Europäischer Wirtschafts- und Sozialausschuss
TEN/680
MFR und ITER
STELLUNGNAHME
Fachgruppe Verkehr, Energie, Infrastrukturen, Informationsgesellschaft
Vorschlag für einen Beschluss des Rates zur Änderung der Entscheidung 2007/198/Euratom über die Errichtung des europäischen gemeinsamen Unternehmens für den ITER und die Entwicklung der Fusionsenergie sowie die Gewährung von Vergünstigungen dafür
[COM(2018) 445 final – 2018/0235 (NLE)]
Berichterstatter: Ulrich SAMM
Befassung
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Europäische Kommission, 12/07/2018
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Rechtsgrundlage
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Artikel 304 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union
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Zuständige Fachgruppe
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Fachgruppe Verkehr, Energie, Infrastrukturen, Informationsgesellschaft
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Annahme in der Fachgruppe
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20/11/2018
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Verabschiedung auf der Plenartagung
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DD/MM/YYYY
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Plenartagung Nr.
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…
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Ergebnis der Abstimmung
(Ja-Stimmen/Nein-Stimmen/Enthaltungen)
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…/…/…
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1.Schlussfolgerungen und Empfehlungen
1.1Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss (EWSA) hält fest, dass saubere Energie ein vorrangiges Ziel ist und die Fusionsenergie hierfür als eine mögliche langfristige Lösung anerkannt wird, wobei Europa bei der Entwicklung kohlenstofffreier nachhaltiger Fusionstechnologien, die zur Sicherung unseres Energiemixes beitragen, eine Vorreiterrolle übernimmt.
1.2Der EWSA betont, dass die für die Entwicklung eines Fusionskraftwerks erforderlichen umfangreichen langfristigen Investitionen weiterhin ein gewisses industrielles Risiko bergen, mit der erfolgreichen Realisierung eines Fusionskraftwerks jedoch ein neuer Faktor ins Spiel käme, der die derzeitige Energieversorgung durch eine disruptive Innovation erheblich verändern würde, da der Fusionsbrennstoff in ausreichendem Maße zur Verfügung stünde und eine nahezu unerschöpfliche Energiequelle wäre.
1.3In dem Vorschlag werden die zentralen Herausforderungen im Zusammenhang mit dem nächsten MFR thematisiert, um die positive Dynamik des ITER-Projekts fortzusetzen. Durch die Zusammenarbeit sieben globaler Partner (EU, Vereinigte Staaten, Russland, Japan, China, Südkorea und Indien) wird derzeit in Cadarache (Frankreich) der erste Fusionsreaktor ITER mit einer Wärmeleistung von 500 MW errichtet. Er soll im Jahr 2025 in Betrieb gehen, und der Vollbetrieb (500 MW) ist für 2035 vorgesehen. Der EWSA begrüßt die guten Fortschritte der letzten Jahre, nachdem Probleme durch eine grundlegende Reform des ITER-Projekts (neues Management und ein überarbeiteter Zeitplan in Verbindung mit der ITER-Ausgangsbasis) gelöst worden waren.
1.4Der EWSA fordert die Kommission auf, stärker in den Blickwinkel zu rücken, dass das ITER‑Projekt unbedingt mit der von EUROfusion betriebenen europäischen Fusionsforschung verbunden werden muss, die über das Programm für Forschung und Ausbildung (EURATOM) finanziert wird und den Joint European Torus (JET), eine wichtige, in Culham (Vereinigtes Königreich) angesiedelte Versuchsanlage betreibt. Neben dem Bau des ITER bedarf es auch einer gründlichen Vorbereitung, und nur eine starke europäische Forschungsgemeinschaft kann die flankierenden Programme und die Führungsrolle Europas aufrechterhalten.
1.5Der EWSA weiß um den Mehrwert der EU, der sich im Erfolg von EUROfusion zeigt, dem Forschungsprogramm in Europa, an dem bei weitem die meisten Mitgliedstaaten (außer Luxemburg und Malta) beteiligt sind und das mit seinen grundlegenden Projekten dazu beiträgt, dass die EU in diesem Bereich weltweit führend ist.
1.6Der EWSA begrüßt, dass der neue, von EUROfusion entwickelte europäische Fahrplan für die Verwirklichung der Fusionsenergie den Weg hin zu einem ersten Fusionskraftwerk klar absteckt – mit den Zielen einer verstärkten Beteiligung der Industrie, der Ausbildung von Fusionswissenschaftlern und -ingenieuren in ganz Europa und einer engen Zusammenarbeit mit Drittländern. Der Fahrplan basiert auf der Annahme, dass der ITER 2035 im Routinebetrieb bei hoher Leistung ist. Auf der Grundlage der Ergebnisse ist die Konzeption eines ersten Fusionskraftwerks (DEMO), das erstmals Strom für das Netz liefert, etwa 2040 abgeschlossen. Dann kann mit dem Bau begonnen werden.
1.7Der EWSA weiß, dass das ITER-Projekt mit erheblichen Problemen zu kämpfen hat, die nur im JET gelöst werden können, und teilt daher die Bedenken betreffend die Auswirkungen des Brexits auf die Weiterführung von JET. Zur Minimierung der Risiken beim ITER-Betrieb und zur Optimierung seines Forschungsplans ist es nach Auffassung des EWSA wichtig, dass der JET in dem Zeitraum zwischen 2020 und dem Erstbetrieb des ITER weiterbetrieben wird (als Anlage der EU oder als Gemeinschaftsanlage der EU und des Vereinigten Königreichs), da es keine Auffanglösungen für den Ausfall des JET in dieser Zeit gibt.
1.8Der Kommissionsvorschlag enthält den ITER-Haushalt, doch wird die Frage ausgeklammert, ob der für das flankierende Kernfusionsforschungsprogramm erforderliche Haushalt angemessen ist. Der EWSA betont, dass die Mittel für EUROfusion im Zeitraum 2021-2025 im Einklang mit den Zielen des Fahrplans für die Kernfusion stehen müssen, in dem die Arbeiten für den ITER von zentraler Bedeutung sind.
1.9Der EWSA begrüßt die Zweckdienlichkeit der Investitionen in die Fusionstechnologie für Industrie und KMU. Im Zeitraum 2008-2017 wurden im Rahmen von „Fusion for Energy“ Aufträge und Zuschüsse in Höhe von rund 3,8 Mrd. EUR in ganz Europa vergeben. Mindestens 500 Unternehmen, darunter KMU, und über 70 FuE-Organisationen aus ca. 20 verschiedenen Mitgliedstaaten und der Schweiz haben von Investitionen in ITER-Tätigkeiten profitiert. Darüber hinaus haben ITER-Partner aus Drittländern ebenfalls Verträge mit der europäischen Industrie unterzeichnet, um die Fertigung ihrer eigenen Komponenten für den ITER zu fördern, wodurch zusätzliche neue Arbeitsplätze für die europäischen Unternehmen entstehen und ihr Wachstum gefördert wird. Der EWSA nimmt zur Kenntnis, dass der größte Nettoeffekt der ITER-Investitionen in Form von Spin-offs und Technologietransfers, die neue Geschäftsmöglichkeiten in anderen Wirtschaftszweigen eröffnen, erzielt wird.
1.10Der EWSA ist davon überzeugt, dass die europäische Kernfusionsforschung im Allgemeinen und die Realisierung des ITER im Besonderen als herausragendes Beispiel für die Wirksamkeit gemeinsamer europäischer Projekte dienen kann. Die auf europäischer Ebene finanzierten und mit vereinten Anstrengungen erzielten Ergebnisse müssen den Bürgerinnen und Bürgern vermittelt werden, um ihr Vertrauen in Wissenschaft und Forschung zu stärken und ihr Bewusstsein für die Bedeutung der Europäischen Union zu schärfen.
2.Einleitung
2.1ITER (International Thermonuclear Experimental Reactor) ist ein Projekt der internationalen wissenschaftlichen Zusammenarbeit, das 2005 von sieben globalen Partnern (ITER-Partner: EU, Vereinigten Staate, Russland, Japan, China, Südkorea und Indien) auf den Weg gebracht wurde. Ziel des Projekts ist es, die wissenschaftliche und technologische Realisierbarkeit der Fusionsenergie zu friedlichen Zwecken durch den Bau und Betrieb des ersten 500 MW‑Fusionsreaktors ITER in Cadarache (Frankreich) zu demonstrieren. Der EWSA hat dieses Projekt bereits in mehreren Stellungnahmen
unterstützt. Der ITER ist die nächste Etappe auf dem Weg zur Fusionsenergie, der innovativsten und vielversprechendsten nachhaltigen Energiequelle, mit der zum einen der zunehmende Energiebedarf gedeckt und zum anderen die Entwicklung erneuerbarer Energien gefördert werden kann.
2.2Im Jahr 2015 wurde im Rahmen einer umfassenden Reform des ITER-Projekts ein neues Management für die ITER-Organisation (IO) und für „Fusion for Energy“ (F4E) ernannt. Ein überarbeiteter Zeitplan in Verbindung mit der ITER-Ausgangsbasis wurde am 19. November 2016 vom ITER-Rat gebilligt. In diesem Zeitplan ist als frühestmögliches technisch machbares Datum für das erste Plasma Dezember 2025 vorgesehen; der Vollbetrieb (500 MW) unter Verwendung von Deuterium-Tritium-Brennstoff soll demnach im Jahr 2035 aufgenommen werden. Die positive Einschätzung der Fortschritte des ITER-Projekts in den letzten Jahren wurde durch unabhängige Bewertungen bekräftigt, in denen die Stabilisierung des Projekts und eine realistische Grundlage für seinen Abschluss bestätigt werden.
2.3Die EU trägt durch die Mitgliedsstelle „Fusion for Energy“ (F4E) mit Sitz in Barcelona (Spanien) zur ITER-Organisation bei. F4E ist ein gemäß Kapitel 5 des Euratom-Vertrags errichtetes gemeinsames Unternehmen. Gemäß seiner Satzung verfügt es – auf Empfehlung des Rates der EU – über ein eigenes Haushaltsentlastungsverfahren durch das Europäische Parlament. Im Jahr 2015 wurde eine neue F4E-Finanzverordnung verabschiedet; die Verantwortung für die Überwachung des ITER und somit der F4E wurde von der GD RTD auf die GD ENER übertragen.
2.4Neben dem Bau des ITER erhält die Fusionsforschung eine weitreichende und breit aufgestellte wissenschaftliche Unterstützung durch das Forschungs- und Ausbildungsprogramm
, welches das allgemeine Forschungsprogramm „Horizont Europa“ ergänzt
. Neben den klassischen Forschungsarbeiten im Nuklearbereich deckt dieses Programm auch grundlegende Forschungsarbeiten zur Entwicklung der Fusionsenergie entsprechend dem Fahrplan für die Fusionsforschung
ab, der einen optimierten Weg über den ITER und das Demonstrationskraftwerk (DEMO) hin zur kommerziellen Nutzung der Fusionskraftwerke absteckt. Darin werden nicht nur die wichtigsten erforderlichen Anlagen, sondern auch die notwendigen Forschungsaktivitäten zur Unterstützung des ITER und des DEMO dargelegt.
2.5Der Fahrplan für die Fusionsforschung wurde von EUROfusion entwickelt, das für die Koordinierung der europäischen Fusionsforschungstätigkeiten verantwortlich ist. Diesem Konsortium gehören 30 nationale Forschungsinstitute und etwa 150 Hochschulen aus 26 Mitgliedstaaten sowie der Schweiz und der Ukraine an. EUROfusion hat seinen Sitz in Garching (Deutschland); der zentrale Versuchsreaktor, der Joint European Torus (JET), ist in Culham, Vereinigtes Königreich, angesiedelt.
3.Wesentlicher Inhalt des Vorschlags
3.1In dem Vorschlag
werden die zentralen Herausforderungen im Zusammenhang mit dem nächsten MFR thematisiert, um die positive Dynamik des ITER-Projekts fortzusetzen, kontinuierliche Fortschritte bei Bau und Montage zu gewährleisten und das Engagement aller ITER-Partner zu sichern. Zur Bewältigung dieser Herausforderungen muss die EU dauerhaft die Führungsrolle bei dem Projekt übernehmen, die durch eine hervorragende Leistung von F4E und die vollständige Bereitstellung des Anteils der EU an den Finanzierungsverpflichtungen und Sachleistungen untermauert werden muss.
3.2Die von Euratom benötigten Mittel für die erfolgreiche Fertigstellung der Anlage und den Beginn des Betriebs bzw. der Erprobungsphase werden in der von der Kommission im Juni 2017 angenommenen Mitteilung „EU-Beitrag zum reformierten ITER-Projekt“ näher erläutert.
3.3Die Kommission fordert das Europäische Parlament und den Rat auf, im mehrjährigen Finanzrahmen für den Zeitraum 2021-2027 im Zusammenhang mit den Euratom-Mittelbindungen für den ITER den Höchstbetrag von 6 070 000 000 EUR (zu jeweiligen Preisen) festzulegen. Dies wird als die kritische Masse an Finanzmittel erachtet, die notwendig ist, damit ITER-bezogene Maßnahmen der EU entsprechend der neuen Ausgangsbasis für den Bau des ITER Wirkung zeigen können. Der vorgeschlagene Haushalt beruht auf dem frühestmöglichen technisch machbaren Termin für die Fertigstellung des ITER ohne Rückstellungen und somit auf der Annahme, dass alle größeren Risiken begrenzt werden können.
4.Allgemeine Bemerkungen
4.1Der EWSA stellt fest, dass die Gewährleistung der Wettbewerbsfähigkeit und unserer Energieversorgung von zentraler Bedeutung ist; sie wird aber nur dann auch nachhaltig sein, wenn sie mit der Bekämpfung des Klimawandels einhergeht. Kohlenstofffreie nachhaltige Energiequellen sind daher entscheidend für unseren künftigen Wohlstand und unser künftiges Wohlergehen. Saubere Energie ist ein vorrangiges Ziel, und die Fusionsenergie wird hierfür als eine mögliche langfristige Lösung anerkannt, wobei Europa bei der Entwicklung kohlenstofffreier nachhaltiger Fusionstechnologien eine Vorreiterrolle übernimmt.
4.2Der EWSA betont, dass die für die Entwicklung eines Fusionskraftwerks erforderlichen umfangreichen langfristigen Investitionen weiterhin ein gewisses industrielles Risiko bergen, mit der erfolgreichen Realisierung eines Fusionskraftwerks jedoch ein neuer Faktor ins Spiel käme, der die derzeitige Energieversorgung durch eine disruptive Innovation erheblich verändern würde. Fusionsbrennstoff steht in ausreichendem Maße zur Verfügung und ist eine nahezu unerschöpfliche Energiequelle: Tritium kann aus Lithium hergestellt werden, einem Metall, das überall in der Erdkruste und im Meerwasser zu finden ist, und Deuterium ist im Wasser der Erde vorhanden.
4.3Der EWSA verweist auf die spezifischen Sicherheitsmerkmale einer Fusion im Vergleich zur herkömmlichen Kernspaltung. Ein Fusionskraftwerk ist naturgemäß sicher: Nur wenige Gramm Brennstoff bilden das Plasma, das bei Störfällen schnell von selbst erlischt. Deuterium-Tritium-Reaktionen setzen Neutronen frei, die Materialien an den Wänden aktivieren. Die anfallenden radioaktiven Nebenprodukte sind kurzlebig, so dass die meisten Materialien nach einer bestimmten Abklingzeit wiederverwertet werden können und keine neues Endlager für radioaktive Abfälle erforderlich ist.
4.4Der EWSA fordert die Kommission auf, stärker in den Blickwinkel zu rücken, dass das ITER‑Projekt unbedingt mit der von EUROfusion betriebenen europäischen Fusionsforschung verbunden werden muss. Neben dem Bau des ITER bedarf es auch einer gründlichen Vorbereitung und flankierender Programme. In Europa trägt ein koordiniertes Programm über den JET und andere Reaktoren neben der Entwicklung von Modellen und Simulationen zur Erprobung und Entwicklung von ITER-Betriebsszenarien sowie zur Projizierung und Optimierung der Leistung des ITER und der Konzeption des DEMO bei. Der Betrieb des JET‑Tokamak mit einer Deuterium-Tritium-Mischung und einer ITER-ähnlichen Wand ist der Schlüssel zur Vorbereitung des ITER-Betriebs.
4.5Der EWSA weiß um den Mehrwert der EU, der sich im Erfolg von EUROfusion zeigt, dem Forschungsprogramm in Europa, an dem bei weitem die meisten Mitgliedstaaten (außer Luxemburg und Malta) beteiligt sind und das mit seinen grundlegenden Projekten dazu beiträgt, dass die EU in diesem Bereich weltweit führend ist. Investitionen und Forschungsmittel sind Unternehmen, Forschungseinrichtungen und Hochschulen zugutegekommen.
4.6Der EWSA ist davon überzeugt, dass die europäische Kernfusionsforschung im Allgemeinen und die Realisierung des ITER im Besonderen als herausragendes Beispiel für die Wirksamkeit gemeinsamer europäischer Projekte dienen kann. Die auf europäischer Ebene finanzierten und mit vereinten Anstrengungen erzielten Ergebnisse müssen den Bürgerinnen und Bürgern vermittelt werden, um ihr Vertrauen in Wissenschaft und Forschung zu stärken und ihr Bewusstsein für die Bedeutung der Europäischen Union zu schärfen, denn es wird ein entferntes und schwieriges Ziel erreicht, das mit den Anstrengungen und Finanzmitteln einzelner Länder allein nicht verwirklicht werden kann und sich langfristig nicht nur erheblich auf technologischer und industrieller Ebene, sondern auch auf die Forschung, die Industrie und die KMU auswirken wird – und bereits kurz- und mittelfristig insbesondere auf die Wirtschaft und die Schaffung von Arbeitsplätzen.
5.Besondere Bemerkungen
5.1Der EWSA begrüßt, dass der neue europäische Fahrplan für die Verwirklichung der Fusionsenergie den Weg hin zu einem ersten Fusionskraftwerk klar absteckt – mit den Zielen einer verstärkten Beteiligung der Industrie, der Ausbildung von Fusionswissenschaftlern und ‑ingenieuren in ganz Europa und einer engen Zusammenarbeit mit Drittländern. Der Fahrplan umfasst den kurzfristigen Zeitraum bis zur Inbetriebnahme des ITER (2025), den mittelfristigen bis zum Routinebetrieb des ITER bei hoher Leistung (2035) und den langfristigen hin zu einem ersten Fusionskraftwerk (DEMO), das erstmals Strom an das Netz liefert.
5.2Der ITER ist das zentrale Instrument des Fahrplans, da mit ihm die meisten der wichtigen Meilensteine auf dem Weg zur Kernfusion erreicht werden dürften. Somit wird der überwiegende Teil der kurzfristig für EUROfusion vorgeschlagenen Mittel für den ITER und den damit verbundenen Versuchen bereitgestellt, darunter den Joint European Torus (JET) in Culham (England). Der EWSA ist sich bewusst, dass mit dem JET der Nachweis erbracht wurde, dass der Bau und Betrieb einer Großinfrastruktur für die Fusionsforschung effizient ist und den Nutzen für Wissenschaft und Industrie maximiert.
5.3Der EWSA unterstützt die Forderung der ITER-Organisation, im JET im Zeitraum vor dem ersten Plasma im ITER Ergebnisse zu erzielen, die einen wertvollen Beitrag leisten. Der JET verfügt über einzigartige Kapazitäten, da es sich um den einzigen Tokamak handelt, der für den Betrieb mit Tritium geeignet, mit den Materialien der ersten ITER-Wand ausgerüstet und komplett ferngesteuert ist, so dass sein Betrieb zu dem ITER-Forschungsplan in puncto Risikoverringerung, Kosteneinsparungen und Betriebsgenehmigung für den ITER beitragen kann. Dies ist besonders wichtig, da der von der Kommission vorgeschlagene ITER-Haushalt ohne Rückstellungen ist und somit auf der Annahme beruht, dass alle größeren Risiken begrenzt werden können.
5.4Der EWSA weiß, dass das ITER-Projekt mit erheblichen Problemen zu kämpfen hat, die nur im JET gelöst werden können, und teilt daher die Bedenken betreffend die Auswirkungen des Brexits auf die Weiterführung des JET. Zur Minimierung der Risiken beim ITER-Betrieb und zur Optimierung seines Forschungsplans ist es nach Auffassung des EWSA wichtig, dass der JET in dem Zeitraum zwischen 2020 und dem Erstbetrieb des ITER weiterbetrieben wird (als Anlage der EU oder als Gemeinschaftsanlage der EU und des Vereinigten Königreichs), da es keine Auffanglösungen für den Ausfall des JET in dieser Zeit gibt.
5.5Der Kommissionsvorschlag enthält den ITER-Haushalt, doch wird die Frage ausgeklammert, ob der für das flankierende Kernfusionsforschungsprogramm erforderliche Haushalt ausreichend ist. Dieser ist Gegenstand eines eigenen Vorschlags
, in dem wiederum die Anforderungen für den ITER ausgeklammert werden. Der EWSA betont, dass die Mittel für EUROfusion im Zeitraum 2021-2025 im Einklang mit den Zielen des Fahrplans für die Kernfusion stehen müssen, in dem die Arbeiten für den ITER wesentliche Bestandteile sind, während die Konzeptionstätigkeiten für den DEMO verstärkt werden müssen.
5.6Der EWSA begrüßt die Zweckdienlichkeit der Investitionen in die Fusionstechnologie für Industrie und KMU. Die EU-Investitionen in den Bau des ITER bringen bedeutende Vorteile für die europäische Industrie, und die Forschungsgemeinschaft gibt der Industrie die Möglichkeit, an wegweisenden Aktivitäten in den Bereichen FuE, Technologie, Bau und Fertigung für ITER‑Komponenten teilzuhaben. Dabei werden neues Wissen geschaffen und Spin-offs entwickelt, die Wirtschaftswachstum und Beschäftigung fördern. Im Zeitraum 2008-2017 wurden im Rahmen von “Fusion for Energy“ 839 Aufträge und Zuschüsse in Höhe von ca. 3,8 Mrd. EUR in ganz Europa vergeben. Mindestens 500 Unternehmen, darunter KMU, und über 70 FuE-Organisationen aus ca. 20 verschiedenen Mitgliedstaaten und der Schweiz haben von Investitionen in ITER-Tätigkeiten profitiert. Darüber hinaus haben ITER-Partner aus Drittländern ebenfalls Verträge mit der europäischen Industrie unterzeichnet, um die Fertigung ihrer eigenen Komponenten für den ITER zu fördern, wodurch zusätzliche neue Arbeitsplätze für die europäischen Unternehmen entstehen und ihr Wachstum gefördert wird.
5.7Der EWSA nimmt die von der Kommission bereitgestellten umfassenden Informationen zur Kenntnis, wonach der größte Nettoeffekt der ITER-Investitionen in Form von Spin-offs und Technologietransfers erzielt wird. Für den ITER entwickelte Technologien eröffnen neue Geschäftsmöglichkeiten in anderen Wirtschaftszweigen, da die Mitarbeit am ITER die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Unternehmen in der Weltwirtschaft steigert, Gelegenheit für traditionelle Unternehmen bietet, auf dem High-Tech-Markt mitzumischen, und auch für die High-Tech-Industrie und KMU in Europa eine einzigartige Chance für Innovation und die Entwicklung von Produkten zur Nutzung außerhalb der Kernfusion ist.
Brüssel, den 20. November 2018
Pierre Jean COULON
Vorsitzender der Fachgruppe Verkehr, Energie, Infrastrukturen, Informationsgesellschaft
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