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AUFFORDERUNG ZUR STELLUNGNAHME ZU EINER INITIATIVE (ohne Folgenabschätzung) |
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Mit diesem Dokument sollen Öffentlichkeit und Interessenträger über die Arbeit der Kommission informiert werden und so die Möglichkeit erhalten, Rückmeldung zu geben und sich effektiv an Konsultationen zu beteiligen. Sie sind aufgefordert, sich zur Einschätzung des Problems durch die Kommission und zu möglichen Lösungen zu äußern und uns alle sachdienlichen Informationen vorzulegen. |
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Bezeichnung der Initiative |
Europäische Bürgerinitiative (EBI) „ Fur Free Europe“ (Pelzfreies Europa) (Bewertung) |
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Federführende GD – zuständiges Referat |
GD SANTE, G3 |
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Voraussichtliche Art der Initiative |
Nichtlegislativ |
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Vorläufiger Zeitplan |
1. Quartal 2026 |
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Weitere Angaben |
Politikbereich: Tierschutz Europäische Bürgerinitiative (EBI) „ Fur Free Europe“ (Pelzfreies Europa) |
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Dieses Dokument dient nur der Information. Es greift der abschließenden Entscheidung der Kommission über die Weiterverfolgung dieser Initiative oder über deren endgültigen Inhalt nicht vor. Alle Aspekte der in diesem Dokument beschriebenen Initiative, einschließlich ihres zeitlichen Ablaufs können sich ändern. |
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A. Politischer Kontext, Problemstellung und Subsidiaritätsprüfung |
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Politischer Kontext |
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Im Juni 2023 wurde die Europäische Bürgerinitiative „Fur Free Europe (Pelzfreies Europa)“ förmlich bei der Kommission eingebracht. Im Zuge dieser Initiative forderten 1,5 Mio. Bürgerinnen und Bürger der Union die Kommission dazu auf, Folgendes zu verbieten: i) die Haltung und Tötung von Tieren ausschließlich oder hauptsächlich zur Pelzgewinnung, und ii) das Inverkehrbringen in der EU von Pelz von Zuchttieren und von Produkten, die solchen Pelz enthalten. Am 7. Dezember 2023 nahm die Kommission als Reaktion auf diese Initiative eine Mitteilung an. Darin legte sie ihre rechtlichen und politischen Schlussfolgerungen sowie die von ihr als Reaktion geplanten Maßnahmen dar. Die Kommission kündigte 2023 in ihrer Mitteilung an, sie werde eine Bewertung durchführen, um i) sich bei ihrer Entscheidung über eine angemessene Reaktion auf die Initiative daran zu orientieren, und ii) die Ausarbeitung dieser Reaktion durch eine solide Faktenbasis für etwaige künftige Maßnahmen zu unterstützen. Die Kommission arbeitet derzeit an dieser Bewertung. Sie beschäftigt sich mit den ökologischen, sozialen und wirtschaftlichen Folgen i) der Forderungen der Europäischen Bürgerinitiative „Fur Free Europe“, und ii) alternativer Möglichkeiten, das Tierwohl in der Pelztierzucht zu gewährleisten (z. B. durch Einführung strengerer Tierwohlvorschriften für die gezüchteten Tiere, die gegebenenfalls auch für eingeführte Produkte gelten sollten). Da es kaum wissenschaftliche Erkenntnisse und keinerlei Konsens über das Tierwohl von Pelztieren gibt, hat die Kommission die EFSA mit dem Mandat M-2023-00148 beauftragt, bis Juni 2025 ein wissenschaftliches Gutachten über das Tierwohl der für die Pelzproduktion gezüchteten Tiere zu erarbeiten. In diesem Gutachten wird die EFSA die Bedingungen für das Tierwohl von für die Pelzproduktion gehaltenen Nerzen, Füchsen, Marderhunden und Chinchillas bewerten. |
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Gegenstand der Initiative |
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Die Richtlinie 98/58/EG des Rates vom 20. Juli 1998 enthält allgemeine Mindeststandards für den Schutz von Tieren in landwirtschaftlichen Tierhaltungen, auch von zur Pelzproduktion gehaltenen Tieren. Derzeit bestehen keine anderen spezifischen EU-Rechtsvorschriften über das Tierwohl von Pelztieren. Die von der Kommission 2022 vorgenommene Eignungsprüfung des geltenden EU-Tierschutzrechts ergab, dass die Vorschriften der Richtlinie 98/58 so allgemein gehalten sind, dass sie sich nicht umsetzen oder ordnungsgemäß durchsetzen lassen. Zudem stellte sich heraus, dass das geltende Recht aktualisiert und an die jüngsten Entwicklungen von Wissenschaft und Technik angepasst werden muss. Verzerrungen des Binnenmarkts: Einige Mitgliedstaaten haben die Pelztierzucht in unterschiedlichem Umfang (betreffend alle oder nur manche Pelztierarten) verboten. Durch diese nationalen Verbote wird der Binnenmarkt verzerrt und es entstehen EU-weit ungleiche Bedingungen für die Unternehmer. In der Zwischenzeit arbeiten die Pelztierfarmen in den verbleibenden Mitgliedstaaten mit Pelzproduktion gemäß unterschiedlichen nationalen Anforderungen weiter und bringen Pelze und Pelzerzeugnisse im gesamten Binnenmarkt der EU in Verkehr. Bedenken der EU-Bürgerinnen und -Bürger: Die gesellschaftlichen und ethischen Ansprüche an das Tierwohl von Pelztieren sind hoch, wie die 1,5 Mio. Unterschriften der EBI „Fur Free Europe“ und die nationalen Maßnahmen mancher Mitgliedstaaten betreffend die Pelztierzucht belegen. Von der EBI wird ins Feld geführt, dass die heutigen Bedingungen in der Pelztierzucht mit modernen Tierschutzwerten nicht mehr vereinbar sind. Mit Blick auf die Umwelt trage die Pelztierzucht zum Ressourcenverbrauch und zur Umweltverschmutzung bei; im Falle von Nerzen und Marderhunden sei sie bedenklich für die Artenvielfalt und sie sei verantwortlich für die Emission von Treibhausgasen. |
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Grundlage für das Tätigwerden der EU (Rechtsgrundlage und Subsidiaritätsprüfung) |
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Der Tierschutz fällt in die geteilte Zuständigkeit der EU und ihrer Mitgliedstaaten. Durch den Subsidiaritätsgrundsatz können EU-Maßnahmen gerechtfertigt sein, wenn sie einen klaren Mehrwert erbringen. Daher hat sich die Kommission verpflichtet, das Tierwohl von Pelztieren anhand genauerer Daten eingehender zu untersuchen. Indem sie eine gründliche wirtschaftliche, soziale und ökologische Bewertung anhand belastbarer Erkenntnisse und Daten durchführt, will die Kommission ein harmonisiertes Konzept entwickeln, das einheitliche Tierschutzstandards sicherstellt, Umweltbedenken aufgreift, auf die ethischen Anliegen der Bürgerinnen und Bürger eingeht, die Unterschiede in den Rechtssystemen beseitigt und (im Fall der Regulierungsoption) gleiche Wettbewerbsbedingungen auf dem gesamten Binnenmarkt fördert. |
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Rechtsgrundlage |
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Verordnung (EU) 2019/788 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. April 2019 über die Europäische Bürgerinitiative. Rechtsgrundlage für die Regulierung des Tierwohls in der Pelztierzucht: Artikel 114 und 43 AEUV. |
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Notwendigkeit eines Tätigwerdens der Union |
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Divergierende nationale Regelungen und ihre uneinheitliche Durchsetzung in der Pelztierzucht beeinträchtigten die Integrität des Binnenmarkts und führten zu unterschiedlichen Tierschutzniveaus in der EU, sodass als Reaktion auf die Forderungen der EBI „Fur Free Europe“ ein EU-weites Vorgehen erforderlich ist. |
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B. Zweck und Ansatz der Initiative |
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Die Kommission wird 2026 in einer Mitteilung ankündigen, welche Maßnahmen sie als Reaktion auf die EBI „Fur Free Europe“ zu ergreifen gedenkt, um einen angemessenen Schutz von Pelztieren zu gewährleisten. Darin wird auch zusammengefasst werden, wie die Kommission die Folgen der von der EBI geforderten Verbote für Wirtschaft, Gesellschaft, Umwelt, Tiergesundheit, öffentliche Gesundheit und Tierschutz ebenso wie die Folgen alternativer Konzepte (d. h. strengerer und spezifischerer Tierschutzvorschriften für Pelztierfarmen) beurteilt. Zudem wird sie eine Zusammenfassung der Beurteilung, wie sich eine Anwendung beider Maßnahmen auf Einfuhren auswirken würde, durch die Kommission enthalten. Als mögliche Reaktionen auf die EBI hat die Kommission in ihrer Mitteilung von 2023 folgende drei Szenarios ermittelt: 1. Vorschlag eines – nach einer Übergangszeit geltenden – Verbots der Zucht von Nerzen, Füchsen, Marderhunden und/oder Chinchillas wegen ihres Pelzes in der EU (ohne Maßnahmen gegen Einfuhren, sodass Pelze und Pelzprodukte aus Nicht-EU-Ländern nach diesem Konzept weiter in der EU in Verkehr gebracht werden dürften), oder 2. Vorschlag eines – nach einer Übergangszeit geltenden – Verbots der Zucht von Nerzen, Füchsen, Marderhunden und/oder Chinchillas wegen ihres Pelzes in der EU und eines Verbots des Inverkehrbringens von Pelzen und Pelzprodukten dieser Tiere (auch von Tieren, die in Nicht-EU-Ländern gezüchtet wurden), oder 3. Einführung von EU-Vorschriften mit strengeren und spezifischeren einheitlichen Standards, mit denen die Tierwohlerfordernisse von Pelztieren besser berücksichtigt würden (mit oder ohne entsprechende Maßnahmen betreffend Einfuhren). |
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Voraussichtliche Auswirkungen |
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Die Pelzproduktion ist sowohl in der EU als auch außerhalb kontinuierlich zurückgegangen. Gleichzeitig sind immer mehr Modemarken zu sogenannten Alternativen „ohne Tierquälerei“ wie Synthetikpelzen und anderen innovativen Materialien gewechselt. In der Beurteilung werden die wirtschaftlichen Folgen eines Verbots der Pelztierzucht in der EU oder einer strengeren Regulierung der Branche quantifiziert; dabei wird auch die Entwicklung der Beschäftigungszahlen und der Aktivität von Pelztierfarmen und Pelztierverarbeitung und der damit zusammenhängenden Industriezweige berücksichtigt. Die restlichen Unternehmen der Lieferkette müssten entweder i) Pelze und Pelzprodukte einführen, um ihren Betrieb weiterzuführen, oder ii) ihre Wirtschaftstätigkeit umstellen. Im Zuge der Beurteilung wird auch i) untersucht, welche Wege die Pelzverarbeiter, die Hersteller pelzbasierter Produkte und die Modemarken einschlagen dürften und mit welchen Folgen sie zu rechnen hätten, und ii) es werden Aspekte des Intra-EU- und des Extra-EU-Handels geprüft werden, einschließlich der Folgen für die Modeindustrie. Würde ein EU-Verbot der Pelztierzucht von Maßnahmen gegen Einfuhren flankiert, könnte dies die Innovation bei der Entwicklung weiterer Pelzalternativen beschleunigen (und so die Entwicklung neuer Materialien und Techniken befördern) und gleichzeitig Arbeitsplätze schaffen sowie neue Sektoren in der Mode- und Textilindustrie entstehen lassen. Mit der Pelztierzucht und Pelzverarbeitung direkt zusammenhängende Arbeitsplätze, die häufig in ländlichen Regionen angesiedelt sind, wären betroffen. Daher sollten Umschulungsmöglichkeiten untersucht werden. Zusätzliche Tierschutzanforderungen wären mit Mehrkosten für die Pelztierzüchter verbunden, die diese aber womöglich an die Lieferkette weitergeben könnten. Die sozialen Auswirkungen dürften insgesamt positiv ausfallen. Ein Verbot entspräche den Erwartungen der Bürgerinnen und Bürger entsprechend der EBI „Fur Free Europe“. Zusätzliche Tierwohlanforderungen würden den gesellschaftlichen Erwartungen in Bezug auf Tierschutz und eine stärker ethisch ausgerichtete Produktion zum Teil entsprechen. Eine Abschaffung der Pelztierzucht würde zwar die Tierwohlproblematik betreffend Pelztiere größtenteils lösen, allerdings nicht bei außerhalb der EU gezüchteten Pelztieren. Alternativ könnte die Einführung strengerer artenspezifischer Tierwohlstandards die Haltungsbedingungen dieser Tiere erheblich verbessern. Zudem ließe sich durch Einfuhrverbote oder die Anwendung gleichwertiger Tierwohlanforderungen auf Einfuhren eine Verlagerung der Tierwohlproblematik in Nicht-EU-Länder teilweise vermeiden. Dennoch ist darauf hinzuweisen, dass die Folgen etwaiger Maßnahmen für die Einfuhren auch daraufhin geprüft werden müssen, wie sie sich auf die Beziehungen der EU zu ihren Handelspartnern auswirken und welche wirtschaftlichen Folgen sie für die Produzenten hätten. Unter Umweltgesichtspunkten wäre mit einem Verbot von pelzbasierten Produkten wohl ein Nutzen verbunden, weil Folgendes reduziert würde: Abfall und Umweltverschmutzung, Ressourcenverbrauch und durch die Pelztierzucht verursachte CO2-Emissionen. Auch die Problematik betreffend invasive gebietsfremde Arten spielt eine Rolle, da der amerikanische Nerz (wie schon der Marderhund) auf die Liste invasiver gebietsfremder Arten gesetzt wurde. Durch ein Einfuhrverbot würde die Verlagerung der Umweltschäden in Nicht-EU-Länder weiter verringert. Auch sollte geprüft werden, wie sich die Umstellung auf Erdöl-basierte Synthetikpelze und andere innovative Materialien auf die Umwelt auswirkt. Die Kommission wird in ihrer Analyse berücksichtigen, welche finanziellen und administrativen Kapazitäten in den nationalen Behörden der EU für die Einführung und Durchsetzung dieser Maßnahmen zur Verfügung stehen. Mit diesem umfassenden Ansatz soll auf die wirtschaftlichen, gesellschaftlichen, ökologischen und tierschutzbezogenen Herausforderungen der Pelzindustrie eingegangen werden und er soll gleichzeitig faire Wettbewerbsbedingungen für alle Interessenträger gewährleisten. |
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Monitoringplan |
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Das Monitoring wird geprüft, sobald die in der Mittelung von 2026 angekündigten künftigen Maßnahmen durchgeführt werden. |
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C. Bessere Rechtsetzung |
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Folgenabschätzung |
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Die Initiative bleibt ohne Folgenabschätzung, da mit ihr zum gegenwärtigen Zeitpunkt keine neue Politik einhergeht. In ihr werden lediglich die geplanten Maßnahmen samt einem Zeitplan für das Tätigwerden der Kommission dargelegt. Folgenabschätzungen werden dann für alle mit ihr zusammenhängenden Legislativvorschläge der Kommission durchgeführt. |
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Konsultationsstrategie |
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Die Mitteilung von 2026 wird auf den umfangreichen Erkenntnissen und Daten der EBI „Fur Free Europe“ aufbauen; ergänzend wird eine externe Studie in Auftrag gegeben werden. Die Konsultationstätigkeiten umfassen Folgendes: -die vorliegende vierwöchige Konsultation über das Portal „Ihre Meinung zählt“; -gezielte Interviews, Fallstudien, Erhebungen und Workshops mit einschlägigen Interessengruppen im Rahmen einer externen Studie; -eine Erhebung zur Pelztierzucht unter den Mitgliedstaaten. Die Konsultationen sollen einen partizipativen und transparenten Beitrag zur Entscheidung über die Reaktion auf die EBI „Fur Free Europe“ leisten. Die Kommission fordert alle Interessenträger – sowohl innerhalb als auch außerhalb der EU – dazu auf, ihre Standpunkte und ihre Sachkenntnis zu übermitteln und so die wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Folgen sowie den Nutzen und die Kosten der Szenarios, die in ihrer Mitteilung von 2023 dargelegt sind, mit Belegen zu untermauern beziehungsweise alternative Möglichkeiten zur Lösung der festgestellten Probleme vorzuschlagen. Die Kommission erhofft sich von dieser Aufforderung zur Stellungnahme Daten, mit denen die Folgen jedes Szenarios quantifiziert werden können, und zwar auf allen Stufen der Pelzindustrie und der Industriezweige, die Zuchtpelz verwenden, von der Pelztierzucht über die Pelzverarbeitung bis zur Herstellung und zum Vertrieb der Endprodukte. Dies umfasst quantifizierbare ökonomische Daten (z. B. Produktionsverluste, Kosten für die Abkehr von der Pelztierzucht, Folgen für den Handel und die Zuchtpelz verarbeitende Textilindustrie), soziale Daten (z. B. Beschäftigungszahlen in Zucht, Herstellung und Einzelhandel) sowie Umweltdaten (z. B. Auswirkungen der Pelzverarbeitung, des Gerbens und Färbens). An dieser Aufforderung zur Stellungnahme können sich alle Interessenträger und die breite Öffentlichkeit beteiligen. Besonders zur Teilnahme aufgefordert sind: Pelztierzüchter, eng mit der Pelztierzucht zusammenhängende Unternehmen (Futtermittelhersteller, Pelzverarbeitungsbetriebe, Produktionsbetriebe usw.), die Bekleidungs- und Modeindustrie der EU, Verbraucherinnen und Verbraucher sowie Verbraucherorganisationen, Umweltschutzverbände und soziale Organisationen, Behörden, Hochschulen, internationale Interessenträger und Partner außerhalb der EU. |