BEGRÜNDUNG

1.KONTEXT DES DELEGIERTEN RECHTSAKTS

In der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 über die Bereitstellung auf dem Markt und die Verwendung von Biozidprodukten sind regulatorische Folgen für Wirkstoffe mit endokrinschädigenden Eigenschaften und Biozidprodukte, die diese Stoffe enthalten, festgelegt. Gemäß Artikel 5 Absatz 3 der Verordnung musste die Kommission spätestens bis zum 13. Dezember 2013 delegierte Rechtsakte zur Festlegung wissenschaftlicher Kriterien für die Bestimmung endokrinschädigender Eigenschaften erlassen. In seinem Urteil vom 16. Dezember 2015 in der Rechtssache T-521/14 (Königreich Schweden gegen Europäische Kommission) entschied das Gericht der Europäischen Union, dass die Europäische Kommission gegen EU-Recht verstoßen hat, da sie es versäumt hat, innerhalb der in der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 angegebenen Frist wissenschaftliche Kriterien für die Identifizierung endokriner Disruptoren festzulegen.

Der delegierte Rechtsakt enthält wissenschaftliche Kriterien für die Identifizierung endokriner Disruptoren. Diese Kriterien beruhen auf den Definitionen für endokrine Disruptoren und schädigende Wirkungen, die die Weltgesundheitsorganisation (WHO) im Rahmen ihres Internationalen Programms für Chemikaliensicherheit festgelegt hat. Sie entsprechen dem aktuellen Stand von Wissenschaft und Technik und ermöglichen eine treffendere Identifizierung von Wirkstoffen mit endokrinschädigenden Eigenschaften.

Die Kommission hat am 15. Juni 2016 eine Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat über endokrine Disruptoren und die Entwürfe der Kommissionsrechtsakte zur Festlegung der wissenschaftlichen Kriterien für ihre Bestimmung im Kontext der EU-Rechtsvorschriften über Pflanzenschutzmittel und Biozidprodukte (COM(2016) 350 final) verabschiedet. In der genannten Mitteilung werden die für Biozidprodukte festgelegten wissenschaftlichen Kriterien in einen breiteren Kontext eingebettet und insbesondere Verknüpfungen mit der Festlegung wissenschaftlicher Kriterien für die Bestimmung endokrinschädigender Eigenschaften im Bereich der Pflanzenschutzmittel mit den Auswirkungen auf andere Regelungsbereiche und mit anderen laufenden Tätigkeiten der Kommission zu endokrinen Disruptoren hergestellt.

2.KONSULTATIONEN VOR ANNAHME DES RECHTSAKTS

Zwischen September 2014 und Januar 2015 wurde im Rahmen einer Folgenabschätzung eine öffentliche Konsultation durchgeführt. Der dazugehörige Bericht wurde am 24. Juli 2015 veröffentlicht.

Am 15. Juni 2016 veröffentlichte die Kommission den Entwurf eines delegierten Rechtsakts. Die breite Öffentlichkeit wurde zwischen dem 30. Juni und dem 28. Juli 2016 über das Portal „Bessere Rechtsetzung“ zu diesem Entwurf eines delegierten Rechtsakts konsultiert. Die insgesamt 120 eingegangenen Rückmeldungen sind öffentlich einsehbar 1 . Dieser Entwurf eines delegierten Rechtsakts wurde am 23. Juni 2016 auch im Rahmen des Übereinkommens über technische Handelshemmnisse notifiziert; fünf Mitglieder gaben eine Stellungnahme ab.

Die Kommission hat eine Sachverständigengruppe (die „Sachverständigengruppe der für Biozidprodukte zuständigen Behörden“) mit Vertretern der für Biozidprodukte zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten auf deren Sitzungen vom 22. Juni 2016, 21. September 2016, 18. November 2016, 21. Dezember 2016, 28. Februar 2017, 7. April 2017 und 12. Juli 2017 konsultiert.

3.RECHTLICHE ASPEKTE DES DELEGIERTEN RECHTSAKTS

In dem delegierten Rechtsakt sind wissenschaftliche Kriterien für die Bestimmung endokrinschädigender Eigenschaften gemäß Artikel 5 Absatz 3 der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 festgelegt.

DELEGIERTE VERORDNUNG (EU) .../... DER KOMMISSION

vom 4.9.2017

zur Festlegung wissenschaftlicher Kriterien für die Bestimmung endokrinschädigender Eigenschaften gemäß Artikel 5 Absatz 3 der Verordnung (EU) Nr. 528/2012

(Text von Bedeutung für den EWR)

DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

gestützt auf die Verordnung (EU) Nr. 528/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2012 über die Bereitstellung auf dem Markt und die Verwendung von Biozidprodukten 2 , insbesondere auf Artikel 5 Absatz 3 Unterabsatz 1,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)Bei der Festlegung wissenschaftlicher Kriterien für die Bestimmung endokrinschädigender Eigenschaften gemäß der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 sollte der Zweck der genannten Verordnung – Verbesserung des freien Verkehrs für Biozidprodukte innerhalb der Union und gleichzeitige Gewährleistung eines hohen Schutzniveaus für die Gesundheit von Mensch und Tier und für die Umwelt – berücksichtigt werden.

(2)Im Jahr 2002 hat die Weltgesundheitsorganisation (WHO) im Rahmen ihres Internationalen Programms für Chemikaliensicherheit eine Definition für endokrine Disruptoren 3 vorgeschlagen; 2009 folgte eine Definition für schädigende Wirkungen 4 . Diese Definitionen sind in der Wissenschaft mittlerweile weitgehend anerkannt. Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit befürwortete diese Definitionen in ihrem wissenschaftlichen Gutachten zu endokrinen Disruptoren, das am 28. Februar 2013 angenommen wurde 5 . Auch der Wissenschaftliche Ausschuss für Verbrauchersicherheit vertritt diesen Standpunkt 6 . Es ist daher angezeigt, die Kriterien für die Bestimmung endokrinschädigender Eigenschaften auf der Grundlage dieser WHO-Definitionen festzulegen.

(3)Bei der Umsetzung dieser Kriterien sollte die Gewichtung der Beweiskraft insbesondere unter Berücksichtigung des in der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 und in der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates 7 vorgesehenen Verfahrens zur Ermittlung der Beweiskraft der Daten erfolgen. Außerdem sollten im Rahmen der Anwendung der OECD-Anleitung zu standardisierten Testrichtlinien zur Bewertung von Chemikalien im Hinblick auf endokrine Disruptoren („Guidance document on standardised test guidelines for evaluating chemicals for endocrine disruption“) 8 gewonnene Erfahrungen berücksichtigt werden. Darüber hinaus sollte die Umsetzung der Kriterien auf allen relevanten wissenschaftlichen Erkenntnissen basieren, einschließlich Studien, die im Einklang mit den geltenden Datenanforderungen der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 eingereicht wurden. Diese Studien basieren größtenteils auf international festgelegten Prüfplänen. 

(4)Die Feststellung endokrinschädigender Eigenschaften in Bezug auf die menschliche Gesundheit sollte auf Nachweisen beim Menschen und/oder bei Tieren basieren, sodass sowohl Stoffe mit bekanntermaßen endokrinschädigenden Eigenschaften ermittelt werden können, als auch solche, bei denen diese Eigenschaften vermutet werden.

(5)Eines der Merkmale von Stoffen mit endokrinschädigenden Eigenschaften ist ihre endokrine Wirkungsweise. Es gibt verschiedene endokrine Wirkungsweisen. Organismen, die zu verschiedenen taxonomischen Stämmen gehören, weisen grundlegende biologische Unterschiede, einschließlich unterschiedlicher endokriner Wirkungsweisen, auf. Deshalb kann eine bestimmte endokrine Wirkungsweise, die für einen bestimmten Stamm relevant ist, für einen Organismus eines anderen Stammes unter Umständen biologisch nicht plausibel sein. Stoffe, deren beabsichtigte Wirkungsweise als Biozid im Sinne von Anhang II Titel 1 Nummer 6.5 der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 darin besteht, Zielorganismen mit Ausnahme von Wirbeltieren über ihr endokrines System zu bekämpfen, stehen somit für eine Wirkungsweise, die für Wirbeltiere nicht relevant sein sollte. Diese Stoffe stellen somit durch die beabsichtigte Wirkungsweise im Allgemeinen kein Risiko für Menschen und Wirbeltiere in der Umwelt dar und sind daher für den integrierten Pflanzenschutz besonders effektiv und nützlich. Bei der Festlegung der Kriterien zur Bestimmung endokrinschädigender Eigenschaften, die schädigende Wirkungen auf Nichtzielorganismen haben können, sollten die oben genannten wissenschaftlichen Erwägungen im Hinblick auf die Ziele der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 sowie auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit berücksichtigt werden. Deshalb sollten, wenn die beabsichtigte Wirkungsweise in der Bekämpfung von Zielorganismen mit Ausnahme von Wirbeltieren über ihr endokrines System besteht, die Auswirkungen dieser beabsichtigten Wirkungsweise auf Organismen des gleichen taxonomischen Stamms wie die Zielorganismen nicht für die Zwecke der Identifizierung von endokrinschädigenden Eigenschaften im Hinblick auf Nichtzielorganismen berücksichtigt werden. Die Wirkstoffe mit einer solchen beabsichtigten Wirkungsweise können allerdings nur genehmigt werden, wenn – nach einer Risikobewertung und unter Berücksichtigung spezifischer Datenanforderungen gemäß der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 – ihre Anwendung nicht zu untragbaren Folgen für Nichtzielorganismen, einschließlich Organismen des gleichen Stamms wie der Zielorganismus, führt.

(6)Die Kommission sollte angesichts der Ziele der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 die Erfahrungen bewerten, die bei der Anwendung der mit der vorliegenden Verordnung eingeführten wissenschaftlichen Kriterien für die Bestimmung endokrinschädigender Eigenschaften gesammelt worden sind.

(7)Die Kriterien für die Bestimmung endokrinschädigender Eigenschaften entsprechen dem neuesten Stand von Wissenschaft und Technik und ermöglichen eine exaktere Identifizierung von Stoffen mit endokrinschädigenden Eigenschaften. Vorbehaltlich Artikel 90 Absatz 2 der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 sollten die neuen Kriterien daher so rasch wie möglich gelten, wobei auch die Zeit berücksichtigt werden sollte, die die Mitgliedstaaten und die Europäische Chemikalienagentur für die Vorbereitung der Anwendung dieser Kriterien benötigen. Deshalb sollten diese Kriterien ab dem [Date of application] gelten, es sei denn, der Ausschuss gemäß Artikel 82 der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 hat bis zum [Date of application] über einen Verordnungsentwurf abgestimmt. Die Kommission wird die Auswirkungen für jedes laufende Verfahren gemäß der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 prüfen und erforderlichenfalls unter gebührender Achtung der Rechte der Antragsteller geeignete Maßnahmen ergreifen. Dies kann auch ein Ersuchen um weitere Informationen vom Antragsteller und/oder um weitere Beiträge der Regulierungsbehörde und/oder um eine überarbeitete Stellungnahme der Agentur umfassen —

HAT FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

Artikel 1

Die wissenschaftlichen Kriterien für die Bestimmung endokrinschädigender Eigenschaften gemäß der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 sind im Anhang der vorliegenden Verordnung festgelegt.

Artikel 2

Die im Anhang dieser Verordnung festgelegten Kriterien gelten ab dem [date of application]; davon ausgenommen sind Verfahren, bei denen der Ausschuss gemäß Artikel 82 der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 bis zum [date of application] über den Entwurf einer Verordnung abgestimmt hat.

Artikel 3

Die Kommission legt der Sachverständigengruppe (die „Sachverständigengruppe der für Biozidprodukte zuständigen Behörden“) mit Vertretern der für Biozidprodukte zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten bis zum [date of seven years from the date of application] eine Bewertung der Erfahrungen vor, die bei der Anwendung der mit der vorliegenden Verordnung eingeführten wissenschaftlichen Kriterien für die Bestimmung endokrinschädigender Eigenschaften gesammelt worden sind.

Artikel 4

Diese Verordnung tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Sie gilt ab dem [6 months after date of EIF].

Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat.

Geschehen zu Brüssel am 4.9.2017

   Für die Kommission

   Der Präsident
   Jean-Claude JUNCKER

(1) https://ec.europa.eu/info/law/better-regulation/share-your-views_de
(2) ABl. L 167 vom 27.6.2012, S. 1.
(3) WHO/IPCS (Weltgesundheitsorganisation/Internationales Programm für Chemikaliensicherheit), 2002. Global Assessment of the State-of-the-science of Endocrine Disruptors. WHO/PCS/EDC/02.2, veröffentlicht unter http://www.who.int/ipcs/publications/new_issues/endocrine_disruptors/en/ .
(4) WHO/IPCS (Weltgesundheitsorganisation/Internationales Programm für Chemikaliensicherheit), 2009. Principles and Methods for the Risk Assessment of Chemicals in Food. Environmental Health Criteria 240, veröffentlicht unter http://www.who.int/foodsafety/publications/chemical-food/en/
(5) „Scientific Opinion on the hazard assessment of endocrine disruptors: Scientific Opinion on the hazard assessment of endocrine disruptors: Scientific criteria for identification of endocrine disruptors and appropriateness of existing test methods for assessing effects mediated by these substances on human health and the environment“, EFSA Journal 2013;11(3):3132, doi: 10.2903/j.efsa.2013.3132.
(6) Wissenschaftlicher Ausschuss für Verbrauchersicherheit, „Memorandum on Endocrine disruptors“, 16.12.2014 (SCCS/1544/14).
(7) Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen, zur Änderung und Aufhebung der Richtlinien 67/548/EWG und 1999/45/EG und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 (ABl. L 353 vom 31.12.2008, S. 1).
(8) OECD Series on Testing and Assessment Nr. 150.

ANHANG

Ein Stoff wird als Stoff mit für Menschen oder für Nichtzielorganismen relevanten endokrinschädigenden Eigenschaften eingestuft, wenn er die Kriterien gemäß Abschnitt A bzw. Abschnitt B erfüllt.

Abschnitt A – Für Menschen relevante endokrinschädigende Eigenschaften

(1)Ein Wirkstoff gilt als Stoff mit endokrinschädigenden Eigenschaften, die eine schädigende Wirkung auf den Menschen haben können, wenn er gemäß Nummer 2 Buchstaben a bis d alle folgenden Kriterien erfüllt, es sei denn, es liegen Nachweise vor, dass die festgestellten schädigenden Wirkungen für den Menschen nicht relevant sind:

(a)Er zeigt schädliche Auswirkungen bei einem intakten Organismus oder seinen Nachkommen, die einer Veränderung der Morphologie, der Physiologie, des Wachstums, der Entwicklung, der Fortpflanzung oder der Lebensdauer eines Organismus, eines Systems oder einer (Teil-)Population gleichkommen, und die Funktionseinschränkungen, eine Beeinträchtigung der Fähigkeit zur Bewältigung erhöhten Stresses oder eine erhöhte Anfälligkeit für andere Einflüsse zur Folge haben;

(b)er weist eine endokrine Wirkungsweise auf, d. h., er verändert die Funktion(en) des endokrinen Systems;

(c)    die schädlichen Auswirkungen sind eine Folge der endokrinen Wirkungsweise.

(2)Die Identifizierung eines Stoffs als Stoff mit endokrinschädigenden Eigenschaften, die gemäß Nummer 1 schädliche Auswirkungen auf den Menschen haben können, stützt sich auf alle folgenden Aspekte:

(a)    sämtliche zur Verfügung stehende relevante wissenschaftliche Daten (In-vivo-Studien oder angemessen validierte alternative Prüfsysteme, mit denen schädliche Auswirkungen schädigende Wirkungen bei Mensch oder Tier vorhergesagt werden können, sowie In-vivo-, In-vitro- oder, falls zutreffend, In-silico-Studien zur Feststellung endokriner Wirkungsweisen):

i)gemäß international festgelegten Prüfplänen generierte wissenschaftliche Daten, insbesondere die in den Anhängen II und III der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 genannten;

ii)weitere wissenschaftliche Daten, die nach einer Methodik zur systematischen Überprüfung ausgewählt wurden;

(b)eine auf dem Verfahren zur Ermittlung der Beweiskraft basierende Bewertung der zur Verfügung stehenden relevanten wissenschaftlichen Daten, um zu ermitteln, ob die Kriterien gemäß Nummer 1 erfüllt sind; bei der Anwendung des Verfahrens zur Ermittlung der Beweiskraft werden zur Bewertung der wissenschaftlichen Nachweise insbesondere alle folgenden Aspekte berücksichtigt:

i)sowohl positive als auch negative Befunde;

ii)die Relevanz des Studiendesigns für die Bewertung der schädigenden Wirkungen und der endokrinen Wirkungsweise;

iii)die Qualität und Schlüssigkeit der Daten unter Berücksichtigung der Struktur und Kohärenz der Befunde innerhalb von und zwischen Studien mit ähnlichem Design und zwischen verschiedenen Arten;

iv)Studien zu Expositionswegen sowie Toxikokinetik- und Metabolismusstudien;

v)das Konzept der Grenzdosis sowie internationale Leitlinien für empfohlene Maximaldosen und für die Bewertung der verzerrenden Wirkung exzessiver Toxizität;

(c)die Verbindung zwischen der/den schädlichen Auswirkung/en und der endokrinen Wirkungsweise wird mittels eines Verfahrens zur Ermittlung der Beweiskraft auf der Grundlage der biologischen Plausibilität ermittelt, die unter Berücksichtigung des derzeitigen wissenschaftlichen Kenntnisstands und international festgelegter Leitlinien festgestellt wird;

(d)schädigende Wirkungen, bei denen es sich um unspezifische sekundäre Folgen anderer toxischer Wirkungen handelt, werden bei der Identifizierung des Stoffes als endokriner Disruptor nicht berücksichtigt.

Abschnitt B – Für Nichtzielorganismen relevante endokrinschädigende Eigenschaften

(1)Ein Wirkstoff gilt als Stoff mit endokrinschädigenden Eigenschaften, die schädigende Wirkungen auf Nichtzielorganismen haben können, wenn er gemäß Nummer 2 Buchstaben a bis d alle folgenden Kriterien erfüllt, es sei denn, es liegen Nachweise vor, dass die festgestellten schädigenden Wirkungen auf Ebene der (Teil-)Population für Nichtzielorganismen nicht relevant sind:

(a)    Er zeigt schädliche Auswirkungen bei Nichtzielorganismen, die einer Veränderung der Morphologie, der Physiologie, des Wachstums, der Entwicklung, der Fortpflanzung oder der Lebensdauer eines Organismus, eines Systems oder einer (Teil-)Population gleichkommen, und die Funktionseinschränkungen, eine Beeinträchtigung der Fähigkeit zur Bewältigung erhöhten Stresses oder eine erhöhte Anfälligkeit für andere Einflüsse zur Folge haben;

(b)    er weist eine endokrine Wirkungsweise auf, d. h., er verändert die Funktion(en) des endokrinen Systems;

(c)    die schädlichen Auswirkungen sind eine Folge der endokrinen Wirkungsweise.

(2)Die Identifizierung eines Stoffs als Stoff mit endokrinschädigenden Eigenschaften, die gemäß Nummer 1 schädigende Wirkungen auf Nichtzielorganismen haben können, stützt sich auf alle folgenden Aspekte:

(a)sämtliche zur Verfügung stehende relevante wissenschaftliche Daten (In-vivo-Studien oder angemessen validierte alternative Prüfsysteme, mit denen schädliche Auswirkungen schädigende Wirkungen bei Mensch oder Tier vorhergesagt werden können, sowie In-vivo-, In-vitro- oder, falls zutreffend, In-silico-Studien zur Feststellung endokriner Wirkungsweisen):

i)gemäß international festgelegten Prüfplänen generierte wissenschaftliche Daten, insbesondere die in den Anhängen II und III der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 genannten;

ii)weitere wissenschaftliche Daten, die nach einer Methodik zur systematischen Überprüfung ausgewählt wurden;

(b)    eine auf dem Verfahren zur Ermittlung der Beweiskraft basierende Bewertung der zur Verfügung stehenden relevanten wissenschaftlichen Daten, um zu ermitteln, ob die Kriterien gemäß Nummer 1 erfüllt sind; bei der Anwendung des Verfahrens zur Ermittlung der Beweiskraft werden zur Bewertung der wissenschaftlichen Nachweise alle folgenden Aspekte berücksichtigt:

i)sowohl positive als auch negative Befunde, wobei gegebenenfalls zwischen taxonomischen Gruppen (z. B. Säugetiere, Vögel, Fische, Amphibien) unterschieden wird;

ii)die Relevanz des Studiendesigns für die Bewertung der schädigenden Wirkungen und seine Relevanz auf Ebene der (Teil-)Population sowie für die Bewertung der endokrinen Wirkungsweise;

iii)die schädigenden Wirkungen auf Fortpflanzung und Wachstum/Entwicklung sowie andere relevante schädigende Wirkungen, die wahrscheinlich Auswirkungen auf (Teil-)Populationen haben. Geeignete, verlässliche und repräsentative Feld- oder Überwachungsdaten und/oder Ergebnisse von Populationsmodellen werden, soweit verfügbar, ebenfalls berücksichtigt;

iv)die Qualität und Schlüssigkeit der Daten unter Berücksichtigung der Struktur und Kohärenz der Befunde innerhalb von und zwischen Studien mit ähnlichem Design und zwischen verschiedenen taxonomischen Gruppen;

v)das Konzept der Grenzdosis sowie internationale Leitlinien für empfohlene Maximaldosen und für die Bewertung der verzerrenden Wirkungen exzessiver Toxizität;

(c)die Verbindung zwischen der/den schädlichen Auswirkung/en und der endokrinen Wirkungsweise wird mittels eines Verfahrens zur Ermittlung der Beweiskraft auf der Grundlage der biologischen Plausibilität ermittelt, die unter Berücksichtigung des derzeitigen wissenschaftlichen Kenntnisstands und international festgelegter Leitlinien festgestellt wird;

(d)schädigende Wirkungen, bei denen es sich um unspezifische sekundäre Folgen anderer toxischer Wirkungen handelt, werden bei der Identifizierung des Stoffes als ein für Nichtzielorganismen relevanter endokriner Disruptor nicht berücksichtigt.

(3)Wenn die beabsichtigte Wirkungsweise des bewerteten Wirkstoffs als Biozid darin besteht, Zielorganismen mit Ausnahme von Wirbeltieren über ihr endokrines System zu bekämpfen, werden die Auswirkungen auf Organismen des gleichen taxonomischen Stamms wie der Zielorganismus bei der Identifizierung des Stoffes als Stoff mit endokrinschädigenden Eigenschaften in Bezug auf Nichtzielorganismen nicht berücksichtigt.