ISSN 1977-0642

Amtsblatt

der Europäischen Union

L 132

European flag  

Ausgabe in deutscher Sprache

Rechtsvorschriften

61. Jahrgang
30. Mai 2018


Inhalt

 

II   Rechtsakte ohne Gesetzescharakter

Seite

 

 

VERORDNUNGEN

 

*

Verordnung (EU) 2018/781 der Kommission vom 29. Mai 2018 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 847/2000 in Bezug auf die Bestimmung des Begriffs ähnliches Arzneimittel ( 1)

1

 

*

Verordnung (EU) 2018/782 der Kommission vom 29. Mai 2018 zur Festlegung der Grundsätze zur Methodik der Risikobewertung und der Empfehlungen für das Risikomanagement gemäß der Verordnung (EG) Nr. 470/2009 ( 1)

5

 

*

Durchführungsverordnung (EU) 2018/783 der Kommission vom 29. Mai 2018 zur Änderung der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 540/2011 hinsichtlich der Bedingungen für die Genehmigung des Wirkstoffs Imidacloprid ( 1)

31

 

*

Durchführungsverordnung (EU) 2018/784 der Kommission vom 29. Mai 2018 zur Änderung der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 540/2011 hinsichtlich der Bedingungen für die Genehmigung des Wirkstoffs Clothianidin ( 1)

35

 

*

Durchführungsverordnung (EU) 2018/785 der Kommission vom 29. Mai 2018 zur Änderung der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 540/2011 hinsichtlich der Bedingungen für die Genehmigung des Wirkstoffs Thiamethoxam ( 1)

40

 

 

BESCHLÜSSE

 

*

Beschluss (EU) 2018/786 des Rates vom 22. Mai 2018 über den im Gemeinsamen EWR-Ausschuss zu vertretenden Standpunkt der Europäischen Union zur Änderung des Protokolls 31 zum EWR-Abkommen über die Zusammenarbeit in bestimmten Bereichen außerhalb der vier Freiheiten (Haushaltslinie 04 03 01 03: Freizügigkeit der Arbeitnehmer, Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit und Maßnahmen für Migranten, einschließlich Migranten aus Drittländern) ( 1)

45

 

 

Berichtigungen

 

*

Berichtigung der Verordnung (EU) Nr. 1178/2011 der Kommission vom 3. November 2011 zur Festlegung technischer Vorschriften und von Verwaltungsverfahren in Bezug auf das fliegende Personal in der Zivilluftfahrt gemäß der Verordnung (EG) Nr. 216/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates ( ABl. L 311 vom 25.11.2011 )

48

 


 

(1)   Text von Bedeutung für den EWR.

DE

Bei Rechtsakten, deren Titel in magerer Schrift gedruckt sind, handelt es sich um Rechtsakte der laufenden Verwaltung im Bereich der Agrarpolitik, die normalerweise nur eine begrenzte Geltungsdauer haben.

Rechtsakte, deren Titel in fetter Schrift gedruckt sind und denen ein Sternchen vorangestellt ist, sind sonstige Rechtsakte.


II Rechtsakte ohne Gesetzescharakter

VERORDNUNGEN

30.5.2018   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 132/1


VERORDNUNG (EU) 2018/781 DER KOMMISSION

vom 29. Mai 2018

zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 847/2000 in Bezug auf die Bestimmung des Begriffs „ähnliches Arzneimittel“

(Text von Bedeutung für den EWR)

DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 141/2000 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 1999 über Arzneimittel für seltene Leiden (1), insbesondere auf Artikel 8 Absatz 4,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Die Verordnung (EG) Nr. 141/2000 wurde erlassen, um die Forschung im Bereich der seltenen Krankheiten zu fördern. Sie bietet Unternehmen, die Arzneimittel für seltene Leiden entwickeln, für eine bestimmte Anzahl von Jahren die Aussicht auf ein Marktexklusivitätsrecht.

(2)

In der Verordnung (EG) Nr. 847/2000 der Kommission (2) wird der Begriff „ähnliches Arzneimittel“ definiert, und es werden konkrete Fälle genannt, anhand deren bestimmt wird, welche Art von Arzneimitteln für die Zwecke der Anwendung des Artikels 8 der Verordnung (EG) Nr. 141/2000 als ähnlich gelten. Diese Begriffsbestimmung sollte vor dem Hintergrund neuer wissenschaftlicher und technischer Erkenntnisse — insbesondere aufgrund weitreichender Entwicklungen im Bereich der biologischen Arzneimittel, vor allem bei Arzneimitteln für neuartige Therapien — und der gewonnenen Erfahrungen bei der Ausweisung und Regelung von Arzneimitteln für seltene Leiden aktualisiert werden.

(3)

Außerdem ist es notwendig, den Begriff „Hauptmerkmale der Molekülstruktur“ eindeutig zu bestimmen, der in der Definition des Begriffs „ähnlicher Wirkstoff“ verwendet wird, der wiederum in der Definition des Begriffs „ähnliches Arzneimittel“ vorkommt. Was biologische Arzneimittel betrifft, soll die Definition des Begriffs „Hauptmerkmale der Molekülstruktur“ gewisse molekulare Änderungen erfassen, die sich signifikant auf die funktionellen Merkmale des Wirkstoffes auswirken und einen Einfluss darauf haben, ob die Arzneimittel als ähnlich betrachtet werden können. Bei Arzneimitteln für neuartige Therapien sind die Hauptmerkmale der Molekülstruktur jedoch nicht vollständig zu erkennen. Deshalb sollte im Falle von Arzneimitteln für neuartige Therapien die Ähnlichkeit zweier Wirkstoffe anhand der biologischen und funktionellen Merkmale bewertet werden.

(4)

Die Definition des Begriffs „Wirkstoff“ sollte gestrichen werden, da Artikel 8 Absatz 4 der Verordnung (EG) Nr. 141/2000 die Kommission nicht ermächtigt, diesen Begriff zu definieren. Der Begriff „Wirkstoff“ ist in Artikel 1 Absatz 3 Buchstabe a der Richtlinie 2001/83/EG (3) rechtlich definiert, und Geltungsbereich und Zweck des Artikels 3 Absatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 847/2000 beziehen sich auf die Definitionen der Begriffe „ähnliches Arzneimittel“ und „klinische Überlegenheit“.

(5)

Die in dieser Verordnung vorgesehenen Maßnahmen entsprechen der Stellungnahme des Ständigen Ausschusses für Humanarzneimittel —

HAT FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

Artikel 1

In Artikel 3 Absatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 847/2000 erhalten der einleitende Satz und die Buchstaben a, b und c folgende Fassung:

„Zum Zwecke der Anwendung des Artikels 8 der Verordnung (EG) Nr. 141/2000 über Arzneimittel für seltene Leiden gelten folgende Begriffsbestimmungen:

a)

gestrichen;

b)

„ähnliches Arzneimittel“ ist ein Arzneimittel, das einen oder mehrere ähnliche Wirkstoffe enthält wie ein derzeit zugelassenes Arzneimittel für seltene Leiden, das für dasselbe therapeutische Anwendungsgebiet bestimmt ist;

c)

„ähnlicher Wirkstoff“ ist ein identischer Wirkstoff oder ein Wirkstoff mit denselben Hauptmerkmalen der Molekülstruktur (dies betrifft jedoch nicht notwendigerweise alle Merkmale der Molekülstruktur) und mit demselben Wirkungsmechanismus. Im Falle von Arzneimitteln für neuartige Therapien allerdings, deren Hauptmerkmale der Molekülstruktur nicht vollständig bestimmt werden können, wird die Ähnlichkeit zweier Wirkstoffe anhand der biologischen und funktionellen Merkmale bewertet.

Für die Zwecke der Anwendung von Buchstabe c gilt Folgendes:

1.   Chemische Arzneimittel

Hauptmerkmale der Molekülstruktur sind die maßgeblichen strukturellen Bestandteile eines Wirkstoffs. Hierbei kann es sich um das gesamte Molekül oder einen Teil davon handeln. Ob die Hauptmerkmale der Molekülstruktur zweier oder mehrerer Moleküle dieselben sind, wird anhand eines Vergleichs ihrer Strukturen festgestellt.

1.1)   Isomere, Isomergemische, Komplexe, Ester, Ether, Salze und Derivate des ursprünglichen Wirkstoffs oder eines Wirkstoffs, der sich von dem ursprünglichen Wirkstoff nur durch kleine Änderungen der Molekülstruktur, wie ein Strukturanalogon, unterscheidet, werden als ähnlich betrachtet.

1.2)   Synthetische Polynukleotide, ein- oder doppelsträngig, die aus zwei oder mehreren unterschiedlichen Nukleotiden bestehen und bei denen

kein großer Unterschied in der Nukleotidsequenz der Purin- und Pyrimidinbasen oder ihrer Derivate besteht, werden als ähnlich angesehen. Daher wird bei „Antisense“-Wirkstoffen oder interferierenden Nukleotiden die Hinzufügung, Ersetzung oder Entfernung eines Nukleotids ohne signifikante Auswirkung auf die Hybridisierungskinetik an die Zielstruktur normalerweise als ähnlich betrachtet;

der Strukturunterschied, der durch Modifikationen des Ribose- oder Desoxyribose-Zuckergerüsts oder den Ersatz des Zuckergerüsts durch synthetische Analoge bedingt ist, normalerweise Stoffe ergibt, die als ähnlich betrachtet werden. Bei „Antisense“- oder interferierenden Nukleotid-Wirkstoffen werden Änderungen der (Desoxy-)Ribose ohne signifikante Auswirkung auf die Hybridisierungskinetik an die Zielstruktur normalerweise als ähnlich betrachtet.

2.   Biologische Arzneimittel (ausgenommen Arzneimittel für neuartige Therapien)

Die Hauptmerkmale der Molekülstruktur sind die strukturellen Bestandteile eines Wirkstoffs, die maßgeblich für dessen funktionelle Merkmale sind. Die Hauptmerkmale der Molekülstruktur können aus einem therapeutisch wirksamen Anteil oder einem therapeutisch wirksamen Anteil in Verbindung mit einem oder mehreren zusätzlichen strukturellen Elementen bestehen, das oder die wesentlich zu den funktionellen Merkmalen des Wirkstoffs beitragen.

Solche zusätzlichen strukturellen Elemente können mit dem therapeutischen Bestandteil konjugiert, fusioniert oder auf andere Weise verbunden sein oder eine Erweiterung der Aminosäurekette des therapeutisch wirksamen Bestandteils durch zusätzliche Aminosäuren darstellen. Stoffe mit strukturellen Elementen, für die ähnliche Verfahren der Modifikations- oder Konjugationstechnologie verwendet werden, ergeben normalerweise ähnliche Stoffe.

Biologische Wirkstoffe, die sich von dem ursprünglichen biologischen Stoff nur durch kleinere Änderungen der Molekülstruktur unterscheiden, werden als ähnlich betrachtet.

2.1)   Proteinartige Stoffe:

 

Wenn der strukturelle Unterschied zwischen ihnen auf posttranslationale Mechanismen (wie unterschiedliche Glykosylierungsmuster) zurückgeht, werden die Stoffe normalerweise als ähnlich betrachtet. In Ausnahmefällen können jedoch einige posttranslationale Modifikationen einen nicht ähnlichen Stoff ergeben, wenn es dabei signifikante Auswirkungen auf die funktionellen Merkmale des Stoffes gibt.

 

Wenn kein großer Unterschied in der Aminosäuresequenz besteht, werden die Stoffe normalerweise als ähnlich betrachtet. Daher werden zwei pharmakologisch verwandte Proteine derselben Gruppe (beispielsweise mit Unterschieden im Zusammenhang mit N-terminalem Methionin, natürlich gewonnene im Vergleich zu aus rDNS stammenden Proteinen oder andere geringfügige Varianten) normalerweise als ähnlich betrachtet. Die Hinzufügung eines strukturellen Elements kann jedoch dazu führen, dass ein Stoff als nicht ähnlich betrachtet wird, wenn sich dies signifikant auf die funktionellen Merkmale des Stoffes auswirkt.

 

Monoklonale Antikörper, die eine Bindung an dasselbe Zielepitop aufweisen, werden normalerweise als ähnlich betrachtet. Zwei Konjugate oder Fusionsproteine mit monoklonalem Antikörper könnten jedoch als nicht ähnlich betrachtet werden, wenn entweder die Sequenzen der komplementaritätsbestimmenden Region des Antikörpers oder das zusätzliche strukturelle Element des konjugierten monoklonalen Antikörpers verschieden sind.

2.2)   Polysaccharide:

 

Wenn die Stoffe identische, sich wiederholende Saccharid-Einheiten aufweisen, werden sie normalerweise als ähnlich betrachtet, auch wenn die Zahl der Einheiten variiert.

 

Ein konjugierter Polysaccharid-Impfstoff gilt im Vergleich zu einem nicht konjugierten Polysaccharid-Impfstoff mit dem gleichen Antigen als nicht ähnlicher Stoff.

3.   Arzneimittel für neuartige Therapien (ATMP):

3.1)   Zellbasierte ATMP: Zwei verwandte zellbasierte Arzneimittel sind nicht ähnlich, wenn

Unterschiede bei den Ausgangsstoffen oder der endgültigen Zusammensetzung der Arzneimittel bestehen, die sich signifikant auf die biologischen Merkmale und/oder die biologische Aktivität, die für die beabsichtigte therapeutische Wirkung relevant sind, und/oder auf die Sicherheitsaspekte des Arzneimittels auswirken. Eine unterschiedliche Quelle der Ausgangsstoffe (z. B. bei autologen ATMP) reicht als Begründung dafür, dass zwei Arzneimittel nicht ähnlich seien, nicht aus; oder

Unterschiede in der Herstellungstechnologie bestehen, die sich signifikant auf die biologischen Merkmale und/oder die biologische Aktivität, die für die beabsichtigte therapeutische Wirkung relevant sind, und/oder auf die Sicherheitsaspekte des Arzneimittels auswirken.

3.2)   Gentherapeutika: Zwei Gentherapeutika werden nicht als ähnlich betrachtet, wenn Unterschiede in der therapeutischen Sequenz, dem Virenvektor, dem Übertragungssystem, den regulierenden Sequenzen oder der Herstellungstechnologie bestehen, die sich signifikant auf die biologischen Merkmale und/oder die biologische Aktivität, die für die beabsichtigte therapeutische Wirkung relevant sind, und/oder auf die Sicherheitsaspekte des Arzneimittels auswirken.

Unterschiede in der therapeutischen Sequenz ohne signifikante Auswirkungen auf die beabsichtigte therapeutische Wirkung reichen als Begründung dafür, dass zwei Gentherapeutika nicht ähnlich seien, nicht aus.

3.3)   Genetisch veränderte Zellen. Die Erwägungen unter Nummer 3.1 und Nummer 3.2 finden Anwendung.

4.   Radiopharmaka

Derselbe radiopharmazeutische Wirkstoff oder ein Wirkstoff, der sich von dem ursprünglichen Wirkstoff durch Radionuklid, Ligand, Markierungsort oder den das Molekül und das Radionuklid verbindenden Molekül-Radionuklid-Kopplungsmechanismus unterscheidet, wird als ähnlicher Stoff betrachtet, sofern der Wirkungsmechanismus derselbe ist.“

Artikel 2

Inkrafttreten und Anwendung

Diese Verordnung tritt am 20. Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat.

Brüssel, den 29. Mai 2018

Für die Kommission

Der Präsident

Jean-Claude JUNCKER


(1)  ABl. L 18 vom 22.1.2000, S. 1.

(2)  Verordnung (EG) Nr. 847/2000 der Kommission vom 27. April 2000 zur Festlegung von Bestimmungen für die Anwendung der Kriterien für die Ausweisung eines Arzneimittels als Arzneimittel für seltene Leiden und von Definitionen für die Begriffe „ähnliches Arzneimittel“ und „klinische Überlegenheit“ (ABl. L 103 vom 28.4.2000, S. 5).

(3)  Richtlinie 2001/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. November 2001 zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel (ABl. L 311 vom 28.11.2001, S. 67).


30.5.2018   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 132/5


VERORDNUNG (EU) 2018/782 DER KOMMISSION

vom 29. Mai 2018

zur Festlegung der Grundsätze zur Methodik der Risikobewertung und der Empfehlungen für das Risikomanagement gemäß der Verordnung (EG) Nr. 470/2009

(Text von Bedeutung für den EWR)

DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 470/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. Mai 2009 über die Schaffung eines Gemeinschaftsverfahrens für die Festsetzung von Höchstmengen für Rückstände pharmakologisch wirksamer Stoffe in Lebensmitteln tierischen Ursprungs, zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 2377/90 des Rates und zur Änderung der Richtlinie 2001/82/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates (1) „insbesondere auf Artikel 13 Absatz 2 Buchstabe a,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Gemäß der Verordnung (EG) Nr. 470/2009 bedarf es, außer in den Fällen, in denen das Codex-Alimentarius-Verfahren Anwendung findet, für jeden pharmakologisch wirksamen Stoff, der zur Verwendung in der Union in Tierarzneimitteln bestimmt ist, die der Lebensmittelgewinnung dienenden Tieren verabreicht werden sollen, eines Gutachtens der Europäischen Arzneimittel-Agentur (im Folgenden die „Agentur“) über die Rückstandshöchstmengen von pharmakologisch wirksamen Stoffen, die für Tierarzneimittel verwendet werden oder dazu bestimmt sind. Das Gutachten der Agentur sollte eine wissenschaftliche Risikobewertung und Empfehlungen für das Risikomanagement umfassen.

(2)

Mit der Verordnung (EG) Nr. 470/2009 wird die Kommission zum Erlass von Maßnahmen zur Festlegung der Grundsätze zur Methodik der Risikobewertung und der Empfehlungen für das Risikomanagement im Hinblick auf die Festlegung von Rückstandshöchstmengen von pharmakologisch wirksamen Stoffen ermächtigt.

(3)

Um Rechtssicherheit, Klarheit und Vorhersehbarkeit in Bezug auf den Prozess der Festlegung von Rückstandshöchstmengen zu schaffen, sollten die Kriterien, anhand derer die Agentur die Anträge bewertet, in der vorliegenden Verordnung festgelegt werden.

(4)

Die Grundsätze zur Methodik der Risikobewertung und der Empfehlungen für das Risikomanagement sollten ein hohes Schutzniveau für die Gesundheit des Menschen sicherstellen und zudem gewährleisten, dass die menschliche Gesundheit, die Tiergesundheit und der Tierschutz nicht dadurch beeinträchtigt werden, dass keine geeigneten Tierarzneimittel zur Verfügung stehen.

(5)

Unter Berücksichtigung der Bestimmungen gemäß Artikel 6 der Verordnung (EG) Nr. 470/2009 sollten die detaillierten Bestimmungen über die Grundsätze zur Methodik der wissenschaftlichen Risikobewertung, die Teil des Gutachtens der Agentur ist, in der vorliegenden Verordnung festgelegt werden.

(6)

Unter Berücksichtigung der Bestimmungen gemäß Artikel 7 der Verordnung (EG) Nr. 470/2009 sollten die detaillierten Bestimmungen über die Grundsätze zur Methodik der Empfehlungen für das Risikomanagement, die Teil des Gutachtens der Agentur sind, in der vorliegenden Verordnung festgelegt werden. Gemäß den Empfehlungen für das Risikomanagement muss die Agentur auch die Verfügbarkeit alternativer Stoffe und sonstige berechtigterweise zu berücksichtigende Faktoren prüfen, wie etwa die technologischen Aspekte der Lebensmittelgewinnung und Futtermittelerzeugung oder die Durchführbarkeit von Kontrollen. Deshalb sollten Bestimmungen für diese Anforderung festgelegt werden.

(7)

Die in dieser Verordnung vorgesehenen Maßnahmen entsprechen der Stellungnahme des Ständigen Ausschusses für Tierarzneimittel —

HAT FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

Artikel 1

Gegenstand

(1)   In der vorliegenden Verordnung werden die Grundsätze zur Methodik der wissenschaftlichen Risikobewertung und der Empfehlungen für das Risikomanagement gemäß den Artikeln 6 und 7 der Verordnung (EG) Nr. 470/2009 festgelegt, die von der Agentur bei der Erstellung von Gutachten über Rückstandshöchstmengen von pharmakologisch wirksamen Stoffen angewendet werden müssen, die gemäß der genannten Verordnung in Lebensmitteln tierischen Ursprungs zulässig sind.

(2)   Die Grundsätze zur Methodik der wissenschaftlichen Risikobewertung sind in Anhang I festgelegt.

(3)   Die Grundsätze zur Methodik der Empfehlungen für das Risikomanagement sind in Anhang II festgelegt.

Artikel 2

Begriffsbestimmungen

Ergänzend zu den in der Verordnung (EG) Nr. 470/2009 enthaltenen Begriffsbestimmungen bezeichnet im Sinne dieser Verordnung der Ausdruck

„Hauptmetaboliten“ Metaboliten, die in der Metabolismusuntersuchung ≥ 100 μg/kg oder ≥ 10 % des Gesamtrückstands in einer von der Zieltierart stammenden Probe ausmachen;

„Markerrückstand“ einen Rückstand, dessen Konzentration in einem bekannten Verhältnis zur Konzentration des Gesamtrückstands in essbarem Gewebe steht;

„Starterkulturen für Milchprodukte“ zubereitete Kulturen von Mikroorganismen, die in der Herstellung von zahlreichen Milchprodukten wie zum Beispiel Butter, Käse, Joghurt und fermentierter Milch eingesetzt werden.

Artikel 3

Inkrafttreten

Diese Verordnung tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat.

Brüssel, den 29. Mai 2018

Für die Kommission

Der Präsident

Jean-Claude JUNCKER


(1)  ABl. L 152 vom 16.6.2009, S. 11.


ANHANG I

Grundsätze zur Methodik der wissenschaftlichen Risikobewertung gemäß Artikel 6 der Verordnung (EG) Nr. 470/2009 Bezug

I.   ALLGEMEINE GRUNDSÄTZE

I.1.   Unbedenklichkeits- und Rückstandsversuche für die Festlegung von Rückstandshöchstmengen (Maximum Residue Levels, im Folgenden „MRL“) sind in Übereinstimmung mit den Vorschriften über die Gute Laborpraxis (im Folgenden „GLP“) gemäß der Richtlinie 2004/10/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (1) durchzuführen.

Wenn Daten vorliegen, die nicht unter GLP-konformen Bedingungen gewonnen wurden, ist auf die potenziellen Auswirkungen dieser Tatsache einzugehen.

I.2.   Die Verwendung von Versuchstieren bei Unbedenklichkeits- und Rückstandsversuchen muss gemäß Richtlinie 2010/63/EU des Europäischen Parlaments und des Rates (2) erfolgen.

I.3.   In den im Hinblick auf Unbedenklichkeits- und Rückstandsversuchen vorgelegten Unterlagen muss das Labor, in dem die Arbeiten durchgeführt wurden, genannt werden; ferner sind diese Unterlagen zu unterzeichnen und zu datieren. Zusammenfassungen von Studien, zu denen keine Rohdaten vorgelegt werden, stellen keine vollständigen Unterlagen dar.

Konzeption, Methoden und Durchführung der Studien, Name und Qualifikationen des Prüfers sowie Ort und Zeitraum der Durchführung der Studie müssen aus den Prüfberichten klar hervorgehen. Die Versuchsmethoden sind so genau zu beschreiben, dass sie reproduziert werden können, und der Prüfer muss ihre Validität nachweisen. Für alle Abkürzungen und Kodizes muss, unabhängig davon, ob sie international anerkannt sind oder nicht, eine Begriffserklärung beigefügt werden.

I.4.   Alle in den eingereichten Studien beobachteten Ergebnisse sind gegebenenfalls mithilfe einer geeigneten statistischen Methode zu bewerten und im Zusammenhang mit den anderen verfügbaren Studien zu erörtern. Die Ergebnisse sämtlicher Studien sind so vorzulegen, dass ihre Überprüfung erleichtert wird.

I.5.   Wo zutreffend, müssen Prüfberichte die folgenden Informationen enthalten:

a)

chemische Identifikation des zu prüfenden pharmakologisch wirksamen Stoffs, einschließlich des Isomerenverhältnisses und gegebenenfalls der Enantiomere;

b)

Reinheit der Prüfsubstanz;

c)

Formulierung des verabreichten Medikaments und Methode zur Zubereitung der Dosis;

d)

Stabilität, einschließlich der Stabilität in Trägersubstanzen und Futtermitteln, wenn die Verabreichung auf diesem Wege erfolgt;

e)

Methode der Dosisverabreichung (Dosis [ausgedrückt in mg/kg Körpergewicht], Häufigkeit der Dosierung und Dauer der Behandlung);

f)

bei Verabreichung der Prüfsubstanz auf anderem Wege als über die Nahrung oder das Tränkwasser: die Merkmale der Trägersubstanz, einschließlich toxikologischer Merkmale;

g)

Art, Stamm und Herkunft der verwendeten Versuchstiere, Nutzung spezifiziert pathogenfreier Versuchstiere, Geschlecht der behandelten Tiere, Alter der Tiere zu Beginn der Behandlung, Anzahl der behandelten Tiere;

h)

Dosierungen sowie Art und Häufigkeit der Anwendung (mit Dosierung in mg/kg Körpergewicht/Tag), Prüfungszeitraum, eingehaltene Parameter, Überwachungshäufigkeit, Tierhaltungsbedingungen einschließlich Umgebungsbedingungen, Tränkwasser- und Futtermittelverbrauch (insbesondere bei Medikamenten, die über das Tränkwasser und/oder Futtermittel verabreicht werden);

i)

Zeitpunkte der Probenahme;

j)

gegebenenfalls Beschreibung der Toxizitätszeichen, unter Angabe der Zeit des Einsetzens, des Schweregrads und der Dauer (bei Unbedenklichkeitsprüfungen);

k)

gegebenenfalls Ergebnisse der klinischen Beobachtungen, der Autopsie, der Histopathologie und aller anderen untersuchten Parameter (bei Unbedenklichkeitsprüfungen);

l)

gegebenenfalls eine Abschätzung der Dosis ohne beobachtbare (schädliche) Wirkung (No Observed (adverse) Effect Level, NO(A)EL), der niedrigsten Dosis mit beobachtbarer (schädlicher) Wirkung (Lowest Observed (adverse) effect level, LO(A)EL) oder Untergrenze der Benchmark-Dosis (Lower Bound of the Benchmark Dose, BMDL) (bei Unbedenklichkeitsprüfungen);

m)

Gewicht der behandelten Tiere;

n)

gegebenenfalls Milch- und Eierproduktion;

o)

spezifische Aktivität und radiochemische Reinheit markierter Substanzen (bei Rückstandsuntersuchungen);

p)

Probenahme, Stichprobenumfang und Probenaufbewahrung;

q)

Analysemethoden: eine vollständige Beschreibung des Verfahrens einschließlich Vorbereitung der Analyseproben, Geräte und von Standards abgeleiteten Daten, Kontrollgewebe, angereichertes Gewebe und Gewebe mit aufgetretenen Rückständen; es sind Validierungsdaten für die Analysemethode vorzulegen, einschließlich Nachweisgrenze, Quantifizierungsgrenze, Linearität in und um den einschlägigen Konzentrationsbereich, Stabilität, Richtigkeit, Genauigkeit und Anfälligkeit für Interferenzen;

r)

Rohdaten aller Untersuchungsergebnisse, einschließlich jener der Analysemethode, die zur Bestimmung der Rückstände in den essbaren Geweben oder Erzeugnissen angewendet wurde, Berechnungsmethoden.

I.6.   Für Stoffe biologischen Ursprungs, die nicht in Artikel 1 Absatz 2 Buchstabe a der Verordnung (EG) Nr. 470/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates (3) genannt sind, gilt Folgendes:

a)

sie unterliegen einer normalen MRL, wenn der Stoff biologischen Ursprungs insofern chemikalienähnlich ist, als dass er durch chemische Synthese hergestellt werden könnte und es somit für ihn ähnliche Bedenken gibt wie bei chemischen Stoffen und zu erwarten ist, dass er auf dieselbe Weise wie chemische Stoffe (z. B. Zytokine, Hormone) Rückstände hinterlässt;

b)

die Bewertung erfolgt von Fall zu Fall, wenn der Stoff biologischen Ursprungs insofern nicht chemikalienähnlich ist, als dass er komplexer als durch chemische Synthese hergestellte pharmakologisch wirksame Stoffe ist und daher mehrere Arten von Chemikalien enthalten kann, bei deren Rückständen es sich im Allgemeinen um Zellen, Aminosäuren, Lipide, Kohlenhydrate, Nukleinsäuren sowie um deren Abbauprodukte handeln kann.

I.7.   Bei nicht chemikalienähnlichen Stoffen biologischen Ursprungs ist ein Bericht, in dem die wissenschaftliche Grundlage für die Anfrage, ob eine vollumfängliche Bewertung der MRL erforderlich ist oder nicht, beschrieben wird, zusammen mit den folgenden Informationen obligatorisch:

a)

die Art des Stoffes biologischen Ursprungs (z. B. Zelle, Gewebe, lebender oder abgetöteter Organismus) und ein Vergleich mit ähnlichen Stoffen biologischen Ursprungs, denen Verbraucher bekanntermaßen regelmäßig ausgesetzt sind;

b)

eine Beschreibung des der therapeutischen Wirkung des Stoffes zugrunde liegenden Wirkmechanismus und, falls verfügbar, Informationen zu dessen Wirksamkeit;

c)

der Verbleib des Stoffes im behandelten Tier (d. h. seine Bioverfügbarkeit, zu erwartende Rückstände in Lebensmitteln);

d)

jegliche Aktivität, die der Stoff im menschlichen Darm haben könnte (sind die Rückstände inaktiv oder rufen sie lokale Wirkungen hervor);

e)

die systemische Verfügbarkeit von Rückständen nach der Aufnahme von Rückständen durch Verbraucher, zusammen mit einer Abschätzung der Exposition des Verbrauchers im schlimmsten anzunehmenden Fall.

Die vorstehend genannten Informationen sind gemäß dem Leitfaden der Europäischen Arzneimittel-Agentur (im Folgenden die „Agentur“) zu bewerten, um zu ermitteln, ob einer Bewertung der MRL erforderlich ist. Wenn für Stoffe biologischen Ursprungs die Schlussfolgerung gezogen wird, dass keine Bewertung der MRL erforderlich ist, so werden diese Stoffe in einer einschlägigen Liste von der Agentur veröffentlicht.

I.8.   Bestimmte Aspekte der zur Stützung eines MRL-Antrags vorzulegenden Daten für einen Stoff, der für weniger wichtige Tierarten bzw. für geringfügige Verwendungen vorgesehen ist, können im Vergleich zu den Anforderungen für einen Stoff, der nicht unter diese Kategorie fällt, reduziert werden. Die Bewertung muss auf der Grundlage der Datenanforderungen erfolgen, die in der „Guideline on safety and residue data requirements for pharmaceutical veterinary medicinal products intended for minor use or minor species (MUMS)/limited market“ (4) der Agentur festgelegt sind.

I.9.   Die allgemeinen Grundsätze für die Ableitung von MRL für Biozid-Wirkstoffe zur Anwendung in der Tierhaltung, welche in Artikel 10 der Verordnung (EG) Nr. 470/2009 festgelegt sind, sind gleichlautend mit denen für Tierarzneimittel.

II.   SICHERHEITSDOKUMENTATION

II.1.   Für die MRL-Bewertung für Stoffe, die zuvor nicht für der Lebensmittelgewinnung dienende Tierarten verwendet wurden, ist ein umfassendes Sicherheitsdaten-Paket gemäß der Beschreibung in diesem Abschnitt erforderlich.

II.2.   Sind relevante und hochwertige Daten aus der Literatur verfügbar, in denen alle Details der Studie beschrieben werden, ist es unter Umständen möglich, sich statt eines umfassenden, vom Antragsteller in Auftrag gegebenen Studienberichts auf diese Daten zu stützen.

II.3.   Wenn keine Daten für Standardendpunkte vorgelegt werden, ist hierfür eine sorgfältige Begründung erforderlich.

II.4.   Ausführliche kritische Zusammenfassung

II.4.1.   Es ist eine ausführliche kritische Zusammenfassung der Sicherheitsdokumentation erforderlich.

II.4.2.   Die ausführliche kritische Zusammenfassung muss:

a)

eine klare Position zur Eignung der vorgelegten Daten unter Berücksichtigung des aktuellen wissenschaftlichen Kenntnisstandes einnehmen;

b)

eine Einleitung enthalten, in der das tatsächliche oder vorgeschlagene Verwendungsmuster des zu prüfenden Stoffes in der Tierhaltung beschrieben wird, und eine Zusammenfassung aller sonstigen Erfahrungen mit seiner Verwendung;

c)

sich mit der Frage auseinandersetzen, inwieweit der betreffende Stoff Ähnlichkeiten mit anderen bekannten Stoffen aufweist, die für die Bewertung relevant sein könnten;

d)

alle Standarddatenanforderungen abdecken, die in der Durchführungsverordnung (EU) 2017/12 (5) der Kommission festgelegt sind, sowie eine kritische Bewertung der verfügbaren experimentellen Studien und eine Interpretation der Ergebnisse enthalten;

e)

eine wissenschaftliche Begründung für die Auslassung von Studien, die in diesem Abschnitt beschrieben werden, liefern;

f)

Anforderungen für zusätzliche Studien erörtern;

g)

eine Beschreibung und Erläuterung der wichtigsten Erkenntnisse für jede Studie enthalten. Folgende Punkte sind zu erörtern: die genutzten Tierarten, die Anzahl der genutzten Tiere, der/die Verabreichungsweg(e), die Dosierung(en), die Dauer der Behandlung, die erreichte Exposition, die Dosis-Wirkungs-Beziehung, die Art der schädlichen Wirkungen (Beginn und Dauer, Dosisabhängigkeit und Reversibilität sowie etwaige artenbezogene oder geschlechtsbezogene Unterschiede), bekannte relevante Struktur-Wirkungs-Beziehungen und Relevanz der Ergebnisse für den menschlichen Verbraucher;

h)

eine Begründung für die für jede Studie vorgeschlagene NO(A)EL, LO(A)EL oder BMDL liefern;

i)

einschlägige wissenschaftliche Literatur zusammenfassen und erörtern, einschließlich der Berichte über Bewertungen, die von anderen wissenschaftlichen Stellen (wie der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA), der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA) und dem Gemeinsamen Sachverständigenausschuss für Lebensmittelzusatzstoffe der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation (FAO) und der Weltgesundheitsorganisation (WHO) (JECFA)) durchgeführt wurden. Werden detaillierte Verweise auf veröffentlichte wissenschaftliche Literatur verwendet, so sind alle unter Punkt I.5 genannten Anforderungen, soweit möglich, zu erfüllen.

j)

Informationen über die Qualität der Chargen von Prüfsubstanzen enthalten, die in den Unbedenklichkeitsstudien verwendet werden. Alle Zusammenhänge zwischen den Ergebnissen und der Qualität der Prüfsubstanzen und/oder der Arzneimittel sind anzugeben. Erforderlichenfalls ist eine kritische Bewertung der im Wirkstoff enthaltenen Verunreinigungen vorzulegen und über ihre potenziellen biologischen Wirkungen zu informieren. Die Auswirkungen etwaiger Unterschiede in Bezug auf die Chiralität, die chemische Form und das Verunreinigungsprofil zwischen dem in den Unbedenklichkeitsstudien verwendeten Stoff und der in Verkehr gebrachten Form sind zu erörtern;

k)

den GLP-Status der vorgelegten Studien erörtern;

l)

mögliche Mängel bei der Konzeption und Durchführung der Studien und ihrer Dokumentation erörtern, wobei auf die veröffentlichten Leitlinien der Agentur und anderer Organe zu verweisen ist. Abweichungen von den geltenden Leitlinien sind hervorzuheben und die Auswirkungen der Abweichung sind zu erörtern und wissenschaftlich zu begründen;

m)

Stellung nehmen zur Verwendung von Versuchstieren in den Studien sowie zu der Frage, ob die Studien in Übereinstimmung mit der Richtlinie 2010/63/EU durchgeführt wurden;

n)

eine Begründung für die Auswahl (einer) kritischer/kritischen NO(A)EL oder BMDL und die Ableitung der annehmbaren Tagesdosis (Acceptable Daily Intake, ADI) liefern, wobei die Auswahl der Unsicherheitsfaktoren zu begründen ist. Wenn keine ADI vorgeschlagen wird oder ein alternativer toxikologischer Referenzwert gewählt wird, ist dies sorgfältig zu begründen.

II.4.3.   Anhänge zur ausführlichen kritischen Zusammenfassung müssen Folgendes enthalten:

a)

Liste der Quellenangaben — eine Liste aller Quellenangaben ist gemäß international anerkannten Standards vorzulegen. Die Quellenangaben selbst sind in das Dossier aufzunehmen;

b)

tabellarische Studienberichte — tabellarische Zusammenfassungen von Studienberichten. Darüber hinaus ist ein vollständiger Satz Studienberichte in das Dossier aufzunehmen.

II.5.   Genaue Identifizierung des Stoffes, mit dem sich der Antrag befasst

II.5.1.   Die Daten müssen nachweisen, dass der Stoff genau identifiziert und beschrieben wurde, damit gewährleistet ist, dass der in Unbedenklichkeitsstudien verwendete Stoff für den in der Praxis zu verwendenden Stoff repräsentativ ist.

II.5.2.   In Unbedenklichkeitsstudien verwendete Chargen sind zu identifizieren, und es sind angemessene Angaben zu machen, einschließlich zur Reinheit (Konzentrationen von Verunreinigungen), zu den Isomerenverhältnissen und Enantiomeren, zur Löslichkeit und zu allen anderen Faktoren, die die Wirkung des Stoffes beeinflussen können.

II.5.3.   Informationen zu den chemischen und physikalisch-chemischen Eigenschaften des Stoffes ermöglichen unter Umständen die Identifizierung und/oder Ausräumung von Bedenken auf der Grundlage bekannter Eigenschaften von Stoffen mit ähnlichen chemischen und physikalisch-chemischen Eigenschaften.

II.6.   Pharmakologie

II.6.1.   Pharmakodynamik

II.6.1.1.   Daten aus Studien zur Pharmakodynamik sollen die Identifizierung und Beschreibung der Wirkungsweise bzw. des Wirkungsmechanismus ermöglichen, die bzw. der den beabsichtigten therapeutischen Wirkungen sowie den Nebenwirkungen zugrunde liegt. Diese Studien sind von Fall zu Fall individuell zu konzipieren, wobei die verfügbaren Informationen im Hinblick auf die wahrscheinlichen pharmakologischen Wirkungen des Stoffes zu berücksichtigen sind.

II.6.1.2.   Besondere Beachtung ist den pharmakodynamischen Wirkungen des Stoffes zu schenken, die in Dosen auftreten können, die unter denen liegen, die für die Erzeugung toxikologischer Wirkungen erforderlich sind, wobei die Notwendigkeit der Ableitung einer pharmakologischen ADI zu berücksichtigen ist.

II.6.1.3.   Studien, die für die Ermittlung einer pharmakologischen ADI relevant sind, müssen die Wirkungsweise und die Dosis-Wirkungs-Beziehung identifizieren bzw. beschreiben und, falls möglich, eine NOEL bzw. BMDL ermitteln und sind als Ausgangspunkt für die Ableitung einer pharmakologischen ADI zu verwenden. Sofern geeignete Daten aus Studien am Menschen vorliegen (z. B. für Stoffe, die in der Vergangenheit bereits in der Humanmedizin verwendet wurden), sind diese in der Regel am nützlichsten für die Identifizierung einer pharmakologischen NOEL oder BMDL. Von der Agentur veröffentlichte Leitlinien zur Ermittlung einer pharmakologischen ADI (6) sind zu befolgen.

II.6.1.4.   Daten zu den pharmakodynamischen Wirkungen eines Stoffes müssen:

a)

die Identifizierung/Beschreibung der Wirkungsweise bzw. des Wirkmechanismus des Stoffes ermöglichen;

b)

die Beschreibung der Dosis-Wirkungs-Beziehung der einschlägigen pharmakologischen Endpunkte ermöglichen;

c)

Einblick in die potenziellen toxischen Wirkungen des Stoffes auf der Grundlage der Kenntnisse über die bekannten Wirkungen anderer Stoffe mit ähnlichen pharmakodynamischen Eigenschaften geben;

d)

helfen, die Mechanismen zu verstehen, die den in toxikologischen Studien beobachteten Nebenwirkungen zugrunde liegen;

e)

in bestimmten Fällen Informationen über die Relevanz der bei Versuchstieren beobachteten Wirkungen für den Menschen beinhalten.

II.6.1.5.   Wenn keine Daten zur Pharmakodynamik vorgelegt werden, muss ihr Fehlen wissenschaftlich begründet werden, und die Auswirkungen dieses Fehlens sind zu erörtern.

II.6.1.6.   Wenn keine pharmakologische ADI abgeleitet wird, ist ihr Fehlen wissenschaftlich zu begründen.

II.6.2.   Pharmakokinetik

II.6.2.1.   Pharmakokinetische Untersuchungen müssen Informationen zur Resorption des Stoffes, zu seiner Verteilung und seinem Verbleib in den Geweben, zu seiner Verstoffwechselung sowie zu seiner Ausscheidung bereitstellen. In den pharmakokinetischen Studien muss der orale Verabreichungsweg der Hauptverabreichungsweg sein, da dies der Verabreichungsweg für Verbraucher ist.

II.6.2.2.   Metaboliten, die in der Versuchstierart produziert werden, sind mit den in der Zieltierart beobachteten Metaboliten zu vergleichen, und zwar im Einklang mit den Leitlinien der International Cooperation on Harmonisation of Technical Requirements for Registration of Veterinary Medicinal Products (VICH) — VICH GL47: Studies to evaluate the metabolism and residue kinetics of veterinary drugs in food-producing animals: laboratory animal comparative metabolism studies (7).

II.6.2.3.   Die aus Studien an Versuchstieren gewonnenen Daten zur Pharmakokinetik sind zu verwenden, um ein Modell für den Verbleib des vom Menschen aufgenommenen Stoffes zu erstellen.

II.6.2.4.   Pharmakokinetische Daten über Versuchstiere sind außerdem dazu zu verwenden, um zu bestimmen, ob die Metaboliten, die von den Verbrauchern in Lebensmitteln tierischen Ursprungs aufgenommen werden, auch in den für die Unbedenklichkeitsprüfung verwendeten Tieren produziert werden. Dies ist notwendig, um die Relevanz der in den toxikologischen Studien ermittelten toxikologischen Wirkungen und NO(A)ELs bzw. BMDLS zu bestimmen. Wenn die Versuchstiere dieselben Metaboliten produzieren wie das der Lebensmittelgewinnung dienende Tier, so ist anzunehmen, dass die Versuchstiere automatisch den Metaboliten ausgesetzt wurden, die von Menschen konsumiert werden würden. Dies wird gewöhnlich als Beweis dafür herangezogen, dass die Sicherheit von Metaboliten in den toxikologischen Studien angemessen bewertet wurde. Wenn die von der Zieltierart produzierten Metaboliten in den Studien an Versuchstieren nicht produziert werden, kann es erforderlich sein, Sicherheitsstudien unter Verwendung der wichtigsten Metaboliten durchzuführen, die vom Zieltier produziert werden.

II.6.2.5.   Daten zur Pharmakokinetik können auch dazu beitragen, ungewöhnliche Ergebnisse zu erklären, die in Toxizitätsstudien erzielt wurden, wie z. B. ein offensichtliches mangelndes Ansprechen auf eine Dosis, wenn keine ausreichende Resorption des Medikaments stattfindet.

II.6.3.   Toxikologie

II.6.3.1.   Allgemeine Grundsätze

II.6.3.1.1.   Tierexperimentelle Studien sind über den oralen Verabreichungsweg durchzuführen, da dies der Verabreichungsweg für den Verbraucher ist.

II.6.3.1.2.   Tierexperimentelle Studien sind an etablierten Stämmen von Versuchstieren durchzuführen, für die historische Daten vorliegen. Jeder Stoff ist in der Art und in dem Stamm von Tieren zu prüfen, die/der das beste Modell für die Wirkungen des Stoffes beim Menschen darstellt.

II.6.3.1.3.   Der zu prüfende Stoff muss der Wirkstoff sein. Wenn Rückstände in Lebensmitteln, die von behandelten Tieren stammen, jedoch erhebliche Mengen eines Metaboliten enthalten, der von der Versuchstierart nicht produziert wird, muss die Toxizität des Metaboliten unter Umständen getrennt bewertet werden.

II.6.3.1.4.   VICH GL33: Studies to evaluate the safety of residues of veterinary drugs in human food: general approach to testing (8) ist zu befolgen.

II.6.3.2.   Toxizität bei einmaliger Verabreichung, falls verfügbar

II.6.3.2.1.   Unter Umständen wurden Studien zur akuten Toxizität aus anderen Gründen als zur Bewertung der Verbrauchersicherheit (z. B. zur Bewertung der Anwendersicherheit eines Erzeugnisses) durchgeführt, oder es ist möglicherweise eine Berichterstattung über diese Studien in der veröffentlichten Literatur erfolgt. Berichte über solche Studien sind im Rahmen der Sicherheitsdokumentation vorzulegen.

II.6.3.2.2.   Falls verfügbar, sind Daten zur akuten Toxizität, die zum Gesamtbild des toxikologischen Profils des Stoffes beitragen und die in langfristigen Studien zu beachtenden Wirkungen hervorheben können, vorzulegen.

II.6.3.3.   Toxizität bei wiederholter Verabreichung

II.6.3.3.1.    Toxizitätsprüfung bei wiederholter oraler Verabreichung (90 Tage)

II.6.3.3.1.1.   Daten aus Studien zur oralen Toxizität bei wiederholter Verabreichung (90 Tage) sind sowohl für eine Nagetier- als auch für eine Nicht-Nagetierart vorzulegen, zusammen mit der Begründung für die Wahl der Tierart; dabei ist der verfügbare Kenntnisstand zur Verstoffwechselung des Stoffes in Tieren und Menschen zu berücksichtigen.

II.6.3.3.1.2.   Daten aus Studien zur Prüfung der oralen Toxizität bei wiederholter Verabreichung müssen:

a)

die Bewertung der funktionalen und morphologischen Veränderungen aufgrund einer wiederholten Verabreichung der Prüfsubstanz(en) sowie eine Bewertung des Zusammenhangs dieser Veränderungen mit der Dosis ermöglichen;

b)

die Festlegung einer NO(A)EL, LO(A)EL oder BMDL ermöglichen;

c)

Informationen zur Wahl der Dosisstufen für Langzeitstudien sowie zur Wahl der geeignetsten Tierart für Langzeitstudien bereitstellen.

II.6.3.3.1.3.   Leitlinien zur Konzeption von (90-tägigen) Studien zur wiederholten Verabreichung können VICH GL31: Studies to evaluate the safety of residues of veterinary drugs in human food: repeat-dose (90 days) toxicity testing (9) entnommen werden; diese Leitlinien sind zu befolgen. Abweichungen von etablierten Leitlinien sind zu begründen, und die Auswirkungen dieser Abweichungen sind zu erörtern.

II.6.3.3.1.4.   Auch das Fehlen von Studien zur oralen Toxizität bei wiederholter Verabreichung (90 Tage) bei Nagetieren und/oder Nicht-Nagetieren ist wissenschaftlich zu begründen, und die Auswirkungen dieses Fehlens sind zu erörtern.

II.6.3.3.2.    Prüfung der (chronischen) Toxizität bei wiederholter Verabreichung

II.6.3.3.2.1.   Prüfungen der chronischen Toxizität sind an mindestens einer Tierart durchzuführen. Dabei muss es sich um die geeignetste Tierart handeln, die auf Grundlage aller verfügbaren wissenschaftlichen Daten gewählt wird, einschließlich der Ergebnisse der 90-tägigen Studien, wobei die Standard-Tierart die Ratte ist.

II.6.3.3.2.2.   Die Daten aus Studien zur Prüfung der chronischen oralen Toxizität müssen Folgendes ermöglichen:

a)

die Bewertung der funktionalen und morphologischen Veränderungen aufgrund einer wiederholten Verabreichung der Prüfsubstanz(en) sowie eine Bewertung des Zusammenhangs dieser Veränderungen mit der Dosis;

b)

die Festlegung einer NO(A)EL, LO(A)EL oder BMDL;

II.6.3.3.2.3.   Leitlinien zur Konzeption von (chronischen) Studien zur wiederholten Verabreichung können VICH GL37: Studies to evaluate the safety of residues of veterinary drugs in human food: repeat-dose (chronic) toxicity testing (10) entnommen werden; diese Leitlinien sind zu befolgen. Abweichungen von etablierten Leitlinien sind zu begründen, und die Auswirkungen dieser Abweichungen sind zu erörtern.

II.6.3.3.2.4.   Wenn keine Studie zur (chronischen) oralen Toxizität bei wiederholter Verabreichung vorgelegt wird, ist ihr Fehlen wissenschaftlich zu begründen, und die Auswirkungen dieses Fehlens sind zu erörtern.

II.6.3.4.   Falls verfügbar, Verträglichkeit bei der Zieltierart

II.6.3.4.1.   Für die Bewertung der Verbrauchersicherheit sind keine Daten zur Verträglichkeit bei der Zieltierart erforderlich. Wurden jedoch relevante Daten generiert oder sind diese in der veröffentlichten Literatur enthalten, so sind diese im Rahmen der Sicherheitsdokumentation vorzulegen.

II.6.3.4.2.   Falls verfügbar, können Daten zur Verträglichkeit in Zieltierarten zum Gesamtbild des toxikologischen Profils des Stoffes beitragen und die in den Toxizitätsstudien zu beachtenden Wirkungen hervorheben.

II.6.3.5.   Reproduktionstoxizität, einschließlich Entwicklungstoxizität

II.6.3.5.1.    Studie zu den Wirkungen auf die Fortpflanzung

II.6.3.5.1.1.   Allgemeine Prüfungen der Reproduktionstoxizität sind an mindestens einer Zieltierart durchzuführen, wobei die Standard-Tierart die Ratte ist. Es ist der orale Verabreichungsweg zu verwenden.

II.6.3.5.1.2.   Prüfungen der Auswirkungen auf die Fortpflanzung sollen die Nebenwirkungen der Prüfsubstanz auf die Fortpflanzungsleistung von exponierten Erwachsenen sowie auf die normale Entwicklung ihrer Nachkommenschaft ermitteln und beschreiben.

II.6.3.5.1.3.   Prüfungen müssen die potenziellen Auswirkungen auf die männliche und weibliche Fortpflanzungsleistung ermitteln, wie z. B. Gonadenfunktion, Brunstzyklus, Paarungsverhalten, Empfängnis, Geburt, Laktation, Absetzen sowie Wachstum und Entwicklung der Nachkommen. Diese Studien können außerdem Informationen zu negativen Auswirkungen auf die Entwicklung, wie z. B. Teratogenese, liefern.

II.6.3.5.1.4.   Wenn Daten das Auftreten von Wirkungen auf die Entwicklung des Zentralnervensystems nahelegen, sind unter Umständen besondere Untersuchungen dieser Wirkungen erforderlich, z. B. durch die Bewertung der Ergebnisse aus anderen Prüfungen (siehe Abschnitt II.6.4.1)

II.6.3.5.1.5.   Die Daten müssen die Festlegung einer NO(A)EL, LO(A)EL oder BMDL ermöglichen.

II.6.3.5.1.6.   Leitlinien zur Konzeption von Studien zur Prüfung der Reproduktionstoxizität können VICH GL22: Studies to evaluate the safety of residues of veterinary drugs in human food: reproduction testing (11) entnommen werden; diese Leitlinien sind zu befolgen. Abweichungen von etablierten Leitlinien sind zu begründen, und die Auswirkungen dieser Abweichungen sind zu erörtern.

II.6.3.5.1.7.   Wenn keine Studie zur Reproduktionstoxizität vorgelegt wird, ist ihr Fehlen wissenschaftlich zu begründen, und die Auswirkungen dieses Fehlens sind zu erörtern.

II.6.3.5.2.    Studie zur Entwicklungstoxizität

II.6.3.5.2.1.   Mit den Studien zur Entwicklungstoxizität sollen Nebenwirkungen auf das trächtige Weibchen und die Entwicklung des Embryos und des Fetus infolge einer Exposition ab der Implantation über die gesamte Trächtigkeitsdauer hinweg entdeckt werden. Zu diesen Wirkungen können eine erhöhte Toxizität in den trächtigen Weibchen, embryofetaler Tod, verändertes Wachstum des Fetus und strukturelle Anomalien und Anomalien im Fetus gehören.

II.6.3.5.2.2.   Wenn in der Ratte eindeutige Hinweise auf eine Teratogenität zu beobachten sind, ist keine Studie an einer zweiten Tierart notwendig, es sei denn, eine Überprüfung aller Hauptstudien legt nahe, dass die ADI auf der Studie zur Teratogenität bei der Ratte basieren würde. Eine Prüfung an einer zweiten Tierart (im Normalfall Kaninchen) wird erwartet, wenn bei der Ratte keine Hinweise auf eine Teratogenität oder aber mehrdeutige Ergebnisse beobachtet wurden.

II.6.3.5.2.3.   Leitlinien zur Vorgehensweise bei der Prüfung der Entwicklungstoxizität sind in VICH GL32: Studies to evaluate the safety of residues of veterinary drugs in human food: developmental toxicity testing (12) beschrieben. Dies sieht einen stufenweisen Ansatz vor, bei dem die Prüfung zunächst an einer einzigen Tierart (Ratte) durchgeführt wird. Abweichungen von etablierten Leitlinien sind zu begründen, und die Auswirkungen dieser Abweichungen sind zu erörtern.

II.6.3.5.2.4.   In Studien ist der orale Verabreichungsweg zu verwenden.

II.6.3.5.2.5.   Die Daten müssen die Festlegung einer NO(A)EL, LO(A)EL oder BMDL ermöglichen.

II.6.3.5.2.6.   Wenn keine Studie zur Entwicklungstoxizität vorgelegt wird, ist ihr Fehlen wissenschaftlich zu begründen, und die Auswirkungen dieses Fehlens sind zu erörtern.

II.6.3.6.   Genotoxizität

II.6.3.6.1.   In den meisten Fällen muss es sich beim zu prüfenden Stoff ausschließlich um die Stammverbindung halten. In manchen Fällen muss/müssen jedoch unter Umständen zusätzlich einer oder mehrere der Hauptmetaboliten getrennt geprüft werden. Dies wäre der Fall, wenn ein in der Zieltierart produzierter Hauptmetabolit in der Versuchstierart nicht produziert wird.

II.6.3.6.2.   VICH GL23: Studies to evaluate the safety of residues of veterinary drugs in human food: genotoxicity testing (13) nennt eine Standard-Testbatterie, die empfohlen wird, um dem genotoxischen Potenzial eines Stoffes Rechnung zu tragen. Die Standardbatterie beinhaltet Tests, mit denen mutagene, klastogene und aneugene Wirkungen festgestellt werden sollen. Abweichungen von etablierten Leitlinien sind zu begründen, und die Auswirkungen dieser Abweichungen sind zu erörtern.

II.6.3.6.3.   Ergebnisse der Versuche zur Genotoxizität sind zu verwenden, um zu bewerten, ob ein Stoff wahrscheinlich Schäden am Genmaterial verursacht, die möglicherweise von einer Mutterzelle an ihre Tochterzellen weitergegeben werden, und zwar entweder durch direkte oder durch indirekte Wirkungen auf die Desoxyribonukleinsäure (DNA).

II.6.3.6.4.   Eine Exposition gegenüber bestimmten genotoxischen Stoffen ist bekanntermaßen mit der Entstehung von Krebs assoziiert; daher muss davon ausgegangen werden, dass eindeutig positive Ergebnisse in Versuchen zur Genotoxizität darauf hinweisen, dass der Stoff möglicherweise karzinogen ist. Da Keimzellmutationen bekanntermaßen mit Erkrankungen assoziiert sind, muss davon ausgegangen werden, dass eindeutig positive Ergebnisse in Versuchen zur Genotoxizität darauf hinweisen, dass der Stoff unter Umständen eine vererbbare Erkrankung hervorruft (Reproduktionstoxizität).

II.6.3.6.5.   Die bewusste Anwendung von genotoxischen Stoffen mit direkten Wechselwirkungen mit der DNA wird in Arzneimitteln für Tiere, die der Lebensmittelgewinnung dienen, nicht akzeptiert.

II.6.3.6.6.   Die Ergebnisse aus den Versuchen zur Genotoxizität müssen in die Bewertung der Notwendigkeit, Daten zur Karzinogenität zu generieren, einfließen. Weitere Faktoren, die bei der Bestimmung der Notwendigkeit, Daten zur Karzinogenität zu generieren, zu berücksichtigen sind, sind das Vorliegen von relevanten strukturellen Warnhinweisen und das Auftreten von präneoplastischen Befunden in Prüfungen der Toxizität bei wiederholter Verabreichung.

II.6.3.6.7.   Die Anwendung eines Stoffes, der in Versuchen zur Genotoxizität auf direktem Wege eindeutig positive Befunde hervorruft, ist bei Tieren, die der Lebensmittelgewinnung dienen, nur dann zulässig, wenn die Befunde zur Genotoxizität für den Verbraucher nachweislich nicht relevant sind. Ergebnisse aus Studien zur Karzinogenität, welche belegen, dass keine Neoplasien auftreten, können Teil einer solchen Beweisführung sein. Ferner sind mechanistische Daten erforderlich, um nachzuweisen, dass der Mechanismus, der der beobachteten Genotoxizität zugrunde liegt, für den Verbraucher nicht relevant ist.

II.6.3.6.8.   Wenn keine Daten vorliegen, die belegen, dass die beobachtete Genotoxizität für den Verbraucher nicht relevant ist, führen eindeutig positive Befunde zu der Schlussfolgerung, dass keine ADI ermittelt werden kann und dass der Stoff für die Verwendung in Tierarten, die der Lebensmittelgewinnung dienen, nicht geeignet ist.

II.6.3.6.9.   Eindeutig negative Ergebnisse aus einer Standardbatterie von Genotoxizitätstests führen zu der Schlussfolgerung, dass der Stoff nicht genotoxisch ist.

II.6.3.6.10.   Wenn in Genotoxizitätstests mehrdeutige Ergebnisse beobachtet werden, ist angesichts der allgemeinen Beweiskraft der verfügbaren Daten die Notwendigkeit weiterer Prüfungen in Betracht zu ziehen.

II.6.3.6.11.   Im Allgemeinen ist anzunehmen, dass der Genotoxizität der Hauptmetaboliten durch mit dem Ausgangsstoff durchgeführte Studien angemessen Rechnung getragen wurde. Wird jedoch ein Hauptmetabolit in der Zieltierart, nicht aber in der Versuchstierart produziert, ist es unter Umständen nicht möglich, eine Schlussfolgerung zur Genotoxizität von Rückständen zu ziehen, ohne zusätzliche Daten unter Verwendung des relevanten Metaboliten zu generieren.

II.6.3.6.12.   Grundsätzlich ist keine Identifizierung von Nebenmetaboliten erforderlich.

II.6.3.6.13.   Nebenmetaboliten sind Metaboliten, die in Konzentrationen unter 100 μg/kg vorhanden sind oder weniger als 10 % der Gesamtrückstände ausmachen, wie in VICH GL46: Studies to evaluate the metabolism and residue kinetics of veterinary drugs in food producing animals: metabolism study to determine the quantity and identify the nature of residues (14) beschrieben.

II.6.3.6.14.   Wenn die Struktur eines Nebenmetaboliten bekannt ist oder eine Hypothese dazu aufgestellt werden kann und wenn der Metabolit eine direkte Wechselwirkung mit der DNA aufweist bzw. davon ausgegangen wird, dann ist dem potenziellen Risiko für Verbraucher Rechnung zu tragen. Es sind Daten vorzulegen, um zu bestätigen, dass seine Konzentration niedrig genug ist, damit er als praktisch sicher angesehen werden kann — die Konzentration muss also niedrig genug sein, damit gewährleistet ist, dass das aus einer Exposition des Verbrauchers gegenüber dem Stoff resultierende erhöhte Krebsrisiko geringer als 1 zu 106 ist. Dies ist entweder mithilfe chemischer Daten oder, in Ermangelung solcher Daten, unter Anwendung des Konzepts des toxikologisch relevanten Schwellenwerts (Threshold of Toxicological Concern, TTC) zu erreichen; letzteres bietet einen Ansatz für die Quantifizierung des Risikos, das mit einer bestimmten Exposition gegenüber einem Stoff verbunden ist. Die von der EFSA und der WHO veröffentlichten Leitlinien zum TTC sind einzuhalten (15).

II.6.3.6.15.   Besteht das Bedenken, dass ein in Lebensmitteln tierischen Ursprungs vorhandener Nebenmetabolit im Verbraucher weiter verstoffwechselt wird, um einen DNA-reaktiven Stoff zu produzieren, so ist gleichermaßen der Nachweis zu erbringen, dass die Exposition des Verbrauchers auf einem Niveau erfolgt, das niedrig genug ist, um als praktisch sicher zu gelten.

II.6.3.6.16.   Für jeden dieser Stoffe (potenziell genotoxische Nebenmetaboliten, die im Zieltier oder im menschlichen Verbraucher produziert werden) muss die Konzentration der Rückstände in Lebensmitteln tierischen Ursprungs zu jedem Zeitpunkt nach der Behandlung zu einer Exposition des Verbrauchers führen, die unterhalb des TTC liegt. Da die Möglichkeit einer Exposition vor Ablauf der Wartezeit nicht ausgeschlossen werden kann und mit Hinblick auf der nicht auf Schwellenwerten basierenden schwerwiegenden Wirkung, reicht es nicht aus, nachzuweisen, dass bis zu dem Zeitpunkt, zu dem die Rückstandsmengen unter die vorgeschlagenen MRL-Werte fallen, ein Abbau auf Konzentrationen erfolgt, die mit dem TTC konform gehen.

II.6.3.6.17.   Wenn mehr als ein Nebenmetabolit mit DNA reagiert, ist mangels gegenteiliger Beweise davon auszugehen, dass alle DNA-reaktiven Stoffe denselben Wirkmechanismus aufweisen. Daher ist die Gesamtkonzentration an DNA-reaktiven Stoffen (Dosisaddition) mit dem TTC zu vergleichen.

II.6.3.6.18.   Bei Stoffen und Metaboliten, die über andere Mechanismen als direkte Wechselwirkung mit der DNA Krebs auslösen können, kann davon ausgegangen werden, dass sie auf Schwellenwerten basierende Wirkmechanismen haben. Wenn solche Stoffe in Tierarzneimitteln für der Lebensmittelgewinnung dienende Tiere verwendet werden sollen, müssen NO(A)EL oder BMDL für die relevanten Wirkungen in entsprechend begründeten Studien ermittelt werden.

II.6.3.7.   Karzinogenität

II.6.3.7.1.    Kriterien für die Auswahl von Stoffen für Karzinogenitätstests

II.6.3.7.1.1.   VICH GL28: Studies to evaluate the safety of residues of veterinary drugs in human food: carcinogenicity testing (16) enthält Leitlinien zu den Faktoren, die bei der Bestimmung der Notwendigkeit von Karzinogenitätstests und der durchzuführenden Karzinogenitätstests zu berücksichtigen sind; diese Leitlinien sind zu befolgen. Abweichungen von etablierten Leitlinien sind zu begründen, und die Auswirkungen dieser Abweichungen sind zu erörtern.

II.6.3.7.1.2.   In den Fällen, in denen Karzinogenitätstests für zweckmäßig erachtet werden, ist die Standardanforderung eine zweijährige Studie an Ratten und eine achtzehnmonatige Studie an Mäusen, obwohl mit angemessener Begründung Daten von einer einzigen Nagetierart akzeptiert werden können.

II.6.3.7.1.3.   Genotoxische Karzinogene werden nicht zur Anwendung bei der Lebensmittelgewinnung dienenden Tieren akzeptiert.

II.6.3.7.1.4.   Ein Stoff, der zu positiven Ergebnissen in Karzinogenitätstests führt, darf nur dann für die Verwendung in der Lebensmittelgewinnung dienenden Tieren zugelassen werden, wenn die Daten zur Karzinogenität nachweislich keine Relevanz für den Verbraucher haben (z. B. wenn die Art des beobachteten Tumors bekanntermaßen für den Menschen nicht relevant ist) oder wenn die Karzinogenität nachweislich das Ergebnis eines schwellenwertabhängigen Wirkmechanismus ist. Im letzteren Fall muss eine NO(A)EL oder BMDL für Karzinogenität ermittelt werden.

II.6.3.7.1.5.   Wenn keine Karzinogenitätstests erfolgen, ist das Fehlen solcher Daten wissenschaftlich zu begründen, und die Auswirkungen dieses Fehlens sind zu erörtern.

II.6.4.   Sonstige Anforderungen

II.6.4.1.   Allgemeine Grundsätze

II.6.4.1.1.   Die Notwendigkeit, Unbedenklichkeitsdaten zu anderen potenziellen Wirkungen vorzulegen, ist von Fall zu Fall individuell zu bestimmen. VICH GL33 befasst sich mit der Notwendigkeit zusätzlicher Prüfungen.

II.6.4.1.2.   Zu den Faktoren, die bei der Prüfung der Notwendigkeit solcher Daten zu berücksichtigen sind, zählen:

a)

die Struktur des Stoffes und seine Ähnlichkeit zu Stoffen mit bekannten toxikologischen Wirkungen;

b)

die Klasse des Stoffes und die bekannten toxikologischen Eigenschaften anderer Stoffe dieser Klasse;

c)

der Wirkmechanismus des Stoffes;

d)

alle Wirkungen, die in Standard-Toxizitätsstudien beobachtet wurden und eine weitere Untersuchung erforderlich machen (z. B. Immuntoxizität, Neurotoxizität oder endokrine Dysfunktion);

e)

das Vorliegen veröffentlichter Literatur, in der relevante Erkenntnisse hervorgehoben werden, einschließlich Literatur bezüglich der Wirkungen, die bei gegenüber dem Stoff exponierten Menschen beobachtet wurden.

II.6.4.2.   Sonderstudien (z. B. Immuntoxizität, Neurotoxizität)

II.6.4.2.1    Immuntoxizität

II.6.4.2.1.1.   Wenn die relevanten Wirkungen in Studien mit wiederholter Verabreichung oder anderen Toxizitätsstudien beobachtet werden (z. B. Veränderung des Gewichts und/oder der Histologie der lymphatischen Organe und Veränderungen der Zellularität der Lymphgewebe, des Knochenmarks oder der peripheren Leukozyten), sind unter Umständen weitere Funktionsprüfungen erforderlich. Der Prüfer muss die Art etwaiger zusätzlicher Prüfungen begründen und dabei die Beobachtungen aus anderen Toxizitätsstudien berücksichtigen.

II.6.4.2.1.2.   Bei bestimmten Klassen von Stoffen (wie z. B. Beta-Lactam-Antibiotika), die bekanntermaßen Überempfindlichkeitsreaktionen (Allergien) bei empfindlichen Personen hervorrufen, sind Daten zu den Expositionshöhen vorzulegen, die mit Überempfindlichkeitsreaktionen in Verbindung gebracht wurden.

II.6.4.2.1.3.   Es sind Details von allen immunologischen Studien vorzulegen, die mit dem Stoff im Rahmen jedes beliebigen Aspekts der Bewertung durchgeführt wurden (z. B. für die Anwendersicherheit durchgeführte Sensibilisierungstests oder Wirksamkeitsstudien, die mit immunmodulatorischen Stoffen durchgeführt wurden). Etwaige Berichte zu Nebenwirkungen beim Menschen sind ebenfalls vorzulegen.

II.6.4.2.1.4.   Die aus solchen Studien gewonnenen Daten sind bei der Bestimmung der toxikologischen ADI oder alternativer Grenzwerte zu berücksichtigen.

II.6.4.2.2.    Neurotoxizität, Entwicklungstoxizität und verzögerte Neurotoxizität

II.6.4.2.2.1.   Prüfungen zur Neurotoxizität sind erforderlich, wenn Studien mit wiederholter Verabreichung nahelegen, dass möglicherweise relevante Bedenken vorliegen.

II.6.4.2.2.2.   Wenn für Stoffe in anderen toxikologischen Tests gezeigt wurde, dass sie histologische, biophysische oder biochemische Veränderungen im Nervensystem oder neurologisch bedingte Verhaltensänderungen verursachen, dann müssen diese Stoffe ebenfalls im Hinblick auf die Neurotoxizität geprüft werden. Physikalisch-chemische Eigenschaften, Informationen zur Struktur-Wirkungsbeziehung und erfasste Nebenwirkungen beim Menschen können weitere Hinweise auf die Notwendigkeit zur Durchführung von Neurotoxizitätstests liefern.

II.6.4.2.2.3.   Neurotoxizitätstests müssen unter Verwendung des oralen Verabreichungswegs durchgeführt werden und die Ratschläge befolgen, die in den Leitlinien zur Prüfung von Chemikalien der Organisation für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) — Prüfungsleitlinie 424 (17) gegeben werden; diese befassen sich mit den Methoden, die bei Neurotoxizitätsstudien an Nagetieren anzuwenden sind. Diese Studie kann als eigenständige Studie durchgeführt oder in andere Studien zur Toxizität bei wiederholter Verabreichung eingearbeitet werden.

II.6.4.2.2.4.   Obwohl die OECD-Prüfungsleitlinie 424 nicht speziell auf die Wirkungen auf die Aktivität der Acetylcholinesterase eingeht, ist dieser Endpunkt in alle Studien zur Toxizität bei wiederholter Verabreichung für bestimmte Stoffe aufzunehmen, von denen bekannt ist oder angenommen wird, dass sie eine solche Aktivität aufweisen (z. B. Organophosphate oder Carbamate). Prüfungen auf Cholinesterase-Hemmung müssen mindestens Messungen im Hirn und in den Erythrozyten umfassen.

II.6.4.2.2.5.   Wenn ein Stoff nachweislich bei Erwachsenen zu neuropathologischen Zuständen oder zu einer Neurotoxizität führt oder andere Arten von Toxizitäten verursacht, die auf eine Beteiligung des Nervensystems im Entwicklungsstadium hinweisen, können Prüfungen zur Entwicklungsneurotoxizität als notwendig erachtet werden. In diesem Fall ist OECD-Prüfungsleitlinie 426 (18) zu befolgen; diese enthält Empfehlungen zu den Methoden, die bei Studien zur Entwicklungsneurotoxizität anzuwenden sind. Die erweiterte Eingenerationen-Prüfung auf Reproduktionstoxizität (OECD-Prüfungsleitlinie 443 (19)) sieht ebenfalls eine Prüfung auf Entwicklungsneurotoxizität vor.

II.6.4.2.2.6.   Organophosphate sind in einem Hennentest, der eine Messung der Neuropathy Target Esterase (NTE) im Hirngewebe umfasst, auf verzögerte Neurotoxizität zu prüfen. Es sind sowohl einmalige Exposition (OECD-Prüfungsleitlinie 418 (20)) als auch wiederholte Exposition (OECD-Prüfungsleitlinie 419 (21)) zu berücksichtigen. Während Studien zur einmaligen Verabreichung, die gemäß OECD-Prüfungsleitlinie 418 durchgeführt werden, unter Umständen nur die Ermittlung einer verzögerten neurotoxischen Wirkung ermöglichen, kann es mithilfe von Studien zur wiederholten Verabreichung (OECD-Prüfungsleitlinie 419) möglich sein, eine NO(A)EL oder BMDL zu ermitteln.

II.6.4.2.2.7.   Mit den Studien zur Neurotoxizität soll es möglich sein, NO(A)EL, LO(A)EL oder BMDL zu ermitteln, die bei der Bestimmung der toxikologischen ADI oder eines alternativen Grenzwerts zu berücksichtigen sind.

II.6.4.3.   Mikrobiologische Eigenschaften von Rückständen

II.6.4.3.1.    Potenzielle Wirkungen auf die menschliche Darmflora

II.6.4.3.1.1.   Bei Stoffen mit antimikrobieller Aktivität können antimikrobielle Wirkungen auf die menschliche Darmflora bei Dosen auftreten, die geringer sind als jene, die in den Toxizitätsprüfungen nachweislich zu einer Toxizität geführt haben. Für solche Stoffe ist eine mikrobiologische ADI in Übereinstimmung mit VICH GL36: Studies to evaluate the safety of residues of veterinary drugs in human food: general approach to establish a microbiological ADI (22) zu ermitteln.

II.6.4.3.1.2.   Die Daten sind zur Ableitung einer mikrobiologischen ADI zu verwenden.

II.6.4.3.1.3.   Die mit Rückständen einhergehenden Risiken sind klar von den potenziellen Risiken für die öffentliche Gesundheit abzugrenzen, die mit der Aufnahme von Lebensmitteln tierischen Ursprungs assoziiert sind, die resistente Bakterien enthalten, bei denen unter dem Druck einer antimikrobiellen Therapie eine Selektion stattgefunden hat.

II.6.4.3.1.4.   Wie in VICH GL36 beschrieben, ist im Zusammenhang mit der Ermittlung einer mikrobiologischen ADI den folgenden beiden relevanten Endpunkten Rechnung zu tragen:

a)

Beeinträchtigung der Kolonisationsbarriere — der erste relevante Endpunkt soll der Frage Rechnung tragen, ob die Aufnahme von Rückständen von Stoffen mit antimikrobieller Wirkung in Lebensmitteln tierischen Ursprungs ein Risiko für die menschliche Gesundheit aufgrund der Beeinträchtigung der Kolonisationsbarriere-Funktion der normalen Darmflora darstellt;

b)

Erhöhung der Population resistenter Bakterien — der zweite relevante Endpunkt soll der Frage Rechnung tragen, ob eine Aufnahme von Rückständen antimikrobiologischer Wirkstoffe ein Risiko für die menschliche Gesundheit aufgrund einer Erhöhung der Population resistenter Bakterien entweder aufgrund einer Resistenzentwicklung durch zuvor empfindliche Bakterien oder aufgrund einer relativen Erhöhung des Anteils weniger empfindlicher Organismen darstellt.

II.6.4.3.1.5.   Abweichungen von den etablierten Leitlinien sind zu begründen, und die Auswirkungen dieser Abweichungen sind zu erörtern.

II.6.4.3.1.6.   Wenn keine Prüfungen der Wirkungen auf die menschliche Darmflora durchgeführt werden, ist das Fehlen solcher Daten wissenschaftlich zu begründen, und die Auswirkungen des Fehlens sind zu erörtern.

II.6.4.4.   Beobachtungen beim Menschen

II.6.4.4.1.   Alle verfügbaren Daten zu den beim Menschen infolge einer Exposition gegenüber dem Stoff beobachteten gesundheitlichen Auswirkungen sind vorzulegen. Diese Daten können sich auf eine beabsichtigte Exposition von Menschen (z. B. bei Verwendung des Stoffs in der Humanmedizin) oder eine unbeabsichtigte Exposition (z. B. Berichte über eine berufsbedingte Exposition) beziehen. Solche Daten können sich schwerpunktmäßig mit epidemiologischen, pharmakologischen, toxikologischen oder klinischen Ergebnissen befassen.

II.6.4.4.2.   Die Daten im Zusammenhang mit der Exposition von Menschen können zusätzlich wertvolle Informationen zum allgemeinen toxikologischen Profil des Stoffes sowie Informationen zur Empfindlichkeit im Vergleich von Menschen und Tieren liefern, selbst wenn sie nicht zur Ableitung der ADI herangezogen werden können. In manchen Fällen können solche Daten zur Stützung von Argumenten in Bezug auf die Relevanz (oder mangelnde Relevanz) bestimmter Ergebnisse bei Versuchstieren dienen.

II.6.5.   Ergebnisse anderer Organe der EU oder anderer internationaler wissenschaftlicher Stellen

II.6.5.1.   Wenn von anderen Organen der EU oder anderen internationalen wissenschaftlichen Stellen, einschließlich EFSA, ECHA, JECFA und des gemeinsamen Gremiums für die Bewertung von Pestizidrückständen (Joint Meeting on Pesticide Residues, JMPR) der FAO/WHO relevante Sicherheitsbewertungen des Stoffes durchgeführt wurden, ist dies zusammen mit den entsprechenden Schlussfolgerungen hervorzuheben.

II.6.6.   Bestimmung einer ADI oder eines alternativen Grenzwerts

II.6.6.1.   Bestimmung einer ADI

Im Allgemeinen ist die ADI aus den pharmakologischen, toxikologischen oder mikrobiologischen Daten abzuleiten; wenn angemessene Daten vorliegen, ist jedoch auch eine Ableitung aus menschlichen Daten möglich.

II.6.6.1.1.    Ableitung der toxikologischen ADI

II.6.6.1.1.1.   Die toxikologische ADI ist abzuleiten, indem die gewählte toxikologische NO(A)EL/BMDL durch einen Unsicherheitsfaktor dividiert wird, um möglichen Schwankungen zwischen Spezies (d. h. Unterschiede bei der Empfindlichkeit zwischen Menschen und Versuchstieren) und innerhalb einer Spezies (d. h. Unterschiede bei der Empfindlichkeit innerhalb der menschlichen Population) Rechnung zu tragen. Der Unsicherheitsfaktor kann bei Bedarf angepasst werden, um weitere Unsicherheiten zu berücksichtigen (siehe unten).

II.6.6.1.1.2.   Die zur Bestimmung der toxikologischen ADI verwendete Formel lautet wie folgt:

ADI (mg/kg Körpergewicht/day) = NOAEL oder BMDL (mg/kg Körpergewicht/Tag) geteilt durch Unsicherheitsfaktor

II.6.6.1.1.3.   Die Wahl der NO(A)EL oder BMDL und des Unsicherheitsfaktors ist zu begründen.

II.6.6.1.1.4.   Sofern keine Begründung für einen anderen Ansatz vorliegt, ist die toxikologische ADI von der niedrigsten NO(A)EL oder BMDL, die in toxikologischen Studien bei der empfindlichsten Tierart beobachtet wird, abzuleiten. Unter gewissen Umständen ist eine Begründung für die Verwendung eines alternativen Ausgangspunkts möglich (zum Beispiel wenn Daten vorliegen, die belegen, dass die bei der LO(A)EL in der empfindlichsten Tierart beobachtete Wirkung für Menschen nicht relevant ist).

II.6.6.1.1.5.   Wenn der Ansatz der Benchmark-Dosis (BMD) angewendet wird, ist die BMDL als Ausgangspunkt für die Ableitung der ADI zu verwenden. In den meisten Fällen ist nicht davon auszugehen, dass sich die Wahl des kritischen Endpunkts ändert, wenn statt dem NO(A)EL- der BMDL-Ansatz angewendet wird, da dieselben biologischen Überlegungen zutreffen.

II.6.6.1.1.6.   Bei der Auswahl der Standardwerte für das Ausmaß der Reaktion, für die die BMDL abgeleitet wird (d. h. die Benchmark-Reaktion (im Folgenden „BMR“)), bei der Wahl der empfohlenen Dosis-Wirkungs-Modelle, sowie zur Berichterstattung über die Ergebnisse einer BMD-Analyse sind die im wissenschaftlichen Gutachten der EFSA enthaltenen Leitlinien zur Anwendung des Benchmark-Dosis-Ansatzes bei der Risikobewertung (23) zu befolgen.

II.6.6.1.1.7.   In Bezug auf Unsicherheitsfaktoren wird grundsätzlich angenommen, dass Menschen möglicherweise bis zu 10-mal empfindlicher sind als die Versuchstierart und dass der Unterschied im Hinblick auf die Empfindlichkeit innerhalb der menschlichen Population bis zu das Zehnfache betragen kann. Unter der Voraussetzung, dass geeignete Studien vorliegen, ist daher in der Regel ein Unsicherheitsfaktor von 100 anzuwenden.

II.6.6.1.1.8.   Weisen die Ergebnisse von tierexperimentellen Studien auf teratogene Wirkungen bei Dosen hin, die keine Toxizität beim Muttertier hervorrufen, so ist für die Teratogenität ein Gesamtunsicherheitsfaktor von bis zu 1 000 auf die NO(A)EL oder BMDL anzuwenden. Für nicht genotoxische Karzinogene mit Schwellenwert kann, je nach den beteiligten Mechanismen, ein Unsicherheitsfaktor von bis zu 1 000 angewendet werden.

II.6.6.1.1.9.   Es kann vorkommen, dass der empfindlichste Endpunkt in einer Tierart und/oder Studie beobachtet wird, in der alle Dosisgruppen signifikante Wirkungen im Vergleich zur Kontrollgruppe zeigen. In solchen Fällen ist der BMDL-Ansatz zu empfehlen, um den Ausgangspunkt (point of departure, POD) zu ermitteln, auf dessen Grundlage eine ADI abzuleiten ist. Wenn die Wirkung, die bei der niedrigsten Dosis beobachtet wird, eine ausreichend geringe Reaktion ist, kann es alternativ möglich sein, eine ADI auf der Grundlage dieser LO(A)EL zu ermitteln. In diesem Fall ist ein zusätzlicher Unsicherheitsfaktor von 2 bis 5 zu anzuwenden, um zu berücksichtigen, dass der LO(A)EL-Referenzpunkt den „wahren“ Schwellenwert um einen unbekannten Faktor überschreitet.

II.6.6.1.1.10.   Die Wahl der Unsicherheitsfaktoren zur Anwendung bei der Ableitung der ADI darf nicht davon abhängen, ob als POD eine NO(A)EL oder eine BMDL herangezogen wird.

II.6.6.1.1.11.   Wenn die ADI auf der Grundlage menschlicher Daten festgelegt werden soll, ist kein Unsicherheitsfaktor für die Extrapolation von Tieren auf Menschen anzuwenden. Wenn qualitativ hochwertige menschliche Daten zur Ableitung einer ADI herangezogen werden, ist es daher angemessen, lediglich einen Unsicherheitsfaktor von 10 anzuwenden, um Schwankungen zwischen Menschen im Hinblick auf deren individuelle Reaktionen Rechnung zu tragen.

II.6.6.1.1.12.   Die Verfeinerung des Standard-Ansatzes zur Auswahl von Unsicherheitsfaktoren kann akzeptabel sein, wenn eine angemessene Begründung angegeben wird. Die Verwendung von mit dem (Stoffwechsel-)Pfad zusammenhängenden Unsicherheitsfaktoren kann beispielsweise angemessen sein, um den für die Schwankungen zwischen Individuen (innerhalb der Spezies) verwendeten Standard-Unsicherheitsfaktor zu verfeinern.

II.6.6.1.1.13.   Eine weitere Verfeinerung der Zehnfachen Unsicherheitsfaktoren innerhalb der Spezies und zwischen den Spezies kann von Fall zu Fall möglich sein, wenn toxikokinetische und toxikodynamische Daten derartige Anpassungsfaktoren unterstützen.

II.6.6.1.1.14.   Zur Multiplikation von Unsicherheitsfaktoren kann die Anwendung probabilistischer Ansätze angemessen sein.

II.6.6.1.1.15.   Die Anwendung dieser und anderer Ansätze zur Verfeinerung von Standard-Unsicherheitsfaktoren ist vollumfänglich zu begründen.

II.6.6.1.1.16.   Unter Berücksichtigung der vorherigen Überlegungen muss der Unsicherheitsfaktor in der Regel einem Wert zwischen 10 und 1 000 entsprechen. Andere Werte können mit angemessener Begründung in Erwägung gezogen werden.

II.6.6.1.2.    Ableitung der pharmakologischen ADI

II.6.6.1.2.1.   Pharmakologische ADI müssen nicht für alle pharmakologisch wirksamen Stoffe abgeleitet werden, da relevante pharmakologische Endpunkte unter Umständen in den toxikologischen Studien enthalten sind. In solchen Fällen sind möglicherweise keine getrennten toxikologischen und pharmakologischen ADI erforderlich.

II.6.6.1.2.2.   Die Leitlinien zur Notwendigkeit einer pharmakologischen ADI, wie sie in den Leitlinien zum Ansatz zur Ermittlung einer pharmakologischen ADI (24) des Ausschusses für Tierarzneimittel (CVMP) festgelegt sind, sind einzuhalten. Wenn keine pharmakologische ADI abgeleitet wird, ist ihr Fehlen zu begründen.

II.6.6.1.2.3.   Wenn eine pharmakologische ADI erforderlich ist, muss der Ansatz für deren Ableitung analog zum vorstehend unter Abschnitt II.6.6.1.1. für die Ableitung der toxikologischen ADI beschriebenen Ansatz sein. Der einzige Unterschied ist, dass der Ausgangspunkt für die Ableitung der pharmakologischen ADI die niedrigste NOEL oder BMDL sein muss, die im Rahmen pharmakologischer Studien in der empfindlichsten Tierart beobachtet wird.

II.6.6.1.3.    Ableitung einer mikrobiologischen ADI

II.6.6.1.3.1.   Wie in Abschnitt II.6.4.3 beschrieben, sind mikrobiologische ADI für Stoffe mit antimikrobieller Aktivität abzuleiten. Die Methoden zur Ermittlung einer mikrobiologischen ADI sind in VICH GL 36 beschrieben und sind einzuhalten.

II.6.6.1.4.    Die allgemeine ADI

Es sind gegebenenfalls getrennte pharmakologische, toxikologische und mikrobiologische ADI abzuleiten, und die allgemeine ADI (d. h. die ADI, die zur Risikobewertung und Festlegung der MRL herangezogen wird) muss gemeinhin die niedrigste der pharmakologischen, toxikologischen und mikrobiologischen ADI sein.

II.6.6.1.5.    Stoffe mit Wirkungen, die nicht auf Schwellenwerten beruhen

Für Stoffe, die möglicherweise Wirkungen hervorrufen, die nicht auf Schwellenwerten beruhen (wie z. B. gentoxische Karzinogene), ist aufgrund der Unsicherheit bei der Ermittlung eines Schwellenwerts für diese Wirkungen keine Ableitung einer NO(A)EL oder BMDL möglich. Für solche Stoffe kann keine ADI abgeleitet werden.

II.6.6.2.   Alternativen zur ADI

Für manche Stoffe ist es unter Umständen nicht möglich oder sinnvoll, eine ADI zu ermitteln. In solchen Situationen können Alternativen zur ADI verwendet werden.

II.6.6.2.1.    Stoffe, für die empfohlene ernährungsbedingte Aufnahmemengen festgelegt wurden

II.6.6.2.1.1.   Für die meisten Mineralien und Spurenelemente gibt es einen natürlichen Ausgangswert in den Kompartimenten des menschlichen Körpers, der sich aus der Aufnahme über die Nahrung und andere Umweltquellen sowie aus elementspezifischen Homöostase- oder Akkumulationsprozessen ergibt. Es ist wichtig, zwischen essentiellen Spurelementen, für die es sowohl einen ernährungsbedingten täglichen Minimalbedarf sowie eine maximal akzeptable ernährungsbedingte Aufnahmemenge gibt, und nicht-essentiellen Elementen, die für Menschen als unerwünscht oder sogar toxisch angesehen werden, zu unterscheiden.

II.6.6.2.1.2.   Der ADI-Ansatz ist für die Anwendung zur Bewertung essentieller Elemente nicht geeignet, da Wirkungen bei sehr geringen Expositionshöhen auftreten können, die eine mangelnde Aufnahme darstellen. Für die meisten Mineralien und Spurenelemente wurden von den zuständigen wissenschaftlichen Stellen (z. B. EU/EFSA; WHO) empfohlene ernährungsbedingte Aufnahmemengen festgelegt. Abschätzungen der täglichen Exposition über die Nahrung für essentielle Elemente können mit entsprechenden Referenzwerten, wie z. B. der empfohlenen Tageszufuhr (recommended daily intake, RDI), Referenzwerten für die Aufnahme von Nährstoffen (dietary reference values, DRV; diese wurden zuvor als empfohlene Tagesdosis (recommended daily allowances, RDA) bezeichnet), duldbaren täglichen Aufnahmemengen (tolerable daily intakes, TDI) oder zulässigen wöchentlichen Aufnahmemengen (tolerable weekly intakes, TWI) sowie mit vorläufig duldbaren wöchentlichen Aufnahmemengen (provisional tolerable weekly intakes, PTWI) verglichen werden. Diese Werte können bei der Risikobewertung auf eine zur ADI analoge Weise herangezogen werden. Die kombinierte Exposition, die sich aus behandlungsbedingten Rückständen sowie der Exposition über die Nahrung und natürliche Quellen ergibt, darf die jeweiligen Referenzwerte nicht überschreiten.

II.6.6.2.1.3.   Dieser Ansatz kann für Mineralien, Elemente, Vitamine und andere natürliche Bestandteile von Lebensmitteln geeignet sein, für die empfohlene ernährungsbedingte Aufnahmemengen ermittelt wurden.

II.6.6.2.2.    Stoffe, denen Verbraucher über Lebensmittel oder andere Quellen ausgesetzt sind und für die keine empfohlenen Aufnahmemengen ermittelt wurden

II.6.6.2.2.1.   Wenn die Exposition des Verbrauchers gegenüber Rückständen des Wirkstoffes in Lebensmitteln tierischen Ursprungs im Vergleich zu der Exposition, die bereits aufgrund des Vorhandenseins des Materials in der Umwelt oder in Gütern (insbesondere Lebensmitteln) stattfindet, vernachlässigbar oder sehr gering ist, kann argumentiert werden, dass die Auswirkungen (im Hinblick auf die Exposition des Verbrauchers gegenüber Rückständen) der vorgeschlagenen Anwendung in Tierarzneimitteln vernachlässigbar ist und dass keine ADI ermittelt werden muss. Eine Worst-Case-Abschätzung der Rückstandsmengen, die unter Umständen aufgrund der vorgeschlagenen Anwendung des Stoffes auftreten, ist zusammen mit einer Abschätzung der daraus resultierenden Exposition des Verbrauchers vorzulegen. Dies ist mit der Höhe der Exposition zu vergleichen, die bekanntermaßen über andere Quellen stattfindet. Dieser Ansatz kann insbesondere für pflanzliche Arzneimittel und Pflanzenextrakte sowie für natürliche organische Säuren (z. B. Oxalsäure) relevant sein.

II.6.6.2.2.2.   Die chemische Zusammensetzung pflanzlicher Arzneimittel bzw. von Arzneimitteln auf pflanzlicher Basis (einschließlich Extrakte) ist in der Regel komplex und kann sich deutlich von der Zusammensetzung der Rückstände unterscheiden, die in Lebensmitteln zurückbleiben, welche von behandelten Tieren stammen. Aufgrund der Komplexität des Ausgangsmaterials ist es unter Umständen nicht praktikabel oder gar unmöglich, die resultierenden Rückstände zu identifizieren. Für solche Stoffe kann eine Alternative zum auf der ADI basierenden Standard-Ansatz geeignet sein.

II.6.6.2.2.3.   Wenn dieser Ansatz angewendet wird, ist es wichtig, alle möglichen nicht auf Schwellenwerten beruhenden Wirkungen, wie z. B. die Genotoxizität, auszuschließen.

II.6.6.2.3.    Endogene pharmakologisch wirksame Stoffe

II.6.6.2.3.1.   Wenn der pharmakologisch wirksame Stoff mit einem endogen produzierten Molekül identisch ist, kann unter Umständen nachgewiesen werden, dass die Höhe der Verbraucherexposition, die aufgrund der Rückstände in Lebensmitteln tierischen Ursprungs auftritt, im Vergleich zur Höhe der Exposition des Menschen gegenüber dem endogenen Stoff unwesentlich ist.

II.6.6.2.3.2.   Eine Exposition des Menschen gegenüber solchen Stoffen ist sowohl durch exogene (behandlungsbedingte Rückstände plus natürliche Konzentrationen in Lebensmitteln tierischen Ursprungs) und endogene (physiologische menschliche) Quellen zu erwarten. Die Risikobewertung der Rückstände wird durch die Schwierigkeiten erschwert, die sich bei der Abschätzung der wahrscheinlichen Reaktion auf eine Aufnahme geringer exogener Konzentrationen ergeben, wenn Menschen kontinuierlich relativ hohen und schwankenden Konzentrationen endogen produzierter Stoffe sowie schwankenden Konzentrationen in der Nahrung ausgesetzt sind. Darüber hinaus kann bei vielen Wirkstoffen (wie Hormonen oder Kortikosteroiden) eine exogene Exposition zur Regulierung der endogenen Produktion führen, wodurch sich wiederum die Konzentrationen endogener Hormone und die allgemeine Reaktion ändern können. Dies erschwert die Interpretation konventioneller toxikologischer Studien und die Ableitung einer ADI. Darüber hinaus sind mit Versuchstieren ermittelte Ergebnisse aufgrund komplexer spezifischer Unterschiede bei den biochemischen/pharmakodynamischen Regulationsmechanismen mitunter schwierig auf die Situation beim Menschen zu extrapolieren.

II.6.6.2.3.3.   Die Exposition des Verbrauchers gegenüber Rückständen lässt sich möglicherweise am besten abschätzen, indem die behandlungsbedingte übermäßige Aufnahme von Rückständen über Lebensmittel mit der Aufnahme des Stoffs über unbehandelte Tiere (mit natürlichen Grundkonzentrationen) verglichen wird. Diese Exposition lässt sich anschließend außerdem mit der endogenen täglichen Produktion des Stoffes im menschlichen Körper vergleichen. Mögliche artspezifische Unterschiede (Analoga) sind zu erörtern.

II.6.6.2.3.4.   Dieser Ansatz kann für Hormone und andere endogen produzierte Stoffe geeignet sein.

II.6.6.2.4.    Stoffe mit mangelnder Bioverfügbarkeit

II.6.6.2.4.1.   Bei Stoffen, die nach oraler Aufnahme nicht resorbiert werden, ist die systemische Exposition vernachlässigbar (oder sogar nicht vorhanden). Die Ermittlung einer herkömmlichen oralen NO(A)EL oder BMDL und einer ADI ist für solche Stoffe nicht möglich. Die Risikobewertung für diese Arten von Stoffen muss sich im Normalfall auf den Nachweis des Nichtvorhandenseins oraler Bioverfügbarkeit in geeigneten Modellen stützen oder, falls zutreffend, auf den Nachweis eines Abbaus oder einer Inaktivierung unter Magenbedingung (der Nachweis erfolgt hier wahrscheinlich mithilfe von In-vitro-Modellen). Darüber hinaus ist für solche Stoffe den möglichen lokalen Wirkungen auf das Magen-Darm-System (einschließlich mikrobiologischer Wirkungen auf die Kolonisationsbarriere) Rechnung zu tragen.

III.   RÜCKSTANDSDOSSIER

III.1.   Im Allgemeinen ist ein vollständiges Rückstandsdatenpaket erforderlich. Wenn keine Daten für Standardendpunkte vorgelegt werden, ist dies sorgfältig zu begründen.

III.2.   Ausführliche kritische Zusammenfassung

III.2.1.   Für alle Anwendungen ist eine ausführliche kritische Zusammenfassung des Rückstandsdossiers erforderlich.

III.2.2.   Die ausführliche kritische Zusammenfassung muss:

a)

eine klare Position zur Eignung der vorgelegten Daten unter Berücksichtigung des aktuellen wissenschaftlichen Kenntnisstandes einnehmen;

b)

eine Einleitung enthalten, in der das tatsächliche oder vorgeschlagene Verwendungsmuster des zu prüfenden Stoffes in der Tierhaltung beschrieben wird, und eine Zusammenfassung aller sonstigen Erfahrungen mit seiner Verwendung;

c)

sich mit der Frage auseinandersetzen, inwieweit der betreffende Stoff Ähnlichkeiten mit anderen bekannten Stoffen aufweist, die für die Bewertung relevant sein könnten;

d)

alle Standarddatenanforderungen abdecken, die in der Durchführungsverordnung (EU) 2017/12 festgelegt sind, sowie eine kritische Bewertung der verfügbaren experimentellen Studien und eine Interpretation der Ergebnisse enthalten;

e)

eine wissenschaftliche Begründung für die Auslassung von Standardstudien liefern;

f)

eine Beschreibung und Erläuterung der wichtigsten Erkenntnisse für jede Studie enthalten. Die folgenden Punkte sind zu erörtern: die verwendete Tierart (Art, Stamm, Geschlecht, Alter, Gewicht usw.), die Prüfungsbedingungen (Tierhaltung, Ernährung usw.), Zeitpunkte und Anzahl der Tiere pro Zeitpunkt, gegebenenfalls Milch- und Eierproduktion, Probenahme (Stichprobengröße, Entnahme und Aufbewahrung) und die angewendeten Analysemethoden;

g)

die einschlägige wissenschaftliche Literatur zusammenfassen und erörtern, einschließlich Berichte über Bewertungen, die durch andere wissenschaftliche Stellen (wie EFSA oder JECFA) durchgeführt wurden. Werden detaillierte Verweise auf veröffentlichte wissenschaftliche Literatur verwendet, so sind alle unter „Allgemeine Grundsätze“ Punkt 5 (I.5) genannten Anforderungen, soweit möglich, zu erfüllen.

h)

Informationen über die Qualität der Chargen von Prüfsubstanzen enthalten, die in den Rückstandsstudien verwendet werden. Alle Zusammenhänge zwischen den Ergebnissen und der Qualität der Prüfsubstanzen und/oder der Arzneimittel sind anzugeben. Falls notwendig, ist eine kritische Bewertung der im Wirkstoff enthaltenen Verunreinigungen vorzulegen, und es sind Informationen zu deren potenziellen Einfluss auf die Pharmakokinetik, den Stoffwechsel, die Rückstandskinetik sowie die Analysemethoden für die Bestimmung von Rückständen bereitzustellen. Die Auswirkungen etwaiger Unterschiede in Bezug auf die Chiralität, die chemische Form und das Verunreinigungsprofil zwischen dem in den Rückstandsstudien verwendeten Stoff und der in Verkehr gebrachten Form sind zu erörtern;

i)

den GLP-Status der vorgelegten Studien erörtern;

j)

mögliche Mängel bei der Konzeption und Durchführung der Studien und ihrer Dokumentation erörtern, wobei auf die veröffentlichten Leitlinien der Agentur und anderer Organe zu verweisen ist. Abweichungen von den geltenden Leitlinien sind hervorzuheben und die Auswirkungen der Abweichung sind zu erörtern und wissenschaftlich zu begründen;

k)

Stellung nehmen zur Verwendung von Versuchstieren in den Studien sowie zu der Frage, ob die Studien in Übereinstimmung mit der Richtlinie 2010/63/EU durchgeführt wurden;

l)

die Auslassung bestimmter Studien begründen und die Anforderungen für zusätzliche Studien erörtern;

m)

einen Abschnitt zu Überlegungen hinsichtlich des Risikomanagements enthalten, in dem die in Anhang II unten beschriebenen Punkte erörtert werden und eine Erläuterung der Ableitung der vorgeschlagenen MRL enthalten ist.

III.2.3.   Anhänge zur ausführlichen kritischen Zusammenfassung müssen Folgendes enthalten:

a)

Liste der Quellenangaben — eine Liste aller Quellenangaben ist gemäß international anerkannten Standards vorzulegen. Die Quellenangaben selbst sind in das Dossier aufzunehmen;

b)

tabellarische Studienberichte —zu der ausführlichen kritischen Zusammenfassung sind tabellarische Zusammenfassungen von Studienberichten bereitzustellen. Darüber hinaus ist ein vollständiger Satz Studienberichte in das Dossier aufzunehmen.

III.3.   Stoffwechsel und Rückstandskinetik in der Zieltierart

III.3.1.   Es sind Daten zum Stoffwechsel und zu den Rückständen erforderlich, um die in relevanten Lebensmitteln enthaltenen Rückstände zu beschrieben, um den zeitlichen Verlauf von deren Abbau auf eine unbedenkliche Konzentration (welche in der Regel auf der ADI basiert) aufzuzeigen und um so die Ableitung von MRL zu ermöglichen.

III.3.2.   Die Daten sind in Form einer Studie zum Abbau der Gesamtrückstände vorzulegen, die quantitative Daten zur Muttersubstanz und ihren Hauptmetaboliten in relevanten Lebensmitteln sowie zur Veränderung ihrer Konzentrationen im Zeitverlauf bereitstellt. In Studien zu den Gesamtrückständen werden in der Regel radioaktiv markierte Substanzen verwendet, obwohl gegebenenfalls Daten aus Studien ohne radioaktive Markierung vorgelegt werden können (zum Beispiel wenn der Stoff bekanntermaßen nicht verstoffwechselt wird). Oft ist außerdem eine gesonderte Studie zum Abbau von Markerrückständen vorzulegen, bei denen nichtmarkierte Substanzen verwendet und der Abbau des Markerrückstands in relevanten Lebensmitteln im Zeitverlauf überwacht wird. Daten zu Gesamt- und Markerrückständen können mithilfe einer einzelnen Studie mit radioaktiver Markierung vorgelegt werden, bei der auch eine angemessen validierte Methode ohne radioaktive Markierung angewendet wird, um den Abbau des Markerrückstands zu überwachen.

III.3.3.   Das Prüfmaterial muss den betroffenen Stoff in einer repräsentativen Konzentration enthalten. Es ist über den beabsichtigten Verabreichungsweg des vorgeschlagenen Arzneimittels, in der höchsten beabsichtigten Dosis und über den längsten beabsichtigten Behandlungszeitraum oder über den Zeitraum zu verabreichen, der für das Erreichen eines Fließgleichgewichts in essbaren Geweben erforderlich ist. Studien sind an Tieren durchzuführen, die für die vorgeschlagenen Zielpopulationen repräsentativ sind.

III.3.4.   Die in VICH GL46: Studies to evaluate the metabolism and residue kinetics of veterinary drugs in food producing animals: metabolism study to determine the quantity and identify the nature of residues (25) enthaltenen Leitlinien sind zu befolgen, um den Abbau der Gesamtrückstände und der Hauptmetaboliten im Zeitverlauf zu überwachen (zu quantifizieren). Diese Studien sind im Normalfall mithilfe von radioaktiv markierten Substanzen durchzuführen.

III.3.5.   Die in VICH GL49: Studies to evaluate the metabolism and residue kinetics of veterinary drugs in food producing animals: validation of analytical methods used in residue depletion studies (26) enthaltenen Leitlinien sind zu befolgen, um die Standards für Analysemethoden nachzuweisen und um Daten zum Abbau von Markerrückständen mit akzeptabler Qualität zu erhalten.

III.3.6.   Spezifische Leitlinien, die in VICH GL56: Studies to evaluate the metabolism and residue kinetics of veterinary drugs in food-producing species: study design recommendations for residue studies in honey for establishing MRLs and withdrawal periods (27) enthalten sind und sich auf Rückstandsstudien beziehen, welche für zur Anwendung bei Honigbienen vorgesehene Stoffe durchzuführen sind, sind zu befolgen.

III.3.7.   Die Studie zu Gesamtrückständen (welche in der Regel mit radioaktiv markierten Substanzen durchgeführt wird) muss Informationen zu folgenden Punkten liefern:

a)

zum zeitlichen Abbau von Rückständen aus relevanten Lebensmitteln, die von behandelten Tieren stammen;

b)

zur Identität der Hauptbestandteile der Gesamtrückstände in relevanten Lebensmitteln;

c)

zu den quantitativen Zusammenhängen zwischen den wichtigsten Bestandteilen der Rückstände und den Gesamtrückständen.

Diese Daten sind zur Ermittlung des Markerrückstands und des Verhältnisses von Marker- zu Gesamtrückständen für jedes relevante Lebensmittel zu verwenden.

III.3.8.   Es ist ein geeigneter Markerrückstand zu ermitteln. Der Markerrückstand kann die Muttersubstanz, ein beliebiger Metabolit der Muttersubstanz oder eine beliebige Kombination aus diesen sein. Der Markerrückstand muss die folgenden Eigenschaften aufweisen:

a)

er muss eine bekannte Beziehung zwischen ihm selbst und der Gesamtrückstandskonzentration im betroffenen essbaren Gewebe/Lebensmittel aufweisen;

b)

er muss zur Verwendung in Untersuchungen geeignet sein, die auf den Nachweis von Rückständen zum interessierenden Zeitpunkt abzielen;

c)

er muss eine in der Praxis umsetzbare Analysemethode aufweisen, damit er bei der Konzentration der MRL gemessen werden kann.

III.3.9.   Das Verhältnis zwischen Markerrückstand und Gesamtrückständen beschreibt die Beziehung zwischen dem Markerrückstand und den Gesamtrückständen in jedem relevanten Lebensmittel. Dieses Verhältnis kann in verschiedenen Lebensmitteln unterschiedlich ausfallen und ist, da es im Zeitverlauf schwanken kann, bis zu dem Zeitpunkt zu ermitteln, der dem Zeitpunkt entspricht, bei dem die betreffenden Rückstände voraussichtlich unterhalb der ADI liegen. Das Verhältnis zwischen Markerrückstand und Gesamtrückständen ist bei der Berechnung der Aufnahme heranzuziehen, um anhand von Daten bezüglich des Markerrückstands die mögliche Exposition der Verbraucher gegenüber den Gesamtrückständen zu ermitteln.

III.3.10.   Durch die Überwachung des Abbaus der Gesamtrückstände in den essbaren Geweben/Lebensmitteln ist der Zeitpunkt, zu dem ein Abbau der Gesamtrückstände auf einen Wert unter der ADI (oder dem Bruchteil der ADI, die für die Verwendung verfügbar ist) erreicht wurde, zu ermitteln. In jedem Gewebe/Lebensmittel ist die Konzentration des gewählten Markerrückstands zu diesem Zeitpunkt als Ausgangspunkt für die Ausarbeitung der MRL heranzuziehen.

III.3.11.   Informationen aus der Stoffwechselstudie müssen darüber hinaus einen Vergleich der in der Zieltierart produzierten Metaboliten mit jenen Metaboliten ermöglichen, die in der Versuchstierart produziert werden, um zu gewährleisten, dass die Hauptrückstände, denen Verbraucher ausgesetzt sein werden (z. B. in der Zieltierart produzierte Hauptmetaboliten) in Toxizitätsstudien an Labortieren angemessen geprüft wurden.

III.3.12.   Abweichungen von etablierten Leitlinien sind zu begründen, und die Auswirkungen dieser Abweichungen sind zu erörtern.

III.4.   Überwachungs- und Expositionsdaten, falls relevant

III.4.1.   Überwachungs- oder Expositionsdaten zum pharmakologisch wirksamen Stoff sind nicht erforderlich. Falls verfügbar, können diese jedoch in bestimmten Fällen wertvolle zusätzliche Informationen liefern, d. h. für Stoffe, die bereits in der Umwelt vorhanden sind (entweder natürlicherweise oder infolge der Verwendung im Veterinärbereich oder in anderen Bereichen). Solche Daten können hilfreich für die Ermittlung der Grundkonzentrationen sein, denen Verbraucher möglicherweise bereits ausgesetzt sind. Wenn derartige Daten vorliegen, gleichgültig ob als veröffentlichte Ergebnisse von offiziellen Stellen zur Überwachung von Rückständen oder als Ergebnis akademischer oder sonstiger Forschung, sind diese vorzulegen.

III.5.   Methoden zur Rückstandsanalyse

III.5.1.   Es ist ein Validierungsbericht für die Analysemethode vorzulegen, die im Rahmen der Rückstandsstudie zur Quantifizierung des Markerrückstands angewendet wurde. Mit der Validierung ist zu belegen, dass die Analysemethode die für die relevanten Leistungsmerkmale geltenden Kriterien erfüllt. Die spezifischen Leitlinien zur Validierung von Analysemethoden sind in VICH GL49 enthalten und müssen befolgt werden.

III.5.2.   Es sind zumindest für jene Lebensmittel und Tierarten Analysemethoden vorzulegen, für die MRL angefordert wurden.

III.5.3.   Die Verfügbarkeit von Normen ist zu prüfen, und es sind Kontaktdaten anzugeben, um im Bedarfsfall einen Informationsaustausch zwischen Vertretern der EU, den Mitarbeitern des nationalen Referenzlabors und dem Unternehmen zu ermöglichen.

III.5.4.   Abweichungen von den vorstehend genannten Anforderungen sind zu begründen, und die Auswirkungen dieser Abweichungen sind zu erörtern.

III.5.5.   Die Analysemethode ist im Hinblick auf die Übereinstimmung mit VICH GL49 und den zusätzlichen, oben angeführten Punkten zu bewerten. Darüber hinaus wird die Agentur das EU-Referenzlabor für die Kontrolle von Rückständen der jeweiligen Stoffart bezüglich der Eignung der verfügbaren Methoden und der Validierungsdaten konsultieren.

III.5.6.   Gemäß dem Gutachten der Agentur können die Validierungsdaten an andere EU- und nationale Referenzlabore weitergegeben werden, um die Ausarbeitung geeigneter Methoden durch diese Behörden zu erleichtern.

III.6.   Potenzielle Wirkungen auf die Mikroorganismen, die für die industrielle Lebensmittelverarbeitung verwendet werden

III.6.1.   Die Bewertung der Rückstände muss eine Bewertung der möglichen Wirkungen mikrobiologisch aktiver Rückstände auf Mikroorganismen enthalten, die für die industrielle Lebensmittelverarbeitung verwendet werden, und zwar insbesondere im Hinblick auf die Herstellung von Milchprodukten.

III.6.2.   Die Daten sind zur Ermittlung einer Rückstandskonzentration zu verwenden, bei der keine Auswirkungen auf Starterkulturen stattfinden. Dies ist bei der Ableitung von MRL zu berücksichtigen, um zu gewährleisten, dass in relevanten Lebensmitteln (z. B. Milch) vorhandene Rückstände nicht in Konzentrationen vorliegen, die Auswirkungen auf Starterkulturen für Milchprodukte haben.

III.6.3.   Die durchzuführenden Studien müssen die Leitlinien der Agentur für die Bewertung der Auswirkungen antimikrobieller Stoffe auf Starterkulturen für Milchprodukte (28) befolgen.

III.6.4.   Abweichungen von den etablierten Leitlinien sind zu begründen, und die Auswirkungen dieser Abweichungen sind zu erörtern.

III.6.5.   Wenn keine Prüfung von Mikroorganismen, die zur industriellen Lebensmittelverarbeitung verwendet werden, durchgeführt wird, ist das Fehlen solcher Daten wissenschaftlich zu begründen, und die Auswirkungen des Fehlens sind zu erörtern.

III.7.   Ergebnisse anderer Organe der EU oder anderer internationaler wissenschaftlicher Stellen

III.7.1.   Wenn von anderen Organen der EU oder anderen internationalen wissenschaftlichen Stellen, einschließlich EFSA, ECHA, JECFA und JMPR, relevante Rückstandsbewertungen des Stoffes durchgeführt wurden, ist dies zusammen mit den entsprechenden Schlussfolgerungen vorzulegen.


(1)  Richtlinie 2004/10/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Februar 2004 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Anwendung der Grundsätze der Guten Laborpraxis und zur Kontrolle ihrer Anwendung bei Versuchen mit chemischen Stoffen (ABl. L 50 vom 20.2.2004, S. 44).

(2)  Richtlinie 2010/63/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. September 2010 zum Schutz der für wissenschaftliche Zwecke verwendeten Tiere (ABl. L 276 vom 20.10.2010, S. 33).

(3)  Verordnung (EG) Nr. 470/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. Mai 2009 über die Schaffung eines Gemeinschaftsverfahrens für die Festsetzung von Höchstmengen für Rückstände pharmakologisch wirksamer Stoffe in Lebensmitteln tierischen Ursprungs, zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 2377/90 des Rates und zur Änderung der Richtlinie 2001/82/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. L 152 vom 16.6.2009, S. 11).

(4)  Safety and residue data requirements for veterinary medicinal products intended for minor use or minor species (MUMS)/limited market (http://www.ema.europa.eu/ema/index.jsp?curl=pages/regulation/general/general_content_001536.jsp&mid=WC0b01ac058002dd38).

(5)  Durchführungsverordnung (EU) 2017/12 der Kommission vom 6. Januar 2017 hinsichtlich Form und Inhalt der Anträge auf Festsetzung von Rückstandshöchstmengen gemäß der Verordnung (EG) Nr. 470/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. L 4 vom 7.1.2017, S. 1).

(6)  Ansatz zur Ermittlung einer pharmakologischen annehmbaren Tagesdosis (ADI) (http://www.ema.europa.eu/ema/index.jsp?curl=pages/regulation/general/general_content_001530.jsp&mid=).

(7)  VICH GL47 Studies to evaluate the metabolism and residue kinetics of veterinary drugs in food-producing animals: laboratory animal comparative metabolism studies (http://www.ema.europa.eu/ema/index.jsp?curl=pages/regulation/general/general_content_001515.jsp&mid=WC0b01ac058002dd37).

(8)  VICH GL33 Safety studies for veterinary drug residues in human food: general approach to testing (http://www.ema.europa.eu/ema/index.jsp?curl=pages/regulation/general/general_content_001480.jsp&mid=WC0b01ac058002dd37).

(9)  VICH GL31 Safety studies for veterinary drug residues in human food: repeat-dose (90) toxicity testing (http://www.ema.europa.eu/ema/index.jsp?curl=pages/regulation/general/general_content_001478.jsp&mid=WC0b01ac058002dd37).

(10)  VICH GL37 Safety of veterinary drugs in human food repeat-dose (chronic) toxicity testing (http://www.ema.europa.eu/ema/index.jsp?curl=pages/regulation/general/general_content_001481.jsp&mid=WC0b01ac058002dd37).

(11)  VICH GL22 Safety studies for veterinary drug residues in human food: reproduction studies (http://www.ema.europa.eu/ema/index.jsp?curl=pages/regulation/general/general_content_001475.jsp&mid=WC0b01ac058002dd37).

(12)  VICH GL32 Studies to evaluate the safety of residues of veterinary drugs in human food: developmental toxicity testing (http://www.ema.europa.eu/ema/index.jsp?curl=pages/regulation/general/general_content_001479.jsp&mid=WC0b01ac058002dd37).

(13)  VICH GL23 Studies to evaluate the safety of residues of veterinary drugs in human food: genotoxicity testing (http://www.ema.europa.eu/ema/index.jsp?curl=pages/regulation/general/general_content_001476.jsp&mid=WC0b01ac058002dd37).

(14)  VICH GL46 Studies to evaluate the metabolism and residue kinetics of veterinary drugs in food-producing animals: metabolism study to determine the quantity and identify the nature of residues (http://www.ema.europa.eu/ema/index.jsp?curl=pages/regulation/general/general_content_001516.jsp&mid=WC0b01ac058002dd37).

(15)  Review of the Threshold of Toxicological Concern (TTC) approach and development of new TTC decision tree (http://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.2903/sp.efsa.2016.EN-1006/epdf).

(16)  VICH GL28 Studies to evaluate the safety of residues of veterinary drugs in human food: genotoxicity testing (http://www.ema.europa.eu/ema/index.jsp?curl=pages/regulation/general/general_content_001477.jsp&mid=WC0b01ac058002dd37).

(17)  OECD Test No. 424: Neurotoxicity Study in Rodents (http://www.oecd-ilibrary.org/environment/test-no-424-neurotoxicity-study-in-rodents_9789264071025-en).

(18)  OECD Test No. 426: Developmental Neurotoxicity Study (http://www.oecd-ilibrary.org/environment/test-no-426-developmental-neurotoxicity-study_9789264067394-en).

(19)  OECD Test No. 443: Extended One-Generation Reproductive Toxicity Study (http://www.oecd-ilibrary.org/environment/test-no-443-extended-one-generation-reproductive-toxicity-study_9789264185371-en).

(20)  OECD Test No. 418: Delayed Neurotoxicity of Organophosphorus Substances Following Acute Exposure (http://www.oecd-ilibrary.org/environment/test-no-418-delayed-neurotoxicity-of-organophosphorus-substances-following-acute-exposure_9789264070905-en).

(21)  OECD Test No. 419: Delayed Neurotoxicity of Organophosphorus Substances: 28-tägige Studie zu wiederholter Verabreichung (http://www.oecd-ilibrary.org/environment/test-no-419-delayed-neurotoxicity-of-organophosphorus-substances-28-day-repeated-dose-study_9789264070929-en).

(22)  VICH GL36 Studies to evaluate the safety of residues of veterinary drugs in human food: General approach to establish a microbiological ADI (http://www.ema.europa.eu/ema/index.jsp?curl=pages/regulation/general/general_content_001531.jsp&mid=WC0b01ac058002dd37).

(23)  Leitlinien des Wissenschaftlichen Ausschusses zur Anwendung des Benchmark-Dosis-Ansatzes bei der Risikobewertung (http://www.efsa.europa.eu/en/efsajournal/pub/1150).

(24)  Ansatz zur Ermittlung einer pharmakologischen annehmbaren Tagesdosis (ADI) (http://www.ema.europa.eu/ema/index.jsp?curl=pages/regulation/general/general_content_001530.jsp&mid=).

(25)  VICH GL46 Studies to evaluate the metabolism and residue kinetics of veterinary drugs in food-producing animals: metabolism study to determine the quantity and identify the nature of residues (http://www.ema.europa.eu/ema/index.jsp?curl=pages/regulation/general/general_content_001516.jsp&mid=WC0b01ac058002dd37).

(26)  VICH GL49 Studies to evaluate the metabolism and residue kinetics of veterinary drugs in food-producing animals: validation of analytical methods used in residue depletion studies (http://www.ema.europa.eu/ema/index.jsp?curl=pages/regulation/general/general_content_001513.jsp&mid=WC0b01ac058002dd37).

(27)  VICH GL56 Studies to evaluate the metabolism and residue kinetics of veterinary drugs in food-producing species: study design recommendations for residue studies in honey for establishing MRLs and withdrawal periods (http://www.ema.europa.eu/ema/index.jsp?curl=pages/regulation/safety_residues_pharmaceuticals/general_content_001815.jsp&mid=WC0b01ac058002dd37).

(28)  Hinweis auf die Leitlinien für die Bewertung der Auswirkungen antimikrobieller Stoffe auf Starterkulturen für Milchprodukte (http://www.ema.europa.eu/ema/index.jsp?curl=pages/includes/document/document_detail.jsp?webContentId=WC500004533&mid=WC0b01ac058009a3dc).


ANHANG II

Grundsätze zur Methodik der Empfehlungen für das Risikomanagement, auf die in Artikel 7 der Verordnung (EG) Nr. 470/2009 Bezug genommen wird

I.   AUSARBEITUNG VON MRL

I.1.   Ableitung numerischer MRL

I.1.1.   Wenn gemäß dieser Verordnung die Ermittlung numerische MRL-Werte als angemessen erachtet wird, sind routinemäßig MRL für die nachstehend aufgeführten essbaren Gewebe zu empfehlen:

a)

für Säugetiere außer Schweine: Muskeln, Fett, Leber und Niere;

b)

für Schweine und Geflügel: Muskeln, Fett und Haut in natürlichen Verhältnissen, Leber und Niere;

c)

für Flossenfisch: Muskeln und Haut in natürlichen Verhältnissen;

d)

wenn der Stoff zur Verwendung in Milch, Eier oder Honig produzierenden Tierarten vorgeschlagen wird, sind MRL, sofern möglich, für Milch, Eier bzw. Honig zu empfehlen. Was Gewebe betrifft, sind die Empfehlungen für MRL in Milch, Eiern und Honig auf Daten zu stützen, die das Rückstands-Abbauprofil in diesen Gütern nachweisen. Wenn keine derartigen Daten vorliegen, kann es als notwendig erachtet werden, einen nicht verwendeten Anteil der ADI für die zukünftige Ermittlung von MRL in diesen Gütern zu reservieren (Abschnitt II.5).

I.1.2.   Bei der Ermittlung der MRL müssen die folgenden Punkte berücksichtigt werden:

a)

die ADI (oder gegebenenfalls ein alternativer Grenzwert) — MRL sind in Konzentrationen zu empfehlen, die sicherstellen, dass die Exposition des Verbrauchers gegenüber Rückständen, die Anlass zu Bedenken geben, unterhalb der ADI bleibt;

b)

der vorgeschlagene Markerrückstand;

c)

das Verhältnis zwischen Markerrückstand und den Gesamtrückständen;

d)

die Verteilung der Rückstände über essbare Gewebe — die individuellen, für die verschiedenen essbaren Gewebe vorgeschlagenen MRL müssen der Verteilung von Rückständen über diese Gewebe Rechnung tragen. Wenn Rückstände in einem Gewebe schnell unter die Quantifizierungsgrenze (der geringste gemessene Gehalt eines Analyten, über dem die Bestimmung des Analyten mit einer vorab festgelegten Genauigkeit und Präzision möglich ist) der Analysemethode fällt, ist es nicht möglich, MRL zu ermitteln, die der Verteilung von Rückständen über Gewebe Rechnung tragen. Wenn dies der Fall ist, sind MRL auf das Zweifache der Quantifizierungsgrenze festzulegen, um eine MRL zur Überwachung der Rückstände zu erhalten. Falls möglich, muss es sich bei dem zur Überwachung der Rückstände gewählten Gewebe um ein Gewebe handeln, in dem die MRL unter Berücksichtigung der Verteilung der Rückstände über die Gewebe festgelegt wurde.

e)

die allgemeine Exposition des Verbrauchers gegenüber Rückständen — hier ist nachzuweisen, dass die Werte, basierend auf den in den Studien zum Abbau der beobachteten Rückstandsmengen und unter Verwendung des Standard-Lebensmittelkorbs, unter der ADI liegen (siehe unten).

I.1.3.   Bei der Ableitung von MRL ist anzunehmen, dass der Verbraucher jeden Tag einen Standard-Lebensmittelkorb an Erzeugnissen tierischen Ursprungs verzehrt. Die Verbrauchersicherheit ist zu gewährleisten, indem die Gesamt-Rückstandsmenge im Standard-Lebensmittelkorb unterhalb der ADI bleibt.

Der Standard-Lebensmittelkorb setzt sich aus den Mengen an Lebensmitteln zusammen, die in der nachstehenden Tabelle aufgeführt sind:

Säugetiere

Geflügel

Fische

Bienen

Muskeln

0,300 kg

Muskeln

0,300 kg

Muskeln und Haut in natürlichen Verhältnissen

0,300 kg

Honig

0,020 kg

Fett

0,050 kg (1)

Fett und Haut in natürlichen Verhältnissen

0,090 kg

Leber

0,100 kg

Leber

0,100 kg

Niere

0,050 kg

Niere

0,010 kg

Milch

1,500 kg

Eier

0,100 kg

I.1.4.   Unter Verwendung der Daten zur Elimination von Rückständen ist die Gesamtbelastung durch Rückstände im Standard-Lebensmittelkorb basierend auf den beobachteten Rückstandskonzentrationen zu den jeweiligen Zeitpunkten auf der Rückstands-Abbaukurve zu berechnen, sodass der Zeitpunkt, zu dem die Gesamtbelastung durch Rückstände unter die ADI fällt, ermittelt wird. Wenn die vollständige ADI verfügbar ist, sind diese Rückstandskonzentrationen, welche gegebenenfalls aufzurunden sind (in der Regel auf den nächstliegenden 50 μg/kg-Wert für Gewebe), als potenzielle MRL in Erwägung zu ziehen. Des Weiteren sind die unter Abschnitt II, Punkte 1 bis 7 aufgeführten Faktoren zu berücksichtigen, und gegebenenfalls (z. B. wenn weniger als die vollständige ADI verfügbar ist) ist ein anschließender Zeitpunkt auf der Rückstands-Abbaukurve als Ausgangspunkt für die Ableitung der MRL heranzuziehen.

I.1.5.   Sobald MRL-Konzentrationen abgeleitet wurden, ist die theoretische maximale tägliche Aufnahme (Theoretical Maximum Daily Intake, TMDI) von Rückständen unter Verwendung des Standard-Lebensmittelkorbs sowie unter der Annahme zu berechnen, dass Rückstände in allen Lebensmitteln in der Konzentration der vorgeschlagenen MRL vorhanden sind. Die TMDI wird berechnet, indem die Exposition gegenüber Rückständen aus allen Geweben mithilfe der folgenden Gleichung addiert wird:

Menge pro essbarem Gewebe oder Erzeugnis = (vorgeschlagene MRL für das Gewebe oder Erzeugnis x (mal) täglicher Verzehr des Gewebes oder Erzeugnisses)/(geteilt durch) Verhältnis des Markerrückstands zum Gesamtrückstand im Gewebe oder Erzeugnis.

I.2.   Die Einstufung „keine MRL erforderlich“

I.2.1.   Wenn eindeutig ist, dass zum Schutz des Verbrauchers keine Ermittlung numerischer MRL notwendig ist, kann die Einstufung „keine MRL erforderlich“ empfohlen werden. Die Exposition des Verbrauchers gegenüber Rückständen muss stets in sicheren Konzentrationen (unterhalb der ADI oder eines alternativen Grenzwerts) bleiben, damit die Einstufung „keine MRL erforderlich“ empfohlen werden kann.

I.2.2.   Stoffe können als Kandidaten für den Status „keine MRL erforderlich“ in Erwägung gezogen werden, wenn sie ein oder mehrere der nachstehend genannten Kriterien erfüllen. Es gilt jedoch zu beachten, dass die Erfüllung eines oder mehrerer dieser Kriterien nicht automatisch bedeutet, dass der Status „keine MRL erforderlich“ zu empfehlen ist. Die folgenden Besonderheiten jedes einzelnen Stoffes sind vollumfänglich zu bewerten, bevor eine Schlussfolgerung gezogen wird:

a)

Stoffe endogenen Ursprungs, insbesondere dann, wenn die Exposition gegenüber Rückständen nur geringfügige Auswirkungen auf die Gesamtexposition gegenüber dem Stoff hat;

b)

Stoffe, bei denen es sich um essentielle Nährstoffe oder normale Bestandteile der Ernährung von Mensch und Tier handelt;

c)

Stoffe, für die keine als biologisch relevant geltende pharmakologische Wirksamkeit ermittelt wurde;

d)

Stoffe, die nach einer oralen Exposition nachweislich eine geringe Toxizität aufweisen;

e)

Stoffe, die nicht oder schlecht vom Gastrointestinaltrakt oder von lokalen Applikationsstellen (z. B. Haut oder Augen) resorbiert werden;

f)

Stoffe, die schnell und umfassend entgiftet oder ausgeschieden werden;

g)

Stoffe, bei denen gezeigt wurde, dass sie zu keinen nachweisbaren Rückständen in von behandelten Tieren stammenden Lebensmitteln führen.

I.2.3.   In manchen Fällen kann die Empfehlung „keine MRL erforderlich“ eine Einschränkung der Art und Weise enthalten, wie der Stoff zu verwenden ist (z. B. kann die Einschränkung „nur zur Anwendung auf der Haut“ empfohlen werden, wenn klar ist, dass nach Anwendung auf der Haut keine besorgniserregenden Rückstände verbleiben, die Möglichkeit schädlicher Rückstände nach einer Verabreichung des Stoffes auf anderem Wege aber nicht ausgeschlossen werden kann).

II.   VERFÜGBARKEIT ALTERNATIVER ARZNEIMITTEL UND ANDERE ZULÄSSIGE FAKTOREN

II.1.   Verfügbarkeit alternativer Arzneimittel

Die Notwendigkeit, den Stoff anzuwenden, um unnötiges Leid bei den Zieltieren zu vermeiden oder um die Sicherheit derjenigen Personen zu gewährleisten, die die Tiere behandeln, kann ein relevanter Faktor sein, der in Fällen zu berücksichtigen ist, in denen praktische Behandlungsalternativen fehlen. Mit diesen Überlegungen ist es gemäß den Empfehlungen in der „Guideline on safety and residue data requirements for pharmaceutical veterinary medicinal products intended for minor use or minor species (MUMS)/limited market“ (2) der Agentur möglicherweise zu rechtfertigen, dass ein reduziertes Datenpaket akzeptiert wird. Diese Faktoren können auch im Hinblick auf die Notwendigkeit der Festlegung von MRL auf Konzentrationen, die die Entwicklung eines Arzneimittels mit einer praktikablen Wartezeit ermöglichen, in Erwägung gezogen werden (wie in Richtlinie 2001/82/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (3) definiert).

II.2.   Technische Gesichtspunkte der Lebensmittel- und Futtermittelproduktion

II.2.1.   Falls relevant, muss die Möglichkeit in Erwägung gezogen werden, dass mikrobiologisch aktive Rückstände Auswirkungen auf Mikroorganismen haben, die für die industrielle Lebensmittelverarbeitung verwendet werden, und zwar insbesondere im Hinblick auf die Herstellung von Milchprodukten.

II.2.2.   Informationen zur Prüfung, die zu berücksichtigen sind, um diesem Punkt Rechnung zu tragen, sind in Anhang I Abschnitt III.6 ausführlich beschrieben.

II.2.3.   Die empfohlenen MRL müssen auf Konzentrationen festgelegt werden, mit denen gewährleistet ist, dass die Lebensmittelverarbeitung nicht negativ beeinflusst wird (z. B. Starterkulturen für Milchprodukte).

II.3.   Durchführbarkeit von Kontrollen

II.3.1.   Im Hinblick auf manche Stoffe, bei denen die Festlegung numerischer MRL nicht praktikabel ist (z. B. Stoffe, die unter Umständen natürlicherweise in tierischen Erzeugnissen vorkommen), ist die Durchführbarkeit von Rückstandskontrollen von Fall zu Fall abzuwägen. Diese Entscheidung muss unter Berücksichtigung des potenziellen Risikos erfolgen, dem der Verbraucher ausgesetzt ist.

II.3.2.   Wenn es in einer oder mehreren Gewebearten möglicherweise länger als in anderen dauert, bis ein Abbau der Rückstände auf die empfohlene MRL stattgefunden hat, ist bei Verfügbarkeit des gesamten Schlachtkörpers zu empfehlen, zur Überwachung der Rückstände jene Gewebe zu wählen, bei denen der Abbau auf die MRL am langsamsten erfolgt, da eine Einhaltung der MRL in diesem Gewebe gleichzeitig die Einhaltung der MRL in anderen Geweben bedeutet. Dies ist vor allem dann wahrscheinlich, wenn in einem oder mehreren Geweben zu allen Zeitpunkten geringe Rückstandskonzentrationen beobachtet werden und daher die MRL-Werte für diese(s) Gewebe auf der Quantifizierungsgrenze der Analysemethode basieren.

II.4.   Verwendungsbedingungen und Verwendung der Stoffe in Tierarzneimitteln, bewährte Verfahren bei der Anwendung von Tierarzneimitteln und Biozidprodukten, die Wahrscheinlichkeit einer missbräuchlichen oder unrechtmäßigen Verwendung und andere relevante Faktoren

II.4.1.   Bei Stoffen, die zur Anwendung bei Milch oder Eier produzierenden Tierarten vorgeschlagen werden, ist die Möglichkeit zur Empfehlung von MRL in diesen Lebensmitteln in Erwägung zu ziehen. Wenn aus Sicherheitsgründen keine MRL für Milch oder Eier empfohlen werden können, ist zu erwähnen, dass die Verwendung des Stoffes auf Tiere zu beschränkten ist, die keine Milch oder Eier für den menschlichen Verzehr produzieren.

II.4.2.   Gegebenenfalls ist in Erwägung zu ziehen, eine Anwendungsbeschränkung für den Stoff zu empfehlen. Wenn sich die vorgelegten Rückstandsdaten nur auf die Anwendung des Stoffes auf der Haut beziehen und es Bedenken gibt, dass die Rückstandskonzentrationen in Lebensmitteln tierischen Ursprungs wesentlich höher wären, wenn der Stoff auf anderem Wege verabreicht werden würde, dann ist in Erwägung zu ziehen, eine Empfehlung für die Beschränkung der Anwendung des Stoffes auf die Anwendung auf der Haut auszusprechen.

II.4.3.   Wenn sich durch die Festlegung von MRL möglicherweise die Wahrscheinlichkeit einer missbräuchlichen oder unrechtmäßigen Anwendung des Stoffes (zum Beispiel im Hinblick auf die Anwendung als Wachstumsförderer) erhöht, so ist dies unmissverständlich anzugeben. Wenn die Festlegung von MRL möglicherweise die Anwendung bewährter Verfahren fördert und die missbräuchliche oder unrechtmäßige Verwendung einschränkt, so kann dies ebenfalls angegeben werden.

II.4.4.   Andere Faktoren können von Fall zu Fall berücksichtigt werden, wenn Daten darauf hinweisen, dass es ein bestimmtes relevantes Bedenken im Hinblick auf die Anwendung des pharmakologisch wirksamen Stoffes gibt. Grundsätzlich werden bei MRL-Bewertungen die Auswirkungen der Lebensmittelverarbeitung (insbesondere des Kochens) auf die Rückstände nicht berücksichtigt. Liegen jedoch Daten vor, die darauf hindeuten, dass bei der Lebensmittelverarbeitung mit einem Anstieg der betreffenden Rückstände zu rechnen ist, so sind die potenziellen Auswirkungen auf die Gesundheit der Verbraucher zu berücksichtigen.

II.5.   Notwendigkeit für einen nicht verwendeten Anteil der ADI

II.5.1.   Da die künftige Verwendung eines Stoffes bei anderen Tierarten nicht mit Sicherheit vorhergesagt werden kann und im Hinblick auf die Erhöhung der Verfügbarkeit von Tierarzneimitteln wird grundsätzlich davon ausgegangen, dass ein angemessener Teil der ADI ungenutzt bleiben muss, es sei denn, es werden für alle im Standard-Lebensmittelkorb enthaltenen Lebensmittel MRL vorgeschlagen.

II.5.2.   Bei der Anwendung von MRL liegt der Schwerpunkt in der Regel auf Geweben; mögliche zukünftige Anwendungen für Milch, Eier und Honig sind jedoch zu berücksichtigen. Im Allgemeinen ist ein Teil der ADI für zukünftige Verwendungen zu reservieren, und MRL, die die gesamte ADI verwenden, sind nur in Ausnahmefällen zu akzeptieren.

II.5.3.   Wenn die Notwendigkeit, einen nicht verwendeten Anteil der ADI beizubehalten, geprüft wird, ist eine Reihe von bestimmten Faktoren zu berücksichtigen, darunter:

a)

Informationen über den wahrscheinlichen Nutzen des Stoffes für andere Tierarten (z. B. Angabe der ursprünglichen Tierart, Wirkmechanismus, bekannte Toxizität des Stoffes bei verschiedenen Tierarten);

b)

physikalisch-chemische und pharmakokinetische Daten, die über die wahrscheinliche Verteilung des Stoffes auf Milch, Eier oder Honig Aufschluss geben können;

c)

ob die beabsichtigte Verwendung des Stoffes MRL erfordert, die fast die gesamte ADI aufbrauchen, und ob es besondere Erwägungen (z. B. Verfügbarkeitsbedenken) gibt, die es rechtfertigen würden, MRL zu empfehlen, die die Möglichkeit einer künftigen Entwicklung des Stoffes einschränken würden;

d)

Berücksichtigung der bestehenden Verwendungen des Stoffes in anderen Bereichen als der Veterinärmedizin und Berücksichtigung der Verbraucherexposition, die sich aus diesen Verwendungen ergeben kann (siehe Abschnitt II.6).

II.6.   Exposition aus anderen Quellen (kombinierte Exposition gegenüber Stoffen mit zwei Verwendungen (Dual-Use-Stoffen))

II.6.1.   Um sicherzustellen, dass alle Quellen der Exposition der Verbraucher gegenüber dem Stoff berücksichtigt werden, sind alle bekannten Verwendungen des Stoffes zu berücksichtigen, und die Verbraucherexposition, die sich aus diesen Verwendungen ergibt, ist zu schätzen. Es sind MRL in Konzentrationen vorzuschlagen, die sicherstellen, dass die wahrscheinlich aufgenommene Gesamtrückstandsmenge aus allen Quellen die ADI nicht überschreitet.

II.6.2.   Bei Stoffen, die auch als Pflanzenschutzmittel verwendet werden, beträgt eine allgemeine Richtzahl für den Anteil der ADI, der für die tierärztliche Verwendung reserviert werden kann, 45 % der ADI.

II.6.3.   Wenn die bestehende Zulassung für ein Pestizidprodukt es zulässt und ausreichende Daten über die Aufnahme aus der Verwendung von Pflanzenschutzmitteln vorliegen, kann es möglich sein, einen größeren Teil der tierärztlichen Verwendung zuzuweisen, ohne die ADI zu überschreiten. Um den Anteil der verfügbaren ADI zu ermitteln, ist die für das Pflanzenschutzmittel genehmigte MRL zu berücksichtigen.

II.6.4.   Da die Methodik zur Festlegung von MRL für essbare Gewebe für Pflanzenschutzmittel von derjenigen für tierärztliche Zwecke abweicht, ist bei der Kombination des geschätzten Expositionsrisikos aus den verschiedenen Methodiken Vorsicht geboten.

II.6.5.   Für Dual-Use-Stoffe, die als Biozide in der Tierhaltung eingesetzt werden, ist die CVMP-Leitlinie zur Risikobeschreibung und Bewertung der Rückstandshöchstmengen (MRL) für Biozide (4) einzuhalten.

II.6.6.   In Bezug auf Futtermittelzusatzstoffe ist dem Register der Europäischen Union für Futtermittelzusatzstoffe zu entnehmen, ob der Stoff für die Verwendung in Futtermitteln zugelassen ist. Bei der Bewertung solcher Stoffe ist die EFSA zu konsultieren.

II.7.   Rückstände an der Injektionsstelle

II.7.1.   Die MRL in Muskelgewebe ist auf eine Konzentration für die Überwachung von Rückständen in Muskelgewebe ohne Injektionsstelle festzulegen, da die Verbraucher üblicherweise Muskelgewebe ohne Injektionsstelle und selten Muskelgewebe mit Injektionsstelle zu sich nehmen.

II.7.2.   Für diejenigen injizierbaren Stoffe, bei denen der Abbau der Rückstände an der Injektionsstelle im Vergleich zur Muskel-MRL zu verlängerten (unzulässigen) Wartezeiten führen würde, wird von der Agentur ebenfalls ein Referenzwert für den Rückstand an der Injektionsstelle (Injection Site Residue Reference Value, ISRRV) festgelegt. Der ISRRV wird auf ein Niveau festgelegt, das sicherstellt, dass ein Standard-Lebensmittelkorb mit 300 g Muskelgewebe mit Injektionsstelle am Ende der voraussichtlichen Wartezeit Rückstände unterhalb der ADI enthält.

II.7.3.   Der ISRRV wird nicht im Anhang zur Verordnung (EU) Nr. 37/2010 veröffentlicht; der Wert wird nur im Europäischen Öffentlichen Beurteilungsbericht zu MRL (European Public MRL Assessment Report, EPMAR) verfügbar sein und ist beim Ableiten einer Wartezeit für das Tierarzneimittel zu verwenden.

III.   ÜBERLEGUNGEN ZUR MÖGLICHEN EXTRAPOLATION VON MRL

III.1.   Die Extrapolation von MRL-Werten wird im Einklang mit den Anforderungen der Verordnung (EU) 2017/880 (5) der Kommission betrachtet.

III.2.   Daten, die für die Überlegungen zur Extrapolation nützlich sein könnten, sind, falls verfügbar, im Rahmen des Dossiers vorzulegen.


(1)  Fett und Haut in natürlichen Verhältnissen für Schweine.

(2)  Safety and residue data requirements for veterinary medicinal products intended for minor use or minor species (MUMS)/limited market (http://www.ema.europa.eu/ema/index.jsp?curl=pages/regulation/general/general_content_001536.jsp&mid=WC0b01ac058002dd38).

(3)  Richtlinie 2001/82/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. November 2001 zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Tierarzneimittel (ABl. L 311 vom 28.11.2001, S. 1).

(4)  Risikobeschreibung und Bewertung der Rückstandshöchstmengen (MRL) für Biozide (http://www.ema.europa.eu/ema/index.jsp?curl=pages/regulation/general/general_content_001541.jsp&mid=WC0b01ac05804aca04).

(5)  Verordnung (EU) 2017/880 der Kommission vom 23. Mai 2017 mit Regelungen über die Anwendung einer Rückstandshöchstmenge, die für einen pharmakologisch wirksamen Stoff in einem bestimmten Lebensmittel festgelegt wurde, auf ein anderes von derselben Tierart stammendes Lebensmittel bzw. die Anwendung einer Rückstandshöchstmenge, die für einen pharmakologisch wirksamen Stoff in einer oder mehreren Tierarten festgelegt wurde, auf andere Tierarten, gemäß der Verordnung (EG) Nr. 470/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. L 135 vom 24.5.2017, S. 1).


30.5.2018   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 132/31


DURCHFÜHRUNGSVERORDNUNG (EU) 2018/783 DER KOMMISSION

vom 29. Mai 2018

zur Änderung der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 540/2011 hinsichtlich der Bedingungen für die Genehmigung des Wirkstoffs Imidacloprid

(Text von Bedeutung für den EWR)

DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Oktober 2009 über das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln und zur Aufhebung der Richtlinien 79/117/EWG und 91/414/EWG des Rates (1), insbesondere auf Artikel 21 Absatz 3, Artikel 49 Absatz 2 und Artikel 78 Absatz 2,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Imidacloprid ist ein Wirkstoff, der mit der Richtlinie 2008/116/EG der Kommission (2) in Anhang I der Richtlinie 91/414/EWG des Rates (3) aufgenommen wurde.

(2)

In Anhang I der Richtlinie 91/414/EWG aufgenommene Wirkstoffe gelten als gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 genehmigt und sind in Teil A des Anhangs der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 540/2011 der Kommission (4) aufgeführt.

(3)

Mit der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 485/2013 der Kommission (5) wurden die Bedingungen für die Genehmigung des Wirkstoffs Imidacloprid geändert, und der Antragsteller wurde aufgefordert, bestätigende Informationen zu folgenden Aspekten vorzulegen:

a)

das Risiko für andere bestäubende Insekten als Honigbienen;

b)

das Risiko für Honigbienen, die in Folgekulturen Nektar oder Pollen sammeln;

c)

die potenzielle Aufnahme über die Wurzeln blühender Unkräuter;

d)

das Risiko für Bienen, die Honigtau anderer Insekten aufnehmen;

e)

die potenzielle Exposition gegenüber Guttation, das akute und das langfristige Risiko für das Überleben und die Entwicklung von Bienenvölkern sowie das Risiko für Bienenlarven aufgrund einer solchen Exposition;

f)

die potenzielle Exposition gegenüber Staubabdrift bei Drillsaat, das akute und das langfristige Risiko für das Überleben und die Entwicklung von Bienenvölkern sowie das Risiko für Bienenlarven aufgrund einer solchen Exposition;

g)

das akute und das langfristige Risiko für das Überleben und die Entwicklung von Bienenvölkern sowie das Risiko für Honigbienenlarven aufgrund der Aufnahme kontaminierten Nektars und Pollens.

(4)

Im Dezember 2014 übermittelte der Antragsteller dem Bericht erstattenden Mitgliedstaat Deutschland zusätzliche Informationen betreffend Bienen (d. h. Honigbienen, Hummeln und Solitärbienen) innerhalb der dafür vorgesehenen Frist.

(5)

Deutschland hat die vom Antragsteller vorgelegten zusätzlichen Informationen bewertet. Es leitete seine Bewertung am 18. Januar 2016 in Form eines Nachtrags zum Entwurf des Bewertungsberichts an die anderen Mitgliedstaaten, die Kommission und die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (im Folgenden die „Behörde“) weiter.

(6)

Die Kommission konsultierte die Behörde, die am 13. Oktober 2016 ihre Schlussfolgerung zur Risikobewertung von Imidacloprid vorlegte (6). Die Behörde ermittelte für die meisten Kulturen ein hohes akutes Risiko für Bienen aufgrund von Pflanzenschutzmitteln mit dem Wirkstoff Imidacloprid. Vor allem wegen der Exposition gegenüber Staub sah die Behörde bei mehreren Freilandanwendungen hohe Risiken für Bienen. Für Bienen, die in einer behandelten Kultur nach Futter suchen, stellen nach ihren Erkenntnissen vor allem Anwendungen bei Kartoffeln und Wintergetreide ein hohes Risiko dar. Bei fast allen Feldanwendungen besteht auch in den Folgekulturen ein hohes Risiko für die Bienen. Zudem stellte die Behörde mehrere Datenlücken fest.

(7)

Wie im Erwägungsgrund 16 der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 485/2013 vorgesehen, strengte die Kommission am 11. Februar 2015 eine Überprüfung der neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse an, indem sie die EFSA beauftragte, eine Aufforderung zur Vorlage von Daten zu organisieren. Die EFSA veröffentlichte eine Aufforderung zur Vorlage von Daten, deren Frist am 30. September 2015 ablief (7).

(8)

Am 13. November 2015 forderte die Kommission die EFSA auf, Schlussfolgerungen zu einer aktualisierten Bewertung des Risikos für Bienen durch die Anwendung von Imidacloprid zur Saatgutbehandlung oder als Granulat vorzulegen, wofür sie ein Peer-Review organisieren und die im Rahmen der offenen Aufforderung erfassten Daten und alle sonstigen neuen Daten aus Studien, Forschungsarbeiten und Monitoring, die für die fraglichen Anwendungen von Belang sind, berücksichtigen sollte. Am 28. Februar 2018 stellte die Behörde ihre Schlussfolgerung zum Peer-Review der aktualisierten Bewertung des Risikos für Bienen durch Pestizide mit dem Wirkstoff Imidacloprid bei Anwendung zur Saatgutbehandlung und als Granulat vor (8). Der Antragsteller hatte Gelegenheit, zu dieser Schlussfolgerung Stellung zu nehmen. Die vom Antragsteller vorgelegte Stellungnahme wurde eingehend geprüft.

(9)

Der Entwurf des Bewertungsberichts, der Nachtrag zum Entwurf des Bewertungsberichts und die Schlussfolgerungen der Behörde wurden im Ständigen Ausschuss für Pflanzen, Tiere, Lebensmittel und Futtermittel von den Mitgliedstaaten und der Kommission geprüft und am 27. April 2018 in Form eines überarbeiteten Nachtrags zum Überprüfungsbericht der Kommission für Imidacloprid abgeschlossen.

(10)

Die Kommission forderte den Antragsteller auf, zum überarbeiteten Nachtrag zum Beurteilungsbericht über Imidacloprid Stellung zu nehmen. Die vom Antragsteller vorgelegte Stellungnahme wurde eingehend geprüft.

(11)

Nach Beurteilung der 2014 vom Antragsteller übermittelten Informationen zog die Kommission den Schluss, dass die gemäß der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 485/2013 vorzulegenden zusätzlichen bestätigenden Informationen nicht vorgelegt wurden; zudem zog sie nach Prüfung der Schlussfolgerung zur aktualisierten Risikobewertung für Bienen den Schluss, dass weitere Risiken für Bienen ohne Festlegung weiterer Beschränkungen nicht ausgeschlossen werden können. Im Hinblick auf die notwendige Gewährleistung eines Sicherheits- und Schutzniveaus, das mit dem hohen Niveau des Schutzes der Tiergesundheit übereinstimmt, das innerhalb der Union erreicht werden soll, sollten alle Anwendungen im Freien verboten werden. Die Anwendung von Imidacloprid sollte daher auf dauerhaft errichtete Gewächshäuser beschränkt werden, und die entstehende Kultur sollte während des gesamten Wachstumszyklus in einem dauerhaft errichteten Gewächshaus bleiben müssen und nicht im Freien ausgepflanzt werden dürfen.

(12)

Der Anhang der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 540/2011 sollte daher entsprechend geändert werden.

(13)

Unter Berücksichtigung der Risiken für Bienen im Zusammenhang mit behandeltem Saatgut sollten das Inverkehrbringen und die Verwendung von Saatgut, das mit Imidacloprid enthaltenden Pflanzenschutzmitteln behandelt wurde, denselben Beschränkungen unterliegen wie die Anwendung von Imidacloprid. Saatgut, das mit Imidacloprid enthaltenden Pflanzenschutzmitteln behandelt wurde, sollte daher nur in Verkehr gebracht oder verwendet werden, wenn es ausschließlich zur Ausbringung in dauerhaft errichteten Gewächshäusern bestimmt ist und die daraus entstandene Pflanzenkultur während des gesamten Wachstumszyklus in einem dauerhaft errichteten Gewächshaus bleibt.

(14)

Den Mitgliedstaaten sollte ausreichend Zeit für eine Änderung oder den Widerruf der Zulassungen für imidaclopridhaltige Pflanzenschutzmittel eingeräumt werden.

(15)

Räumt ein Mitgliedstaat gemäß Artikel 46 der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 eine Aufbrauchfrist für imidaclopridhaltige Pflanzenschutzmittel ein, so sollte diese Frist spätestens am 19. Dezember 2018 enden.

(16)

Das Verbot des Inverkehrbringens und der Verwendung von behandeltem Saatgut sollte erst ab dem 19. Dezember 2018 gelten, um eine ausreichende Übergangsfrist zu gewährleisten.

(17)

Die in dieser Verordnung vorgesehenen Maßnahmen entsprechen der Stellungnahme des Ständigen Ausschusses für Pflanzen, Tiere, Lebensmittel und Futtermittel —

HAT FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

Artikel 1

Änderung der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 540/2011

Teil A des Anhangs der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 540/2011 wird gemäß dem Anhang der vorliegenden Verordnung geändert.

Artikel 2

Verbot des Inverkehrbringens und der Verwendung von behandeltem Saatgut

Saatgut, das mit Imidacloprid enthaltenden Pflanzenschutzmitteln behandelt wurde, darf nur in Verkehr gebracht oder verwendet werden, wenn

a)

das Saatgut ausschließlich zur Ausbringung in dauerhaft errichteten Gewächshäusern bestimmt ist und

b)

die daraus entstandene Pflanzenkultur während des gesamten Wachstumszyklus in einem dauerhaft errichteten Gewächshaus bleibt.

Artikel 3

Übergangsmaßnahmen

Gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 ändern oder widerrufen die Mitgliedstaaten, falls erforderlich, geltende Zulassungen für Pflanzenschutzmittel, die Imidacloprid als Wirkstoff enthalten, bis spätestens 19. September 2018.

Artikel 4

Aufbrauchfrist

Etwaige Aufbrauchfristen, die die Mitgliedstaaten gemäß Artikel 46 der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 einräumen, müssen so kurz wie möglich sein und enden spätestens am 19. Dezember 2018.

Artikel 5

Änderung der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 485/2013

Artikel 2 der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 485/2013 wird im Hinblick auf Saatgut, das mit Imidacloprid enthaltenden Pflanzenschutzmitteln behandelt wurde, gestrichen.

Artikel 6

Inkrafttreten

Diese Verordnung tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Artikel 2 und Artikel 5 gelten ab dem 19. Dezember 2018.

Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat.

Brüssel, den 29. Mai 2018

Für die Kommission

Der Präsident

Jean-Claude JUNCKER


(1)  ABl. L 309 vom 24.11.2009, S. 1.

(2)  Richtlinie 2008/116/EG der Kommission vom 15. Dezember 2008 zur Änderung der Richtlinie 91/414/EWG des Rates zwecks Aufnahme der Wirkstoffe Aclonifen, Imidacloprid und Metazachlor (ABl. L 337 vom 16.12.2008, S. 86).

(3)  Richtlinie 91/414/EWG des Rates vom 15. Juli 1991 über das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln (ABl. L 230 vom 19.8.1991, S. 1).

(4)  Durchführungsverordnung (EU) Nr. 540/2011 der Kommission vom 25. Mai 2011 zur Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates hinsichtlich der Liste zugelassener Wirkstoffe (ABl. L 153 vom 11.6.2011, S. 1).

(5)  Durchführungsverordnung (EU) Nr. 485/2013 der Kommission vom 24. Mai 2013 zur Änderung der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 540/2011 hinsichtlich der Bedingungen für die Genehmigung der Wirkstoffe Clothianidin, Thiamethoxam und Imidacloprid sowie des Verbots der Anwendung und des Verkaufs von Saatgut, das mit diese Wirkstoffe enthaltenden Pflanzenschutzmitteln behandelt wurde (ABl. L 139 vom 25.5.2013, S. 12).

(6)  EFSA (Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit), 2016. Peer review of the pesticide risk assessment for the active substance imidacloprid in light of confirmatory data submitted. EFSA Journal 2016;14(11):4607. doi:10.2903/j.efsa.2016.4607.

(7)  EFSA (Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit), 2015. Technical report on the open call for new scientific information as regards the risk to bees from the use of the three neonicotinoid pesticide active substances clothianidin, imidacloprid and thiamethoxam applied as seed treatments and granules in the EU. EFSA supporting publication 2015:EN-903. 8 S.

(8)  EFSA (Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit), 2018. Conclusions on the peer review of the pesticide risk assessment for bees for the active substance imidacloprid considering the uses as seed treatments and granules. EFSA Journal 2018;16(2):5178. 113 S.


ANHANG

Im Anhang Teil A der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 540/2011, Zeile 216 (Imidacloprid), erhält die Spalte „Sonderbestimmungen“ folgende Fassung:

„TEIL A

Nur Anwendungen als Insektizid in dauerhaft errichteten Gewächshäusern oder zur Behandlung von Saatgut, das ausschließlich zur Ausbringung in dauerhaft errichteten Gewächshäusern bestimmt ist, dürfen zugelassen werden. Die daraus entstandene Pflanzenkultur muss während des gesamten Wachstumszyklus in einem dauerhaft errichteten Gewächshaus bleiben.

TEIL B

Bei der Anwendung der einheitlichen Grundsätze gemäß Artikel 29 Absatz 6 der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 sind die Schlussfolgerungen des am 26. September 2008 vom Ständigen Ausschuss für die Lebensmittelkette und Tiergesundheit abgeschlossenen Beurteilungsberichts über Imidacloprid und insbesondere dessen Anlagen I und II sowie die Schlussfolgerungen des am 27. April 2018 vom Ständigen Ausschuss für Pflanzen, Tiere, Lebensmittel und Futtermittel abgeschlossenen überarbeiteten Nachtrags zum Beurteilungsbericht über Imidacloprid zu berücksichtigen.

Bei dieser Gesamtbewertung müssen die Mitgliedstaaten insbesondere auf Folgendes achten:

das Risiko für zur Bestäubung in dauerhaft errichteten Gewächshäusern eingesetzte Bienen und Hummeln;

die Auswirkungen auf Wasserorganismen;

die Exposition von Bienen durch die Aufnahme von kontaminiertem Wasser aus dauerhaft errichteten Gewächshäusern.

Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass das Beizen von Saatgut nur in professionellen Saatgutbehandlungseinrichtungen vorgenommen wird. Diese Einrichtungen müssen die beste zur Verfügung stehende Technik anwenden, damit gewährleistet ist, dass die Freisetzung von Staub beim Beizen des Saatguts, bei der Lagerung und bei der Beförderung auf ein Mindestmaß reduziert werden kann.

Die Anwendungsbedingungen müssen gegebenenfalls Maßnahmen zur Risikobegrenzung umfassen.“


30.5.2018   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 132/35


DURCHFÜHRUNGSVERORDNUNG (EU) 2018/784 DER KOMMISSION

vom 29. Mai 2018

zur Änderung der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 540/2011 hinsichtlich der Bedingungen für die Genehmigung des Wirkstoffs Clothianidin

(Text von Bedeutung für den EWR)

DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Oktober 2009 über das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln und zur Aufhebung der Richtlinien 79/117/EWG und 91/414/EWG des Rates (1), insbesondere auf Artikel 21 Absatz 3, Artikel 49 Absatz 2 und Artikel 78 Absatz 2,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Clothianidin ist ein Wirkstoff, der mit der Richtlinie 2006/41/EG der Kommission (2) in Anhang I der Richtlinie 91/414/EWG des Rates (3) aufgenommen wurde.

(2)

In Anhang I der Richtlinie 91/414/EWG aufgenommene Wirkstoffe gelten als gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 genehmigt und sind in Teil A des Anhangs der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 540/2011 der Kommission (4) aufgeführt.

(3)

Mit der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 485/2013 der Kommission (5) wurden die Bedingungen für die Genehmigung des Wirkstoffs Clothianidin geändert, und die Antragsteller wurden aufgefordert, bestätigende Informationen zu folgenden Aspekten vorzulegen:

a)

das Risiko für andere bestäubende Insekten als Honigbienen;

b)

das Risiko für Honigbienen, die in Folgekulturen Nektar oder Pollen sammeln;

c)

die potenzielle Aufnahme über die Wurzeln blühender Unkräuter;

d)

das Risiko für Bienen, die Honigtau anderer Insekten aufnehmen;

e)

die potenzielle Exposition gegenüber Guttation, das akute und das langfristige Risiko für das Überleben und die Entwicklung von Bienenvölkern sowie das Risiko für Bienenlarven aufgrund einer solchen Exposition;

f)

die potenzielle Exposition gegenüber Staubabdrift bei Drillsaat, das akute und das langfristige Risiko für das Überleben und die Entwicklung von Bienenvölkern sowie das Risiko für Bienenlarven aufgrund einer solchen Exposition;

g)

das akute und das langfristige Risiko für das Überleben und die Entwicklung von Bienenvölkern sowie das Risiko für Honigbienenlarven aufgrund der Aufnahme kontaminierten Nektars und Pollens.

(4)

Im Dezember 2014 übermittelten die Antragsteller dem Bericht erstattenden Mitgliedstaat Belgien zusätzliche Informationen betreffend Bienen (d. h. Honigbienen, Hummeln und Solitärbienen) innerhalb der dafür vorgesehenen Frist. Im März 2015 und im Juni 2015 legten sie aktualisierte Unterlagen vor.

(5)

Belgien hat die von den Antragstellern zusätzlich vorgelegten Informationen bewertet. Es leitete seine Bewertung am 31. August 2015 in Form eines Nachtrags zum Entwurf des Bewertungsberichts an die anderen Mitgliedstaaten, die Kommission und die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (im Folgenden die „Behörde“) weiter.

(6)

Die Kommission konsultierte die Behörde, die am 13. Oktober 2016 ihre Schlussfolgerung zur Risikobewertung von Clothianidin vorlegte (6). Die Behörde ermittelte für die meisten Kulturen ein hohes akutes Risiko für Bienen aufgrund von Pflanzenschutzmitteln mit dem Wirkstoff Clothianidin. Insbesondere im Hinblick auf die Exposition gegenüber Staub ermittelte die Behörde ein hohes akutes Risiko für Bienen bei Wintergetreide; ein hohes chronisches Risiko für Bienen bei Zuckerrüben kann nicht ausgeschlossen werden. Aufgrund der Aufnahme von Rückständen in kontaminiertem Pollen und Nektar bestehen bei den meisten Feldanwendungen hohe akute und chronische Risiken bzw. kann ein hohes Risiko nicht ausgeschlossen werden. Bei allen Feldanwendungen bestehen auch in den Folgekulturen chronische und akute Risiken für die Bienen. Für Forstbaumschulen legten die Antragsteller keine Daten vor, weshalb ein Risiko für die Bienen nicht ausgeschlossen werden kann. Außerdem stellte die Behörde mehrere Datenlücken fest.

(7)

Wie im Erwägungsgrund 16 der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 485/2013 vorgesehen, strengte die Kommission am 11. Februar 2015 eine Überprüfung der neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse an, indem sie die EFSA beauftragte, eine Aufforderung zur Vorlage von Daten zu organisieren. Die EFSA veröffentlichte eine Aufforderung zur Vorlage von Daten, deren Frist am 30. September 2015 ablief (7).

(8)

Am 13. November 2015 forderte die Kommission die EFSA auf, Schlussfolgerungen zu einer aktualisierten Bewertung des Risikos für Bienen durch die Anwendung von Clothianidin zur Saatgutbehandlung oder als Granulat vorzulegen, wofür sie ein Peer-Review organisieren und die im Rahmen der offenen Aufforderung erfassten Daten und alle sonstigen neuen Daten aus Studien, Forschungsarbeiten und Monitoring, die für die fraglichen Anwendungen von Belang sind, berücksichtigen sollte. Am 28. Februar 2018 stellte die Behörde ihre Schlussfolgerung zum Peer-Review der aktualisierten Bewertung des Risikos für Bienen durch Pestizide mit dem Wirkstoff Clothianidin bei Anwendung zur Saatgutbehandlung und als Granulat vor (8). Die Antragsteller hatten Gelegenheit, zu dieser Schlussfolgerung Stellung zu nehmen. Die von den Antragstellern vorgelegten Stellungnahmen wurden eingehend geprüft.

(9)

Der Entwurf des Bewertungsberichts, der Nachtrag zum Entwurf des Bewertungsberichts und die Schlussfolgerungen der Behörde wurden im Ständigen Ausschuss für Pflanzen, Tiere, Lebensmittel und Futtermittel von den Mitgliedstaaten und der Kommission geprüft und am 27. April 2018 in Form eines überarbeiteten Nachtrags zum Überprüfungsbericht der Kommission für Clothianidin abgeschlossen.

(10)

Die Kommission forderte die Antragsteller auf, zum überarbeiteten Nachtrag zum Beurteilungsbericht über Clothianidin Stellung zu nehmen. Die von den Antragstellern vorgelegten Stellungnahmen wurden eingehend geprüft.

(11)

Nach Beurteilung der 2014 und 2015 von den Antragstellern übermittelten Informationen zog die Kommission den Schluss, dass die gemäß der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 485/2013 vorzulegenden zusätzlichen bestätigenden Informationen nicht vorgelegt wurden; zudem zog sie nach Prüfung der Schlussfolgerung zur aktualisierten Risikobewertung für Bienen den Schluss, dass weitere Risiken für Bienen ohne Festlegung weiterer Beschränkungen nicht ausgeschlossen werden können. Im Hinblick auf die notwendige Gewährleistung eines Sicherheits- und Schutzniveaus, das mit dem hohen Niveau des Schutzes der Tiergesundheit übereinstimmt, das innerhalb der Union erreicht werden soll, sollten alle Anwendungen im Freien verboten werden. Die Anwendung von Clothianidin sollte daher auf dauerhaft errichtete Gewächshäuser beschränkt werden, und die entstehende Kultur sollte während des gesamten Wachstumszyklus in einem dauerhaft errichteten Gewächshaus bleiben müssen und nicht im Freien ausgepflanzt werden dürfen.

(12)

Der Anhang der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 540/2011 sollte daher entsprechend geändert werden.

(13)

Unter Berücksichtigung der Risiken für Bienen im Zusammenhang mit behandeltem Saatgut sollten das Inverkehrbringen und die Verwendung von Saatgut, das mit Clothianidin enthaltenden Pflanzenschutzmitteln behandelt wurde, denselben Beschränkungen unterliegen wie die Anwendung von Clothianidin. Saatgut, das mit Clothianidin enthaltenden Pflanzenschutzmitteln behandelt wurde, sollte daher nur in Verkehr gebracht oder verwendet werden, wenn es ausschließlich zur Ausbringung in dauerhaft errichteten Gewächshäusern bestimmt ist und die daraus entstandene Pflanzenkultur während des gesamten Wachstumszyklus in einem dauerhaft errichteten Gewächshaus bleibt.

(14)

Den Mitgliedstaaten sollte ausreichend Zeit für eine Änderung oder den Widerruf der Zulassungen für clothianidinhaltige Pflanzenschutzmittel eingeräumt werden.

(15)

Räumt ein Mitgliedstaat gemäß Artikel 46 der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 eine Aufbrauchfrist für clothianidinhaltige Pflanzenschutzmittel ein, so sollte diese Frist spätestens am 19. Dezember 2018 enden.

(16)

Das Verbot des Inverkehrbringens und der Verwendung von behandeltem Saatgut sollte erst ab dem 19. Dezember 2018 gelten, um eine ausreichende Übergangsfrist zu gewährleisten.

(17)

Die in dieser Verordnung vorgesehenen Maßnahmen entsprechen der Stellungnahme des Ständigen Ausschusses für Pflanzen, Tiere, Lebensmittel und Futtermittel —

HAT FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

Artikel 1

Änderung der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 540/2011

Teil A des Anhangs der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 540/2011 wird gemäß dem Anhang der vorliegenden Verordnung geändert.

Artikel 2

Verbot des Inverkehrbringens und der Verwendung von behandeltem Saatgut

Saatgut, das mit Clothianidin enthaltenden Pflanzenschutzmitteln behandelt wurde, darf nur in Verkehr gebracht oder verwendet werden, wenn

a)

das Saatgut ausschließlich zur Ausbringung in dauerhaft errichteten Gewächshäusern bestimmt ist und

b)

die daraus entstandene Pflanzenkultur während des gesamten Wachstumszyklus in einem dauerhaft errichteten Gewächshaus bleibt.

Artikel 3

Übergangsmaßnahmen

Gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 ändern oder widerrufen die Mitgliedstaaten, falls erforderlich, geltende Zulassungen für Pflanzenschutzmittel, die Clothianidin als Wirkstoff enthalten, bis spätestens 19. September 2018.

Artikel 4

Aufbrauchfrist

Etwaige Aufbrauchfristen, die die Mitgliedstaaten gemäß Artikel 46 der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 einräumen, müssen so kurz wie möglich sein und enden spätestens am 19. Dezember 2018.

Artikel 5

Änderung der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 485/2013

Artikel 2 der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 485/2013 wird im Hinblick auf Saatgut, das mit Clothianidin enthaltenden Pflanzenschutzmitteln behandelt wurde, gestrichen.

Artikel 6

Inkrafttreten

Diese Verordnung tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Artikel 2 und Artikel 5 gelten ab dem 19. Dezember 2018.

Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat.

Brüssel, den 29. Mai 2018

Für die Kommission

Der Präsident

Jean-Claude JUNCKER


(1)  ABl. L 309 vom 24.11.2009, S. 1.

(2)  Richtlinie 2006/41/EG der Kommission vom 7. Juli 2006 zur Änderung der Richtlinie 91/414/EWG des Rates zwecks Aufnahme der Wirkstoffe Clothianidin und Pethoxamid (ABl. L 187 vom 8.7.2006, S. 24).

(3)  Richtlinie 91/414/EWG des Rates vom 15. Juli 1991 über das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln (ABl. L 230 vom 19.8.1991, S. 1).

(4)  Durchführungsverordnung (EU) Nr. 540/2011 der Kommission vom 25. Mai 2011 zur Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates hinsichtlich der Liste zugelassener Wirkstoffe (ABl. L 153 vom 11.6.2011, S. 1).

(5)  Durchführungsverordnung (EU) Nr. 485/2013 der Kommission vom 24. Mai 2013 zur Änderung der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 540/2011 hinsichtlich der Bedingungen für die Genehmigung der Wirkstoffe Clothianidin, Thiamethoxam und Imidacloprid sowie des Verbots der Anwendung und des Verkaufs von Saatgut, das mit diese Wirkstoffe enthaltenden Pflanzenschutzmitteln behandelt wurde (ABl. L 139 vom 25.5.2013, S. 12).

(6)  EFSA (Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit), 2016. Conclusion on the peer review of the pesticide risk assessment for the active substance clothianidin in light of confirmatory data submitted. EFSA Journal 2016;14(11):4606, 34 S. doi:10.2903/j.efsa.2016.4606.

(7)  EFSA (Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit), 2015. Technical report on the open call for new scientific information as regards the risk to bees from the use of the three neonicotinoid pesticide active substances clothianidin, imidacloprid and thiamethoxam applied as seed treatments and granules in the EU. EFSA supporting publication 2015:EN-903. 8 S.

(8)  EFSA (Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit), 2018. Conclusions on the peer review of the pesticide risk assessment for bees for the active substance clothianidin considering the uses as seed treatments and granules. The EFSA Journal 2018;16(2):5177. 86 S.


ANHANG

Im Anhang Teil A der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 540/2011, Zeile 121 (Clothianidin), erhält der Text der Spalte „Sonderbestimmungen“ folgende Fassung:

„TEIL A

Nur Anwendungen als Insektizid in dauerhaft errichteten Gewächshäusern oder zur Behandlung von Saatgut, das ausschließlich zur Ausbringung in dauerhaft errichteten Gewächshäusern bestimmt ist, dürfen zugelassen werden. Die daraus entstandene Pflanzenkultur muss während des gesamten Wachstumszyklus in einem dauerhaft errichteten Gewächshaus bleiben.

TEIL B

Bei der Anwendung der einheitlichen Grundsätze gemäß Artikel 29 Absatz 6 der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 sind die Schlussfolgerungen des am 27. Januar 2006 vom Ständigen Ausschuss für die Lebensmittelkette und Tiergesundheit abgeschlossenen Beurteilungsberichts über Clothianidin und insbesondere dessen Anlagen I und II sowie die Schlussfolgerungen des am 27. April 2018 vom Ständigen Ausschuss für Pflanzen, Tiere, Lebensmittel und Futtermittel abgeschlossenen überarbeiteten Nachtrags zum Beurteilungsbericht über Clothianidin zu berücksichtigen.

Bei dieser Gesamtbewertung müssen die Mitgliedstaaten insbesondere auf Folgendes achten:

das Risiko für das Grundwasser;

das Risiko für zur Bestäubung in dauerhaft errichteten Gewächshäusern eingesetzte Bienen und Hummeln;

die Exposition von Bienen durch die Aufnahme von kontaminiertem Wasser aus dauerhaft errichteten Gewächshäusern.

Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass das Beizen von Saatgut nur in professionellen Saatgutbehandlungseinrichtungen vorgenommen wird. Diese Einrichtungen müssen die beste zur Verfügung stehende Technik anwenden, damit gewährleistet ist, dass die Freisetzung von Staub beim Beizen des Saatguts, bei der Lagerung und bei der Beförderung auf ein Mindestmaß reduziert werden kann.

Die Anwendungsbedingungen müssen gegebenenfalls Maßnahmen zur Risikobegrenzung umfassen.“


30.5.2018   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 132/40


DURCHFÜHRUNGSVERORDNUNG (EU) 2018/785 DER KOMMISSION

vom 29. Mai 2018

zur Änderung der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 540/2011 hinsichtlich der Bedingungen für die Genehmigung des Wirkstoffs Thiamethoxam

(Text von Bedeutung für den EWR)

DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Oktober 2009 über das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln und zur Aufhebung der Richtlinien 79/117/EWG und 91/414/EWG des Rates (1), insbesondere auf Artikel 21 Absatz 3, Artikel 49 Absatz 2 und Artikel 78 Absatz 2,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Thiamethoxam ist ein Wirkstoff, der mit der Richtlinie 2007/6/EG der Kommission (2) in Anhang I der Richtlinie 91/414/EWG des Rates (3) aufgenommen wurde.

(2)

In Anhang I der Richtlinie 91/414/EWG aufgenommene Wirkstoffe gelten als gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 genehmigt und sind in Teil A des Anhangs der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 540/2011 der Kommission (4) aufgeführt.

(3)

Mit der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 485/2013 der Kommission (5) wurden die Bedingungen für die Genehmigung des Wirkstoffs Thiamethoxam geändert, und der Antragsteller wurde aufgefordert, bestätigende Informationen zu folgenden Aspekten vorzulegen:

a)

das Risiko für andere bestäubende Insekten als Honigbienen;

b)

das Risiko für Honigbienen, die in Folgekulturen Nektar oder Pollen sammeln;

c)

die potenzielle Aufnahme über die Wurzeln blühender Unkräuter;

d)

das Risiko für Bienen, die Honigtau anderer Insekten aufnehmen;

e)

die potenzielle Exposition gegenüber Guttation, das akute und das langfristige Risiko für das Überleben und die Entwicklung von Bienenvölkern sowie das Risiko für Bienenlarven aufgrund einer solchen Exposition;

f)

die potenzielle Exposition gegenüber Staubabdrift bei Drillsaat, das akute und das langfristige Risiko für das Überleben und die Entwicklung von Bienenvölkern sowie das Risiko für Bienenlarven aufgrund einer solchen Exposition;

g)

das akute und das langfristige Risiko für das Überleben und die Entwicklung von Bienenvölkern sowie das Risiko für Honigbienenlarven aufgrund der Aufnahme kontaminierten Nektars und Pollens.

(4)

Der Antragsteller übermittelte dem Bericht erstattenden Mitgliedstaat Spanien zusätzliche Informationen betreffend Bienen (d. h. Honigbienen, Hummeln und Solitärbienen).

(5)

Spanien hat die vom Antragsteller vorgelegten zusätzlichen Informationen bewertet. Es leitete seine Bewertung am 12. November 2015 in Form eines Nachtrags zum Entwurf des Bewertungsberichts an die anderen Mitgliedstaaten, die Kommission und die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (im Folgenden die „Behörde“) weiter.

(6)

Die Mitgliedstaaten, der Antragsteller und die Behörde wurden konsultiert und um Stellungnahme zu der Bewertung des Bericht erstattenden Mitgliedstaats gebeten. Die Behörde veröffentlichte am 20. April 2016 einen technischen Bericht mit einer Zusammenfassung der Ergebnisse dieser Konsultation zu Thiamethoxam (6).

(7)

Wie im Erwägungsgrund 16 der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 485/2013 vorgesehen, strengte die Kommission am 11. Februar 2015 eine Überprüfung der neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse an, indem sie die EFSA beauftragte, eine Aufforderung zur Vorlage von Daten zu organisieren. Die EFSA veröffentlichte eine Aufforderung zur Vorlage von Daten, deren Frist am 30. September 2015 ablief (7).

(8)

Am 13. November 2015 forderte die Kommission die EFSA auf, Schlussfolgerungen zu einer aktualisierten Bewertung des Risikos für Bienen durch die Anwendung von Thiamethoxam zur Saatgutbehandlung oder als Granulat vorzulegen, wofür sie ein Peer-Review organisieren und die im Rahmen der offenen Aufforderung erfassten Daten und alle sonstigen neuen Daten aus Studien, Forschungsarbeiten und Monitoring, die für die fraglichen Anwendungen von Belang sind, berücksichtigen sollte. Am 28. Februar 2018 stellte die Behörde ihre Schlussfolgerung zum Peer-Review der aktualisierten Bewertung des Risikos für Bienen durch Pestizide mit dem Wirkstoff Thiamethoxam bei Anwendung zur Saatgutbehandlung und als Granulat vor (8). Der Antragsteller hatte Gelegenheit, zu dieser Schlussfolgerung Stellung zu nehmen. Die vom Antragsteller vorgelegte Stellungnahme wurde eingehend geprüft.

(9)

Der Entwurf des Bewertungsberichts, der Nachtrag, der technische Bericht und die Schlussfolgerung der Behörde wurden im Ständigen Ausschuss für Pflanzen, Tiere, Lebensmittel und Futtermittel von den Mitgliedstaaten und der Kommission geprüft und am 27. April 2018 in Form eines überarbeiteten Nachtrags zum Überprüfungsbericht der Kommission für Thiamethoxam abgeschlossen.

(10)

Die Kommission forderte den Antragsteller auf, zum überarbeiteten Nachtrag zum Beurteilungsbericht über Thiamethoxam Stellung zu nehmen. Die vom Antragsteller vorgelegte Stellungnahme wurde eingehend geprüft.

(11)

Nach Beurteilung der vom Antragsteller übermittelten Informationen zog die Kommission den Schluss, dass die gemäß der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 485/2013 vorzulegenden zusätzlichen bestätigenden Informationen nicht vorgelegt wurden; zudem zog sie nach Prüfung der Schlussfolgerung zur aktualisierten Risikobewertung für Bienen den Schluss, dass weitere Risiken für Bienen ohne Festlegung weiterer Beschränkungen nicht ausgeschlossen werden können. Im Hinblick auf die notwendige Gewährleistung eines Sicherheits- und Schutzniveaus, das mit dem hohen Niveau des Schutzes der Tiergesundheit übereinstimmt, das innerhalb der Union erreicht werden soll, sollten alle Anwendungen im Freien verboten werden. Die Anwendung von Thiamethoxam sollte daher auf dauerhaft errichtete Gewächshäuser beschränkt werden, und die entstehende Kultur sollte während des gesamten Wachstumszyklus in einem dauerhaft errichteten Gewächshaus bleiben müssen und nicht im Freien ausgepflanzt werden dürfen.

(12)

Der Anhang der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 540/2011 sollte daher entsprechend geändert werden.

(13)

Unter Berücksichtigung der Risiken für Bienen im Zusammenhang mit behandeltem Saatgut sollten das Inverkehrbringen und die Verwendung von Saatgut, das mit Thiamethoxam enthaltenden Pflanzenschutzmitteln behandelt wurde, denselben Beschränkungen unterliegen wie die Anwendung von Thiamethoxam. Saatgut, das mit Thiamethoxam enthaltenden Pflanzenschutzmitteln behandelt wurde, sollte daher nur in Verkehr gebracht oder verwendet werden, wenn es ausschließlich zur Ausbringung in dauerhaft errichteten Gewächshäusern bestimmt ist und die daraus entstandene Pflanzenkultur während des gesamten Wachstumszyklus in einem dauerhaft errichteten Gewächshaus bleibt.

(14)

Den Mitgliedstaaten sollte ausreichend Zeit für eine Änderung oder den Widerruf der Zulassungen für thiamethoxamhaltige Pflanzenschutzmittel eingeräumt werden.

(15)

Räumt ein Mitgliedstaat gemäß Artikel 46 der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 eine Aufbrauchfrist für thiamethoxamhaltige Pflanzenschutzmittel ein, so sollte diese Frist spätestens am 19. Dezember 2018 enden.

(16)

Das Verbot des Inverkehrbringens und der Verwendung von behandeltem Saatgut sollte erst ab dem 19. Dezember 2018 gelten, um eine ausreichende Übergangsfrist zu gewährleisten.

(17)

Die in dieser Verordnung vorgesehenen Maßnahmen entsprechen der Stellungnahme des Ständigen Ausschusses für Pflanzen, Tiere, Lebensmittel und Futtermittel —

HAT FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

Artikel 1

Änderung der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 540/2011

Teil A des Anhangs der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 540/2011 wird gemäß dem Anhang der vorliegenden Verordnung geändert.

Artikel 2

Verbot des Inverkehrbringens und der Verwendung von behandeltem Saatgut

Saatgut, das mit Thiamethoxam enthaltenden Pflanzenschutzmitteln behandelt wurde, darf nur in Verkehr gebracht oder verwendet werden, wenn

a)

das Saatgut ausschließlich zur Ausbringung in dauerhaft errichteten Gewächshäusern bestimmt ist und

b)

die daraus entstandene Pflanzenkultur während des gesamten Wachstumszyklus in einem dauerhaft errichteten Gewächshaus bleibt.

Artikel 3

Übergangsmaßnahmen

Gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 ändern oder widerrufen die Mitgliedstaaten, falls erforderlich, geltende Zulassungen für Pflanzenschutzmittel, die Thiamethoxam als Wirkstoff enthalten, bis spätestens 19. September 2018.

Artikel 4

Aufbrauchfrist

Etwaige Aufbrauchfristen, die die Mitgliedstaaten gemäß Artikel 46 der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 einräumen, müssen so kurz wie möglich sein und enden spätestens am 19. Dezember 2018.

Artikel 5

Änderung der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 485/2013

Artikel 2 der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 485/2013 wird im Hinblick auf Saatgut, das mit Thiamethoxam enthaltenden Pflanzenschutzmitteln behandelt wurde, gestrichen.

Artikel 6

Inkrafttreten

Diese Verordnung tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Artikel 2 und Artikel 5 gelten ab dem 19. Dezember 2018.

Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat.

Brüssel, den 29. Mai 2018

Für die Kommission

Der Präsident

Jean-Claude JUNCKER


(1)  ABl. L 309 vom 24.11.2009, S. 1.

(2)  Richtlinie 2007/6/EG der Kommission vom 14. Februar 2007 zur Änderung der Richtlinie 91/414/EWG des Rates zwecks Aufnahme der Wirkstoffe Metrafenon, Bacillus subtilis, Spinosad und Thiamethoxam (ABl. L 43 vom 15.2.2007, S. 13).

(3)  Richtlinie 91/414/EWG des Rates vom 15. Juli 1991 über das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln (ABl. L 230 vom 19.8.1991, S. 1).

(4)  Durchführungsverordnung (EU) Nr. 540/2011 der Kommission vom 25. Mai 2011 zur Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates hinsichtlich der Liste zugelassener Wirkstoffe (ABl. L 153 vom 11.6.2011, S. 1).

(5)  Durchführungsverordnung (EU) Nr. 485/2013 der Kommission vom 24. Mai 2013 zur Änderung der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 540/2011 hinsichtlich der Bedingungen für die Genehmigung der Wirkstoffe Clothianidin, Thiamethoxam und Imidacloprid sowie des Verbots der Anwendung und des Verkaufs von Saatgut, das mit diese Wirkstoffe enthaltenden Pflanzenschutzmitteln behandelt wurde (ABl. L 139 vom 25.5.2013, S. 12).

(6)  EFSA (Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit), 2016. Technical report on the outcome of the consultation with Member States, the applicant and EFSA on the pesticide risk assessment for thiamethoxam in light of confirmatory data. EFSA supporting publication 2016:EN-1020. 27 S.

(7)  EFSA (Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit), 2015. Technical report on the open call for new scientific information as regards the risk to bees from the use of the three neonicotinoid pesticide active substances clothianidin, imidacloprid and thiamethoxam applied as seed treatments and granules in the EU. EFSA supporting publication 2015:EN-903. 8 S.

(8)  EFSA (Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit), 2018. Conclusions on the peer review of the pesticide risk assessment for bees for the active substance thiamethoxam considering the uses as seed treatments and granules. EFSA Journal 2018;16(2):5179, 59 S.


ANHANG

Im Anhang Teil A der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 540/2011, Zeile 140 (Thiamethoxam), erhält der Text der Spalte „Sonderbestimmungen“ folgende Fassung:

„TEIL A

Nur Anwendungen als Insektizid in dauerhaft errichteten Gewächshäusern oder zur Behandlung von Saatgut, das ausschließlich zur Ausbringung in dauerhaft errichteten Gewächshäusern bestimmt ist, dürfen zugelassen werden. Die daraus entstandene Pflanzenkultur muss während des gesamten Wachstumszyklus in einem dauerhaft errichteten Gewächshaus bleiben.

TEIL B

Bei der Anwendung der einheitlichen Grundsätze gemäß Artikel 29 Absatz 6 der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 sind die Schlussfolgerungen des am 14. Juli 2006 vom Ständigen Ausschuss für die Lebensmittelkette und Tiergesundheit abgeschlossenen Beurteilungsberichts über Thiamethoxam und insbesondere dessen Anlagen I und II sowie die Schlussfolgerungen des am 27. April 2018 vom Ständigen Ausschuss für Pflanzen, Tiere, Lebensmittel und Futtermittel abgeschlossenen überarbeiteten Nachtrags zum Beurteilungsbericht über Thiamethoxam zu berücksichtigen.

Bei dieser Gesamtbewertung müssen die Mitgliedstaaten insbesondere auf Folgendes achten:

das Risiko für das Grundwasser;

das Risiko für Wasserorganismen;

das Risiko für zur Bestäubung in dauerhaft errichteten Gewächshäusern eingesetzte Bienen und Hummeln;

die Exposition von Bienen durch die Aufnahme von kontaminiertem Wasser aus dauerhaft errichteten Gewächshäusern.

Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass das Beizen von Saatgut nur in professionellen Saatgutbehandlungseinrichtungen vorgenommen wird. Diese Einrichtungen müssen die beste zur Verfügung stehende Technik anwenden, damit gewährleistet ist, dass die Freisetzung von Staub beim Beizen des Saatguts, bei der Lagerung und bei der Beförderung auf ein Mindestmaß reduziert werden kann.

Die Anwendungsbedingungen müssen gegebenenfalls Maßnahmen zur Risikobegrenzung umfassen.“


BESCHLÜSSE

30.5.2018   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 132/45


BESCHLUSS (EU) 2018/786 DES RATES

vom 22. Mai 2018

über den im Gemeinsamen EWR-Ausschuss zu vertretenden Standpunkt der Europäischen Union zur Änderung des Protokolls 31 zum EWR-Abkommen über die Zusammenarbeit in bestimmten Bereichen außerhalb der vier Freiheiten (Haushaltslinie 04 03 01 03: „Freizügigkeit der Arbeitnehmer, Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit und Maßnahmen für Migranten, einschließlich Migranten aus Drittländern“)

(Text von Bedeutung für den EWR)

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf die Artikel 46 und 48 in Verbindung mit Artikel 218 Absatz 9,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 2894/94 des Rates vom 28. November 1994 mit Durchführungsvorschriften zum Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum (1), insbesondere auf Artikel 1 Absatz 3,

auf Vorschlag der Europäischen Kommission,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum (2) (im Folgenden „EWR-Abkommen“) trat am 1. Januar 1994 in Kraft.

(2)

Gemäß Artikel 98 des EWR-Abkommens kann der Gemeinsame EWR-Ausschuss unter anderem eine Änderung des Protokolls 31 zum EWR-Abkommen beschließen.

(3)

Protokoll 31 zum EWR-Abkommen enthält spezifische Bestimmungen über die Zusammenarbeit in bestimmten Bereichen außerhalb der vier Freiheiten.

(4)

Es ist angezeigt, die Zusammenarbeit der Vertragsparteien des EWR-Abkommens bei Unionsmaßnahmen in den Bereichen Freizügigkeit der Arbeitnehmer, Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit und Maßnahmen für Migranten, einschließlich Migranten aus Drittländern, die aus dem Gesamthaushalt der Union finanziert werden, fortzusetzen.

(5)

Protokoll 31 zum EWR-Abkommen sollte daher geändert werden, damit diese erweiterte Zusammenarbeit nach dem 31. Dezember 2017 fortgesetzt werden kann.

(6)

Der Standpunkt der Union im Gemeinsamen EWR-Ausschuss sollte daher auf dem beigefügten Beschlussentwurf beruhen —

HAT FOLGENDEN BESCHLUSS ERLASSEN:

Artikel 1

Der Standpunkt, der im Namen der Union im Gemeinsamen EWR-Ausschuss zur vorgeschlagenen Änderung des Protokolls 31 zum EWR-Abkommen über die Zusammenarbeit in bestimmten Bereichen außerhalb der vier Freiheiten zu vertreten ist, beruht auf dem Entwurf eines Beschlusses des Gemeinsamen EWR-Ausschusses, der dem vorliegenden Beschluss beigefügt ist.

Artikel 2

Dieser Beschluss tritt am Tag seiner Annahme in Kraft.

Geschehen zu Brüssel am 22. Mai 2018.

Im Namen des Rates

Der Präsident

E. KARANIKOLOV


(1)  ABl. L 305 vom 30.11.1994, S. 6.

(2)  ABl. L 1 vom 3.1.1994, S. 3.


ENTWURF

BESCHLUSS DES GEMEINSAMEN EWR-AUSSCHUSSES Nr. …/2018

vom …

zur Änderung des Protokolls 31 zum EWR-Abkommen über die Zusammenarbeit in bestimmten Bereichen außerhalb der vier Freiheiten

DER GEMEINSAME EWR-AUSSCHUSS —

gestützt auf das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum (im Folgenden „EWR-Abkommen“), insbesondere auf die Artikel 86 und 98,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Es ist angezeigt, die Zusammenarbeit der Vertragsparteien des EWR-Abkommens bei Unionsmaßnahmen in den Bereichen Freizügigkeit der Arbeitnehmer, Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit und Maßnahmen für Migranten, einschließlich Migranten aus Drittländern, die aus dem Gesamthaushalt der Union finanziert werden, fortzusetzen.

(2)

Das Protokoll 31 zum EWR-Abkommen sollte daher geändert werden, um diese erweiterte Zusammenarbeit ab dem 1. Januar 2018 zu ermöglichen —

HAT FOLGENDEN BESCHLUSS ERLASSEN:

Artikel 1

In Artikel 5 Absätze 5 und 13 des Protokolls 31 zum EWR-Abkommen werden die Worte „und 2017“ durch die Worte „, 2017 und 2018“ ersetzt.

Artikel 2

Dieser Beschluss tritt am Tag nach Eingang der letzten Mitteilung gemäß Artikel 103 Absatz 1 des EWR-Abkommens in Kraft (*1).

Er gilt ab dem 1. Januar 2018.

Artikel 3

Dieser Beschluss wird im EWR-Abschnitt und in der EWR-Beilage des Amtsblattes der Europäischen Union veröffentlicht.

Geschehen zu Brüssel am

Für den Gemeinsamen EWR-Ausschuss

Der Präsident

Die Sekretäre des Gemeinsamen EWR-Ausschusses


(*1)  [Ein Bestehen verfassungsrechtlicher Anforderungen wurde nicht mitgeteilt.] [Das Bestehen verfassungsrechtlicher Anforderungen wurde mitgeteilt.]


Berichtigungen

30.5.2018   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 132/48


Berichtigung der Verordnung (EU) Nr. 1178/2011 der Kommission vom 3. November 2011 zur Festlegung technischer Vorschriften und von Verwaltungsverfahren in Bezug auf das fliegende Personal in der Zivilluftfahrt gemäß der Verordnung (EG) Nr. 216/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates

( Amtsblatt der Europäischen Union L 311 vom 25. November 2011 )

Seite 177 in Anhang IV Abschnitt A Unterabschnitt 2 Punkt MED.A.045 Buchstabe a Absatz 2 Ziffer i:

Anstatt:

„auf Luftfahrzeugen mit einem Piloten im gewerblichen Luftverkehr tätig ist und das 40. Lebensjahr vollendet hat;“

muss es heißen:

„auf Luftfahrzeugen mit einem Piloten im gewerblichen Luftverkehr zur Beförderung von Fluggästen tätig ist und das 40. Lebensjahr vollendet hat;“.