden müssen. Dieser Spielraum eröffnet sich sowohl auf einzelstaatlicher Ebene als auch auf EU-Ebene insgesamt. Der EWSA nimmt den Vorschlag zur Kenntnis, im Rahmen eines Pilotprojekts zur Stärkung der Fiskalpolitik auf der Ebene des Euro‑Währungsgebiets ein Haushaltsinstrument für Konvergenz und Wettbewerbsfähigkeit (BICC) einzuführen und es eng mit dem Reformhilfeprogramm zu verknüpfen. Der EWSA erwartet vom BICC und dem Reformhilfeprogramm eine erhebliche Unterstützung für Reformen und Investitionen sowohl im Euro-Währungsgebiet, als auch in den Mitgliedstaaten, die dem Euroraum nicht angehören. Er ist jedoch insgesamt der Auffassung, dass der Vorschlag der Europäischen Kommission für den MFR 2021-2027 möglicherweise nicht ausreichen wird, um die vorrangigen Programme erfolgreich umzusetzen, und bekräftigt seine Forderung, die zu diesem Zweck zur Verfügung stehenden Mittel aufzustocken.

1.6Gleichzeitig fordert der EWSA die Fortführung wirksamer Strukturreformen, die mit gezielten Investitionsstrategien einhergehen, und er unterstützt und würdigt ein Vorgehen gemäß dem sogenannten magischen Dreieck der aktuellen wirtschaftspolitischen Prioritäten, in dem Investitionsförderung, Strukturreformen und eine verantwortungsbewusste und umsichtige Fiskalpolitik in einem Gleichgewicht und in Wechselwirkung stehen. Angesichts der begrenzten öffentlichen Mittel unterstreicht der EWSA die entscheidende Bedeutung privater Investitionen, deren langfristiges Wachstum unmittelbar von einer glaubwürdigen Wirtschaftspolitik und dem Abbau von Haushaltsungleichgewichten abhängt. Die Bankenunion und die Kapitalmarktunion können dazu beitragen, das Investitionswachstum durch effizientere und flexiblere Kapitalströme zu beschleunigen. Die Verzögerungen bei der Umsetzung ihrer letzten verbleibenden Elemente allerdings erfüllt den EWSA mit Sorge.

1.7Der EWSA nimmt mit Besorgnis das breite Spektrum makroökonomischer Ungleichgewichte innerhalb der EU und des Euroraums zur Kenntnis. Er fordert die Europäische Kommission und die Mitgliedstaaten zu gemeinsamen Anstrengungen auf, um die Standpunkte der Mitgliedstaaten bei der Bewältigung des Problems der außenwirtschaftlichen Ungleichgewichte einander anzunähern, insbesondere angesichts der künftig noch zunehmenden externen Risiken.

1.8Der EWSA befürwortet uneingeschränkt den Grundsatz, dass Investitionen und Reformen Hand in Hand gehen und mit dem Grundsatz der Rechenschaftspflicht sowie dem Subsidiaritätsprinzip im Einklang stehen müssen.

1.9Der EWSA ist der Ansicht, dass die Prioritäten der europäischen Wirtschaft jetzt stärker auf die Ankurbelung der Binnennachfrage ausgerichtet sein sollten. Zugleich sollte seiner Ansicht nach die sehr positive Außenhandelsbilanz der EU für Waren und Dienstleistungen gleichmäßiger auf mehr Mitgliedstaaten verteilt werden.

1.10Der EWSA unterstützt nachdrücklich weitere Maßnahmen zur Verbesserung der Funktionalität und Homogenität des Binnenmarktes, insbesondere in den Marktsegmenten, die bislang noch nicht stärker integriert wurden und in denen zentrifugale Tendenzen zu beobachten sind. Mit Besorgnis nimmt er auch das Problem des Arbeitskräftemangels und das Missverhältnis zwischen Qualifikationsangebot und -nachfrage zur Kenntnis.

2.Hintergrund der Stellungnahme

2.1Aktuelle wirtschaftliche Entwicklung des Euroraums und der EU: Frühjahrs- und Sommerprognose der Europäischen Kommission

2.1.1Die Wirtschaft der EU und des Euroraums wächst schon das siebte Jahr in Folge, doch die Prognosen lassen Anzeichen einer künftigen Verschlechterung der Wirtschaftsleistung erkennen. Das bedeutet jedoch nicht, dass das Wachstum im gesamten Gebiet der EU und des Euroraums gleichmäßig war. Nach den Frühjahrs- und Sommerprognosen der Europäischen Kommission sollte sich der Wachstumskurs der Wirtschaft der EU und des Euroraums in diesem und im nächsten Jahr fortsetzen, allerdings wird sich das Tempo verlangsamen. Laut Sommerprognose steigt das Risiko einer Abschwächung des Wachstums.

2.1.2Dies ist vor allem auf äußere Faktoren zurückzuführen sowie darauf, dass die EU nur begrenzt in der Lage ist, ihr Rekordexportvolumen aufrechtzuerhalten. Zu den Hauptrisikofaktoren zählen die Auswirkungen des Brexits, vor allem, wenn er ohne Abkommen durchgeführt wird, und die Eskalation der Handelskriege in der Weltwirtschaft – diese sind jetzt stärker spürbar als beispielsweise noch vor einem Jahr.

 

2.1.3Zu den wichtigsten endogenen Faktoren gehören Schwierigkeiten, eine soziale und ökologische Nachhaltigkeit zu erzielen, und unzureichende Fortschritte bei der Konvergenz innerhalb der EU sowie eine ungleichmäßige Verteilung von Einkommen und Vermögen. Auch die Veränderungen, die wichtige Branchen (wie die Automobilindustrie oder der Energiesektor) durchlaufen, sind von großer Bedeutung. Anlass zur Sorge gibt auch die prognostizierte Verlangsamung des Wachstums bei der Kreditvergabe von jährlich 3,7 % auf 3,0 % im Laufe des Jahres 2019. 2

2.1.4In seiner Stellungnahme zur Wirtschaftspolitik des Euro-Währungsgebiets 2019 3 warnte der EWSA vor den Risiken einer neuen Wirtschaftskrise und rief die europäischen und nationalen Behörden dazu auf, zur Ermittlung dieser Risiken und zur Stärkung der Widerstandsfähigkeit der europäischen Wirtschaft einen koordinierten Ansatz zu verfolgen, insbesondere angesichts der Tatsache, dass zwei der großen europäischen Volkswirtschaften in der zweiten Hälfte des laufenden Jahres in eine Rezession geraten könnten.

2.1.5Obwohl die Wachstumsrate bei den Investitionen und das Investitionsvolumen sich dem Vorkrisenniveau angenähert oder dieses bereits wieder erreicht haben, ist der Investitionsbedarf der EU und im Euroraum immer noch größer als das derzeitige Investitionsniveau. Von diesem Standpunkt aus kann man von einem anhaltenden Investitionsdefizit in der EU und im Euroraum sprechen. Anlass zur Sorge geben auch die Prognosen über eine drastische Verlangsamung des Investitionswachstums in nächster Zukunft. Im Jahr 2018 stiegen die Investitionen der EU im Vergleich zum Vorjahr um 3,7 % an, doch Schätzungen zufolge wird der Investitionsanstieg in der EU und im Euroraum im laufenden und im nächsten Jahr nur noch 2,3 % betragen. 2018 erreichte die Investitionsrate mit 20,5 % des BIP den höchsten Wert seit 2008 (22,8 %). 4 Auch hier müsste Europa mit Blick auf die Zukunft jedoch wesentlich mehr Mittel bereitstellen, insbesondere für strategisch wichtige Aktivitäten und Branchen, die für Europa im globalen Kontext langfristig Wettbewerbsvorteile schaffen können.

2.1.6Die Beschäftigung hat erheblich zugenommen, und zwar in einem solchen Maße, dass viele Länder mit dem Problem des Arbeitskräftemangels konfrontiert sind und so ihr Wachstumspotenzial begrenzt wird. Dies trägt gleichzeitig dazu bei, innovative Prozesse und Verfahren auf der Grundlage der Automatisierung und Virtualisierung wirtschaftlicher Aktivitäten, bei denen keine physischen, manuellen und ungelernten Arbeitskräfte benötigt werden (wirtschaftliche Entkopplung), zu beschleunigen, die Arbeitskräfte intensiver auf neue Herausforderungen vorzubereiten und das Problem der strukturellen Arbeitslosigkeit zu bekämpfen. Darüber hinaus gibt es auf dem Arbeitsmarkt erhebliche Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten: Einige Mitgliedstaaten weisen nach wie vor Arbeitslosenquoten von über 10 % auf, und vielerorts ist die Jugendarbeitslosigkeit besorgniserregend hoch. Anlass zur Sorge können auch das schwache oder negative Wachstum der Reallöhne in einigen Mitgliedstaaten oder das Problem der Armut trotz Erwerbstätigkeit geben.

2.2Haushaltspolitik

2.2.1Durch die Verbesserung der Haushaltsdisziplin in Verbindung mit sehr niedrigen Zinssätzen werden günstige Voraussetzungen für die Finanzierung sowie Möglichkeiten für unterstützende fiskalpolitische Maßnahmen in einigen Mitgliedstaaten geschaffen, was sich positiv auf die Binnennachfrage auswirkt. Der EWSA fügt hinzu, dass eine verantwortungsvolle Haushaltspolitik auch die Einnahmenseite des Haushalts und somit die wirksame Bekämpfung von Steuerbetrug betrifft, wodurch zusätzliche Mittel für die Finanzierung öffentlicher Investitionen erschlossen werden können.

2.2.2Es wird auch Spielraum für die Stärkung der Rolle der Haushaltspolitik im Euro‑Währungsgebiet geschaffen. Ein wichtiger Schritt dazu ist der Vorschlag zur Einführung eines Haushaltsinstruments für Konvergenz und Wettbewerbsfähigkeit (BICC) 5 , das durch die finanzielle Förderung von Reformen und Investitionen in den einzelnen Mitgliedstaaten dazu beitragen soll, die wirtschaftliche Widerstandsfähigkeit der WWU zu erhöhen. Der EWSA bekräftigt seinen Standpunkt, den er bereits in seiner Stellungnahme zum Mehrjährigen Finanzrahmen für die Zeit nach 2020 6 vertreten hat, dass nämlich die für den MFR 2021-2027 vorgeschlagenen Mittel und damit auch die Mittel zur Durchführung von Strukturreformen sowie zur Förderung von Konvergenz und Wettbewerbsfähigkeit im Euro-Währungsgebiet nicht ausreichen werden. Für den nächsten MFR fordert der Ausschuss genauso wie das Europäische Parlament der Ausschuss der Regionen Mittel in Höhe von 1,3 % des BNE.

2.2.3Wesentlicher Bestandteil dieses Instruments sollte ein Rahmen für die Festlegung von Reform‑ und Investitionsstrategien sein, die mit seiner Hilfe gefördert werden. Auf der Grundlage eines Vorschlags der Europäischen Kommission 7 wird der Rat der Europäischen Union (nach Erörterung innerhalb der Eurogruppe) eine Strategie für Reform- und Investitionsprioritäten für den Euroraum als Ganzes festlegen. Danach verabschiedet der Rat der Europäischen Union eine Empfehlung, die vorrangige Leitlinien für die einzelnen Länder des Euroraums zu Reformen und Investitionen enthält, die durch das BICC in Form von Subventionen gefördert werden sollen.

2.3Wirtschafts- und Währungspolitik

2.3.1Wirksame Strukturreformen – verbunden mit zielgerichteten Investitionsstrategien und begleitet von einem verantwortungsbewussten haushaltspolitischen Ansatz bei gleichzeitiger Wahrung der Grundsätze für eine nachhaltige Entwicklung – sind für die Wirtschaftspolitik der EU, des Euroraums und der einzelnen Mitgliedstaaten für den bevorstehenden Zeithorizont, zumindest mittelfristig, von entscheidender Bedeutung.

2.3.2Für den Gipfel der Eurogruppe wurde ein Dokument veröffentlicht, in dem eine Bilanz der Situation und der Perspektiven des Euroraums gezogen wird. 8 Die Frage des Euroraums wurde auch im Zusammenhang mit den Bemühungen um eine Stärkung der internationalen Position des Euro erörtert. 9 Es scheint, dass dem Euroraum weitere Mitglieder beitreten werden, da nach den Bemühungen Bulgariens im letzten Jahr, die notwendigen Schritte für den Beitritt zum einheitlichen europäischen Währungsraum zu unternehmen, in diesem Jahr auch Kroatien solche Schritte eingeleitet hat. Gleichzeitig ruft der EWSA die übrigen, nicht dem Euroraum angehörenden Mitgliedstaaten dazu auf, Pläne zu erarbeiten und umzusetzen, die ihnen in naher Zukunft einen nachhaltigen Übergang zum Euro-Währungsgebiet ermöglichen.

2.3.3Unter den jüngsten Schritten, die zur Stärkung des Euroraums beigetragen haben, ist ganz sicher auch die Umsetzung einer gemeinsamen Sicherung für den Einheitlichen Abwicklungsfonds zur Krisenbewältigung (Single Resolution Fund) von Bedeutung, deren Grundsätze bereits im Jahr 2012 vereinbart worden waren und durch die die Rolle des Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) gestärkt wurde. Es wurden Maßnahmen zur Schaffung eines europäischen Einlagensicherungssystems ergriffen, das eine wichtige Voraussetzung für die Vollendung der Bankenunion ist. Das Haushaltsinstrument für Konvergenz und Wettbewerbsfähigkeit für den Euroraum wurde als Teil des künftigen EU-Haushalts umrissen. Bei der Stärkung der internationalen Rolle des Euros konnten Fortschritte erzielt werden, aber viel mehr noch kann durch gemeinsame Anstrengungen der Mitgliedstaaten und der EU‑Institutionen erreicht werden.

2.4Strukturpolitik und Reformen

2.4.1Die diesjährigen länderspezifischen Empfehlungen zeigen, dass Anstrengungen unternommen werden, um das so genannte magische Dreieck aus Investitionsförderung, Strukturreformen und verantwortungsbewusster Haushaltspolitik zu fördern, wobei den konkreten Bedürfnissen der einzelnen Mitgliedstaaten so weit wie möglich Rechnung getragen wird.

2.4.2Um strukturelle Störungen und Probleme der EU-Volkswirtschaften bewältigen, ihre Widerstandsfähigkeit erhöhen und ihr langfristiges Wachstumspotenzial im Kontext zunehmender globaler wirtschaftlicher Risiken ausschöpfen zu können, müssen (auf der Ebene der Mitgliedstaaten und der gesamten EU) die notwendigen Reformen formuliert und ihre Umsetzung beschleunigt und intensiviert werden.

2.4.3Wichtig sind auch die Wiederherstellung des symmetrischen Gleichgewichts in der EU und im Euroraum und die Beseitigung makroökonomischer Ungleichgewichte, die in vielerlei Hinsicht bestehen. Neben Problemen mit ihrem Außensaldo, vor allem mit ihren Leistungsbilanzen, weisen einige Länder noch weitere Anzeichen für makroökonomische Ungleichgewichte auf, etwa eine hohe Verschuldung des öffentlichen und privaten Sektors, einen dynamischen Anstieg der Immobilienpreise, steigende Lohnstückkosten oder verschiedenste Arten von außenwirtschaftlichen Ungleichgewichten.

2.4.4Bei den Strukturreformen geht es auch darum, das Umfeld und die Qualität des Binnenmarktes zu stärken und die Komplementarität der Binnenmarktpolitik mit den nationalen Strukturreformen zu verbessern, wobei ein Höchstmaß an Übereinstimmung erreicht werden sollte.

2.5Governance des Euroraums

2.5.1Die länderspezifischen Empfehlungen umfassen Vorschläge und Leitlinien zur Stärkung der Funktionsweise und Governance der WWU sowie der Widerstandsfähigkeit der Volkswirtschaften des Euroraums gemäß der wirtschaftspolitischen Empfehlung für den Euroraum 2019 und zu Fortschritten auf dem Gebiet der sozialen Konvergenz in Übereinstimmung mit der europäischen Säule sozialer Rechte. Auf jeden Fall scheint die EU erneut in eine Phase einzutreten, in der wirtschaftspolitische Maßnahmen eng mit dem Umfeld des Euroraums verknüpft sind und ein Verbleib außerhalb des Euroraums mit einem erhöhten Risiko der Marginalisierung des betreffenden Mitgliedstaats einhergehen kann, insbesondere in einer Situation, in der die Position des Euroraums im künftigen mehrjährigen Finanzrahmen der EU immer offensichtlicher gestärkt werden soll. Der EWSA legt Wert auf das Gleichgewicht zwischen allen Säulen der WWU, wie er in seiner Stellungnahme zu einer neuen Vision für die Vollendung der Wirtschafts- und Währungsunion 10 deutlich gemacht hat.

3.Allgemeine Bemerkungen

3.1Nach Ansicht des EWSA befindet sich die europäische Wirtschaft zum jetzigen Zeitpunkt des Wechsels in den Schlüsselpositionen der EU-Organe in einer besseren Lage als vergleichsweise bei der letzten Neubesetzung wichtiger EU-Posten im Jahr 2014. Gleichzeitig ist sich der EWSA jedoch voll und ganz der Risiken (siehe die Ziffern 2.1.1 bis 2.1.3), die zu einer Umkehrung dieser Entwicklung führen können, wie auch der strategischen Herausforderungen bewusst, die im Hinblick auf die künftige wirtschaftliche Entwicklung zu bewältigen sind.

3.2Allerdings sollten die europäischen Institutionen und die Mitgliedstaaten aufgrund der derzeitigen Verlangsamung des im Übrigen im Euroraum noch nie besonders starken Wachstums (aktuell bestätigt beispielsweise durch die niedrigen Septemberwerte des Indexes für das Wirtschaftsklima) und des Anstiegs von Risikofaktoren für Krisen jetzt Schritte unternehmen, um das wichtigste Ziel der europäischen Wirtschaftspolitik umzusetzen, nämlich wirksame Präventivmaßnahmen zu erarbeiten, um das Zurückfallen in eine allgemeine Rezession zu verhindern, und die Wirtschaft des Euro-Währungsgebiets und der EU auf ein nachhaltiges Wachstum neu auszurichten. Zu diesem Zweck müssen die Fiskalpolitik und die Geldpolitik aufeinander abgestimmt werden. Nach Ansicht der EZB kann die lockere Geldpolitik in nächster Zeit nicht verschärft werden, da dies negative Folgen für das Wirtschaftswachstum hätte. Es gibt jedoch Spielraum für eine wachstumsfreundliche Fiskalpolitik. Die Mitgliedstaaten mit erheblichen Leistungsbilanzüberschüssen sollten diese fiskalpolitischen Anstrengungen in größerem Maße leisten, die unter der Voraussetzung, dass nachhaltige Investitionen getätigt werden, ihren Volkswirtschaften und Gesellschaften zusätzliche Vorteile bringen können. Nach Ansicht des EWSA sollten eine Geldpolitik und eine Fiskalpolitik, die Wachstum und vor allem Investitionen fördern, sowie Strukturreformen zur Kräftigung der wirtschaftlichen Widerstandsfähigkeit die drei Achsen der Wirtschaftspolitik bilden, mit der auf die derzeitige Situation reagiert wird.

3.3Daher teilt der EWSA die Auffassung, dass die Widerstandsfähigkeit der EU-Wirtschaft und des Euroraums gegenüber globalen negativen Faktoren gestärkt werden muss, die die reibungslose Handels- und Investitionstätigkeit in der Welt bedrohen, die Unsicherheit erhöhen und die Bedingungen an den internationalen Finanzmärkten verschärfen. Der EWSA empfiehlt, die Prioritäten der europäischen Wirtschaft mittelfristig stärker auf die Befriedigung der Binnennachfrage auszurichten. Zugleich sollte die sehr günstige Außenhandelsbilanz für Waren und Dienstleistungen gleichmäßiger auf mehr Mitgliedstaaten verteilt werden. Viele Mitgliedstaaten werden grundsätzliche Strukturreformen durchführen müssen, da ihre derzeitige Leistungsfähigkeit bei einer Reihe von Indikatoren in Bezug auf die Wettbewerbsfähigkeit unter diesem Gesichtspunkt gefährdet ist.

3.4Der EWSA ist überzeugt, dass die Widerstandsfähigkeit der europäischen Wirtschaft und ihr Potenzial für künftiges Wachstum dringend gestärkt werden müssen und dass nun der richtige Zeitpunkt dafür gekommen ist. Sinkt die Wirtschaftsleistung in nicht allzu ferner Zukunft, kann dies die vorherrschenden strukturellen Probleme und Mängel, einschließlich der sich daraus ergebenden sozialen Folgen, noch verstärken. Im Interesse einer verantwortungsvollen Haushaltpolitik ist es unbedingt erforderlich, für ein – wenn auch fragiles und schwer aufrechtzuerhaltendes – Gleichgewicht zu sorgen zwischen zum einen den von den hochverschuldeten Ländern geleisteten Anstrengungen, ihre Schuldenquoten zu senken und Haushaltsreserven aufzubauen, und zum anderen der Fähigkeit der Länder mit Haushaltsüberschüssen oder ausgeglichenen Haushalten, haushaltspolitische Spielräume für Investitionen, insbesondere für öffentliche Investitionen zu nutzen.

3.5Der EWSA begrüßt den Vorschlag für ein Haushaltsinstrument für Konvergenz und Wettbewerbsfähigkeit (BICC). Er verlangt jedoch eine frühzeitige konkrete Definition und eine funktionelle Verknüpfung zwischen diesem und dem neu vorgeschlagenen Programminstrument zur Förderung von Reformen. Es ist von entscheidender Bedeutung, dass mit dem Reformhilfeprogramm Reformen und Investitionen in Ländern außerhalb des Euroraums erheblich unterstützt werden, ohne die spezifischen, auf das Euro-Währungsgebiet ausgerichteten Ziele des BICC zu gefährden. Der EWSA fordert die Europäische Kommission ferner auf, transparente Indikatoren festzulegen, die im Rahmen des BICC zur Bewertung seiner Leistung und seiner Ergebnisse verwendet werden. In diesem Zusammenhang fordert der EWSA im Einklang mit den Schlussfolgerungen seiner Stellungnahme „Eine neue Vision für die Vollendung der Wirtschafts- und Währungsunion“ 11 eine stärkere Einbeziehung des Europäischen Parlaments, der Sozialpartner und der Zivilgesellschaft.

3.6Für sehr positiv hält der EWSA, dass das BICC auch ein integraler Bestandteil des Europäischen Semesters sein soll, da sich die Unterstützung vor allem auf die Bereiche richten sollte, die Gegenstand der Empfehlungen des Europäischen Semesters sind.

3.7Der EWSA unterstützt das Hauptziel des BICC, durch eine verstärkte Koordinierung von Reformen und Investitionsplänen im Euroraum ein höheres Maß an Konvergenz und eine höhere Wettbewerbsfähigkeit zu erzielen. Um dieses Ziel zu erreichen, sollte die Europäische Kommission nach Ansicht des EWSA mithilfe einer transparenten Methode ein Konzept für die Aufteilung der Finanzmittel zwischen den einzelnen Ländern erarbeiten.

3.8Der EWSA begrüßt, dass die diesjährigen länderspezifischen Empfehlungen sehr gut auf die Bedürfnisse zielgerichteter Investitionsstrategien abgestimmt sind. Darüber hinaus sollten die länderspezifischen Empfehlungen und das Europäische Semester im Allgemeinen ab dem nächsten Jahr als strategische wirtschaftspolitische Leitlinien der EU dienen, da die Strategie Europa 2020 ausläuft und es noch keinen Nachfolger gibt. Das Europäische Semester sollte in diesem Zusammenhang auch den Zielen der europäischen Säule sozialer Rechte und der Strategie für nachhaltige Entwicklung 2030 Rechnung tragen.

3.9Der EWSA begrüßt die Schlussfolgerungen des Gipfels der Eurogruppe vom 21. Juni 12 , auf dem nicht nur die Entwicklung des Euro-Währungsgebiets seit dem Bericht der fünf Präsidenten im Jahr 2015 objektiv bestimmt wurde, sondern vor allem neue Ziele definiert wurden, insbesondere die deutliche Stärkung des Gewichts des Euroraums im künftigen neuen mehrjährigen Finanzrahmen der EU.

3.10Der EWSA ist der Überzeugung, dass sich der Euroraum im Herbst 2019 völlig von dem Euroraum vor gerade einmal zehn Jahren unterscheidet, der damals unvorbereitet mit einer beispiellos schweren Krise konfrontiert war, die mit den zur Verfügung stehenden Instrumenten nicht erfolgreich bewältigt werden konnte. Während der letzten vier bzw. fünf Jahre hat der Euroraum jedoch gezeigt, dass er stärker geworden ist. Er hat Lehren aus der Krise gezogen und wird dies auch künftig tun. Dazu sollte nicht nur die Fähigkeit gehören, auf mehrere Jahre hinaus zu planen, sondern auch die dazu erforderlichen Mittel wirklich bereitstellen, um die europäische Wirtschaft widerstandsfähiger zu machen (was nicht immer der Fall ist).

3.11Der EWSA ist der Auffassung, dass derzeit zum einen die Ära der Einführung der strukturellen Komponenten des Euroraums vollendet wird, die in Krisenzeiten merklich und fatal fehlten, dass die Union jedoch zugleich ehrgeizig voranschreitet und bemüht ist, die fiskalische Position des Euroraums erheblich zu stärken (die sowohl von den Anhängern als auch von den Gegnern der Währungsunion in Europa fast übereinstimmend als bisher sehr ungenügend bezeichnet wird). Das vorgeschlagene Programm zur Unterstützung von Reformen könnte zusammen mit der Europäischen Investitionsstabilisierungsfunktion zu einem Pilotprojekt werden, auf dessen Grundlage der Euroraum erheblichen und entscheidenden Einfluss auf den künftigen europäischen Haushalt nehmen wird. Wenn dies in der Praxis geschieht, sollten also bestimmte Haushaltsposten (momentan noch sehr wenige) nur noch den Mitgliedern des Euro‑Währungsgebiets zur Verfügung stehen.

3.12Der EWSA ist der Auffassung, dass es zwischen den Leistungsbilanzen der Mitgliedstaaten auf dem Gebiet der EU nach wie vor erhebliche Unterschiede gibt und dass auch in Bezug auf die wirtschaftspolitischen Instrumente und Ziele keine einheitliche Auslegung existiert. Einige Länder mit zuvor chronischen Leistungsbilanzdefiziten haben diese zwar erheblich verringert, gleichzeitig sind jedoch in mehreren Mitgliedstaaten weiterhin hohe Leistungsbilanzüberschüsse zu verzeichnen. Es ist wichtig, den Abstand zwischen beiden Ländergruppen zu verkleinern, da sonst die Gefahr besteht, dass sich eine europäische Wirtschaft der zwei Geschwindigkeiten herausbildet und verfestigt. Die Wege zur Annäherung sollten darauf beruhen, dass die Defizitländer in größerem Umfang Maßnahmen zur Steigerung ihrer Wettbewerbsfähigkeit und Produktivität ergreifen (gemäß den im Europäischen Semester verwendeten Indikatoren) und dass sich die Überschussländer stärker auf Faktoren konzentrieren, die die Gesamtnachfrage stärken, beispielsweise durch robustere Investitionen mit positiven Auswirkungen auf die Schaffung gut bezahlter hochwertiger Arbeitsplätze.

3.13Der EWSA befürwortet das allgemeine Ziel der länderspezifischen Empfehlungen für den Zeitraum 2019–2020, mit dem die Mitgliedstaaten ermutigt werden sollen, ihre Volkswirtschaften zu modernisieren, um so ihr Wachstumspotenzial zu steigern und ihre Widerstandsfähigkeit zu stärken. Dabei darf nicht vergessen werden, dass in einigen Ländern erhebliche sozioökonomische Unterschiede bestehen. Die wirtschaftliche Entwicklung dieser Länder verläuft sehr ungleichmäßig, was ein wesentliches Hindernis für ihr künftiges wirtschaftliches Wachstum darstellt. Wichtig ist auch der Einsatz von Instrumenten zum Abbau der sozialen Ungleichheiten und zur Stärkung des sozialen Zusammenhalts.

3.14Der EWSA ist der Ansicht, dass Investitionen und Reformen Hand in Hand gehen müssen, was zu einem Zeitpunkt, da der mehrjährige Finanzrahmen der EU für die Jahre 2021–2027 endgültig genehmigt wird, besonders wichtig ist. Auch der Grundsatz der Rechenschaftspflicht und das Subsidiaritätsprinzip sollten von den Mitgliedstaaten uneingeschränkt geachtet werden. Obwohl der EU-Haushalt kein Allheilmittel zur Deckung des gesamten festgestellten Investitionsbedarfs ist, kann eine angemessene Ausrichtung seiner Ressourcen doch einen erheblichen Beitrag zur Beseitigung konkret festgestellter Investitionslücken leisten, auf die in den diesjährigen länderspezifischen Empfehlungen ausführlich eingegangen wurde. Auch hier bietet sich die Möglichkeit einer viel engeren Verknüpfung zwischen dem künftigen EU‑Haushalt und dem Europäischen Semester, wodurch die begrenzten Finanzmittel besser auf den tatsächlichen Bedarf ausgerichtet werden können, während den Effizienzkriterien und quantifizierten Ergebnissen Rechnung getragen wird.

3.15Angesichts der begrenzten öffentlichen Mittel unterstreicht der EWSA die entscheidende Bedeutung der Investitionen des Privatsektors, deren langfristiges Wachstum direkt proportional zu einer glaubwürdigen Wirtschaftspolitik und dem Abbau von Haushaltsungleichgewichten ist.

4.Besondere Bemerkungen

4.1Angesichts der weltweiten Unsicherheit in Bezug auf Wirtschaft, Handel und Investitionen wird es zunehmend wichtig, dass die Union unabhängig wird, indem der Binnenmarkt gestärkt wird. Der EWSA ist der Überzeugung, dass ein gut funktionierender und homogener Binnenmarkt dazu beitragen kann, einige der festgestellten Ungleichgewichte zu beseitigen. Auf den Dienstleistungsmärkten herrscht ein relativ gesehen geringerer Integrationsgrad. Bei technologisch neuen Entwicklungen besteht die Gefahr, dass sie sich ohne entsprechende Vorschriften nur in einigen Ländern ausbreiten, dass also die in einzelnen Mitgliedstaaten gewählten Lösungen EU-weit nicht untereinander kompatibel sind. Ebenso sollte der freie Kapitalverkehr durch die Bankenunion und die Kapitalmarktunion effizienter und flexibler gestaltet werden. Zugleich äußert der EWSA seine Bedenken über die Verzögerungen bei der Umsetzung der verbleibenden Elemente der Bankenunion und der Kapitalmarktunion. Die geplante Finanzunion bildet eine wichtige Plattform zur Förderung alternativer Formen und Möglichkeiten der Finanzierung. Was die Notwendigkeit der Integration des Binnenmarktes betrifft, so besteht der größte Spielraum nach wie vor auf dem Arbeitsmarkt und im Bereich Steuern und Steuervorschriften (bislang gehört der Bereich der direkten Steuern in die ausschließliche Zuständigkeit der Mitgliedstaaten).

4.2Der EWSA begrüßt, dass das Europäische Semester in diesem Jahr den Schwerpunkt auf die Investitionstätigkeit gelegt hat, was den Mitgliedstaaten geholfen hat, ihre Investitionsprioritäten dort besser zu definieren, wo sich dies makroökonomisch am besten auszahlt. Gleichzeitig wurden regulatorische und strukturelle Hindernisse auf der Ebene der Mitgliedstaaten und der EU als Ganzem als Schlüsselfaktoren dafür ermittelt, dass das langfristige Wachstumspotenzial der europäischen Wirtschaft nicht ausgeschöpft wird.

4.3Für eine gesunde und rationale Investitionsstrategie ist nach Ansicht des EWSA auch ein Klima des Unternehmervertrauens, der Berechenbarkeit und der Rechtssicherheit unter uneingeschränkter Achtung der Rechtsstaatlichkeit und der sozialen Gerechtigkeit von grundsätzlicher Bedeutung.

4.4Der EWSA betrachtet den unnötigen Verwaltungsaufwand nach wie vor als erhebliches Hindernis. Abhilfe kann durch die Einführung von Digitalisierungssystemen für öffentliche Dienstleistungen geschaffen werden. Die Digitalisierung gilt zu Recht als Schlüsselfaktor für Produktivität, Wettbewerbsfähigkeit und Wachstum. Bei der Digitalisierung müssen der gesellschaftliche Konsens und die Ergebnisse des zu diesem Zwecke durchgeführten sozialen Dialogs berücksichtigt werden.

4.5Der EWSA hält auch den Fachkräftemangel und das Missverhältnis zwischen angebotenen und benötigten Qualifikationen der Arbeitskräfte für ein Hindernis für die Stärkung der Investitionstätigkeit.

4.6Der EWSA betont, dass Investitionstätigkeiten zunehmend mit intensiven Forschungs- und Innovationstätigkeiten zu verknüpfen sind. Es geht nicht nur um den Umfang der investierten Mittel, sondern auch um eine signifikante Verbesserung der Qualitätsparameter der getätigten Investitionen. Allerdings ist der Investitionsbedarf in den verschiedenen Teilen der EU unterschiedlich hoch. Ein erheblicher Investitionsbedarf besteht nicht nur in Regionen mit Entwicklungsrückstand, sondern auch in Regionen, in denen ein erheblicher technologischer Wandel stattfindet, sowie in den Regionen, die führend in bestimmten Bereichen sind und diese Position behaupten wollen.

Brüssel, den 30. Oktober 2019

Luca JAHIER

Präsident des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses

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(1)    Vgl. die EWSA-Stellungnahmen zum „Jahreswachstumsbericht 2019“, ABl. C 190 vom 5.6.2019, S. 24 , und zur „Wirtschaftspolitik des Euro-Währungsgebiets 2019“, ABl. C 159 vom 10.5.2019, S. 49 .
(2)     Wirtschaftsprognose (Frühjahr 2019) der Europäischen Kommission .
(3)     ABl. C 159 vom 10.5.2019, S. 49 .
(4)    Quelle: Eurostat.
(5)     Term sheet on the Budgetary Instrument for Convergence and Competitiveness , Euro Gruppe, 14. Juni 2019.
(6)    Einschlägige Schlussfolgerungen zur Effizienz der Verwendung der Haushaltsmittel enthält die Stellungnahme des EWSA zum „Mehrjährigen Finanzrahmen für die Zeit nach 2020“, ABl. C 440 vom 6.12.2018, S. 106 .
(7)     COM(2019) 354 final .
(8)     COM(2019) 279 final .
(9)    Stellungnahme des EWSA zum Thema Hin zu einer stärkeren internationalen Rolle des Euro, ABl. C 282 vom 20.8.2019, S. 27 .
(10)     ABl. C 353 vom 18.10.2019, S. 32 .
(11)     ABl. C 353 vom 18.10.2019, S. 32 .
(12)     COM(2019) 279 final .