ISSN 1977-0642 |
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Amtsblatt der Europäischen Union |
L 317 |
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Ausgabe in deutscher Sprache |
Rechtsvorschriften |
60. Jahrgang |
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(1) Text von Bedeutung für den EWR. |
DE |
Bei Rechtsakten, deren Titel in magerer Schrift gedruckt sind, handelt es sich um Rechtsakte der laufenden Verwaltung im Bereich der Agrarpolitik, die normalerweise nur eine begrenzte Geltungsdauer haben. Rechtsakte, deren Titel in fetter Schrift gedruckt sind und denen ein Sternchen vorangestellt ist, sind sonstige Rechtsakte. |
II Rechtsakte ohne Gesetzescharakter
BESCHLÜSSE
1.12.2017 |
DE |
Amtsblatt der Europäischen Union |
L 317/1 |
BESCHLUSS (EU) 2017/2111 DER KOMMISSION
vom 5. Juli 2016
über die von Italien durchgeführte Gründung und Kapitalausstattung der Airport Handling S.p.A. SA.21420 (2014/C) (ex 2014/NN)
(Bekannt gegeben unter Aktenzeichen C(2016) 4103)
(Nur der italienische Text ist verbindlich)
(Text von Bedeutung für den EWR)
DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION —
gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 108 Absatz 2 Unterabsatz 1,
gestützt auf das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum, insbesondere auf Artikel 62 Absatz 1 Buchstabe a,
nach Aufforderung der Beteiligten zur Äußerung gemäß den genannten Bestimmungen (1) und unter Berücksichtigung ihrer Stellungnahmen,
in Erwägung nachstehender Gründe:
1. VERFAHREN
(1) |
Am 23. Juni 2010 unterrichtete die Kommission Italien über ihren Beschluss zur Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens nach Artikel 108 Absatz 2 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (im Folgenden „AEUV“) in Bezug auf die zwischen 2002 und 2010 von der SEA S.p.A. (Società Esercizi Aeroportuali, im Folgenden „SEA“), dem in staatlichem Eigentum stehenden Betreiber der Mailänder Flughäfen Malpensa und Linate, vorgenommenen Kapitalzuführungen zugunsten ihrer Tochtergesellschaft SEA Handling S.p.A. (im Folgenden „SEAH“), der an diesen Flughäfen tätigen Bodenabfertigungsgesellschaft. |
(2) |
In diesem Zeitraum hatte die SEA nahezu vollständig im Eigentum öffentlicher Stellen gestanden (nämlich der Stadt Mailand (84,56 %) und der Provinz Mailand (14,56 %) sowie verschiedener Kleinaktionäre (0,88 %)). Im Dezember 2011 wurden 29,75 % des Gesellschaftskapitals der SEA an den privaten Fonds F2i (Fondi italiani per le infrastrutture) veräußert. Ende 2012 erhöhte F2i seine Beteiligung an der SEA auf 44,31 %. Als das förmliche Prüfverfahren mit diesem Beschluss abgeschlossen wurde, bestanden bei der SEA die folgenden Beteiligungsverhältnisse: 54,81 % Stadt Mailand, 44,31 % F2i und 0,88 % in Streubesitz. |
(3) |
Am 19. Dezember 2012 erließ die Kommission den Beschluss C(2012) 9448, berichtigt durch den Beschluss C(2013) 1668 vom 22. März 2013 (im Folgenden „Rückforderungsbeschluss“), in Bezug auf die Beihilfe, die die SEA ihrer Tochtergesellschaft SEAH in den Jahren 2002-2010 gewährt hatte. Die Kommission gelangte darin zu dem Schluss, dass alle Kapitalzuführungen der SEA zugunsten ihrer Tochter als rechtswidrige staatliche Beihilfen zu betrachten sind. Außerdem stellte die Kommission fest, dass die SEAH als Unternehmen in Schwierigkeiten angesehen werden kann; diese Kapitalzuführungen könnten aber nicht nach den Leitlinien für staatliche Beihilfen zur Rettung und Umstrukturierung nichtfinanzieller Unternehmen in Schwierigkeiten (2) als mit dem Binnenmarkt vereinbar betrachtet werden. |
(4) |
Daher wurde Italien angewiesen, unverzüglich alle erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um die mit dem Binnenmarkt unvereinbare staatliche Beihilfe in Höhe von rund 359,644 Mio. EUR zuzüglich Zinsen nach geltendem nationalem Recht von der SEAH zurückzufordern. |
(5) |
Am 4. März 2013, am 15. März 2013 bzw. am 18. März 2013 erhoben Italien, die SEAH und die Stadt Mailand vor dem Gericht Nichtigkeitsklagen gegen den Rückforderungsbeschluss (Rechtssachen T-125/13, T-152/13 und T-167/13). Die Rechtssachen T-125/13, T-152/13 und T-167/13 sind noch anhängig. |
(6) |
Am 18. März 2013 bzw. am 21. März 2013 beantragten die SEAH und die Stadt Mailand die Aussetzung des Rückforderungsbeschlusses (Rechtssachen T-152/13 R und T-167/13 R). Am 21. Mai 2013 ordnete das Verwaltungsgericht der Region Lombardei (Tribunale amministrativo regionale della Lombardia, im Folgenden „TAR Lombardia“) die Aussetzung des Rückforderungsbeschlusses an. Am 25. September 2013 hob das oberste Verwaltungsgericht Italiens (Consiglio di Stato („Staatsrat“), im Folgenden „CdS“) den Beschluss des TAR Lombardia auf. Der Antrag auf Aussetzung vor dem Gericht wurde im Juni 2013 zurückgezogen (3). |
(7) |
Am 27. November 2013 konsultierte Italien die Kommission im Wege eines informellen Voranmeldungsverfahrens zu folgenden Vorhaben: erstens dem Plan der SEA zur Liquidation der SEAH und zweitens der Absicht der SEA, eine neue Tochter zur Erbringung von Bodenabfertigungsdiensten an den Mailänder Flughäfen mit dem Namen „Airport Handling S.p.A.“ (im Folgenden „Airport Handling“) zu gründen und dieser Gesellschaft Kapital zuzuführen. In diesem Voranmeldungsverfahren ersuchte Italien die Kommission darum, zu bestätigen,
|
(8) |
Mit Schreiben vom 9. Juli 2014 unterrichtete die Kommission Italien über ihren Beschluss, wegen der Gründung von Airport Handling durch die SEA das Verfahren nach Artikel 108 Absatz 2 AEUV einzuleiten (im Folgenden „Einleitungsbeschluss von 2014“). Mit diesem Verfahren forderte die Kommission Italien auf, innerhalb eines Monats nach Eingang dieses Schreibens sämtliche Informationen zu übermitteln, die für die Beurteilung der Frage des Übergangs der Rückforderungsverpflichtung der SEAH auf Airport Handling und für die Bewertung der potenziellen, mit der Kapitalzuführung der SEA zugunsten von Airport Handling inhärent verbundenen Beihilfe von Bedeutung sein könnten. |
(9) |
Am 19. September 2014 erhoben Italien, die SEA und Airport Handling vor dem Gericht Nichtigkeitsklagen gegen den Einleitungsbeschluss von 2014 (Rechtssachen T-673/14, T-674/14 und T-688/14). Das Gericht (Vierte Kammer) wies die Klage mit dem Beschluss vom 8. Dezember 2015 ab (Rechtssache T-673/14); die Klagen in den Rechtssachen T-674/14 und T-688/14 wurden am 14. bzw. am 15. Juli 2015 zurückgezogen. |
(10) |
Am 23. und am 25. September 2014 beantragten die SEA und Airport Handling vorläufige Maßnahmen zur Aussetzung der Durchführung des Einleitungsbeschlusses der Kommission von 2014 (Rechtssachen T-674/14 R und T-688/14 R). Am 29. September 2014 ordnete der Präsident des Gerichts die Aussetzung der Veröffentlichung des Einleitungsbeschlusses von 2014 im Amtsblatt der Europäischen Union an. Am 28. November 2014 wies der Präsident des Gerichts die Anträge der SEA und von Airport Handling auf vorläufige Maßnahmen ab und widerrief die vorläufige Maßnahme, mit der er die Kommission angewiesen hatte, den Einleitungsbeschluss von 2014 nicht zu veröffentlichen (4). |
(11) |
Am 6. Februar 2015 wurde der Einleitungsbeschluss von 2014 im Amtsblatt der Europäischen Union (5) veröffentlicht; mit diesem Beschluss forderte die Kommission Beteiligte zur Stellungnahme zu den zu prüfenden Maßnahmen auf. |
(12) |
Italien nahm mit Schreiben vom 9. September 2014 zum Einleitungsbeschluss von 2014 Stellung. |
(13) |
Bei der Kommission gingen Stellungnahmen von vier Beteiligten ein. Sie leitete diese Stellungnahmen an Italien weiter und gab Italien Gelegenheit, sich dazu zu äußern. Italien äußerte sich mit Schreiben vom 26. Mai 2015 zu den genannten Stellungnahmen. |
(14) |
Mit Schreiben vom 20. Mai 2015 ersuchte die Kommission Italien um weitere Auskünfte. Italien antwortete mit Schreiben vom 19. und 22. Juni 2015 und vom 2. Juli 2015. |
(15) |
Zusammenkünfte der Kommissionsdienststellen mit den Vertretern Italiens und des Milan Airport Handling Trust erfolgten am 30. Januar 2015, 7. Mai 2015 und 15. September 2015. Nach diesen Zusammenkünften übermittelte der Trust der Kommission Vorbringen am 6. Februar 2015, 8. Juni 2015, 13. August 2015 und 23. September 2015, im Wesentlichen mit dem Ziel, die Kommission über den Stand des Verfahrens zur Veräußerung einer Minderheitsbeteiligung an Airport Handling zu unterrichten. Art und Aufgabe des Trusts werden in Abschnitt 2.3 erläutert. |
(16) |
Mit Schreiben vom 23. Oktober 2015 ersuchte die Kommission Italien um weitere Auskünfte. Italien antwortete mit Schreiben vom 10. November 2015. |
(17) |
Am 25. November 2015 fand eine Zusammenkunft der Kommissionsdienststellen mit Italien, dem Milan Airport Handling Trust und dem Unternehmen D’Nata statt, das die Übernahme einer Beteiligung am Gesellschaftskapital von Airport Handling vorbereitete. |
(18) |
Mit Schreiben vom 16. Dezember 2015 unterrichtete Italien die Kommission über Pläne, das Portfolio der wirtschaftlichen Tätigkeiten von Airport Handling teilweise zu ändern. |
(19) |
Mit Schreiben vom 18. Dezember 2015 legte Italien eine Zusammenfassung der wichtigsten Elemente vor, die es im Laufe des Verfahrens übermittelt hatte. Die Kommission antwortete mit Schreiben vom 19. Januar 2016. |
(20) |
Mit Schreiben vom 29. Januar und vom 15. Februar 2016 ließ Italien der Kommission weitere Informationen zum Fortgang der Privatisierung von Airport Handling zukommen. |
2. BESCHREIBUNG DER MAßNAHME
(21) |
Zwei Maßnahmen wurden geprüft: Erstens wurde die Gründung von Airport Handling in Verbindung mit der Liquidation der SEAH untersucht. Die Kommission prüfte, ob durch diese Maßnahme eine wirtschaftliche Kontinuität zwischen den beiden Unternehmen bedingt wurde, durch die die Rückzahlungsverpflichtung der SEAH auf Airport Handling überging. Und zweitens prüfte sie die Bereitstellung von Gesellschaftskapital für Airport Handling durch deren in öffentlichem Eigentum stehende Muttergesellschaft. Die Kommission untersuchte, ob die Maßnahme zu Marktbedingungen durchgeführt wurde. Die Umstände dieser Transaktionen werden im Folgenden erläutert. |
2.1. Vereinbarungen mit Gewerkschaften und neue Arbeitsverträge
(22) |
Im Zeitraum der Durchführung der geprüften Maßnahmen trafen die SEA-Gruppe (SEA und SEAH) bzw. die SEAH und Airport Handling im Zusammenhang mit der von der SEA initiierten freiwilligen Liquidation der SEAH jeweils Vereinbarungen mit den die Mitarbeiter der SEAH vertretenden Gewerkschaften. Das Gesamtziel dieser Vereinbarungen bestand darin, die Arbeitsplätze sämtlicher Beschäftigten der SEAH zu schützen und die Aufrechterhaltung eines nachhaltigen Abfertigungsbetriebs durch die SEA-Gruppe sicherzustellen. Im Einzelnen wurden folgende Vereinbarungen geschlossen: |
(23) |
Nachdem die SEA nach dem Rückforderungsbeschluss die Liquidation der SEAH beschlossen hatte, traf die SEA-Gruppe am 4. November 2013 eine Vereinbarung mit Gewerkschaften, um der Tatsache Rechnung zu tragen, dass ein Teil der Belegschaft der SEAH nicht mehr benötigt wurde. Die Vereinbarung enthielt einen Anreizplan für ein freiwilliges Ausscheiden der gesamten Belegschaft der SEAH; nach dem Plan sollten Massenentlassungen vorgenommen und ein Teil der Belegschaft der SEAH von einer neu zu gründenden 100 %igen Tochter der SEA wieder eingestellt werden. |
(24) |
Die Vereinbarung beinhaltete ferner einen Schlichtungsentwurf sowie die Feststellung, dass eine Durchführungsvereinbarung erforderlich sei, um neue Vertragsbedingungen und eine neue Beschäftigungsstruktur für die Mitarbeiter von Airport Handling festzulegen, weil die von der Kommission geforderte Diskontinuität die Begründung neuer Beschäftigungsverhältnisse voraussetze. Nach der Vereinbarung sollte der Abschluss einer solchen Durchführungsvereinbarung erst nach Beendigung der Verhandlungen zwischen Airport Handling und den an den Flughäfen Linate und Malpensa tätigen Fluggesellschaften im Rahmen eines freien Wettbewerbs (6) möglich sein. Die Durchführungsvereinbarung sollte auf den folgenden Grundsätzen beruhen:
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(25) |
Am 22. April 2014 leitete die SEAH das Mobilitätsprogramm für entlassene Arbeitnehmer (Collocamento in mobilità) ein; dieses Sozialschutzprogramm hatte der italienische Staat in erster Linie zur Unterstützung der entlassenen Mitarbeiter von Unternehmen in Schwierigkeiten während ihrer Arbeitslosigkeit eingeführt (7). Damals hatte die SEAH 2214 Mitarbeiter; der Umfang der Beschäftigung dieser Mitarbeiter entsprach 1980 Vollzeitäquivalenten. |
(26) |
Am 31. Mai 2015 hatte Airport Handling […] (*1) Mitarbeiter (entsprechend […] (*1) Vollzeitäquivalenten — im Folgenden „VZÄ“), davon waren […] (*1) Mitarbeiter (entsprechend […] (*1) VZÄ) früher bei der SEAH beschäftigt. |
(27) |
Am 4. Juni 2014 unterzeichneten die SEAH und die Gewerkschaften die Durchführungsvereinbarung zur Umsetzung der Vorschriften des in Erwägungsgrund 24 beschriebenen Schlichtungsentwurfs. |
(28) |
Mit der Vereinbarung hatte die SEA ihre Zustimmung dazu erklärt, dass erstens Airport Handling Mitarbeiter der SEAH in dem Umfang einstellen werde, in dem diese Mitarbeiter benötigt und die Beschäftigungsprofile von Airport Handling erfüllen würden, und dass zweitens Verhandlungen mit den Gewerkschaften über die Kriterien zur Personalauswahl aufgenommen würden. Außerdem wird in der Vereinbarung betont, dass alle neuen Arbeitsverträge mit Airport Handling sich in jedem Fall formell und materiell von den Arbeitsverträgen mit der SEAH unterscheiden sollten. |
(29) |
In dieser Vereinbarung erklärte die SEAH sich bereit, einen finanziellen Anreizplan für Arbeitnehmer einzurichten, die sich bis zum 30. Juni 2014 verpflichten würden, nicht gegen die Entlassungen vorzugehen. |
(30) |
Ebenfalls am 4. Juni 2014 traf Airport Handling eine Vereinbarung mit den Gewerkschaften. In dieser Vereinbarung wurde die Anzahl der Arbeitskräfte mit unbefristeten Arbeitsverträgen festgelegt, die Airport Handling zum 1. Juli 2014 benötigen würde. Außerdem verpflichtete sich Airport Handling, frühere Arbeitnehmer der SEAH vorrangig einzustellen. |
(31) |
In dieser Vereinbarung wurde der voraussichtliche Arbeitskräftebedarf von Airport Handling in VZÄ angegeben. In der Vereinbarung wurde betont, dass die in der Vereinbarung genannte Gesamtzahl und/oder dort angegebene Variablen sich noch ändern könnten. Der Arbeitskräftebedarf wurde wie folgt angesetzt: […] (*1) VZÄ ständiges Personal für operative Tätigkeiten, […] (*1) VZÄ Verwaltungspersonal und […] (*1) VZÄ Personal mit befristeten Verträgen für saisonbezogene Tätigkeiten. Um diesen Bedarf zu decken, sollte Airport Handling nach der Vereinbarung vorrangig auf damalige Mitarbeiter der SEAH zugehen. Außerdem waren in der Vereinbarung das Einstellungsverfahren, die rechtlichen und finanziellen Bedingungen der Arbeitsverträge, der Sozialschutz und die Arbeitsorganisation geregelt. Nach der Vereinbarung sollten frühere Mitarbeiter der SEAH mit neuen Arbeitsverträgen zu deutlich anderen wirtschaftlichen Bedingungen eingestellt werden. |
(32) |
Die Arbeitsregelungen nach dieser Vereinbarung unterscheiden sich von den Arbeitsregelungen, die die SEAH für ihre Mitarbeiter zugrunde legte. Dies gilt insbesondere für die folgenden Punkte:
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(33) |
Dies hatte nach Auskunft Italiens die nachstehenden Folgen:
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(34) |
Am 9. Juni 2014 genehmigte die außerordentliche Aktionärsversammlung der SEAH die Abwicklung des Unternehmens und die Eröffnung der freiwilligen Liquidation; die Liquidation sollte am 1. Juli 2014 wirksam werden (8). |
(35) |
Ein Insolvenzverwalter wurde benannt und mit der Veräußerung der Vermögenswerte des Unternehmens sowie mit der Befriedigung von Gläubigern und mit der Erstellung der endgültigen Liquidationsbilanz und dem entsprechenden Bericht beauftragt. |
(36) |
Die Gewerkschaften hatten das Inkrafttreten der Vereinbarungen vom 4. Juni 2014 an ein positives Ergebnis einer Abstimmung der Beschäftigten der SEAH geknüpft. Diese Abstimmung wurde zwischen dem 11. und dem 13. Juni 2014 durchgeführt. In der Abstimmung wurde die Vereinbarung vom 4. Juni 2014 abgelehnt. |
(37) |
Daher beschloss die Aktionärsvereinbarung der SEAH am 1. Juli 2014 die Verlängerung der Frist für die Einstellung der Geschäftstätigkeit der SEAH bis zum 31. August 2014 sowie die Beauftragung des Insolvenzverwalters (der diese Funktion am 1. Juli 2014 übernommen hatte) mit der kommissarischen Leitung des Unternehmens bis zu diesem Zeitpunkt und nach Ablauf dieser Frist mit der Fortsetzung der Veräußerung der Vermögenswerte der SEAH und der Beendigung ihrer Geschäftstätigkeit. |
(38) |
Angesichts des negativen Ausgangs der Abstimmung vom 14. Juni 2014 schlugen die Gewerkschaften am 4. Juli 2014 bestimmte Klarstellungen zu einzelnen Punkten der Vereinbarung vom 4. Juni 2014 vor, beispielsweise, dass zusätzliche Arbeitstage gleichmäßig über das Jahr verteilt werden müssten, dass der Hinweis auf den tatsächlichen Umfang der Arbeitszeit bedeuten sollte, dass mindestens 7,5 Stunden täglich an 5 Tagen pro Woche gearbeitet werde, und dass die Arbeitnehmer bei der Gestaltung ihrer Tätigkeit an bestimmten Feiertagen, die nach der neuen Vereinbarung nicht mehr abgegolten werden sollten, zwei Optionen angeboten werden sollten. Am 7. Juli 2014 nahm Airport Handling diese Vorschläge an. Am 15. Juli 2014 unterzeichnete Airport Handling eine Zusatzvereinbarung, in der die Gültigkeit der Vereinbarung vom 4. Juni 2014 bestätigt wurde und in die die von den Gewerkschaften geforderten Klarstellungen aufgenommen wurden. Diese neue Vereinbarung beinhaltete jedoch keine wesentlichen Änderungen gegenüber der zuvor abgelehnten Vereinbarung vom 4. Juni 2014. |
(39) |
Im August 2014 entließ die SEAH ihre gesamte Belegschaft. Gleichzeitig begann Airport Handling mit der Einstellung früherer Mitarbeiter der SEAH, die das Unternehmen als erheblich für seine Geschäftstätigkeit betrachtete. Außerdem beauftragte Airport Handling den Dienstleister Adecco mit der Vermittlung von Zeitarbeitskräften. |
(40) |
Die SEAH stellte ihre Geschäftstätigkeit zum 1. September 2014 ein. An diesem Tag nahm Airport Handling seine Tätigkeit an den Mailänder Flughäfen auf. Am 1. September 2014 hatte Airport Handling […] (*1) Mitarbeiter ([…] (*1) VZÄ); damit waren […] (*1) % der Arbeitnehmer eingestellt worden, die am 22. April 2014, dem Tag der Einleitung der förmlichen Massenentlassung, bei der SEAH beschäftigt waren. Außerdem waren bei Airport Handling […] (*1) Zeitarbeitskräfte ([…] (*1) VZÄ) […] tätig. |
2.2. Vertrag mit den Fluggesellschaften
(41) |
Mit Schreiben vom 22. April 2014 unterrichtete die SEAH Fluggesellschaften, Lieferanten und andere Betroffene darüber, dass sie ihren Geschäftsbetrieb zum 1. Juli 2014 einstellen werde und daher ab diesem Zeitpunkt keine Bodenabfertigungsdienste an den Mailänder Flughäfen mehr erbringen werde. |
(42) |
Nach der genannten Mitteilung beschlossen zehn Fluggesellschaften, andere Anbieter als die SEAH und Airport Handling mit der Erbringung von Bodenabfertigungsdiensten an den Mailänder Flughäfen zu beauftragen. |
(43) |
Von 19 an den Mailänder Flughäfen tätigen Fluggesellschaften wurde Airport Handling im Wege offener Ausschreibungen als Bodenabfertigungsgesellschaft ausgewählt. Andere Fluggesellschaften entschieden sich nach einem wettbewerblichen Dialog für Airport Handling. Nach Auskunft von Italien wird der Dienstleister gewöhnlich aufgrund bestimmter Faktoren wie Preis, finanzielle Solidität, Verfügbarkeit einer leistungsfähigen Ausrüstung, Bestehen eines Netzwerks, Referenzen, Erfahrung und Kompetenzen ausgewählt. |
2.3. Gründung von Airport Handling und Übertragung der Beteiligung der SEA auf den Milan Airport Handling Trust; Kapitalausstattung von Airport Handling
(44) |
Airport Handling wurde am 9. September 2013 als Gesellschaft mit beschränkter Haftung [S.r.l.] mit einem Gesellschaftskapital von 10 000 EUR gegründet. |
(45) |
Am 10. März 2014 beschloss der Verwaltungsrat (consiglio di amministrazione) der SEA eine Aufstockung des Gesellschaftskapitals von Airport Handling um bis zu 2,5 Mio. EUR, damit Airport Handling die Voraussetzungen der staatlichen italienische Behörde für Zivilluftfahrt (ENAC = Ente Nazionale Aviazione Civile) für die Zulassung als Bodenabfertigungsgesellschaft erfüllte. Nach den geltenden nationalen Vorschriften erteilt die ENAC Lizenzen für Bodenabfertigungsgesellschaften, die folgende Anforderungen erfüllen (9):
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(46) |
Am 30. Juni 2014 beschloss der Verwaltungsrat der SEA die Einrichtung des Milan Airport Handling Trust (im Folgenden „Trust“) sowie eine Erhöhung des Gesellschaftskapitals von Airport Handling auf bis zu 25 Mio. EUR. |
(47) |
Der Trust wurde am 30. Juni 2014 gegründet; am selben Tag wurde die Treuhandurkunde unterzeichnet. Nach der Gründungsurkunde des Trusts gelten für den Trust die folgenden Bestimmungen: i) Der Trust fungiert bis zur Veräußerung einer Minderheitsbeteiligung an dem Unternehmen als alleiniger Anteilseigner von Airport Handling, und ii) der Trust stellt sicher, dass beim Betrieb von Airport Handling die wirtschaftliche Diskontinuität mit der SEA Handling gewährleistet ist. |
(48) |
Nach der Treuhandurkunde wurde der Trust gezielt für folgende Zwecke eingerichtet:
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(49) |
Um diese Ziele zu erreichen, nimmt der Trust nach Maßgabe der Treuhandurkunde die folgenden Befugnisse wahr:
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(50) |
Nach der Treuhandurkunde vergewissert sich der Treuhänder insbesondere, dass nach der Gründung von Airport Handling keine rechtlichen Vereinbarungen getroffen wurden, die eine in der Treuhandurkunde nicht vorgesehene Übertragung von Vermögenswerten, beweglichem und unbeweglichem Vermögen, Verträgen mit Fluggesellschaften und/oder Abfertigungsdiensten, Rechten des geistigen Eigentums oder einseitigen Verpflichtungen mit wirtschaftlicher Wirkung (d. h. dinglich oder persönlich gesicherte Garantien) durch die SEAH auf Airport Handling zur Folge hatten. |
(51) |
Nach der Treuhandurkunde unterlag insoweit Folgendes nicht den Befugnissen des Treuhänders:
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(52) |
Außerdem muss der Treuhänder nach der Treuhandurkunde Folgendes sicherstellen:
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(53) |
Nach der Treuhandurkunde ist es allerdings nicht Aufgabe des Treuhänders, zu prüfen oder zu beurteilen, ob
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(54) |
Hinsichtlich einer Beteiligung dritter Kapitalgeber an Airport Handling sieht die Treuhandurkunde vor, dass die Anfangsphase des Verfahrens zur Öffnung der Kapitalstruktur von Airport Handling für geeignete Anteilseigner (d. h. natürliche oder juristische Personen oder Unternehmen bzw. Stellen, die — soweit in Italien ansässig und mit Ausnahme ausdrücklich genannter Unternehmen — nicht als italienischem Recht unterliegende öffentliche Unternehmen oder Stellen zu betrachten sind) von der SEA verwaltet werden und bis zum 28. Februar 2015 abgeschlossen sein sollte. |
(55) |
Wenn die SEA am 1. März 2015 immer noch zu mehr als […] (*1) % an Airport Handling beteiligt sein sollte, sollte der Treuhänder nach Maßgabe der Treuhandurkunde mit der Suche nach Kapitalgebern beginnen; diese Kapitalgeber sollten Bedingungen erfüllen, die ihnen zuvor von der SEA in einer rechtzeitig dem als Treuhänder beauftragten Rechtsanwalt zu notifizierenden und von der SEA zu prüfenden Urkunde mitgeteilt wurden. In allen sonstigen Fällen sollte der Treuhänder Beteiligungen an Airport Handling nur mit Zustimmung der SEA übertragen können. |
(56) |
Darüber hinaus verpflichtet die Treuhandurkunde die SEA, sich nach der Veräußerung eines Anteils von […] (*1) % ihrer Beteiligung an Airport Handling um private Kapitalgeber zu bemühen, die bereit sind, ihre Beteiligung am Gesellschaftskapital von Airport Handling zu erhöhen; dabei sind soziale Aspekte sowie die der SEA obliegende Verpflichtung zu berücksichtigen, die Aufrechterhaltung der Bodenabfertigungsdienste an den Mailänder Flughäfen zu gewährleisten. |
(57) |
Am 26. August 2014 genehmigte der Verwaltungsrat von Airport Handling eine Zusatzvereinbarung zur Treuhandurkunde. Die Zusatzvereinbarung sah nach Artikel 2346 Absatz 6 des italienischen Zivilgesetzbuchs (10) die Emission von 20 000 der SEA anzubietenden Eigenkapitalinstrumenten (strumenti finanziari partecipativi (SFP) = Vorzugsaktien) mit einem Nennwert von jeweils 1 000 EUR durch Airport Handling vor. Sie wurde am folgenden Tag unterzeichnet. |
(58) |
Am 27. August 2014 beschloss die Aktionärsversammlung von Airport Handling (11) eine Erhöhung des Gesellschaftskapitals von Airport Handling von 1,3 Mio. EUR auf 5 Mio. EUR; dieses Kapital sollte von der SEA gezeichnet und eingezahlt werden. |
(59) |
Am selben Tag übertrug die SEA die gesamte Beteiligung an Airport Handling auf den Trust und benannte eine Treuhandgesellschaft (Crowe Horwath Trustee Services — im Folgenden „Treuhänder“) mit der Leitung von Airport Handling. |
(60) |
Am 27. August 2014 benannte der Treuhänder einen neuen Verwaltungsrat für Airport Handling. SEA […] (*1) leitende Führungskräfte […] (*1), von fünf, […] (*1). Nach Auskunft von Italien üben beide ihre Tätigkeiten im ausschließlichen Interesse von Airport Handling auf der Grundlage eines Abordnungsvertrags der Muttergesellschaft SEA aus. |
(61) |
Ebenfalls am 27. August 2014 beschloss die Aktionärsversammlung von Airport Handling nach der Übertragung der Beteiligung der SEA auf den Trust (12) die Umwandlung von Airport Handling von einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung (S.r.l) in eine Aktiengesellschaft (S.p.A) und die Emission von 20 000 SFP, die der SEA zum Preis von jeweils 1 000 EUR zur Zeichnung angeboten wurden. Die SFP wurden am folgenden Tag von der SEA gezeichnet und eingezahlt; dadurch erhöhte sich das Gesellschaftskapital von Airport Handling auf insgesamt 25 Mio. EUR (5 Mio. EUR Grundkapital zuzüglich 20 Mio. EUR in Form von SFP). |
2.4. Die versuchte Veräußerung von Vermögenswerten der SEAH; der Leasingvertrag mit Airport Handling
(62) |
Am 12. November 2014 veröffentlichte der Insolvenzverwalter einen Aufruf zur Interessenbekundung am Erwerb von Vermögenswerten der SEAH; die Veröffentlichung erfolgte im Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Union: „Italien — Mailand: Verkauf des Ausrüstungsbestands, der unter anderem die folgenden Gegenstände umfasst: Cargoloader, Transporter, Hebezeuge, Gabelstapler, selbstfahrende/geschleppte Förderbänder, selbstfahrende Treppen/geschleppte Treppen/BAE-Treppen, Elektro-/Diesel-/Hybridschlepper, Fässer, Generatoren, Klimageräte, Kompressoren, Gepäck-/Warenkarren –2014/S 218-385934 — Aufruf zur Interessenbekundung“ (13). Für die Zwecke des Aufrufs zur Interessenbekundung wurden die Vermögenswerte in neun Losen zusammengefasst. |
(63) |
Die SEAH beauftragte die Istituto del Marchio di Qualità S.p.A. (im Folgenden „IMQ“) mit einer umfassenden Bewertung der Vermögenswerte der SEAH und einer auf dieser Wertermittlung beruhenden Festlegung der Leasinggebühr für die Bodenabfertigungsausrüstung der SEAH sowie des Preises für die Veräußerung der Vermögenswerte. Die IMQ erstellte zwei Berichte: am 25. Juni 2014 zur Leasinggebühr und am 16. Oktober 2014 zur Aufteilung der Vermögenswerte in zu veräußernde Lose. Der IMQ zufolge ist der geschätzte Umfang der Vermögenswerte als wahrscheinlicher Marktwert zu verstehen, den Vermögenswerte mit ähnlichen Merkmalen im Hinblick auf technische Beschaffenheit, Leistungsfähigkeit, Wartungs- und Erhaltungszustand, Nutzungsdauer und Alter erzielen würden. |
(64) |
Als Frist für die Vorlage von Geboten für die neun zu veräußernden Lose wurde der 26. Januar 2015 festgesetzt. |
(65) |
Als Leasinggebühr für die Bodenabfertigungsausrüstung der SEAH schlug die IMQ einen Betrag von […] (*1) EUR pro Halbjahr ([…] (*1) EUR pro Jahr) vor. |
(66) |
Am 1. September 2014 schlossen die SEAH und Airport Handling einen Leasingvertrag, nach dem Airport Handling die Bodenabfertigungsausrüstung der SEAH gegen Zahlung einer Gebühr von […] (*1) EUR (d. h. zum von der IMQ vorgeschlagenen Betrag) leasen sollte. Der Leasingvertrag sollte am 31. August 2015 auslaufen. |
(67) |
Um die Richtigkeit der von der IMQ durchgeführten Bewertung bestätigen zu lassen, beauftragten Airport Handling und die SEAH am 1. September 2014 die Ernst & Young financial-business Advisors SpA (im Folgenden „E&Y“) mit einer erneuten Ermittlung der Leasinggebühr. In diesem Zusammenhang hatten die SEAH und Airport Handling vertraglich vereinbart, dass die Leasinggebühr rückwirkend angepasst werden sollte, wenn sich in der zweiten Wertermittlung eine Abweichung um mindestens […] (*1) % von dem von der IMQ ermittelten Wert ergeben sollte. |
(68) |
Am 15. Oktober 2014 legte E&Y seinen Bericht vor und setzte die marktübliche Leasinggebühr für die Vermögenswerte der SEAH mit […] (*1) EUR pro Jahr an. Am 25. Oktober 2014 kamen Airport Handling und die SEAH überein, die Analyse von E&Y auszuweiten und beauftragten E&Y mit der Analyse der tatsächlichen Betriebsbedingungen und der physischen Beschaffenheit der Vermögenswerte. (E&Y hatte für die ursprüngliche Bewertung nur eine Stichprobe der Vermögenswerte einer Prüfung auf die physische Beschaffenheit unterzogen.) Die Analyse ergab, dass einige Maschinen und Bestandteile der Ausrüstung angesichts der kurzen Leasingdauer und der hohen Kosten der erforderlichen Reparaturen der in vielen Bestandteilen veralteten Ausrüstung für eine weitere Nutzung nicht geeignet waren. Als der Trust seine Stellungnahme zum Einleitungsbeschluss von 2014 übermittelte, bemühten sich die SEA und Airport Handlung dem Trust zufolge um eine Lösung, um eine Rechtsstreitigkeit zu vermeiden. Daher wurde die Leasinggebühr rückwirkend auf […] (*1) EUR pro Jahr angepasst. |
(69) |
Am 26. November 2014 beschloss der Verwaltungsrat von Airport Handling die Einleitung der öffentlichen Ausschreibung für die Beschaffung einer neuen Ausrüstung auf dem freien Markt. Infolge dieser Ausschreibung ersetzte Airport Handling am 11. Februar 2015 etwa […] (*1) % seiner Ausrüstung durch auf dem freien Markt beschaffte Vermögenswerte im Umfang von etwa […] (*1) EUR. Italien zufolge finanzierte Airport Handling diese Beschaffung ausschließlich aus eigenen Mitteln. |
(70) |
Am 9. Februar 2015 wurde die Ausschreibung zur Veräußerung der Vermögenswerte der SEAH als erfolglos erklärt, da kein Bieter Interesse am Erwerb eines der Lose geäußert hatte. |
(71) |
Am 26. Februar 2015 ging bei der SEAH eine erste Mitteilung von Airport Handling ein, mit der das Unternehmen Interesse am Erwerb von sechs der neun im Ausschreibungsverfahren angebotenen Lose bekundete. Am 3. Juni 2015 erneuerte Airport Handling seine Interessenbekundung. Am 18. September 2015 wurden […] (*1) zu dem im ursprünglichen Ausschreibungsverfahren genannten Preis von […] (*1) EUR an Airport Handling veräußert. |
2.5. Die Veräußerung der Minderheitsbeteiligung an Airport Handling
(72) |
Nach Maßgabe der Treuhandurkunde leitete der Treuhänder das Verfahren für die Veräußerung einer Minderheitsbeteiligung am Gesellschaftskapital von Airport Handling ein. |
(73) |
Dazu benannte der Treuhänder am 27. Januar 2015 die italienische Niederlassung von BNP Paribas als Finanzberater für die Veräußerung von mindestens 30 % des Gesellschaftskapitals von Airport Handling an dritte Kapitalgeber. Italien wies darauf hin, dass BNP Paribas in seiner Eigenschaft als Finanzberater den Veräußerungsprozess vollständig unabhängig organisiert habe. BNP Paribas setzte für die Veräußerung die folgenden Phasen an: 1. Vorläufige Einschätzung, 2. Organisation der Transaktion und 3. Abschluss der Transaktion. |
(74) |
Fünf interessierte Kapitalgeber legten unverbindliche Angebote für den Erwerb von Beteiligungen im Umfang von […] (*1)-[…] (*1) % an Airport Handling vor: […] (*1), […] (*1), […] (*1), […] (*1) und […] (*1). |
(75) |
Um dem Kapitalgeber die operative Kontrolle über Airport Handling zu ermöglichen, verpflichtet sich der Treuhänder nach dem von Italien vorgelegten Entwurf des Veräußerungsvertrags für den gesamten Zeitraum bis zum Ablauf der Stillhaltefrist (14), dem Treuhänder das Recht zur Benennung der Mehrheit der Mitglieder des Verwaltungsrats (d. h. drei von fünf), darunter der Vorsitzende des Verwaltungsrats des Unternehmens, zu gewähren; der Vorsitzende des Verwaltungsrats hingegen sollte von der Aktionärsversammlung benannt werden. |
(76) |
Am 21. September 2015 unterzeichnete der Treuhänder eine bindende Rahmeninvestitionsvereinbarung mit D’Nata über die Veräußerung eines Anteils von […] (*1) % des Gesellschaftskapitals von Airport Handling. Die Vereinbarung enthielt die folgenden Regelungen: |
(77) |
Erstinvestition: Nach der Genehmigung des Erwerbs durch die Fusionskontrollbehörden erwirbt D’Nata […] (*1) % des Gesellschaftskapitals von Airport Handling sowie das Recht zur Benennung der Mehrheit des Verwaltungsrats und des Vorsitzenden des Verwaltungsrats. Diese Regelung sollte wirksame Kontrollmöglichkeiten für D’Nata auch als Minderheitsaktionär gewährleisten. |
(78) |
Folgeinvestitionen: Im Rahmen einer Call-Option kann D’Nata eine weitere Beteiligung von […] (*1) % an Airport Handling erwerben. Eine ausdrückliche Beihilfe-Verkaufsoption sieht vor, dass D’Nata seine Beteiligung von […] (*1) % zum angepassten Ersterwerbspreis wieder veräußern kann, wenn die Kommission zu einem Negativbeschluss gelangt oder wenn das Beihilfeverfahren auch 18 Monate nach Abschluss der Erstinvestition noch immer nicht abgeschlossen ist. |
(79) |
Am 8. Februar 2016 genehmigte die italienische Wettbewerbsbehörde (Autorità Garante della Concorrenza e del Mercato) die Übernahme der alleinigen Kontrolle über Airport Handling durch D’Nata nach italienischem Fusionskontrollrecht. Der Treuhänder teilte der Kommission mit, dass er nach dieser Genehmigung den Beteiligungserwerb durch D’Nata zum 8. März 2016 abschließen werde. |
2.6. Der Geschäftsplan 2014-2017
2.6.1. Der Geschäftsplan vom 14. November 2013
(80) |
In der Phase der vorläufigen Prüfung hatte Italien den Geschäftsplan von Airport Handling vom 14. November 2013 für den Zeitraum 2014-2017 (im Folgenden „Geschäftsplan von November 2013“) vorgelegt, um nachzuweisen, dass die Beteiligung der SEA am Gesellschaftskapital von Airport Handling im Einklang mit dem Grundsatz des marktwirtschaftlich handelnden Kapitalgebers stand. Im Folgenden werden die wesentlichen Elemente dieses Geschäftsplans zusammengefasst: |
(81) |
Der Geschäftsplan konzentriert sich auf Vorfeld- (15) und Fluggastdienstleistungen (16) als Hauptgeschäft von Airport Handling. Der Marktanteil des Unternehmens an den Flughäfen Malpensa und Linate wurde für das zweite Halbjahr 2014 auf insgesamt [50-70] (*1) % bzw. [50-70] (*1) % veranschlagt, und bis 2017 wurde eine Zunahme auf [60-80] (*1) % bzw. [60-80] (*1) % erwartet. |
(82) |
Die Prognosen des Geschäftsplans sehen steigende Betriebseinnahmen infolge der erwarteten Zunahme des Marktanteils vor. Für die Gesamteinnahmen wurde ein Anstieg von […] (*1) EUR für das zweite Halbjahr 2014 auf […] (*1) EUR im Jahr 2017 erwartet; dabei wurde von einer jährlichen Zunahme des Fluggastaufkommens um […]-[…] (*1) % im Zeitraum 2014-2017 ausgegangen. |
(83) |
Für die durchschnittliche Anzahl der Beschäftigten wurde aufgrund der wachsenden Anzahl an befristeten Arbeitsverträgen eine Zunahme von […] (*1) VZÄ im Jahr 2014 auf […] (*1) VZÄ im Jahr 2017 erwartet. Die Arbeitskosten wurden auf einen Anteil von etwa […] (*1) % an den gesamten Betriebskosten veranschlagt. Die SEA sollte ihre Produktivität im Bezugszeitraum um 12 % steigern, hauptsächlich aus drei Gründen:
|
(84) |
Die anfänglichen Kosten in Verbindung mit der Neuverhandlung von Kunden- und Lieferantenverträgen und von Belegschafts- und Beschäftigungsvereinbarungen sowie die Kosten der Beschreibung organisatorischer, verwaltungstechnischer und operativer Verfahren, die Rechtskosten, Bankgebühren und Beratungskosten und die mit der Beschaffung kleinerer Ausstattungsposten verbundenen Kosten und sonstigen Aufwendungen wurden auf […] (*1) EUR veranschlagt. |
(85) |
Die anfänglichen Betriebskosten, d. h. die Kapitalausgaben für die Aufnahme des Geschäftsbetriebs von Airport Handling, wurden mit […] (*1) EUR für die Beschaffung einer neuen Ausrüstung angesetzt. Im Geschäftsplan von November 2013 wurde jedoch davon ausgegangen, dass Airport Handling eine gebrauchte Ausrüstung zur Bodenabfertigung im Wert von […] (*1) EUR beschaffen würde. |
(86) |
Zur Deckung der gesamten voraussichtlichen Gründungskosten sieht der Geschäftsplan eine Kapitalaufstockung um […] (*1) EUR in […] (*1) vor. |
2.6.2. Der Geschäftsplan vom 6. August 2014
(87) |
Im Laufe des Prüfverfahrens übermittelte Italien einen geänderten Geschäftsplan vom 6. August 2014 für den Zeitraum 2014-2017 (im Folgenden „Geschäftsplan von August 2014“), der am 26. August 2014 vom Verwaltungsrat von Airport Handling genehmigt wurde. Den von Italien vorgelegten Informationen zufolge wurde diese Änderung bereits im Juli 2014 fertiggestellt. Die wesentlichen Annahmen dieses Plans lassen sich wie folgt zusammenfassen: |
(88) |
Marktanteil: Für […] (*1) geht der Geschäftsplan von August 2014 von einem etwas geringeren Wachstum als der vorherige Plan aus; der Marktanteil wird nach aktualisierten Prognosen des Verkehrsaufkommens um […] (*1) und […] (*1) mit [70-80] (*1) % etwas geringer angesetzt. |
(89) |
Preise: Die Einheitspreise (pro Flugbewegung) sind höher als die im Geschäftsplan von November 2013 angenommenen Preise und über den gesamten Zeitraum 2014-2017 nominell konstant. |
(90) |
Personalkosten: Die geschätzten Personalkosten im Geschäftsplan von August 2014 sind etwas höher als die Personalkosten im Geschäftsplan von November 2013 und belaufen sich auf […] (*1) bis […] (*1) % der Betriebskosten. Diese Erhöhung ist auf […] (*1) zurückzuführen. |
(91) |
Darüber hinaus wurden externe Kosten, Abschreibungen und Rückstellungen im Umfang von etwa […] (*1) % der gesamten Betriebskosten sowie geregelte Kosten (etwa […] (*1) %) von Dienstleistungen berücksichtigt, die die SEA gegenüber Airport Handling für die Nutzung gemeinsamer Infrastrukturen des Flughafens (insbesondere […] (*1) %) erbringt. Im Geschäftsplan von August 2014 wurde geschätzt, dass […] (*1) % für die Beschaffung der neuen Ausrüstung investiert werden müssten, davon […] (*1) % für die Beschaffung vollständig neuer Ausrüstung und […] (*1) % für die Beschaffung gebrauchter Fahrzeuge auf dem freien Markt. Diese Zahlen beruhten auf Geboten potenzieller Lieferanten, die im März 2014 bei Airport Handling eingingen. |
(92) |
Ähnlich wie der Geschäftsplan von November 2013 sieht auch der Geschäftsplan von August 2014 eine Reduzierung der Betriebskosten gegenüber der Kostenstruktur der SEAH vor; diese Reduzierung soll im Wesentlichen durch Effizienzgewinne und Personalabbau erreicht werden. |
2.6.3. Wirtschaftliche Bewertungen des Geschäftsplans
2.6.3.1.
(93) |
Airport Handling beauftragte die Boston Consulting Group mit einer vorläufigen unabhängigen Bewertung des Geschäftsplans 2014-2017 (im Folgenden „BCG-Bericht“). Die BCG legte ihren Bericht am 14. Oktober 2014 vor. |
(94) |
Der BCG-Bericht beruht auf dem am 26. August 2014 genehmigten Geschäftsplan, auf dem im November 2013 erstellten Geschäftsplan, auf der Branchenerfahrung und dem Wissen der BCG und auf öffentlichen Daten zu Marktentwicklungen und zu den größten Abfertigungsunternehmen. |
(95) |
Insgesamt bewertete die BCG die folgenden dem Geschäftsplan zugrunde liegenden Annahmen: Einnahmeentwicklungen (ausgehend von der erwarteten Zunahme des Verkehrsaufkommens und der von Airport Handling zu leistenden Abfertigungen); Personalkosten (ausgehend von den Kosten pro VZÄ und von angenommenen Produktivitätsgewinnen); geplante Investitionen (insgesamt […] (*1) EUR). |
(96) |
Die BCG fasste ihre Ergebnisse wie folgt zusammen: |
(97) |
Insgesamt scheinen die Annahmen hinsichtlich der Entwicklung des Verkehrsaufkommens auf Ebene der SEA angemessen zu sein und mit den Erwartungen größerer Organisationen (insbesondere IATA und Eurocontrol) in Einklang zu stehen. Die BCG stellte jedoch fest, dass die Vorstellung der Beibehaltung eines konstanten Mix aus Billigfluggesellschaften und sogenannten traditionellen Fluggesellschaften nicht mit der historischen Entwicklung des Mix am Flughafen Malpensa in Einklang stehe, wo der Anteil der Billigfluggesellschaften sich in den vergangen vier Jahren um […] (*1) Prozentpunkte erhöht habe. Zudem könne eine neue nationale Rechtsvorschrift (Decreto Linate) zu einer Verlagerung einiger Fluggesellschaften von Malpensa nach Linate führen. |
(98) |
Die Annahme zur Entwicklung des Umfangs der Abfertigungen durch Airport Handling wird im Großen und Ganzen als realistisch bewertet, da erstens die bei Erstellung des Berichts durch die BCG unterzeichneten Vereinbarungen mit neuen Fluggesellschaften einen Marktanteil von [60-70] (*1) % gewährleisteten, und da zweitens der vorgesehene Marktanteil von [70-80] (*1) % für das Jahr 2017 angesichts der gegenwärtigen Wettbewerbsdynamik der Branche sowie in Anbetracht des historischen Marktanteils der SEAH ([70-80] (*1) %) angemessen sei. |
(99) |
Nach Einschätzung der BCG wurden die Annahmen zur Entwicklung der Einnahmen aus den Dienstleistungen, die gegenüber dem Flughafenbetreiber erbracht werden, offenbar auch in den laufenden Verhandlungen mit der SEA zugrunde gelegt. Wegen der angenommenen zweijährigen Laufzeit der bestehenden Vereinbarung konnte die BCG die prognostizierten Einnahmen des letzten Jahres des Geschäftsplans (2017) jedoch noch nicht prüfen. |
(100) |
Annahmen über Steigerungen der durchschnittlichen Einheitskosten im Personalbereich um […] (*1) % pro Jahr im Zeitraum 2014-2017 sollten weitgehend im Einklang mit der im Oktober 2014 unterzeichneten Vereinbarung zwischen der italienischen Vereinigung der Flughafenbetreiber (Assaeroporti = Associazione Italiana Gestori Aeroporti) und den Gewerkschaften stehen. |
(101) |
Die Verbesserung der Ressourcenproduktivität um […] (*1) % wurde im Allgemeinen als angemessen bewertet, erstens weil bei Erstellung des Berichts bereits eine Produktivitätssteigerung um […] (*1) % erreicht worden war, und zweitens weil die verbleibende Steigerung um […] (*1) % angesichts der gegenwärtig verfügbaren Ansätze und des Standes der technischen Umsetzung als realistisch betrachtet wurde. |
(102) |
Angesichts der detaillierten Gebote, die im März 2014 bei Airport Handling eingingen, stellte die BCG darüber hinaus fest, dass der Investitionsrahmen von […] (*1) EUR weitgehend im Einklang mit dem Bedarf für die Beschaffung der neuen im Wesentlichen (95 %) aus neuen Fahrzeugen bestehenden Ausrüstung stand. |
(103) |
Ferner gelangte die BCG in dieser Zusammenfassung zu dem Ergebnis, dass die im Geschäftsplan bis 2017 vorgesehene Gewinnspanne ([…] (*1) %, […] (*1) EUR) sich weitgehend mit der durchschnittlichen Rentabilität einer erheblichen Stichprobe anderer europäischer Unternehmen im privaten und im öffentlichen Sektor (Portway, Acciona, Aviapartner, Fraport und ATA-Handling) decke bzw. diese nur leicht übertreffe. Die BCG wies jedoch darauf hin, dass die tatsächliche Entwicklung der Zusammensetzung des Verkehrs sowie mögliche Auswirkungen einer neuen Rechtsvorschrift zum Flughafen Linate (Decreto Linate) zu einer Verringerung des Verkehrsaufkommens in Malpensa führen könnten. |
2.6.3.2.
(104) |
Die SEA beauftragte die Brattle Group, die von der SEA durchgeführte Kapitalzuführung für Airport Handling zu untersuchen und insbesondere zu überprüfen, ob diese Investition mit dem Grundsatz des marktwirtschaftlich handelnden Kapitalgebers vereinbar war. Die Brattle Group legte ihren Bericht am 30. März 2015 vor. |
(105) |
Dem Brattle-Bericht zufolge beruht die Untersuchung auf den Informationen, die der SEA zum Zeitpunkt des Beschlusses über die Investition in Airport Handling bekannt waren, sowie auf öffentlichen Daten über die Wettbewerbsposition der SEA. Im Brattle-Bericht wird festgestellt, dass die Annahmen des Geschäftsplans von November 2013 für die Prüfung unter Zugrundelegung des Verhaltens eines marktwirtschaftlich handelnden Kapitalgebers deshalb am relevantesten seien, weil die SEA die Investitionen aufgrund dieser Annahmen vorgenommen habe (17). |
(106) |
Nach dem Brattle-Bericht können die von der Kommission im Einleitungsbeschluss von 2014 geäußerten Zweifel dahin gehend, dass der Geschäftsplan von Airport Handling zu optimistisch sei, dadurch widerlegt werden, dass sich Schlüsselannahmen des Geschäftsplans in der Praxis tatsächlich erfüllt haben. Insbesondere habe der Marktanteil von Airport Handling im Jahr 2014 die Prognosen des Geschäftsplans von November 2013 noch übertroffen. |
(107) |
Dem Brattle-Bericht zufolge beruhen die im Geschäftsplan von August 2014 genannten Einheitspreise (die Airport Handling pro Flugbewegung berechnet) auf bereits mit den Fluggesellschaften geschlossenen Verträgen, in denen ein Preis von durchschnittlich […] (*1) EUR) vereinbart wurde, der somit noch über dem Preis lag, der im Geschäftsplan von November 2013 angenommen wurde (Preise von […] (*1) EUR im Jahr 2014 bis zu […] (*1) EUR im Jahr 2017). Dies veranlasste die Sachverständigen zu den nachstehenden Schlussfolgerungen: Erstens kommen die Marktpreise des Geschäftsplans von 2014 der tatsächlichen Entwicklung näher, weil sie auf unterzeichneten Verträgen beruhen. Zweitens wurde der Marktpreis, den Airport Handling berechnen könnte, im Geschäftsplan von November 2013, von dem die SEA bei ihrer Investitionsentscheidung ausging, zu niedrig angesetzt. Drittens bestätigt dies, dass die Marktpreise im Geschäftsplan von November 2013 nicht nur angemessen, sondern sogar zu niedrig waren. |
(108) |
Und schließlich stellten die Sachverständigen fest, dass die Marktpreise, die Airport Handling mit den Fluggesellschaften ausgehandelt hatten, noch unter den Preisen lagen, die die SEAH tatsächlich berechnete. |
(109) |
Die Sachverständigen räumen ein, dass der ursprüngliche Marktanteil laut dem Geschäftsplan von November 2013 als zu hoch für einen neuen Marktteilnehmer erscheinen könne. Sie gehen jedoch davon aus, dass ein marktwirtschaftlich handelnder Kapitalgeber gewusst hätte, dass die Auflösung der SEAH zu der besonderen Situation führen würde, dass sehr viele Abfertigungsvereinbarungen an den von der SEA betriebenen Flughäfen erreichbar waren. Die Sachverständigen gelangten zu dem Schluss, dass Airport Handling sich diese Situation zunutze gemacht habe und dass die anderen Marktteilnehmer an den Mailänder Flughäfen dies ebenso gekonnt hätten. Dem Bericht zufolge war der zu erwartende Marktanteil von Airport Handling außerdem typisch für große italienische Flughäfen, auf denen die größte Abfertigungsgesellschaft in der Regel einen Marktanteil von etwa 70 % hat. Außerdem stellten die Sachverständigen fest, dass Airport Handling die einzige Abfertigungsgesellschaft mit hinreichenden Vermögenswerten und einer geeigneten Ausrüstung für einen vollständigen Service rund um die Uhr sei und dass dies einen wesentlichen Wettbewerbsvorteil darstelle. |
(110) |
Darüber hinaus betrachten die Sachverständigen die niedrigeren Personalkosten als einen der Hauptgründe für die ungeachtet der Verluste der SEAH für Airport Handling prognostizierte Rentabilität. Die Sachverständigen bewerteten diese Annahme als angemessen, da Airport Handling neue Arbeitsverträge aushandelte, in denen sich die Arbeitnehmer verpflichteten, pro Jahr 20 Tage mehr zu arbeiten als nach den Verträgen der SEAH. |
(111) |
Nach dem Brattle-Bericht wurden die Arbeitskosten im Geschäftsplan von November 2013 leicht unterschätzt; im Geschäftsplan von August 2014 wurden die Kosten pro VZÄ jedoch mit […] (*1) EUR/Stunde ([…] (*1)) angesetzt. |
(112) |
Nach Auffassung der Sachverständigen hätte ein marktwirtschaftlich handelnder Kapitalgeber bei der Investition in Airport Handling eine Rendite (d. h. einen internen Zinsfuß (IRR)) mindestens in Höhe des gewichteten Kapitalkostensatzes (WACC) nach der Standard-Finanztheorie erwartet. In diesem Fall bestätigten die Berechnungen, dass der erwartete IRR des Vorhabens bei allen Szenarien über dem WACC liegt und dass ein privater Kapitalgeber daher davon ausgegangen wäre, mit seiner Investition in Airport Handling Gewinne zu erzielen. |
(113) |
Die Beratungsgesellschaft stellte auch fest, dass das Unternehmen zum Zeitpunkt der Entscheidung der SEA über die Gründung von Airport Handling im Jahr 2013 zu 44,31 % im Eigentum des privaten Eigenkapitalfonds F2i stand. F2i benannte zwei Mitglieder für den Verwaltungsrat der SEA, und dem Brattle-Bericht zufolge hatte keines der Mitglieder des Verwaltungsrats gegen den Vorschlag der SEA gestimmt, in Airport Handling zu investieren; auch dies deute darauf hin, dass die Investition als rentabel betrachtet wurde und daher mit dem Grundsatz des marktwirtschaftlich handelnden Kapitalgebers vereinbar sei. |
(114) |
Außerdem heißt es im Brattle-Bericht, dass ein marktwirtschaftlich handelnder Kapitalgeber die Wahrscheinlichkeit, dass die Kommission eine wirtschaftliche Kontinuität zwischen der SEAH und Airport Handling hätte feststellen können und dass Airport Handling daher verpflichtet gewesen wäre, die in einem Rückforderungsbeschluss als mit dem Binnenmarkt nicht vereinbar eingestufte Beihilfe zurückzuzahlen, als verhältnismäßig gering angesehen hätte. Die SEA habe nämlich Maßnahmen getroffen, um Airport Handling zu schützen und einer wirtschaftlichen Kontinuität vorzubeugen (etwa durch die Einrichtung des Trusts). Nach den Kostenschätzungen von Brattle bezüglich des Geschäftsplans von November 2013 war die Investition der SEA in Airport Handling mit dem Grundsatz des marktwirtschaftlich handelnden Kapitalgebers vereinbar, solange die Wahrscheinlichkeit der Feststellung einer wirtschaftlichen Kontinuität unter […] (*1) % (für die Kapitalkostenschätzung der SEA) bzw. unter […] (*1) % (für die Kapitalkostenschätzung von Brattle) lag. Brattle hielt die Annahme für angemessen, dass in der gegebenen Situation und insbesondere angesichts der Anmeldung bei der Kommission ein marktwirtschaftlich handelnder Kapitalgeber diese Wahrscheinlichkeit mit unter […] (*1) % angesetzt und daher aus rein wirtschaftlichen Gründen in Airport Handling investiert hätte. |
2.7. Angekündigte Reduzierung des Umfangs der wirtschaftlichen Tätigkeiten von Airport Handling
(115) |
Italien schlug vor, den Umfang der damals von Airport Handling durchgeführten Tätigkeiten im Vergleich zum Umfang der früheren Tätigkeiten der SEAH weiter zu reduzieren. Dies sollte insbesondere für […] (*1) gelten. |
(116) |
Gegenwärtig erbringt die SEA nach einer neuen bis zum 31. Dezember 2018 befristeten Vereinbarung […] (*1). |
(117) |
Die SEA erklärte ihre Bereitschaft, bis spätestens 31. Dezember 2016 die Vereinbarung über […] (*1) zu kündigen und diese somit der Zuständigkeit von Airport Handling zu entziehen; außerdem sollten etwa […] (*1) Mitarbeiter von Airport Handling eingestellt werden, die zurzeit […] (*1). Infolge dieser Änderung sollte der Umsatz von Airport Handling, der bei etwa […] (*1) EUR lag, im ersten Jahr der Geschäftstätigkeit um […] (*1) EUR zurückgehen. |
3. GRÜNDE FÜR DIE EINLEITUNG DES FÖRMLICHEN PRÜFVERFAHRENS
3.1. Wirtschaftliche Kontinuität und Übergang der Rückzahlungspflicht
(118) |
Im Einleitungsbeschluss von 2014 vertrat die Kommission die vorläufige Auffassung, die vom Gerichtshof genannten Voraussetzungen für die Feststellung, dass ein anderes Unternehmen als der ursprüngliche Begünstigte für die Rückzahlung der Beihilfe verantwortlich gemacht werden kann, seien in dieser Sache weitgehend erfüllt. Dies gelte insbesondere für die folgenden Punkte:
|
(119) |
Daher stellte die Kommission vorläufig fest, dass mit der Gründung des neuen Unternehmens offenbar eine Umgehung der Rückzahlungspflicht bezweckt und bewirkt werde und es sich bei Airport Handling um den Nachfolger der SEAH handele. Insoweit vertrat die Kommission die vorläufige Auffassung, dass Airport Handling für die Rückzahlung der Beihilfe, die der SEAH gewährt und die im Rückforderungsbeschluss von 2012 als unvereinbar mit dem Binnenmarkt eingestuft worden war, haftbar gemacht werden könne. |
3.2. Kapitalzuführung
(120) |
Die Kommission vertrat die vorläufige Auffassung, dass die Entscheidung der SEA über die Gründung von Airport Handling und über die Kapitalzuführung zur Airport Handling dem Staat zuzurechnen sei. Erstens stellte die Kommission fest, dass die Stadt Mailand mit einer Beteiligung von 54,81 % Mehrheitsaktionärin der SEA war und dass daher davon auszugehen sei, dass der Staat Einfluss auf Entscheidungsprozesse bei der SEA nehme und insoweit an den Beschlüssen des Unternehmens beteiligt sei. Zweitens verwies die Kommission auf bestimmte Erklärungen von Vertretern Italiens in dieser Sache, nach denen die Gründung von Airport Handling von den italienischen Behörden offenbar insbesondere durchgeführt wurde, um Arbeitsplätze an den Mailänder Flughäfen zu erhalten. |
(121) |
Da die SEA offenbar von Italien kontrolliert wurde, gelangte die Kommission zudem zu dem vorläufigen Schluss, dass die von der SEA finanzierte Kapitalzuführung staatliche Mittel beinhaltete. |
(122) |
Darüber hinaus war die Kommission der vorläufigen Auffassung, dass die SEA sich nicht wie ein marktwirtschaftlich handelnder Kapitalgeber verhalten habe, als sie die Kapitalzuführung für Airport Handling vornahm. |
(123) |
Erstens zweifelte die Kommission daran, dass ein privater Kapitalgeber von Airport Handling eine Kapitalzuführung zu dem Zeitpunkt gewährt hätte, zu der die SEA die Kapitalzuführung vornahm, da die Kommissionsdienststellen Italien bereits davon in Kenntnis gesetzt hatten, dass die beabsichtigte Gründung einer neuen Bodenabfertigungsgesellschaft wahrscheinlich eine wirtschaftliche Kontinuität und damit eine Haftung des neuen Unternehmens für die Rückzahlung der im Rückforderungsbeschluss von 2012 als mit dem Binnenmarkt nicht vereinbar eingestuften Beihilfe begründen würde. Im Geschäftsplan von November 2013 wurde das Risiko eines Übergangs der Haftung für die Rückzahlung von der SEAH auf Airport Handling jedoch nicht berücksichtigt. |
(124) |
Zweitens äußerte die Kommission Zweifel daran, dass der Geschäftsplan, auf den sich die Entscheidung der SEA über die Investition in Airport Handling gründete, sich auf hinreichend solide Annahmen stütze. |
(125) |
Daher stellte die Kommission fest, dass die die Investition der SEA in Höhe von 25 Mio. EUR in Airport Handling offenbar nicht auf wirtschaftlichen Bewertungen beruhte, die ein marktwirtschaftlich handelnder Kapitalgeber unter vergleichbaren Umständen vor derartigen Investitionen vorgenommen hätte, um sich ein Bild von der künftigen Rentabilität der Investition zu verschaffen. Aus diesem Grund gelangte die Kommission zu dem vorläufigen Schluss, dass die Kapitalzuführung von 25 Mio. EUR eine staatliche Beihilfe zugunsten von Airport Handling darstellte. |
4. STELLUNGNAHMEN ITALIENS
4.1. Wirtschaftliche Kontinuität
(126) |
Italien erinnerte daran, dass nach der Rechtsprechung durch die Rückzahlung illegaler und mit dem Binnenmarkt unvereinbarer staatlicher Beihilfen Verfälschungen des Wettbewerbs infolge des durch die rechtswidrige Beihilfe gewährten Wettbewerbsvorteils beseitigt werden sollen. Daher müsse die rechtswidrige und mit dem Binnenmarkt unvereinbare Beihilfe von dem Unternehmen zurückgefordert werden, das den tatsächlichen Nutzen davon hatte. Die Rückforderungsverpflichtung könne nur dann auf andere Unternehmen als den ursprünglichen Begünstigten ausgedehnt werden, wenn die folgenden kumulativen Bedingungen erfüllt seien:
|
(127) |
Italien ist der Auffassung, in dieser Sache könne die Gewährung des Wettbewerbsvorteils in Verbindung mit der Beihilfe für die SEAH von vornherein ausgeschlossen werden. |
(128) |
Insbesondere stellt Italien fest, dass der mutmaßliche Vorteil für die SEAH von der Kommission in den Erwägungsgründen 219 ff. ihres Rückforderungsbeschlusses als Ausgleich für die Verluste betrachtet worden sei, die der SEAH in den Jahren 2002-2010 entstanden seien. Wie von der Kommission erläutert, seien diese Verluste auf hohe Personalkosten zurückzuführen, auf die ein erheblicher Anteil der Gesamtkosten der Bodenabfertigungsgesellschaft entfalle. Da die von der Kommission als staatliche Beihilfe eingestuften Kapitalzuführungen in erster Linie zur Deckung der Verluste infolge der übermäßigen Personalkosten der SEAH dienten, wird der Wettbewerbsvorteil, den die SEAH erlangte, nach Auffassung Italiens mit der Liquidation und mit dem Ausscheiden der Gesellschaft aus dem Markt faktisch hinfällig. |
(129) |
Ferner wies Italien darauf hin, dass selbst wenn der Wettbewerbsvorteil in Verbindung mit der Beihilfe, die der SEAH gewährt wurde, zu einem — geringen — Teil den Vermögenswerten des Unternehmens zugerechnet werden könne, d. h. den Vermögenswerten, die die SEAH zur Erbringung ihrer Bodenabfertigungsdienste an den Mailänder Flughäfen nutzte, wären diese Vermögenswerte doch nicht von der SEAH auf Airport Handling übergegangen. Vielmehr seien sie bis zur Veräußerung auf dem freien Markt vorübergehend zu Marktbedingungen von Airport Handling geleast worden. |
(130) |
Außerdem stellte Italien fest, dass selbst dann, wenn Airport Handling über die SEAH tatsächlich einen Wettbewerbsvorteil erlangt haben sollte, in diesem Fall doch nicht festgestellt werden könne, dass Airport Handling de facto die wirtschaftliche Tätigkeit der SEAH fortsetze. |
(131) |
Erstens sei weder rechtlich noch faktisch eine Übertragung von Arbeitsverträgen zwischen der SEAH und Airport Handling erfolgt. Airport Handling habe nur das für die Erbringung der Bodenabfertigungsdienste unabdingbare Personal eingestellt, und die Einstellungen seien zu grundlegend neuen Bedingungen erfolgt. Außerdem hätten die neuen Arbeitsverträge einer anderen Regelung (den Vorschriften für Abfertigungsgesellschaften und nicht den Vorschriften für Flughafenbetreiber des nationalen Tarifvertrags (Contratto Collettivo Nazionale di Lavoro (CCNL)) unterlegen, und für die Arbeitnehmer sei eine andere Arbeitnehmerorganisation zuständig gewesen (nicht mehr Assoaeroporti, sondern Assohandlers). Daher sei es Airport Handling gelungen, die Personalkosten zu reduzieren und die Produktivität erheblich zu steigern. |
(132) |
Zudem sei die Darstellung der Kommission im Einleitungsbeschluss von 2014, dass früheren Mitarbeitern der SEAH die in den früheren Verträgen mit der SEAH gewährten Rechte auch weiterhin zugestanden worden seien, nicht belegt worden. Die Vereinbarung vom 4. November 2013 habe keine Garantien zugunsten früherer Mitarbeiter der SEAH in Bezug auf erworbene Rechte enthalten, und in der Vereinbarung sei deutlich auf die Notwendigkeit neuer Arbeitsverträge mit neuen Bedingungen verwiesen worden. |
(133) |
Außerdem sei keine Übertragung der Verträge zwischen der SEAH und den an den Mailänder Flughäfen tätigen Fluggesellschaften auf Airport Handling erfolgt. Nach Auskunft Italiens handelte Airport Handling nach der Kündigung der Verträge zwischen der SEAH und den Fluggesellschaften neue Verträge mit den an den Mailänder Flughafen tätigen Flughafengesellschaften aus. Ferner hätten die SEA und Airport Handling entgegen der Darstellung der Kommission im Einleitungsbeschluss von 2014 (die zudem nicht belegt sei) keine gemeinsame diesbezügliche Vermarktung betrieben. In jedem Fall wäre dies für die Bewertung hinsichtlich des Bestehens einer wirtschaftlichen Kontinuität zwischen der SEAH und Airport Handling auch unerheblich. In diesem Zusammenhang wies Italien darauf hin, dass sich der gegenwärtige Kundenstamm von Airport Handling vom Kundenstamm der SEAH unterscheide. Airport Handling habe bestimmte Verträge mit Fluggesellschaften geschlossen, die nicht auch bereits Kunden der SEAH waren; andererseits seien Verträge mit einigen der früheren Kunden der SEAH nicht aufrechterhalten worden. |
(134) |
Dass der Geschäftsplan von Airport Handling einen Marktanteil von […] (*1) vorsehe, könne an sich nicht als Beweis für eine wirtschaftliche Kontinuität angesehen werden. Dieser Marktanteil sei vor dem Hintergrund des von Airport Handling verfolgten Ziels der mittelfristigen Wirtschaftlichkeit zu bewerten. |
(135) |
Darüber hinaus erklärte Italien, Airport Handling sei am Verfahren der Veräußerung der Vermögenswerte der SEAH nicht beteiligt gewesen, und insoweit erfolge keine Übertragung von Vermögenswerten zwischen den beiden Unternehmen. Nach Auffassung Italiens kann die bloße Tatsache, dass die Vermögenswerte des Beihilfeempfängers einem dritten Unternehmen nach Maßgabe eines Leasing-Vertrags überlassen werden, kein hinreichender Beleg dafür sein, dass dieses Unternehmen durch die Beihilfe einen Wettbewerbsvorteil erlangt hätte. Ein Anzeichen für eine Kontinuität hätte nur dann gesehen werden können, wenn der Preis für das Leasing der Vermögenswerte unter dem Marktpreis gelegen hätte. In diesem Fall sei der Leasingpreis jedoch von einem unabhängigen Unternehmen (IMQ) festgesetzt worden. |
(136) |
Außerdem verwies Italien darauf, dass sich die Beteiligungsstruktur der SEA erheblich von der Beteiligungsstruktur zum Zeitpunkt der Gewährung der Beihilfe für die SEAH unterscheide. Im Zeitraum 2002-2010 habe die SEA vollständig in staatlichem Eigentum gestanden; inzwischen sei ein privater Kapitalgeber (F2i) mit 44,31 % am Gesellschaftskapital beteiligt. |
(137) |
Außerdem biete die Einrichtung des Trusts eine weitere Garantie dafür, dass keine Kontinuität zwischen der SEAH und Airport Handling bestehe. Nach der Treuhandurkunde sollten durch die Tätigkeit des Treuhänders die folgenden Ziele erreicht werden:
|
(138) |
Infolge der Übertragung der 100 %igen Beteiligung der SEA an Airport Holding auf den Trust wurde der Treuhänder im Handelsregister als alleiniger Anteilseigner des Unternehmens eingetragen. In dieser Eigenschaft hat der Treuhänder die vollständige und erhebliche Kontrolle über die Beteiligung der SEA an Airport Handling. |
(139) |
Als alleiniger Anteilseigner von Airport Handling muss der Treuhänder u. a.
|
4.2. Kapitalzuführung
4.2.1. Staatliche Mittel und Zurechenbarkeit
(140) |
Italien zufolge ist der Status der SEA als öffentliches Unternehmen nicht hinreichend für die Feststellung, dass die Ressourcen des Unternehmens als staatliche Mittel im Sinne von Artikel 107 Absatz 1 AEUV zu betrachten sind. In diesem Zusammenhang erinnerte Italien daran, dass die finanziellen Ressourcen von Airport Handling nicht im Eigentum der SEA stehen und nicht von der SEA kontrolliert werden, da die Beteiligung der SEA an Airport Handling durch eine unabhängige Stelle (den Treuhänder) vollständig unabhängig von der SEA verwaltet werde. |
(141) |
Daher habe die SEA nicht die Möglichkeit, die typischen Befugnisse eines Mehrheitsaktionärs wahrzunehmen und u. a. die Mitglieder der Leitungsorgane der Tochtergesellschaft zu benennen und auf diese Weise entscheidend in die Leitung des Unternehmens einzugreifen. |
(142) |
Die Kommission könne die Zurechenbarkeit der streitigen Maßnahmen zum Staat nicht aus der bloßen Tatsache ableiten, dass die Durchführung dieser Maßnahmen ohne ein Eingreifen des Staates sehr unwahrscheinlich gewesen wäre. Vielmehr müsse die Kommission hohe Beweisstandards erfüllen. Die in Rede stehenden Maßnahmen könnten nur insoweit als dem Staat zuzurechnend angesehen werden, als der öffentliche Anteilseigner der SEA eine Schlüsselrolle bei der Durchführung der Kapitalzuführung für Airport Handling gespielt habe. Daher betrachtet Italien den Hinweis als wesentlich, dass nach Artikel 15 der Satzung der SEA Beschlüsse u. a. über eine Erhöhung des Gesellschaftskapitals von Tochtergesellschaften von mindestens sechs der sieben Mitglieder unterstützt werden müssten und dass daher die Zustimmung der vom privaten Anteilseigner F2i benannten Verwalter erforderlich sei. Unabhängig davon, wer Mehrheitsaktionär der SEA sei, könne der öffentliche Anteilseigner daher ohne die Zustimmung (bzw. sogar ohne die ausschlaggebende Stimme) von Direktoren, die vom privaten Anteilseigner benannt wurden, nicht wirksam über eine Kapitalaufstockung entscheiden. |
(143) |
Zudem stünden die im Einleitungsbeschluss von der Kommission zitierten Aussagen wie etwa die des Ministers für Infrastruktur und Verkehr zur Beruhigung der Arbeitnehmer vollständig im Einklang mit der Praxis in Europa und in Italien und könnten daher nicht als Beleg für eine Zurechenbarkeit der Maßnahme zum Staat angesehen werden. Diese Aussagen seien lediglich politischer Art gewesen und hätten angesichts der drohenden Entlassungen zur Beschwichtigung gedient. |
(144) |
Daher ist Italien der Auffassung, dass die Investition der SEA in Airport Handling nicht dem Staat zuzurechnen ist und keine staatlichen Mittel beinhaltet und insoweit auch keine staatliche Beihilfe im Sinne von Artikel 107 Absatz 1 AEUV darstellt. |
4.2.2. Vorliegen eines wirtschaftlichen Vorteils
(145) |
Italien erinnerte daran, dass der private Anteilseigner entsprechend seiner Beteiligung am Gesellschaftskapital der SEA (d. h. zu 44,31 %) zu den Kaitalzuführungen beiträgt. Die Beteiligung des privaten Kapitalgebers F2i habe tatsächliche wirtschaftliche Auswirkungen und sei erheblich. In diesem Zusammenhang sei festzustellen, dass private Investitionen im Umfang von etwa einem Drittel der Gesamtinvestition nach der Beschlusspraxis der Kommission als erheblich betrachtet würden. Dies sei an sich bereits hinreichend, um die Einstufung der Kapitalzuführung als staatliche Beihilfe im Sinne von Artikel 107 Absatz 1 AEUV auszuschließen. |
(146) |
Außerdem sei der Geschäftsplan von Airport Handling von einem unabhängigen Sachverständigen geprüft worden, und dieser sei zu dem Schluss gelangt, dass die Investition der SEA aus rein wirtschaftlicher Sicht gerechtfertigt gewesen sei und daher mit dem Grundsatz des marktwirtschaftlich handelnden Kapitalgebers im Einklang stehe. |
(147) |
Daher ist Italien der Auffassung, dass die Investition der SEA in Airport Handling unter Gegebenheiten erfolgte, die für einen unter normalen Marktbedingungen tätigen privaten Kapitalgeber annehmbar gewesen wären, und daher sei die Maßnahme nicht als staatliche Beihilfe im Sinne von Artikel 107 Absatz 1 AEUV anzusehen. |
5. STELLUNGNAHMEN VON BETEILIGTEN
(148) |
Bei der Kommission gingen Stellungnahmen von der (in Liquidation befindlichen) SEAH, vom Milan Airport Handling Trust, von Airport Handling, von der SEA und von einem Beteiligten ein, der anonym bleiben wollte. |
5.1. Stellungnahmen des Milan Airport Handling Trust (im Folgenden „Trust“) und von Airport Handling
5.1.1. Zur Übertragung von Mitarbeitern
(149) |
Dem Treuhänder zufolge hat Airport Handling sein Geschäftsmodell von Anfang an nach einer ökonomischen Folgerichtigkeit strukturiert, die sich von der der SEAH unterschied, für die eine Markttätigkeit als unabhängiges und auch ohne Kapitalzuführungen seiner Anteilseigner rentables Unternehmen angestrebt worden sei. |
(150) |
Insbesondere sei Airport Handling immer überzeugt gewesen, dass sein Geschäftsmodell eine Umstrukturierung des Personals unter Effizienz- und Relevanzaspekten erfordere. Dem Trust zufolge ist die Abfertigungstätigkeit durch ein besonders hohes Arbeitsaufkommen zu bestimmten Zeiten des Jahres (etwa im Sommer) gekennzeichnet. Angesichts der volatilen Bedarfssituation müsse der Dienstleister flexibel reagieren können, indem er Zeitarbeiter für die Zeiträume einstelle, in denen dies durch das höhere Arbeitsaufkommen gerechtfertigt sei. |
(151) |
Die SEAH habe meist […] (*1) ([…] (*1)) eingesetzt; Airport Handling hingegen sei von […] (*1) (z. B. […] (*1)) ausgegangen. Dies habe zwar einerseits komplexere Ansätze in Bezug auf Schulung, Management und Koordinierung erfordert, andererseits aber eine höhere Flexibilität und dadurch auch eine Senkung der Betriebskosten ermöglicht. Nach Angaben des Trusts galt dies für […] (*1). (Am 31. Dezember 2014 hatte Airport Handling […] (*1).) |
(152) |
Der Trust erklärte, dass keine Arbeitsverträge von der SEA auf Airport Handling übertragen worden seien; dies sei an folgenden Sachverhalten zu erkennen:
|
(153) |
Außerdem verwies der Trust auf den erheblichen Widerstand und die sehr schwierigen Beziehungen mit den Gewerkschaften im Juni 2014. Nach Auffassung des Trusts steht außer Frage, dass die wieder eingestellten früheren Mitarbeiter der SEAH keinen Anlass für Beschwerden gehabt hätten, wenn die Einstellungen zu unveränderten Bedingungen erfolgt wären. Vielmehr zeige der ausgeprägte Widerstand der Gewerkschaften gegen die Vereinbarung im Juni 2014, dass den Arbeitnehmern die Verschlechterung ihrer Beschäftigungsbedingungen vollständig bewusst gewesen sei. |
5.1.2. Verträge mit den Fluggesellschaften
(154) |
Erstens erklärte der Trust, dass die Verträge mit den Fluggesellschaften naturgemäß nicht auf Dritte übertragbar seien. In Artikel 3.2 der Standardvereinbarung für Bodenabfertigungsdienste heiße es ausdrücklich, dass die Fluggesellschaften außer in mit den Bodenabfertigungsgesellschaften zu vereinbarenden Sonderfällen Dritten keine vertraglich vereinbarten Aufgaben übertragen können: „Die Fluggesellschaft beauftragt keine dritte Person, kein drittes Unternehmen und keine dritte Organisation mit der Erbringung der Dienstleistungen, die die Abfertigungsgesellschaft sich nach Maßgabe dieser Vereinbarung zu erbringen bereit erklärt hat, außer in besonderen Fällen, in denen die Parteien dies in gegenseitigen Einvernehmen vereinbaren.“ |
(155) |
Der Trust übermittelte mehrere Erklärungen von Fluggesellschaften, die keine Ausschreibungen im Sinne eines öffentlichen Ausschreibungsverfahrens durchgeführt hatten, um Airport Handling als Bodenabfertigungsgesellschaft auszuwählen. Diesen Fluggesellschaften zufolge war Airport Handling jedoch in einem wettbewerblichen Verfahren aufgrund von Richtwertvergleichen mit anderen Abfertigungsgesellschaften ausgewählt worden. |
(156) |
Außerdem erinnerte der Trust daran, dass die Fluggesellschaften die Laufzeiten der Abfertigungsvereinbarungen festlegten und häufig die Möglichkeit einer Kündigung vorsähen. Nach dem IATA-Standardvertrag beispielsweise könne jede Partei einen bestehenden Vertrag mit 60-tägiger Frist kündigen. Insoweit sei der Vertrag mit einer Fluggesellschaft nicht zwangsläufig ein langfristiger Vertrag, der die Abfertigungsgesellschaft vor Wettbewerb schütze. Tatsächlich könnten Fluggesellschaften Verträge kündigen, wenn ihnen bei anderen Dienstleistern bessere Konditionen gewährt werden. |
(157) |
Als die SEAH aus dem Markt ausschied und Airport Handling neue Verträge mit den Fluggesellschaften aushandelte, verlangten Letztere dem Trust zufolge von Airport Handling sowie von den übrigen kontaktierten Dienstleistern andere (günstigere) Bedingungen als die, die zuvor der SEAH gewährt worden waren. Nach Auskunft des Trusts kommt es recht häufig vor, dass Fluggesellschaften Verträge kündigen, wenn ihnen von konkurrierenden Abfertigungsgesellschaften günstigere Bedingungen eingeräumt werden, oder Fluggesellschaften drohen damit, einen Vertrag nicht zu verlängern, wenn die unter Vertrag genommene Abfertigungsgesellschaft nicht bereit ist, ihr Angebot im Vergleich zu anderen Anbietern für die Fluggesellschaften attraktiver zu gestalten. |
(158) |
Airport Handling nahm seine Tätigkeit an den Mailänder Flughäfen am 1. September 2014 nach der Übertragung der Beteiligung der SEA auf den Trust auf. Wenngleich Airport Handling der ENAC und den Fluggesellschaften als Zeitpunkt für die Aufnahme seiner Tätigkeit den 1. Juli 2014 mitteilte, führten die Verzögerungen infolge der Übertragung der Beteiligungen auf den Trust und die Schwierigkeiten mit den Gewerkschaften dazu, dass die Geschäftstätigkeit doch erst am 1. September 2014 aufgenommen werden konnte. |
(159) |
Am 28. Februar 2015 hatte Airport Handling Bodenabfertigungsverträge mit […] (*1) Fluggesellschaften geschlossen; davon waren […] (*1) am Flughafen Linate und […] (*1) am Flughafen Malpensa tätig. Ferner erklärte der Trust, dass Airport Handling mit keiner der Fluggesellschaften Verträge geschlossen habe, bei denen zuvor ein Vertragsverhältnis mit der SEAH bestand. Insbesondere […] (*1). |
(160) |
Nach Auskunft des Trusts hat Airport Handling andere Verträge mit den Fluggesellschaften geschlossen als die SEAH:
|
(161) |
Dem Trust zufolge nahmen […] (*1) Fluggesellschaften im Rahmen der Verhandlungen über die neuen Bodenabfertigungsverträge […] (*1) von Airport Handling in Anspruch. […] (*1) Fluggesellschaften hätten mit der SEAH Verträge über […] (*1) geschlossen. |
(162) |
Außerdem seien einige der wichtigsten Verträge mit Fluggesellschaften ([…] (*1)) wie folgt befristet:
|
5.1.3. Gemeinsame Vermarktung
(163) |
Ebenso wie Italien ist auch der Trust der Auffassung, dass selbst wenn gemeinsame Vermarktungsmaßnahmen der SEA/SEAH und von Airport Handling nachgewiesen werden könnten, diese für die Bewertung der wirtschaftlichen Kontinuität doch unerheblich wären. |
(164) |
Dass die SEA Fluggesellschaften öffentlich erklärt und/oder mitgeteilt haben könnte, dass die Gruppe beabsichtige, die Bodenabfertigung aufrechtzuerhalten, sei zudem insoweit für die Untersuchung unerheblich, als die Kommission seit 2013 über die Gründung und die Kapitalausstattung von Airport Handling unterrichtet gewesen sei. |
5.1.4. Erwarteter Marktanteil von Airport Handling
(165) |
Dass Airport Handling eine erhebliche Präsenz auf dem Markt für Bodenabfertigungsdienste auf den Mailänder Flughäfen erreicht hat, ist dem Trust zufolge nicht auf die Übertragung von Vermögenswerten von der SEAH auf Airport Handling, sondern auf die besonderen Gegebenheiten an den Mailänder Flughäfen und auf die Geschäftsmodelle der einzelnen Abfertigungsgesellschaften zurückzuführen. |
(166) |
Die Tatsache, dass ein Unternehmen aus dem Markt ausscheide und ein anderer (neuer oder schon auf dem Markt tätiger) Marktteilnehmer ähnliche Marktanteile gewinne, sei auf Märkten regelmäßig zu beobachten und Ergebnis einer Kreuzelastizität konkurrierender Unternehmen. Auf einem hypothetischen Markt mit nur zwei Unternehmen (A und B) sei bei einem Ausscheiden von Unternehmen A aus dem Markt wahrscheinlich, dass die Kunden und Marktanteile dieses Unternehmens Unternehmen B zufallen, ohne dass eine rechtliche oder tatsächliche Verbindung zwischen beiden Unternehmen bestehe. Im Falle der Mailänder Flughäfen sei zutreffend, dass mehr als zwei Abfertigungsgesellschaften dort tätig seien; bislang hätten jedoch nur zwei dieser Anbieter ihr Geschäftsmodell auf die Mailänder Flughäfen konzentriert. Die ähnlichen Marktanteile könnten nach Auffassung des Trusts auch dadurch begründet sein, dass Airport Handling der einzige Dienstleister sei, der seine Tätigkeit an den Mailänder Flughäfen als Betreiber eines Drehkreuzflughafens (Hub) organisiert habe, um die Nachfrage der Fluggesellschaften möglichst weitgehend zu bedienen und hochwertige Dienstleistungen anzubieten. |
(167) |
Die Erwägungen der Kommission seien als logischer Zirkel zu betrachten: Entweder werde angenommen, dass die im Geschäftsplan beschriebenen Erwartungen von Airport Handling hinsichtlich des Marktanteils auf den Mailänder Flughäfen unrealistisch seien und die Kapitalzuführung zur Airport Handling daher eine staatliche Beihilfe darstelle, oder der Marktanteil werde als realistisch angesehen, um dann jedoch festzustellen, dass dies ein Anhaltspunkt für das Vorliegen einer wirtschaftlichen Kontinuität sei. |
5.1.5. Nutzung der Vermögenswerte der SEAH durch Airport Handling
(168) |
Der Trust betont, dass die Ausschreibung zur Veräußerung der Vermögenswerte der SEAH als erfolglos erklärt worden sei, da kein Bieter am Erwerb eines der Lose interessiert gewesen sei. |
(169) |
Nach Auskunft von Airport Handling sei dies in erster Linie darauf zurückzuführen gewesen, dass die Vermögenswerte der SEAH veraltet und daher für den Markt nicht mehr attraktiv waren. Von den […] (*1) wertvollsten Bestandteilen (d. h. […] (*1)) wurden von der SEAH nur etwa […] (*1) Vermögenswerte nach dem 31. Dezember 2006 erworben. Die meisten Vermögenswerte seien mehr als 15 Jahre alt; daher seien die Beschaffung von Ersatzteilen und die Gewährleistung der erforderlichen Leistungsfähigkeit mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden. |
(170) |
Der Trust erinnerte auch daran, dass Airport Handling sich an der Ausschreibung zur Veräußerung der Vermögenswerte der SEAH nicht beteiligt habe. Allerdings wäre nach Auffassung des Trusts auch ein Erwerb der Vermögenswerte kein Beleg für eine wirtschaftliche Kontinuität mit der SEAH. |
(171) |
Zudem nutze Airport Handling die Vermögenswerte der SEAH im Rahmen eines am 1. September 2014 unterzeichneten bilateralen Vertrags. Der Vertrag sei von der SEAH und dem Treuhänder im Zeitraum zwischen der Einrichtung des Trusts (am 30. Juni 2014) und dem Zeitpunkt der tatsächlichen Übertragung der Beteiligung der SEA an Airport Handling auf den Trust (am 27. August 2014) zu Marktbedingungen ausgehandelt worden. |
(172) |
Der Treuhänder habe erhebliche Änderungen an dem Vertrag vorgenommen und u. a. folgende Maßnahmen veranlasst bzw. getroffen:
|
(173) |
Der Trust erinnerte daran, dass die Leasinggebühr nach unabhängigen Bewertungen mehrerer Sachverständiger festgesetzt worden und insoweit als Marktpreis zu betrachten sei. |
(174) |
Außerdem habe Airport Handling Verfahren zum Erwerb eines erheblichen Anteils der Vermögenswerte ([…] (*1) %) eingerichtet, die für die Geschäftstätigkeit des Unternehmens benötigt wurden, um die von der SEAH geleasten Vermögenswerte nach Ablauf des Leasingvertrags ersetzen zu können. Dazu seien folgende Maßnahmen getroffen worden:
|
5.1.6. Zeitpunkt und Folgerichtigkeit der Geschäftstätigkeit
(175) |
Die Schlussfolgerung, die Gründung einer neuen Bodenabfertigungsgesellschaft als Tochter der SEA habe dazu gedient, einen Rückforderungsbeschluss zu umgehen, kommt nach Auffassung des Trusts der Feststellung gleich, ein negativer Beihilfebeschluss verhindere, dass der Empfänger der mutmaßlichen Beihilfe seine Geschäftstätigkeit unter geänderten Bedingungen wieder aufnehme. |
5.1.7. Maßnahmen des Treuhänders zum Ausschluss einer wirtschaftlichen Kontinuität
(176) |
Der Trust verweist darauf, dass der Treuhänder und die SEA am 1. August 2014 ein Protokoll unterzeichnet hätten, um dem Treuhänder die Ausübung bestimmter Funktionen im Zusammenhang mit der Leitung und der Überwachung der Geschäftstätigkeit von Airport Handling in den Monaten Juli und August 2014 zu ermöglichen. |
(177) |
Zusätzlich zu den in Absprache mit der SEAH getroffenen Maßnahmen bezüglich des Leasings der Vermögenswerte der SEAH und des Berichts des Sachverständigen beantragte und erhielt der Treuhänder von der SEA die erforderlichen finanziellen Mittel, um seine Tätigkeit uneingeschränkt unabhängig von der SEA ausüben zu können. Außerdem drängte der Treuhänder die SEA, ihre Dienstleistungsverträge mit Airport Handling neu zu formulieren; er bestimmte einen neuen Hauptberater für Airport Handling und verlangte Änderungen an der Satzung von Airport Handling, um die uneingeschränkte Unabhängigkeit des Unternehmens sicherzustellen. |
(178) |
Nach der Übertragung der Beteiligung der SEA auf den Trust benannte der Treuhänder am 27. August 2014 einen neuen Verwaltungsrat. |
(179) |
Er sorgte dafür, dass der neue Verwaltungsrat
|
(180) |
Außerdem traf der Treuhänder Maßnahmen, um eine wirtschaftliche Kontinuität auszuschließen. Insgesamt beinhalten diese Maßnahmen
|
(181) |
Nach Auskunft des Trusts wurden diese internen Verfahren in zwei Schulungen für das höhere und mittlere Management von Airport Handling erläutert. |
5.1.8. Zurechenbarkeit der Maßnahmen zum Staat
(182) |
Nach Auskunft des Trusts haben die italienischen Behörden im Zeitraum Juni bis August 2014 keinen unmittelbaren Einfluss auf die SEA und ihre Entscheidung über die Investition in Airport Handling ausgeübt. Es habe nie direkte oder indirekte Anzeichen gegeben, die auch nur im Entferntesten Anlass zu Bedenken dahin gehend gegeben hätten, dass die Entscheidung über die Gründung und/oder Kapitalausstattung von Airport Handling von Italien beeinflusst worden wäre. |
5.1.9. Geschäftsplan von Airport Handling und Vereinbarkeit mit dem Grundsatz des marktwirtschaftlich handelnden Kapitalgebers
(183) |
Dem Trust zufolge besteht keine Kontinuität zwischen der SEAH und Airport Handling; ein privater Kapitalgeber hätte daher erkannt, dass die Bewertung der Kommission im Einleitungsbeschluss von 2014 schwerlich aufrechtzuerhalten sein würde, und sich in seiner Entscheidung über die Investition in Airport Handling davon nicht beeinflussen lassen. |
(184) |
Der Trust erläuterte, dass der ursprünglich der Kommission vorgelegte Geschäftsplan von November 2013 anschließend weiter ausgearbeitet worden sei. Daher habe der Entscheidung über die Kapitalzuführung zur Airport Handling der Geschäftsplan vom August 2014 zugrunde gelegen, den der Verwaltungsrat von Airport Handling am 26. August 2014 genehmigt habe. |
(185) |
Nach der Übertragung der Beteiligung der SEA auf den Trust prüfte der Treuhänder die Glaubhaftigkeit des Geschäftsplans von Airport Handling. Dem Trust zufolge ließ der neu benannte Verwaltungsrat von Airport Handling zunächst untersuchen, ob der Geschäftsplan vom 6. August 2014 realistisch war; mit dieser Untersuchung wurde die Boston Consulting Group (im Folgenden „BCG“) beauftragt. |
(186) |
Die BCG berichtete Airport Handling am 14. Oktober 2014 über die Ergebnisse der Untersuchung. Sie war zu dem Schluss gelangt, dass das Ziel des Geschäftsplans (d. h. ein EBIT von EUR […] (*1) bei einer Gewinnspanne von […] (*1) % für das Jahr 2017) angemessen sei und dass die Abweichung weitgehend mit der durchschnittlichen Rentabilität anderer öffentlicher und privater europäischer Unternehmen in der Bodenabfertigungssparte übereinstimme bzw. nur leicht darunter liege. Außerdem bestätigte die BCG die Plausibilität des Geschäftsplans vom November 2013. |
5.1.9.1.
(187) |
Dem Trust zufolge sollte Airport Handling durch […] (*1) größtmögliche Effizienz und Flexibilität erreichen. Nach dem Geschäftsplan vom 6. August 2014 sollten bei der Airport Handling […] (*1) Mitarbeiter beschäftigt werden. Die Straffung von Koordinierungsstrukturen sowie neue leistungsfähige Ausrüstungen und Computersysteme zur Personalverwaltung sollten die Voraussetzungen dafür schaffen, dass ausscheidende Mitarbeiter von Airport Handling nicht ersetzt werden müssten. |
5.1.9.2.
(188) |
Nach Auffassung des Trusts wird eine weitere Effizienzsteigerung durch die folgenden Maßnahmen erzielt:
|
(189) |
Der Trust ist der Auffassung, die Kommission könne anhand der von Airport Handling in den ersten Monaten seiner Geschäftstätigkeit erzielten Ergebnisse ex post feststellen, dass die Annahmen des Geschäftsplans realistisch waren. Der Trust verwies auf die Ergebnisse der ersten vier Monate der Geschäftstätigkeit mit einem EBIT von […] (*1) bzw. von […] (*1) EUR […] (*1) gegenüber […] (*1) bzw. […] (*1) EUR […] (*1) in den Prognosen des Geschäftsplans vom 6. August 2014. Diese positive Entwicklung ergab sich aufgrund des folgenden Einnahmen-Kosten-Verhältnisses: Einnahmen […] (*1) ([…] (*1) EUR) gegenüber Kosten […] (*1) ([…] (*1) EUR). |
5.2. Stellungnahmen der (in Liquidation befindlichen) SEAH
5.2.1. Vermögenswerte der SEAH
(190) |
Nach Auskunft der SEAH belief sich der Buchwert der Bodenabfertigungsausrüstung vor der Einleitung der Liquidation der SEAH auf […] (*1) EUR. Das durchschnittliche Alter der Vermögenswerte betrug […] (*1). Von den etwa […] (*1) Bestandteilen mit höherem Wert […] (*1) (außer […] (*1)) waren nur […] (*1) nach dem 31. Dezember 2006 erworben worden. |
(191) |
Als das Verfahren zur Liquidation der SEAH eingeleitet wurde, bestanden die einzigen sonstigen Vermögenswerte des Unternehmens im Betriebskapital für die am 1. September 2014 eingestellte Geschäftstätigkeit. Darüber hinaus gab es einige […] (*1). Diese Positionen waren inzwischen aufgelöst worden. Der SEAH zufolge kann der Insolvenzverwalter im Hinblick auf eine Finanzierung der Liquidationskosten und sonstiger verbleibender Verbindlichkeiten daher nur mit den Erlösen rechnen, die durch eine Veräußerung der Bodenabfertigungsausrüstung zu erzielen sind. |
5.2.2. Ausschreibung zur Veräußerung der Vermögenswerte der SEAH
(192) |
Eine der Hauptaufgaben des Insolvenzverwalters bestand in der Durchführung der offenen, öffentlichen und nichtdiskriminierenden Ausschreibung für die Veräußerung der Vermögenswerte der SEAH, die bereits vor Einleitung des Verfahrens zur Liquidation des Unternehmens initiiert worden war. |
(193) |
Der SEAH zufolge wurden die Vermögenswerte in neun Paketen zusammengefasst, die einander ergänzende und funktionell unabhängig nutzbare Vermögenswerte von unterschiedlichem Wert beinhalteten. Ziel war die Gewährleistung einer möglichst umfassenden Beteiligung an der Ausschreibung. Die Veräußerung der Vermögenswerte in Paketen sollte den Anforderungen des Markts entgegenkommen, die aufgrund der Tätigkeit größer Abfertigungsgesellschaften an italienischen Flughäfen ermittelt worden waren. Verfügbaren Informationen zufolge wurde das Veräußerungsverfahren auf Abfertigungsgesellschaften, Flughafenbetreiber, Fluggesellschaften, Hersteller von Ausrüstungen in der Art der zu veräußernden Ausrüstungen, Wiederverkäufer und Leasinggesellschaften beschränkt. Allerdings wurden bestimmte Mindestanforderungen an die finanzielle Leistungsfähigkeit gestellt; insbesondere wurden i) ein Umsatz von mindestens 1 Mio. EUR pro Paket der Vermögenswerte, für die ein Gebot abgegeben werden sollte, ii) ein Nettovermögen von mindestens 1 Mio. EUR bzw. von 2 Mio. EUR bei Interessenten, die ein Gebot für mehr als ein Paket abgeben wollten, und iii) ein Verhältnis der Verbindlichkeiten zum Gesamtvermögen von höchstens 3:1 gefordert. In der Ausschreibung waren mit Ausnahme der oben erläuterten verpflichtenden Anforderungen keine Auswahlkriterien vorgesehen. |
(194) |
Die SEAH weist darauf hin, dass kein potenzieller Bieter Interesse am Erwerb dieser Vermögenswerte zum Ausdruck gebracht habe. Anfragen nach weiteren Informationen seien nur unabhängig von dem Verfahren von Parteien gekommen, die sich nur für den Erwerb bestimmter Vermögenswerte interessiert, jedoch erheblich niedrigere Preise geboten hätten als von den unabhängigen Sachverständigen ermittelt. Außerdem erklärte die SEAH, Airport Handling habe Interesse am Erwerb der in Rede stehenden Vermögenswerte geäußert, aber kein Gebot übermittelt. Die Kommission stellt fest, dass die italienischen Behörden bereits am 27. November 2013, als sie die Kommission zum Plan der SEA zur Liquidation der SEAH und zur Gründung und zur Kapitalausstattung von Airport Handling konsultierten, erklärten, dass sie sich an dem Veräußerungsverfahren nicht beteiligen und in diesem Verfahren daher auch kein Angebot vorlegen würden. |
(195) |
Nach dem erfolglosen Versuch der Veräußerung der Vermögenswerte der SEAH wandte der Insolvenzverwalter sich an die wichtigsten Marktteilnehmer der Branche, um die Möglichkeit einer Veräußerung dieser Vermögenswerte und die möglichen Verkaufsbedingungen zu erörtern. |
5.2.3. Bewertung der Vermögenswerte
(196) |
Die SEAH erinnerte daran, dass der Verwaltungsrat der SEAH vor der Einleitung der Liquidation des Unternehmens die IMQ als unabhängigen Sachverständigen mit der Bewertung der Vermögenswerte beauftragt hatte. In der am 25. Juni 2014 vorgelegten Bewertung wurde eine Leasinggebühr von […] (*1) EUR pro Jahr als marktüblicher Wert empfohlen. Am 1. September 2014 beauftragte die SEAH E&Y mit einer zweiten Bewertung der Vermögenswerte. Die Beauftragung von E&Y erfolgte auf Ersuchen des Treuhänders gemeinsam durch die SEAH und den Treuhänder. E&Y schlug eine Leasinggebühr von 1,4 Mio. EUR pro Jahr vor. |
(197) |
Die SEAH ergänzte, dass Airport Handling die Vermögenswerte der SEAH zurzeit nach Maßgabe eines Leasingvertrags nutzt und für die Instandhaltung der Vermögenswerte (geschätzte Kosten der Instandhaltung: […] (*1) EUR pro Jahr) verantwortlich ist. |
5.2.4. Leasingvertrag
(198) |
Der SEAH zufolge führten die Parteien ohne Beteiligung der SEA vor Abschluss des Leasingvertrags intensive Verhandlungen über den Vertrag. Der Abschluss des Leasingvertrags sei eine verpflichtende Bedingung für die Erhaltung des Wertes der Vermögenswerte im Hinblick auf die vorgesehene Veräußerung gewesen. Ohne den Leasingvertrag mit Airport Handling hätte die SEAH die Ausrüstung vom Flughafengelände abtransportieren müssen; dadurch wären der SEAH erhebliche Transport- und Instandhaltungskosten entstanden. |
(199) |
Da der Leasingvertrag am 31. August 2015 auslaufen sollte, habe der Insolvenzverwalter Möglichkeiten einer Veräußerung der Vermögenswerte geprüft. Durch eine Veräußerung der Vermögenswerte an Airport Handling nach Ausräumung der Bedenken der Kommission hinsichtlich der wirtschaftlichen Kontinuität hätte die SEAH die Vermögenswerte im Liquidationsverfahren bestmöglich verwerten können. |
5.3. Stellungnahmen der SEA
5.3.1. Wirtschaftliche Kontinuität
(200) |
Nach Auffassung der SEA unterscheiden sich die Gegebenheiten in der im Einleitungsbeschluss von 2014 zitierten Rechtsprechung recht erheblich von den Gegebenheiten in dieser Sache. |
(201) |
Erstens beziehe sich die Rechtsprechung ausschließlich auf Fälle, bei denen Vermögenswerte vom Begünstigten der Beihilfe auf ein neu gegründetes Unternehmen übertragen wurden. Die Rechtsprechung betreffe im Wesentlichen Fälle, in denen das Unternehmen, das eine mit dem Binnenmarkt unvereinbare staatliche Beihilfe erhalten hatte und zur Rückzahlung der erhaltenen Vergünstigung nicht in der Lage war, ein neues Unternehmen gegründet hatte, auf das die Geschäftstätigkeit des erstgenannten Unternehmens teilweise übertragen wurde. Zweitens habe die Übertragung zwischen dem Begünstigten und dem neuen Unternehmen in allen von der Kommission zitierten Fällen Vermögenswerte von erheblichem Wert (Tätigkeiten, Anlagen, Waren, Immobilien, Marken, Rechte des geistigen Eigentums) betroffen. |
(202) |
Der SEA zufolge führen die Gegebenheiten in dieser Sache zu dem Schluss, dass der Wettbewerbsvorteil, den die SEAH durch die mutmaßliche Beihilfe erlangt hatte, nicht auf Airport Handling überging, da Airport Handling keine Vermögenswerte von der SEAH übernommen habe. Vielmehr sei der mutmaßliche Wettbewerbsvorteil, der der SEAH gewährt worden wäre, mit der Liquidation des Unternehmens hinfällig geworden und hätte daher nicht übertragen werden können. |
(203) |
Im Rückforderungsbeschluss von 2012 sei die Kommission zu dem Ergebnis gelangt, dass der der SEAH gewährte mutmaßliche Wettbewerbsvorteil den Verlusten des Unternehmens entsprach, die in erster Linie auf die hohen Personalkosten zurückzuführen waren. Die Personalkosten hätten wesentliche Auswirkungen auf die Kostenstruktur von Bodenabfertigungsgesellschaften und beliefen sich auf 65-80 % der Gesamtkosten; anders als die von der Kommission zitierten Fälle betreffe dieser Fall aber weder die Übertragung von Beteiligungen oder Vermögenswerten, die zur Ausübung (bzw. eher zur Aufrechterhaltung) der Tätigkeit der SEAH benötigt worden wären, noch eine Tätigkeit, deren Ziel im Schutz der Vermögenswerte des Begünstigten und damit der Umgehung des Rückforderungsbeschlusses bestehe. |
(204) |
Da der durch die mutmaßliche staatliche Beihilfe erlangte Vorteil für die SEAH zur Deckung der Verluste infolge überhöhter Arbeitskosten genutzt worden sei, ist die SEA der Auffassung, dass dieser Vorteil mit der Liquidation des Unternehmens und der Entlassung der Arbeitnehmer ohnehin hinfällig geworden sei. Dass frühere Mitarbeiter der SEAH später von Airport Handling zu formell und inhaltlich anderen Bedingungen wieder eingestellt worden seien, ändere nichts an dieser Schlussfolgerung. |
(205) |
Selbst wenn akzeptiert werde, dass das Fehlen einer Übertragung von Vermögenswerten von der SEAH auf Airport Handling nicht hinreichend sei, um eine wirtschaftliche Kontinuität auszuschließen, könne angesichts der gesamten Umstände der Transaktion, die der Gründung von Airport Handling zugrunde gelegen habe, allerdings auch nicht festgestellt werden, dass mit dieser Transaktion der Rückforderungsbeschluss umgangen werden sollte. |
(206) |
Der SEA zufolge beruhte die Entscheidung zur Gründung einer neuen Bodenabfertigungsgesellschaft zu Marktbedingungen und im Wettbewerb mit anderen Dienstleistern auf wirtschaftlichen Erwägungen und war durch ein Managementmodell zur Herstellung der mittel- bis langfristigen Rentabilität gerechtfertigt, das sich erheblich von dem der früheren Abfertigungsgesellschaft (SEAH) ([…] (*1)) unterschieden habe. |
(207) |
Die Ankündigung der SEAH, dass das Unternehmen seine Geschäftstätigkeit an den Mailänder Flughäfen einstellen werde, und die Einleitung der Liquidation des Unternehmens hätten auf dem Markt eine Wettbewerbssituation bewirkt, in der die an den Mailänder Flughafen tätigen Fluggesellschaften die Bodenabfertigungsgesellschaften anhand der von den einzelnen Anbietern übermittelten Angebote hätten auswählen können. |
(208) |
Infolge dieses Wettbewerbsprozesses habe Airport Handling Verträge mit Fluggesellschaften vollständig unabhängig von der SEA geschlossen. Einige Fluggesellschaften — frühere Kunden der SEAH — hätten entschieden, die Dienste von Airport Handling nicht mehr in Anspruch zu nehmen; allerdings habe Airport Handling Verträge auch mit Fluggesellschaften geschlossen, für die die SEAH zuvor nicht tätig war. |
(209) |
Da die SEA seit der Übertragung der Beteiligung an den Treuhandfonds keine Leitungs- und Verwaltungsbefugnis mehr über Airport Handling besitze, gehöre Airport Handling nach den Richtlinien 78/660/EWG des Rates (18) und 83/349/EWG des Rates (19) über Jahresabschlüsse und über konsolidierte Abschlüsse, umgesetzt in italienisches Recht mit dem Gesetzesdekret (Decreto Legislativo) Nr. 127 vom 9. April 1991, buchhaltungstechnisch nicht mehr zur SEA-Gruppe. |
(210) |
Um eine schnellere Beteiligung Dritter am Gesellschaftskapital von Airport Handling zu bewirken, unterzeichneten die SEA und der Treuhänder am 26. Januar 2015 eine Durchführungsvereinbarung nach Artikel 20 der Treuhandurkunde; mit dieser Vereinbarung sollte der Treuhänder beauftragt werden, sich um dritte Kapitalgeber zu bemühen. Der Treuhänder und die SEA beschlossen, BNP Paribas als unabhängigen Berater mit dieser Aufgabe zu betrauen. |
(211) |
BNP Paribas unterstützte Airport Handling bei der Vorbereitung des Angebots zur Veräußerung der Beteiligungen, stellte Kontakte mit mehreren potenziell an einer Beteiligung interessierten Kapitalgebern her und führte Zusammenkünfte mit potenziellen Kapitalgebern durch. |
(212) |
Nach Auskunft der SEA hat ein privater Kapitalgeber eine Beteiligung im Umfang von mindestens 30 % an Airport Handling erworben, und die SEA zieht in Erwägung, sich um weitere Kapitalgeber zu bemühen, die an einer Übernahme der Mehrheitsbeteiligung an dem Unternehmen interessiert sein könnten. |
5.3.2. Staatliche Mittel und Zurechenbarkeit
(213) |
Der SEA zufolge ist die Tatsache, dass die SEA ein öffentliches Unternehmen ist, nicht hinreichend für die Feststellung, dass die Ressourcen des Unternehmens als staatliche Mittel im Sinne von Artikel 107 Absatz 1 AEUV zu betrachten sind. Seit der Gründung des Trusts unterliegen die finanziellen Mittel von Airport Handling zudem nicht mehr der Kontrolle durch die SEA; daher könne nicht behauptet werden, dass dies staatliche Mittel im Sinne von Artikel 107 Absatz 1 AEUV seien. |
(214) |
In diesem Zusammenhang trägt die SEA auch Folgendes vor:
|
(215) |
Die SEA betont, dass die finanziellen Ressourcen von Airport Handling nach Übertragung der Ressourcen jederzeit der Kontrolle durch den Treuhänder als dem einzigen Anteilseigner von Airport Handling unterstanden hätten. |
(216) |
Dies zeige, dass der öffentliche Anteilseigner der SEA (die Stadt Mailand) weder direkt noch indirekt Einfluss auf die Verwendung von Finanzinstrumenten im Zusammenhang mit Airport Handling ausüben könne und dass diese Ressourcen der alleinigen Kontrolle durch den Treuhänder unterliegen würden, solange der Trust bestehe. In jedem Fall habe die SEA infolge der Gründung des Trusts ihre Befugnis zur Benennung der Mitglieder des Verwaltungsrats von Airport Handling verloren. |
5.4. Stellungnahmen von Beteiligten
(217) |
Bei der Kommission gingen Stellungnahmen eines Beteiligten ein, der bat, weder seine Identität noch seine Stellungnahmen gegenüber Dritten offenzulegen. |
6. BEMERKUNGEN ITALIENS ZU DEN STELLUNGNAHMEN DER BETEILIGTEN
(218) |
Italien äußerte sich zu den im Rahmen der Prüfung übermittelten Stellungnahmen des Trusts und der SEA. |
(219) |
Es schloss sich uneingeschränkt den Stellungnahmen der oben genannten Beteiligten an und betonte, die Stellungnahmen zeigten zum einen, dass die italienischen Behörden keinerlei Einfluss auf die Geschäftstätigkeit und die Entscheidung der SEA zur Investition in Airport Handling genommen hätten, und machten zum anderen deutlich, dass Airport Handling die wirtschaftliche Tätigkeit der SEAH nicht fortsetze. |
7. WÜRDIGUNG
(220) |
In dieser Sache musste die Kommission zwei getrennte Sachverhalte bewerten: Erstens den möglichen Übergang der aus dem Rückzahlungsbeschluss erwachsenden Rückzahlungsverpflichtung von der SEA Handling auf Airport Handling, und zweitens die etwaige inhärent mit der durch die SEA gewährten Kapitalzuführung von 25 Mio. EUR für Airport Handling verbundene Beihilfe. |
7.1. Wirtschaftliche Kontinuität und Übertragung der Rückzahlungspflicht
(221) |
Nach der Rechtsprechung muss eine rechtswidrige und mit dem Binnenmarkt unvereinbare Beihilfe von dem Unternehmen zurückgefordert werden, das den tatsächlichen Nutzen davon hatte (20). |
(222) |
Bei insolventen Begünstigten einer staatlichen Beihilfe kann die Rückzahlungsverpflichtung durch die Eintragung der Forderung nach Rückerstattung der fraglichen Beihilfen in die Forderungstabelle nur dann erfüllt werden, wenn der Begünstigte aus dem Markt ausscheidet (21). Diesbezüglich stellte der Gerichtshof fest: „Befindet sich das Unternehmen, dem die rechtswidrigen Beihilfen zugutegekommen sind, in Konkurs und ist eine Gesellschaft gegründet worden, um einen Teil der Tätigkeiten dieses in Konkurs gefallenen Unternehmens fortzusetzen, kann die Fortsetzung dieser Tätigkeit, ohne dass die betreffenden Beihilfen vollständig zurückerlangt wurden, die Wettbewerbsverzerrung fortdauern lassen, die durch den Wettbewerbsvorteil verursacht worden ist, den diese Gesellschaft auf dem Markt gegenüber ihren Mitbewerbern besaß. Somit kann eine derartige neu gegründete Gesellschaft, wenn dieser Vorteil zu ihren Gunsten fortbesteht, zur Rückerstattung der fraglichen Beihilfen verpflichtet sein. Dies ist namentlich dann der Fall, wenn erwiesen ist, dass dieser Gesellschaft der tatsächliche Nutzen des mit dem Erhalt dieser Beihilfen verbundenen Wettbewerbsvorteils verbleibt, vor allem wenn sie die Vermögensgegenstände der Gesellschaft in Liquidation erwirbt, ohne dafür einen den Marktbedingungen entsprechenden Preis zu zahlen, oder wenn erwiesen ist, dass mit der Gründung einer derartigen Gesellschaft die Pflicht zur Rückerstattung der Beihilfen umgangen wurde.“ (22) |
(223) |
Im Zusammenhang mit der Übertragung von Vermögenswerten von einem Begünstigten auf ein anderes Unternehmen, das dessen frühere Tätigkeiten fortsetzt, hat der Gerichtshof bestätigt, dass die folgenden Faktoren bei der Bewertung der wirtschaftlichen Kontinuität der beiden Unternehmen berücksichtigt werden können (23): der Umfang der Übertragung (Aktiva und Passiva, Übernahme der Belegschaft, gebündelte Vermögenswerte usw.), der Übertragungspreis, die Identität der Anteilseigner oder Eigentümer des erwerbenden Unternehmens und des ursprünglichen Unternehmens, der Zeitpunkt, zu dem die Übertragung stattfindet (nach Beginn der Untersuchung, nach der Verfahrenseinleitung oder nach dem abschließenden Beschluss) und schließlich die ökonomische Folgerichtigkeit der Transaktion. |
(224) |
Nach der Rechtsprechung können die genannten Faktoren je nach den besonderen Gegebenheiten in dieser Sache in unterschiedlichem Umfang berücksichtigt werden (24). Dass die Kommission nicht verpflichtet ist, alle genannten Faktoren einzubeziehen, ergibt sich aus der Formulierung „berücksichtigt werden können“ (25). |
(225) |
Um festzustellen, ob eine wirtschaftliche Kontinuität zwischen der SEAH und Airport Handling besteht und ob das letztgenannte Unternehmen für die Rückzahlung der mit dem Binnenmarkt unvereinbaren Beihilfe haftbar gemacht werden kann, die dem erstgenannten Unternehmen gewährt wurde, berücksichtigte die Kommission die genannten Indikatoren angesichts der besonderen Gegebenheiten in dieser Sache. |
7.1.1. Umfang der Übertragung
7.1.1.1.
(226) |
Nach der Einleitung des Verfahrens zur Liquidation der SEAH wurden viele der früheren Arbeitnehmer der SEAH von Airport Handling wieder eingestellt; diese Arbeitnehmer bildeten anfänglich die Mehrheit der Belegschaft von Airport Handling. Daher muss analysiert werden, ob dies nicht als Anzeichen für eine Umgehung des Rückforderungsbeschlusses zu betrachten ist. Dazu sollte geprüft werden, ob der Prozess, der zu diesem Ergebnis geführt hatte, nicht als Übertragung von Mitarbeitern der SEAH auf Airport Handling unter Beibehaltung der wesentlichen Beschäftigungsbedingungen anzusehen ist. Dies ist umso bedeutsamer, als die Mitarbeiter die wichtigste Ressource für die Tätigkeit von Bodenabfertigungsgesellschaften darstellen (26). |
(227) |
Italien ist der Auffassung, dass hinsichtlich der Übernahme der Belegschaft keine Kontinuität zwischen der SEAH und Airport Handling bestehe, da die Arbeitsverträge von der SEAH gekündigt und die Arbeitnehmer von Airport Handling mit neuen Verträgen zu deutlich anderen Bedingungen eingestellt worden seien. Airport Handling und die SEA schlossen sich dieser Aufforderung an. |
(228) |
Italien zufolge ist die von der SEA, der SEAH und den Gewerkschaften am 4. November 2013 unterzeichnete Vereinbarung nicht dahin auszulegen, dass sie früheren Beschäftigten der SEAH die Aufrechterhaltung der Rechte garantiert hätte, die ihnen nach den früheren Verträgen mit den SEAH zustanden. Diese Vereinbarung sei ein im Wesentlichen programmatisches Dokument, das später durch die Vereinbarungen vom 4. Juni 2014 ersetzt worden sei. Aus dem Wortlaut dieser Vereinbarungen sei ersichtlich, dass den ehemaligen Beschäftigten der SEAH die früheren Rechte nicht mehr garantiert wurden, und dass sie von Airport Handling zu neuen Bedingungen wieder eingestellt wurden. |
(229) |
Aufgrund der im förmlichen Prüfverfahren ermittelten Informationen bewertete die Kommission i) den Prozess der Wiedereinstellung eines beträchtlichen Anteils der Belegschaft der SEAH durch Airport Handling und ii) die Vereinbarungen mit den Gewerkschaften über die Wiedereinstellung von Mitarbeitern der SEAH. |
(230) |
Hinsichtlich der Vorgehensweise ist erstens festzustellen, dass de jure keine Übertragung der Arbeitsverträge der SEAH auf Airport Handling erfolgte. Die Verträge mit der SEAH wurden rechtswirksam gekündigt, und mit Airport Handling wurden neue Verträge geschlossen. Zudem wurden die Arbeitsverträge weder automatisch noch allgemein von der SEAH auf Airport Handling übertragen. Tatsächlich erfolgte keinerlei Übertragung von Arbeitsverträgen. Vielmehr kündigte das erstgenannte Unternehmen die Arbeitsverträge, bevor Airport Handling einen Teil der Belegschaft zu geänderten Bedingungen wieder einstellte. |
(231) |
Zweitens ist bezüglich des Umfangs der Übertragung Folgendes festzuhalten: Am 22. April 2014, als die SEAH das Mobilitätsprogramm für entlassene Arbeitnehmer initiierte, belief sich der Personalbestand auf […] (*1) Mitarbeiter ([…] (*1) VZÄ). Den vorliegenden Daten zufolge hatte Airport Handling am 31. Mai 2015, d. h. neun Monate nach Aufnahme seiner Geschäftstätigkeit, […] (*1) Mitarbeiter; davon waren […] (*1) früher bei der SEAH beschäftigt. Somit hatte Airport Handling bis zu diesem Zeitpunkt etwa […] (*1) % der früheren Belegschaft der SEAH übernommen. Insoweit war die Übertragung nicht auch nur annähernd abgeschlossen. Allerdings ist auch festzustellen, dass die Belegschaft von Airport Handling, zumindest in der anfänglichen Phase nach Aufnahme der Geschäftstätigkeit von Airport Handling, nahezu ausschließlich aus früheren Beschäftigten der SEAH bestand. |
(232) |
Hinsichtlich der wesentlichen Bedingungen der Wiedereinstellungen ist die Kommission drittens zu dem Schluss gelangt, dass die von Airport Handling unterzeichneten Verträge mit früheren Mitarbeitern der SEAH sich sowohl formell als auch inhaltlich von den früheren Verträgen mit der SEAH unterschieden und dass insbesondere in den folgenden Punkten unterschiedliche Bedingungen bestanden:
|
(233) |
Und schließlich deuten auch die Umstände, unter denen die Parteien im Zusammenhang mit dieser Sache die Beschäftigungsbedingungen aushandelten und schließlich vereinbarten, darauf hin, dass die Beschäftigungsbedingungen erheblich geändert wurden. Die SEA, die SEAH und Airport Handling verhandelten getrennt mit den Gewerkschaften und erzielten unterschiedliche Vereinbarungen mit den Gewerkschaften. Airport Handling und die Gewerkschaften brauchten mehr als acht Monate, um sich über die Bedingungen des Einstellungsverfahrens, die rechtlichen und finanziellen Bedingungen der Arbeitsverträge, den Sozialschutz und die Arbeitsorganisation zu verständigen. Nach Auskunft des Trusts haben die Beschäftigten der SEAH anfänglich die Änderungen abgelehnt, denen ihre Gewerkschaften mit der Vereinbarung vom Juni 2014 zugestimmt hatten. Die Änderungen wurden von den Arbeitnehmern in einer Abstimmung zurückgewiesen. Nach den vom Trust vorgelegten Unterlagen stimmten die Gewerkschaften erst dann den neuen Beschäftigungsbedingungen zu, als Airport Handling sich zu bestimmten Klarstellungen in der genannten Vereinbarung bereit erklärt hatte. Die Kommission stellt fest, dass Airport Handling getrennte Verhandlungen mit den Gewerkschaften geführt hat und dass es dem Unternehmen ungeachtet der anfänglichen Ablehnung gelungen ist, die oben erläuterten Änderungen durchzusetzen. Wie in Erwägungsgrund 38 erläutert, wurde die Vereinbarung vom 4. Juni 2014 zwischen Airport Handling und den Gewerkschaften auch dann nicht mehr erheblich geändert, als die Vereinbarung von den Gewerkschaften in einer Abstimmung abgelehnt worden war, in der die Gewerkschaften auf einigen Klarstellungen in der Vereinbarung bestanden hatten. |
(234) |
Aus diesen Gründen ist festzustellen, dass die Belegschaft tatsächlich weder vollständig übertragen wurde noch dass die Beschäftigungsbedingungen der Verträge mit der SEAH in wesentlichen Teilen beibehalten worden wären. |
(235) |
Diese Feststellung wird durch die belegschaftsbezogenen Vereinbarungen zwischen der SEA, der SEAH und Airport Handling mit den Gewerkschaften nicht berührt. Die Zielsetzung der Vereinbarungen lässt weder darauf schließen, dass die Belegschaft der SEAH vollständig von Airport Handling übernommen werden sollte, noch dass eine Beibehaltung der Bedingungen der Arbeitsverträge der SEAH beabsichtigt war. Insbesondere stellt die Kommission fest, dass dem ursprünglichen Schlichtungsentwurf vom 4. November 2013 zwischen der SEA und den Gewerkschaften zufolge eine künftige Durchführungsvereinbarung vom Ziel des Erhalts der Arbeitsplätze der gesamten Belegschaft der SEAH geleitet sein sollte (27). In dieser Vereinbarung werden einige Maßnahmen zur Erreichung dieses Ziels genannt; diese Maßnahmen bestanden im Wesentlichen in Mechanismen im Rahmen der geltenden arbeits- und tarifrechtlichen Vorschriften etwa im Hinblick auf den Sozialschutz und auf Regelungen zum freiwilligen Ausscheiden von Arbeitnehmern, die auch in der SEA-Gruppe angewendet werden sollten, sowie aus Versetzungen innerhalb der Gruppe. Die Vereinbarung sah somit tatsächlich vor, dass innerhalb der SEA-Gruppe insgesamt (28) und nicht nur bei Airport Handling neue Arbeitsplätze geschaffen werden sollten und dass dies nur eine von mehreren Maßnahmen sein sollte. Diese Vereinbarungen wurden zudem nicht mit Airport Handling geschlossen, das seinerseits getrennte Vereinbarungen mit den Mitarbeitern traf. Insoweit war die Anzahl der Arbeitsplätze, die auf Airport Handling verlagert werden sollten, von den Parteien nicht im Vorfeld festgelegt worden, sondern wurde erst nach dem Abschluss der Verträge mit den Fluggesellschaften aufgrund des Personalbedarfs des Unternehmens ermittelt. |
(236) |
Die Kommission stellt ferner fest, dass es keine Belege dafür gibt, dass Airport Handling durch öffentliche Stellen oder durch die SEA als Muttergesellschaft des Unternehmens verpflichtet gewesen wäre, frühere Mitarbeiter der SEAH zu beschäftigen. |
(237) |
Hinsichtlich des Umfangs der Übertragung der Belegschaft ist die Kommission zu dem Schluss gelangt, dass die Umstände dem ersten Anschein nach für eine ausgeprägte wirtschaftliche Kontinuität infolge der Wiedereinstellung eines erheblichen Teils der Belegschaft der SEAH durch Airport Handling sprechen. Allerdings sind die konkreten Gegebenheiten der Wiedereinstellungen zu berücksichtigen, insbesondere die Kündigung aller Verträge und der Abschluss neuer Verträge mit neuen Vertragsbedingungen. Daher stellt die Kommission fest, dass die Übertragung von Mitarbeitern nicht als starkes Indiz für eine wirtschaftliche Kontinuität zwischen der SEA und Airport Handling zu betrachten ist. |
7.1.1.2.
(238) |
In ihrem Einleitungsbeschluss von 2014 vertrat die Kommission die vorläufige Auffassung, dass die prognostizierten Marktanteile von Airport Handling in den ersten sechs Monaten seiner Geschäftstätigkeit nur deshalb als realistisch angesehen werden konnten, weil Geschäftstätigkeiten übertragen wurden, die zuvor von der SEAH ausgeführt worden waren. |
(239) |
Im Laufe des Prüfverfahrens erklärten Italien, die SEA und Airport Handling, dass diese Prognosen auf dem Geschäftsplan von Airport Handling von August 2014 beruhten. Die prognostizierte Entwicklung sollte durch eine erhebliche Senkung der Betriebskosten, durch Steigerungen der Arbeitseffizienz und durch Personalabbau erreicht werden. |
(240) |
Außerdem wurden die Verträge mit den an den Mailänder Flughäfen tätigen Fluggesellschaften neu verhandelt. Italien zufolge konnten diese Verträge nicht rechtswirksam von der SEAH auf Airport Handling übertragen werden. Sie mussten im Wettbewerb mit den anderen an den Mailänder Flughäfen tätigen Dienstleistern neu verhandelt werden. |
(241) |
Wie in den Erwägungsgründen 133 und 208 erläutert, hat Airport Handling einen anderen Kundenstamm als die SEAH. Als die SEAH aus dem Markt ausschied, entschieden sich einige ihrer Kunden, andere Anbieter als Airport Handling mit den benötigten Bodenabfertigungsdiensten zu beauftragen. Allerdings gelang es Airport Handling auch, Kunden zu gewinnen, für die die SEAH zuvor nicht tätig war. |
(242) |
Als weiteren Beleg dafür, dass die von Airport Handling mit den Fluggesellschaften geschlossenen Verträge nicht nur neu ausgehandelt worden waren, sondern auch in wesentlichen Punkten andere Vertragsbedingungen beinhalteten, legte Italien Informationen vor, nach denen bestimmten Fluggesellschaften, für die zuvor die SEAH tätig war (beispielsweise […] (*1)), bei Airport Handling erheblich günstigere Konditionen durchsetzen konnten als bei der SEAH. Im Laufe der Verhandlungen mit Airport Handling verlangte […] (*1) beispielsweise, dass […] (*1). Daher wurde […] (*1) ein […] (*1) gewährt (29). |
(243) |
Im Laufe des Prüfverfahrens erläuterte Italien, dass an den Mailänder Flughäfen tätigen Fluggesellschaften von der SEA Rabatte auf Flughafengebühren unabhängig davon gewährt worden seien, ob sie mit Airport Handling Verträge über Bodenabfertigungsdienste schlossen. Während der Prüfung eingegangenen Stellungnahmen zufolge gibt es keine Beweisunterlagen dafür, dass die SEA Verhaltensweisen gezeigt hätte, mit denen an den Mailänder Flughäfen tätige Fluggesellschaften zum Abschluss neuer Verträge über Bodenabfertigungsdienste mit Airport Handling hätten bewegt werden sollen. |
(244) |
Im Einleitungsbeschluss von 2014 brachte die Kommission Zweifel daran zum Ausdruck, dass Verträge mit den Fluggesellschaften tatsächlich neu ausgehandelt würden. In diesem Zusammenhang verwies die Kommission auf ihr vorliegende Informationen, die darauf hindeuten, dass SEA und Airport Handling schon vor Ablauf dieser Verträge gemeinsam Vermarktungsmaßnahmen ergriffen hatten, um den an dem Flughafen tätigen Fluggesellschaften zu versichern, dass SEA das Bodenabfertigungsgeschäft weiterführen werde. Im förmlichen Prüfverfahren wurden jedoch keine Beweismittel dafür gefunden, dass die SEA und Airport Handling durch gemeinsame Vermarktungsmaßnahmen einen bloßen Austausch eines Auftragnehmers organisiert hätten, ohne den Fluggesellschaften als Auftraggebern Raum für eine Neuverhandlung der Vertragsbedingungen zu gewähren. Insbesondere hat die Kommission keine Belege dafür gefunden, dass die SEA oder Airport Handling in der Lage gewesen wären, Bemühungen früherer Kunden der SEAH um günstigere Bedingungen bei anderen Bodenabfertigungsgesellschaften wirksam zu vereiteln. |
(245) |
Die Kommission hat geprüft, ob sich Airport Handling bei der Vorbereitung seines Markteintritts de facto in der Lage eines neuen Marktteilnehmers befand oder eher unter Nutzung der Marktposition und von Kundenkontakten der SEAH die Kontinuität der Geschäftstätigkeit sicherstellte. Wenn die Kunden der SEAH infolge des Ausscheidens der Gesellschaft aus dem Markt keine Möglichkeit gehabt haben sollten, neue Verträge mit anderen Bodenabfertigungsgesellschaften als Airport Handling auszuhandeln, hätte dies unter den besonderen Umständen in dieser Sache auf eine Umgehung des Rückforderungsbeschlusses dadurch hindeuten können, dass Kunden von der SEAH auf Airport Handling übertragen wurden. |
(246) |
In dieser Hinsicht sind die folgenden Aspekte von besonderer Bedeutung: Im Geschäftsplan von Airport Handling wurden alternative Szenarien mit niedrigeren Marktanteilen nicht berücksichtigt. Dies hätte ein Anzeichen dafür sein können, dass Airport Handling mit verhältnismäßig hoher Wahrscheinlichkeit davon ausging, den Kundenstamm der SEAH übernehmen und sich somit die frühere Marktposition und die Kundenkontakte der SEAH zunutze machen zu können, um Kunden zu gewinnen und entsprechende Verträge abzuschließen, ohne sich dabei im Wettbewerb mit anderen Bodenabfertigungsgesellschaften behaupten zu müssen. |
(247) |
Bestimmte formelle und inhaltliche Faktoren zeigen jedoch, dass dies nicht der Fall war. |
(248) |
Hinsichtlich der Form der Übertragung ist zunächst festzustellen, dass keine Dienstleistungsverträge rechtswirksam von der SEAH auf Airport Handling übertragen wurden. Daher konnten die Fluggesellschaften nach eigenem Ermessen auch andere Anbieter als Airport Handling auswählen, sobald ihre Verträge mit der SEAH gekündigt wurden (siehe in diesem Beschluss Erwägungsgrund 43). |
(249) |
Zweitens deuten verfügbare Informationen darauf hin, dass die Kunden sich an andere Dienstleister wenden konnten, als die SEAH ihnen mitteilte, dass sie ihre Geschäftstätigkeit einstellen werde. Dass einige Kunden zu anderen Anbietern wechselten, zeigt, dass diese Möglichkeit bestand. Vor allem aber hatte die SEAH abgesehen von Ausnahmesituationen keine rechtlichen Gründe für eine einseitige Übertragung der Verträge auf einen Dritten. Nach von Italien übermittelten Informationen erfolgte allerdings in keinem Fall eine Berufung auf die Bestimmung über Ausnahmesituationen. Italien legte eine Übersicht über den Kundenstamm von Airport Handling zum 14. Februar 2014 vor; dieser Übersicht zufolge hatten von 68 früheren Kunden der SEAH […] (*1) zu anderen Bodenabfertigungsgesellschaften gewechselt, d. h. von den damals […] (*1) Kunden von Airport Handling hatte einer zu einem Wettbewerber gewechselt, drei waren neu an den Flughafen gekommen, und […] (*1) waren frühere Kunden der SEAH. […] (*1) dieser […] (*1) früheren Kunden der SEAH handelten für die Kunden günstigere neue Vertragsbedingungen aus und vereinbarten entweder niedrigere Preise (13 Kunden) oder ein geändertes Diensteportfolio ([…] (*1) Kunden) bzw. sowohl niedrigere Preise als auch ein geändertes Diensteportfolio ([…] (*1) Kunden). Insoweit schlossen nur 20 Kunden Dienstleistungsverträge im Wesentlichen zu den Bedingungen, die zuvor auch in den Verträgen mit der SEAH bestanden. Die Preise wurden gegenüber den zuvor mit der SEAH vereinbarten Preisen um […] (*1) bis […] (*1) % reduziert. |
(250) |
Insgesamt sieht die Kommission daher in dem Prozess, der zum Abschluss von Vereinbarungen von Airport Handling mit einigen früheren Kunden der SEAH führte, keine Anhaltspunkte für eine Umgehung des Rückforderungsbeschlusses (und somit auch keine Anzeichen für eine wirtschaftliche Kontinuität). Airport Handling stand bei den Verhandlungen mit den an den Mailänder Flughäfen tätigen Fluggesellschaften offenbar in echtem Wettbewerb, und verschiedene Anzeichen deuten darauf hin, dass sich der Wettbewerb zwischen Dienstleistern an den Mailänder Flughäfen erst kurz vor dem Ausscheiden der SEAH aus dem Markt zu entwickeln begann. |
7.1.1.3.
(251) |
Als dritten Punkt bei der Untersuchung des Umfangs der Übertragung prüfte die Kommission den Umfang der Übertragung der Vermögenswerte. |
(252) |
Als Airport Handling seine Geschäftstätigkeit aufnahm, bezog es seine Bodenabfertigungsausrüstung nach Maßgabe eines Leasingvertrags vollständig von der SEAH. Fünf Monate später begann das Unternehmen schrittweise, diese Ausrüstung durch Vermögenswerte zu ersetzen, die es auf dem Markt beschafft hatte, und im September 2015 erwarb es schließlich […] (*1) der […] (*1) Lose, in die die Vermögenswerte der SEAH aufgeteilt worden waren. |
(253) |
Airport Handling begann mit der Erbringung von Bodenabfertigungsdiensten unter Nutzung der Vermögenswerte der SEAH nach Maßgabe eines Leasingvertrags. Dieser Vertrag sollte am 31. August 2015 auslaufen. Vor Ablauf des Leasingvertrags brachte Airport Handling sein Interesse am Erwerb von […] (*1) der […] (*1) ausgeschrieben Lose (d. h. der Lose Nr. […] (*1)) zum Ausdruck. Airport Handling erklärte, dass realistisch betrachtet zwar etwa ein Drittel der im Eigentum der SEAH stehenden und Airport Handling nach Maßgabe eines Leasingvertrags überlassenen Bodenabfertigungsausrüstungen veraltet waren; Airport Handling sei jedoch bereit gewesen, etwa […] (*1) % der Ausrüstung (einen hinreichenden Anteil für die Geschäftstätigkeit von Airport Handling) zu erwerben, da Airport Handling inzwischen erhebliche Bestände an Ersatzteilen für einige der ältesten Ausrüstungen der SEAH auf dem Markt erworben hatte. |
(254) |
Verfügbaren Unterlagen zufolge wurden die Verkaufsverhandlungen zwischen Airport Handling und der SEAH aufgenommen, als Airport Handling mit Schreiben vom 3. Juni 2015 die folgenden Vorschläge unterbreitete:
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(255) |
Am selben Tag kamen die Parteien zu einem Treffen zusammen. Mit Schreiben vom 10. Juni 2015 antwortete der Insolvenzverwalter der SEAH Airport Handling sinngemäß wie folgt:
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(256) |
Nach Auskunft Italiens dauerten die Verhandlungen bis September 2015 an, als die SEAH der Zahlung eines Preises von […] (*1) für den Erwerb der […] (*1) Lose zustimmte, […] (*1). Der Verkaufspreis belief sich auf […] (*1) EUR; dieser Preis wurde auch ursprünglich in dem erfolglosen Ausschreibungsverfahren genannt. Die ursprüngliche Leasingdauer wurde für […] (*1) Bestandteile der Ausrüstung gegen Zahlung einer Leasinggebühr von insgesamt […] (*1) EUR bis […] (*1) verlängert; diese Leasinggebühr ergab sich aus dem Wert, der diesen Bestandteilen der Ausrüstung in den genannten unabhängigen Wertermittlungen zugeschrieben wurde. Airport Handling gab diese […] (*1) Bestandteile am […] (*1) an die SEAH zurück. |
(257) |
Airport Handling zufolge war der Erwerb jedoch aus den folgenden Gründen wirtschaftlich gerechtfertigt:
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(258) |
Zwischenzeitlich hatte Airport Handling im Zeitraum von November 2014 bis Januar 2015 eine Ausschreibung für die Beschaffung neuer Ausrüstungen auf dem Markt durchgeführt. Nach Auskunft Italiens belief sich der Wert der in diesem ersten Ausschreibungsverfahren beschafften Ausrüstung auf etwa […] (*1) EUR. |
(259) |
Die Kommission prüfte, ob der Vergleich der Vermögenswerte, die Airport Handling auf dem Markt beschafft hatte, hinsichtlich ihres Wertes und der Anzahl der Bestandteile mit der von der SEAH zunächst geleasten und später käuflich erworbenen Ausrüstung ein zuverlässiger Indikator für eine wirtschaftliche Kontinuität sein könne. In Bezug auf die Vergleichbarkeit der beiden Typen von Vermögenswerten gelangte die Kommission zu folgendem Schluss:
|
(260) |
Daher stellt die Kommission fest, dass ein Vergleich des Wertes und der Anzahl der Bestandteile der neuen Ausrüstung mit dem Wert der zunächst geleasten und später gekauften Ausrüstung in dieser Sache nicht als Indikator für eine wirtschaftliche Kontinuität dienen kann. |
(261) |
Vor diesem Hintergrund bewertete die Kommission die Bedeutung der Vermögenswerte (funktionsfähige Werkzeuge) als Produktionsfaktor von Airport Handling im Verhältnis zum Produktionsfaktor Arbeit sowie im Verhältnis zum Umsatz der SEAH und von Airport Handling. |
(262) |
Hinsichtlich der Bedeutung der Vermögenswerte im Verhältnis zum Produktionsfaktor Arbeit ist festzustellen, dass der Wert der funktionsfähigen Werkzeuge in der letzten Bilanz der SEAH vor ihrer Auflösung mit ca. […] (*1) ausgewiesen wurde. Das Gesellschaftskapital von Airport Handling belief sich im Jahr 2015 auf […] (*1) EUR (30). Diesem Kapital von Airport Handling standen der Ergebnisrechnung von Airport Handling für diesen Zeitraum zufolge Arbeitskosten von […] (*1) im Jahr von September 2014 bis August 2015 gegenüber (31). |
(263) |
Auch gemessen am Umsatz sind die Vermögenswerte von untergeordneter Bedeutung: Laut der Ergebnisrechnung von Airport Handling für den Zeitraum von September 2014 bis August 2015 belief sich der Umsatz auf […] (*1) EUR. Insoweit dürften die fraglichen Vermögenswerte im Vergleich zu den Arbeitskosten als Produktionsfaktor von untergeordneter Bedeutung gewesen sein. Auch gemessen am Umsatz, der mit der Belegschaft und mit den Vermögenswerten generiert wurde, ist der Wert der Vermögenswerte als sehr bescheiden anzusehen. Vielmehr deuten die im Laufe des förmlichen Prüfverfahrens erlangten Informationen darauf hin, dass sowohl die SEAH als auch Airport Handling weniger ein vermögensintensives als vielmehr ein ausgesprochen personalintensives Geschäftsmodell verfolgten bzw. verfolgen. |
(264) |
Ungeachtet der Tatsache, dass Airport Handling seine Vermögenswerte zunächst von der SEAH beschafft hatte, gelangte die Kommission daher zu dem Schluss, dass dies an sich nicht als Anzeichen für eine wirtschaftliche Kontinuität betrachtet werden kann, da Vermögenswerten in der Bodenabfertigungsbranche als Produktionsfaktor nur geringe Bedeutung zukommt. |
7.1.1.4.
(265) |
Die Beurteilung der Frage, inwieweit der Umfang der Übertragung ein Anzeichen für eine wirtschaftliche Kontinuität zwischen der SEAH und Airport Handling sein könnte, führte zu folgendem Ergebnis: |
(266) |
Erstens wurde der Kundenstamm der SEAH nicht auf Airport Handling übertragen. Mit der Auflösung der SEAH wurden vielmehr alle Verträge gekündigt, und Airport Handling musste neue Verträge schließen; dabei konnte das Unternehmen einige der früheren Kunden der SEAH und einige neue Kunden gewinnen, während andere Kunden zu Wettbewerbern abwanderten. Die Vertragsbedingungen wurden unabhängig von den Bedingungen der früheren Verträge mit der SEAH ausgehandelt. Diesbezüglich befand sich Airport Handling in der gleichen Ausgangssituation wie alle anderen Wettbewerber oder auch neue Marktteilnehmer. Dass der Kundenstamm nicht übertragen wurde, betrachtet die Kommission als starkes Indiz dafür, dass eine wirtschaftliche Kontinuität nicht gegeben war. |
(267) |
Zweitens übernahm Airport Handling das anfängliche Personal vollständig von der SEAH; die Einstellungen erfolgten jedoch mit neuen Verträgen und zu neuen Vertragsbedingungen. Die Arbeitsverträge wurden nicht vollständig übernommen, und die Verträge wurden weder automatisch übertragen noch wurden die Vertragsbedingungen beibehalten. |
(268) |
Drittens ist zutreffend, dass Airport Handling zunächst die gesamte Bodenabfertigungsausrüstung von der SEAH leaste; nach Ablauf der Leasingdauer wurde jedoch nur ein Teil der Vermögenswerte der SEAH übernommen, da Airport Handling inzwischen begonnen hatte, sich Ausrüstungen von Dritten zu beschaffen. Verfügbaren Informationen zufolge stellen die Vermögenswerte zudem offenbar nur einen geringen Anteil des Produktionsvermögens von Bodenabfertigungsgesellschaften dar und sind für die Kostenstruktur und -effizienz von Airport Handling wohl nicht entscheidend. |
(269) |
Insgesamt stellt die Kommission aufgrund des Umfangs der Übertragung fest, dass sämtliche Umstände der Gründung von Airport Handling im Zuge der Liquidation der SEAH zusammen genommen keinen hinreichend starken Anhaltspunkt für die das Bestehen einer wirtschaftlichen Kontinuität zwischen beiden Unternehmen bieten, bei der eine Umgehung des Rückforderungsbeschlusses zu konstatieren wäre. |
7.1.2. Zahlung des Marktpreises
(270) |
Nach der Rechtsprechung wäre auch eine Übertragung der Vermögenswerte zu einem Preis unterhalb des Marktpreises ein Anzeichen für eine wirtschaftliche Kontinuität zwischen der aufgelösten Gesellschaft, die dem Staat die Rückzahlung einer Beihilfe schuldet, und der neu gegründeten Gesellschaft. |
7.1.2.1.
(271) |
Im Zusammenhang mit dem Insolvenzverfahren kann eine Umgehung eines negativen Beihilfebeschlusses durch eine Übertragung von Vermögenswerten insbesondere unter folgenden Umständen gegeben sein:
|
(272) |
Die Kommission stellt allerdings fest, dass eine Übertragung — oder ein Leasing — von Vermögenswerten eines insolventen Unternehmens, das eine mit dem Binnenmarkt unvereinbare Beihilfe erlangt hat, auf ein andres Unternehmen dann kein Anzeichen für eine Umgehung eines Rückforderungsbeschlusses ist, wenn die folgenden Voraussetzungen erfüllt sind:
|
(273) |
In dieser Sache ist festzustellen:
|
7.1.2.2.
(274) |
Nach dem erfolglosen Ausschreibungsverfahren wurde die Bodenabfertigungsausrüstung von Airport Handling nach Maßgabe eines Leasingvertrags überlassen, der ursprünglich am 31. August 2015 auslaufen sollte. |
(275) |
Nach der Rechtsprechung ist die bloße Tatsache, dass ein Unternehmen Vermögenswerte eines insolventen Unternehmens teilweise oder vollständig geleast hat, nicht zwangsläufig dahin gehend auszulegen, dass das neue Unternehmen den Wettbewerbsvorteil erlangt hätte, der mit einer dem Leasinggeber zuvor gewährten Beihilfe verbunden war (33). Dass der Beihilfeempfänger die Vermögenswerte einem Unternehmen mit ähnlicher Geschäftstätigkeit nach Maßgabe eines Leasingvertrags überlassen hat, ist dann kein Anzeichen für eine wirtschaftliche Kontinuität, wenn der Leasingpreis dem Marktpreis entspricht. Liegt der dem Beihilfeempfänger von dem neuen Unternehmen gezahlte Leasingpreis jedoch unter dem Marktpreis, könnte dies insoweit auf eine wirtschaftliche Kontinuität hindeuten, als der Vorteil, den der Begünstigte durch die rechtswidrige und mit dem Binnenmarkt unvereinbare Beihilfe erlangt hat, vollständig oder teilweise auf das neue Unternehmen übertragen wurde, indem ein Preis unterhalb des Marktpreises angesetzt wurde. |
(276) |
Verfügbaren Informationen zufolge haben die SEAH und der Treuhänder den Leasingvertrag zu Marktbedingungen ausgehandelt. Zudem wurde die Leasinggebühr nach zwei aufeinanderfolgenden externen Wertermittlungen festgesetzt. Um die Richtigkeit der ersten Wertermittlung zu überprüfen, bei der die jährliche Leasinggebühr mit […] (*1) EUR angesetzt worden war, beauftragten die SEAH und die Airport Handling E&Y gemeinsam nochmals mit der Ermittlung der Leasinggebühr. In dieser zweiten Wertermittlung wurde zunächst eine Leasinggebühr von […] (*1) bzw. […] (*1) EUR empfohlen. Nachdem die SEAH und Airport Handling übereingekommen waren, diese zweite Wertermittlung unter Berücksichtigung neuer Informationen auszuweiten, die sie in Berichten im Zusammenhang mit der Lieferung der Ausrüstung erhalten hatten, stellten die Sachverständigen fest, dass die Maschinen und Ausrüstungen teilweise nicht verwendbar waren und passten ihre ursprüngliche Schätzung an (von […] (*1) auf […] (*1) EUR). Ausgehend von diesem zweiten Bewertungsbericht vereinbarten die SEAH und Airport Handling eine Reduzierung der Leasinggebühr auf […] (*1) pro Jahr. |
(277) |
Nach den verfügbaren Informationen ist somit festzustellen, dass die SEAH und Airport Handling Verhandlungen zu Marktbedingungen führten und sich dabei auf die Berichte von Sachverständigen über den Wert der in Rede stehenden Vermögenswerte stützten. Die Ausweitung der zweiten Wertermittlung im einvernehmlichen Auftrag beider Parteien zeigt, dass beide Parteien bestrebt waren, den Leasingpreis möglichst am Marktpreis auszurichten und somit möglichen Bedenken hinsichtlich einer Kollusion schon im Vorfeld zu begegnen. Daher stellt die Kommission fest, dass die vereinbarte Leasinggebühr zumindest dem Marktpreis entspricht. |
7.1.2.3.
(278) |
Airport Handling kaufte die Vermögenswerte nach dem erfolglosen Ausschreibungsverfahren und nach Ablauf des Leasingvertrags. In diesem Zusammenhang prüfte die Kommission, ob Airport Handling durch diese Transaktion einen Vorteil aufgrund der Beihilfe erlangte, die der SEAH zuvor rechtswidrig gewährt worden war. Am Anfang der Prüfung stand die Prämisse, dass ein Vorteil ausgeschlossen werden könne, wenn der Kaufpreis von […] (*1) EUR zumindest dem Marktpreis entspräche. |
(279) |
Die Aufforderung zur Interessenbekundung im Hinblick auf den Erwerb von Vermögenswerten der SEAH wurde am 12. November 2014 im Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht. In Anbetracht der zahlreichen Bestandteile der Ausrüstung beschloss der Insolvenzverwalter, mit Unterstützung der unabhängigen Beratungsgesellschaft IMQ die Bestandteile in neun Lose aufzuteilen. Nach Auskunft der SEAH sollte so durch Vermeidung einer übermäßigen Aufsplitterung die Effizienz verbessert werden. Um möglichst viele Bieter zu gewinnen, wurden die Lose jeweils als eigenständige Kombinationen von Vermögenswerten mit einander ergänzenden Bestandteilen unterschiedlichen Wertes zusammengestellt. Ein externer Sachverständiger hatte jeweils einen Mindestpreis für die Lose festgesetzt. |
(280) |
Das Veräußerungsverfahren wurde auf Abfertigungsgesellschaften, Flughafenbetreiber, Fluggesellschaften, Hersteller von Ausrüstungen in der Art der zu veräußernden Ausrüstungen, Wiederverkäufer und Leasinggesellschaften beschränkt, die bestimmte Mindestanforderungen an die finanzielle Leistungsfähigkeit erfüllten. |
(281) |
Italien zufolge ging während des Ausschreibungsverfahrens keine formelle Interessenbekundung ein. Die SEAH erhielt nur informelle Anfragen Dritter, die sich nach der Möglichkeit eines Erwerbs nur bestimmter Vermögenswerte zu niedrigeren Preisen als in der Ausschreibung angegeben erkundigten. Diese Anfragen wurden der Kommission im Prüfverfahren übermittelt. |
(282) |
Nach Auskunft Italiens bemühte sich der Insolvenzverwalter der SEAH nach dem negativen Ergebnis der Ausschreibung, Interesse bei möglichen Erwerbern der Vermögenswerte der SEAH zu wecken, indem er sich an bestimmte Marktteilnehmer in der Abfertigungsbranche sowie an die Marktteilnehmer wandte, die im Ausschreibungsverfahren informell Interesse zum Ausdruck gebracht hatten, und gewährte Zugang zum Datenmaterial sowie zu Vermögenswerten, um allen interessierten Marktteilnehmern die Möglichkeit einzuräumen, sich vor Ort ein Bild von den Vermögenswerten zu machen. |
(283) |
Danach gingen einige Interessenbekundungen für die Ausrüstung der SEAH ein; das Preisniveau lag jedoch immer noch unter den in der Ausschreibung genannten Preisen. Letztlich war das einzige glaubhaft an einem Erwerb der Ausrüstung der SEAH interessierte Unternehmen Airport Handling. |
(284) |
Die Kommission prüfte, ob das in Rede stehende Ausschreibungsverfahren wirksam auf den Markt ausgerichtet war und ob somit die Erfolglosigkeit des Verfahrens als Anzeichen dafür betrachtet werden könne, dass der Markt an einem Erwerb der Vermögenswerte der SEAH nicht interessiert war. Die Kommission geht davon aus, dass ein Ausschreibungsverfahren dann wirksam für den Markt geöffnet und auf eine Maximierung des Erlöses gerichtet ist, wenn das Verfahren offen, transparent, nichtdiskriminierend und unbedingt ist. |
(285) |
Hinsichtlich der Offenheit des fraglichen Verfahrens stellt die Kommission fest, dass die Veräußerung im Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht und somit eine angemessene Öffentlichkeit hergestellt wurde. |
(286) |
Das Verfahren beschränkte sich jedoch auf bestimmte Erwerbergruppen — Bodenabfertigungsgesellschaften, Flughafenbetreiber, Fluggesellschaften, Hersteller, Wiederverkäufer und Leasinggesellschaften, die bestimmte Mindestanforderungen an die finanzielle Leistungsfähigkeit erfüllen mussten (siehe Erwägungsgrund 193). |
(287) |
Außerdem hat Italien keine gültigen Begründungen dafür vorgetragen, warum das Spektrum potenzieller Erwerber von vornherein hätte beschränkt werden müssen. Insoweit war die Ausschreibung nicht uneingeschränkt offen, da das Verfahren durch die Auswahlkriterien so beschränkt worden sein könnte, dass der öffentliche Eigentümer sich nicht darauf verlassen konnte, tatsächlich das wirtschaftlich günstigste Angebot zu erhalten. |
(288) |
Insgesamt stellt die Kommission jedoch fest, dass keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Ausschreibung zum Erfolg geführt hätte, wenn sie nicht auf Bodenabfertigungsgesellschaften und mit der Bodenabfertigungsbranche verbundene Unternehmen beschränkt gewesen wäre. Diese Einschätzung wird dadurch bestätigt, dass Bemühungen, Bieter informell und außerhalb des Rahmens der Ausschreibung zu gewinnen, ebenfalls nicht zu Geboten führen, bei denen die geforderten Preise erreicht worden wären. |
(289) |
Beim Insolvenzverwalter der SEAH gingen einige Interessenbekundungen im Hinblick auf einen Erwerb der Ausrüstung der SEAH zu Preisen unterhalb der in der Ausschreibung genannten Preise ein. Dies ist ein hinreichender Beleg dafür, dass Marktteilnehmer außerhalb des beschränkten Spektrums an potenziellen Bietern nicht bereit waren, die von der SEAH verlangten Preise zu zahlen. |
(290) |
Das oben erläuterte Ergebnis sowohl des Verfahrens zur Veräußerung der Vermögenswerte als auch der Verhandlungen zwischen der SEAH als Verkäuferin und Airport Handling als Erwerberin deutet darauf hin, dass der ursprünglich geforderte Preis über dem Preis lag, den Marktteilnehmer zu zahlen bereit waren. Der Insolvenzverwalter der SEAH verhandelte als Verkäufer zu Marktbedingungen, um den größtmöglichen wirtschaftlichen Nutzen aus der Veräußerung der Vermögenswerte zu ziehen. Von Italien vorgelegte Unterlagen zeigen, dass das Angebot von Airport Handling unter den bei der SEAH eingegangenen Angeboten tatsächlich wirtschaftlich am günstigsten war. Airport Handling wiederum hatte wirtschaftliche Gründe für den Erwerb der Vermögenswerte, obwohl die SEAH nicht bereit war, einen Rabatt oder günstigere Zahlungsbedingungen einzuräumen. Der Kaufpreis kann als dem Marktpreis mindestens entsprechend betrachtet werden. Insoweit liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass Airport Handling durch den Kauf eines Teils der Vermögenswerte der SEAH einen Vorteil erlangt hätte, der auf die zuvor der SEAH gewährte rechtswidrige Beihilfe zurückzuführen wäre. |
7.1.2.4.
(291) |
Vor diesem Hintergrund stellt die Kommission fest, dass die Umstände der Überlassung der Vermögenswerte nach Maßgabe eines Leasingvertrags und die anschließende Veräußerung die Übertragung eines wirtschaftlichen Vorteils von der SEAH auf Airport Handling wirksam ausschließen. Insoweit können auch der Leasingpreis und der Kaufpreis in dieser Sache nicht als Indiz für eine wirtschaftliche Kontinuität angesehen werden. |
7.1.3. Identität der Anteilseigner
(292) |
Im Einleitungsbeschluss von 2014 stellte die Kommission fest, dass Italien sich verpflichtet hatte, die Verwaltung von Airport Handling für einen Zeitraum von drei Jahren einem unabhängigen Treuhänder zu übertragen (34). Außerdem bot Italien Kapitalgebern einen Erwerb einer Beteiligung im Umfang von 20 % am Gesellschaftskapital von Airport Handling an. Die Kommission gelangte daher zu dem Schluss, dass erstens die Bodenabfertigungssparte im Eigentum desselben Marktteilnehmers stehen würde und dass zweitens der Vorschlag Italiens, 20 % des Gesellschaftskapitals der neuen Bodenabfertigungsgesellschaft zu veräußern, nicht hinreichend war, um eine wirtschaftlichen Diskontinuität zwischen der SEAH und Airport Handling zu gewährleisten, da sich der Vorschlag erstens auf eine Minderheitsbeteiligung beschränkte und zweitens keine diesbezüglichen Garantien gegeben wurden. Die Öffnung der Kapitalbeteiligungsstruktur sollte zudem erst nach dem Markteintritt von Airport Handling erfolgen. |
(293) |
Im Laufe der Untersuchung erklärte Italien, die Einrichtung des Trusts garantiere, dass zwischen der SEAH und Airport Handling keine Kontinuität bestehe. Der Treuhänder gewährleiste die unabhängige Verwaltung der Beteiligung der SEA an Airport Handling unter Übernahme der alleinigen Kontrolle über das Unternehmen; dadurch solle sichergestellt werden, dass keinerlei Interessen bestehen und/oder keinerlei Informationen zwischen beiden Unternehmen ausgetauscht werden. |
(294) |
Die Kommission prüfte die zeitliche Entwicklung und die inhaltlichen Merkmale der Identität der Eigentümer in dieser Sache. |
(295) |
Hinsichtlich der zeitlichen Entwicklung stellt die Kommission fest, dass die SEA Airport Handling am 9. September 2013 gründete. Der Trust wurde am 30. Juni 2014 eingerichtet; am selben Tag wurde die Treuhandurkunde unterzeichnet. Der Trust übernahm die tatsächliche Leitung von Airport Handling (am 27. August 2014), als die SEA die gesamte Beteiligung an Airport Handling auf den Trust übertrug und einen Treuhänder benannte. Der Treuhänder benannte einen neuen Verwaltungsrat für Airport Handling. Einige Tage später (am 1. September 2014) nahm Airport Handling seine Geschäftstätigkeit auf. Da offenbar bereits ab April 2014 einige Dienstleistungsverträge […] (*1) geschlossen worden waren, stellt die Kommission jedoch fest, dass das Unternehmen Geschäftstätigkeiten nachweislich bereits zuvor ausgeübt hatte, indem es noch vor diesem Zeitpunkt seine Dienste auf dem Markt anbot (35). Damals stand Airport Handling noch vollständig im Eigentum der SEA und wurde uneingeschränkt von dieser kontrolliert. |
(296) |
Hinsichtlich der inhaltlichen Merkmale des Übergangs des Eigentums und der Kontrolle auf den Trust prüfte die Kommission, ob die Tatsache, dass Airport Handling kurz vor Aufnahme seiner Geschäftstätigkeit vorübergehend von einem Treuhänder geleitet wurde, hinreichend war, um auszuschließen, dass die SEA Rechte in Bezug auf die Leitung von Airport Handling insoweit ausüben konnte, als sie geschäftliche Entscheidungen einseitig hätte treffen können. Dazu stellt die Kommission Folgendes fest: |
(297) |
Der Treuhandurkunde zufolge unterliegt die Tätigkeit des Treuhänders bestimmten inhaltlichen Einschränkungen; insbesondere muss der Treuhänder nicht prüfen,
|
(298) |
Zudem sollte Airport Handling der Treuhandurkunde zufolge eigentlich getrennt von der SEAH geleitet werden; tatsächlich wird Airport Handling jedoch vom früheren Leiter der Sparte Aviation Business Development der SEA geleitet. |
(299) |
Die Kommission stellt fest, dass die SEA zwei leitende Führungskräfte zur Airport Handling abgeordnet hat. Beide Führungskräfte haben zurzeit leitende Führungspositionen auch bei Airport Handling inne. Italien erklärt, dass keine hierarchische Beziehung zwischen der SEA und diesen Führungskräften besteht und dass Letztere keinerlei Tätigkeiten zugunsten der SEA ausführten. Außerdem entscheide Airport Handling unabhängig über die Vergütung dieser Führungskräfte. |
(300) |
Italien zufolge wurde die Entscheidung über die Abordnung dieser Führungskräfte zur Airport Handling angesichts der Vorschläge Italiens im Hinblick auf eine Öffnung der Beteiligung am Gesellschaftskapital von Airport Handling für Dritte getroffen. Aus diesem Grund habe sichergestellt werden müssen, dass zum einen das Management von Airport Handling in vollem Umfang qualifiziert war und dass zum anderen die Beschäftigungsbedingungen der Führungskräfte flexibel gestaltet wurden. Nach Auskunft Italiens unterzeichnete Airport Handling mit der SEA Verträge über die Abordnung von […] Mitarbeitern. |
(301) |
Daher stellt die Kommission fest, dass sowohl die zeitliche Entwicklung als auch die wesentlichen Bestimmungen der Beauftragung bestätigen, dass die SEA Airport Handling zu Beginn seiner Geschäftstätigkeit in einem Umfang kontrollieren konnte, der kontinuierlich (wenngleich in unterschiedlichem Ausmaß) einen erheblichen Einfluss auf das Tagesgeschäft von Airport Handling gewährleistete. |
(302) |
Die Kommission prüfte die am 21. September 2015 vom Treuhänder und dem privaten Marktteilnehmer D’Nata getroffene Rahmeninvestitionsvereinbarung über die Veräußerung einer Beteiligung von […] (*1) % an Airport Handling in Verbindung mit dem Recht zur Benennung der Mehrheit des Verwaltungsrats und des Vorsitzenden des Verwaltungsrats von Airport Handling sowie der Option zum Erwerb einer weiteren Beteiligung von […] (*1) % an Airport Handling. |
(303) |
Nach der Benennung der Mehrheit der Mitglieder des Verwaltungsrats und des Vorsitzenden des Verwaltungsrats von Airport Handling wird D’Nata Airport Handling wirksam kontrollieren können. Verfügbare Informationen zu dem von der SEA und dem Treuhänder unabhängig organisierten Bieterverfahren über eine private Bank bestätigen, dass D’Nata eine Beteiligung an Airport Handling zum Marktpreis erworben hat. Und schließlich zeigen vorliegende Informationen auch, dass D’Nata nicht mit der SEA identisch oder in sonstiger Weise mit der SEA verbunden ist. |
(304) |
Die Übertragung der Kontrolle über Airport Handling von der SEA und vom Treuhänder auf D’Nata erfolgte allerdings mehr als zwei Jahre nach der Gründung von Airport Handling durch die SEA und mehr als ein Jahr nach Aufnahme der Geschäftstätigkeit von Airport Handling. |
(305) |
Daher kann die Kommission nicht ausschließlich aufgrund der Identität der Anteilseigner feststellen, dass keine wirtschaftliche Kontinuität bestand. Die Kommission bewertete diesen Aspekt allerdings zusammen mit den übrigen relevanten Merkmalen, um zu einem Schluss über das Bestehen einer wirtschaftlichen Kontinuität zu gelangen. |
7.1.4. Zeitliche Gestaltung der Transaktion
(306) |
Die Liquidation der SEAH am 1. Juli 2014 und die Gründung von Airport Handling am 9. September 2013 erfolgten, nachdem die Kommission am 12. Dezember 2012 den Rückforderungsbeschluss angenommen hatte. Das in Liquidation befindliche Unternehmen hatte die Erbringung der Bodenabfertigungsdienste sichergestellt, bis Airport Handling am 1. September 2014 seine Geschäftstätigkeit aufnahm. |
(307) |
Der zeitliche Ablauf könnte somit nach dem ersten Anschein ein Anzeichen dafür sein, dass der Prozess, der schließlich zur Gründung von Airport Handling führte, eine Umgehung des noch vor Durchführung dieses Prozesses angenommenen Rückforderungsbeschlusses bewirkte. Die Kommission erinnert jedoch daran, dass sie nach der Rechtsprechung insbesondere nicht verpflichtet ist, zusätzlich zu den übrigen Kriterien den Zeitpunkt zu prüfen, zu dem die Übertragung der Vermögenswerte erfolgte und der zu den Gesichtspunkten zählt, die berücksichtigt werden „können“, um eine wirtschaftliche Kontinuität zwischen diesen beiden Einheiten auszuschließen (36). |
7.1.5. Wirtschaftliche Folgerichtigkeit der Transaktion
(308) |
Vorliegende Informationen bestätigen, dass Airport Handling im Wesentlichen die gleichen Geschäftstätigkeiten ausübt wie die SEAH (d. h. die Erbringung von Abfertigungsdiensten an den Flughäfen Linate und Malpensa). |
(309) |
In diesem Zusammenhang verweist die Kommission auf die Rechtsprechung, nach der der bloße Umstand, dass ein Erwerber tatsächlich die Geschäftstätigkeit eines Unternehmens fortsetzt, das zur Rückzahlung einer Beihilfe verpflichtet ist, nicht zwangsläufig bedeutet, dass der Erwerber auch den Wettbewerbsvorteil in Verbindung mit der dem Unternehmen gewährten Beihilfe erlangte. In dem genannten besonderen Fall hatte ein Unternehmen Einrichtungen zu einem marktüblichen Preis von einem Unternehmen gepachtet, das fast drei Jahre vor der Gründung des erstgenannten Unternehmens eine Beihilfe erhalten hatte (37). Die Kommission weist darauf hin, dass in dieser Sache Airport Handling die Vermögenswerte der SEAH zunächst geleast und schließlich zu einem Preis gekauft hat, der als mindestens dem Marktpreis entsprechend betrachtet werden kann, und dass die rechtswidrige und von der SEAH zurückzufordernde Beihilfe in den Jahren 2002-2010 gewährt wurde, d. h. drei Jahre vor Gründung von Airport Handling und vier Jahre, bevor Airport Handling seine Geschäftstätigkeit aufnahm. |
(310) |
Hinsichtlich der wirtschaftlichen Folgerichtigkeit der Transaktion stellt die Kommission Folgendes fest: |
(311) |
Wie in den Abschnitten 2.6.1 und 2.6.2 erläutert, unterscheidet sich der Geschäftsplan von Airport Handling in verschiedener Hinsicht vom Geschäftsplan der SEAH; dies gilt insbesondere für die folgenden Punkte:
|
(312) |
Airport Handling übte seine Geschäftstätigkeit somit nach seinem eigenen Geschäftsplan unter anderen Bedingungen aus als die SEAH. Außerdem hatte Italien Airport Handling nicht verpflichtet, einem bestimmten Geschäftsmodell zu folgen, ein bestimmtes Portfolio an Tätigkeiten beizubehalten oder bestimmte Vermögenswerte oder Beschäftigte zu übernehmen. |
7.1.6. Allgemeine Schlussfolgerung zur wirtschaftlichen Kontinuität zwischen der SEA und Airport Handling
(313) |
Die Kommission stellt fest, dass in dieser Sache sowohl Elemente gegeben sind, die für eine wirtschaftliche Kontinuität sprechen, als auch Elemente, die die gegenteilige Feststellung unterstützen würden. |
(314) |
Zu den Elementen, die für die Feststellung einer wirtschaftlichen Kontinuität sprechen würden, zählt die Kommission, dass der frühere Eigentümer der SEAH Airport Handling als Unternehmen gegründet hat, das in derselben Branche tätig ist, in der auch die SEAH tätig war, sowie dass die anfängliche Belegschaft von Airport Handling fast ausschließlich aus früheren Mitarbeitern der SEAH bestand und dass ein erheblicher Anteil der Vermögenswerte übernommen wurde, wobei diese Sachverhalte alle erst eingetreten sind, nachdem die Kommission ihren Rückforderungsbeschluss angenommen hatte. |
(315) |
Einige andere Faktoren deuten hingegen eher darauf hin, dass Airport Handling nicht gegründet wurde, um den Rückforderungsbeschluss zu umgehen, sondern tatsächlich ein neues Unternehmen darstellte. Das stärkste in Indiz in diesem Zusammenhang ist die Tatsache, dass der Kundenstamm neu aufgebaut werden musste, indem den Fluggesellschaften von den früheren Verträgen der SEAH abweichende Verträge angeboten und neue Verträge zu neuen Bedingungen geschlossen wurden. Daher musste Airport Handling seine Kunden neu gewinnen und sich Marktanteile so wie alle anderen Wettbewerber oder neuen Marktteilnehmer neu erarbeiten. Da der Kundenstamm Grundlage der Tätigkeit einer Bodenabfertigungsgesellschaft ist, misst die Kommission diesem Aspekt hohe Bedeutung bei. |
(316) |
Hinsichtlich der von der SEAH übernommenen Vermögenswerte ist festzustellen, dass Airport Handling zumindest den Marktpreis für das Leasing der Vermögenswerte entrichtete und dass das Unternehmen später, als es die Vermögenswerte teilweise kaufte, zumindest den Preis zahlte, den auch andere Marktteilnehmer zu zahlen bereit waren. |
(317) |
Außerdem wurde die Belegschaft nicht insgesamt übernommen. Airport Handling schloss neue Verträge zu neuen Bedingungen. Alle Wettbewerber und neuen Marktteilnehmer hätten ebenso frühere Mitarbeiter der SEAH einstellen können; die früheren Mitarbeiter der SEAH waren offenbar einfach am besten für die zu besetzenden neuen Stellen geeignet. Die Vermögenswerte wurden nur teilweise übertragen; außerdem kommt diesen Vermögenswerten als Produktionsfaktor in der Bodenabfertigungsbranche insgesamt nur untergeordnete Bedeutung zu. |
(318) |
Hinsichtlich der ökonomischen Folgerichtigkeit ist festzustellen, dass Airport Handling seine Geschäftstätigkeit nach seinem eigenen Geschäftsplan unter anderen Bedingungen ausübte als die SEAH. Außerdem hatte Italien Airport Handling nicht verpflichtet, einem bestimmten Geschäftsmodell zu folgen, ein bestimmtes Portfolio an Tätigkeiten beizubehalten oder bestimmte Vermögenswerte oder Beschäftigte zu übernehmen. |
(319) |
Vor diesem Hintergrund ist die Kommission insgesamt zu dem Schluss gelangt, dass eine wirtschaftliche Kontinuität zwischen der SEAH und Airport Handling nicht gegeben ist, und dass die Gründung von Airport Handling nicht als Maßnahme zur Umgehung des Rückforderungsbeschlusses betrachtet werden kann. Daher kann Airport Handling nicht für die Rückzahlung der im Rückforderungsbeschluss als unvereinbar eingestuften Beihilfe haftbar gemacht werden. |
7.2. Investition der SEA in Airport Handling — Vorliegen einer staatlichen Beihilfe
(320) |
In Artikel 107 Absatz 1 AEUV heißt es: „[…] staatliche oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfen gleich welcher Art, die durch die Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen, [sind] mit dem Binnenmarkt unvereinbar, soweit sie den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen“. |
(321) |
Die Anforderungen in Artikel 107 Absatz 1 AEUV sind kumulativ zu verstehen. Um festzustellen, ob es sich bei den Maßnahmen um eine Beihilfe im Sinne von Artikel 107 Absatz 1 AEUV handelt, müssen also alle oben genannten Bedingungen erfüllt sein. Die Finanzhilfe muss also
|
7.2.1. Selektiver wirtschaftlicher Vorteil — Grundsatz des marktwirtschaftlich handelnden Kapitalgebers
(322) |
Italien betrachtet die Kapitalzuführung der SEA für Airport Handling als mit dem Grundsatz des marktwirtschaftlich handelnden Kapitalgebers vereinbar und ist insoweit der Auffassung, dass Airport Handling kein Vorteil gewährt wurde und dass die Maßnahme keine staatliche Beihilfe darstellt. Wenngleich die SEAH seit 2000 kontinuierlich Verluste zu verzeichnen hatte, könne insbesondere angesichts der im Geschäftsplan von Airport Handling für 2014-2017 vorgesehenen Maßnahmen berechtigterweise angenommen werden, dass die Erträge aus der Geschäftstätigkeit von Airport Handling eine hinreichende Rentabilität der Kapitalzuführung ermöglichen. Bei der Entscheidung über die Kapitalzuführung zur Airport Handling habe die SEA sich daher wie ein umsichtiger Marktteilnehmer verhalten. |
(323) |
Für die Beurteilung nach dem Grundsatz des marktwirtschaftlich handelnden Kapitalgebers muss festgestellt werden, ob sich ein nicht von Zielen der öffentlichen Politik, sondern von Rentabilitätsaussichten geleiteter hypothetischer marktwirtschaftlich handelnder Kapitalgeber unter ähnlichen Umständen wie bei der Entscheidung über die zu bewertende Maßnahme in ähnlicher Weise verhalten hätte. Für die Prüfung der Frage, ob sich der Staat wie ein umsichtiger marktwirtschaftlich handelnder Kapitalgeber verhalten hat, muss sich die Kommission in den Kontext der Zeit zurückversetzen, in der die finanziellen Unterstützungsmaßnahmen getroffen wurden, um beurteilen zu können, ob das Verhalten des Staates wirtschaftlich vernünftig ist, und sich jeder Beurteilung aufgrund einer späteren Situation enthalten (38). |
(324) |
Daher sind die marktwirtschaftlichen Beweggründe einer öffentlichen Investition vor dem Hintergrund der zum Zeitpunkt der Investition verfügbaren Informationen und der damals vorhersehbaren Entwicklungen zu beurteilen (39). |
(325) |
Im Laufe des Prüfverfahrens erläuterte Italien, die Entscheidung über die Investition in Airport Handling habe auf dem Geschäftsplan vom 6. August 2014 beruht. Die Kommission stellt jedoch fest, dass dieser Geschäftsplan erst nach der endgültigen Entscheidung vom 30. Juni 2014 über die Aufstockung des Gesellschaftskapitals auf 25 Mio. EUR fertiggestellt wurde. Die ursprüngliche Entscheidung über die Gründung von Airport Handling und die Investition im Umfang von 25 Mio. EUR muss spätestens vor der Gründung des Unternehmens am 9. September 2013 getroffen worden sein. Unter den der Kommission vorliegenden Geschäftsplänen kommt der Geschäftsplan vom 14. November 2013 diesem Zeitpunkt am nächsten. Außerdem stellt die Kommission fest, dass auch in diesem Geschäftsplan die Investition von 25 Mio. EUR bereits vorgesehen war. Daher ist die Kommission zu dem Schluss gelangt, dass der Geschäftsplan von November 2013 für die Prüfung nach dem Grundsatz des marktwirtschaftlich handelnden Kapitalgebers maßgeblich ist. |
(326) |
Im Einleitungsbeschluss von 2014 äußerte die Kommission Zweifel daran, dass die SEA sich wie ein marktwirtschaftlich handelnder Kapitalgeber verhalten habe. Die SEA habe nämlich erstens nicht das Risiko berücksichtigt, dass Airport Handling nach Feststellung einer wirtschaftlichen Kontinuität für die Rückzahlung der zuvor der SEAH gewährten und als unvereinbar eingestuften Beihilfe haftbar sein könnte. Zweitens zweifelte die Kommission daran, dass der Geschäftsplan, der der Entscheidung der SEA über die Investition in Airport Handling zugrunde liegt, sich auf hinreichend plausible Annahmen stützte. Und schließlich muss die Kommission beurteilen, ob die Entscheidung über die Investition in Airport Handling zu Marktbedingungen getroffen wurde. Die Kommission muss also prüfen, ob der Kapitalgeber angesichts der absehbaren Risiken dieser Investition mit einem angemessenen Ertrag rechnen konnte. |
7.2.2. Von der SEA getroffene Maßnahmen zur Risikobegrenzung
(327) |
Hinsichtlich des ersten als bedenklich bewerteten Aspekts ist die Kommission zu dem Schluss gelangt, dass der SEA das Risiko der Feststellung einer wirtschaftlichen Kontinuität bewusst war und dass sie Maßnahmen getroffen hat, um dieses Risiko zu begrenzen: |
(328) |
Dass der SEA dieses Risiko bewusst war, geht aus den Unterlagen hervor, die der Kommission im Zusammenhang mit der Voranmeldung vom November 2013 übermittelt wurden. Das Risiko, dass die Haftung infolge einer wirtschaftlichen Kontinuität von der SEAH auf Airport Handling übergehen könnte, war ein rechtliches Risiko. Die Wahrnehmung und die Gewichtung des Risikos sowie geeignete Maßnahmen zur Begrenzung dieses Risikos hängen von rechtlichen Annahmen zum Zeitpunkt der Investition ab. |
(329) |
Den verfügbaren Informationen zufolge hatte die SEA die folgenden personalbezogenen Maßnahmen zur Risikobegrenzung getroffen: In der Vereinbarung zwischen der SEA und den Gewerkschaften vom 4. November 2013 erklärte die SEA: „[D]er erforderlichen ‚Diskontinuität‘, die Bestandteil jeglicher alternativen Lösung für eine Geldzahlung sein muss, wurde grundlegende Bedeutung beigemessen, da sie gewährleistet, dass die Verpflichtung zur Rückzahlung der Beihilfe nicht auf Dritte ausgedehnt werden kann.“ Im Laufe der Verhandlungen über die teilweise Übertragung der Belegschaft von der SEAH auf Airport Handling wurden die Beschäftigungsstruktur sowie bestimmte Beschäftigungsbedingungen wesentlich geändert (siehe Erwägungsgründe 232-234). Die maßgeblichen Grundsätze wurden in den oben erläuterten Durchführungsvereinbarungen mit den Gewerkschaften vom 4. Juni 2014 geregelt und waren bereits in der Vereinbarung mit den Gewerkschaften vom 13. November 2013 und somit vor den beiden umfangreicheren Kapitalzuführungen vom 10. März und vom 30. Juni 2014 angekündigt worden (siehe Erwägungsgründe 45 und 46). |
(330) |
Die SEA traf die folgenden risikobegrenzenden Maßnahmen, um bei der Übertragung der Vermögenswerte der SEAH eine Kontinuität auszuschließen: Erstens schloss der Treuhänder Airport Handling aus der öffentlichen Ausschreibung zur Veräußerung der Vermögenswerte aus. Zweitens wurden Airport Handling Vermögenswerte der SEAH nach Maßgabe eines Leasingvertrags zu einer marktüblichen Leasinggebühr überlassen, die in Berichten von zwei unabhängigen Sachverständigen genannt worden war. |
(331) |
Die SEA traf Maßnahmen, um eine Kontinuität zwischen der SEAH und Airport Handling auch im Hinblick auf den Kundenstamm zu vermeiden. Die Kunden der SEAH wurden vorab über die Liquidation der SEAH informiert. Mit den Fluggesellschaften, die Airport Handling als ihren Dienstleister auswählten, wurden neue Dienstleistungsverträge mit geänderten finanziellen Bedingungen geschlossen. |
(332) |
Als weitere Maßnahme zur Risikobegrenzung richtete die SEA einen Trust ein. Wie in Abschnitt 2.3 erläutert, sollte der Trust in erster Linie als alleiniger Anteilseigner von Airport Handling fungieren und gewährleisten, dass bei der Geschäftstätigkeit von Airport Handling keine Kontinuität mit der SEAH gegeben ist. |
(333) |
Die Kommission stellt fest, dass im Geschäftsplan von Airport Handling von November 2013 auf das Risiko einer künftigen Haftung für die Rückzahlung der Beihilfe nicht eingegangen wird. In diesem Zusammenhang ist die Kommission zu dem Ergebnis gelangt, dass die SEA diesen Geschäftsplan für ihre eigenen Zwecke erstellt hat. Als Muttergesellschaft eines etablierten Marktteilnehmers der Bodenabfertigungssparte und nachweislich im Bewusstsein der Risiken infolge verschiedener Faktoren, die für eine Kontinuität sprechen könnten, war die SEA in der Lage, informierte Investitionsentscheidungen zu treffen, ohne im Geschäftsplan ausdrücklich auf dieses Risiko eingehen zu müssen. Außerdem wurde die endgültige Entscheidung über die Kapitalaufstockung auf 25 Mio. EUR erst im Anschluss an die Maßnahmen zur Risikobegrenzung getroffen. Zudem bestätigt die oben beschriebene externe Bewertung des Geschäftsplans von November 2013 (siehe Erwägungsgrund 114), dass ein marktwirtschaftlich handelnder Kapitalgeber die Wahrscheinlichkeit der Feststellung einer wirtschaftlichen Kontinuität und damit einer Haftung für die Rückzahlung der Beihilfe auf weniger als […] (*1) % eingeschätzt und die Investition in Airport Handling daher als wirtschaftlich vernünftig betrachtet hätte. |
7.2.3. Geschäftsplan von Airport Handling
(334) |
Bezüglich des zweiten als bedenklich bewerteten Aspekts (d. h. der Frage, ob der der Entscheidung der SEA über die Investition in Airport Handling zugrunde liegende Geschäftsplan auf hinreichend plausiblen Annahmen beruht) stellt die Kommission Folgendes fest: |
7.2.3.1.
(335) |
Die Prognosen des Verkehrsaufkommens an den Mailänder Flughäfen in Verbindung mit den Marktanteilen von Airport Handling sind ein entscheidender Faktor im Geschäftsplan dieses Unternehmens. Externe Sachverständige (BCG), die die Geschäftspläne von Airport Handling bewertet haben, sind zu dem Schluss gelangt, dass die Prognosen des Unternehmens zur Entwicklung des Verkehrsaufkommens sich mit Prognosen der IATA und von Eurocontrol decken. Die Kommission betrachtet sowohl die IATA als auch Eurocontrol als zuverlässige Quellen für Verkehrsprognosen im Luftverkehrssektor. Hinsichtlich der Anwendung dieser Prognosen auf den Flughafen Malpensa stellt die Kommission fest, dass die Absicht von Airport Handling, einen konstanten Mix der Fluggesellschaften auf diesem Flughafen aufrechtzuerhalten, dem BCG-Bericht zufolge historischen Entwicklungen zuwiderlaufen würde, und dass neue Rechtsvorschriften zur Abwanderung einiger Fluggesellschaften nach Linate führen könnten. |
7.2.3.2.
(336) |
Dem Geschäftsplan von November 2013 zufolge beläuft sich der Anteil der Personalkosten an den Betriebskosten im Zeitraum 2014-2017 auf durchschnittlich […] (*1) %. |
(337) |
Die Kommission hat die Plausibilität der dieser erheblichen Kostenposition zugrunde liegenden Annahmen geprüft. |
(338) |
Erstens stellt die Kommission fest, dass dem Brattle-Bericht zufolge der Prozentanteil der Personalkosten an den gesamten von Airport Handling prognostizierten Betriebskosten weitgehend im Einklang mit der Kostenstruktur der europäischen Bodenabfertigungsbranche steht (Anteil der Personalkosten an den gesamten Betriebskosten: 65-80 %). Diesbezüglich wird im Bericht auf die in der Folgenabschätzung der Kommission zu ihrem Vorschlag für eine neue Bodenabfertigungsverordnung genannten Zahlen Bezug genommen (40). |
(339) |
Zweitens stellt die Kommission aufgrund der von Italien übermittelten Informationen fest, dass die durchschnittlichen stündlichen Personalkosten von Airport Handling pro VZÄ offenbar bei […] (*1) liegen. Die durchschnittlichen stündlichen Personalkosten werden im Geschäftsplan von November 2013 mit […] (*1) EUR und im Geschäftsplan von August 2014 mit […] (*1) EUR angegeben; diese Kosten sind […] (*1) als die durchschnittlichen stündlichen Kosten der SEAH im Jahr 2013 (ca. […] (*1) EUR) (41). Im Brattle-Bericht wird bestätigt, dass Airport Handling diese Arbeitskosten tatsächlich erreichte, und aus diesem Grund wurde der Geschäftsplan nicht als zu optimistisch bewertet. |
(340) |
Die Kommission stellt fest, dass der prognostizierte Rückgang der Arbeitskosten angesichts der typischen Kostenstruktur in der Branche offenbar nicht unrealistisch ist. |
7.2.3.3.
(341) |
Die Kommission äußerte Bedenken hinsichtlich der Annahme eines verhältnismäßig hohen Marktanteils im Geschäftsplan von Airport Handling von November 2013. Bei Vorfelddienstleistungen wird ein Marktanteil von [60-70] (*1) % im Jahr 2014 erwartet und für 2017 ein Anstieg auf [70-80] (*1) % prognostiziert. Bei Passagierdienstleistungen wird ein Marktanteil von [60-70] (*1) % im Jahr 2014 angenommen, und für 2017 wird ein Anstieg auf [60-70] (*1) % erwartet. |
(342) |
Im Jahr 2013 lag der gesamte Marktanteil der SEAH bei [70-80] (*1) % (42). Die Kommission stellt fest, dass der erwartete Marktanteil von Airport Handling unter dem Marktanteil der SEAH liegt. Insoweit wurde nicht davon ausgegangen, dass Airport Handling sämtliche Verträge der SEAH übernehmen würde. Tatsächlich wurde die Möglichkeit in Betracht gezogen, dass das neue Unternehmen gewisse Marktanteile verlieren könnte. |
(343) |
Die Strategie von Airport Handling besteht darin, eine im Vergleich zu anderen an den Flughäfen Linate und Malpensa tätigen Abfertigungsgesellschaften höhere Verfügbarkeit anzubieten. Airport Handling garantiert eine Versorgung rund um die Uhr, damit Bodenabfertigungsdienste sogar bei verspäteter Ankunft eines Flugzeugs erbracht werden können. Dies ist ein Wettbewerbsvorteil, der insbesondere bei Fluggesellschaften mit erheblichem Flugaufkommen und mit hohen Frequenzen an Mailänder Flughäfen zum Tragen kommt (beispielsweise bei Alitalia und bei EasyJet). Diese Fluggesellschaften könnten geneigt sein, bei dem Unternehmen zu bleiben, das die betreffenden Dienstleistungen anbieten kann. Dies könnte nachvollziehbar erklären, warum Airport Handling nach der Aufnahme seiner Geschäftstätigkeit mit einem verhältnismäßig hohen Marktanteil rechnen konnte. |
(344) |
Außerdem stellt die Kommission aufgrund von Daten für das Jahr 2013 fest, dass der erwartete Marktanteil von Airport Handling (wie im Brattle-Bericht erläutert) geringer war als bei größeren Bodenabfertigungsgesellschaften an anderen italienischen Flughäfen erwartet: i) Bergamo (78,23 %), ii) Cagliari (75,61 %), iii) Catania (77,18 %), iv) Palermo (75,85 %) und v) Turin (68,8 %). |
(345) |
Ferner stellt die Kommission fest, dass der Marktanteil, den Airport Handling im Jahr 2014 erzielte, tatsächlich höher ist als laut dem Geschäftsplan von November 2013 erwartet. Dieser hohe Marktanteil ist hauptsächlich dadurch zu erklären, dass Airport Handling Verträge mit […] (*1) unterzeichnen konnte. Auf […] (*1) entfällt gemeinsam ein erheblicher Anteil des Verkehrsaufkommens an den beiden Flughäfen ([…] (*1) % in Linate und […] (*1) % in Malpensa). |
(346) |
Insgesamt hat die Kommission aus den folgenden Gründen keine Zweifel an der Plausibilität der Annahmen von Airport Handling hinsichtlich des Marktanteils: Erstens beruhen die Annahmen auf Wettbewerbsvorteilen von Airport Handling. Zweitens sind diese Annahmen gemessen an den Marktanteilen einer Gruppe von Bodenabfertigungsgesellschaften zum Zeitpunkt der Erstellung des Geschäftsplans offenbar immer noch konservativ. Darüber hinaus weist die Kommission darauf hin, dass sich diese Annahmen im Nachhinein als zutreffend erwiesen haben. |
7.2.3.4.
(347) |
Im Geschäftsplan von November 2013 werden ab dem zweiten Jahr der Geschäftstätigkeit ein EBIT von […] (*1) und ein Gewinn vor Steuern von […] (*1) erwartet. Der EBIT und der Gewinn nach Steuern […] (*1). Im Geschäftsplan von November 2013 werden die üblichen Parameter zur Beurteilung der Rentabilität (beispielsweise der interne Zinsfuß (IRR) oder der Kapitalwert (NPV)) nicht genannt. Der Brattle-Bericht enthält allerdings diesbezügliche Berechnungen aufgrund der Zahlen des Geschäftsplans. |
(348) |
Als Voraussetzung für eine Investition in Airport Handling muss ein marktwirtschaftlich handelnder privater Kapitalgeber eine Rendite mindestens in Höhe der Opportunitätskosten seines Kapitals erwarten, die anhand der gewichteten durchschnittlichen Kapitalkosten (WACC) abgeschätzt werden können. |
(349) |
Im Brattle-Bericht wird der IRR der Investition in Airport Handling berechnet und geprüft, ob der Wert mindestens den WACC entspricht. Dabei werden zwei alternative WACC-Werte angenommen. Der erste liegt bei […] (*1) %; dem Bericht zufolge sind dies die verschuldungsbereinigten WACC nach Steuern laut Geschäftsplan (43). Der zweite beträgt […] (*1) % und wird im Bereich als unterer Wert der Spanne für die Opportunitätskosten des Kapitals berechnet. Je nach Endwert der Investition wird die Kapitalrendite der Investition in Airport Handling auf […] (*1) bis […] (*1) % veranschlagt. Die Berechnungen zeigen, dass der prognostizierte IRR in allen Szenarien über den Opportunitätskosten des Kapitals liegt und dass die Investition daher als rentabel zu betrachten ist. |
(350) |
Die Kommission stellt fest, dass der Zeithorizont des Geschäftsplans (2014-2017) verhältnismäßig kurz ist. Ob die Prognosen des Geschäftsplans zutreffend sind, kann daher von Schwankungen der zugrunde liegenden Annahmen abhängen. Dieser Zeithorizont ist jedoch vor dem Hintergrund der folgenden Sachverhalte zu bewerten. Erstens wurde der Geschäftsplan für die Flughafenbetreiberin SEA erstellt, die über viele Jahre eine eigene Bodenabfertigungssparte hatte. Zweitens war mit der Umstrukturierung bereits begonnen worden, und die SEAH hatte bereits erhebliche Produktivitätssteigerungen erzielt. Daher erscheint es nicht unangemessen, den Umfang des Geschäftsplans auf das für einen erfahrenen Kapitalgeber wie die SEA erforderliche Minimum zu beschränken. |
(351) |
Die Kommission stellt fest, dass sich einige wesentliche Annahmen des Geschäftsplans von November 2013 weitgehend bestätigt haben, insbesondere im Hinblick auf die Entwicklung der Rentabilität und der Marktanteile. Airport Handling war bereits im ersten Jahr seiner Geschäftstätigkeit rentabel. Nach der Gewinn- und Verlustrechnung für den Zeitraum von September 2014 bis August 2015 lag der EBIT des Unternehmens bei […] (*1) EUR. |
(352) |
Daher ist die Kommission in Anbetracht der offenbar nicht unangemessenen Annahmen hinsichtlich der Entwicklung der Arbeitskosten und der Marktanteile zu dem Schluss gelangt, dass im Geschäftsplan eine hinreichend hohe Kapitalrendite prognostiziert wurde, um die SEA zur Durchführung der Kapitalzuführung in Höhe von 25 Mio. EUR zu bewegen. |
7.2.4. Schlussfolgerung zum Vorliegen eines selektiven wirtschaftlichen Vorteils
(353) |
Die Kommission stellt fest, dass die SEA hinreichende Maßnahmen getroffen hat, um dem Risiko der Feststellung einer wirtschaftlichen Kontinuität zu begegnen. Der Geschäftsplan beruhte auf Annahmen, die ein marktwirtschaftlich handelnder Kapitalgeber, der über beträchtliche Erfahrung in der Abfertigungsbranche im Luftfahrtsektor verfügt und eine Umstrukturierung des Unternehmens anstrebt, als plausibel und zur Ermittlung der künftigen Rentabilität von Airport Handling hinreichend betrachtet hätte. Die Investition der SEA in Airport Handling ist daher nicht als Vorteil anzusehen, den Airport Handling unter normalen Marktbedingungen nicht erlangt hätte. |
7.2.5. Schlussfolgerung zum Vorliegen einer staatlichen Beihilfe bei der Investition der SEA in Airport Handling
(354) |
Die Investition beinhaltet keinen Vorteil, den Airport Handling unter normalen Marktbedingungen nicht erlangt hätte. Da somit mindestens eines der kumulativen Kriterien nach Artikel 107 Absatz 1 AEUV nicht erfüllt ist, gelangt Kommission zu dem Schluss, dass die Investition keine staatliche Beihilfe im Sinne von Artikel 107 Absatz 1 AEUV darstellt — |
HAT FOLGENDEN BESCHLUSS ERLASSEN:
Artikel 1
(1) Mit dem Prozess, der zur Liquidation der SEA Handling S.p.A. und zur Gründung der Airport Handling S.p.A. führte, wurde keine wirtschaftliche Kontinuität zwischen dem erstgenannten und dem letztgenannten Unternehmen begründet.
(2) Airport Handling ist nicht zur Rückzahlung der Beihilfe heranzuziehen, die im Beschluss C(2012) 9448 der Kommission vom 19. Dezember 2012, berichtigt durch den Beschluss C(2013) 1668 vom 22. März 2013 über die Beihilfe, die die SEA ihrer Tochter SEA Handling S.p.A. in den Jahren 2002-2010 gewährte, als mit dem Binnenmarkt unvereinbar eingestuft wurde.
Artikel 2
Die Gründung und die Kapitalausstattung der Airport Handling S.p.A. im Umfang von 25 Mio. EUR durch Italien stellen keine Beihilfe im Sinne von Artikel 107 Absatz 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union dar.
Artikel 3
Dieser Beschluss ist an die Italienische Republik gerichtet.
Brüssel, den 5. Juli 2016
Für die Kommission
Margrethe VESTAGER
Mitglied der Kommission
(1) ABl. C 44 vom 6.2.2015, S. 30.
(2) ABl. C 249 vom 31.7.2014, S. 1.
(3) Siehe Beschluss des Gerichts vom 20. Juni 2013 in der Rechtssache T-152/13 R, ECLI:EU:T:2013:337, und Beschluss des Gerichts vom 1. Juli 2013 in der Rechtssache T-167/13 R, ECLI:EU:T:2013:331.
(4) Siehe Beschluss vom 28. November 2014 in der Rechtssache T-688/14 R, ECLI:EU:T:2014:1010. Der Präsident des Gerichts wies den Antrag in der Rechtssache T-674/14 R mit Beschluss vom 27. November 2014, ECLI:EU:T:2014:1009, zurück.
(5) ABl. C 44 vom 6.2.2015, S. 30.
(6) Punkt 5 der Vereinbarung vom 4. November 2013.
(7) Gesetz Nr. 223 vom 23. Juli 1991 mit den Vorschriften zum Fonds zur Förderung der Integration und der Mobilität entlassener Arbeitnehmer (Regelungen „Cassa Integrazione“ und „Mobilità“), zur Arbeitslosenunterstützung, zur Umsetzung von EU-Rechtsvorschriften und zur Arbeitsvermittlung und anderen Vorschriften zum Arbeitsmarkt (GURI Nr. 175 vom 27. Juli 1991).
(*1) Geschäftsgeheimnis.
(8) Die freiwillige Liquidation ähnelt weitgehend dem gerichtlichen Liquidationsverfahren; bei der freiwilligen Liquidation obliegt es allerdings nicht dem Gericht, sondern der Aktionärsversammlung, die Insolvenzverwalter zu benennen und ihre Befugnisse festzulegen. Nur wenn in der Versammlung keine Mehrheit der Anteilseigner zusammenkommt, muss das Unternehmen bei Gericht die Erklärung des Liquidationsverfahrens beantragen. Das Gericht benennt dann die Insolvenzverwalter nach der Satzung des Unternehmens oder nach dem Beschluss der Aktionärsversammlung, sofern nicht eindeutig festzustellen ist, dass in einer Aktionärsversammlung infolge einer bestehenden Uneinigkeit zwischen den Anteilseignern kein Beschluss zustande kommen wird; in diesem Fall benennt das Gericht einen Insolvenzverwalter.
(9) Airport Handling beantragte die Lizenz für die Erbringung von Bodenabfertigungsdiensten an den Flughäfen Linate und Malpensa am 21. Januar 2014. Die ENAC erteilte Airport Handling die Lizenz am 17. April 2014.
(10) Die SFP sind eigenkapitalbasierte Instrumente und unterliegen daher keiner Verpflichtung zur Rückzahlung des von der SEA eingebrachten Betrags. Sie sind nicht mit Verwaltungsrechten verbunden, hinsichtlich der Vermögensrechte aber Aktien vergleichbar. Insbesondere beinhalten diese Instrumente Gewinnbeteiligungen und Vorzugsrechte sowie Rechte an anderen Eigenkapitalposten einschließlich der Rechte im Falle einer Abwicklung des Unternehmens.
(11) An diesem Tag war die SEA noch immer die alleinige Anteilseignerin von Airport Handling.
(12) An diesem Tag war der Trust alleiniger Anteilseigner von Airport Handling.
(13) Auftragsbekanntmachung Nr. 2014/S218-385934 vom 12. November 2014 im Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Union („Tenders Electronic Daily“ = TED): http://ted.europa.eu/udl?uri=TED:NOTICE:385934-2014:TEXT:DE:HTML&src=0.
(14) „Enddatum“ 18 Kalendermonate nach der Ausfertigung und dem Austausch aller Dokumente und nach der Erfüllung sämtlicher Verpflichtungen nach Maßgabe des Veräußerungsvertrags.
(15) Luftseitige Abfertigungsdienste, darunter die Betreuung des Boarding und Deboarding der Fluggäste, die Abfertigung von Gepäck und Fracht, die Schwerpunktermittlung und die Gepäckverteilung.
(16) Landseitige Abfertigungsdienste.
(17) Brattle-Bericht, S. 1, Absatz 1, und S. 7, Absatz 34.
(18) Vierte Richtlinie 78/660/EWG des Rates vom 25. Juli 1978 aufgrund von Artikel 54 Absatz 3 Buchstabe g) des Vertrages über den Jahresabschluss von Gesellschaften bestimmter Rechtsformen (ABl. L 222 vom 14.8.1978, S. 11).
(19) Siebente Richtlinie 83/349/EWG des Rates vom 13. Juni 1983 aufgrund von Artikel 54 Absatz 3 Buchstabe g) des Vertrages über den konsolidierten Abschluss (ABl. L 193 vom 18.7.1983, S. 1).
(20) Urteil des Gerichtshofs vom 21. März 1991, Italien/Kommission, C-303/88, ECLI:EU:C:1991:367, Rn. 57; Urteil des Gerichtshofs vom 29. April 2004, Deutschland/Kommission („SMI“), C-277/00, ECLI:EU:C:2004:238, Rn. 75. Durch die Rückzahlung der Beihilfe muss der Beihilfeempfänger den Vorteil verlieren, den er zuvor auf dem Markt hatte; dadurch wird die Marktsituation von vor Gewährung der Beihilfe wiederhergestellt.
(21) Urteil des Gerichtshofs vom 13. Oktober 2011, Kommission/Italien („Beihilfe für die New Interline SpA“), C-454/09, ECLI:EU:C:2011:650, Rn. 36.
(22) Urteil des Gerichtshofs vom 11. Dezember 2012, Kommission/Spanien, C-610/10, ECLI:EU:C:2012:781, Rn. 106.
(23) Urteil des Gerichtshofs vom 8. Mai 2003, Italien und SIM 2 Multimedia/Kommission („Seleco-Multimedia“), verbundene Rechtssachen C-328/99 und C-399/00, ECLI:EU:C:2003:252, Rn. 69 und 77-78. Diese Indikatoren wurden im Urteil des Gerichtshofs vom 28. März 2012, Ryanair/Kommission, T-123/09, ECLI:EU:T:2012:164, Rn. 155 bestätigt.
(24) Urteil des Gerichts vom 13. September 2010, Hellenische Republik u. a./Kommission, verbundene Rechtssachen T-415/05, T-416/05 und T-423/05, ECLI:EU:T:2010:386, Rn. 135.
(25) Urteil des Gerichtshofs vom 28. März 2012, Ryanair/Kommission, T-123/09, ECLI:EU:T:2012:164, Rn. 156.
(26) Siehe Fußnote 40.
(27) Weiterverfolgung des Ziels, die Arbeitsplätze sämtlicher Beschäftigter der SEAH zu erhalten; siehe Punkt 6 Absatz 1 der Vereinbarung vom 4. November 2013.
(28) „Inanspruchnahme sämtlicher nach Maßgabe der geltenden arbeits- und tarifrechtlichen Vorschriften verfügbaren Mechanismen (in erster Linie in Bezug auf den Sozialschutz und das freiwillige Ausscheiden von Arbeitnehmern, auch innerhalb der SEA-Gruppe, sowie hinsichtlich der zum 31. Dezember 2013 auslaufenden Frist übergangslos anzuwendenden Bestimmungen) und Lösungen u. a. unter Versetzung innerhalb der Gruppe (sowohl unter Nutzung neuer Geschäftsmöglichkeiten als auch entsprechend der Übernahme von Geschäftstätigkeiten infolge der Aufgabe von Hub-Flughäfen (De-Hubbing) und durch interne Mobilität entsprechend den organisatorischen Anforderungen der SEA S.p.A.)“; ebd.
(29) […] (*).
(30) Die Kommission stellt fest, dass die Vermögenswerte der SEAH den von Airport vorgelegten Erklärungen und umfassenden Bestandverzeichnissen zufolge zum größten Teil veraltet, reparaturanfällig und vollständig abgeschrieben waren.
(31) Nach dem oben genannten Brattle-Bericht zum Geschäftsplan von Airport Handling beliefen sich die Arbeitskosten des Unternehmens auf […] (*).
(32) Urteil des Gerichtshofs vom 29. April 2004, Deutschland/Kommission („SMI“), C-277/00, ECLI:EU:C:2004:238, Rn. 93.
(33) Urteil des Gerichtshofs vom 29. April 2004, Deutschland/Kommission („SMI“), C-277/00, ECLI:EU:C:2004:238, Rn. 88.
(34) Erwägungsgrund 16 des Einleitungsbeschlusses.
(35) Zeitpunkte der Unterzeichnung der Verträge nach einer von Italien vorgelegten Liste: z. B. […] (*).
(36) Urteil des Gerichtshofs vom 28. März 2012, Ryanair/Kommission, T-123/09, ECLI:EU:T:2012:164, Rn. 156.
(37) Urteil des Gerichtshofs vom 29. April 2004, Deutschland/Kommission („SMI“), C-277/00, ECLI:EU:C:2004:238, Rn. 86-89.
(38) Urteil des Gerichtshofs vom 16. Mai 2002, Frankreich/Kommission, C-482/99, a. a. O., Rn. 71.
(39) Urteil des vom Gerichts vom 30. April 1998, Cityflyer Express/Kommission, T-16/96, ECLI:EU:T:1998:78, Rn. 76.
(40) Anhang zur Folgenabschätzung zum Dokument „Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über Bodenabfertigungsdienste auf Flughäfen der Union und zur Aufhebung der Richtlinie 96/67/EG“ vom 16.1.2012, SEC(2011) 1439 final. Auf S. 95 dieses Dokuments stellt die Kommission fest, dass die Liberalisierung von Bodenabfertigungsdiensten und das Ende von Monopolen oder (Flughafen-/Luftkreuzbetreiber-)Duopolen auf Flughafen dazu geführt hat, dass Bodenabfertigungsdienstleister wettbewerbsfähiger werden mussten und sich einem härteren Wettbewerb ausgesetzt sehen. Am deutlichsten ist dies für die Beschäftigten von Bodenabfertigungsgesellschaften daran spürbar, dass eine höhere Produktivität und größere Flexibilität benötigt werden. Häufig erläutern Bodenabfertigungsdienstleister, dass diese Steigerung der Arbeitsproduktivität deshalb erforderlich sei, weil sich die Personalkosten auf 65-80 % ihrer Gesamtkosten beliefen; Arbeitnehmerorganisationen hingegen erklären gewöhnlich, Bodenabfertigungsgesellschaften konzentrierten sich zu stark auf die Möglichkeit der Kostensenkung über den Faktor Arbeit.
(41) Brattle-Bericht, S. 11, Rn. 48.
(42) Brattle-Bericht, S. 9, Rn. 40.
(43) Dieser WACC-Wert ist dem Brattle-Bericht zufolge höher, weil spezifische Risiken durch eine Anhebung des Beta-Werts berücksichtigt werden.
1.12.2017 |
DE |
Amtsblatt der Europäischen Union |
L 317/45 |
BESCHLUSS (EU) 2017/2112 DER KOMMISSION
vom 6. März 2017
über die von Ungarn geplante Maßnahme/Beihilferegelung/Staatliche Beihilfe SA.38454 — 2015/C (ex 2015/N) für den Bau von zwei Kernreaktoren im Atomkraftwerk Paks II
(Bekannt gegeben unter Aktenzeichen C(2017) 1486)
(Nur der englische Text ist verbindlich)
(Text von Bedeutung für den EWR)
EUROPÄISCHE KOMMISSION —
gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV, insbesondere auf Artikel 108 Absatz 2,
gestützt auf das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum, insbesondere auf Artikel 62 Absatz 1 Buchstabe a,
nach Aufforderung aller Beteiligten zur Abgabe von Stellungnahmen und gestützt auf diese Stellungnahmen (1),
in Erwägung folgender Gründe:
1. VERFAHREN
(1) |
Auf der Grundlage von Presseartikeln und informellen Kontakten mit den ungarischen Behörden leitete die Kommission am 13. März 2014 unter der Nummer SA.38454 (2014/CP) eine erste Prüfung etwaiger staatlicher Beihilfen für den Bau des Atomkraftwerks Paks II ein. |
(2) |
Nach mehrfachem Informationsaustausch und förmlichen Zusammenkünften meldeten die ungarischen Behörden die Maßnahme aus Gründen der Rechtssicherheit am 22. Mai 2015 bei der Kommission zur Genehmigung an, wobei sie angaben, das Vorhaben beinhalte keine staatliche Beihilfe im Sinne von Artikel 107 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (im Folgenden „AEUV“). |
(3) |
Mit Schreiben vom 22. Mai 2015 meldete Ungarn bei der Kommission eine Maßnahme zur Gewährung eines finanziellen Beitrags zur Entwicklung von zwei neuen Kernreaktoren am Standort Paks an. |
(4) |
Mit Schreiben vom 23. November 2015 teilte die Kommission Ungarn mit, dass sie beschlossen hatte, hinsichtlich der Maßnahme das Verfahren nach Artikel 108 Absatz 2 AEUV einzuleiten (im Folgenden „Einleitungsbeschluss“). Dieser Beschluss der Kommission wurde im Amtsblatt der Europäischen Union (2) veröffentlicht. Die Kommission forderte die Beteiligten zur Stellungnahme auf. |
(5) |
Ungarn nahm am 29. Januar 2016 zum Einleitungsbeschluss Stellung. |
(6) |
Bei der Kommission gingen Stellungnahmen von Beteiligten ein. Sie leitete die Stellungnahmen an Ungarn weiter und gewährte Ungarn Gelegenheit zur Stellungnahme. Die Stellungnahme Ungarns ging mit Schreiben vom 7. April 2016 ein. |
(7) |
Weitere Informationen übermittelte Ungarn am 21. April, 27. Mai, 9. Juni, 16. Juni und 28. Juli 2016 sowie am 16. Januar und am 20. Februar 2017. |
(8) |
Am 12. September 2016 gaben die ungarischen Behörden hinsichtlich der Sprache eine Verzichtserklärung ab und erklärten sich mit Englisch als verbindlicher Sprache einverstanden. |
2. AUSFÜHRLICHE BESCHREIBUNG DER MASSNAHME
2.1. BESCHREIBUNG DES VORHABENS
(9) |
Die Maßnahme besteht in der Entwicklung zweier neuer Kernreaktoren (Blöcke 5 und 6) in Ungarn, deren Bau zugunsten der Gesellschaft Paks II (MVM Paks II Nuclear Power Plant Development Private Company Limited by Shares), die auch Eigentümerin und Betreibergesellschaft der neuen Reaktoren sein wird, vollständig vom ungarischen Staat finanziert wird. |
(10) |
Die Russische Föderation und Ungarn schlossen am 14. Januar 2014 ein zwischenstaatliches Abkommen (im Folgenden „IGA“ [Intergovernmental Agreement]) über ein Kernenergieprogramm (3). Nach Maßgabe des IGA kooperieren beide Länder bei der Instandhaltung und der Weiterentwicklung des gegenwärtigen Atomkraftwerks Paks. Gegenstand der Kooperation sind u. a. die Planung, der Bau, die Inbetriebnahme und die Stilllegung der beiden neuen Kraftwerksblöcke 5 und 6 mit WWER (Wasser-Wasser-Energie-Reaktoren) mit einer installierten Kapazität von mindestens 1 000 MW pro Block (4) zusätzlich zu den vorhandenen Kraftwerksblöcken 1-4. Der Betrieb der Blöcke 5 und 6 soll den Kapazitätsverlust infolge der Stilllegung der Blöcke 1-4 (insgesamt 2 000 MW) ausgleichen. Nach Auskunft von Ungarn sollen die Blöcke 1-4 jeweils bis Ende 2032, 2034, 2036 bzw. 2037 betrieben werden, wobei eine weitere Laufzeitverlängerung nicht vorgesehen ist. |
(11) |
Nach dem IGA (5) sollen Russland und Ungarn jeweils eine erfahrene, in staatlichem Eigentum stehende und vom Staat kontrollierte Organisation benennen, die als Auftragnehmerin/Eigentümerin des Vorhabens finanziell und technisch für die Erfüllung ihrer Verpflichtungen verantwortlich sein soll. |
(12) |
Russland benannte die Aktiengesellschaft Nizhny Novgorod Engineering Company Atomenergoproekt (im Folgenden „JSC NIAEP“) für den Bau der neuen Reaktoren (Blöcke 5 und 6); als Eigentümerin und Betreibergesellschaft der beiden Reaktoren benannte Ungarn die MVM Paks II Nuclear Power Plant Development Private Company Limited by Shares (1) (im Folgenden „Paks II“). |
(13) |
Im IGA werden die allgemeinen Rechte und Pflichten für die Zusammenarbeit im Kernenergiebereich zwischen den beiden Ländern geregelt; im Einzelnen wird die Durchführung des IGA in getrennten Abkommen (den „Durchführungsabkommen“) (6) beschrieben:
|
(14) |
JSC NIAEP und Paks II schlossen am 9. Dezember 2014 den EPC-Vertrag, nach dem die beiden neuen Blöcke 5 und 6 im Jahr 2025 bzw. 2026 in Betrieb gehen sollen. |
(15) |
Außerdem verpflichtete sich Russland, Ungarn ein staatliches Darlehen zur Finanzierung der Entwicklung von Paks II zu gewähren. Dieses Darlehen unterliegt einem zwischenstaatlichen Finanzierungsabkommen (im Folgenden „Finanzierungsabkommen“) (7) und sieht eine revolvierende Kreditfazilität von 10 Mrd. EUR vor, die ausschließlich für die Planung, den Bau und die Inbetriebnahme der Kraftwerksblöcke 5 und 6 in Paks II eingesetzt wird. Ungarn wird diese revolvierende Kreditfazilität unmittelbar zur Finanzierung der im Zusammenhang mit Paks II erforderlichen Investitionen für die Planung, den Bau und die Inbetriebnahme der neuen Kraftwerksblöcke 5 und 6 verwenden, wie im Finanzierungsabkommen vorgesehen. Über das Finanzierungsabkommen hinaus wird Ungarn einen weiteren Betrag von bis zu 2,5 Mrd. EUR aus eigenen Mitteln zur Finanzierung der Investition in Paks II aufbringen. |
(16) |
Über die in Erwägungsgrund 15 genannte Investitionsförderung hinaus beabsichtigt Ungarn im Anschluss an den Bau der Kraftwerksblöcke 5 und 6 keine weitere finanzielle Unterstützung für Paks II. Die neuen Blöcke werden zu Marktbedingungen ohne festgelegte Erträge oder garantierte Preise betrieben. Ungarn geht in diesem Stadium davon aus, dass eine Beschaffung von Fremdkapital unmittelbar durch Paks II nicht erforderlich sein wird. |
2.2. ZIEL DER BEIHILFEMASSNAHME
(17) |
Wie im Einleitungsbeschluss erläutert, ist das Atomkraftwerk Paks in Ungarn das einzige in Betrieb befindliche Atomkraftwerk. Es steht zu 100 % im Eigentum der staatlichen Stromhandels- und -erzeugungsgesellschaft Magyar Villamos Művek Zártkörűen Működő Részvénytársaság (im Folgenden „MVM-Gruppe“) (8). Die installierte Kapazität der vier Blöcke des Kraftwerks beläuft sich insgesamt auf 2 000 MW; die Blöcke sind zurzeit alle mit russischer Technologie ausgerüstet (WWER-440/V213). Bis 2037 werden die Blöcke nacheinander stillgelegt (siehe Erwägungsgrund 10). |
(18) |
Die Stromerzeugung aus Kernenergie ist im Energiemix Ungarns von strategischer Bedeutung, da etwa 50 % des gesamten in Ungarn erzeugten Stroms aus den vier Reaktoren im Atomkraftwerk Paks stammen (9). |
(19) |
Angesichts der Ziele,
forderte die Regierung die MVM-Gruppe auf, Alternativen zur Ausweitung der Stromerzeugung in Atomkraftwerken zu prüfen. In einer Machbarkeitsstudie der MVM wurden der Bau und die Finanzierung eines neuen Atomkraftwerks untersucht, das in das Stromnetz eingebunden werden und wirtschaftlich, sicher und umweltfreundlich betrieben werden könnte. Aufgrund dieser im Jahr 2008 von der MVM-Gruppe vorgelegten Machbarkeitsstudie schlug die Regierung das Vorhaben dem ungarischen Parlament vor; dieses stimmte dem Beginn der vorbereitenden Arbeiten für die Entwicklung neuer Kraftwerksblöcke am Standort Paks zu (10). Ergänzende Berechnungen ergaben, dass infolge der Stilllegung veralteter Kraftwerke die installierte Bruttokapazität von 8 000-9 000 MW bis 2025 um 6 000 MW zurückgehen würde. Diese Kraftwerke sollten teilweise durch die Erweiterung des Atomkraftwerks Paks ersetzt werden. |
(20) |
Im Jahr 2011 wurde die Nationale Energiestrategie für den Zeitraum bis 2030 eingeleitet (11). Diese Strategie konzentriert sich auf ein Versorgungsszenario mit den Komponenten Kernenergie, Kohle und erneuerbare Energieträger. Der ungarische Übertragungsnetzbetreiber MAVIR geht von einem Bedarf von mindestens 5,3 GW neuer Erzeugungskapazität in Ungarn bis 2026 und etwas über 7 GW bis 2031 aus, da der Bedarf steigen werde und bestehende Erzeugungskapazitäten in Ungarn vom Netz genommen werden (12). Außerdem prognostiziert MAVIR, dass nahezu alle derzeit in Betrieb befindlichen Kohlekraftwerke zwischen 2025 und 2030 stillgelegt werden müssen und dass die installierte Kapazität der ungarischen Gaskraftwerke um etwa 1 GW zurückgehen wird (siehe am 16. Januar 2017 von Ungarn vorgelegte Tabelle 1). Ungarn erläuterte, dass in der Untersuchung von MAVIR bei der Prognose der benötigten 7 GW keine Importe und keine neu installierten Kapazitäten berücksichtigt wurden. Tabelle 1 Erwartete Stilllegungen installierter Kapazitäten in Ungarn bis 2031
|
(21) |
Ungarn und Russland unterzeichneten das IGA mit dem Ziel, am Standort Paks neue Kapazitäten zu schaffen. Ungarn erläuterte, durch die Beibehaltung der Kernenergie im Energiemix könne den folgenden Erfordernissen besser Rechnung getragen werden: dem Ausgleich vom Netz genommener Kapazitäten, der Entwicklung neuer Kapazitäten und der Erfüllung der ungarischen Zielvorgaben im Rahmen der Klimaschutzziele der Union (insbesondere hinsichtlich der vorgesehenen Reduzierung der CO2-Emissionen). |
2.3. BESCHREIBUNG DER NEUEN BLÖCKE — EINGESETZTE TECHNOLOGIE
(22) |
Die neuen Blöcke 5 und 6 im Atomkraftwerk Paks II werden mit Reaktoren des Typs WWER 1200 (V491) ausgerüstet; bei diesem Typ handelt es sich um modernere Reaktoren der Generation III+. Ungarn erläutert, die technischen Leistungsmerkmale der in Paks II einzurichtenden Blöcke seien gegenüber den gegenwärtigen Blöcken im Atomkraftwerk Paks mit erheblichen Vorteilen verbunden; dies gelte beispielsweise für den höheren Wirkungsgrad, aber auch für die verbesserte Wirtschaftlichkeit und für die besseren Sicherheitsfunktionen. |
(23) |
Abgesehen von der erheblich größeren installierten Kapazität der Reaktoren des Typs WWER 1200 (V491) bestünden auch deutliche Unterschiede hinsichtlich der vorgesehenen Laufzeit (60 Jahre bei WWER 1200 gegenüber nur 30 Jahren bei den bestehenden Blöcken im Atomkraftwerk Paks) und der Flexibilität beim Betrieb der Reaktoren, die bei den beiden neuen Reaktoren innerhalb einer bestimmten Spanne eine individuelle Anpassung der Kapazität an den Bedarf im Stromnetz ermögliche. |
(24) |
Der verringerte Brennstoffbedarf der neuen Blöcke sei auf technische Verbesserungen in den letzten Jahren zurückzuführen. Der derzeitige Brennstoffkreislauf von 12 Monaten verlängere sich bei den neuen Blöcken auf 18 Monate. Daher müssten die neuen Blöcke im Laufe eines Jahres weniger häufig zur Beschickung mit neuen Brennelementen heruntergefahren werden, die jährliche Betriebszeit der Anlagen verlängere sich, und das Kraftwerk verliere keine Produktionszeit. |
(25) |
Außerdem heißt es in den technischen Spezifikationen, die Leistungsdichte der neuen Brennelemente sei deutlich höher als die der gegenwärtig eingesetzten Brennelemente. Dies wiederum bedeute, dass eine höhere Leistung pro Masseeinheit der Brennelemente erreicht und die Wirtschaftlichkeit der Anlage verbessert werden könne. |
2.4. DER BEGÜNSTIGTE
(26) |
Wie in Abschnitt 2.3 des Einleitungsbeschlusses erläutert, ist der Begünstigte der Maßnahme die gegenwärtig im Eigentum des ungarischen Staates stehende Gesellschaft Paks II. Die Rechte der Anteilseigner werden vom Amt des Premierministers ausgeübt. Paks II wird Eigentümerin und Betreibergesellschaft der vom ungarischen Staat finanzierten Reaktorblöcke 5 und 6. |
(27) |
In Erwägungsgrund 19 des Einleitungsbeschlusses wird erläutert, wie die ursprünglich im Eigentum der MVM-Gruppe stehenden Anteile an Paks II auf den ungarischen Staat übertragen wurden (13). Nach den am 30. Januar 2016 von Ungarn vorgelegten Informationen belief sich das Volumen der Übertragung auf 10,156 Mrd. HUF bzw. etwa 33 Mio. EUR. |
2.5. DIE FINANZIERUNGSSTRUKTUR DES VORHABENS UND DIE RECHTE UND PFLICHTEN NACH DEM EPC-VERTRAG
2.5.1. ZWISCHENSTAATLICHES FINANZIERUNGSABKOMMEN
(28) |
Im Rahmen des zwischenstaatlichen Abkommens (14) gewährte Russland Ungarn ein staatliches Darlehen in Form einer revolvierenden Kreditfazilität von 10 Mrd. EUR zur Finanzierung des Baus der Reaktorblöcke 5 und 6 des Atomkraftwerks Paks. Der Zinssatz für dieses Darlehen liegt zwischen 3,95 % und 4,95 % (15). Das Darlehen ist für die Planung, den Bau und die Inbetriebnahme dieser neuen Reaktorblöcke vorgesehen. |
(29) |
Nach dem Finanzierungsabkommen muss das Darlehen von Ungarn zur Finanzierung von 80 % des Auftragswerts des EPC-Vertrags für die Ausführung von Arbeiten und für die Erbringung von Dienstleistungen sowie für die Lieferung von Anlagen und Ausrüstungen verwendet werden; die übrigen 20 % des EPC-Vertrags sind von Ungarn aufzubringen (siehe Erwägungsgrund 15). Ungarn muss das Darlehen bis 2025 abrufen. |
(30) |
Das Darlehen ist von Ungarn innerhalb von 21 Jahren ab dem 15. März bzw. dem 15. September nach dem Datum der Inbetriebnahme der beiden neuen Reaktorblöcke 5 und 6, spätestens jedoch ab dem 15. März 2026 zurückzuzahlen (16). |
(31) |
Zahlungen nach Maßgabe des Finanzierungsabkommens können ausschließlich auf Aufforderung des Ministeriums für Wirtschaft der Republik Ungarn und nach einer Genehmigungsmitteilung des russischen Finanzministeriums geleistet werden. |
2.5.2. DER EPC-VERTRAG
(32) |
Nach dem EPC-Vertrag liefert JXC NIAEP die beiden Reaktoren nach den detaillierten technischen Spezifikationen bis zu den vereinbarten Zeitpunkten und für den vereinbarten Pauschalpreis von ([…] (*1) Mrd. EUR). In diesem Preis sind alle zuvor noch nicht spezifizierten Kosten enthalten […] (17). |
(33) |
Im Vertrag ist unter bestimmten Bedingungen, […] die Zahlung einer Vertragsstrafe (18) vorgesehen. |
(34) |
[…] |
(35) |
[…] |
2.5.3. BEZIEHUNG ZWISCHEN DEM STAAT UND DEM BEGÜNSTIGEN
(36) |
Ursprünglich hatte Ungarn vorgesehen, dass Paks II eine 100 %ige Tochter der MVM Hungarian Electricity Ltd. bleiben würde, die ihrerseits im Eigentum des ungarischen Staates und ungarischer Kommunen steht. Seit November 2014 ist Paks II keine Tochter der MVM Hungarian Electricity Ltd. und kein Bestandteil der MVM-Gruppe mehr, sondern eine zu 100 % unmittelbar in staatlichem Eigentum stehende Gesellschaft, bei der gegenwärtig keine rechtliche Beziehung mehr zur MVM-Gruppe besteht. |
(37) |
Hinsichtlich der Tätigkeit von Paks II, insbesondere in Bezug auf den Verkauf von Strom, erklärt Ungarn, dass in diesem Stadium keine separate Vereinbarung über den Kauf von Energie bei einem anderen Lieferanten bestehe oder vorgesehen sei. Die ungarischen Behörden beabsichtigen einen Verkauf des von Paks II erzeugten Stroms auf dem Strommarkt und an Stromverbraucher nach Maßgabe typischer marktüblicher grundlastbezogener Stromliefervereinbarungen. Ungarn zufolge wäre Paks II als für eine längere Laufzeit ausgelegtes Grundlastkraftwerk ähnlich wie andere bereits in Betrieb befindliche Atomkraftwerke in Europa ein Preisnehmer. |
(38) |
Paks II wird Eigentümerin des Atomkraftwerks Paks II sein und während der Bauphase der beiden Reaktoren vollständig durch Beteiligungskapital des ungarischen Staates finanziert. Die ungarischen Behörden gehen in diesem Stadium davon aus, dass eine höhere Kreditaufnahme unmittelbar durch Paks II nicht erforderlich sein wird. |
(39) |
Ungarn wird die erforderlichen Mittel für die Übertragung des Kaufpreises für das Atomkraftwerk Paks II nicht auf die Konten von Paks II übertragen. Diese Mittel werden größtenteils von der russischen Bank für Außenwirtschaft (Vnesheconombank = Bank für Außenwirtschaft) gehalten. Für jeden als erfüllt betrachteten Meilenstein beantragt Paks II bei der Vnesheconombank die Auszahlung von 80 % des jeweils fälligen Betrags unmittelbar an JSC NIAEP. Außerdem beantragt die Gesellschaft bei der ungarischen Staatlichen Behörde für Schuldenverwaltung (ÁKK) die Zahlung der übrigen 20 %. |
(40) |
Der übrige Finanzbedarf von Paks II in der Bauphase wird durch Beteiligungskapital aus dem ungarischen Staatshaushalt gedeckt. Ursprünglich war für die Bauphase ein Betrag von bis zu […] Mrd. EUR (d. h. die Differenz zwischen dem im IGA für die Reaktorblöcke vorgesehenen Betrag von 12,5 Mrd. EUR und dem tatsächlichen Kaufpreis des Atomkraftwerks Paks II in Höhe von […] Mrd. EUR) vorgesehen. Ungarn betrachtet dies als Obergrenze für die staatlichen Mittel, die (zumindest ohne weitere Zuweisung) für den Bau des Atomkraftwerks Paks II verwendet werden können. Wenn der Kapitalbedarf diesen Betrag jedoch überschreiten sollte, wird Ungarn nach eigenen Angaben seine Investition erhöhen, wenn es nach einer Prüfung zum betreffenden Zeitpunkt zu dem Schluss gelangt, dass dies für Ungarn wirtschaftlich angemessen ist. |
(41) |
In einer Sensitivitätsanalyse im Hinblick auf mögliche zusätzliche Kosten für Paks II während der Bauphase wurde Ungarn zufolge festgestellt, dass sich die Kosten verzehnfachen müsste, damit der prognostizierte interne Zinsfußes um 1 % zurückginge. Daher erwartet Ungarn bei einem Anstieg der Kosten nur geringfügige Auswirkungen. |
2.6. DER UNGARISCHE STROMMARKT
2.6.1. BESCHREIBUNG DES UNGARISCHEN STROMMARKTS
(42) |
Die gegenwärtige Struktur des ungarischen Strommarkts ist um das Jahr 1995 entstanden, als die meisten großen Kraftwerke und öffentlichen Versorgungsunternehmen sowie die Stromversorger privatisiert wurden. Über den in staatlichem Eigentum stehenden vertikal integrierten Energieversorger (die MVM-Gruppe) behält der Staat eine beherrschende Stellung in der Branche. |
(43) |
In der in Erwägungsgrund 20 genannten Untersuchung von MAVIR wird festgestellt, dass sich der inländische Stromverbrauch seit 2014 insgesamt um 2,7 % erhöht hat und 2015 bei 43,75 TWh lag. Der Anteil der inländischen Produktion an diesem Verbrauch belief sich auf 30,06 TWh und entsprach damit 68,72 % des gesamten Stromverbrauchs (siehe Abbildung 1). Die Einfuhren lagen bei 13,69 TWh bzw. 31,28 % des Gesamtverbrauchs. Als Stromerzeuger verfügt die in staatlichem Eigentum stehende MVM-Gruppe dank ihres wichtigsten Kraftwerks, des Atomkraftwerks Paks, über einen beträchtlichen Marktanteil (52,67 % der gesamten Stromerzeugung in Ungarn im Jahr 2015) (siehe Abbildung 1). Das Kraftwerk Mátra ist ein Braunkohlekraftwerk, das hauptsächlich von der RWE Power AG (50,92 %) betrieben wird, an dem aber auch die MVM-Gruppe zu 26,15 % beteiligt ist. Die übrigen größeren (többi nagyerőmű) und kleineren (kiserőművek) Kraftwerke spielen in der Erzeugungsstruktur auf dem ungarischen Markt insgesamt eine bescheidene Rolle. Auf dem Stromgroßhandelsmarkt besitzt MVM Partner, eine mit dem Verkauf an Großkunden befasste vertikal integrierte Tochter der MVM-Gruppe, eine beherrschende Stellung (19). Abbildung 1 Zusammensetzung des gesamten Stromverbrauchs in Ungarn im Jahr 2015
Abbildung 2 Inländische Bruttostromerzeugung in Ungarn im Jahr 2015
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(44) |
In Ungarn werden Großhandelsgeschäfte meist in Form bilateraler Stromliefervereinbarungen getätigt, bei denen sich die Erzeuger verpflichten, eine vereinbarte Mindestmenge an Strom an Großhändler zu liefern, und bei denen Großhändler eine Verpflichtung zur Abnahme einer bestimmten Mindestmenge eingehen. Die Stromliefervereinbarungen werden in der Regel nach den Standards der EFET (European Federation of Energy Traders = Europäische Vereinigung der Energievertreiber) geschlossen. |
(45) |
Die ungarische Strombörse HUPX (Hungarian Power Exchange Company Ltd.) nahm im Juli 2010 ihren Betrieb als Tochtergesellschaft des Übertragungsnetzbetreibers MAVIR auf. Sie bietet Day-Ahead-Handelsdienstleistungen sowie physische Termingeschäfte an. Der Day-Ahead-Handel beginnt täglich um 11.00 Uhr mit Kauf- und Verkaufsangeboten für jede einzelne Stunde des Folgetags. Der Handel schließt spätestens um 11.40 Uhr. Physische Termingeschäfte können vier Wochen, drei Monate, vier Quartale und drei Jahre im Voraus getätigt werden. Für diese Geschäfte sind bestimmte Handelstage vorgesehen, an denen Kauf- und Verkaufsangebote in einer bestimmten Zeitspanne abgegeben werden müssen. Seit März 2016 können auf dem Intra-Day-Markt der HUPTSX Produkte mit einem Zeitfenster von 15 Minuten und von einer Stunde gehandelt werden. Zusätzlich zu den organisierten Day-Ahead- und Intra-Day-Märkten hat die HUPX Kooperationsvereinbarungen mit zwei Maklerunternehmen geschlossen, die gemeinsamen Kunden ein Clearing durch OTC-Geschäfte (OTC = Over the Counter) ermöglichen. |
(46) |
Über die nicht von der HUPX durchgeführten Day-Ahead-Auktionen hinaus wird Strom auch an Börsen in der EU oder auf OTC-Plattformen sowie in direkten bilateralen Geschäften verkauft (siehe Erwägungsgrund 44). |
(47) |
Wie aus Abbildung 1 in Erwägungsgrund 43 ersichtlich, ist Ungarn mit einem Importanteil von etwa 30 % des ungarischen Stromverbrauchs ein Nettoimporteur. Der Stromhandelspreis im Großhandel war innerhalb der Ungarn beinhaltenden verbundenen Region (mit Ausnahme von Polen und der Slowakei) in Ungarn am höchsten (siehe Abbildung 3). Abbildung 3 Monatliche durchschnittliche Grundlastpreise auf dem Day-Ahead-Markt in der Region MOE (einschließlich Ungarn) und in Deutschland (2010-2016)
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(48) |
Bei der Kurzzeitprognose der Grundlastpreise in der Region ist der gleiche Trend erkennbar, d. h., in dieser Region sind die ungarischen Grundlastpreise am höchsten (siehe Abbildung 4). Abbildung 4 Regionale Grundlastpreise auf dem Future-Markt Januar bis Juni 2017
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(49) |
Ungarn ist gut an die Netze benachbarter Länder angebunden — die Verbindungskapazität lag 2014 um 30 % über dem Ziel für 2020 (21). Seit dem Jahr 2014 wird Strom innerhalb des gekoppelten tschechisch-slowakisch-ungarisch-rumänischen Strommarkts übertragen; dies führte zu einer Erhöhung der Liquidität an der HUPX und zu einer Verbesserung der Preisstabilität. Abbildung 5 bietet einen Überblick über den Stromaustausch mit Nachbarländern im Jahr 2014. Abbildung 5 Stromaustausch zwischen Ungarn und Nachbarländern
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2.6.2. BESCHREIBUNG DER ERWARTETEN ENTWICKLUNG DES UNGARISCHEN STROMMARKTS
(50) |
Auf der Grundlage der in Erwägungsgrund 20 genannten Untersuchung von MAVIR (22) werden zwischen 2025 und 2030 nahezu alle Kohlekraftwerke vom Netz genommen sein, und die installierte Kapazität der ungarischen Gaskraftwerke wird um 1 GW geringer sein. Angesichts der prognostizierten Zunahme der Spitzennachfrage wird davon ausgegangen, dass die verfügbare Kapazität der inländischen Erzeuger ab 2021 nicht mehr hinreichend zur Deckung der Spitzenlast sein wird. Daher schätzt der Übertragungsnetzbetreiber, dass auf dem ungarischen Markt bis 2026 zusätzliche Kapazität zur Erzeugung von mindestens 5,3 GW Strom und bis Ende des Prognosezeitraums (2031) von mehr als 7 GW benötigt wird. Diese Entwicklung ist in der folgenden Abbildung 6 dargestellt; aus dieser Abbildung wird auch deutlich, dass die installierte Kapazität die zunehmende Spitzenlast noch beträchtlich überschreiten muss. In seinem Vorbringen vom 16. Januar 2017 erläuterte Ungarn, nach den Standardverfahren des Europäischen Verbunds der Übertragungsnetzbetreiber für Strom (ENTSO-E) für Übertragungs- und Fernleitungsnetzbetreiber (TSO) müsse eine bestimmte verbleibende Kapazität (remaining capacity) gewährleistet sein. Als verbleibende Kapazität wird die Differenz zwischen der zuverlässig verfügbaren inländischen Kapazität (reliable available capacity) zuzüglich der nationalen Erzeugungskapazität und der Reserve für Systemdienstleistungen (system services reserve) bezeichnet. Die verbleibende Kapazität ist Bestandteil der nationalen Erzeugungskapazität, die zu einem bestimmten Zeitpunkt im System zur Deckung vorgesehener Ausfuhren und unerwarteter Lastschwankungen sowie als Reserve für Systemdienstleistungen und zum Ausgleich von Ausfällen verbleibt. Abbildung 6 Zusätzlich benötigte Erzeugungskapazität der ungarischen Stromwirtschaft
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(51) |
Ungarn erläutert, ungeachtet des zu erwartenden verhältnismäßig hohen Bedarfs an neuer Erzeugungskapazität zeigten die Daten von Platts PowerVision, dass tatsächlich nur verhältnismäßig geringe neue Kapazität geschaffen werde (siehe Tabelle 2). Außerdem sei den Daten von Platts zufolge eine 44-MW-Anlage zur Energiegewinnung aus Abfällen in Ungarn gegenwärtig das einzige im Bau befindliche Kraftwerk. Ein Anleger beabsichtige den Bau größerer (Gas-)Kraftwerke; keines dieser Vorhaben könne jedoch als gesichert betrachtet werden, da den Anlegern noch keine erheblichen unwiederbringliche Kosten (beispielsweise Baukosten) entstanden seien, die die Ernsthaftigkeit ihrer Vorhaben belegen würden. Tabelle 2 Zu schaffende neue Kapazitäten in der ungarischen Stromwirtschaft
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2.7. GRÜNDE FÜR DIE EINLEITUNG DES VERFAHRENS
(52) |
Aus Gründen der Rechtssicherheit meldete Ungarn im Mai 2015 beabsichtigte Investitionen in den Bau zweier neuer Kernreaktoren am Standort Paks bei der Kommission zur Genehmigung an und erläuterte, das Vorhaben sei nicht mit einer staatlichen Beihilfe verbunden, da der Staat als marktwirtschaftlich handelnder Kapitalgeber auftrete und einen angemessenen Gewinn anstrebe. Im Einleitungsbeschluss brachte die Kommission aufgrund der damals verfügbaren Informationen Bedenken zum Ausdruck, dass die Maßnahme eine staatliche Beihilfe im Sinne von Artikel 107 AEUV beinhalten könne. Die Kommission hatte insbesondere Bedenken, dass die Maßnahme mit einem selektiven Vorteil für Paks II verbunden sein könnte, da Ungarn die übrigen Voraussetzungen für das Vorliegen einer staatlichen Beihilfe in der Anmeldungsphase nicht bestritten hatte. |
(53) |
Die Bedenken beruhten auf dem Ergebnis einer Prüfung unter Zugrundelegung des Verhaltens eines marktwirtschaftlich handelnden Kapitalgebers (MEIP = Market Economy Investor Principle), bei der untersucht wird, ob ein marktwirtschaftlich handelnder Kapitalgeber zum Zeitpunkt des Beschlusses über die öffentliche Investition zu denselben Bedingungen wie der öffentliche Kapitalanleger in das Vorhaben investiert hätte (23). Dieser sogenannte „MEIP-Test“ wird auch in der Rechtsprechung anerkannt (24). |
(54) |
Mit dem MEIP-Test soll geprüft werden, ob bei einem Investitionsvorhaben der erwartete investierte interne Zinsfuß (IRR = Internal Rate of Return) einer Investition höher wäre als ein rein marktorientierter Richtwert der gewichteten, durchschnittlichen Kapitalkosten (WACC = Weighted Average Cost of Capital) (25). Ungarn veranschlagte den IRR des Vorhabens als höher als die WACC als rein marktorientierten Richtwert; die Kommission hegte jedoch die Vermutung, dass möglicherweise die WACC tatsächlich als höher zu betrachten wären. |
(55) |
Aufgrund der Bedenken hinsichtlich des Vorliegens einer staatlichen Beihilfe prüfte die Kommission, ob eine etwaige staatliche Beihilfe als mit dem Binnenmarkt vereinbar angesehen werden könnte. Da nach Auffassung der ungarischen Behörden jedoch keine staatliche Beihilfe vorlag, hatte Ungarn während des vorläufigen Prüfverfahrens noch keine Gründe dafür genannt, warum die Maßnahme mit dem Binnenmarkt vereinbar sei. Außerdem brachte die Kommission Zweifel daran zum Ausdruck, dass die Maßnahme in den Anwendungsbereich ihrer Mitteilung „Leitlinien für staatliche Umweltschutz- und Energiebeihilfen 2014-2020“ (26) falle, da diese Leitlinien sich nicht auf Maßnahmen im Bereich Kernenergie und radioaktive Abfälle erstrecken. Die Kommission gelangte zu dem Schluss, dass keine sonstigen Leitlinien für die Beurteilung der angemeldeten Maßnahme anzuwenden seien; sie stellte aber auch fest, dass sie nach Artikel 107 Absatz 3 Buchstabe c AEUV eine Maßnahme unmittelbar für mit dem Binnenmarkt vereinbar erklären kann, wenn sie erforderlich und verhältnismäßig ist und wenn die positiven Wirkungen der Erreichung eines Ziels von gemeinsamem Interesse gegenüber den nachteiligen Wirkungen auf den Wettbewerb und den Handel überwiegen. |
(56) |
Die Kommission bezweifelte ferner, dass die Maßnahme als verhältnismäßig angesehen werden könne, d. h., sich die Maßnahme auf die für einen erfolgreichen Bau der zusätzlichen Kraftwerksblöcke erforderliche Mindestinvestition zur Erreichung des Ziels von gemeinsamem Interesse beschränke. Der Begünstigte würde Erzeugungskapazitäten erhalten, ohne jedoch das besondere Risiko in Verbindung mit Refinanzierungskosten tragen zu müssen, das für andere Marktteilnehmer bestehen würde. Auskünfte dazu, wie Ungarn eine derartige Überkompensation vermeiden würde, wurden der Kommission nicht vorgelegt. |
(57) |
Die Kommission betonte, dass der ungarische Stromerzeugungsmarkt durch eine verhältnismäßig hohe Marktkonzentration gekennzeichnet ist, da auf das Atomkraftwerk Paks etwa 50 % der inländischen Erzeugung entfallen. Ohne neue Kapazitäten würden das Atomkraftwerk Paks und auf Paks II wahrscheinlich sogar einen noch höheren Anteil am Versorgungsmarkt erreichen; dies könnte den Wettbewerb auf dem ungarischen Strommarkt verfälschen. Ungarn übermittelte der Kommission keine detaillierten Informationen dazu, wie es den kontinuierlichen unabhängigen Betrieb der vorhandenen und der neuen Erzeugungskapazitäten sicherstellen würde. |
(58) |
Und schließlich stellte die Kommission fest, dass aufgrund der Besonderheiten des ungarischen Strommarkts der Betrieb von Paks II auch mit einem Liquiditätsrisiko für den Großhandelsmarkt einhergehen könnte, da das Stromangebot verknappt werden könnten. Je nachdem, wie der in den neuen Reaktoren erzeugte Strom auf dem Markt verkauft wird, könnte es zu einer erheblichen Beeinträchtigung der Liquidität kommen; außerdem könnten die Hindernisse für einen Marktzugang erhöht werden, und der Wettbewerb könnte auf mehreren Ebenen des Marktes beeinträchtigt werden. Ungarn erklärte nicht näher, wie sich der Stromhandel durch Paks II gestalten würde und wie die Marktliquidität gesichert werden könne. |
(59) |
Daher äußerte die Kommission Bedenken, dass die Maßnahme eine staatliche Beihilfe im Sinne von Artikel 107 Absatz 1 AEUV beinhalten könnte. |
(60) |
Ohne hinreichende Belege konnte die Kommission nicht feststellen, ob eine derartige Maßnahme nach Artikel 107 Absatz 3 Buchstabe c mit dem Binnenmarkt vereinbar wäre. Angesichts der im Einleitungsbeschluss geäußerten Bedenken sowie in Anbetracht der Tatsache, dass sich Ungarn zu diesem Zeitpunkt noch nicht zur Vereinbarkeit der Maßnahme geäußert hatte, prüfte die Kommission zudem mögliche Wettbewerbsverfälschungen sowie eine möglichen Überkompensation für Paks II. |
(61) |
Im Zusammenhang mit den in Erwägungsgrund 56 genannten Bedenken bezüglich der Verhältnismäßigkeit prüfte die Kommission, ob Paks II infolge der Beihilfe Gewinne, die nicht in Form von Dividenden an den Staat gezahlt würden, in die Schaffung oder den Kauf weiterer Erzeugungskapazitäten investieren und dadurch seine eigene Marktposition stärken könnte. |
(62) |
Aufgrund der in Erwägungsgrund 56 genannten Bedenken hinsichtlich der Verhältnismäßigkeit prüfte die Kommission ferner die von Ungarn vorgesehene Dividendenpolitik und untersuchte insbesondere, ob Ungarn die Auszahlung von Dividenden verlangen (je nach dem von Paks II erzielten Gewinn) oder die Gewinne eher Paks II überlassen würde. Die Kommission hatte Bedenken, dass Paks II seine Gewinne reinvestieren könnte, um zusätzliche Erzeugungskapazitäten zu schaffen oder zu kaufen und den Wettbewerb weiter zu verfälschen. |
(63) |
Wie in Erwägungsgrund 57 erläutert, hatte die Kommission angesichts der verhältnismäßig hohen Konzentration des ungarischen Stromerzeugungsmarkts sowie in Anbetracht der Tatsache, dass auf das Atomkraftwerk Paks (MVM-Gruppe) gegenwärtig etwa 50 % der inländischen Erzeugung entfallen, Zweifel daran, dass das Atomkraftwerk Paks und Paks II getrennt geführt würden und als unabhängige und nicht verbundene Anlagen betrachtet werden könnten. Dass Paks II gegenwärtig unabhängig von der MVM-Gruppe ist, war für die Kommission kein hinreichender Anhaltspunkt, da sie in der Anmeldungsphase keinerlei Auskunft dazu erhalten hatte, ob das Atomkraftwerk Paks und Paks II auch weiterhin rechtlich und strukturell vollständig voneinander getrennt geführt würden. Diese Klärung erschien jedoch erforderlich, um das Risiko einer weiteren Marktkonzentration zu minimieren. |
(64) |
Wie in Abschnitt 2.6 erläutert, werden Geschäfte auf dem ungarischen Stromgroßhandelsmarkt zudem gewöhnlich in Form bilateraler Stromliefervereinbarungen geschlossen, und an der ungarischen Strombörse (HUPX) wurde noch keine angemessene Liquidität erreicht. Da in der ungarischen Anmeldung nicht auf die vorgesehenen Methoden zum Verkauf von Strom aus Paks II eingegangen wurde, untersuchte die Kommission die Wirkung von Paks II auf die derzeitige ungarische Liquidität auf dem Stromgroßhandelsmarkt. |
(65) |
Angesichts der in Erwägungsgrund 58 erläuterten Bedenken hinsichtlich der Marktliquidität war der Kommission insbesondere in Anbetracht der beherrschenden Stellung von MVM Partner auf dem Stromgroßhandelsmarkt daran gelegen, eine umfassende Palette an Versorgungsangeboten auf dem Markt sicherzustellen (27). Die Kommission hatte Bedenken, dass die Liquidität erheblich beeinträchtigt werden könnte und dass die Kosten nachgelagerter Wettbewerber in die Höhe getrieben werden könnten, wenn ein wettbewerbsfähiger Zugang zu einem wichtigen Input beschränkt wird (Marktabschottung auf Vorleistungsebene). Dies wäre etwa dann denkbar, wenn der von Paks II erzeugte Strom hauptsächlich nach Maßgabe langfristiger Liefervereinbarungen nur an bestimmte Versorger verkauft und auf diese Weise die Marktmacht von Paks II vom Erzeugungsmarkt auf den Endkundenmarkt übertragen würde. |
(66) |
Daher verlangte die Kommission weitere Auskünfte über die Stromhandelsstrategie von Paks II, wobei besonders darauf eingegangen werden sollte, ob diese Strategie sich an Marktbedingungen oder an einer sonstigen transparenten Handelsplattform orientiere. |
3. DER STANDPUNKT DER UNGARISCHEN REGIERUNG
3.1. DER STANDPUNKT UNGARNS ZUM VORLIEGEN EINER BEIHILFE
3.1.1. WIRTSCHAFTLICHER VORTEIL
(67) |
In der Anmeldung erklärt Ungarn, die Investition stelle keine staatliche Beihilfe im Sinne von Artikel 107 AEUV dar, da Paks II mit dieser Maßnahme kein wirtschaftlicher Vorteil gewährt werde. Ungarn begründet diese Darstellung mit dem Hinweis darauf, dass die Investition in Paks II die Anforderungen des MEIP-Tests erfülle (siehe Erwägungsgründe 53 und 54). |
(68) |
Nach Auffassung Ungarns sind die Kriterien des MEIP-Tests insbesondere in zweierlei Hinsicht erfüllt (28): Erstens seien die WACC des Vorhabens niedriger als der IRR. Zweitens seien die Gesamtgestehungskosten der erzeugten Energie (LCOE = Levelized Costs of Producing Energy) erheblich zu gering, um eine Konkurrenz der Kernenergie mit anderen Erzeugungstechnologien zu begründen und um bei den gegenwärtigen Strompreisen angemessene Erträge zu ermöglichen (29). |
(69) |
Zur Untermauerung seines Standpunkts übermittelte Ungarn die folgenden Untersuchungen und begleitenden Unterlagen:
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(70) |
Außerdem übermittelte die ungarische Regierung ein Finanzmodell, mit dem die IRR-Werte für das Vorhaben ermittelt wurden. Bei der Kommission gingen zwei Fassungen des Modells ein:
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(71) |
Mit Ausnahme der „Ergänzenden Erläuterungen“ wird in allen in Erwägungsgrund 69 genannten Unterlagen die Berechnung der WACC und des IRR behandelt (wenn auch in unterschiedlicher Ausführlichkeit). Der IRR des Vorhabens wird mit dem Finanzmodell berechnet (31). Der von den LCOE ausgehende Ansatz wird in der Wirtschaftsstudie sowie in den „Ergänzenden Erläuterungen“ erörtert (siehe Erwägungsgrund 69). |
(72) |
Hinsichtlich der von Ungarn vorgenommenen Analysen ist festzustellen, dass die in der MEIP-Untersuchung und später in der Wirtschaftsstudie angegebenen Zahlen in den in den Erwägungsgrund 69c-69f genannten Unterlagen in mehreren Fällen angepasst wurden. Einige der Aktualisierungen datieren nach dem Zeitpunkt der Unterzeichnung des EPC-Vertrags am 9. Dezember 2014, d. h. nach der ursprünglichen Investitionsentscheidung. |
(73) |
Der Einleitungsbeschluss enthält eine eingehende Bewertung des von Ungarn vertretenen Standpunkts zu allen wesentlichen Aspekten entsprechend den Vorbringen Ungarns bis zum Datum des Einleitungsbeschlusses (32). Die übrigen Randnummern dieses Abschnitts bieten einen Überblick über den Standpunkt Ungarns zu den wesentlichen Aspekten, auf die nach der Veröffentlichung des Einleitungsbeschlusses hingewiesen wurde. Insbesondere die Anwendung der WACC, des IRR und der LCOE werden getrennt behandelt. |
3.1.1.1. Standpunkt Ungarns zu den WACC
(74) |
In der Antwort auf den Einleitungsbeschluss bestätigte Ungarn nochmals die bereits in seinen früheren Vorbringen angesetzte WACC-Spanne von 6,2-7,7 %. Außerdem bekräftigte Ungarn seine früheren Vorbringen in den erläuternden Schreiben und erklärte, die Kommission habe diese Vorbringen im Einleitungsbeschluss nicht berücksichtigt. |
3.1.1.2. Standpunkt Ungarns zum IRR
(75) |
In diesem Abschnitt wird der Standpunkt Ungarns zur Verwendung des Finanzmodells zur Berechnung künftiger freier Cashflows bei dem Vorhaben und zur Ermittlung des IRR bewertet. Die wesentlichen Bestandteile des Finanzmodells sind:
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A) Prognosen der Strompreisentwicklung
(76) |
Die von der ungarischen Regierung angenommenen Preisprognosen wurden im Einleitungsbeschluss bewertet. In der Antwort auf den Einleitungsbeschluss kritisierte Ungarn, dass die Kommission zur Berechnung des IRR für das Vorhaben nur eine einzige prognostizierte Preiskurve (beruhend auf dem World Energy Outlook 2014 (IEA WEO 2014) der Internationalen Energieagentur) berücksichtigt habe (33). Insbesondere bekräftigte Ungarn, dass zur Bewertung des IRR alle in der Wirtschaftsstudie übermittelten Preisprognosen einbezogen werden müssten. |
B) Annahmen für den Betrieb des Atomkraftwerks
(77) |
Die im Finanzmodell sowie bei den Berechnungen des IRR zugrunde gelegten Annahmen für den Betrieb des Atomkraftwerks wurden vom technischen Team von Paks II erstellt. Ursprünglich wurden keine Einzelheiten zur Begründung dieser operativen Annahmen vorgelegt; Ungarn übermittelte Hintergrundinformationen zu diesen Annahmen aber in seinen Antworten auf die Auskunftsersuchen der Kommission. Zentrale Vorbringen in diesem Zusammenhang sind die als Antwort auf ein Auskunftsersuchen im Anschluss an den Einleitungsbeschluss übermittelten Ergänzenden Erläuterungen und die Stellungnahmen von Beteiligten. |
C) Der IRR des Vorhabens
(78) |
In der Antwort auf den Einleitungsbeschluss bekräftigte Ungarn die Ergebnisse seiner früheren Berechnungen eines IRR von 8,6-12,0 % für das Vorhaben. |
(79) |
In der Antwort auf den Einleitungsbeschluss kritisierte Ungarn ferner die von der Kommission vorgenommene Bewertung der Auswirkungen einer Verzögerung auf den IRR des Vorhabens (ein Rückgang um 0,9 % bei einer Verzögerung um fünf Jahre). Diese Zahl wurde unter Annahme von Verzögerungen während der Betriebsphase ermittelt. Ungarn erklärte jedoch, eine Verzögerung in der Bauphase könne den IRR des Vorhabens sogar erhöhen, da dann auch die betreffenden Kosten erst später entstehen würden. |
3.1.1.3. Standpunkt Ungarns zu den LCOE
(80) |
In diesem Abschnitt wird der Standpunkt Ungarns zu den LCOE für Paks II gewürdigt (34). |
A) Die Wirtschaftsstudie
(81) |
In der Wirtschaftsstudie erklärte Ungarn, die LCOE von Paks II seien gering genug, um die Wettbewerbsfähigkeit mit anderen Erzeugungstechnologien zu gewährleisten. Insbesondere wurden in der Studie drei Prognosen der LCOE für ein Vorhaben im Kernenergiebereich in Ungarn vorgelegt. Die erste Prognose von 70 EUR/MWh beruhte auf einem Diskontierungszinssatz von 7 % (als Obergrenze der in dieser Wirtschaftsstudie prognostizierten WACC) und wurde einer gemeinsamen Veröffentlichung der OECD/IEA/NEA von 2015 mit dem Titel „Projected Costs of Generating Electricity“ (im Folgenden „OECD/IEA/NEA-Studie von 2015“) entnommen (35). Die zweite LCOE-Prognose von 50-63 EUR/MWh beruht auf einer Studie von Aszodi u. a. (2014), bei der ein Diskontierungszinssatz im Bereich von 4-5 % beruhend auf dem Zinssatz des russischen Darlehens angenommen wurde (36). Die dritte LCOE-Prognose von 58-120 EUR/MWh (reale Preise von 2013) wurde mithilfe einer Benchmark-Analyse ausgehend von Zahlen mehrerer internationaler Agenturen als mögliche Spanne ermittelt (37). Die Studie gelangte zu dem Schluss, dass die LCOE eines ungarischen Atomkraftwerks im Bereich zwischen 50,5 und 57,4 EUR/MWh (reale Preise von 2013) liegt; die beiden Grenzwerte wurden unter Zugrundelegung einer Zinsspanne entsprechend den ebenfalls in dieser Wirtschaftsstudie genannten Grenzwerten der WACC-Spanne (6,2 % und 7,0 %) berechnet (38). Bezogen auf die in dieser Wirtschaftsstudie angegebenen künftigen Strompreise könne das geplante ungarische Atomkraftwerk als rentabel betrachtet werden; daher ist Ungarn der Auffassung, dass ein marktwirtschaftlich handelnder Kapitalgeber die Durchführung dieses Vorhabens als vernünftig betrachten würde. |
B) Ergänzende Erläuterungen
(82) |
In der Antwort auf die Frage der Kommission, wie die LCOE-Spanne von 50,5-57,4 EUR/MWh in der endgültigen Schlussfolgerung der Wirtschaftsstudie mit der Spanne von 89-94 USD/MWh in der OECD/IEA/NEA-Studie zu vereinbaren sei, erklärte Ungarn in den „Ergänzenden Erläuterungen“, dieser Unterschied sei auf die sehr unterschiedlichen Annahmen in der Wirtschaftsstudie und in der OECD/IEA/NEA-Studie (beispielsweise auf die Differenz zwischen dem angenommenen Kapazitätsfaktor (85 % gegenüber 92 %) für Atomkraftwerke und auf die unterschiedlichen Annahmen für die Zeitpunkte der Inbetriebnahme (2020 gegenüber 2025) zurückzuführen. |
3.2. STANDPUNKT UNGARNS ZUR MÖGLICHEN VEREINBARKEIT DER MASSNAHME MIT DEM BINNENMARKT
(83) |
In der Antwort auf den Einleitungsbeschluss betonte Ungarn, die Maßnahme stelle keine staatliche Beihilfe dar; trotzdem legte Ungarn für den Fall, dass die Kommission das Vorliegen einer staatlichen Beihilfe feststelle, Stellungnahmen zu Bedenken vor, die die Kommission im Einleitungsbeschluss im Hinblick auf die mögliche Vereinbarkeit der Maßnahme mit dem Binnenmarkt geäußert hatte. |
3.2.1. STANDPUNKT HINSICHTLICH DES ZIELS VOM GEMEINSAMEN INTERESSE
(84) |
In der Antwort auf den Einleitungsbeschluss erläuterte Ungarn verschiedene politische Erwägungen, die Ungarn für eine Beschreibung des Ziels von gemeinsamem Interesse für relevant erachtet habe; dabei seien die folgenden Aspekte berücksichtigt worden:
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(85) |
Ungarn betonte, dass nach Artikel 194 Absatz 2 AEUV alle Mitgliedstaaten im Rahmen ihrer souveränen Rechte selbst über ihren Energiemix entscheiden könnten und verwies auf seine Nationale Energiestrategie 2030 (siehe Erwägungsgrund 20), in dem eine auf Kernenergie, Kohle und erneuerbaren Energiequellen beruhende Struktur als mittelfristige Energiestrategie des Landes beschrieben werde. |
(86) |
Außerdem verweist Ungarn auf Artikel 2 Buchstabe c des Euratom-Vertrags, nach dem die Euratom-Gemeinschaft Investitionen erleichtert und die Schaffung der wesentlichen Anlagen sicherstellt, die für die Entwicklung der Kernenergie in der EU notwendig sind. Ungarn betont, dass die für alle Unterzeichner-Mitgliedstaaten bindenden Bestimmungen des Euratom-Vertrags als gemeinsames Ziel der Union zu betrachten seien. |
(87) |
Darüber hinaus erläutert Ungarn, dass der Übertragungsnetzbetreiber eine Zunahme des Strombedarfs um etwa 4 % bis zum Jahr 2030 erwartet — in erster Linie aufgrund der vorgesehenen Elektrifizierung in den Bereichen Verkehr, Industrie und Wärmeversorgung. Diese Studie des Übertragungsnetzbetreibers gelangt zu dem Schluss, dass viele der bestehenden älteren Kohle- und Gaskraftwerke in Ungarn nicht mehr dem Stand der Technik entsprechen und voraussichtlich bis 2030 abgeschaltet werden. Außerdem wurde in der Studie festgestellt, dass neue installierte Kapazitäten im genannten Zeitraum voraussichtlich nur in sehr geringem Umfang hinzukommen werden. Dies wird dazu führen, dass die bestehende Kapazität um 32 % zurückgehen dürfte; der Bau von Paks II ist Ungarn zufolge eine sehr gezielte Reaktion auf das zu erwartende Defizit der künftigen Erzeugungskapazität. |
(88) |
Zudem betont Ungarn, dass die Abhängigkeit von Gaseinfuhren größer sei als im EU-Durchschnitt. Mehr als 95 % des in Ungarn verbrauchten Gases werden eingeführt, hauptsächlich aus Russland. Ohne Einbeziehung der Kernenergie in den Energiemix werde sich die Abhängigkeit Ungarns von Öl und Gas beträchtlich erhöhen. Dies gelte insbesondere für die Zeit nach der schrittweisen Abschaltung der bestehenden und in Betrieb befindlichen Blöcke des Atomkraftwerks Paks, wo weitere Kraftwerksblöcke benötigt würden, um die in Erwägungsgrund 50 erläuterten künftigen Defizite hinsichtlich der insgesamt installierten nationalen Kapazität auszugleichen. Daher ist Ungarn der Auffassung, dass die Maßnahme zur Diversifizierung der Energiequellen im Energiemix und zur Sicherheit der Energieversorgung des Landes beitragen würde. |
(89) |
Das Vorhaben trage dazu bei, dass die Ziele der Unionsstrategie 2020 in Bezug auf eine Verringerung der Treibhausgase erreicht würden, da die Kernspaltung als kohlenstoffarme Energiequelle betrachtet werde. Ungarn weist darauf hin, dass die topografischen Gegebenheiten und die geografische Lage des Landes dem Bau von Offshore-Windkraftanlagen oder von Wasserkraftwerken entgegenstehe. An erneuerbaren Energiequellen zur Stromerzeugung blieben die Windkraft an Land sowie Solarenergie und Biomasse; die Einführung dieser Technologien wäre aber nicht hinreichend, um die zu erwartende Kapazitätslücke (siehe Erwägungsgrund 50) ohne zusätzliche Kapazitäten aus der Nutzung von Kernenergie zu schließen. Daher diene das Vorhaben der angestrebten Dekarbonisierung. |
(90) |
Sowohl während als auch nach der Bauphase werde das Vorhaben zudem zur Entstehung einer beträchtlichen Anzahl an Arbeitsplätzen führen. Dies sei insbesondere angesichts der geografischen Lage des Atomkraftwerks Paks II in einer NUTS-II-Region mit einem BIP von unter 45 % des durchschnittlichen Pro-Kopf-BIP von Bedeutung. Insoweit ist Ungarn der Auffassung, dass die Durchführung des Vorhabens zur Wachstumsförderung und zur Schaffung von Arbeitsplätzen in mehreren Branchen beitragen würde. |
(91) |
Und schließlich werde die Investition in neue nukleare Erzeugungskapazität unmittelbar zu niedrigeren Strompreisen für die Industrie und die Verbraucher führen; diese Entwicklung stehe im Einklang mit dem EU-weiten Ziel einer bezahlbaren Versorgung. Der Aspekt der Bezahlbarkeit werde auch dadurch bestätigt, dass Paks II während der Betriebsphase keine Unterstützung gewährt werde. |
3.2.2. STANDPUNKT ZUR NOTWENDIGKEIT DER MASSNAHME
(92) |
Angesichts der wachsenden Erzeugungslücke in Ungarn sind nach Auffassung Ungarns beträchtliche Investitionen in Erzeugungskapazitäten erforderlich; die Höhe dieser erforderlichen Investitionen gehe über den Umfang hinaus, der für die gegenwärtig im Bau oder in Entwicklung befindlichen Vorhaben benötigt werde. |
(93) |
Daher habe Ungarn Nera Economic Consulting mit einer Analyse der Entwicklung des Strommarkts in Ungarn und in den Nachbarländern sowie mit der Entwicklung einer angemessenen Marktdefinition für das Vorhaben Paks II nach der Inbetriebnahme des Kraftwerks beauftragt (im Folgenden „NERA-Studie“). Diese Studie gelangt angesichts der Marktbedingungen in Ungarn zu dem Ergebnis, dass der Bau der neuen Blöcke 5 und 6 in Paks II wirtschaftlich vorteilhafter sein könne als Investitionen in andere Arten der Energieerzeugung (beispielsweise die Schaffung einer vergleichbaren Kapazität durch Gasturbinen im offenen Prozess (im Folgenden „OCGT“) oder durch Gas- und Dampfturbinen-Kraftwerke (im Folgenden „GuD“). Ungarn stellt fest, dass insoweit keine kontrafaktische Fallkonstellation existiere, mit der die politischen Ziele erreicht werden könnten. |
3.2.3. STANDPUNKT ZUR VERHÄLTNISMÄSSIGKEIT DER MASSNAHME
(94) |
Ungarn erwartet einen vollständigen Ausgleich der Investition in das Atomkraftwerk Paks II durch Wertsteigerungen und Dividenden. |
(95) |
Im Vorbringen vom 28. Juli 2016 bekräftigte Ungarn, dass das Vorhaben eine keine staatliche Beihilfe darstelle und dass es dem Grundsatz des marktwirtschaftlich handelnden Kapitalgebers entspreche, und legte in der Antwort auf die in Abschnitt 3.3.6 des Einleitungsbeschlusses erläuterten Bedenken bezüglich der Verhältnismäßigkeit ergänzende Auskünfte für den Fall vor, dass die Kommission zu dem Schluss gelangen sollte, dass das angemeldete Vorhaben als staatliche Beihilfe anzusehen sei. |
(96) |
In seinem Vorbringen erklärte Ungarn, Paks II solle sämtliche Gewinne aufgrund des Betriebs der Blöcke 5 und 6 von Paks II ausschließlich für folgende Zwecke verwenden:
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(97) |
Ungarn bestätigte zudem, dass Paks II keine (Re-)Investitionen für die Ausweitung der Kapazität oder der Laufzeit von Paks II bzw. für die Installation weiterer Erzeugungskapazitäten über die Kapazitäten der Reaktorblöcke 5 und 6 von Paks II hinaus vornehmen dürfe. Sollten sollte neuen Investitionen vorgenommen werden, werde Ungarn dies bei der Kommission anmelden, damit eine getrennte Beihilfemaßnahme genehmigt werden könne. |
3.2.4. STANDPUNKT ZUR WIRKUNG DER MASSNAHME AUF DEN BINNENMARKT
(98) |
Etwaige Verfälschungen würden sich nach Auffassung der ungarischen Behörden auf die zeitliche Überschneidung zwischen der schrittweisen Abschaltung der vorhandenen Reaktoren im Atomkraftwerk Paks und der bevorstehenden Inbetriebnahme der beiden neuen Reaktoren in Paks II beschränken. Die Annahme, dass die Laufzeit des Atomkraftwerks Paks mehr als 50 Jahre betragen könnte, betrachtet Ungarn als unangemessen; insoweit würde eine Überschneidung nur für sehr kurze Zeit bestehen. |
(99) |
Angesichts der Notwendigkeit einer Inbetriebnahme von Paks II in einem Zeitraum, in dem das Ende der Laufzeitverlängerung für das Atomkraftwerk Paks absehbar sei, und in Anbetracht der Tatsache, dass die Entwicklung und die Inbetriebnahme von Paks II sich infolge der technischen Komplexität der Inbetriebnahme eines neuen Atomkraftwerks sowie durch nicht der Kontrolle der Beteiligten unterliegende externe Faktoren (z. B. geänderte Rechtsvorschriften, Sicherheitsanforderungen oder Änderungen des Regelungsumfelds) verzögern könnte, sei die zeitliche Überschneidung außerdem erforderlich und vernünftig. Bei einigen WWER-Reaktoren der Generationen III und III+ hätten sich zudem Verzögerungen ergeben bzw. es seien Verzögerungen der ursprünglich vorgesehenen Bauzeit für Paks II absehbar (siehe folgende Tabelle 3): Tabelle 3 Kumulierte Bauzeitverzögerungen bei WWER-Reaktoren der Generationen III und III+
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(100) |
Außerdem betont Ungarn, das Atomkraftwerk Paks und die beiden neuen Reaktoren in Paks II stünden im Eigentum getrennter Unternehmen und würden von getrennten Unternehmen betrieben, und bei der MVM-Gruppe bestünden in keiner Weise Verbindungen zum Vorhaben Paks II oder zu Paks II. Ein etwaiger Zusammenschluss von Paks II und der MVM-Gruppe würde zudem den Vorschriften zur Fusionskontrolle unterliegen. |
(101) |
Dass die beiden Unternehmen in staatlichem Eigentum stünden, sei kein Anlass, ohne weitere Prüfung deren wirtschaftliche Unabhängigkeit in Zweifel zu ziehen. Vielmehr könne nachgewiesen werden, dass die Unternehmen unabhängig voneinander seien und dass beide Unternehmen jeweils unabhängige Entscheidungsbefugnisse hätten. |
(102) |
Die MVM-Gruppe und Paks II seien aus folgenden Gründen als unabhängig voneinander und nicht miteinander verbunden zu betrachten:
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(103) |
Ungarn zieht die von der Kommission im Einleitungsbeschluss vorgenommene Berechnung des Anteils der MVM-Gruppe am ungarischen Stromversorgungsmarkt in Zweifel. Der Marktanteil sei nicht im Vergleich mit anderen auf dem ungarischen Markt vertretenen Erzeugern geprüft worden, und die Berechnung sei ausschließlich aufgrund des in Ungarn erzeugten Stroms berechnet worden; Einfuhren seien nicht berücksichtigt worden. |
(104) |
Unter Berufung auf die NERA-Studie erklärt Ungarn, etwaige Verfälschungen des Wettbewerbs seien mit Blick auf einen Markt zu bewerten, der über den Markt des Staates Ungarn hinausgehe. In der Marktanalyse der NERA-Studie werden die folgenden Einflussgrößen berücksichtigt:
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(105) |
Die Auffassung, dass der zu bewertende Markt über den ungarischen Markt hinausgehe, wird damit begründet, dass der Anteil der Stromeinfuhren aus benachbarten Ländern im Jahr 2014 bei 31,4 % des ungarischen Stromverbrauchs gelegen habe. Außerdem erklärt Ungarn, dieser hohe Anteil der Verbindungen mit benachbarten Ländern werde infolge neuer Verbindungsleitungen zwischen der Slowakei (2 × 400 kV und 1 × 400 kV) und Slowenien (1 × 400 kV) im Zeitraum 2016-2021 nochmals zunehmen. Im Vorbringen vom 16. Januar 2017 teilte Ungarn Einzelheiten zu den geplanten grenzüberschreitenden Übertragungsleitungen mit und erläuterte, dass bis 2029 eine weitere Verbindungsleitung mit einer Kapazität von 2 × 400 kV mit der Slowakei und bis 2030 eine Verbindungsleitung mit einer Kapazität von 1 × 400 kV mit Rumänien verlegt werde. Die voraussichtliche Gesamtkapazität der Verbindungsleitungen für Einfuhren und Ausfuhren geht aus den Tabellen 4 und 5 hervor: Tabelle 4 ENTSO-E-Prognosen der Kapazitäten installierter Verbindungsleitungen für Einfuhren nach Ungarn
Tabelle 5 ENTSO-E-Prognosen der Kapazitäten installierter Verbindungsleitungen für Ausfuhren in Ungarn
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(106) |
In der Studie wird eine erfolgreiche Kopplung des Energieversorgungsmarkts mit der Slowakei, der Tschechischen Republik und Rumänien konstatiert und auf die ENTSO-E-Vorschläge vom Oktober 2015 verwiesen, in denen Ungarn als Bestandteil einer einheitlichen Region Mittel- und Osteuropa mit koordinierter Kapazität beschrieben wurde; mit einigen Ländern in dieser Region (darunter Österreich, Deutschland und Polen) habe Ungarn noch keine Kopplungsvereinbarungen geschlossen (40). Mit Blick auf andere Mitgliedstaaten betrachtet Ungarn den eigenen Strommarkt innerhalb der Europäischen Union als hoch integriert; Verbindungskapazitäten beliefen sich auf etwa 75 % der gesamten installierten inländischen Erzeugungskapazität (d. h. etwa acht Mal mehr als in den von der EU für die Mitgliedstaaten vorgegebenen Zielen bis 2020 und fünfmal mehr als für die Mitgliedstaaten bis 2030 vorgesehen). Nach ungarischer Auffassung ist dies ein hinreichender Grund, etwaige Verfälschungen des Wettbewerbs vor einem umfassenderen Hintergrund zu bewerten. |
(107) |
Hinsichtlich der Einführung neuer Technologien werden in der NERA-Studie sowohl in der faktischen Fallkonstellation als auch in der Fallkonstellation ohne Paks II Gas- und Dampfturbinen-Kraftwerke bzw. OCGT als Einstiegstechnologien berücksichtigt, während die Einführung ebenso wie das Ausscheiden anderer Technologien (etwa die Nutzung erneuerbarer Energiequellen sowie der Einsatz von Kohle und von Kernkraft) aus rein wirtschaftlichen Erwägungen aus folgenden Gründen als unwahrscheinlich betrachtet wird:
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(108) |
Der NERA-Studie zufolge können für die faktische Fallkonstellation (Bau von Paks II) die nachstehenden Schlussfolgerungen gezogen werden:
Abbildung 7 Prognostizierte Leistung nach Technologien und nationaler Bedarf bis 2040 (faktische Fallkonstellation)
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(109) |
Wie in Erwägungsgrund 93 erläutert, wird in der NERA-Studie bekräftigt, dass ohne den Bau von Paks II angesichts der Marktbedingungen in Ungarn eine vergleichbare Kapazität zu gegenüber anderen Erzeugungstechnologien wirtschaftlich vorteilhafteren Bedingungen mit OCGT sowie mit Gas- und Dampfturbinen-Kraftwerken geschaffen würde. Der NERA-Studie zufolge würde Ungarn bei der kontrafaktischen Fallkonstellation der Energieerzeugung aus Gas auch bei einer Ersetzung der Kapazität von Paks II durch neue Gaskapazitäten in Ungarn im gesamten Modellrechnungszeitraum in hohem Maße von Stromimporten abhängig bleiben (siehe Abbildung 8). Abbildung 8 Prognostizierte Leistung nach Technologien und nationaler Bedarf bis 2040 (kontrafaktische Fallkonstellation)
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(110) |
Außerdem erklärt Ungarn, wegen der ausgeprägten Konvergenz der Marktpreise in benachbarten Ländern und in Ungarn sei davon auszugehen, dass Wettbewerber ihre Risiken durch den Verkauf von Strom auf benachbarten Märkten begrenzen könnten, da der ungarische Strom nicht unmittelbar verkauft werden müsse. Der Modellrechnung der NERA-Studie zufolge bliebe der Grundlast-Strompreis auf dem regionalen Markt auch bei der kontrafaktischen Fallkonstellation gleich (siehe Abbildung 9): Abbildung 9 Differenz zwischen den ungarischen Grundlast-Strompreisen bei der faktischen und der kontrafaktischen Fallkonstellation
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(111) |
Ungarn betont, dass es die möglichen Wirkungen von Paks II unter umfassender Berücksichtigung der Marktlage bewertet habe. Unter Berufung auf die NERA-Studie erklärt Ungarn, da die Slowakei der kleinste der gegenwärtig an Ungarn gekoppelten benachbarten Märkte sei, würden sich mögliche Wirkungen von Paks II in diesem Land am ehesten bemerkbar machen. Die Präsenz von Paks II auf diesem gekoppelten Markt werde sich bis 2040 auf einen Anteil von etwa 20 % beschränken. |
(112) |
In der NERA-Studie wird auch ein potenzieller umfangreicherer Markt (Ungarn + Slowakei + Rumänien) bewertet und erläutert, dass dies die unmittelbaren Nachbarmärkte seien, an die Ungarn zurzeit gekoppelt sei. In diesem Zusammenhang erklärt Ungarn, selbst die gemeinsamen Marktanteile von Paks II und der MVM-Gruppe (zwischen 10 und 20 %) auf dem gekoppelten Markt (Ungarn + Slowakei + Rumänien) lägen deutlich unter der Schwelle, bei der die Gefahr der Entwicklung einer beherrschenden Stellung bestehen könne (siehe Abbildung 10). Abbildung 10 Gemeinsame Marktanteile von Paks II und der MVM-Gruppe nach Leistung (MWh) auf dem ungarischen, slowakischen und rumänischen Markt
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(113) |
Außerdem betont Ungarn, dass die Preise im Sommer ebenso wie im Winter maßgeblich durch Kohle- und Braunkohlekraftwerke bestimmt würden, deren Grenzkosten höher seien als die von Paks II; daher gehe man davon aus, dass Paks II eher ein Preisnehmer als ein Preissetzer sein werde, da die Wahrscheinlichkeit, dass sich die Kernenergie zur preissetzenden Technologie entwickeln könnte, auch im Übergangszeitraum, in dem das Atomkraftwerk Paks gleichzeitig mit Paks II betrieben werde, immer deutlich unter 5 % liegen werde (siehe Abbildung 11). Abbildung 11 Preissetzende Brennstoffe auf dem ungarischen Strommarkt
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(114) |
Entgegen den Feststellungen der Kommission in Erwägungsgrund 144 des Einleitungsbeschlusses erklärt Ungarn zudem, mit dem Atomkraftwerk Paks II werde keinerlei Liquiditätsrisiko für den Großhandelsmarkt derart verbunden sein, dass die Versorgungsangebote verknappt würden. Als separate Anlage werde das neue Kraftwerk eher zu einer Erhöhung der Liquidität und der Diversität der Erzeugungskapazität beitragen. Außerdem weist Ungarn darauf hin, dass Paks II gegenwärtig keinen Kundenstamm habe, an den der Strom unter Umgehung des Großhandelsmarkts direkt vertrieben werden könne. |
(115) |
Ungarn schließt sich mehreren Vorbringen des Vereinigten Königreichs in der Sache Hinkley Point C (41) zu möglichen Wettbewerbsverfälschungen an und erklärt, die dort vorgetragenen Gründe seien auch für Paks II zutreffend. Dies gelte für die folgenden Begründungen:
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(116) |
Darüber hinaus erteilte Ungarn in seinem Vorbringen vom 28. Juli 2016 weitere Auskünfte im Zusammenhang mit den in Abschnitt 3.3.7 des Einleitungsbeschlusses erläuterten Bedenken der Kommission und erklärte für den Fall, dass die Kommission zu dem Schluss gelange, die Maßnahme beinhalte eine staatliche Beihilfe, wie durch die Maßnahme bewirkte etwaige Verfälschungen des Binnenmarkts insgesamt ausgeglichen würden. |
(117) |
In seinem Vorbringen erklärt Ungarn, Paks II sowie die Rechtsnachfolger und verbundene Gesellschaften würden rechtlich und strukturell vollständig voneinander getrennt sein; sie unterlägen voneinander unabhängigen Entscheidungsbefugnissen im Sinne der Randnummern 52 und 53 der Mitteilung der Kommission zu Zuständigkeitsfragen gemäß der Fusionskontrollverordnung (42) und würden unabhängig von der MVM-Gruppe und ihren Geschäftsbereichen, Rechtsnachfolgern und Gesellschaften sowie von anderen staatlich kontrollierten und im Bereich der Erzeugung und des Stromhandels auf dem Großhandels- und dem Endverbrauchermarkt tätigen Unternehmen verwaltet und geleitet. |
(118) |
Bezüglich des Verkaufs von Strom aus Paks II erläutert Ungarn in dem genannten Vorbringen zudem, dass die von Paks II verfolgte Strategie zum Verkauf des erzeugten Stroms eine marktübliche, auf Gewinnmaximierung gerichtete Handelsstrategie mit kommerziellen Handelsvereinbarungen aufgrund von Geboten auf einer transparenten Handelsplattform oder Börse sei. Außerdem sei die Strategie zum Handel mit dem in Paks II erzeugten Strom (ausgenommen den Eigenverbrauch von Paks II) wie folgt ausgelegt:
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3.3. WEITERE STELLUNGNAHMEN UNGARNS ZUM EINLEITUNGSBESCHLUSS
(119) |
Soweit das Vorhaben dem Euratom-Vertrag unterliege (z. B. Artikel 41 sowie Anhang II Artikel 52 bis 66 und Artikel 103), ist die Regierung Ungarns nicht der Auffassung, dass der AEUV und insbesondere die Beihilfevorschriften der Artikel 107 und 108 AEUV auf das Vorhaben anwendbar seien. Der Euratom-Vertrag sei eine Lex specialis zum AEUV. Wenn die Wahrnehmung der Befugnisse nach Maßgabe des Euratom-Vertrags daher durch die Wahrnehmung der Befugnisse aufgrund des AEUV behindert würde, hätten die Bestimmungen des Euratom-Vertrags Vorrang. Zur Untermauerung dieser Darstellung beruft Ungarn sich auf die Entscheidung der Kommission in der Sache Kernkraftwerke Lippe-Ems GmbH (43). |
(120) |
Ungarn weist darauf hin, dass mit dem Euratom-Vertrag kein bestimmter Regelkatalog zu staatlichen Beihilfen festgelegt werde; Artikel 6 Buchstabe d und Artikel 70 des Euratom-Vertrags zeigten jedoch, dass es kein allgemeines Verbot staatlicher Beihilfe gebe und das in besonderen Fällen Beihilfen seitens der Mitgliedstaaten sogar begrüßt würden. |
(121) |
Die Finanzierung des Vorhabens in der Kernindustrie müsse jedoch einer Anzeigepflicht im Sinne von Artikel 43 des Euratom-Vertrags unterliegen. Nach der Verordnung (EG) Nr. 1209/2000 der Kommission (44) sollte ein Mitgliedstaat bei jedem neuen Vorhaben Angaben zu den Finanzierungsmodalitäten machen. Ungarn habe alle erforderlichen Angaben nach den Artikeln 41 und 43 Euratom-Vertrag vorgelegt, und da das Abkommen über die Lieferung von Brennelementen (45) im April 2015 von der Euratom-Versorgungsagentur genehmigt worden sei, vertritt Ungarn die Auffassung, die Kommission könne die Finanzierung des Vorhabens nun nicht als rechtswidrig einstufen. |
(122) |
Ungarn vergleicht den Euratom-Vertrag mit dem EG-Vertrag, da beide Verträge sektorbezogen seien; der EGKS-Vertrag enthalte ein weit gefasstes Verbot staatlicher Beihilfe, das nach Maßgabe der Artikel 67 und 95 EGKS-Vertrag praktisch in Artikel 107 AEUV übernommen worden sei. Bei der Anwendung der Beihilfevorschriften des AEUV verkenne die Kommission das Regulierungsziel der Verfasser des Euratom-Vertrags; dieser enthalte keine besonderen Beihilfevorschriften. |
(123) |
Außerdem weist Ungarn darauf hin, dass ansonsten keinerlei Kapitalbeteiligungen am Bau eines Atomkraftwerks in der Union jemals einer Beihilfeprüfung durch die Kommission unterzogen worden seien — auch nicht die Beteiligungen in Flamanville oder Hanhikivi. Die Investition in Hinkley Point C sei nur deshalb auf das Vorliegen einer Beihilfe geprüft worden, weil sie bestimmte Finanzierungsmerkmale aufwies (etwa eine staatliche Kreditbürgschaft und die Vereinbarung eines CfD), durch die sie sich von anderen Investitionen in Europa unterschied. |
4. STELLUNGNAHMEN BETEILIGTER
4.1. STELLUNGNAHME ZUM VORLIEGEN EINER STAATLICHEN BEIHILFE
(124) |
Die bei der Kommission eingegangenen Stellungnahmen der folgenden Beteiligten enthielten quantitative Angaben und Analysen zum Vorliegen von Beihilfemaßnahmen:
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Das Vorbringen von Herrn Jávor
(125) |
Das Vorbringen von Herrn Jávor konzentriert sich auf die im EPC-Vertrag nicht enthaltenen Eigentümerkosten (siehe in diesem Beschluss Abschnitt 2.5.2) und weist darauf hin, dass diese Kosten erheblich unterschätzt werden können. Insbesondere wird in dem Vorbringen auf die folgenden Punkte abgestellt:
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(126) |
Im Vorbringen wird erläutert, dass die in Erwägungsgrund 125 genannten Kostenpositionen zu den Kosten des Vorhabens hinzuzurechnen seien; dadurch würde sich der interne Zinsfuß (IRR) des Vorhabens drastisch verschlechtern. Außerdem wird darauf hingewiesen, dass auch Verzögerungen und eine kürzere Laufzeit des Kraftwerks den IRR beeinträchtigen würden. |
Die Candole-Studie
(127) |
In der Candole-Studie wird die Rentabilität des Vorhabens Paks II ausgehend von den Annahmen und den Angaben der Wirtschaftsstudie geprüft. Insbesondere wird festgestellt, dass die Preisprognosen der Wirtschaftsstudie zu optimistisch sein könnten und dass sich bei realistischeren Prognosen selbst unter Zugrundelegung der operativen Annahmen der Wirtschaftsstudie eher Verluste für das Vorhaben ergeben könnten. |
(128) |
Um diese Argumentation zu verdeutlichen, wird in der Candole-Studie eine eigene langfristige Prognose des Strompreises entwickelt. Die künftige langfristige Strompreisentwicklung wird unter Berücksichtigung der Kohle-, Öl- und Gaspreisprognosen des World Energy Outlook der Internationalen Energieagentur aus dem Jahr 2015 (IEA WEO 2015) prognostiziert; zudem werden die Grenzkosten der Stromerzeugung mit verschiedenen Kraftwerkstypen berechnet (49). Außerdem wird eine eigene Prognose für mehrere Zukunftsszenarien des IEA WEO 2015 erstellt: i) das „New-Policies-Szenario“, das die für die Energiemärkte relevanten politischen Ansätze und die einige Monate vor Drucklegung des IEA WEO 2015 angenommenen Umsetzungsmaßnahmen sowie politische Absichtserklärungen berücksichtigt, ii) das „Current-Policies-Szenario“, das die politischen Maßnahmen beschreibt, die innerhalb der letzten Monate vor Drucklegung der Candole-Studie angenommen wurden, und iii) das „Low-Oil-Price-Szenario“, in dem die Auswirkungen anhaltend niedrigerer Preise (infolge niedrigerer Ölpreise) auf das Energiesystem untersucht werden (50). Die folgende Abbildung veranschaulicht die entsprechenden Prognosen für die langfristige Entwicklung der Strompreise bei den drei Szenarien. Abbildung 12 Langfristige Prognose der Strompreisentwicklung (EUR/MWh)
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(129) |
Die Abbildung zeigt, dass beim Current-Policies-Szenario etwas höhere Strompreise zu erwarten sind; beim Low-Oil-Price-Szenario hingegen ist mit deutlich stärker sinkenden Strompreisen zu rechnen als bei dem in den Vorbringen von Ungarn zugrunde gelegten mittleren New-Policies-Szenario. |
(130) |
Zusätzlich zu den Prognosen in Abbildung 12 wird in der Candole-Studie auch die Prognose des IEA WEO 2015 bezüglich der Entwicklung der Strompreise beim Low-Oil-Price-Szenario für Termingeschäfte (Stand: Februar 2016) an der deutschen und der ungarischen Strombörse verglichen. Die betreffenden Entwicklungen sind Abbildung 13 zu entnehmen: Abbildung 13 Langfristige Prognose der Strompreisentwicklung (EUR/MWh)
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(131) |
Aus der Abbildung ist ersichtlich, dass bis 2022, wenn Verträge mit Deutschland und Österreich vereinbart werden können, die Preise für Termingeschäfte auf dem deutschen Markt unter der Preisprognose des IEA WEO 2015 für das Low-Oil-Price-Szenario liegen. Dies gilt auch für Termingeschäfte an der ungarischen Börse bis zum Jahr 2019 (51). |
(132) |
Ausgehend von diesen Erwägungen wird in der Candole-Studie festgestellt, dass das Vorhaben Paks II nach den Prognosen der Wirtschaftsstudie für die langfristige Entwicklung der Strompreise selbst dann defizitär wäre, wenn die operativen Annahmen der Wirtschaftsstudie zugrunde gelegt würden (52). |
Das Vorbringen von EK
(133) |
Im Vorbringen von EK werden potenzielle Mängel des Einleitungsbeschlusses der Kommission sowie problematische Punkte in der Wirtschaftsstudie Ungarns hervorgehoben. Außerdem wird auf einige mögliche Risiken des Vorhabens hingewiesen. Und schließlich wurde mit dem Vorbringen von EK die Felsmann-Studie als quantitative Analyse der Wirtschaftlichkeit von Paks II vorgelegt. In der Studie wird der Kapitalwert des Vorhabens Paks II ausgehend von den operativen Kosten des bestehenden Atomkraftwerks Paks ermittelt und festgestellt, dass das Vorhaben bei den meisten berücksichtigten Szenarien defizitär wäre. |
(134) |
Bezüglich des Einleitungsbeschlusses wird im Vorbringen von EK betont, dass einige Kostenpositionen bei der Bewertung im Einleitungsbeschluss nicht oder nicht vollständig berücksichtigt wurden. Beispielsweise sei nicht klar, in welchem Umfang die potenziellen Zusatzkosten der nuklearen Sicherheit, die durch die Einbindung der beiden neuen Reaktoren von Paks II in das Stromnetz anfallenden Kosten des Netzausbaus oder die Kosten der Einrichtung eines geeigneten Kühlsystems in dem im EPC-Vertrag genannten Betrag enthalten seien. Außerdem werden Zweifel daran geäußert, dass die Kosten vorläufiger Untersuchungen sowie die Kosten in Verbindung mit der Beschaffung von Genehmigungen und mit Kommunikationsmaßnahmen angemessen einbezogen worden seien. |
(135) |
Die Kosten in Höhe von 2,1-2,7 EUR/MWh für die Entsorgung von Abfällen und für die Stilllegung könnten zudem zu gering angesetzt sein, da sich die Kosten beim bestehenden Atomkraftwerk Paks bereits auf 4,5 EUR/MWh belaufen. Darüber hinaus wird auf die Belastung künftiger Haushalte der Zentralregierung durch das Vorhaben hingewiesen, aus der sich Konflikte mit dem statistischen Rechnungslegungssystem und mit der Schuldengrenze der Union ergeben würden (53). Abschließend wird in dem Vorbringen das Korruptionsrisiko in erster Linie aufgrund des Umfangs des Vorhabens und des Informationsvorteils für den Lieferanten und die Eigentümerin verwiesen (54). |
(136) |
Hinsichtlich der von Ungarn erstellten Wirtschaftsstudie wird in diesem Vorbringen die in den Berechnungen zugrunde gelegte hohe Auslastung (92 %) in Zweifel gezogen, insbesondere während des Zeitraums des gleichzeitigen Betriebs von Paks II und des Atomkraftwerks Paks und in nachfrageschwachen Zeiten; außerdem wird die Richtigkeit der Preisprognosen der Studie in Frage gestellt. |
(137) |
Für die verschiedenen Risikotypen des Vorhabens werden im Vorbringen von EK die potenziellen Auswirkungen von Verzögerungen des Vorhabens und von Kostensteigerungen sowie die Notwendigkeit weiterer staatlicher Unterstützung während der Laufzeit des Vorhabens betont. |
(138) |
Zur Begründung der Bedenken bezüglich der Wirtschaftlichkeit von Paks II wird im Vorbringen von EK auf die Felsmann-Studie verwiesen. In dieser Studie wird der Kapitalwert von Paks II ausgehend von den operativen Kosten des bestehenden Atomkraftwerks Paks (einschließlich einer umfangreichen Halbzeit-Überholung des Kraftwerks), einigen alternativen Annahmen für die Auslastung (75 %, 85 % und 92 %) und verschiedenen Strompreisprognosen ermittelt, die öffentlich zugänglichen Quellen entnommen wurden (z. B. Energy Information Administration (USA) und National Grid (Vereinigtes Königreich)). Die Studie gelangt zu dem Schluss, dass das Vorhaben bei den meisten berücksichtigten Szenarien Verluste erwirtschaften würde und dass insoweit eine staatliche Beihilfe vorläge. |
Die Regierung Österreichs
(139) |
Österreich betrachtet den Bau und den Betrieb von Atomkraftwerken als unwirtschaftlich, wenn nach dem Verursacherprinzip alle verbundenen Kosten berücksichtigt würden. Die Investitionen Ungarns in Paks II seien mit dem Grundsatz des marktwirtschaftlich handelnden Kapitalgebers nicht vereinbar. Es gebe keine Belege dafür, dass die Wirtschaftsstudien, die Ungarn der Kommission vorgelegt habe, mit gebührender Sorgfalt erstellt worden seien oder dass die bei den Berechnungen zugrunde gelegten Kosten tatsächlich alle potenziellen Kosten unter Berücksichtigung des Verursacherprinzips beinhalteten. |
(140) |
Zudem seien auch die übrigen Voraussetzungen für das Vorliegen einer staatlichen Beihilfe erfüllt. |
Weitere Vorbringen zum Vorliegen einer staatlichen Beihilfe
(141) |
Paks II erklärte, im Einleitungsbeschluss sei fälschlicherweise von einer einzigen Preisprognose ausgegangen worden, insbesondere hinsichtlich der langfristigen Entwicklung des Vorhabens. Außerdem habe die Kommission die Betriebs- und Instandhaltungskosten des bestehenden Atomkraftwerks Paks fälschlicherweise mit den Betriebs- und Instandhaltungskosten der Reaktorblöcke 5 und 6 der neuen Generation III+ gleichgesetzt. Darüber hinaus betont Paks II, die ursprüngliche Investitionsentscheidung sei bei Unterzeichnung des EPC-Vertrags getroffen worden und die entsprechende Verpflichtung sei nur mit Blick auf die Entwicklungsphase der Investition eingegangen worden, da sich Paks II zur Übernahme der in der Bauphase anfallenden Kosten ab einem festgelegten künftigen Zeitpunkt verpflichtet hatte. Paks II zufolge kann die Gesellschaft je nach Entwicklung der Wirtschaftlichkeit des Vorhabens infolge externer Änderungen der Marktbedingungen bis zu diesem künftigen Zeitpunkt entscheiden, das Vorhaben nicht weiterzuverfolgen; diese Möglichkeit sei jedoch eher unwahrscheinlich. Darüber hinaus verweist Paks II auf den von Rothschild & Co im Auftrag der ungarischen Regierung erstellten Bericht (im Folgenden die „Rothschild-Studie“) (55), der zu dem Schluss gelangt, dass die IRR-Spanne bis zu 12 % betragen könne und damit erheblich über der im Einleitungsbeschluss der Kommission genannten Spanne von 6,7-9 % liege. Abschließend erklärt Paks II, die von der Kommission errechneten WACC- und die IRR-Spannen überschnitten sich; daher sei von dem Vorhaben ein angemessener Ertrag zu erwarten. |
(142) |
Die Enersense Group ist der Auffassung, dass die von der Kommission verwendete WACC-Formel insoweit nicht exakt sei, als die Kommission diese Formel mit übermäßig konservativen Faktoren entwickelt habe. Die angemessenen Fremdkapitalkosten für die Ermittlung der WACC bei der Prüfung unter Zugrundelegung des Verhaltens eines marktwirtschaftlich handelnden Kapitalgebers (MEIP) lägen bei 4,5 % vor Steuern bzw. 3,6 % nach Steuern mit geringfügigen planmäßigen Anpassungen während des berücksichtigten Zeitraums. Da der russische Lieferant Finanzmittel im Umfang von etwa 80 % des Auftragspreises bereitstelle, müsse entsprechend der Herkunft der Finanzmittel auch bei der Ermittlung der Eigenkapitalrendite von einer Quote von 80 % ausgegangen werden; dies werde auch bei anderen Atomkraftwerken so gehandhabt. Bei angenommenen Eigenkapitalkosten von 11 %, Fremdkapitalkosten von 3,6 % nach Steuern und einer Reduzierung um 80 % infolge der Hebelfinanzierung müssten die WACC mit 5,1 % angesetzt werden. Die WACC würden sich damit auf 6,2 % erhöhen, wenn eine Reduzierung aufgrund einer Hebelfinanzierung von 65 % angenommen würde. Als Schlussfolgerung wird festgestellt, dass sich die Eigenkapitalrendite bei Zugrundelegung marktbezogener Fremdkapitalkosten und nach dem Faktor der Hebelfinanzierung deutlich verbessern würde. |
(143) |
Die Beteiligten sind zudem der Auffassung, dass die WACC nach dem Anschluss des Kraftwerks an das Stromnetz erheblich zurückgehen würden und dass der Wert des Unternehmens steigen würde. Daher könnte das Kraftwerk teilweise oder vollständig zu einem mit anderen derzeit in Betrieb befindlichen Atomkraftwerken vergleichbaren Preis veräußert werden. In den Berechnungen der Kommission im Einleitungsbeschluss werde diese Anlageflexibilität nicht berücksichtigt. |
(144) |
Außerdem gingen bei der Kommission Stellungnahmen zur Bedeutung einer umfassenden Bewertung und Berücksichtigung der Opportunitätskosten eines Ausschlusses der Kernenergie aus dem nationalen Energiemix vor dem Hintergrund erheblicher Änderungen des Portfolios der bestehenden Erzeugungskapazitäten ein. Diesen Stellungnahmen zufolge müsse neben den Modellen zur Eigenkapitalrendite oder zum diskontierten Cashflow auch berücksichtigt werden, dass das Vorhaben Paks II eine erhebliche Investition in einem bestehenden Sektor darstelle, in dem eine Wertschöpfung erfolge; insoweit sei das Vorhaben nicht mit einer bloßen „Wertpapieranlage“ oder einem kurzfristigen Spekulationsgeschäft gleichzusetzen. Diese Aspekte müssten in die Berechnungen der Kommission zur Wirtschaftlichkeit des Vorhabens einbezogen werden. |
(145) |
Mehrere Stellungnahmen beziehen sich auf die Schlussfolgerung der Rothschild-Studie, dass das Vorhaben zu Marktbedingungen wirtschaftlich sein könne, selbst wenn von sehr pessimistischen Annahmen ausgegangen würde. Einige Beteiligte erklären, die entscheidenden Annahmen hinsichtlich der künftigen Strompreise seien verhältnismäßig moderat, und die Preise dürften nach 2025 anziehen. Insoweit sei davon auszugehen, dass Paks II keinen Vorteil erlange. |
(146) |
In einigen Stellungnahmen wurde darauf hingewiesen, dass das Vorhaben in einer schlüsselfertigen Lieferung nach Maßgabe eines EPC-Vertrags bestehe, die das Vorhaben für jeden marktwirtschaftlich handelnden Kapitalgebers attraktiv mache; insoweit investiere Ungarn zu Marktbedingungen. |
4.2. STELLUNGNAHMEN ZUR MÖGLICHEN VEREINBARKEIT DER MASSNAHME MIT DEM BINNENMARKT
4.2.1. STELLUNGNAHMEN ZUM ZIEL VON GEMEINSAMEM INTERESSE
(147) |
Österreich, die IG Windkraft, die Oekostrom AG und andere Beteiligte erklären, die Subventionierung des Baus und des Betriebs neuer Atomkraftwerke sei nach den Grundsätzen in Artikel 107 Absatz 3 AEUV mit dem Binnenmarkt nicht vereinbar. Kernenergie sei keine neue, innovative oder nachhaltige Technologie zur Stromerzeugung, die zur Erreichung des Unionsziels der Steigerung des Anteils der Energiegewinnung aus erneuerbaren Energiequellen beitragen würde. Daher dürfe für das Vorhaben auch keine befristete Unterstützung bis zum Erlangen der Marktreife gewährt werden. |
(148) |
Österreich ist der Auffassung, dass Artikel 2 Buchstabe c und Artikel 40 des Euratom-Vertrags die Bewertung der Förderung neuer Investitionen im Bereich der Kernenergie als Ziel von gemeinsamem Interesse nicht zuließen, da aus dem Euratom-Vertrag in keiner Weise auf das Vorliegen eines gemeinsamen Interesses im Sinne von Artikel 107 Absatz 3 AEUV geschlossen werden könne. Außerdem stünde ein solches Ziel im Widerspruch zu anderen Zielen der Union nach Maßgabe des AEUV, nämlich zum Vorsorgeprinzip nach Artikel 191 und zum Grundsatz der Nachhaltigkeit nach dem Programm „Horizont 2020“ (56). |
(149) |
Mehreren Vorbringen zufolge würde das Vorhaben zu europaweiten Zielen der Einrichtung von Kernanlagen und der Weiterentwicklung der Nuklearforschung beitragen, die auch im Euratom-Vertrag als solche anerkannt würden. |
(150) |
In vielen Stellungnahmen wird betont, dass die Kernenergie eine saubere, kohlenstoffarme Energiequelle sei; die Kommission müsse anerkennen, dass dieses gemeinsame Ziel der Union diese Investition rechtfertige. |
(151) |
Einige Stellungnahmen verweisen auf Artikel 194 Absatz 2 AEUV, nach dem die Mitgliedstaaten selbst über ihren Energiemix entscheiden können. In den Stellungnahmen wird betont, dass der von Ungarn angestrebte Energiemix Bestandteil der nationalen Energiestrategie sei und die Nutzung der Kernenergie gemeinsam mit Kohle und mit nachwachsenden Rohstoffen vorsehe. Insoweit könne die Investition zu rechtfertigen sein. |
(152) |
Darüber hinaus gingen bei der Kommission Stellungnahmen ein, in denen unterstrichen wird, dass die Kernenergie eine sehr langfristige, sichere und zuverlässige Energiequelle im ungarischen Energiemix sei. Diesen Stellungnahmen zufolge könnte aus Kernenergie erzeugter Strom, in der Regel mit hoher Kapazität (zwischen 85 und 90 %), erheblich zur langfristigen Versorgungssicherheit beitragen. Andere Beteiligte erklärten, wegen der bis 2030 zu erwartenden erheblichen Lücke der installierten Kapazität infolge der schrittweisen Abschaltung der bestehenden Reaktorblöcke des Atomkraftwerks Paks sowie aufgrund der Abhängigkeit von Stromimporten könnte das Vorhaben in idealer Weise dazu beitragen, die Versorgungssicherheit Ungarns zu gewährleisten und die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen zu verringern. |
(153) |
Gegenüber der Kommission wurde erläutert, die Durchführung des Vorhabens würde zum Wachstum innerhalb der Region beitragen, hauptsächlich durch die Schaffung von Arbeitsplätzen. In einigen Stellungnahmen wird außerdem darauf hingewiesen, dass das Vorhaben Unternehmen unterschiedlichen Umfangs in der Union beträchtliche Möglichkeiten zur Beteiligung biete und somit die Lieferkette stärke. Diesen Stellungnahmen zufolge wäre das erwartete Wachstum von gemeinsamem Interesse und könnte die Durchführung des Vorhabens rechtfertigen. |
4.2.2. STELLUNGNAHMEN HINSICHTLICH DER GEEIGNETHEIT DER MASSNAHME
(154) |
Die IG Windkraft und Energiaklub betrachten die Maßnahme angesichts der Kosten des Vorhabens im Vergleich zu alternativen Möglichkeiten zur Schließung der Lücke der künftigen installierten Kapazität als ungeeignet. Mit einer Beihilfe in ähnlichem Umfang könne jährlich erheblich mehr Strom erzeugt werden, wenn in andere Energiequellen (beispielsweise in Strom aus erneuerbaren Energiequellen) investiert würde. |
4.2.3. STELLUNGNAHMEN ZUR ERFORDERLICHKEIT UND ZUR ANREIZWIRKUNG DER MASSNAHME
(155) |
Österreich ist der Auffassung, die Kommission habe bei der Prüfung auf das Vorliegen eines Marktversagens den relevanten Marktes (d. h. den Markt für Kernenergie in Ungarn) nicht zutreffend definiert. Eigentlich sei der liberalisierte Strombinnenmarkt der EU als relevanter Markt anzusehen. Darüber hinaus erläutert Österreich, hinsichtlich der Stromerzeugung und der Lieferung auf dem Strombinnenmarkt liege kein Marktversagen vor. Die Strompreise würden vielmehr zurückgehen, teilweise infolge hinreichender Erzeugungskapazitäten. Außerdem sei Ungarn sehr gut an die Netze benachbarter Mitgliedstaaten angebunden. |
(156) |
Österreich und der IG Windkraft zufolge sind Atomkraftwerke möglicherweise kein geeignetes Mittel zur Gewährleistung der Versorgungssicherheit. Umweltfreundlichere, flexiblere und billigere Energiequellen in kleinen, dezentralen Anlagen seien unter Umständen besser geeignet. Zudem seien bei Atomkraftwerken wegen der Kühlanforderungen Hitzewellen problematisch, und die Mitgliedstaaten seien zu nahezu 100 % auf einzuführendes Uranerz angewiesen. |
(157) |
Beteiligte erklärten ferner, im Stromsektor würden neue Erzeugungskapazitäten allein infolge der Marktkräfte entstehen. Die Abhängigkeit Ungarns von Stromimporten sei kein Marktversagen und insbesondere nicht Ausdruck eines Marktversagens, dem durch ein neues Atomkraftwerk begegnet werden könne. Den übermittelten Stellungnahmen zufolge sind Einfuhren billigeren Stroms aus anderen Mitgliedstaaten eine normale und annehmbare Wirkung eines funktionierenden Marktes und nicht als Marktversagen zu betrachten. Vielmehr zeige dies einfach, dass Produkte zum niedrigsten Marktpreis gekauft werden. Die Strompreise seien von vielen Faktoren abhängig, darunter die Rohstoffpreise sowie Angebot und Nachfrage. Insbesondere in Europa seien rückläufige Strompreise eine Reaktion auf die anhaltenden Überkapazitäten bei der Stromerzeugung. Da dies als Reaktion auf einen wirksam funktionierenden Markt betrachtet werden könne, könnten sinkende Energiepreise infolge von Einfuhren nicht als Marktversagen und als Rechtfertigung für die Schaffung neuer nuklearer Kapazität angesehen werden. |
(158) |
Selbst wenn im Stromerzeugungssektor ein Marktversagen vorgelegen haben sollte, müsse Ungarn weitere Optionen in transparenter und diskriminierungsfreier Weise prüfen. |
(159) |
In anderen Stellungnahmen wird erklärt, die Herausforderungen für Anlagen im Kernenergiebereich einschließlich des erheblichen Kapitaleinsatzes im Vorfeld und der Notwendigkeit, die Unterstützung der Öffentlichkeit und der Politik zu gewinnen, seien hinlänglich bekannt; angesichts dieser Schwierigkeiten sei es nicht angemessen, in Verbindung mit der Schaffung neuer Kernenergiekapazitäten ein Marktversagen festzustellen. Die Kommission sei in der Sache Hinkley Point C zu dem Schluss gelangt, dass ein Marktversagen vorliege; es könne aber nicht davon ausgegangen werden, dass alle Investitionen im Kernenergiebereich nur mit Subventionen verwirklicht werden könnten oder dass Gründe für ein allgemeines Marktversagen im Kernenergiebereich gegeben wären. |
4.2.4. STELLUNGNAHMEN HINSICHTLICH DER ANGEMESSENHEIT DER MASSNAHME
(160) |
Österreich ist der Auffassung, staatliche Beihilfe müsse immer auf den erforderlichen Mindestbetrag beschränkt sein. Die Durchführung des angemeldeten Vorhabens erfolge ohne Ausschreibung; daher habe nicht festgestellt werden können, ob sich die Gesamtkosten des Vorhabens tatsächlich auf den erforderlichen Mindestbetrag beschränkten. |
(161) |
Energiaklub erklärt, die ungarischen Behörden hätten den Mindestumfang der erforderlichen finanziellen Unterstützung zur Umsetzung des Vorhabens nicht geprüft. Vielmehr hätten die ungarischen Behörden versucht, das Vorhaben vollständig zu finanzieren, möglicherweise sogar einschließlich der operativen Kosten. Außerdem beschränke sich die staatliche Beihilfe den von Ungarn vorgelegten Berechnungen zufolge nicht auf die Durchführung des Vorhabens, sondern werde auch für den Betrieb der zu bauenden Reaktorblöcke gewährt und könne damit zu einer Überkompensation von Paks II führen. |
4.2.5. STELLUNGNAHMEN BEZÜGLICH DER WIRKUNG DER MASSNAHME AUF DEN BINNENMARKT
(162) |
Österreich ist der Auffassung, dass staatliche Beihilfe für eine Technologie, die auf dem liberalisierten Strombinnenmarkt an sich nicht rentabel wäre, zu übermäßigen Wettbewerbsverfälschungen führe. Zudem könnten neue, nachhaltig und kostenwirksamer ausgerichtete Marktteilnehmer von einem Markteintritt abgehalten oder aus dem Markt verdrängt werden. Atomkraftwerke würden eingesetzt, um hohe Grundlastkapazitäten zu schaffen, und diesen Kapazitäten werde bei der Netzanbindung Vorrang eingeräumt, da Atomkraftwerke zu Kapazitätsanpassungen kaum in der Lage seien. Hohen Bau- und Stilllegungskosten stünden geringe operative Kosten gegenüber; dies führe zu einem Merit-Order-Effekt. |
(163) |
Österreich und die IG Windkraft erklären, mit dem Bau der neuen Atomkraftwerke erhielten die Betreiber der Kraftwerkblöcke am Standort Paks durch die höhere Marktkonzentration eine erhebliche Marktmacht; dies könne zur missbräuchlichen Ausnutzung einer beherrschenden Stellung im Sinne von Artikel 102 AEUV führen. |
(164) |
Die MVM-Gruppe und Paks II weisen darauf hin, dass nach der vollständigen Veräußerung ihrer Beteiligung an den Staat keinerlei Verbindung mehr zwischen den beiden Gesellschaften bestehe. Die MVM-Gruppe übe keinerlei direkte oder anderweitige Kontrolle auf die Verwaltung und die Leitung von Paks II aus. Außerdem seien die MVM-Gruppe und Paks II zwei getrennte Stromerzeuger und insoweit Wettbewerber wie alle anderen Unternehmen; daher bestehe kein Grund für die Annahme, dass Maßnahmen abgestimmt oder dass die beiden Unternehmen zusammengeführt würden. Die Strategie der MVM-Gruppe beinhalte zudem mögliche Investitionen, mit denen die MVM-Gruppe künftig im Wettbewerb mit Paks II stehen könnte. |
(165) |
Paks II erklärt, mit dem Vorhaben solle Ersatzkapazität für die gegenwärtigen vier Blöcke des Atomkraftwerks Paks geschaffen werden. Diese bestehenden Blöcke sollen bis Mitte der 2030er-Jahre vom Netz genommen werden, und die neuen Blöcke 5 und 6 (Paks II) wären erst Mitte der 2020er-Jahre betriebsbereit. Daher sei für eine Bewertung von Marktanteilen und für Feststellungen hinsichtlich einer beherrschenden Stellung zu diesem Zeitpunkt keine Grundlage gegeben, und eine diesbezügliche Bewertung könne nicht vorgenommen werden. |
(166) |
Mehrere Beteiligte betonten, dass der zu berücksichtigende Energiemarkt über das nationale Territorium hinausgehe und dass es dort angesichts des erheblichen Umfangs der ungarischen Stromimporte und der sehr guten Anbindung des Landes an Nachbarländer mehrere internationale Wettbewerber gebe. |
(167) |
Einige Beteiligte erklären ausdrücklich, das Vorhaben könnte sich nachteilig auf regionale Strommärkte auswirken, beispielsweise in Deutschland, wo der jährliche Grundstrompreis bis 2025 um bis zu 0,6 % fallen, bis 2030 um bis zu 1,1 % steigen und sich dann bis 2040 nochmals um bis zu 1,2 % erhöhen könne. Andere Beteiligte hingegen erläutern, dass mit erneuerbaren Energiequellen betriebene Anlagen in Deutschland wegen der neuen Reaktorblöcke in Paks II geringere Erträge erwirtschaften würden und dass die Belastung der Steuerzahler zur Finanzierung der deutschen Programme zur Förderung erneuerbarer Energiequellen zunehmen werde, während Anbieter „grauen Stroms“ bis 2030 Einsparungen von bis zu 1,02 % jährlich erzielen könnten. |
4.3. WEITERE STELLUNGNAHMEN VON BETEILIGTEN
(168) |
In einigen Stellungnahmen wird betont, dass die Einzelheiten des Vorhabens in Ungarn nicht in vollem Umfang veröffentlicht wurden. Außerdem sei der Beschluss über Paks II technisch nicht gerechtfertigt, da es keine vorbereitenden Untersuchungen dazu gegeben habe, wie eine Investition in Maßnahmen zur Energieeinsparung und in erneuerbare Energiequellen in gleichem Umfang zur Verbesserung der Versorgungssicherheit hätte beitragen können. Da weder die breite Öffentlichkeit noch Fachleute einbezogen worden seien, dürfe dieses Vorhaben nicht umgesetzt werden. |
(169) |
In manchen Vorbringen wurde auf die mit Atomkraftwerken verbundene Gefahr hingewiesen. In anderen Stellungnahmen wurden Bedenken hinsichtlich des Umgangs von Ungarn und Paks II mit Störfällen sowie mit der sicheren Entsorgung nuklearer Abfälle geäußert. |
(170) |
In weiteren Stellungnahmen wurde das Fehlen eines Ausschreibungsverfahrens bei der Benennung des mit dem Bau der neuen Reaktorblöcke zu beauftragenden Unternehmens unterstrichen; dies stehe im Widerspruch zu Vorschriften des Unionsrechts. MEP Jávor betrachtet den mutmaßlichen Verstoß gegen Unionsvorschriften über die Vergabe öffentlicher Aufträge als inhärent und untrennbar mit der Maßnahme verbunden, da Russland Ungarn seines Erachtens für das Vorhaben Paks II kein Darlehen gewährt hätte, ohne sich die Investition für Rosatom zu sichern; dadurch seien die Unionsvorschriften über die Vergabe öffentlicher Aufträge umgangen worden. Die Prüfung, ob die Inanspruchnahme des russischen Darlehens eine rechtswidrige staatliche Beihilfe darstelle, sei nicht von der Tatsache der Umgehung der Vorschriften über die Vergabe öffentlicher Aufträge zu trennen; zwischen beidem bestünden intrinsische Zusammenhänge, und die Wirkung müsse gemeinsam bewertet werden. |
(171) |
In mehreren Stellungnahmen wurde Beschwerde dagegen erhoben, dass das Vorhaben mithilfe eines russischen Darlehens durchgeführt werde. Dadurch werde die Abhängigkeit von Brennstoffen sowie die finanzielle Abhängigkeit erhöht und gleichzeitig die EU-Strategie zur Gewährleistung der Versorgungssicherheit konterkariert, indem Marktteilnehmer aus der Union vom Aufbau eines unionsweiten Netzes und einer unionsweiten Infrastruktur abgehalten würden. |
(172) |
Einige Beteiligte sind der Auffassung, dass Ungarn die Vorschriften von Artikel 8 der Richtlinie 2009/72/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (57) hätte einhalten müssen, als Ungarn den Beschluss über die Erfordernis neuer Stromkapazitäten traf. In diesem Fall sei keine Ausschreibung und kein hinsichtlich der Transparenz und der Diskriminierungsfreiheit gleichwertiges Verfahren zur Beschaffung neuer Kapazitäten durchgeführt worden. Daher könnte die Investition in Paks II gegen Unionsrecht verstoßen. |
(173) |
Einige Beteiligte sind der Auffassung, eine staatliche Beihilfe dürfe dann nicht gewährt werden, wenn der Verursacher einer Verschmutzung entgegen dem Geist der Leitlinien der Gemeinschaft für staatliche Umweltschutzbeihilfen (58) nicht für die Kosten der Verschmutzung aufkommen müsse. |
4.4. ANTWORT UNGARNS AUF DIE STELLUNGNAHMEN VON BETEILIGTEN
(174) |
Ungarn übermittelte seine Antwort auf Stellungnahmen von Beteiligten zum Einleitungsbeschluss (im Folgenden „Antwort auf Stellungnahmen von Beteiligten“) am 8. April 2016. |
(175) |
Darin widerspricht Ungarn nachdrücklich den Stellungnahmen Österreichs sowie von Greenpeace Energy und Energiaklub und von MEP Benedek Jávor, in denen die Beteiligten erklärten, die Kosten aufgrund von Sicherheits- und Umweltschutzvorschriften sowie die Kosten der Fremdfinanzierung, der erforderlichen Versicherungen, der Sicherheitsmaßnahmen, der Entsorgung von Abfällen, der Stilllegung, der Einrichtung von Verbindungsleitungen und erforderlicher Nachrüstungen seien in der Analyse Ungarns nicht berücksichtigt worden; Ungarn betrachtet diese Beteiligten als falsch informiert und ihre Vorbringen als unbegründet. |
(176) |
In der Antwort wird detailliert auf die Stellungnahme von MEP Benedek Jávor eingegangen. Im Einzelnen erläutert Ungarn Folgendes:
|
(177) |
Ungarn habe umfangreiche Sensitivitätsanalysen durchgeführt, um die Auswirkungen von Annahmen und Variablen wie etwa der Laufzeit eines Kraftwerks, der Betriebs- und Instandhaltungskosten, der Abfallentsorgung und der Stilllegung sowie makroökonomische Faktoren zu berücksichtigen (Wechselkurse und Inflation, unterschiedliche Szenarien für die Entwicklung der Marktpreise, Verzögerungen usw.), und die Sensitivitätsanalyse belege uneingeschränkt die Schlussfolgerung, dass die Maßnahme nicht als staatliche Beihilfe anzusehen sei. |
(178) |
Hinsichtlich der eingegangenen Stellungnahmen zur möglichen Vereinbarkeit der Maßnahme mit dem Binnenmarkt bekräftigt Ungarn mehrere bereits früher vorgetragene Begründungen in Bezug auf die freie Wahl und die Diversifizierung des Erzeugungsmix, die Notwendigkeit der Schaffung von Ersatzkapazitäten, die Dekarbonisierung, die Schaffung von Arbeitsplätzen, die Bezahlbarkeit und erwartete Multiplikatorwirkungen. |
(179) |
Ungarn widerspricht der Darstellung Österreichs, dass das Ziel des Euratom-Vertrags hinsichtlich der „Entwicklung der Kernenergie in der Gemeinschaft“ bereits erreicht sei und in Anbetracht der technischen Entwicklung und der großen Anzahl der in Europa gebauten Atomkraftwerke nicht zur Begründung eines gemeinsamen Interesses im Sinne von Artikel 107 Absatz 3 AEUV herangezogen werden könne. Ungarn zufolge wird bei dieser Darstellung das Ziel der Entwicklung nuklearer Erzeugungskapazität mit dem Begriff der Technologie vermischt, der allerdings kein feststehender Begriff sei. Der Euratom-Vertrag sei weiterhin Bestandteil der verfassungsrechtlichen Bestimmungen der Union und unverändert gültig. Und schließlich betont Ungarn, dass Österreich und Greenpeace keine Rechtsprechung zitiert hätten, nach der Ziele von gemeinsamem Interesse zwangsläufig befristet oder in sonstiger Weise begrenzt seien. |
(180) |
Zur Diversifizierung des Energiemixes weist Ungarn die Darstellungen Österreichs und des österreichischen Windenergieverbandes bezüglich einer unionsweiten Abhängigkeit von Uranimporten zurück und betont, dass eine beträchtliche Vielfalt und ein großes Angebot an Uran aus beträchtlichen noch ungenutzten Vorkommen bestehe. Ungarn erklärt, die bloße Tatsache der Endlichkeit einer Ressource bedeute nicht, dass die Verwendung dieser Ressource nicht nachhaltig sei, und bezieht sich auf eine Stellungnahme der Energiewirtschaftlerin Loreta Sankeviciute im Auftrag der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEA) (59), nach der „Kernenergie gemessen an zahlreichen Nachhaltigkeitsindikatoren im Vergleich positiv zu bewerten ist“. |
(181) |
Ungarn betont, dass einige Sachvorträge in Bezug auf die Notwendigkeit einer Dekarbonisierung durch die Nutzung nuklearer Energiequellen zutreffend seien, da Technologien unter Nutzung erneuerbarer Energiequellen mit hohen Kosten verbunden und zur kontinuierlichen Stromerzeugung nicht geeignet seien. Subventionierte Festpreise für Energie aus erneuerbaren Energiequellen seien mit einem freien Markt nicht vereinbar; Greenpeace habe erläutert, dass Vereinbarungen über Stromlieferungen zu Festpreisen bei niedrigeren Marktpreisen weniger vorteilhaft seien, wenngleich Paks II nicht beabsichtige, den erzeugten Strom auf der Grundlage von Festpreisverträgen zu verkaufen. |
(182) |
Ungarn zitiert mehrere Quellen, denen zufolge die Maßnahme den Wettbewerb nicht unzumutbar verfälsche, und betont, dass die Kommission keine Zweifel hinsichtlich der Vereinbarkeit der Maßnahme mit dem Binnenmarkt hatte (wie von Greenpeace vermutet), sondern sich eher auf die Frage des Vorliegens einer Beihilfe konzentrierte. |
(183) |
In diesem Zusammenhang (mögliche Wettbewerbsverfälschungen) weist Ungarn die Darstellung von Greenpeace zurück, dass es einen Festtarif (ähnlich wie in der Sache Hinkley Point C) festsetzen werde, um den langfristigen Betrieb von Paks II zu unterstützen. |
(184) |
Ungarn bestreitet Feststellungen, nach denen für das Vorhaben Investitionen in erneuerbare Energiequellen in Ungarn und in Nachbarländern verhindert würden. Die nationale Energiestrategie sehe erneuerbare Energiequellen parallel zur Nutzung der Kernenergie vor, und die künftige Lücke der installierten Kapazität könne allein mithilfe der Kernenergie nicht geschlossen werden. Die zusätzlichen nuklearen Kapazitäten würden daher einem Ausbau von Anlagen zur Nutzung erneuerbarer Energiequellen nicht entgegenstehen. Die im Vorbringen von Greenpeace enthaltene Marktanalyse von Energy Brainpool gehe von einem Einsatz erneuerbarer Energiequellen entsprechend der nationalen Zielvorgabe Ungarns für erneuerbare Energiequellen aus. |
(185) |
Ungarn bekräftigt erneut die Darstellung der MVM-Gruppe, dass ein Zusammenschluss der MVM-Gruppe mit Paks II nicht beabsichtigt und daher auch keine Konzentration des Marktes zu erwarten sei. Außerdem schließt Ungarn sich der Erklärung der MVM-Gruppe an, dass deren Strategie die Möglichkeit von Investitionen vorsehe, mit denen die MVM-Gruppe künftig im Wettbewerb mit Paks II stehen könnte. |
(186) |
Ferner betont Ungarn nochmals, dass sich der zu prüfende Markt angesichts der ausgeprägten Anbindungen des ungarischen Stromnetzes nicht auf den ungarischen Staat beschränken dürfe. In diesem Zusammenhang sei die Wirkung der Maßnahme vernachlässigbar. Darüber hinaus zieht Ungarn die Methode der von Energy Brainpool im Auftrag von Greenpeace durchgeführten Analyse der potenziellen Wirkung des Vorhabens auf regionale Strommärkte (beispielsweise in Deutschland) in Zweifel. Der zugrunde liegende Ansatz beinhalte eine Bewertung der Wirkung des Vorhabens ausschließlich vor nationalem Hintergrund ohne Berücksichtigung der Bedeutung von Energieimporten nach Ungarn und übertrage diese Bewertung auf Deutschland in der impliziten Annahme, dass auf dem deutschen Strommarkt die gleichen Auswirkungen zu erwarten seien wie in Ungarn. Die Analyse weise Mängel insoweit auf, als sie von der bestehenden Verbindungskapazität ausgehe und künftige zusätzliche Verbindungen außer Acht lasse, die Bestandteil der Zielsetzungen der Union seien. |
(187) |
Hinsichtlich der sicherheitsbezogenen Erwägungen erläutert Ungarn, das Land habe mit den vier bestehenden Reaktorblöcken beträchtliches Wissen und erhebliche Erfahrung erworben. Die ungarische Kernenergiebehörde (die Lizenzen für Nuklearanlagen erteilt) sei bereits in hohem Maße mit der WWER-Technologie vertraut und habe ein zweijähriges internes Ausbildungsprogramm im Zusammenhang mit dieser Technologie entwickelt. In das Programm seien auch Mitglieder der Regulierungsbehörde mit erheblicher einschlägiger akademischer und praktischer Erfahrung einbezogen, und das Programm beinhalte die Aus- und Weiterbildung neuer Mitarbeiter für die ihnen innerhalb der Regulierungsbehörde obliegenden Aufgaben und Verpflichtungen. |
(188) |
Außerdem betont Ungarn, dass die Umweltschutzbehörde und die Regulierungsbehörde unabhängig voneinander seien; dies gewährleiste einen verlässlichen und objektiven Sicherheitsrahmen. Die technischen Anforderungen des Vorhabens hinsichtlich der nuklearen Sicherheit seien unter Kombination ungarischer Rechtsvorschriften mit den Vorschriften für europäische Versorgungsunternehmen und mit den Sicherheitsempfehlungen der IAEO und der WENRA (Western European Nuclear Regulators Association) sowie unter Berücksichtigung der Erfahrungen aus dem Reaktorunglück in Fukushima entwickelt worden. |
(189) |
Zu den Stellungnahmen betreffend den scheinbaren Mangel an Transparenz bei der Vorbereitung des Vorhabens erläuterte Ungarn, die nötige Transparenz sei durch den parlamentarischen Entscheidungsprozess gegeben. Der parlamentarische Prozess gewährleiste allen Beteiligten sowie den Behörden einschließlich der Kommission den Zugang zu allen relevanten Informationen. Im Rahmen dieses Prozesses seien alle Berichte unabhängiger Sachverständiger einschließlich der Wirtschaftsanalysen des Vorhabens veröffentlicht worden, und alle Materialien im Zusammenhang mit Umweltverträglichkeitsprüfungen seien in mehreren Sprachen bereitgestellt worden. |
(190) |
Zudem verweist Ungarn auf öffentliche Konsultationen, die der für das Vorhaben zuständige Regierungskommissar zwischen dem 17. März und dem 4. Mai 2015 durchgeführt habe und in denen die potenziellen Umweltauswirkungen des Baus und des Betriebs von Paks II erörtert worden seien. Ungarn habe ferner alle benachbarten Drittländer (EU-Länder und Nicht-EU-Länder) über das Vorhaben unterrichtet und in mehreren Ländern insgesamt neun öffentliche Konsultationen zu dem Vorhaben durchgeführt. |
(191) |
Im Zusammenhang mit Stellungnahmen, nach denen die Durchführung des Vorhabens gegen Richtlinie 2014/24/EU des Europäischen Parlaments und des Rates (60) und gegen Richtlinie 2014/25/EU des Europäischen Parlaments und des Rates (61) verstoße, erläutert Ungarn, dass das IGA und die Durchführungsabkommen weder unter den AEUV noch unter die Richtlinien 2014/24/EU und 2014/25/EU fielen. Selbst wenn der AEUV zur Anwendung kommen sollte, gelte für das IGA und die Durchführungsabkommen die spezifische Ausnahme für internationale Abkommen nach Artikel 22 der Richtlinie 2014/25/EU bzw. die technische Ausnahme nach Artikel 50 Buchstabe c dieser Richtlinie; daher seien die Unionsvorschriften über die Vergabe öffentlicher Aufträge auf diese Abkommen nicht anwendbar. Im IGA seien klare Verfahren für den Abschluss von Durchführungsabkommen vorgegeben, einschließlich spezifischer Vorschriften für die Benennung von Unternehmen und für die Vergabe von Unteraufträgen. |
(192) |
Ungarn weist ferner die Stellungnahmen zurück, denen zufolge Ungarn gegen Artikel 8 der Richtlinie 2009/72/EG verstoße. Diese Richtlinie sei auf das Vorhaben nicht anwendbar, weil für das Vorhaben ausschließlich der Euratom-Vertrag gelte, der Vorrang vor den Bestimmungen des AEUV sowie vor allen daraus abgeleiteten sekundären Rechtsvorschriften habe. Die ungarischen Behörden betonen zudem, da das Vorhaben ihrer Auffassung nach keine staatliche Beihilfe beinhalte, seien die Vorschriften der Richtlinie 2009/72/EG für Ausschreibungen zur Beschaffung von Versorgungskapazitäten nicht anwendbar. |
(193) |
Und schließlich verweist Ungarn auf die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (62), nach der im Zusammenhang mit einer Beihilfeprüfung nicht zu berücksichtigen ist, ob gegen eine Vorschrift des Unionsrechts verstoßen wurde. Daher ist Ungarn der Auffassung, dass etwaige Verstöße gegen die Stromrichtlinie nicht im Rahmen der förmlichen Beihilfeprüfung untersucht werden könnten. Außerdem verweist Ungarn auf den Beihilfebeschluss der Kommission in der Sache Hinkley Point C und erklärt, dass nach Artikel 8 der Richtlinie 2009/72/EG anstelle der vorgesehenen Ausschreibungen hinsichtlich der Transparenz und der Diskriminierungsfreiheit gleichwertige Verfahren zur Anwendung kommen könnten. Die Vergabe von Unteraufträgen erfolge nach den Grundsätzen der Diskriminierungsfreiheit und der Transparenz. |
4.5. WEITERE STELLUNGNAHMEN UNGARNS IN DER ANTWORT AUF DIE AN DIE KOMMISSION ÜBERMITTELTEN STELLUNGNAHMEN
(194) |
In seiner Antwort auf die an die Kommission übermittelten Stellungnahmen erläutert Ungarn, dass in der Mitteilung der Kommission über ein Hinweisendes Nuklearprogramm (PINC) (63) festgestellt werde, dass zwischen 2015 und 2050 Investitionen in Milliardenhöhe (geschätzt zwischen 650 und 760 Mrd. EUR) in Kernenergie erforderlich seien, um künftig die unionsweite Sicherheit der Energieversorgung zu gewährleisten. |
5. WÜRDIGUNG DER MASSNAHME
5.1. VORLIEGEN EINER BEIHILFE
(195) |
Eine Maßnahme stellt dann eine staatliche Beihilfe im Sinne von Artikel 107 Absatz 1 AEUV dar, wenn sie vier kumulative Voraussetzungen erfüllt. Erstens muss die Beihilfemaßnahme vom Staat oder aus staatlichen Mitteln gewährt werden. Zweitens muss einem Begünstigen durch die Maßnahme ein Vorteil gewährt werden. Drittens muss die Maßnahme bestimmte Unternehmen oder Produktionszweige begünstigen (d. h., die Maßnahme muss in gewissem Umfang selektiv sein). Und viertens muss die Maßnahme geeignet sein, den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen und den Wettbewerb im Binnenmarkt zu verfälschen. |
(196) |
In Abschnitt 3.1 des Einleitungsbeschlusses hat die Kommission vorläufig festgestellt, dass Paks II mit der Maßnahme ein wirtschaftlicher Vorteil gewährt werden könnte, dass die Maßnahme eine staatliche Beihilfe beinhaltet, da sie aus dem ungarischen Staat zuzurechnenden staatlichen Mitteln gewährt wurde, dass die Maßnahme selektiv ist und dass sie geeignet ist, den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen und den Wettbewerb im Binnenmarkt zu verfälschen. Die Kommission hat während der förmlichen Prüfung keine Gründe gefunden, von dieser Bewertung der betreffenden Aspekte abzuweichen. |
5.1.1. WIRTSCHAFTLICHER VORTEIL
(197) |
Die Kommission hat geprüft, ob mit der Maßnahme ein wirtschaftlicher Vorteil für Paks II dadurch verbunden wäre, dass Paks II Eigentümerin und Betreibergesellschaft der beiden vollständig vom ungarischen Staat finanzierten neuen Kernreaktoren wäre. Ferner hat die Kommission geprüft, ob das Vorliegen eines wirtschaftlichen Vorteils für Paks II ausgeschlossen werden könnte, sofern die Investition des ungarischen Staates als marktübliche Entscheidung aufgrund gewinnorientierter Erwägungen zu bewerten wäre. |
(198) |
In ihrer Würdigung folgt die Kommission der Auffassung Ungarns, dass mit Hilfe des MEIP-Tests festzustellen sei, ob eine Investition marktüblich ist. Bei diesem Test wird untersucht, ob ein marktwirtschaftlich handelnder Kapitalgeber zu dem Zeitpunkt, als die öffentliche Investition beschlossen wurde, unter denselben Bedingungen wie der öffentliche Kapitalgeber in das Vorhaben investiert hätte (siehe auch Erwägungsgründe 53 und 54). |
(199) |
In der Prüfung wird das Vorliegen eines wirtschaftlichen Vorteils und somit das Vorliegen einer staatlichen Beihilfe festgestellt, wenn der erwartete IRR der Investition bei dem betreffenden Vorhaben einen als Richtwert betrachteten marktüblichen WACC-Satz unterschreitet und damit Anlass für einen vernünftig handelnden privaten Kapitalgeber wäre, von der Investition abzusehen. |
(200) |
Der MEIP-Test setzt voraus, dass die bei der Ermittlung des IRR und der WACC berücksichtigten Sachverhalte im Zeitraum der Investitionsentscheidung liegen, damit die Informationslage der Kapitalgeber zum betreffenden Zeitpunkt nachempfunden werden kann. Für den Prozess der Entscheidung über das Vorhaben Paks II hat die Kommission einen Zeitplan erstellt, um zu ermitteln, welche Informationen Kapitalgebern zum Zeitpunkt der Entscheidung über die Fortsetzung des Vorhabens zur Verfügung standen bzw. zur Verfügung hätten stehen können (64). |
(201) |
Auch nach dieser Entscheidung hat Paks II die Arbeiten für den Bau der beiden neuen Reaktoren noch nicht verbindlich in Auftrag gegeben (65) […] Daher stellt die Kommission fest, dass die im Februar 2017 vorliegenden Daten (im Folgenden „Daten von 2017“) für den MEIP-Test am ehesten relevant sind und als Grundfall-Szenario angenommen werden können. |
(202) |
Die Verhandlungen über Paks II wurden jedoch bereits zwei Jahre früher aufgenommen. Um die Robustheit der Ergebnisse des MEIP-Tests zu bewerten, hat die Kommission zudem eine getrennte Bewertung zum Zeitpunkt der ursprünglichen Investitionsentscheidung vorgenommen, d. h. zum 9. Dezember 2014 als dem Zeitpunkt der Unterzeichnung des EPC-Vertrags (im Folgenden „Daten von 2014“). Die Kommission stellt fest, dass sich das Ergebnis der gleichen Prüfung für einen früheren Zeitpunkt (d. h. den Zeitpunkt der ursprünglichen Investition) mit dem Ergebnis aufgrund der Daten von 2017 deckt. |
(203) |
Um zu prüfen, ob die Kriterien des MEIP-Tests erfüllt sind, schätzte die Kommission die theoretischen WACC für eine Investition mit einem ähnlichen Risikoprofil wie bei Paks II. Anschließend verglich die Kommission diese geschätzten marktüblichen WACC mit den WACC des Vorhabens, zunächst im Grundfall-Szenario mit den Daten von 2017 und anschließend im Rahmen einer Überprüfung der Robustheit mit den für die ursprüngliche Investitionsentscheidung maßgeblichen Daten von 2014. |
5.1.1.1. Die Bewertung der WACC durch die Kommission
(204) |
Die Kommission schätzte die WACC mittels der beiden auch von Ungarn verwendeten Methoden, d. h. mit dem Bottom-up-Standardansatz zur Ermittlung eines theoretischen WACC-Satzes unter Schätzung aller Bestandteile und mit einer Benchmark-Analyse unter Heranziehung von Richtwerten, die als relevant und mit Paks II vergleichbar anzusehen sind. Ungeachtet der Verwendung identischer Methoden weicht das Ergebnis der Kommission von den Schlussfolgerungen Ungarns ab; dies ist darauf zurückzuführen, dass die Kommission die von Ungarn angenommenen Werte für bestimmte Parameter und bestimmte ungarische Richtwerte in Zweifel zog und als nicht maßgeblich bewerten musste. Weitere von Ungarn vorgeschlagene Parameter und Richtwerte wurden ohne weitere Prüfung übernommen. In ihrer Bewertung legt die Kommission Belege für alle Werte vor, bei denen sich Abweichungen von den ungarischen Angaben ergaben. |
(205) |
Beide in der Bewertung der Kommission verwendeten Methoden gehen von den Daten von 2017 aus und beziehen die Daten von 2014 für die Überprüfung der Robustheit ein. |
(206) |
Angesichts der relativ großen Unwägbarkeiten bei Kostenschätzungen gibt die Kommission eine Spanne für die als Richtwert anzunehmenden und im MEIP-Test zu verwendenden theoretischen marktüblichen WACC an. |
(207) |
Bei beiden Methoden übernahm die Kommission ohne weitere Prüfung den von Ungarn in der MEIP-Untersuchung und in der Wirtschaftsstudie angegebenen Verschuldungsgrad von 40-50 %, da dieser im Bereich zuverlässiger Referenzwerte liegt. Für diesen Beschluss wird als Verschuldungsgrad das Verhältnis zwischen der Verschuldung und der Summe des Eigenkapitals für das Vorhaben bezeichnet. Außerdem übernahm die Kommission den von Ungarn genannten Körperschaftsteuersatz von 19 %. |
(208) |
Bevor sie ihre eigene Bewertung vornahm, stellte die Kommission hinsichtlich des von Ungarn als endgültigen Richtwert genannten WACC-Satzes folgende Schwächen fest:
|
Erste Methode — der Bottom-up-Ansatz
(209) |
Die Bottom-up-Methode beruht auf der (auch von Ungarn verwendeten) Standardformel zur Berechnung der WACC und auf Schätzungen der entsprechenden Parameter:
wobei D und E = Verschuldung bzw. Eigenkapital, Rd und Re = Fremd- bzw. Eigenkapitalkosten und t = Körperschaftsteuersatz (in Ungarn 19 %). Diese Formel geht von den für die jeweiligen Parameter erwarteten Werten aus. Rd und Re sind die Fremd- bzw. Eigenkapitalkosten zum Zeitpunkt der Investitionsentscheidungen und nicht als historische Kosten zu verstehen. |
(210) |
Die Fremdkapitalkosten werden mit folgender (ebenfalls auch von Ungarn verwendeten) Formel ermittelt:
wobei Rf = marktüblicher risikofreier Zinssatz und (Rd – R f ) = marktübliches Anleiheemissionsagio. |
(211) |
Die Eigenkapitalkosten hingegen werden nach der (gleichfalls auch von Ungarn verwendeten) CAPM-Standardformel berechnet (70):
wobei Rf = marktüblicher risikofreier Zinssatz, = Risikoprämie auf dem Kapitalmarkt und β (Beta) = Maß für das spezifische, nicht diversifizierbare Risiko des Vorhabens. |
(212) |
Die Kommission betrachtet die folgenden Werte für die zur Berechnung der WACC zu verwendenden Parameter als angemessen:
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(213) |
Die in Erwägungsgrund 212 genannten Eingangsgrößen für die WACC-Berechnung und die damit ermittelten WACC-Spannen wurden in Tabelle 7 zusammengestellt. Für jeden für die Bewertung maßgeblichen Zeitraum wird eine eigene Spalte verwendet. Tabelle 7 WACC-Berechnung mit dem Bottom-up-Ansatz
|
(214) |
Aus den in Tabelle 7 behandelten WACC-Elementen ergibt sich eine WACC-Spanne von [9,66-10,36 %] für Dezember 2014 und von [7,75-8,38 %] für Februar 2017 (76). Allerdings ist die einzige sektorspezifische Eingangsgröße bei diesen Berechnungen der Beta-Wert der Branche (0,92). Daher ist eher nicht davon auszugehen, dass die vollständige Prämie für das höhere Risiko bei Vorhaben im Kernenergiebereich (siehe Fußnote 68) berücksichtigt wird, und insoweit ist dieser Wert als Untergrenze für das tatsächliche Risiko anzusehen. |
Zweite Methode — Verwendung von Richtwerten
(215) |
Die Kommission akzeptiert die Darstellung Ungarns, dass ein alternativer Ansatz zur Ermittlung einer relevanten Spanne für einen marktüblichen WACC-Satz in der Gegenüberstellung mit Richtwerten bestehen könnte, die dem Vorhaben Paks II vergleichbar sind. Aus den in Erwägungsgrund 208 Buchstabe a genannten Gründen bewertete die Kommission die von Ungarn genannten Richtwerte und Spannen jedoch nicht als hinreichend robust. Daher hat die Kommission ihre eigene Benchmark-Analyse entwickelt, bei der ein sektor- und länderspezifischer WACC-Richtwert mithilfe der Damodaran-Datenbank (77) (78) unter Verwendung der Daten sowohl von 2017 als auch von 2014 berechnet wurde. |
(216) |
Dieser Ansatz beruht auf den folgenden drei Schritten (Zahlen für alle drei Schritte für Dezember 2014 und Februar 2017 getrennt berechnet):
|
(217) |
Aufgrund dieser Methode ergibt sich für das Vorhaben Paks II ein WACC-Satz von 9,15-9,81 % für die ursprüngliche Investitionsentscheidung im Dezember 2014 und eine Spanne von 7,40-8,07 % für Februar 2017. Diese Spanne beruht auf den in der MEIP-Untersuchung genannten Verschuldungsgraden von 40-50 %. Außerdem hätte die untere Grenze von 9,15 % für den WACC-Satz im Jahr 2014 wahrscheinlich nach oben korrigiert werden müssen, wenn für das Segment „Ökologisch und erneuerbare Energiequellen“ Zahlen für das Jahr 2014 verfügbar gewesen wären. Auch durch die explizite Einbeziehung einer zusätzlichen Risikoprämie für Atomkraftwerke (siehe Fußnote 68) hätten sich beide Spannen nochmals erhöht. |
Schlussfolgerung zu den WACC
(218) |
Die beiden Methoden zur Schätzung eines marktüblichen WACC-Richtwerts führen zu sich überschneidenden Spannen. Insgesamt sind die Werte für 2017 durchschnittlich niedriger als für 2014; dies ist hauptsächlich auf die Bewertung des risikofreien Zinssatzes für Ungarn durch die Märkte zurückzuführen. Die ermittelten Spannen sind Tabelle 11 zu entnehmen. Tabelle 11 WACC — Zusammenfassung
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(219) |
Nach Tabelle 11 liegt die WACC-Spanne für die ursprüngliche Investitionsentscheidung im Dezember 2014 bei 9,15-10,36 % und für Februar 2017 bei 7,40-8,38 %. Diese WACC-Werte sind alle als konservative Schätzungen zu betrachten, weil die bei Atomkraftwerken erforderliche potenzielle Risikoprämie nicht berücksichtigt wurde (86). |
5.1.1.2. Bewertung des IRR durch die Kommission
(220) |
Bei ihrer Bewertung des IRR ging die Kommission von dem von Ungarn übermittelten Finanzmodell aus. Sie übernahm sowohl die im Finanzmodell verwendete Methode als auch die Eingangsgrößen des Modells mit Ausnahme der Prognose der Strompreise für das berücksichtigte mittlere Szenario. Allerdings weist die Kommission auf Folgendes hin:
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(221) |
Um genauere Schätzungen des IRR und zuverlässigere Ergebnisse der begleitenden Sensitivitätsanalyse und der Überprüfungen der Robustheit zu gewährleisten, hat die Kommission daher bestimmte Anpassungen der für die Ermittlung des IRR verwendeten Parameter vorgenommen. Insbesondere hat die Kommission die von Ungarn vorgelegten Preisprognosen überprüft und ergänzt. Zusätzlich zu den von Ungarn für das mittlere Szenario des Finanzmodells angegebenen Werten für die Kosten und die Auslastung hat die Kommission zudem auch von Beteiligten übermittelte Informationen berücksichtigt, um zu genaueren Ergebnissen zu gelangen. Und schließlich hat die Kommission die Ergebnisse einer eingehenden Sensitivitätsprüfung unterzogen, indem für alle relevanten Parameter des Modells Änderungen simuliert wurden. |
(222) |
Ähnlich wie bei den WACC wurden auch die relevanten IRR-Spannen sowohl aufgrund von im Februar 2017 verfügbaren Informationen (Daten von 2017) als auch anhand von Daten berechnet, die zum Zeitpunkt der ursprünglichen Investitionsentscheidung am 9. Dezember 2014 vorlagen (Daten von 2014). |
Preisprognosen
(223) |
Die Ausgangspunkte für die Bewertung der Preisprognosen durch die Kommission sind die in der von Ungarn vorgelegten Wirtschaftsstudie in Abbildung 16 dargestellten Kurven sowie die auf dem IEA WEO 2014 beruhenden Preisprognosen, auf die sich die Kommission in ihrem Einleitungsbeschluss stützte. Um die gesamten voraussichtliche Laufzeit der Reaktorblöcke von Paks II abzudecken, erweiterte die Kommission diese Abbildungen, berücksichtigte jedoch nur die Abbildungen, in denen ausschließlich die Zeiträume bis 2030 bzw. bis 2040 behandelt wurden; dabei wurden die jeweils prognostizierten Preisniveaus bis zum Ende der Zeiträume (d. h. bis 2030 bzw. bis 2040) beibehalten. Diese Preisprognosen werden in Abbildung 14 dargestellt. Abbildung 14 Langfristige Prognose der Strompreisentwicklung (EUR/MWh) (88)
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(224) |
Im Einleitungsbeschluss hat die Kommission den IRR des Vorhabens anhand von Kurve D in Abbildung 14 berechnet. Kurve H steht für die Prognose einer Marktstudie des BMW (deutsches Bundesministerium für Wirtschaft und Energie) aus dem Jahr 2014, Kurve I entspricht der Prognose eines Referenzszenarios des BMW aus dem Jahr 2014, und Kurve J zeigt die Prognose der Strompreisentwicklung nach dem IEA WEO 2014; die Umrechnung von USD in EUR erfolgte mit dem durchschnittlichen Wechselkursverhältnis von EUR zu USD vom September 2015 (0,9) (89). Die von Ungarn übermittelten IRR-Werte beruhten hauptsächlich auf diesen Kurven H, I und J. |
(225) |
Die Kommission nahm an den Kurven in Abbildung 14 die folgenden Anpassungen vor. Kurve J wurde anhand des durchschnittlichen EUR/USD-Wechselkurses zum Zeitpunkt der im November 2014 veröffentlichten und in USD ausgedrückten Prognosen des IEA WEO 2014 korrigiert. Damals lag das durchschnittliche Wechselkursverhältnis von EUR zu USD in den drei Vormonaten bei 0,79. Eine entsprechende Anpassung wurden auch in Kurve L (Abbildung 15) vorgenommen (90). |
(226) |
Um einen genauen IRR für Februar 2017 abzuschätzen, hat die Kommission die am 16. November 2016 veröffentlichten Preisprognosen des World Energy Outlook 2016 der Internationalen Energieagentur (IEA WEO 2016) (91) grafisch dargestellt. Da sich die ursprünglichen Zahlen auf USD bezogen, ermittelte die Kommission mit dem durchschnittlichen Wechselkursverhältnis von 0,9 (EUR zu USD) für den für das Datum dieser Veröffentlichung relevanten Zeitraum von drei Monaten (Mitte August 2016 bis Mitte November 2016) die Werte in EUR (92) (93). Diese Preisprognose ist in Abbildung 15 in Kurve M dargestellt. Abbildung 15 Langfristige Prognose der Strompreisentwicklung (EUR/MWh) (94)
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(227) |
Die Abbildung vermittelt vor allem zweierlei Erkenntnisse. Erstens verringert sich die Preisprognose des IEA WEO 2014 für Europa nach Anwendung des richtigen Wechselkurses für die Umrechnung der Angaben in USD in EUR um etwa 12 % (Kurve L verläuft unterhalb von Kurve J). Und zweitens liegt die im November 2016 veröffentlichte Preisprognose des IEA WEO durchschnittlich um etwas mehr als 20 % unter der Preisprognose in der entsprechenden Veröffentlichung zwei Jahre vorher (Kurve L und Kurve M). Dies kann den fallenden Strompreisen in den Jahren 2014 und 2016 sowie den erforderlichen Anpassungen der Prognosen zugeschrieben werden (95). Daher sollte dieser Rückgang der Preisprognosen bei allen Bewertungen im Zusammenhang mit der Prognose von 2016 und mit allen entsprechenden IRR-Berechnungen berücksichtigt werden, und die Bewertungen sollten sich auf Kurve M in Abbildung 15 konzentrieren (96). |
(228) |
Hinsichtlich der Preisprognosen des IEA WEO ist festzustellen, dass diese Prognosen auf dem „New-Policies-Szenario“ (97) beruhten. Bei einer umfassenden Bewertung sollten zudem auch die übrigen im IEA WEO berücksichtigten Szenarien einbezogen werden — beispielsweise das „Current-Policies-Szenario“ und das „Low-Oil-Price-Szenario“ wie in der Candole-Studie im Hinblick auf die Preisprognosen des IEA WEO 2015 (98). Dies ist deshalb von Bedeutung, weil die Entscheidung für eine andere politische Option zu anderen Preisprognosen führt (siehe Abbildung 12 und Abbildung 16). Abbildung 16 Langfristige Prognose der Strompreisentwicklung (EUR/MWh)
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(229) |
Die Kurven in Abbildung 16 (Grundfall, Hoch und Niedrig) entsprechen dem New-Policies-Szenario, dem Current-Policies-Szenario und dem Low-Oil-Price-Szenario des IEA WEO 2015 (siehe auch Erwägungsgrund 128). Aus Abbildung 16 ist ersichtlich, dass für das Current-Policies-Szenario etwas höhere Strompreise erwartet werden als beim New-Policies-Szenario, während für das Low-Oil-Price-Szenario deutlich niedrigere Strompreise prognostiziert werden als beim mittleren New-Policies-Szenario (Prognosen aus dem Jahr 2015). Bei einer umfassenden Sensitivitätsanalyse zur Berechnung des IRR für das Vorhaben Paks II muss dies berücksichtigt werden (99). |
(230) |
Für eine genaue Auswertung der langfristigen Preisprognosen der verschiedenen Einrichtungen sollten diese Zahlen außerdem in Beziehung zu den an Strombörsen vereinbarten künftigen Strompreisen gesetzt werden, selbst wenn letztere für deutlich kürzere Zeithorizonte gelten (siehe Abbildung 12). Die Preiskurven in Abbildung 13 zum Vergleich der Preise von Termingeschäften in Deutschland und in Ungarn mit den niedrigsten Preisprognosen des IEA WEO (des WEO für das Low-Oil-Price-Szenario) deuten darauf hin, dass selbst die neuesten Preisprognosen des IEA WEO 2015 noch zu optimistisch sein könnten und die künftigen Strompreise überschätzt werden könnten. Dies muss auch bei der Ermittlung des IRR für Paks II sowie bei begleitenden Sensitivitätsanalysen berücksichtigt werden. |
Auslastung, verschiedene Kostenpositionen und Verzögerungen
(231) |
Aufgrund ihrer Größe, der Komplexität der Bauarbeiten und der langen Laufzeiten bestehen bei Atomkraftwerken Unwägbarkeiten u. a. hinsichtlich der Auslastung, der Bauzeit und verschiedener Kostenpositionen. Diese Unwägbarkeiten haben erhebliche Auswirkungen auf den IRR des Vorhabens. |
(232) |
Die genannten Parameter sind deshalb zu schwer abzuschätzen, weil Paks II ein Atomkraftwerk der Generation III+ ist und Kraftwerke dieser Generation gegenwärtig noch nicht in Betrieb sind (100). Insoweit sind Benchmark-Analysen grundsätzlich hypothetisch. Angesichts der erheblichen technischen Unterschiede zwischen Atomkraftwerken der Generationen III und III+ kann festgestellt werden, dass die in Erwägungsgrund 231 genannten Unwägbarkeiten für Paks II nicht von Bedeutung sind. |
Auslastung
(233) |
Die ungarischen Schätzungen des IRR beruhen auf einer angenommenen durchschnittlichen Auslastung von [90-95] % (*7) für Paks II. Diese Auslastung liegt erheblich über der im „World Nuclear Industry — Status Report 2015“ (WNISR2015) (101) genannten durchschnittlichen jährlichen Auslastung von 72 % bei allen übrigen weltweit in Betrieb befindlichen Atomkraftwerken. Im IEA WEO 2014 wird in der Prognose für die Entwicklung der Kernenergie allerdings festgestellt: „Zwischen 1980 und 2010 erhöhte sich der weltweite Kapazitätsfaktor der Reaktoren von 56 auf 79 %. Dies ist darauf zurückzuführen, dass die Ausfallzeiten für geplante Instandsetzungsmaßnahmen und zur Beschickung mit neuen Brennelementen durch besseres Management deutlich reduziert wurden. Die besten Reaktoren erzielen Auslastungen von etwa 95 %. Mit zunehmendem Alter der Anlagen sind derartige Auslastungen unter Umständen schwer zu erreichen, da häufiger Inspektionen durchgeführt und Bauteile überprüft werden müssen“ (102). |
(234) |
Während der Laufzeit der Kraftwerke können solch hohe Auslastungen jedoch leicht durch Störfälle gefährdet werden. Durch den Störfall in Reaktorblock 2 des Atomkraftwerks Paks im Jahr 2003 beispielsweise reduzierte sich die durchschnittliche Auslastung für den Zeitraum 1990-2015 um fast fünf Prozentpunkte (von 85,3 auf 80,7 %). |
(235) |
Im Hinblick auf die Aufrechterhaltung einer Auslastung von über 90 % in den beiden neuen Reaktorblöcken von Paks II könnte sich auch als problematisch erweisen, dass die Reaktorblöcke gleichzeitig mit einigen Blöcken des Atomkraftwerks Paks betrieben werden sollen. An heißen Sommertagen könnten die Umweltauswirkungen der in enger Nachbarschaft zueinander betriebenen beiden Atomkraftwerke auf die Donau eine zeitweise Drosselung der Leistung eines der beiden Kraftwerke erforderlich machen. Da davon ausgegangen wird, dass die beiden neuen Reaktorblöcke von Paks II ständig mit einer hohen Auslastung betrieben werden, würde dies zu einem Rückgang der Produktionsleistung und zu geringeren Einnahmen für das Atomkraftwerk Paks führen; dieser wirtschaftliche Verlust muss bei der Bewertung der Wirtschaftlichkeit des Vorhabens Paks II berücksichtigt werden. |
Kosten
(236) |
Die während der Dauer eines langfristigen Vorhabens anfallenden Kosten können erheblich von den Langzeitprognosen des ursprünglichen Geschäftsplans abweichen. Dies ist typischerweise darauf zurückzuführen, dass nicht alle relevanten Kostenpositionen im Geschäftsplan berücksichtigt oder dass von übertrieben optimistischen Annahmen und Kostenschätzungen ausgegangen wurde. |
(237) |
Infolge der Komplexität dieser Vorhaben liegen die tatsächlichen Baukosten bei Atomkraftwerken häufig deutlich über den ursprünglich veranschlagten Kosten. Die im Bauvertrag angegebenen Kosten für den Bau der EPR-Reaktoren der Generation III+ von AREVA in Frankreich und in Finnland beispielsweise haben sich nahezu verdreifacht (103). Auch bei den in China und in den USA gebauten Westinghouse-Reaktoren des Typs AP1000 waren Kostensteigerungen von mindestens etwa 20 % zu verzeichnen, und die Kosten des Rosatom-Atomkraftwerks (AES-2006) in Belarus haben sich gemessen an den ursprünglich angesetzten Baukosten fast verdoppelt (104). |
(238) |
Grundsätzlich kann die Vereinbarung schlüsselfertiger Lieferungen zu Festpreisen Eigentümer zwar vor steigenden Baukosten schützen; häufig decken diese Verträge aber nicht die gesamten Kosten neuer Reaktoren ab. Die Eigentümerkosten einschließlich der mit der Beschaffung der erforderlichen Genehmigungen verbundenen Kosten sowie der Kosten für den Anschluss an das Stromnetz, der mit der Entsorgung von Abfällen und mit der Stilllegung der Kraftwerke verbundenen Kosten und der Umweltkosten liegen nicht fest und können sich erhöhen. Außerdem kann der Lieferant sich weigern, für Zusatzkosten aufzukommen, die einen gewissen Umfang überschreiten, und sich darauf berufen, dass die Kostensteigerungen auf Änderungswünsche des Eigentümers zurückzuführen seien. Die daraus resultierenden Streitigkeiten können zu Schlichtungs- und Gerichtsverfahren führen und die Kosten zusätzlich in die Höhe treiben. |
(239) |
Der Geschäftsplan für das Atomkraftwerk Paks II scheint zudem bestimmte möglicherweise optimistische Kostenschätzungen zu enthalten. Vorbringen von Beteiligten zufolge könnten sich die vorläufigen Zahlen für folgende Kostenpositionen als zu optimistisch erweisen:
|
(240) |
Die Kommission stellt fest, dass aus den in Erwägungsgrund 239 genannten Gründen denkbare Änderungen der von Ungarn im Geschäftsplan (und im Finanzmodell) für Paks II vorgelegten Zahlen zu einer Reduzierung des IRR für das Vorhaben führen würden (108). |
Potenzielle Verzögerungen
(241) |
Beim Bau von Atomkraftwerken kommt es häufig zu Verzögerungen und damit zu längeren Bauzeiten (109). Hauptgründe für die Bauverzögerungen sind Auslegungsprobleme, der Mangel an qualifizierten Arbeitskräften, der Verlust von Sachkompetenz, Schwierigkeiten in der Lieferkette, schlechte Planung und das Auftreten neuartiger Probleme (110) (111). |
(242) |
Hinsichtlich der Verzögerungen in der Bauphase ist festzustellen, dass bei den ersten beiden Kraftwerken der Generation III+, die tatsächlich in Auftrag gegeben und gebaut wurden (das Kraftwerk Oikiluoto-3 in Finnland, Baubeginn 2005, und das Kraftwerk Flamanville in Frankreich, Baubeginn 2007), Verzögerungen von jeweils mehr als fünf Jahren zu verzeichnen waren (112). Beide Kraftwerke sind EPR-Modelle von AREVA. |
(243) |
Auch bei den vier Rosatom-Kraftwerken der Generation III+ (Typ AES-2006) in Russland, mit deren Bau zwischen 2008 und 2010 begonnen wurde, kam es zu Verzögerungen (siehe Tabelle 3 in Erwägungsgrund 99). Beispielsweise verzögerte sich der Bau eines der beiden Reaktorblöcke des (auch für Paks II vorgesehenen) Typs V-491 des Kraftwerks Leningrad II (St. Petersburg) (das ursprünglich im Oktober 2013 ans Netz gehen sollte), als am 17. Juli 2011 die Stahlkonstruktion eines Behälters zusammenbrach (113); inzwischen ist eine Inbetriebnahme Mitte 2017 vorgesehen; der andere Reaktorblock sollte 2016 ans Netz gehen; inzwischen wird die Inbetriebnahme erst im Laufe des Jahres 2018 erwartet (114). Der Bau eines weiteren Reaktorblocks in Niemen (Kaliningrad) wurde im Jahr 2013 ausgesetzt (115). |
(244) |
Die jüngsten Entwicklungen beim Bau von Atomkraftwerken der Generation III+ zeigen also, dass Verzögerungen in der Bauphase nicht ungewöhnlich sind (116). Dies wiederum wirkt sich auf den IRR aus. Die Auswirkungen können durch die Vereinbarung von Konventionalstrafen bei bestimmten Verstößen nur in beschränktem Umfang gemindert werden. |
Berechnung des IRR
(245) |
Anhand des von Ungarn vorgelegten Finanzmodells hat die Kommission für Dezember 2014 und Februar 2017 Spannen für angemessene IRR berechnet. Dabei ist die Kommission wie folgt verfahren:
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(246) |
Mithilfe der Monte-Carlo-Sensitivitätsanalyse wurde untersucht, in welchem Umfang der IRR infolge kleinerer Änderungen der Werte verschiedener Eingangsgrößen des Modells vom Mittelwert abweicht. Für die von Ungarn verwendeten Eingangsgrößen wurden folgende Abweichungen angenommen:
Aus Abbildung 17 und Abbildung 18 ist die Verteilung der IRR für die beiden Bewertungszeiträume ersichtlich. Das Ergebnis beruht jeweils auf 10 000 Simulationen (120). |
(247) |
Für Dezember 2014 konzentriert sich die Verteilung der geschätzten IRR-Werte im Bereich von 8,79 %; dabei liegen 90 % der berechneten IRR-Werte innerhalb des Intervalls [8,20 %; 9,36 %]. Abbildung 17 IRR-Werte für Dezember 2014
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(248) |
Für Februar 2017 ist eine Konzentration der Verteilung der geschätzten IRR-Werte bei etwa 7,35 % festzustellen, und 90 % der berechneten IRR-Werte liegen innerhalb des Intervalls [6,79 %; 7,90 %] (121). Abbildung 18 IRR-Werte für Februar 2017
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(249) |
Bei den IRR-Berechnungen, die Abbildung 17 und Abbildung 18 zugrunde liegen, wurden die Wirkungen etwaiger Verzögerungen nicht berücksichtigt. Von einer Berücksichtigung dieser Wirkungen wurde hauptsächlich deshalb abgesehen, weil Verzögerungen im Finanzmodell nicht hinreichend behandelt wurden. Das Finanzmodell berücksichtigt die folgenden Arten von Verzögerungen:
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(250) |
Die Kommission stellt fest, dass diese beiden im Finanzmodell abgedeckten Verzögerungsszenarien Basisszenarien sind, die für eine angemessene Modellierung der tatsächlichen Wirkung der häufigsten Arten von Verzögerungen nicht verwendet werden können (beispielsweise für Verzögerungen unterschiedlicher Dauer in einzelnen Abschnitten der Bauphase) (122). |
(251) |
Die IRR-Werte für die beiden bewertungsrelevanten Zeiträume sind Tabelle 12 zu entnehmen. Aufgrund der prognostizierten geringeren Strompreise zwischen 2014 und 2017 fällt auch der geschätzte IRR für Februar 2017 niedriger aus. Angesichts bestimmter qualitativer Elemente (siehe Erwägungsgründe 238 und 239) sind beide Schätzungen jedoch als konservativ zu betrachten, und bestimmte Mängel bei den Schätzungen der ungarischen Behörden konnten im Finanzmodell quantitativ nicht berücksichtigt werden. Tabelle 12 IRR — Übersicht
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5.1.1.3. Bewertung der LCOE durch die Kommission
(252) |
Aus Gründen der Vollständigkeit sowie zur Berücksichtigung sämtlicher von Ungarn übermittelter Informationen (siehe Erwägungsgründe 69, 81 und 82) hat die Kommission auch die Wirtschaftlichkeit von Paks II anhand der Gesamtgestehungskosten der erzeugten Energie (LCOE = Levelized Costs of Producing Energy) einer kurzen Prüfung unterzogen (siehe Abschnitt 3.1.1.3). |
(253) |
Bei der Bewertung der LCOE eines ungarischen Atomkraftwerks wie Paks II ging die Kommission von der OECD/IEA/NEA-Studie von 2015 (siehe Erwägungsgrund 81) aus. In dieser Studie werden die LCOE eines ungarischen Atomkraftwerks bei einem Zinssatz von 7 % auf 80,95 EUR/MWh und bei einem Zinssatz von 10 % auf 112,45 EUR/MWh geschätzt (jeweils bei einer Auslastung von 85 %) (123). Da diese Zahlen im August 2015 veröffentlicht wurden, können sie nur für die Bewertung der LCOE im Jahr 2017, nicht aber für die LCOE im Jahr 2014 herangezogen werden. |
(254) |
Die Kommission stellt fest, dass sich bei einer Erhöhung der Auslastung auf [90-95] % (*9)(d. h. bei der mittleren Angabe bezüglich der Auslastung im Vorbringen Ungarns) die in Erwägungsgrund 253 genannten LCEO-Werte auf 74 EUR/MWh bzw. 103 EUR/MWh erhöhen würden (124). |
(255) |
Daher gelangt die Kommission zu dem Schluss, dass die LCOE eines ungarischen Atomkraftwerks mehr als 74 EUR/MWh betragen; dies wiederum ist mehr als die für 2015 berechnete Preisprognose von 73 EUR/MWh oder die Prognose von 68 EUR/MWh für das Jahr 2016 (125). |
5.1.1.4. Schlussfolgerung zum Vorliegen eines wirtschaftlichen Vorteils
(256) |
Anhand der Schätzungen der WACC und des IRR in den Abschnitten 5.1.1.1 und 5.1.1.2 prüft die Kommission, ob die Kriterien des MEIP-Tests erfüllt sind. In Tabelle 13 sind die relevanten Informationen für beide Zeitpunkte zusammengefasst: Tabelle 13 Gegenüberstellung WACC und IRR
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(257) |
Tabelle 13 ist im Wesentlichen Folgendes zu entnehmen:
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(258) |
Die Kommission betrachtet diese Ergebnisse aus folgenden Gründen als konservativ:
Dies deutet darauf hin, dass der potenzielle Unterschied zwischen den IRR-Werten und den WACC-Werten für die einzelnen Zeitpunkte wahrscheinlich sogar noch größer ist. |
(259) |
Außerdem können die der Schätzung des IRR für das Vorhaben zugrunde liegenden Berechnungen kombiniert mit den geschätzten WACC-Werten auch zur Quantifizierung des Kapitalwerts (NPV) der insgesamt erwarteten Verluste während der Laufzeit des Vorhabens für den Fall der Finanzierung durch einen marktwirtschaftlich handelnden Kapitalgeber verwendet werden. Insbesondere wird davon ausgegangen, dass das Vorhaben beim Grundfall-Szenario eines marktüblichen WACC-Wertes von 7,88 % und eines IRR-Wertes von 7,35 % als Mittelwerten der Daten für 2017 zu Verlusten von 600 Mio. EUR führen wird (128). |
(260) |
Neben dem Vergleich der WACC- und der IRR-Werte hat auch die kurze Analyse der LCOE bestätigt, dass die mittleren Stromgestehungskosten des in Paks II erzeugten Stroms durch die prognostizierten Preise nicht gedeckt würden. |
(261) |
Aufgrund dieser Ergebnisse gelangt die Kommission zu dem Schluss, dass mit dem Vorhaben keine hinreichenden Erträge zur Deckung der Kosten eines privaten Kapitalgebers erwirtschaftet würden, der eine Finanzierung nur zu Marktbedingungen erhalten würde. Die Daten von Februar 2017 haben für die Durchführung des MEIP-Tests die größte Relevanz; selbst wenn die Analyse mit den zum Zeitpunkt der ursprünglichen Investitionsentscheidung im Dezember 2014 verfügbaren Daten vorgenommen wird, können die aus der Analyse dieser Daten abgeleiteten Ergebnisse jedoch als zutreffend betrachtet werden. |
(262) |
Aufgrund der diesbezüglichen Bewertung stellt die Kommission fest, dass ein privater Kapitalgeber unter den genannten Bedingungen nicht in das Vorhaben investiert hätte. Da Paks II durch einen neuen wirtschaftlich relevanten Vermögenswert begünstigt wird, ist die Kommission zu dem Ergebnis gelangt, dass die Maßnahme mit einem wirtschaftlichen Vorteil für Paks II verbunden ist. |
5.1.2. ÜBERTRAGUNG STAATLICHER MITTEL UND ZURECHENBARKEIT
(263) |
Wie im Eröffnungsbeschluss erläutert, würde Ungarn die Durchführung des Vorhabens mit staatlichen Mitteln unterstützen; von den erforderlichen Mitteln würden 80 % in Form eines Darlehens der Russischen Föderation und 20 % aus Mitteln des ungarischen Staates bereitgestellt. Wie im Finanzierungsabkommen vereinbart, würde Ungarn sämtliche erforderlichen Investitionen für die Auftragsvergabe sowie für die Planung und den Bau der Reaktorblöcke 5 und 6 unmittelbar übernehmen. Daher stellt die Kommission fest, dass die Maßnahme eine Übertragung von Mitteln durch den ungarischen Staat beinhalten würde. |
(264) |
Außerdem weist die Kommission darauf hin, dass die Maßnahme dem ungarischen Staat zuzurechnen ist, da Ungarn entschieden hat, in das Vorhaben zu investieren und da Ungarn die Auszahlung der erforderlichen Mittel für die Zahlung des Kaufpreises nach Maßgabe des EPC-Vertrags sowie die Finanzierung der beiden neuen Reaktorblöcke von Paks II durch Fremdkapital beschließen wird. |
5.1.3. SELEKTIVITÄT
(265) |
Eine Maßnahme wird als selektiv betrachtet, wenn sie nur bestimmte Unternehmen oder Produktionszweige begünstigt. Die Kommission bekräftigt erneut, dass die Maßnahme selektiv ist, weil die Maßnahme nur ein Unternehmen betrifft, da Ungarn mit Regierungsbeschluss 1429/2014 (VII. 31.) Paks II als befugtes ungarisches Unternehmen benannt hat, das gleichzeitig als Eigentümerin und als Betreibergesellschaft der neuen Reaktorblöcke fungieren wird. Daher wird der Vorteil als selektiv angesehen. |
5.1.4. BEEINTRÄCHTIGUNG DES HANDELS UND VERZERRUNG DES WETTBEWERBS
(266) |
Wie von der Kommission im Einleitungsbeschluss erläutert, wurde der Strommarkt der Union liberalisiert, und die Stromerzeuger betreiben Handel zwischen den Mitgliedstaaten. Außerdem ist die Infrastruktur des ungarischen Stromnetzes mit robusten Verbindungsleitungen (zur Übertragung von 30 % der installierten inländischen Kapazität) an die benachbarten Mitgliedstaaten verhältnismäßig gut ausgeprägt. Ungarn ist ein Nettoimporteur; aus Abbildung 5 in Erwägungsgrund 49 ist jedoch ersichtlich, dass Ungarn auch Strom exportiert, nicht nur auf den (seit 2014 bestehenden) gekoppelten tschechisch-slowakisch-ungarisch-rumänischen Day-ahead-Markt, sondern auch nach Österreich und nach Kroatien. |
(267) |
Die angemeldete Maßnahme würde die Entwicklung einer beträchtlichen Kapazität ermöglichen, die ansonsten durch private Investitionen anderer Marktteilnehmer mit alternativen Technologien entweder aus Ungarn oder aus anderen Mitgliedstaaten hätte finanziert werden müssen. Da Strom grenzüberschreitend gehandelt wird, ist jeder selektive Vorteil für ein Unternehmen zudem geeignet, den Handel innerhalb der Union zu beeinträchtigen. |
(268) |
Daher betont die Kommission nochmals, dass die Maßnahme den Wettbewerb zu verfälschen droht. |
5.1.5. SCHLUSSFOLGERUNG ZUM VORLIEGEN EINER STAATLICHEN BEIHILFE
(269) |
Da die Kommission zu dem Schluss gelangt ist, dass Paks II mit der Maßnahme ein wirtschaftlicher Vorteil gewährt wird und dass auch die übrigen Merkmale für das Vorliegen einer staatlichen Beihilfe gegeben sind, stellt die Kommission fest, dass der ungarische Staat bei diesem Vorhaben Paks II eine Beihilfe gewährt, die als staatliche Beihilfe im Sinne von Artikel 107 Absatz 1 AEUV anzusehen ist. |
5.2. RECHTMÄSSIGKEIT DER BEIHILFE
(270) |
Wie im Einleitungsbeschluss (Erwägungsgrund 116) festgestellt, erhält die Kommission ihren Standpunkt aufrecht, dass zwar mehrere Abkommen bereits unterzeichnet wurden und die ursprüngliche Investitionsentscheidung bereits getroffen wurde; die Investitionsentscheidung, mit der Paks II die Arbeiten zum Bau der beiden neuen Reaktorblöcke endgültig in Auftrag gibt, steht jedoch noch aus, und bislang wurden noch keine Zahlungen nach Maßgabe des EPC-Vertrags geleistet. Durch die Anmeldung der Maßnahme vor ihrer Durchführung hat Ungarn gewährleistet, dass nicht gegen das Durchführungsverbot in Artikel 108 Absatz 3 AEUV verstoßen wurde. |
5.3. VEREINBARKEIT MIT DEM BINNENMARKT
(271) |
Da festgestellt wurde, dass die Maßnahme eine staatliche Beihilfe beinhaltet, hat die Kommission geprüft, ob die Maßnahme als mit dem Binnenmarkt vereinbar betrachtet werden könnte. |
(272) |
Die Kommission weist darauf hin, dass Ungarn die Maßnahme nicht als staatliche Beihilfe einstuft; nach dem Einleitungsbeschluss und den Stellungnahmen von Beteiligten, die nach der Veröffentlichung des Einleitungsbeschlusses bei der Kommission eingingen, hat Ungarn sich jedoch zur Vereinbarkeit der Maßnahme mit dem Binnenmarkt geäußert hat (siehe Abschnitt 3.2). |
5.3.1. RECHTSGRUNDLAGE FÜR DIE WÜRDIGUNG
(273) |
Wie im Einleitungsbeschluss in Abschnitt 3.3.1 erläutert, kann die Kommission eine Maßnahme unmittelbar nach Artikel 107 Absatz 3 Buchstabe c AEUV als mit dem Binnenmarkt vereinbar erklären, wenn die Maßnahme zur Erreichung eines Ziels von gemeinsamem Interesse beiträgt, für die Verwirklichung dieses Ziels erforderlich und verhältnismäßig ist und den Handel nicht in einem dem Ziel von gemeinsamem Interesse zuwiderlaufenden Maß beeinträchtigt. |
(274) |
Die Maßnahme muss folgende Voraussetzungen erfüllen: i) sie muss nach Artikel 107 Absatz 3 Buchstabe c AEUV zur Förderung der Entwicklung gewisser Wirtschaftszweige oder Wirtschaftsgebiete beitragen; ii) sie muss auf die Herbeiführung einer wesentlichen Verbesserung abzielen, die der Markt aus eigenen Kräften nicht bewirken kann (beispielsweise die Behebung eines Marktversagens); iii) die angemeldete Maßnahme muss ein geeignetes politisches Instrument zur Verwirklichung des Ziels von gemeinsamem Interesse sein; iv) sie muss mit einer Anreizwirkung verbunden sein; v) sie muss den Erfordernissen, für die sie eingesetzt wird, angemessen sein, und vi) sie geht nicht mit einer unangemessenen Verfälschung des Wettbewerbs und des Handels zwischen Mitgliedstaaten einher. |
(275) |
In der Antwort auf den Einleitungsbeschluss erklärten die ungarischen Behörden, dass die Beihilfevorschriften und insbesondere das allgemeine Verbot der Gewährung staatlicher Beihilfe für unter den Euratom-Vertrag fallende Maßnahmen nicht gelte. |
(276) |
Die Kommission räumt ein, dass die in Rede stehende Investition eine industrielle Tätigkeit betrifft, die unter den Euratom-Vertrag fällt (siehe Anhang II des Euratom-Vertrags); allein diese Tatsache ändert jedoch nichts an der Anwendbarkeit der Artikel 107 und 108 AEUV bei der Würdigung der Methode zur Finanzierung dieser Tätigkeit. |
(277) |
Artikel 2 Buchstabe c Euratom-Vertrag begründet die Verpflichtung der Union, Investitionen im Bereich der Kernenergie zu erleichtern, und Artikel 40 Euratom-Vertrag verpflichtet die Union zur Veröffentlichung hinweisender Programme, um Investitionen im Kernenergiebereich zu fördern; der Euratom-Vertrag sieht jedoch keine spezifischen Vorschriften zur Kontrolle der Maßnahmen vor, die ein Mitgliedstaat zur Finanzierung dieser Investitionen durchführt. Nach Artikel 106a Absatz 3 Euratom-Vertrag weichen die Vorschriften des AEUV nicht von den Vorschriften des Euratom-Vertrags ab. |
(278) |
Tatsächlich stellen die Artikel 107 und 108 AEUV keine Abweichung von den Vorschriften des Euratom-Vertrags dar, da der Euratom-Vertrag keine anderslautenden Vorschriften für staatliche Beihilfen enthält und da die Beihilfenkontrolle durch die Kommission nach den Artikeln 107 und 108 AEUV einer Verwirklichung des im Euratom-Vertrag verankerten Ziels der Förderung von Investitionen im Kernenergiebereich nicht entgegensteht. |
5.3.2. VEREINBARKEIT MIT ANDEREN VORSCHRIFTEN DES UNIONSRECHTS ALS DEN BEIHILFEVORSCHRIFTEN
(279) |
Zahlreiche Beteiligte haben sich zur Vereinbarkeit der Maßnahme mit den Richtlinien 2014/24/EU und 2014/25/EU (insbesondere mit der Richtlinie 2014/25/EU. da diese sektorbezogene Vorschriften enthält) und mit Artikel 8 der Richtlinie 2009/72/EG (der Stromrichtlinie) geäußert; daher hat die Kommission geprüft, in welchem Umfang eine (etwaige) Unvereinbarkeit mit den Vorschriften der Richtlinien 2014/24/EU und 2014/25/EU und mit Artikel 8 der Richtlinie 2009/72/EG im Zusammenhang mit der direkten Vergabe des Auftrags für den Bau der beiden neuen Reaktorblöcke von Paks II die Würdigung hinsichtlich des Vorliegens einer staatlichen Beihilfe nach Artikel 107 Absatz 3 Buchstabe c AEUV beeinträchtigen könnte. |
(280) |
„Nach ständiger Rechtsprechung ist die Kommission nämlich verpflichtet, bei der Anwendung des Verfahrens auf dem Gebiet der staatlichen Beihilfen entsprechend dem Sinn und Zweck des Vertrags den Zusammenhang zwischen den Regelungen über die staatlichen Beihilfen und besonderen anderen als die staatlichen Beihilfen betreffenden Vorschriften zu beachten, und somit die Vereinbarkeit der fraglichen Beihilfe mit den besonderen Vorschriften zu beurteilen … Eine solche Pflicht trifft die Kommission jedoch ausschließlich dann, wenn es sich um Modalitäten einer Beihilfe handelt, die derart untrennbar mit dem Zweck der Beihilfe verknüpft sind, dass sie nicht für sich allein beurteilt werden können … Eine Verpflichtung der Kommission, im Rahmen eines Verfahrens auf dem Gebiet der Beihilfen endgültig einen Verstoß gegen andere Bestimmungen des Gemeinschaftsrechts als die Art. 107 AEUV und 108 AEUV … zu bejahen oder zu verneinen, verstieße nämlich zum einen gegen die teilweise stark divergierenden und mit unterschiedlichen Rechtswirkungen ausgestatteten Verfahrensvorschriften und -garantien, die für die speziell zur Kontrolle der Anwendung dieser Vorschriften vorgesehenen Verfahren gelten, und zum anderen gegen den Grundsatz der Autonomie der Verwaltungsverfahren und Rechtsbehelfe … Wenn die fragliche Modalität der Beihilfe untrennbar mit dem Gegenstand der Beihilfe verbunden ist, ist ihre Vereinbarkeit mit anderen als die staatlichen Beihilfen regelnden Vorschriften somit im Rahmen des in Art. 108 AEUV vorgesehenen Verfahrens zu beurteilen, und diese Beurteilung kann dazu führen, dass die betreffende Beihilfe für mit dem Binnenmarkt unvereinbar erklärt wird. Kann hingegen die fragliche Modalität vom Gegenstand der Beihilfe losgelöst werden, ist die Kommission nicht verpflichtet, diese im Rahmen des nach Art. 108 AEUV vorgesehenen Verfahrens auf ihre Vereinbarkeit mit anderen als die staatliche Beihilfen betreffenden Vorschriften zu prüfen …“ (129). |
(281) |
Die Bewertung der Vereinbarkeit der angemeldeten Maßnahme könnte insoweit durch eine mögliche Unvereinbarkeit mit der Richtlinie 2014/25/EU beeinträchtigt werden, wenn eine zusätzliche Verfälschung des Wettbewerbs und eine Beeinträchtigung des Handels auf dem Strommarkt (dem Markt, auf dem Paks II als durch die Beihilfe begünstigtes Unternehmen tätig ist) festgestellt würde. |
(282) |
Diesbezüglich ist die Kommission zu dem Schluss gelangt, dass hinsichtlich der unmittelbaren Beauftragung eines bestimmten Unternehmens mit dem Bau der neuen Reaktorblöcke die Richtlinie 2014/25/EU von Bedeutung ist. In dieser Sache wurde JSC NIAEP, ein mit dem Bau von Atomkraftwerken befasstes Unternehmen, nach Maßgabe des IGA unmittelbar mit dem Bau der beiden Reaktorblöcke beauftragt; JSC NIAEP ist aber nicht Begünstigter der Beihilfe. Begünstigter der Beihilfe ist Paks II, eine Marktteilnehmerin auf dem Strommarkt, die später Eigentümerin und Betreibergesellschaft der beiden Kernreaktoren sein wird. Wie bereits im Einleitungsbeschluss festgestellt, wird JSC NIAEP nicht als potenzieller Begünstigter der in Rede stehenden Maßnahme angesehen. |
(283) |
Insoweit könnte eine mögliche Nichtbeachtung der Vorschriften für die Vergabe öffentlicher Aufträge in dieser Sache Verfälschungen auf dem Markt für den Bau von Atomkraftwerken bewirken. Zweck der Investitionsbeihilfe für Paks II ist jedoch, dazu beizutragen, dass dieses Kraftwerk Strom erzeugen kann, ohne für die Investitionen für den Bau der Kernanlage aufkommen zu müssen. Daher wurde keine zusätzliche verfälschende Wirkung auf den Wettbewerb und auf den Handel auf dem Strommarkt festgestellt, die auf einen Verstoß gegen die Vorschriften der Richtlinie 2014/25/EU im Zusammenhang mit der unmittelbaren Beauftragung von JSC NIAEP mit den Bauarbeiten zurückzuführen wäre. |
(284) |
Ohne eine „untrennbare Verbindung“ zwischen dem etwaigen Verstoß gegen Richtlinie 2014/25/EU und in Anbetracht des Zwecks der Beihilfe kann dieser etwaige Verstoß keine Auswirkungen auf die Bewertung der Vereinbarkeit der Beihilfe haben. |
(285) |
In jedem Fall hat die Kommission in einem eigenen Verfahren geprüft, ob Ungarn die Vorschriften der Richtlinie 2014/25/EU eingehalten hat; in dieser Prüfung ist die Kommission aufgrund der verfügbaren Informationen zu dem vorläufigen Schluss gelangt, dass die in Richtlinie 2014/25/EU beschriebenen Verfahren nach Artikel 50 Buchstabe c dieser Richtlinie auf die Beauftragung mit dem Bau der beiden Reaktorblöcke nicht anwendbar sind. |
(286) |
Hinsichtlich eines etwaigen Verstoßes gegen Artikel 8 der Richtlinie 2009/72/EG stellt die Kommission fest, dass die Anforderung der Durchführung eines Ausschreibungsverfahrens oder eines hinsichtlich der Transparenz und der Diskriminierungsfreiheit gleichwertigen Verfahrens für die Schaffung neuer Kapazitäten nicht absolut zu verstehen ist. Nach Artikel 8 Absatz 1 Satz 1 sind Mitgliedstaaten verpflichtet, in ihrem nationalen Recht die Möglichkeit der Durchführung von Ausschreibungen für die Beschaffung neuer Kapazitäten vorzusehen. Ungarn hat diese Anforderung durch die Umsetzung dieser Vorschrift im ungarischen Stromgesetz erfüllt (130). Und nach Artikel 8 Absatz 1 Satz 2 ist ein Ausschreibungsverfahren nicht erforderlich, wenn die Versorgungssicherheit durch die im Wege des Genehmigungsverfahrens geschaffenen Erzeugungskapazitäten bzw. die getroffenen Energieeffizienz-/Nachfragesteuerungsmaßnahmen allein nicht gewährleistet ist. Dies ist in dieser Sache der Fall: Das Vorhaben wurde (nach dem in Artikel 7 beschriebenen Genehmigungsverfahren) eben dafür genehmigt, u. a. die Lücke der zu erwartenden insgesamt installierten inländischen Kapazität zu schließen, und die Kommission hat keine Anhaltspunkte dafür, dass die installierte Kapazität nicht hinreichend wäre. Daher ist die in Artikel 8 der Richtlinie 2009/72/EG enthaltene Vorschrift zur Durchführung einer Ausschreibung bzw. eines gleichwertigen Verfahrens auf das Vorhaben in dieser Sache offenbar nicht anwendbar. Aus diesem Grund ist festzustellen, dass die Kommission keine hinreichenden Anhaltspunkte für eine mögliche Anwendbarkeit von Artikel 8 der Richtlinie 2009/72/EG hat. |
(287) |
Insoweit stellt die Kommission fest, dass die Bewertung der nach den Beihilfevorschriften angemeldeten Maßnahme von anderen Vorschriften des Unionsrechts nicht berührt wird. |
5.3.3. ZIEL VON GEMEINSAMEM INTERESSE
(288) |
Wie in Abschnitt 3.3.2 des Einleitungsbeschlusses erläutert, muss die Maßnahme der Erreichung eines klar beschriebenen Ziels von gemeinsamem Interesse dienen. Wenn die Union ein Ziel als dem gemeinsamen Interesse der Mitgliedstaaten dienend anerkannt hat, ist dieses Ziel als Ziel von gemeinsamem Interesse anzusehen. |
(289) |
Die Kommission hat festgestellt, dass die Maßnahme eine spezifische Unterstützung der Kerntechnologie beinhaltet. In diesem Zusammenhang wies die Kommission darauf hin, dass die Union nach Artikel 2 Buchstabe c des Euratom-Vertrags verpflichtet ist, „die Investitionen zu erleichtern und, insbesondere durch Förderung der Initiative der Unternehmen, die Schaffung der wesentlichen Anlagen sicherzustellen, die für die Entwicklung der Kernenergie in der Gemeinschaft notwendig sind“. |
(290) |
Die Kommission hat festgestellt, dass die von Ungarn vorgesehene Investitionsbeihilfe für Paks II auf die Förderung der Kernenergie abzielt und daher angesichts der Förderung von Investitionen im Bereich der Kernenergie als einem Ziel von gemeinsamem Interesse dienend angesehen werden kann. |
(291) |
Mehrere Beteiligte haben Stellungnahmen übermittelt und erklärt, dass die ungarischen Investitionen im Bereich der Kernenergie nach dem Euroatom-Vertrag nicht als Ziel von gemeinsamem Interesse betrachtet werden könnten. |
(292) |
Die Kommission stellt jedoch fest, dass die Vorschriften des Euratom-Vertrags durch den Vertrag von Lissabon ausdrücklich bestätigt wurden und dass der Euratom-Vertrag daher nicht als überholter oder veralteter und nicht mehr anwendbarer Vertrag angesehen werden kann. Die Parteien des Vertrags von Lissabon hielten die weitere uneingeschränkte Anwendbarkeit der Vorschriften des Euratom-Vertrags für erforderlich (131). In der Präambel des Euratom-Vertrags wird anerkannt, dass die erforderlichen Voraussetzungen für die Entwicklung einer leistungsfähigen Kernindustrie geschaffen werden müssen. Wie auch in früheren Beschlüssen und Entscheidungen der Kommission (132), gelangt die Kommission zu dem Ergebnis, dass die Förderung der Kernenergie ein wesentliches Ziel des Euratom-Vertrags und damit auch der Union ist. Wie in der Präambel des Euratom-Vertrags erläutert, ist die Kommission eine Einrichtung der Euratom-Gemeinschaft und verpflichtet, „die Voraussetzungen für die Entwicklung einer mächtigen Kernindustrie zu schaffen, welche die Energieerzeugung erweitert, die Technik modernisiert und auf zahlreichen anderen Gebieten zum Wohlstand ihrer Völker beiträgt“. Diese Verpflichtung muss bei der Ausschöpfung des Beurteilungsspielraums der Kommission bei der Genehmigung der staatlichen Beihilfe nach Artikel 107 Absatz 3 Buchstabe c und nach Artikel 108 Absatz 2 AEUV berücksichtigt werden. |
(293) |
Wenngleich die Entwicklung der Kernenergie für die Mitgliedstaaten nicht verpflichtend ist und einige Mitglieder entschieden haben, keine Atomkraftwerke mehr zu bauen und zu entwickeln, kann die Förderung von Investitionen im Kernenergiebereich für die Zwecke der Beihilfenkontrolle als Ziel von gemeinsamem Interesse betrachtet werden. Tatsächlich sind viele nach den Beihilfevorschriften annehmbare und anerkannte Ziele (etwa im Bereich der Regionalentwicklung) nur für einen einzigen oder für wenige Mitgliedstaaten von Bedeutung. |
(294) |
Daher gelangt die Kommission zu dem Schluss, dass die von Ungarn vorgesehene Maßnahme dem im Euratom-Vertrag verankerten Ziel der Förderung neuer Investitionen im Kernenergiebereich dient. |
(295) |
Nach dem Einleitungsbeschluss übermittelten die ungarischen Behörden neue Informationen aus Studien des Übertragungsnetzbetreibers, in denen auch Importe und die Entwicklung der Nachfrage berücksichtigt werden. Nach der in Erwägungsgrund 50 genannten Studie von MAVIR wird auf dem ungarischen Markt bis 2026 zusätzliche Kapazität zur Erzeugung von mindestens 5,3 GW Strom und bis Ende des Prognosezeitraums (2031) von mehr als 7 GW benötigt. Daher stellt die Kommission fest, dass die auf die Förderung der Kernenergie abzielende Maßnahme einem im Euratom-Vertrag verankerten Ziel von gemeinsamem Interesse dient und zudem zur Sicherheit der Stromversorgung beiträgt. |
5.3.4. NOTWENDIGKEIT DER BEIHILFE UND MARKTVERSAGEN
(296) |
Im Einleitungsbeschluss hat die Kommission anerkannt, dass die Nutzung der Kernenergie durch äußerst hohe feste verlorene Kosten gekennzeichnet ist, die über sehr lange Zeiträume amortisiert werden müssen. Insoweit ist anzunehmen, dass Kapitalgeber, die eine Beteiligung im Kernenergiesektor in Betracht ziehen, mit Finanzrisiken in beträchtlicher Höhe konfrontiert sind. |
(297) |
Die Kommission hat Auskünfte über potenzielle neue Investitionen im Kernenergiebereich (ohne staatliche Unterstützung) sowie über die Zeitpläne (angesichts der Besonderheiten des ungarischen Strommarkts), die voraussichtliche Entwicklung und diesbezügliche Marktmodelle verlangt, um bewerten zu können, ob ein Marktversagen vorliegt, das sich auf neue Investitionen in Vorhaben im Kernenergiebereich in Ungarn auswirken könnte, und um welche Vorhaben es sich dabei handeln würde. |
(298) |
Um festzustellen, ob eine staatliche Beihilfe erforderlich ist, muss die Kommission, wie in Erwägungsgrund 129 des Einleitungsbeschlusses erläutert, prüfen, ob die Maßnahme eine Situation betrifft, in der sie eine wesentliche Verbesserung zur Folge haben könnte, die der Markt aus eigenen Kräften nicht bewirken könnte (beispielsweise durch Behebung eines klar beschriebenen Marktversagens). |
(299) |
Die Prüfung auf das Vorliegen eines Marktversagens ist Bestandteil der Prüfung, ob eine staatliche Beihilfe zur Erreichung des verfolgten Ziels von gemeinsamem Interesse erforderlich ist. In dieser Sache beabsichtigt Ungarn die Förderung neuer Investitionen im Kernenergiebereich nach Maßgabe des Euratom-Vertrags, um die in nächster Zeit zu erwartende Lücke der insgesamt installierten nationalen Kapazität zu decken. Daher muss die Kommission prüfen, ob die staatliche Beihilfe zur Erreichung des Ziels der Förderung neuer Investitionen im Kernenergiebereich erforderlich ist. |
(300) |
In diesem Zusammenhang erinnert die Kommission an die Stellungnahmen von Beteiligten bezüglich der Frage, ob die Kommission prüfen sollte, ob Investitionen in die Stromerzeugung im Allgemeinen Ausdruck eines Marktversagens sind. Einige Beteiligte stellen fest, dass bei derartigen Investitionen kein Marktversagen gegeben und dass der gegenwärtige niedrige Stromgroßhandelspreis nur eine Reaktion auf das normale Funktionieren des Marktes sei. Andere Beteiligte erläutern, die Kommission müsse den liberalisierten Strombinnenmarkt als den relevanten Markt definieren, der auf ein Marktversagen zu prüfen sei. Wenn auf diesem relevanten Markt ein Marktversagen konstatiert werde, sei diesem Marktversagen nicht unbedingt durch ein Atomkraftwerk zu begegnen. |
(301) |
In ihrer Würdigung der Erforderlichkeit der Beihilfe untersucht die Kommission jedoch, ob das Ziel von gemeinsamem Interesse ohne ein staatliches Eingreifen erreicht werden könnte oder ob ein Marktversagen der Erreichung dieses Ziels entgegensteht. Dabei braucht die Kommission nicht zunächst einen relevanten Markt zu definieren. Um festzustellen, ob ein Marktversagen vorliegt, muss die Kommission zunächst prüfen, welches Ziel von gemeinsamem Interesse der betreffende Mitgliedstaat verfolgt. Das mit dieser Maßnahme verfolgte Ziel von gemeinsamem Interesse betrifft weder den Strombinnenmarkt im Allgemeinen noch Investitionen in die Stromerzeugung im Allgemeinen, sondern ist eher im Sinne des Euratom-Vertrags für die Förderung neuer Investitionen im Kernenergiebereich von Bedeutung; diese neuen Investitionen im Kernenergiebereich sind unbestreitbar Bestandteil des Strommarkts und werden zur Schließung der zu erwartenden Lücke der installierten Gesamtkapazität Ungarns beitragen. Außerdem muss die Kommission prüfen, ob das freie Zusammenspiel von Angebot und Nachfrage auf dem Strommarkt im Allgemeinen gewährleistet, dass das Ziel neuer Entwicklungen im Kernenergiebereich ohne staatlichen Eingriff erreicht werden kann. Dazu muss kein besonderer Markt definiert werden. |
(302) |
Daher hat die Kommission geprüft, ob im Zusammenhang mit dem Ziel der Förderung neuer Investitionen im Kernenergiebereich in Ungarn ein Marktversagen vorliegt und ob dies ein allgemeines Merkmal des ungarischen Markts oder ein besonderes Merkmal ausschließlich des Kernenergiesektors ist. |
(303) |
In Abschnitt 5.1.1.4 dieses Beschlusses gelangte die Kommission zu dem Ergebnis, dass die mit diesem Vorhaben erwirtschafteten Erträge nicht hinreichend wären, um die Kosten eines privaten Kapitalgebers zu decken, der eine Finanzierung nur zu marktüblichen Preisen erhalten würde; eine Deckung wäre deshalb nicht möglich, weil der erwartete IRR der Investition unter dem marktbezogenen WACC-Richtwert für das Vorhaben liegt. Daher hätte ein vernünftiger privater Kapitalgeber unter diesen Bedingungen ohne zusätzliche staatliche Unterstützung nicht in dieses Vorhaben investiert. |
(304) |
Hinsichtlich der Investitionen im Kernenergiebereich räumt Ungarn ein, dass diese Technologie durch äußerst hohe Investitionskosten im Vorfeld und durch sehr lange Amortisationszeiten gekennzeichnet ist. |
(305) |
Der ungarische Strommarkt und die Beweggründe für die Entscheidung Ungarns für den Bau eines neuen Atomkraftwerks (insbesondere in Anbetracht der Tatsache, dass die vorhandenen Kraftwerke bald vom Netz genommen werden) wurden bereits im Einleitungsbeschluss beschrieben. Wie in Erwägungsgrund 14 des Einleitungsbeschlusses erläutert, beruhte die Machbarkeitsstudie der MVM-Gruppe zur Untersuchung der Durchführung und der Finanzierung eines neuen Atomkraftwerks auf der Annahme, dass in Ungarn infolge der Abschaltung veralteter Kraftwerke 6 000 MW der installierten Bruttokapazität von insgesamt 8 000-9 000 MW bis 2025 wegfallen. |
(306) |
Und wie in den Erwägungsgründen 15 und 45 des Einleitungsbeschlusses erläutert, erwartet der ungarische Übertragungsnetzbetreiber MAVIR eine erhebliche Lücke in der künftigen installierten Gesamtkapazität in Ungarn (133). Den neuesten verfügbaren Informationen zufolge (siehe Erwägungsgrund 50 dieses Beschlusses) wird der Kapazitätsbedarf bis 2031 nun auf über 7 GW geschätzt. Nach Einschätzung der ungarischen Behörden wird der wachsende Energiebedarf durch die derzeit verfügbare lokale Erzeugungskapazität immer weniger gedeckt werden können; daher werden für Ungarn zwangsläufig eine Lücke zwischen dem Strombedarf und dem Angebot und eine zunehmende Abhängigkeit von Stromimporten entstehen; außerdem werden die Strompreise für die Endverbraucher steigen, wenn keine neuen Investitionen in Kraftwerke vorgenommen werden. Paks II wird mit einer Leistung von 2,4 GW zur Deckung dieses Bedarfs beitragen. |
(307) |
Außerdem verwies Ungarn auf die Feststellung von MAVIR, dass ungeachtet des ermittelten hohen Kapazitätsdefizits verhältnismäßig wenig neue Kapazität in Ungarn geschaffen werde (siehe Erwägungsgrund 46 des Einleitungsbeschlusses. und Tabelle 2 in Erwägungsgrund 51 dieses Beschlusses). Daher zweifelt die Kommission daran, dass ein Marktversagen in Verbindung mit neuen Investitionen im Kernenergiebereich in Ungarn spezifisch für derartige Investitionen ist. |
(308) |
Sie stellt fest, dass neue Investitionen im Kernenergiebereich in Europa durch Unwägbarkeiten gekennzeichnet sind und dass in manchen Fällen staatliche Beihilfemaßnahmen geplant werden könnten. Die Kommission hat die von Ungarn übermittelten Informationen bezüglich neuer Vorhaben im Kernenergiebereich in Finnland, Frankreich und der Slowakei geprüft, bei denen eine Finanzierung zu Marktbedingungen erfolge. Nach Auffassung Ungarns ist angesichts der Finanzierung dieser Vorhaben durch den Markt ein Marktversagen bei Vorhaben im Kernenergiebereich (zumindest in einigen Mitgliedstaaten) auszuschließen. Die Kommission stellt jedoch fest, dass die Entscheidungen über die Investition in die betreffenden Vorhaben in der Slowakei, in Frankreich und in Finnland (im Falle von Olkiluoto 3) vor der Wirtschaftskrise des Jahres 2008 und vor der Katastrophe von Fukushima getroffen wurde und dass sich beide Ereignisse erheblich auf die für die Investition relevanten Parameter hätten auswirken können. Zudem beruhen die Investitionen in Finnland auf dem Mankala-Geschäftsmodell (134), nach dem die finnischen Kapitalgeber für den gesamten erzeugten Strom einen bestimmten Preis erhalten. Das Mankala-Modell ermöglicht den zahlreichen an der investierenden Genossenschaft beteiligten Anteilseignern eine Verteilung der bestehenden Risiken, statt das mit dem Bau eines Atomkraftwerks verbundene Risiko vollständig auf einen einzigen oder wenige größere Anteilseigner zu übertragen. |
(309) |
Ungarn war der Auffassung, Paks II müsse mit dem von Fennovoima gebauten Kraftwerk Hanhikivi-1 in Finnland verglichen werden. Die Kommission stellt fest, dass das Vorhaben Hanhikivi-1 nicht nur auf einem Mankala-Modell beruht, sondern dass an diesem Vorhaben auch das mit dem Bau befasste Unternehmen Rosatom zu 34 % beteiligt ist. Die Kommission kann die beiden Vorhaben mit offenbar zumindest hinsichtlich der Beteiligungsstruktur unterschiedlichem Risikoprofil nicht vergleichen. Ungarn würde als Kapitalgeber das mit dem Vorhaben Paks II verbundene Risiko vollständig übernehmen; bei Mankala-Modellen tragen die Kapitalgeber das Risiko gemeinsam. Zudem kann sich das mit dem Bau des Kraftwerks befasste Unternehmen als unmittelbarer Anteilseigner des Vorhabens Hanhikivi-1 anders verhalten als beim Vorhaben Paks II, bei dem es ausschließlich nach Maßgabe des EPC-Vertrags, nicht aber als Kapitalgeber oder als Anteilseigner haftbar gemacht werden kann. |
(310) |
Daher dürften bereits umgesetzte Vorhaben im Kernenergiebereich keine gute Vergleichsgrundlage für die Bewertung darstellen, ob bei neuen Investitionen im Kernenergiebereich ein Marktversagen vorliegt. |
(311) |
Darüber hinaus legte Ungarn Informationen über Planungen in anderen Mitgliedstaaten zum Bau neuer Atomkraftwerke vor (Litauen, Rumänien, Bulgarien und Tschechische Republik). Diese Planungen sind jedoch entweder noch unsicher, werden hinsichtlich der erforderlichen Unterstützungsmaßnahmen und der Finanzierungsstruktur noch verhandelt (135) oder sehen eine Absicherung des Preisrisikos durch Differenzkontrakte (CfD = Contracts for Difference) vor (136). Da sich diese Planungen aber offenbar noch nicht konkretisiert haben, scheinen sie keinen verlässlichen Anhaltspunkt für die Prüfung auf das Vorliegen eines Marktversagens zu bieten. |
(312) |
In einer Studie von ICF Consulting Services im Auftrag der Generaldirektion Wirtschaft und Finanzen zur Untersuchung von Auswirkungen auf die Euratom-Darlehensfazilität (137) (im Folgenden „ICF-Studie“) wurde festgestellt, dass Vorhaben im Kernenergiebereich bestimmte besondere Merkmale aufweisen, durch die eine Finanzierung eine besondere Herausforderung darstellen kann. Zu diesen Merkmalen zählen die hohen Kapitalkosten und die technische Komplexität von Kernreaktoren und die entsprechenden verhältnismäßig hohen Risiken im Hinblick auf die Beschaffung von Genehmigungen, den Bau und den Betrieb, die langen Amortisationszeiten, die häufigen Kontroversen um Vorhaben im Kernenergiebereich und die damit verbundenen zusätzlichen politischen, öffentlichkeitsbezogenen und rechtlichen Risiken und die Notwendigkeit klarer Konzepte und Finanzierungsregelungen für die Entsorgung radioaktiver Abfälle und für die Stilllegung der Anlagen. Über die üblichen Herausforderungen bei der Finanzierung hinaus wird in der ICF-Studie festgestellt, dass mit der Entwicklung von Atomkraftwerken befasste Unternehmen von Geldgebern aufgrund der derzeitigen Marktbedingungen (d. h. der anhaltenden Folgen der weltweiten Finanzkrise des Jahres 2008, des Reaktorunglücks in Fukushima, der Schwierigkeiten der Eurozone und Basel III) verstärkt überwacht werden und dass ihnen mit größeren Bedenken begegnet wird. Infolge der Herausforderungen bei der Finanzierung sind auch die mit den Vorhaben verbundenen Risiken stärker ins Blickfeld gerückt (138). Aufgrund der Stellungnahmen von in der Studie befragten Interessenträgern gelangt die Studie zu dem Ergebnis, dass die Herausforderungen bei der Finanzierung weniger auf die mangelnde Verfügbarkeit von Finanzmitteln aus der Privatwirtschaft als vielmehr darauf zurückzuführen sind, dass die mit diesen Investitionen verbundenen Risiken im Vergleich zu alternativen Investitionsmöglichkeiten (in Infrastrukturen mit konventionellen Kraftwerken und mit erneuerbaren Energiequellen) als zu hoch empfunden werden. Die Finanzierung von Kerntechnologie sei entsprechend unattraktiv; dies habe zu einer Lücke zwischen der Höhe der erforderlichen Investitionen und der Höhe der Investitionen geführt, die der Markt zu leisten bereit sei. |
(313) |
Zu den finanziellen Risiken bei der Entwicklung neuer Vorhaben im Kernenergiebereich zählen Entwicklungsrisiken und Risiken bei der Vorbereitung von Vorhaben sowie Baurisiken, Markt- und Ertragsrisiken, politische Risiken und rechtliche Risiken. In der ICF-Studie wurde festgestellt, dass die spezifischen Risiken der Kernenergie im Vergleich zu anderen Technologien zur Stromerzeugung im Zusammenhang mit den vorgeschriebenen Sicherheitsstandards und daher höheren Baukosten und höheren operativen Kosten als bei anderen Energieträgern sowie in der Tatsache bestehen, dass der durchschnittliche Lebenszyklus eines Atomkraftwerks beträchtlich über den Zeitrahmen von Investitionen in vergleichbare Infrastrukturvorhaben hinausgeht und dass entsprechend höhere Finanzrisiken bestehen. Diese Feststellung deckt sich mit den Feststellungen der Kommission bei der Würdigung der staatlichen Beihilfe für Hinkley Point C (139). |
(314) |
Nach Auffassung der für die Studie konsultierten Interessenträger sind Marktrisiken das Haupthindernis für Investitionen im Kernenergiebereich. Hinsichtlich der Marktrisiken wird in der ICF-Studie festgestellt, dass der Bau und die Inbetriebnahme zur Erzielung von Erträgen bei Atomkraftwerken mehr Zeit in Anspruch nehmen als der Bau von Kraftwerken mit konventionellen Energieträgern, die bereits nach einer Bauzeit von drei Jahren in Betrieb genommen werden und Erträge erwirtschaften können. Eine längere Laufzeit der Anlagen bedeutet auch, dass — anders als bei kurz- bis mittelfristigen Investitionen in Kraftwerke mit konventionellen Energieträgern — die Erträge über längere Zeiträume erwirtschaftet werden. Da die Energiepreise langfristig nur schwer genau zu prognostizieren sind, gehen Kapitalgeber von Prognosen künftiger Preise für fossile Brennstoffe, vom Anteil erneuerbarer Energiequellen auf dem Markt, von der Anbindung von Strom aus erneuerbaren Energiequellen an das Stromnetz und vom künftigen CO2-Preis aus (140). Die Preise fossiler Brennstoffe werden von Markt geregelt und sind inhärent ungewiss; der CO2-Preis hingegen wird in gewissem Umfang von der Politik festgesetzt. In der ICF-Studie wird auf Unwägbarkeiten dahingehend verwiesen, ob der CO2-Preis in Zukunft hinreichend hoch sein wird, um die Wettbewerbsfähigkeit nicht fossiler Technologien einschließlich der Kerntechnologie sicherzustellen. |
(315) |
Außerdem nimmt die Kommission zur Kenntnis, dass allgemein erhebliche Unsicherheit über die langfristige Entwicklung der Strompreise auf den vorgelagerten Märkten für Gas, Kohle und Öl sowie hinsichtlich der künftigen Politik in Bezug auf erneuerbare Energiequellen, Kernenergie und Emissionshandel besteht und dass sich all diese Faktoren auf die künftigen Strompreise auswirken werden und nur schwer zu prognostizieren sind. Diese Schlussfolgerung wird auch durch den Stand ähnlicher Vorhaben in der Union bestätigt, bei denen die Unsicherheit der Ertragsentwicklung und die Gewährleistung der Erzeugungsleistung entscheidende Faktoren für Investitionsentscheidungen waren. Zur Unsicherheit hinsichtlich der künftigen Ertragsentwicklung von Atomkraftwerken mit unflexibler Grundlast kommen der gegenwärtige Trend sinkender Strompreise in Europa und der zunehmende Bedarf der Strommärkte an flexibler Erzeugungskapazität hinzu. |
(316) |
In der ICF-Studie wird zudem ein weiteres Marktrisiko hinsichtlich der Kreditwürdigkeit der mit einem Vorhaben befassten Entwickler-/Versorgungsgesellschaft und des in die Finanzierung eines Vorhabens eingebundenen Mitgliedstaats beschrieben. Die Kreditwürdigkeit wirkt sich auf die Finanzierungskosten aus, die für private Investitionen unter Umständen nicht mehr tragbar sind. |
(317) |
Außerdem wird in der ICF-Studie festgestellt, dass infolge der langen Zeiträume der Finanzierung und der ursprünglichen Planung bei Atomkraftwerken ein erhöhtes Risiko besteht, dass sich die Unterstützung durch die Politik und die Öffentlichkeit ändert; auch dies wirkt sich auf die kommerzielle und die finanzielle Tragfähigkeit von Vorhaben im Kernenergiebereich aus. Daher bemühen sich Kapitalgeber um Rückversicherungen und Gewissheit darüber, dass die Lieferverträge bzw. die vereinbarten Laufzeiten der Kraftwerke auch tatsächlich eingehalten werden. Unsicherheiten für Kapitalgeber bestehen auch im Hinblick auf rechtliche Standards, die sich während der Laufzeit eines Atomkraftwerks ändern können und die zusätzlichen Kapitalaufwand oder eine Erhöhung der operativen Kosten mit sich bringen können. Kapitalgeber sind bei der Finanzierung derartiger Vorhaben skeptisch, wenn keine hinreichenden Reserven für sicherheitsbezogene Nachrüstungen vorgesehen werden. Besonders wichtig ist dies, wenn gegen Ende der vorgesehenen Laufzeit eines Atomkraftwerks eine Laufzeitverlängerung vereinbart werden soll und eine neue Genehmigung benötigt wird, für die zusätzliche Anforderungen erfüllt werden müssen (141). Konsultierte Interessenträger bezeichneten das politische und rechtliche Risiko als drittgrößtes Hindernis für Investitionen in Atomkraftwerke. |
(318) |
Anders als bei Kraftwerken mit anderen Energieträgern kann sich der Studie zufolge bei Atomkraftwerken angesichts der erforderlichen größeren Investitionen auch die Marktliberalisierung nachteilig auf den Umfang der Investitionen auswirken. Der Rechtsrahmen in den einzelnen Mitgliedstaaten ist insoweit von Bedeutung, als er die Möglichkeiten der Versorgungsunternehmen zur Erwirtschaftung von Gewinnen und damit auch den Wert der Unternehmen und ihre Möglichkeiten zur Finanzierung der Entwicklung von Atomkraftwerken aus eigenen Mitteln oder durch langfristige Darlehen von Finanzinstituten beeinträchtigen kann. Ein weiteres Hindernis, das der Finanzierung neuer Investitionen im Kernenergiebereich entgegensteht, sind die neuen vom Basler Ausschuss für Bankenaufsicht (BCBS) festgelegten Vorschriften für Kapitalmärkte (Basel III), nach denen Banken zur Absicherung langfristiger Darlehen (z. B. Darlehen zum Bau von Atomkraftwerken) höhere Kapitaldeckungen nachweisen müssen (142). |
(319) |
Diese Ergebnisse würden sich mit den Vorbringen der ungarischen Behörden decken, in denen erläutert wird, dass Unternehmen aus der Privatwirtschaft ebenso wie staatlichen Haushalten hinsichtlich der möglichen finanziellen Belastung durch einzelne Vorhaben mit hohem Finanzierungsbedarf, langen Bauzeiten und Risiken in Bezug auf die Übergabe und die Inbetriebnahme Grenzen gesetzt seien, da kein Schutz vor Bauverzögerungen oder Kostenüberschreitungen bestehe. Im Öl- und Gassektor wird mehr investiert als bei Versorgungsunternehmen, insbesondere angesichts der in letzter Zeit gesunkenen Börsennotierungen dieser Unternehmen. Wenn überhaupt investiert wird, richten sich Versorgungsunternehmen nach dem Verhalten der Unternehmen im Öl- und Gassektor, um eine Teilung der Risiken sicherzustellen. |
(320) |
Modellrechnungen für die ICF-Studie zeigen, dass Investitionen in Atomkraftwerke bis 2030 nicht konkurrenzfähig sind; die Konkurrenzfähigkeit wird allerdings ab 2040 deutlich zunehmen. Im Worst-Case-Szenario einer rückläufigen Konjunktur wird es jedoch im gesamten Zeitraum kaum zu neuen Investitionen kommen (143). Außerdem wird in der ICF-Studie festgestellt, dass sich nach 2030 ein stärkerer Wettbewerb einstellen wird, da die CO2-Preise und die Energiepreise nach 2030 weiter steigen werden. Mithilfe von Sensitivitätsmodellen werden in der Studie die Entwicklung des CO2-Preises und der Einfluss dieses Preises auf Investitionen in Atomkraftwerke geprüft. Die Studie gelangt zu dem Ergebnis, dass Kernenergie im Zeitraum 2020-2025 bei keinem der Szenarien für den CO2-Preis rentabel sein wird. |
(321) |
Veröffentlichte Informationen von Rating-Agenturen (144) zeigen, dass der Bau neuer Atomkraftwerke allgemein nachteilig für das Rating ist, während sich das Rating von Unternehmen, die aus der Kernenergie ausgestiegen sind, positiv entwickelt hat. |
(322) |
Das Modell und die Ergebnisse der ICF-Studie sind uneingeschränkt auch auf den ungarischen Markt übertragbar, wo (wie in den Erwägungsgründen 305 und 306 erläutert) eine erhebliche Lücke in der künftigen installierten Gesamtkapazität erwartet wird. Angesichts der in Abschnitt 5.3.4 erläuterten Faktoren stellt die Kommission daher fest, dass ein Versagen des Finanzierungsmarkts vorliegt, das neue Investitionen im Kernenergiebereich beeinträchtigt, und dass dies auch für derartige Investitionen in Ungarn gilt. |
(323) |
Natürlich könnte erklärt werden, dass bei diesem Beschluss die Hauptrisiken in Verbindung mit der Entwicklung, der Vorbereitung und dem Bau des Kraftwerks durch die Vereinbarung einer schlüsselfertigen Lieferung nach Maßgabe des EPC-Vertrags zumindest in gewissem Umfang abgeschwächt wurden. Die Markt- und Ertragsrisiken sowie die politischen und die rechtlichen Risiken für das Vorhaben Paks II werden dadurch jedoch nicht verringert. Insoweit scheint die Maßnahme erforderlich zu sein, um das Ziel der Förderung neuer Investitionen im Kernenergiebereich in Ungarn zu erreichen. |
5.3.5. GEEIGNETES INSTRUMENT
(324) |
Die Kommission muss in ihrer Würdigung feststellen, ob die angemeldete Maßnahme ein geeignetes politisches Instrument zur Erreichung des in der Förderung der Kernenergie bestehenden Ziels von gemeinsamem Interesse ist. |
(325) |
Die Maßnahme besteht in einer Investition, die der ungarische Staat Paks II für die Entwicklung des Vorhabens gewährt. Ungarn bestätigte, dass es nicht beabsichtige, Paks II während des Betriebs eine Betriebsbeihilfe zu gewähren und dass sich die staatliche Beihilfe auf die Investition für die Durchführung des Vorhabens beschränkt. |
(326) |
Nach dem Einleitungsbeschluss hat Ungarn keine Informationen zu möglichen alternativen Instrumenten übermittelt, die einen Anreiz für neue Investitionen in die Kernenergie bieten könnten. |
(327) |
Angesichts der Besonderheiten des Vorhabens und der Größenordnung der erforderlichen finanziellen und sonstigen Ressourcen sowie des festgestellten potenziellen Marktversagens wären andere politische Instrumente und Regelungen wie etwa Vorzugsdarlehen oder Steuerermäßigungen nach Ansicht der Kommission nicht hinreichend, um dasselbe Ergebnis zu bewirken. |
(328) |
Daher stellt die Kommission fest, dass die Maßnahme ein geeignetes Instrument zur Unterstützung des Baus der beiden neuen Reaktorblöcke von Paks II darstellt. |
5.3.6. ANREIZWIRKUNG
(329) |
Damit von der Maßnahme eine Anreizwirkung ausgehen kann, muss sie dazu führen, dass die betreffenden Unternehmen ihr Verhalten ändern und zusätzliche Tätigkeiten aufnehmen, die sie ohne die Beihilfe nicht, nur in geringerem Umfang oder auf andere Weise ausüben würden. |
(330) |
Die Kommission stellt fest, dass Paks II ein Unternehmen ist, das vom Staat mit dem einzigen Zweck der Entwicklung und des Betriebs der Reaktorblöcke 5 und 6 des Atomkraftwerks gegründet wurde. Wie in den Erwägungsgründen 12, 26 und 27 erläutert, beschloss der ungarische Staat die Beteiligung an der Finanzierung von Paks II, um diesen Zweck zu erreichen. |
(331) |
In diesem Zusammenhang stellt die Kommission fest, dass das Vorhaben nicht durchgeführt würde, weil die erforderlichen finanziellen und sonstigen Ressourcen für den Begünstigten weder verfügbar noch zugänglich wären, weil der Begünstigte keine sonstigen Tätigkeiten ausübt, mit denen Einnahmen erwirtschaftet werden könnten, und weil die Kapitalstruktur des Begünstigten vollständig vom Staat bereitgestellt und gestaltet wurde. Dies wurde in der förmlichen Untersuchung bestätigt, in der die Kommission zu dem Schluss gelangte, dass das Vorhaben ohne die Unterstützung des ungarischen Staates keine hinreichenden Erträge erwirtschaften würde (siehe Analyse in Abschnitt 5.1.1 dieses Beschlusses). |
(332) |
Aus diesem Grund bietet die staatliche Beihilfe einen Anreiz für die Erreichung des Ziels von gemeinsamem Interesse durch den Bau des Atomkraftwerks. |
5.3.7. VERHÄLTNISMÄSSIGKEIT
(333) |
Um die Verhältnismäßigkeit einer Maßnahme zu beurteilen, muss die Kommission sicherstellen, dass sich eine Maßnahme auf das Mindestmaß beschränkt, das eine erfolgreiche Durchführung des Vorhabens zur Erreichung des verfolgten Ziels von gemeinsamem Interesse ermöglicht. |
(334) |
In dieser Sache würde dem Begünstigten eine Finanzierungsbeteiligung zum Bau von Erzeugungskapazitäten gewährt, ohne den Begünstigten mit Risiken durch Refinanzierungskosten zu belasten, die andere Marktteilnehmer zu tragen hätten. |
(335) |
In mehreren bei der Kommission eingegangenen Stellungnahmen wird erklärt, da das Vorhaben ohne Ausschreibung durchgeführt werde, könne nicht festgestellt werden, ob sich die Maßnahme zur Deckung der gesamten Kosten auf das erforderliche Mindestmaß zur Durchführung des Vorhabens beschränke. |
(336) |
Die Kommission weist darauf hin, dass nach den Beihilfevorschriften die Durchführung einer Ausschreibung zur Abschätzung von Kosten und Einnahmen nicht erforderlich ist. Eine Ausschreibung ist nur eine von mehreren Möglichkeiten zur Vornahme einer Schätzung. Dass Ungarn Paks II nicht aufgrund eines Ausschreibungsverfahrens als Begünstigten der Maßnahmen ausgewählt hat, bedeutet an sich noch nicht, dass eine Überkompensation gegeben wäre. |
(337) |
Hinsichtlich der Behauptungen, dass die ungarischen Behörden nicht ermittelt hätten, welche Unterstützung für die Durchführung des Vorhabens mindestens erforderlich sein würde, sondern sich statt dessen zur vollständigen Finanzierung des Vorhabens entschlossen habe, ist die Kommission tatsächlich zu dem Schluss gelangt, dass infolge des vorliegenden Marktversagens die Finanzierung des Baus der beiden neuen Reaktorblöcke von Paks II als staatliche Beihilfe anzusehen ist (siehe Abschnitt 5.1 in diesem Beschluss). |
(338) |
Bezüglich einer etwaigen Überkompensation des Begünstigten infolge der Maßnahme erinnert die Kommission an ihre wirtschaftliche Analyse in Abschnitt 5.1, nach der das Vorhaben ohne Unterstützung nicht wirtschaftlich wäre; da die erwirtschafteten Einnahmen die anfänglichen Kosten und die Folgekosten des Vorhabens selbst bei verhältnismäßig optimistischen Szenarien nicht decken würden, wäre nämlich davon auszugehen, dass der erwartete IRR unter dem marktüblichen WACC-Wert liegen würde. In ihrer Würdigung schätzte die Kommission den IRR auf der Grundlage von Prognosen des Marktpreises und anderer als marktüblich betrachteter Parameter. Bei der Ermittlung dieser Differenz zwischen den Kapitalkosten und den Erträgen hat die Kommission daher in vollem Umfang den voraussichtlichen Beitrag der Einnahmen aufgrund der Geschäftstätigkeit (Verkauf des Stroms) zur Wirtschaftlichkeit des Vorhabens berücksichtigt. Die erwarteten Kosten des Vorhabens wurden mit den voraussichtlichen Erträgen verglichen; Ungarn hat diesbezüglich keine zusätzlichen staatlichen Mittel vorgesehen. |
(339) |
Da die Kapitalkosten des Vorhabens höher sind als die erwarteten Erträge, ist die Kommission zu dem Ergebnis gelangt, dass die von Ungarn gewährte staatliche Beihilfe in vollem Umfang erforderlich und verhältnismäßig für die Durchführung des Vorhabens ist und dass eine Überkompensation in diesem Zusammenhang ausgeschlossen ist. Wie von Ungarn bestätigt, wird während des Betriebs keine weitere Unterstützung gewährt. |
(340) |
Wie in den Erwägungsgründen 96 und 97 erläutert, hat Ungarn zugesichert, dass für Paks II staatliche Mittel ausschließlich für das Vorhaben verwendet werden und dass etwaige Überschüsse wieder an den Staat fließen würden. Nach Ansicht der Kommission schließt diese Verpflichtung die Verwendung staatlicher Mittel aus, die zu zusätzlichen Gewinnen für Paks II über den Umfang hinaus führen würden, der zur Sicherstellung der Wirtschaftlichkeit des Begünstigten erforderlich ist; außerdem wird durch diese Verpflichtung die Beschränkung der Beihilfe auf das erforderliche Mindestmaß gewährleistet. |
(341) |
In anderen Stellungnahmen wird betont, dass sich die staatliche Beihilfe nicht nur auf die Durchführung der Investition beschränken, sondern auch während der Phase des Betriebs gewährt würde; dies könne zu einer Überkompensation von Paks II führen. Diesbezüglich erinnert die Kommission daran, dass Ungarn erklärt hat, es werde für die angemeldete Maßnahme keine weitere staatliche Unterstützung bereitstellen. Außerdem weist die Kommission darauf hin, dass nach den von Ungarn am 28. Juli 2016 übermittelten zusätzlichen Informationen jegliche weitere Unterstützung für Paks II in jedem Fall einer Genehmigung als staatliche Beihilfe bedürfte. |
(342) |
Die Kommission hat geprüft, ob es zu einer Überkompensation kommen könnte, wenn der Begünstigte der Maßnahme während des Betriebs der Reaktorblöcke Erträge erwirtschaften würde, die höher wären als von der Kommission bei ihren Berechnungen der IRR-Werte veranschlagt (siehe Abschnitt 5.1). Insbesondere hat die Kommission untersucht, was geschehen würde, wenn Paks II infolge der Beihilfe Gewinne, die nicht in Form von Dividenden an den Staat gezahlt würden, in die Schaffung oder den Kauf weiterer Erzeugungskapazitäten investieren und dadurch seine eigene Marktposition stärken würde. In diesem Zusammenhang stellt die Kommission fest, dass der Begünstigte nach den von Ungarn am 28. Juli 2016 übermittelten zusätzlichen Informationen (siehe Erwägungsgrund 96) Gewinne nicht in die Erweiterung der Kapazität oder eine Verlängerung der Laufzeit von Paks II oder in die Einrichtung zusätzlicher Erzeugungskapazitäten über die der in diesem Beschluss behandelten Reaktorblöcke 5 und 6 hinaus reinvestieren kann. |
(343) |
Angesichts der in diesem Abschnitt 5.3.7 erläuterten Sachverhalte und insbesondere in Anbetracht der zusätzlichen Informationen der Anmeldung (siehe Erwägungsgründe 96 und 97) ist die Kommission zu dem Schluss gelangt, dass der Begünstigte den Staat für die Bereitstellung des Kraftwerks entschädigen und keine Gewinne einbehalten sollte, die über den Umfang hinausgehen, der zur Gewährleistung der Wirtschaftlichkeit und des wirtschaftlichen Betriebs des Kraftwerks unbedingt erforderlich ist. Daher ist die Maßnahme als verhältnismäßig anzusehen. |
5.3.8. MÖGLICHE VERFÄLSCHUNGEN DES WETTBEWERBS UND AUSWIRKUNGEN AUF DEN HANDEL UND ALLGEMEINE ABWÄGUNGSPRÜFUNG
(344) |
Die Maßnahme kann dann als mit dem Binnenmarkt vereinbar angesehen werden, wenn die negativen Auswirkungen — beihilfebedingte Wettbewerbsverfälschungen und Beeinträchtigungen des Handels zwischen Mitgliedstaaten — begrenzt sind und die positiven Auswirkungen — in Form des Beitrags zu dem Ziel von gemeinsamem Interesse — überwiegen. Nach der Feststellung des Zwecks der Maßnahme müssen insbesondere etwaige negative Wirkungen der Maßnahme auf den Wettbewerb und den Handel minimiert werden. |
(345) |
Im Einleitungsbeschluss hat die Kommission beschrieben, wie der Wettbewerb auf dreierlei Weise beeinträchtigt werden könnte. Erstens durch eine Verstärkung einer möglichen Marktkonzentration, da das bestehende Atomkraftwerk Paks und Paks II im Eigentum derselben Eigentümerin und Betreibergesellschaft stehen würden. Zweitens hatte die Kommission Bedenken, dass die durch eine hohe Auslastung gekennzeichneten neuen Grundlastkapazitäten dem Markteintritt neuer Marktteilnehmer entgegenstehen und in der Merit Order nachrangige vorhandene teurere Erzeugungskapazitäten in gewissem Umfang verdrängen könnten. In diesem Zusammenhang hat die Kommission die folgenden Parameter untersucht: i) die potenziellen Auswirkungen der Maßnahme auf den ungarischen Markt, ii) die potenziellen grenzüberschreitenden Wirkungen, iii) die potenziellen Wirkungen des gleichzeitigen Betriebs von Paks II und des Atomkraftwerks Paks. Und schließlich wurde eine potenzielle Verfälschung insoweit festgestellt, als die Kommission zu dem Schluss gelangt war, dass Paks II zu gewissen Liquiditätsrisiken auf dem Großhandelsmarkt führen könnte, indem die Anzahl der Versorgungsangebote auf dem Markt begrenzt würde. |
5.3.8.1. Verstärkung einer möglichen Marktkonzentration
(346) |
Nachdem die Kommission im Einleitungsbeschluss Bedenken im Hinblick auf eine mögliche Marktkonzentration geäußert hatte, wurde in einigen Bemerkungen von Beteiligten ebenfalls auf einen möglichen Zusammenschluss von Paks II mit der Betreibergesellschaft der derzeit in Betrieb befindlichen vier Blöcke des Atomkraftwerks Paks hingewiesen. Diese Möglichkeit eines Zusammenschlusses wurde von der MVM-Gruppe und von Paks II jedoch ebenso verneint wie vom ungarischen Staat. |
(347) |
Die Kommission stellt fest, dass der ungarische Stromerzeugungsmarkt durch eine verhältnismäßig hohe Marktkonzentration gekennzeichnet ist, da auf das Atomkraftwerk Paks (MVM-Gruppe) etwa 50 % der inländischen Erzeugung entfallen. Diese Marktkonzentration könnte nachteilig für einen wirksamen Wettbewerb sein, da sie dem Markteintritt neuer Marktteilnehmer entgegenstehen und zu einem Liquiditätsrisiko führen könnte, indem sie die Anzahl der verfügbaren Versorgungsangebote beschränkt. |
(348) |
Die beiden neuen Kernreaktoren von Paks II sollen zu einem Zeitpunkt in Betrieb genommen werden, zu dem die vorhandenen vier Reaktorblöcke noch am Netz sein werden. Im Einleitungsbeschluss hat die Kommission darauf hingewiesen, dass dies eine verfälschende Wirkung auf den ungarischen Markt haben könnte, wenn die Betreibergesellschaften von Paks II und des Atomkraftwerks Paks nicht vollständig getrennt bleiben und als voneinander unabhängig und nicht miteinander verbunden betrachtet werden können. |
(349) |
Die Kommission erkennt an, dass Paks II von der MVM-Gruppe zurzeit rechtlich unabhängig ist. Allerdings hatte die Kommission Bedenken, dass diese rechtliche Trennung nicht hinreichend sein könnte oder dass sie ohne zusätzliche diesbezügliche Garantien nicht aufrechterhalten werden könnte. Außerdem hatte die Kommission Bedenken hinsichtlich möglicher künftiger Verbindungen von Paks II mit staatlich kontrollierten Gesellschaften im Energiesektor, die ihren Einfluss auf den ungarischen Energiemarkt hätten erhöhen können. |
(350) |
Erstens stellt die Kommission fest, dass der Zweck der ungarischen Maßnahme in der schrittweisen Ersetzung vorhandener nuklearer Kapazität im Atomkraftwerk Paks zwischen 2025 und 2037 besteht. Es wird davon ausgegangen, dass alle derzeit in Betrieb befindlichen Reaktorblöcke über einen bestimmten Zeitraum parallel zu den Reaktorblöcken von Paks II betrieben werden; dieser Zeitraum beschränkt sich jedoch auf die Jahre 2026-2032, und mit der vollständigen Abschaltung dieser nuklearen Kapazität bis 2037 würde der Marktanteil der MVM-Gruppe erheblich zurückgehen. |
(351) |
Zweitens erinnert die Kommission an das Vorbringen Ungarns (siehe Erwägungsgrund 102), dass die MVM-Gruppe und Paks II aus folgenden Gründen unabhängig voneinander und nicht miteinander verbunden seien:
|
(352) |
Außerdem bekräftigte die MVM-Gruppe erneut, dass die MVM-Gruppe und Paks II zwei getrennte Stromerzeuger und insoweit Wettbewerber wie alle anderen Unternehmen seien; daher bestehe kein Grund für die Annahme, dass Maßnahmen abgestimmt oder dass die beiden Unternehmen zusammengeführt würden. Die Strategie der MVM-Gruppe beinhalte zudem mögliche Investitionen, mit denen die MVM-Gruppe künftig im Wettbewerb mit Paks II stehen könnte. |
(353) |
Drittens erinnert die Kommission an die zusätzlichen Informationen von Ungarn (siehe Erwägungsgrund 117), nach denen Paks II sowie die Rechtsnachfolger und verbundene Gesellschaften im Sinne der Randnummern 52 und 53 der Mitteilung der Kommission zu Zuständigkeitsfragen gemäß der Fusionskontrollverordnung rechtlich und strukturell vollständig voneinander getrennt sein werden; sie würden unabhängig von der MVM-Gruppe und ihren Geschäftsbereichen, Rechtsnachfolgern und Gesellschaften sowie von anderen staatlich kontrollierten und im Bereich der Erzeugung und des Stromhandels auf dem Großkunden- und dem Endverbrauchermarkt tätigen Unternehmen verwaltet und geleitet. |
(354) |
Die Kommission stellt fest, dass mit diesen zusätzlichen Informationen ihre Bedenken hinsichtlich etwaiger künftiger Konzentrationen und Verbindungen zwischen marktbeherrschenden Verteilerunternehmen auf dem ungarischen Strommarkt vollständig ausgeräumt werden. Paks II kann nun weder mit der MVM-Gruppe noch mit anderen staatlich kontrollierten Energieversorgungsunternehmen verbunden werden, und insoweit ist ausgeschlossen, dass die MVM-Gruppe ihren Markteinfluss während der Laufzeit der derzeit in Betrieb befindlichen vier Reaktorblöcke des Atomkraftwerks Paks und darüber hinaus verstärken könnte. |
5.3.8.2. Markteintrittshindernis für neue Marktteilnehmer
(355) |
Hinsichtlich der Bedenken der Kommission, dass die neuen Kapazitäten ein Hindernis für den Markteintritt neuer Marktteilnehmer darstellen könnten, wurde in einigen Stellungnahmen betont, dass Atomkraftwerke gebaut würden, um eine hohe Grundlastkapazität zu schaffen; diese werde bei der Versorgung des Stromnetzes vorrangig berücksichtigt; außerdem seien sie auf dem Markt wegen ihrer niedrigen operativen Kosten als Anbieter besser aufgestellt. |
(356) |
Die Kommission hat die wettbewerbsbezogenen Auswirkungen der Maßnahme auf andere Marktteilnehmer auf dem ungarischen Markt und auf benachbarten Märkten geprüft. Insbesondere hat sie den Zeitraum des gleichzeitigen Betriebs der derzeit in Betrieb befindlichen vier Reaktorblöcke des Atomkraftwerks Paks und von Paks II (voraussichtlich zwischen 2026 und 2032) untersucht. |
a) Die potenziellen Auswirkungen der Maßnahme auf den ungarischen Markt
(357) |
Die Kommission ruft in Erinnerung, dass der Betrieb der Reaktorblöcke 5 und 6 in Paks II den Kapazitätsverlust infolge der schrittweisen Abschaltung der Reaktorblöcke 1-4 des Atomkraftwerks Paks bis Ende 2032 bzw. 2034, 2036 und 2037 ausgleichen soll, wobei eine weitere Laufzeitverlängerung nicht vorgesehen ist (siehe Erwägungsgrund 10). Die beiden neuen Reaktorblöcke 5 und 6 in Paks II sollen in den Jahren 2025 und 2026 ans Netz gehen. Von dieser Entwicklung nuklearer Kapazitäten wird auch in der Studie von MAVIR aus dem Jahr 2016 ausgegangen (siehe Erwägungsgrund 20). |
(358) |
Die Kommission erinnert daran, dass der derzeit im Atomkraftwerk Paks erzeugte Strom 36 % des gesamten Stromverbrauchs in Ungarn deckt; dieser Deckungsgrad wird angesichts der erwarteten Zunahme der Nachfrage (siehe Erwägungsgrund 50) abnehmen; nach dem Abschalten des Atomkraftwerks Paks wird davon ausgegangen, dass in Paks II in ähnlichem Umfang Strom erzeugt wird. |
(359) |
Da mit dem Vorhaben Paks II ein Kapazitätsausgleich geschaffen werden soll, stellt die Kommission fest, dass — wenn im Jahr 2037 alle vier Reaktorblöcke des Atomkraftwerks Paks abgeschaltet sein werden — die prognostizierte Lücke der vom Übertragungsnetzbetreiber erwarteten installierten Gesamtkapazität in Ungarn (siehe Erwägungsgrund 50) wieder den früheren Umfang erreichen würde (siehe auch Abbildung 7 in Erwägungsgrund 108), d. h., die Kapazität von Paks II (2,4 GW) wird langfristig nicht zu einer Erhöhung der installierten nuklearen Gesamtkapazität in Ungarn führen. |
(360) |
Die Kommission stellt ferner fest, dass die Liste der bereits in der Durchführungsphase befindlichen Investitionen sowie der genehmigten neuen Investitionen in Kraftwerksanlagen eher kurz ist (siehe Tabelle 2 in Erwägungsgrund 51). Angesichts dieser Daten ist die Kommission zu dem Schluss gelangt, dass Ungarn nach dem Abschalten der vier Reaktorblöcke des derzeit in Betrieb befindlichen Atomkraftwerks Paks weiterhin ein Nettoimporteur mit erheblichem Importbedarf bleiben wird. |
(361) |
Wie in Erwägungsgrund 93 erläutert, hat Ungarn vorgetragen, dass der NERA-Studie zufolge ohne die angemeldete Maßnahme die für Paks II vorgesehene Leistung von 2,4 GW von kommerziellen OCGT und GuD erzeugt würde. Selbst mit Paks II bestünde auf dem Markt noch Bedarf an weiteren mit Gas oder sonstigen Energieträgern betriebenen Kraftwerken. Der NERA-Studie zufolge würde Ungarn bei der kontrafaktischen Fallkonstellation der Energieerzeugung aus Gas auch bei einer Ersetzung der Kapazität von Paks II durch neue Gaskapazitäten in Ungarn in hohem Maße von Stromimporten abhängig bleiben. |
(362) |
Hinsichtlich des Baus von auf anderen denkbaren Technologien beruhenden Kraftwerken ergänzend zu Paks II erinnert die Kommission an die Erklärung Ungarns, dass die gegenwärtigen und die historischen Entscheidungen über die Einführung von Kraftwerken auf Basis erneuerbarer Energiequellen weniger von den Marktpreisen als vielmehr entscheidend vom Bestehen staatlicher Subventionsprogramme abhängen (siehe Erwägungsgrund 107 Buchstabe a). Die Kommission nimmt zur Kenntnis, dass die nationale Energiestrategie Ungarns (145) nach dem Klima- und Energiepaket 2020 der Kommission (146), den nationalen Zielvorgaben der Erneuerbare-Energien-Richtlinie (147) und den Schlüsselzielen des Rahmens für die Klima- und Energiepolitik bis 2030 (148) die Nutzung erneuerbarer Energiequellen vorsieht. Außerdem stellt die Kommission fest, dass die variablen Kosten (149) von auf erneuerbaren Energiequellen beruhenden Technologien traditionell geringer sind als die variablen Kosten der Kerntechnologie, da diese Technologien nicht von Brennstoffen abhängen. Angesichts der genannten europäischen und nationalen Ziele im Hinblick auf erneuerbare Energiequellen ist zudem festzustellen, dass Ungarn bezüglich der Einrichtung von Mechanismen, mit denen die Einbindung neuer, mit erneuerbaren Energiequellen betriebener Kraftwerke in das Stromnetz gefördert werden soll, keine Sonderstellung einnimmt. Teile des ungarischen Programms zur Förderung erneuerbarer Energiequellen (METÁR) werden seit Januar 2017 durchgeführt (150); andere Teile des Programms, die für größere Unternehmen von Bedeutung sind, die Strom aus erneuerbaren Energiequellen erzeugen, werden derzeit von der Kommission noch auf das Vorliegen staatlicher Beihilfen geprüft. |
(363) |
Die Kommission erinnert daran, dass die derzeit in Betrieb befindlichen Kohle-(Braunkohle-)Kraftwerke (siehe Abbildungen 1 und 2 in Erwägungsgrund 43) der Untersuchung von MAVIR von 2016 zufolge (siehe Erwägungsgrund 20) zwischen 2025 und 2030 schrittweise vom Netz genommen werden; infolge der Abschaltungen könnten weitere Anlagen ans Netz gehen, insbesondere da die in Erwägungsgrund 362 genannten und zur kontinuierlichen Stromerzeugung nicht geeigneten Technologien die Verfügbarkeit ergänzender flexibler Kapazitäten voraussetzen würden. |
(364) |
Die ungarische Maßnahme ist als Investitionsbeihilfe ausgelegt, und eine Betriebsbeihilfe nach dem Anfahren der Reaktorblöcke wird für Paks II nicht gewährt; daher werden für das Kraftwerk die üblichen Marktrisiken bestehen. |
(365) |
Die Strompreise werden hauptsächlich durch die Grenzkosten der auf einem bestimmten Markt tätigen Erzeuger bestimmt. Technologien aufgrund erneuerbarer Energiequellen sind durch geringe Grenzkosten gekennzeichnet, da für den Betrieb meist keine Brennstoffkosten anfallen. Auch in der Kerntechnologie sind die Betriebskosten gering, und Atomkraftwerke folgen in der so genannten Merit Order nach den mit erneuerbaren Energiequellen betriebenen Anlagen. Bei Kohlekraftwerken sind die Grenzkosten wegen der Brennstoffkosten in der Regel höher als bei Atomkraftwerken; wegen der geringen Preise von Emissionszertifikaten liegen die Betriebskosten eines Kohlekraftwerks jedoch typischerweise unter denen eines GuD. Technologien mit höheren operativen Kosten können also zu Preissteigerungen führen; daher wird davon ausgegangen, dass die Nutzung der Kernenergie im Energiemix an sich nicht zu höheren Strompreisen in Ungarn führen wird und dass die Kerntechnologie eher ein Preisnehmer als ein Preissetzer sein wird. |
b) Potenzielle grenzüberschreitende Auswirkungen der Maßnahme
(366) |
Ungarn und mehrere Beteiligte haben darauf hingewiesen, dass der zu bewertende Energiemarkt sich hauptsächlich wegen der guten Anbindung an andere Stromnetze nicht auf das Territorium eines einzelnen Staates beschränkt und dass die Maßnahme mit Wettbewerbsverfälschungen einhergehen würde, die zumindest Mitgliedstaaten in der Nähe Ungarns betreffen würden. |
(367) |
Die Kommission stellt fest, dass die Ein- und Ausfuhrbilanz Ungarns im Bereich des Stromhandels gegenüber fast allen benachbarten Mitgliedstaaten negativ ist (siehe Abbildung 5 in Erwägungsgrund 49 dieses Beschlusses). Außerdem stellt die Kommission fest, dass Ungarn insgesamt ein Nettoimporteur ist; nach Abbildung 1 in Erwägungsgrund 43 wurden 2015 fast 30 % bzw. 13 TWh der ungarischen Nachfrage durch Importe gedeckt. Die Kommission erinnert daran, dass 2014 im gleichen Umfang importiert wurde (siehe Abbildung 2 in Erwägungsgrund 43 des Einleitungsbeschlusses). |
(368) |
Die Kommission stellt ferner fest, dass der ungarische Strommarkt innerhalb der europäischen Union hoch integriert ist und dass die Verbindungskapazität bei etwa 75 % der gesamten in Ungarn installierten Erzeugungskapazität liegt. Wie aus den Tabellen 4 und 5 in Erwägungsgrund 105 ersichtlich, werden sich die Verbindungskapazitäten bis 2030 beträchtlich erhöhen; daher werden die Handelsströme auch weiterhin den ungarischen Preisraum erreichen. |
(369) |
Dies wurde in Erwägungsgrund 365 auch im grenzüberschreitenden Zusammenhang erläutert. Durch den Bau von Paks II wird künftig Preisdruck auf den ungarischen Markt ausgeübt, da die Grenzkosten der mit Paks II erzeugten Energie im Vergleich zu alternativen OCGT- oder GuD-Kapazitäten, die nach Auffassung von NERA ansonsten geschaffen werden müssten, vergleichsweise gering sind. Die NERA-Studie hat allerdings gezeigt, dass Paks II weiterhin ein Preisnehmer sein wird, und die Preise in Ungarn werden bedingt durch andere Kraftwerke auch weiterhin auf eher hohem Niveau liegen. Daher werden Importe nach Ungarn auch in Zukunft rentabel sein. |
(370) |
Die Kommission hat die Vorbringen Ungarns bezüglich möglicher Wirkungen von Paks II auf den Markt in einem umfassenderen Zusammenhang berücksichtigt. Wie in Erwägungsgrund 112 erläutert, zeigt die von NERA vorgenommene Bewertung der unmittelbar benachbarten Märkte, an die Ungarn zurzeit gekoppelt ist (Ungarn, Slowakei und Rumänien), dass die gemeinsamen Marktanteile der MVM-Gruppe und von Paks II auf dem gekoppelten Markt Ungarns, der Slowakei und Rumäniens, nicht mehr als 20 % betragen würden (siehe Abbildung 10 in Erwägungsgrund 112). |
(371) |
Die Wirkungen der neuen Reaktorblöcke in Paks II auf andere benachbarte Märkte dürften weniger erheblich sein, da mit den betreffenden Preiszonen keine Marktkopplung besteht und da die (bestehenden und geplanten) Verbindungskapazitäten mit diesen Mitgliedstaaten einen begrenzteren Umfang haben (siehe Tabellen 3 und 4). |
c) Die potenziellen Wirkungen eines gleichzeitigen Betriebs des Atomkraftwerks Paks und von Paks II
(372) |
Wie in den Erwägungsgründen 98-99 und in den Erwägungsgründen 241-244 erläutert, kommt es beim Bau von Atomkraftwerken aus mehreren Gründen leicht zu Bauverzögerungen und damit zu längeren Bauzeiten. Die Kommission erkennt an, dass bei der Durchführung des Vorhabens gemessen am ursprünglichen Zeitplan bereits eine erhebliche Verzögerung eingetreten ist, […] Wie aus Tabelle 3 in Erwägungsgrund 99 hervorgeht, kam es bei der von JSC NIAEP angebotenen Technologie in Russland (dem Stammmarkt des Auftragnehmers, auf dem das Unternehmen die meisten Kraftwerke gebaut hat) bereits zu einer durchschnittlichen Verzögerung von zwei Jahren. Diese Verzögerungen sind deutlich größer, wenn ein Vorhaben außerhalb Russlands durchgeführt wird (in Indien beispielsweise bis zu sieben Jahre). Ungarn erklärt, Paks II solle in der EU das erste Atomkraftwerk mit WWER-III+-Technologie sein; bei diesem Kraftwerkstyp würden die höchsten Anforderungen an die nukleare Sicherheit erfüllt, und die Teile des Vorhabens, die nicht aus technischen Gründen ausgenommen sind, würden nach Maßgabe der Vorschriften für die Auftragsvergabe in der EU beschafft. Vernünftigerweise wird davon ausgegangen, dass dies zu weiteren Verzögerungen führen könne. Daher dürfte sich nach Auffassung der Kommission der ursprünglich vorgesehene Zeitraum von sechs Jahren des gleichzeitigen Betriebs aller vier Reaktorblöcke des Atomkraftwerks Paks mit den beiden Reaktorblöcken in Paks II erheblich verkürzen. Angesichts der Ziele der Versorgungssicherheit und der Notwendigkeit einer sorgfältigen Vorbereitung der Stilllegung der Reaktorblöcke des Atomkraftwerks Paks und in Anbetracht der Tatsache, dass mehr als 50 % des in Ungarn erzeugten Stroms mit Kernenergie erzeugt werden, könnte eine bestimmte Überschneidung des Betriebs der vorhandenen und der neuen Reaktorblöcke — realistisch betrachtet aus den oben genannten Gründen zeitlich eher beschränkt — als verhältnismäßig bewertet werden. |
(373) |
In jedem Fall erinnert die Kommission an die Ergebnisse der NERA-Studie (siehe insbesondere Abbildung 7 in Erwägungsgrund 108), nach denen selbst bei gleichzeitigem Betrieb des Atomkraftwerks Paks und von Paks II (zwischen 2025 und 2037) die erwartete Zunahme der nationalen Spitzennachfrage nicht allein durch Kraftwerke in Ungarn gedeckt werden, da auch die Gesamtleistung der zusätzlichen mit erneuerbaren Energiequellen und mit Gas betriebenen Kraftwerke zusammen mit der Erzeugung aus Kernenergie unterhalb der prognostizierten Nachfrage in Ungarn liegen würde (in Abbildung 7 mit einer schwarzen Kurve dargestellt). Der Studie zufolge ist dies im Wesentlichen darauf zurückzuführen, dass in Ungarn gegenwärtig eine Versorgungslücke besteht und Ungarn in erheblichem Umfang Strom importieren muss. NERA erläutert, dass dieses Defizit sich zwischen 2015 und 2025 noch erhöhen werde, da der Strombedarf in Ungarn bis 2040 noch erheblich zunehmen dürfte und da das zweitgrößte kontinuierlich in Betrieb befindliche ungarische Kraftwerk (Mátra — siehe Abbildungen 1 und 2 in Erwägungsgrund 43) der Studie des Netzbetreibers zufolge zwischen 2025 und 2030 vom Netz genommen werden soll (siehe Erwägungsgrund 20). |
(374) |
Aus diesem Grund sowie um die Stabilität des Systems bei den erwarteten Kapazitätsdefiziten sicherzustellen, wird das System ungarische oder importierte Kapazitäten zusätzlich zu den genannten Kapazitäten aus mit Kernenergie, erneuerbaren Energiequellen und Gas betriebenen Kraftwerken benötigen. Zusätzliche Kapazitäten sind auch für die Bildung der von ENTSO-E vorgeschriebenen Reserve (siehe Erwägungsgrund 50) erforderlich. |
(375) |
Darüber hinaus erinnert die Kommission daran, dass die derzeit bereits ausgeprägten Verbindungen Ungarns mit benachbarten Ländern wie in Erwägungsgrund 105 erläutert, durch neue Verbindungsleitungen mit der Slowakei (2 × 400 kV und 1 × 400 kV) und mit Slowenien (1 × 400 kV) weiter ausgebaut werden; diese Verbindungsleitungen sollen zwischen 2016 und 2021, d. h. deutlich bevor Paks II ans Netz geht, in Betrieb genommen werden. Die Kommission stellt fest, dass diese von Ungarn genannten neuen Verbindungsleitungen grenzüberschreitende Handelsströme verbessern und insbesondere Importe erleichtern dürften. |
(376) |
Wie in Erwägungsgrund 369 erläutert, berücksichtigte die Kommission auch die Ergebnisse der NERA-Studie, nach denen die Kerntechnologie selbst während der sich überschneidenden Laufzeiten des Atomkraftwerks Paks und von Paks II weiterhin eher ein Preisnehmer als ein Preissetzer sein dürfte; die Wahrscheinlichkeit, dass sich die Kerntechnologie zu einer preissetzenden Technologie entwickeln könnte, wird immer unter 5 % liegen (siehe Abbildung 11 in Erwägungsgrund 113). |
5.3.8.3. Liquiditätsrisiko für den Großhandelsmarkt
(377) |
Wie in Abschnitt 2.6 erläutert, werden Geschäfte auf dem ungarischen Stromgroßhandelsmarkt meist in Form bilateraler Stromliefervereinbarungen getätigt, und an der HUPX wurde noch keine angemessene Liquidität erreicht. Die Kommission hatte anfänglich Bedenken, dass die Märkte bei einem Szenario, bei dem ein marktbeherrschender Anbieter (MVM Partner) und neue Erzeugungskapazität in beträchtlichem Umfang (Paks II) von einem einzigen Eigentümer kontrolliert würden (nämlich dem ungarischen Staat), an Liquidität verlieren könnten, da die beteiligten Marktteilnehmer die Lieferangebote verknappen könnten. |
(378) |
Außerdem stellt die Kommission fest, dass je nachdem, wie der in den neuen Reaktoren erzeugte Strom auf dem Markt verkauft wird, die Liquidität erheblich beeinträchtigt werden könnte und die Kosten für nachgelagerte Wettbewerber erhöht werden könnten, da deren Zugang zu einem wichtigen Input beschränkt werden könnte (Marktabschottung auf Vorleistungsebene). Dies wäre etwa dann denkbar, wenn der von Paks II erzeugte Strom hauptsächlich nach Maßgabe langfristiger Liefervereinbarungen nur an bestimmte Versorger verkauft und auf diese Weise die Marktmacht von Paks II vom Erzeugungsmarkt auf den Endkundenmarkt übertragen würde. |
(379) |
Der Ausschluss von Verbindungen von Paks II zu in staatlichem Eigentum stehenden Marktteilnehmern auf dem Endverbrauchermarkt hat dazu beigetragen, die Bedenken der Kommission in gewissem Umfang zu zerstreuen (siehe Erwägungsgrund 353). |
(380) |
Die Kommission stellt fest, dass Ungarn bezüglich des Verkaufs von Strom aus Paks II erläutert (siehe Erwägungsgrund 118), dass die von Paks II verfolgte Strategie zum Verkauf des erzeugten Stroms eine marktübliche, auf Gewinnmaximierung gerichtete Handelsstrategie sei, die mit kommerziellen Handelsvereinbarungen aufgrund von Geboten auf einer transparenten Handelsplattform oder Börse betrieben werde. |
(381) |
Insbesondere hat Ungarn bestätigt, dass sich eine derartige Handelsstrategie (unter Ausschluss des Eigenverbrauchs in Paks II) wie folgt gestalten würde:
|
(382) |
Die Kommission stellt zudem fest, dass Ungarn gewährleisten würde, dass Kauf- und Verkaufsangebote für alle zugelassenen oder registrierten Händler zu denselben Marktbedingungen auf der von Paks II zu betreibenden Auktionsplattform zugänglich sind und dass das Clearing-System auf dieser Plattform überprüfbar und transparent ist. Bezüglich der Endverwendung des gekauften Stroms würden keinerlei Auflagen verfügt. |
(383) |
Insoweit wurde sichergestellt, dass der in Paks II erzeugte Strom auf dem Großhandelsmarkt für alle Marktteilnehmer in transparenter Weise verfügbar ist und dass keine Gefahr besteht, dass der von Paks II erzeugte Strom langfristigen Monopolvereinbarungen unterworfen würde und somit ein Risiko für die Marktliquidität bestehen würde. |
(384) |
Daher stellt die Kommission fest, dass die Maßnahme so wie sie gegenwärtig ausgelegt ist, nur untergeordnete Risiken für die Marktliquidität mit sich bringen würde. |
5.3.8.4. Schlussfolgerung zur Verfälschung des Wettbewerbs und zur allgemeinen Abwägungsprüfung
(385) |
Nach einer sorgfältigen Würdigung in Abschnitt 5.3 dieses Beschlusses erkennt die Kommission an, dass die Maßnahme auf die Förderung neuer Investitionen im Kernenergiebereich abzielt; insoweit verfolgt sie ein im Euratom-Vertrag verankertes Ziel von gemeinsamem Interesse; gleichzeitig trägt sie zur Versorgungssicherheit bei. |
(386) |
Bei der Gewährung der Beihilfe wird die Verhältnismäßigkeit gewahrt. Ungarn stellt sicher, dass Paks II den Staat für die neuen Kraftwerksblöcke entschädigt und dass Paks II keine zusätzlichen Gewinne einbehält, die über den Umfang hinausgehen, der zur Gewährleistung der Wirtschaftlichkeit und des wirtschaftlichen Betriebs des Kraftwerks unbedingt erforderlich ist. Außerdem stellt die Kommission fest, dass die vom Begünstigten erwirtschafteten Gewinne nicht reinvestiert werden, um ohne beihilferechtliche Genehmigung die Kapazität von Paks II zu erweitern oder um neue Erzeugungskapazitäten zu kaufen oder zu schaffen. |
(387) |
Darüber hinaus hat die Kommission geprüft, ob die Maßnahme insbesondere im begrenzten Zeitraum des gleichzeitigen Betriebs von Paks II und des Atomkraftwerks Paks einem Markteintritt von Erzeugungskapazitäten entgegenstehen könnte, die auf anderen Technologien beruhen. Die Kommission ist zu dem Schluss gelangt, dass ein etwaiges Markteintrittshindernis dadurch begrenzt wäre, dass die Lücke der vom Netzbetreiber ermittelten künftigen installierten Gesamtkapazität die Durchdringung des Marktes mit anderen Erzeugungstechnologien (sowohl unter Nutzung sowohl erneuerbarer Energiequellen als auch CO2-intensiver Energieträger) unabhängig vom Bau von Paks II ermöglichen würde. |
(388) |
Die Kommission hat auch mögliche grenzüberschreitende Wirkungen der Maßnahme geprüft; da Paks II jedoch einen ähnlichen Umfang hat wie die vier derzeit in Betrieb befindlichen Blöcke des Atomkraftwerks Paks, werden größere grenzüberschreitende Wirkungen selbst angesichts der guten Verbindungen Ungarns zu benachbarten Netzen nicht erwartet, da Ungarn weiterhin ein Nettoimporteur und einer der teuersten Anbieter bleiben wird. Über den auch in Zukunft zu erwartenden Importüberschuss Ungarns hinaus stellt die Kommission fest, dass Paks II wegen der Entfernungen und wegen netzbedingter Sachzwänge, die in Ungarn erzeugten Strom für weiter entfernte Regionen nochmals verteuern würden, nur begrenzte Wirkungen auf den Strompreis in Regionen außerhalb der unmittelbar an Ungarn angrenzenden Regionen hätte. |
(389) |
Die Kommission nahm ferner die Feststellung zur Kenntnis, dass während des Zeitraums des gleichzeitigen Betriebs von Paks II und des Atomkraftwerks Paks, der kürzer sein dürfte als ursprünglich vorgesehen, die zunehmende nationale Spitzennachfrage allein durch ungarische Kraftwerke nicht gedeckt werden kann. |
(390) |
Die Kommission bekräftigt erneut, dass andere mögliche Verfälschungen des Marktes, beispielsweise infolge einer möglichen Marktkonzentration sowie durch die mangelnde Liquidität des Marktes durch die Bestätigungen Ungarns vom 28. Juli 2016 minimiert wurden. |
(391) |
Daher ist die Kommission zu dem Schluss gelangt, dass grundsätzlich nur begrenzte Wettbewerbsverfälschungen in Betracht kommen und dass diese Verfälschungen durch das ermittelte Ziel von gemeinsamem Interesse ausgeglichen werden; dieses Ziel wird insbesondere angesichts der Zusagen Ungarns vom 28. Juli 2016 in verhältnismäßiger Weise erreicht. |
6. SCHLUSSFOLGERUNG
(392) |
In Anbetracht dieser Erwägungen stellt die Kommission fest, dass die von Ungarn angemeldete Maßnahme eine staatliche Beihilfe beinhaltet, die in der von Ungarn am 28. Juli 2016 geänderten Form nach Artikel 107 Absatz 3 Buchstabe c AEUV mit dem Binnenmarkt vereinbar ist — |
HAT FOLGENDEN BESCHLUSS ERLASSEN:
Artikel 1
Die Maßnahme, die Ungarn zur finanziellen Unterstützung des Baus der beiden neuen Kernreaktoren zugunsten des Unternehmens MVM Paks II Nuclear Power Plant Development Private Company Limited by Shares („Paks II“) durchzuführen beabsichtigt, das auch Eigentümerin und Betreibergesellschaft dieser Kernreaktoren wäre, wird vollständig vom ungarischen Staat finanziert und ist als staatliche Beihilfe einzustufen.
Artikel 2
Die Maßnahme ist vorbehaltlich der Bestimmungen des Artikels 3 mit dem Binnenmarkt vereinbar.
Artikel 3
Ungarn gewährleistet, dass Paks II sämtliche Gewinne aufgrund des Betriebs der Blöcke 5 und 6 von Paks II ausschließlich für folgende Zwecke verwendet:
a) |
für das Vorhaben Paks II („Vorhaben“), d. h. für die Entwicklung, die Finanzierung, den Bau, die Inbetriebnahme, den Betrieb und die Instandhaltung, Modernisierungen, die Entsorgung von Abfällen und die Stilllegung der beiden neuen WWER-Reaktorblöcke 5 und 6 im Atomkraftwerk Paks II in Ungarn, wobei Gewinne nicht zur Finanzierung von Investitionen in Tätigkeiten verwendet werden, die nicht dem oben beschriebenen Vorhaben zuzurechnen sind, und |
b) |
zur Abführung an den ungarischen Staat (beispielsweise in Form von Dividenden). |
Ungarn stellt zudem sicher, dass Paks II keine (Re-)Investitionen für die Ausweitung der Kapazität oder der Laufzeit von Paks II bzw. für die Installation weiterer Erzeugungskapazitäten über die Kapazitäten der Reaktorblöcke 5 und 6 von Paks II hinaus vornimmt. Derartige neue Investitionen bedürften gegebenenfalls einer eigenen beihilferechtlichen Genehmigung.
Bezüglich des Verkaufs von Strom aus Paks II gewährleistet Ungarn, dass die von Paks II verfolgte Strategie zum Verkauf des erzeugten Stroms eine marktübliche, auf Gewinnmaximierung gerichtete Handelsstrategie ist, die mit kommerziellen Handelsvereinbarungen aufgrund von Geboten auf einer transparenten Handelsplattform oder Börse betrieben wird. Die Strategie zum Handel mit dem in Paks II erzeugten Strom (ausgenommen den Eigenverbrauch von Paks II) gestaltet sich wie folgt:
|
Ebene 1: Paks II verkauft mindestens 30 % des insgesamt erzeugten Stroms auf dem Day-Ahead-Markt, dem Intraday-Markt und dem Future-Markt der ungarischen Strombörse (HUPX). Vorbehaltlich der Zustimmung der Kommissionsdienststellen innerhalb von zwei Wochen nach Stellung eines entsprechenden Antrags der ungarischen Behörden kann auch an anderen vergleichbaren Strombörsen gehandelt werden. |
|
Ebene 2 Den übrigen in Paks II erzeugten Strom verkauft Paks II in Auktionen zu objektiven, transparenten und diskriminierungsfreien Bedingungen. Die Bedingungen für diese Auktionen werden von der ungarischen Regulierungsbehörde für die Energiewirtschaft festgelegt — ähnlich den Auktionsvorschriften, die für MVM Partner verfügt wurden [(Beschluss 741/2011 der ungarischen Regulierungsbehörde)]. Die ungarische Regulierungsbehörde überwacht auch die Durchführung dieser Auktionen. |
Ungarn gewährleistet, dass die Auktionsplattform für diese Ebene 2 von Paks II betrieben wird und sichergestellt ist, dass für Kauf- und Verkaufsangebote bei allen zugelassenen oder eingetragenen Händlern die gleichen Marktbedingungen gelten. Das Clearing-System auf dieser Plattform ist überprüfbar und transparent. Bezüglich der Endverwendung des gekauften Stroms wird es keinerlei Auflagen geben.
Ungarn verpflichtet sich zu gewährleisten, dass Paks II sowie die Rechtsnachfolger und verbundene Gesellschaften rechtlich und strukturell vollständig voneinander getrennt sind, dass sie autonome Entscheidungsbefugnisse im Sinne der Nummern 52 und 53 der Mitteilung der Kommission zu Zuständigkeitsfragen gemäß der Fusionskontrollverordnung (151) besitzen und unabhängig von der MVM-Gruppe und ihren Geschäftsbereichen, Rechtsnachfolgern und Gesellschaften sowie von anderen staatlich kontrollierten und im Bereich der Erzeugung und des Stromhandels auf dem Großkunden- und dem Endverbrauchermarkt tätigen Unternehmen verwaltet und geleitet werden.
Artikel 4
Ungarn übermittelt der Kommission Jahresberichte über die Erfüllung der in Artikel 3 genannten Verpflichtungen. Der erste Bericht wird einen Monat nach dem Stichtag des ersten Finanzjahres des Geschäftsbetriebs von Paks II vorgelegt.
Brüssel, den 6. März 2017
Für die Kommission
Margrethe VESTAGER
Mitglied der Kommission
(1) ABl. C 8 vom 12.1.2016, S. 2.
(2) Siehe Fußnote 1.
(3) Abkommen zwischen der Russischen Föderation und der Regierung Ungarns über die Zusammenarbeit bei der friedlichen Nutzung von Kernenergie, geschlossen am 14. Januar 2014 und ratifiziert in Ungarn durch Gesetz II (2014) des ungarischen Parlaments (2014. évi II. törvény a Magyarország Kormánya és az Oroszországi Föderáció Kormánya közötti nukleáris energia békés célú felhasználása terén folytatandó együttműködésről szóló Egyezmény kihirdetéséről).
(4) Ungarn geht von einer Nettokapazität von 1 180 MW pro Reaktorblock aus.
(5) Artikel 3 des IGA.
(1) Regierungsbeschluss 1429/2014. (VII. 31.) [A Kormány 1429/2014. (VII. 31.) Korm. Határozata a Magyarország Kormánya és az Oroszországi Föderáció Kormánya közötti nukleáris energia békés célú felhasználása terén folytatandó együttműködésről szóló Egyezmény kihirdetéséről szóló 2014. évi II. törvény szerinti Magyar Kijelölt Szervezet kijelölése érdekében szükséges intézkedésről].
(6) Artikel 8 des IGA.
(7) Abkommen zwischen der Regierung der Regierung der Russischen Föderation und der Regierung Ungarns über die Verlängerung des staatlichen Kredits für die Regierung Ungarns zur Finanzierung des Baus eines Atomkraftwerks in Ungarn, geschlossen am 28. März 2014.
(8) Nähere Informationen zur MVM-Gruppe sind Erwägungsgrund 18 des Einleitungsbeschlusses zu entnehmen.
(9) Data of the Hungarian Electricity System (Daten zum ungarischen Stromnetz) (Mavir, 2014): https://www.mavir.hu/documents/10262/160379/VER_2014.pdf/a0d9fe66-e8a0-4d17-abc2-3506612f83df, Zugriff am 26. Oktober 2015.
(10) 25/2009. (IV.4.) OGY Határozat a paksi bővítés előkészítéséről.
(11) Nationale Energiestrategie (Ministerium für nationale Entwicklung, Ungarn, 2011):
http://2010-2014.kormany.hu/download/7/d7/70000/Hungarian%20Energy%20Strategy%202030.pdf.
(12) A magyar villamosenergia-rendszer közép- és hosszú távú forrásoldali kapacitásfejlesztése (Mittel- und langfristige Entwicklung der Erzeugungskapazität im ungarischen Stromnetz):
https://www.mavir.hu/documents/10258/15461/Forr%C3%A1selemz%C3%A9s_2016.pdf/462e9f51-cd6b-45be-b673-6f6afea6f84a (MAVIR, 2016).
(13) Dekret des Ministers für nationale Entwicklung Nr. 45/2014. (XI.14.) [45/2014. (XI.14.) NFM rendelet az MVM Paks II. Atomerőmű Fejlesztő Zártkörűen Működő Részvénytársaság felett az államot megillető tulajdonosi jogok és kötelezettségek összességét gyakorló szervezet kijelöléséről].
(14) Artikel 9 des zwischenstaatlichen Abkommens.
(15) 3,95 % bis zum ersten Tag der Rückzahlung und anschließend über die nächsten 21 Jahre zwischen 4,50 % und 4,95 %.
(16) In Zeitspannen von jeweils sieben Jahren: 25 %, 35 % bzw. 40 % des tatsächlich in Anspruch genommenen Teilbetrags des Darlehens.
(*1) Verschlusssache/Geschäftsgeheimnis.
(17) […]
(18) Als Vertragsstrafe wird eine von den Parteien eines Vertrags vereinbarte Strafzahlung bezeichnet, die bei Verletzung bestimmter im Vertrag vereinbarter Pflichten als Entschädigung zu zahlen ist.
(19) Siehe Beschluss Nr. 747/2011 der Ungarischen Energiebehörde vom 14. Oktober 2011.
(20) „Többi nagyerőmű“ bedeutet „Andere große Kraftwerke“ und „kiserőművek“„Kleine Kraftwerke“.
(21) Länderbericht zur Energieversorgung Ungarns (Europäische Kommission — 2014): https://ec.europa.eu/energy/sites/ener/files/documents/2014_countryreports_hungary.pdf, Zugriff am 26. Oktober 2015.
(22) A magyar villamosenergia-rendszer közép- és hosszú távú forrásoldali kapacitásfejlesztése (Mittel- und langfristige Entwicklung der Erzeugungskapazität im ungarischen Stromnetz): https://www.mavir.hu/documents/10258/15461/Forr%C3%A1selemz%C3%A9s_2016.pdf/462e9f51-cd6b-45be-b673-6f6afea6f84a (Mavir, 2016).
(23) Der MEIP-Test ist ein Standardtest auf das Vorliegen staatlicher Beihilfen und wurde auch von Ungarn bei den im Vorfeld und im Anschluss an die Anmeldung in dieser Sache übermittelten wirtschaftlichen Analysen angewendet. Die Kommission hat eine sorgfältige Prüfung vorgenommen und den von Ungarn übermittelten MEIP-Test ergänzt, um zu einer eigenen Beurteilung hinsichtlich des Vorliegens einer staatlichen Beihilfe zu gelangen.
(24) Urteil des Gerichts vom 3. Juli 2014, Spanien und Ciudad de la Luz/Kommission, T-319/12 und T-321/12, ECLI:EU:T:2014:604, Rn. 40, Urteil des Gerichts vom 6. März 2003, Land Nordrhein-Westfalen/Kommission, T-233/99 und T-228/99, ECLI:EU:T:2003:57, Rn. 245.
(25) Im Regelfall gibt es zwei wesentliche Kapitalquellen: Eigenkapital und (finanzielles) Fremdkapital. Die Gesamtkapitalkosten werden als gewichtete durchschnittliche Kapitalkosten (WACC) ausgedrückt. Dabei werden die Eigen- und Fremdkapitalanteile berücksichtigt.
(26) ABl. C 200 vom 28.6.2014, S. 1.
(27) Siehe Fußnote 9.
(28) Der erste Ansatz ist ein üblicher Ansatz beim MEIP-Test unter Einbeziehung mehrerer Branchen; der zweite Ansatz wurde speziell für die Stromwirtschaft entwickelt.
(29) Die LCOE sind die Gesamtkosten der Installation und des Betriebs eines Kraftwerksvorhabens ausgedrückt in einem einheitlichen Strompreis während der Laufzeit des Vorhabens; die Berechnung erfolgt mit dieser Formel:
LCOE = [Sumt (Costst × (1+r)-t)] / [Sumt (MWh × (1+r)-t)],
wobei r = Diskontierungszinssatz und t = Jahr t. Entsprechend hängt dieser Wert vom angewendeten Diskontierungszinssatz ab. Üblicherweise wird der gewichtete Kapitalkostensatz (WACC) als Diskontierungszinssatz angenommen.
(30) Dieses Dokument ist öffentlich zugänglich unter http://www.kormany.hu/download/6/74/90000/2015_Economic%20analysis%20of%20Paks%20II%20-%20for%20publication.pdf
(31) Das Finanzmodell ist eine aktualisierte Fassung des vorläufigen Finanzmodells. Die Aktualisierungen betreffen u. a. die vertraglichen Vereinbarungen zwischen Paks II und JSC NIAEP als Anbieterin des Atomkraftwerks.
(32) Siehe Erwägungsgründe 52-81 des Einleitungsbeschlusses.
(33) Siehe http://www.worldenergyoutlook.org/weo2014/.
(34) Aufgrund unzureichender Informationen und wegen bestehender Unklarheiten wurden die auf dieser Methode beruhenden Schätzungen im Einleitungsbeschluss nicht bewertet. Daher werden in die folgende Übersicht auch Unterlagen aus der Zeit vor dem Einleitungsbeschluss einbezogen.
(35) In der OECD/IEA/NEA-Studie werden die LCOE mit 89,94 USD/MWh angesetzt (siehe Tabelle 4.7); wie der Wert von 70 EUR/MWh aus der Wirtschaftsstudie (Abbildung 3) und die Spanne von 50,5-57,4 EUR/MWh aus dem erstgenannten Wert abgeleitet wurde, ist nicht klar. Die OECD/IEA/NEA-Studie von 2015 ist verfügbar unter https://www.oecd-nea.org/ndd/egc/2015/.
(36) Siehe Aszódi, A., Boros, I.,. und Kovacs, A., (2014) „A paksi atomerőmű bővítésének energiapolitikai, műszaki és gazdasági kérdései“, in Magyar Energetika, Mai 2014. Eine Übersetzung ins Englische mit dem Titel „Extension of the Paks II NPP — energy political, technical and economical evaluations“ wurde der Kommission im Februar 2016 vorgelegt. In dieser Studie werden Berechnungen in HUF vorgenommen und für die Laufzeit des Vorhabens durchschnittliche LCOE von 16,01-16,38 HUF/kWh ermittelt. Allerdings wurden keine näheren Angaben dazu gemacht, wie diese in HUF ausgedrückten Zahlen in die in Erwägungsgrund 81 genannte Spanne in EUR/MWh umgerechnet wurden.
(37) Siehe Abbildung 15 der Wirtschaftsstudie.
(38) Siehe S. 77 der Wirtschaftsstudie.
(39) Vertrag zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft (Euratom)
(*2) No data provided in forecast
(*3) Assumption: Slovenia starting from zero.
Quelle: NERA-Studie.
(*4) No data provided in forecast
(*5) Assumption: Slovenia starting from zero.
Quelle: NERA-Studie.
(40) ENTSO-E (2015), All TSOs’ proposal for Capacity Calculation Regions (CCRs) in accordance with Article 15(1) of the Commission Regulation (EU) 2015/1222 of 24 July 2015 establishing a Guideline on Capacity Allocation and Congestion Management, 29. Oktober 2015, S. 9, Artikel 9.
(41) Beschluss (EU) 2015/658 der Kommission vom 8. Oktober 2014 über die vom Vereinigten Königreich geplante staatliche Beihilfe SA.34947 (2013/C) (ex 2013/N) zugunsten des Kernkraftwerks Hinkley Point C (ABl. L 109 vom 28.4.2015, S. 44).
(42) Konsolidierte Mitteilung der Kommission zu Zuständigkeitsfragen gemäß der Verordnung (EG) Nr. 139/2004 des Rates über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen (ABl. C 95 vom 16.4.2008, S. 1).
(43) Entscheidung 94/285/Euratom der Kommission vom 21. Februar 1994 zur Anwendung von Artikel 53 Absatz 2 EAG-Vertrag, (ABl. L 122 vom 17.5.1994, S. 30), Randnummer 22.
(44) Verordnung (EG) Nr. 1209/2000 der Kommission vom 8. Juni 2000 über die Durchführungsbestimmungen für die in Artikel 41 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft vorgeschriebenen Anzeigen (ABl. L 138 vom 9.6.2000, S. 12).
(45) Siehe Erwägungsgrund 13 Buchstabe c.
(46) Siehe Candole Partners — NPP Paks II, Economic Feasibility Assessment, Februar 2016, http://www.greenpeace.org/hungary/Global/hungary/kampanyok/atomenergia/paks2/NPP%20Paks%20II%20Candole.pdf.
(47) Siehe Felsmann Balázs, „Működhet-e Paks II állami támogatások nélkül? Az erőműtársaság vállalatgazdasági közelítésben“, https://energiaklub.hu/sites/default/files/paks2_allami_tamogatas_2015jun.pdf.
(48) Eine Beschreibung des Atomkraftwerks Leningrad (Leningrad NPP) ist folgender Website zu entnehmen: http://atomproekt.com/en/activity/generation/vver/leningr_npp/, Zugriff am 24. Februar 2017.
(49) Zum IEA WEO 2015 siehe http://www.worldenergyoutlook.org/weo2015/.
(50) Darüber hinaus wird im IEA WEO 2015 ein viertes Szenario einbezogen: das „450-Szenario“, das einen Weg beschreibt, mit dem das angestrebte Zwei-Grad-Klimaziel durch Technologien erreicht werden kann, die kurz vor der Marktreife stehen.
(51) Die Preisunterschiede bei deutschen und ungarischen Termingeschäften werden mit der unzureichenden Kopplung der Märkte begründet.
(52) In einem weiteren Abschnitt der Candole-Studie werden die Kosten von Paks II mit den im Jahr 2002 vom französischen Rechnungshof geschätzten operativen Kosten von EPR-Reaktoren verglichen (Boccard, N., „The Costs of Nuclear Electricity: France after Fukushima“: http://papers.ssrn.com/sol3/papers.cfm?abstract_id=2353305.).
(53) Romhányi Balázs, „A Paks II beruházási költségvetés-politikai következnényei“: https://energiaklub.hu/sites/default/files/a_paks_ii_beruhazas_koltsegvetes-politikai_kovetkezmenyei.pdf.
(54) Studie von Fazekas, M., u. a., The Corruption Risks of Nuclear Power Plants: What Can We Expect in Case of Paks2?: http://www.pakskontroll.hu/sites/default/files/documents/corruption_risks_paks2.pdf.
(55) http://www.kormany.hu/download/a/84/90000/2015%20Economic%20analysis%20of%20Paks%20II.pdf.
(56) https://ec.europa.eu/programmes/horizon2020/en/what-horizon-2020.
(57) Richtlinie 2009/72/EG des Europäischen Parlament und des Rates vom 13. Juli 2009 über gemeinsame Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 2003/54/EG (ABl. L 211 vom 14.8.2009, S. 55).
(58) Leitlinien der Gemeinschaft für staatliche Umweltschutzbeihilfen (ABl. C 82 vom 1.4.2008, S. 1).
(59) https://www.oecd-nea.org/ndd/climate-change/cop21/presentations/stankeviciute.pdf.
(60) Richtlinie 2014/24/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014 über die öffentliche Auftragsvergabe und zur Aufhebung der Richtlinie 2004/18/EG (ABl. L 94 vom 28.3.2014, S. 65).
(61) Richtlinie 2014/25/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014 über die Vergabe von Aufträgen durch Auftraggeber im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie der Postdienste und zur Aufhebung der Richtlinie 2004/17/EG (ABl. L 94 vom 28.3.2014, S. 243).
(62) Urteil des Gerichts vom 12. Februar 2008, BUPA, T-289/03, Randnummer 313.
(63) http://ec.europa.eu/transparency/regdoc/rep/1/2016/EN/1-2016-177-EN-F1-1.PDF.
(64) In seinen Vorbringen hat Ungarn keinen Zeitplan aufgenommen und sich in uneinheitlicher Weise auf die Verwendung verfügbarer Zahlen zu verschiedenen Zeitpunkten beschränkt. Der Schwerpunkt der ungarischen Vorbringen lag auf einer Investitionsentscheidung vom Dezember 2014, und im zweiten erläuternden Schreiben berücksichtigte Ungarn auch Eigenkapitalrisikoprämien von Juli 2015.
(65) Nach dem EPC-Vertrag wird der Bau der beiden neuen Reaktoren in zwei Phasen aufgeteilt, die erste ausschließlich […] und die zweite […].
(66) Die Eigenkapitalrisikoprämie beispielsweise wird in den Benchmark-Analysen Ungarns in den genannten Studien mit 9,0 % angesetzt, während in derselben Studie beim Bottom-up-Ansatz von einer geschätzten Eigenkapitalrisikoprämie von 4,0 % ausgegangen wird.
(67) Siehe Damodaran, A. „Equity risk premium (ERP): Determinants, estimation and implications — The 2016 Edition“ (2016), Abschnitt „Estimation Approaches — Historical Premiums“, S. 29-34: http://papers.ssrn.com/sol3/papers.cfm?abstract_id=2742186. Angesichts des historischen Index der ungarischen Börse mit einem Schlusswert von 24 561,80 am 2. Mai 2006 und einem Schlusswert von 26 869,01 am 2. Mai 2016 (Daten von https://www.bet.hu/oldalak/piac_most) scheinen diese Zweifel berechtigt zu sein.
(68) Nach der Studie von Moody’s aus dem Jahr 2009 impliziert die Ankündigung des Baus eines Atomkraftwerks bei amerikanischen Unternehmen eine Herabstufung um durchschnittlich vier Stufen. Damodaran geht in seinen Datenbanken wiederum davon aus, dass ein Unterschied der Kreditwürdigkeit von vier Stufen (z. B. A3 und Ba1) zu einer Eigenkapitalrisikoprämie von 2,0 % führt (Damodaran-Datenbank, Werte im Juli 2016).
(69) Der Umfang dieses Risikos ist bei Paks II allerdings geringer, da bei diesem Kraftwerk nur ein begrenztes Baurisiko besteht.
(70) CAPM steht für „Capital Asset Pricing Model“, das Standard-Finanzmodell zur Schätzung des Ertrags eines Vermögenswerts: http://www.investopedia.com/terms/c/capm.asp.
(71) Die Kommission prüfte auch die Zinssätze für Staatsanleihen in EUR und in USD; diese Staatsanleihen hatten jedoch kürzere Laufzeiten und wurden zuletzt im Mai 2011 (EUR) bzw. im März 2014 (USD) ausgegeben. In Zeiten derart schwankender Zinssätze bei Staatsanleihen beschloss die Kommission, diese Anleihen in der Untersuchung nicht zu berücksichtigen. Außerdem hätte die Einbeziehung dieser Anleihen zu einer Erhöhung der geschätzten WACC geführt; daher mussten sie aus Gründen einer konservativen Betrachtung aus der Untersuchung ausgeschlossen werden.
(72) Zu den für Dezember 2014 relevanten Zahlen siehe Registerkarten Risk Premiums for Other Markets > 1/14 auf der Seite http://people.stern.nyu.edu/adamodar/New_Home_Page/dataarchived.html. Die für Februar 2017 maßgeblichen Zahlen sind den Registerkarten Risk Premiums for Other Markets > Download auf der folgenden Seite zu entnehmen: http://pages.stern.nyu.edu/~adamodar/New_Home_Page/datacurrent.html. Die Datenbanken von Herrn Damodaran werden in der Finanzwelt allgemein verwendet und zitiert.
(73) Zum Jahr 2014 siehe Fernández, P., Linares P. und Acin, I. F., „Market Risk Premium used in 88 countries in 2014: a survey with 8,228 answers“, 20. Juni 2014: http://www.valuewalk.com/wp-content/uploads/2015/07/SSRN-id2450452.pdf. Zu 2016 siehe Fernández, P., Ortiz, A. und Acin, I. F. „Market Risk Premium used in 71 countries in 2016: a survey with 6,932 answers“, 9. Mai 2016: https://papers.ssrn.com/sol3/papers2.cfm?abstract_id=2776636&download=yes.
(74) Die übrigen Beta-Werte, die Ungarn in der MEIP-Untersuchung und im anschließenden zweiten erläuternden Schreiben nannte, sowie die Beta-Werte für Versorgungsunternehmen, erneuerbare Energiequellen und den Stromsektor in der Damodaran-Datenbank liegen deutlich über 1. Daher ist ein Beta-Wert von 0,92 als konservativer Ansatz zu bewerten, da sich mit diesem Wert ein niedrigerer WACC-Satz ergibt als mit den anderen, höheren Beta-Werten.
(75) Siehe http://www.mnb.hu/statisztika/statisztikai-adatok-informaciok/adatok-idosorok, „XI. Deviza, penz es tokepiac“ > „Allampapir piaci referenciahozamok“ für Erstere und https://www.quandl.com/data/WORLDBANK/HUN_FR_INR_RISK-Hungary-Risk-premium-on-lending-lending-rate-minus-treasury-bill-rate für Letztere. Der letztgenannte Wert ist angesichts des geringen Umfangs des ungarischen Marktes für Unternehmensanleihen mit Vorsicht zu betrachten. Die Daten beziehen sich auf den 31. Dezember 2014. Für weniger weit zurückliegende Zeiträume sind keine Daten verfügbar.
(76) Die Zahlen sind höher als die von Ungarn ermittelten Werte; dies ist in erster Linie darauf den zurückzuführen, dass die Kommission von einem höheren risikofreien Zinssatz und einer höheren Eigenkapitalrisikoprämie ausgegangen ist (siehe Kritik an den Annahmen Ungarns in Erwägungsgrund 208).
(77) Zu den für Dezember 2014 relevanten länderspezifischen WACC-Zahlen siehe „Data“ > „Archived data“ > „Cost of capital by industry“ > „Europe“ > „1/14“ auf der Seite http://pages.stern.nyu.edu/~adamodar/. Zu den für Februar 2017 maßgeblichen länderspezifischen WACC-Zahlen siehe „Data“ > „Current data“ > „Cost of capital by industry“ > „Europe“ auf der Seite http://pages.stern.nyu.edu/~adamodar/. Zu den Risikoprämien siehe Fußnote 72. Außerdem ist darauf hinzuweisen, dass diese Datenbank Bestandteil einer weltweiten Datenbank ist und auch europäische Länder abdeckt (Bereich „Western Europe“). Darüber hinaus werden die Länder nach weiteren Gruppierungen zusammengefasst, und Ungarn wird zu einer Teilgruppe „Developed Europe“ gezählt (siehe Arbeitsblatt „Europe“ oder „Industries sorted global“ in der Excel-Datei http://www.stern.nyu.edu/~adamodar/pc/datasets/indname.xls.
(78) Im zweiten erläuternden Schreiben hat auch Ungarn eine kurze Benchmark-Analyse aufgrund der Daten der Damodaran-Datenbank entwickelt (in Anhang 2). Diese Analyse ist jedoch insofern nicht relevant, als sie eine Investition im Jahr 2014 mit Informationen aus einem späteren Zeitraum begründet.
(79) Die Zahlen in diesen Tabellen werden unter Annahme der ungarischen Körperschaftsteuer von 19 % für die Verschuldung angepasst.
(80) In der Datenbank für 2014 waren keine Daten zum Sektor „Ökologisch und erneuerbare Energiequellen“ verfügbar. Im Jahr 2016 lagen die WACC in diesem Sektor über dem Durchschnitt der beiden anderen berücksichtigten Sektoren; selbst wenn Daten verfügbar gewesen wäre, hätte die Einbeziehung dieses Sektors daher den geschätzten Wert für die WACC im Jahr 2014 erhöht.
(81) Siehe Fußnote 68.
(82) Die Zahlen in dieser Tabelle beruhen auf Beta-Werten aus der branchenbezogenen Damodaran-Datenbank der WACC-Daten.
(83) In diesem Fall wird nicht der gewogene, sondern der einfache Durchschnitt der je Segment berücksichtigten Unternehmen angenommen, da als Analogie eher die Segmente als die Unternehmen an sich betrachtet werden sollen. Die Zugrundelegung des gewogenen Durchschnitts würde das Ergebnis für 2016 nicht beeinflussen; für 2014 würden sich leicht höhere Werte und damit allerdings auch höhere WACC-Werte ergeben. Daher ist die Entscheidung für den einfachen Durchschnitt anstelle des gewogenen Durchschnitts in diesem Zusammenhang als konservativer Ansatz zu bewerten.
(84) Ein entscheidendes Element der Schätzung ist, dass in der Damodaran-Dastenbank die länderbezogene Eigenkapitalrisikoprämie als Summe einer Prämie auf einem reifen Markt und einer weiteren länderspezifischen Risikoprämie definiert wird, die auf einer länderspezifischen Standardspanne beruht und entsprechend dem auf dem Markt bestehenden höheren Eigenkapitalrisiko erhöht wird (für das Jahr 2014 um 1,5 und für das Jahr 2016 um 1,39). Nähere Informationen sind dem Arbeitsblatt „Explanation and FAQ“ der länderbezogenen Eigenkapitalrisikoprämie in der Damodaran-Datenbank zu entnehmen: http://www.stern.nyu.edu/~adamodar/pc/datasets/ctryprem.xls.
(85) Die in Ziffer ii berechnete länderspezifische zusätzliche Eigenkapitalrisikoprämie für Ungarn muss mit den Beta-Werten in Tabelle 8: multipliziert werden, damit sie in die in Ziffer iii ermittelten Eigenkapitalkosten eingerechnet werden kann.
(*6) In der WACC-Formel werden die Fremdkapitalkosten nach Steuern verwendet.
(86) Außerdem hätte die untere Grenze von 9,15 % für das Jahr 2014 wahrscheinlich nach oben korrigiert werden müssen, wenn für das Segment „Ökologisch und erneuerbare Energiequellen“ Zahlen für das Jahr 2014 verfügbar gewesen wären.
(87) Zeitpunkt der Veröffentlichung der Preisprognose der IEA im Jahr 2014.
(88) Kurve D wird als vertrauliche Information/Geschäftsgeheimnis betrachtet.
(89) Ungarn machte keine näheren Angaben zu den verwendeten Wechselkursen. Der angenommene Wert von 0,9 kann in der Berechnung des Finanzmodells abgezogen werden. Das durchschnittliche monatliche Wechselkursverhältnis lag im September 2015 bei 0,89. Dieses Wechselkursverhältnis von EUR zu USD (sowie die übrigen in diesem Dokument verwendeten Kurse) wurden der Website der EZB entnommen: http://sdw.ecb.europa.eu/quickview.do;jsessionid=B13D3D3075AF28A4265A4DF53BE1ABC0?SERIES_KEY=120.EXR.D.USD.EUR.SP00.A&start=01-07-2014&end=15-11-2016&trans=MF&submitOptions.x=46&submitOptions.y=5.
(90) Aufgrund der erheblichen Schwankung des EUR/USD-Wechselkurses wählte die Kommission einen durchschnittlichen Wechselkurs in den drei Monaten vor der ursprünglichen Investitionsentscheidung vom 9. Dezember 2014; in diesen Zeitraum fällt auch die Veröffentlichung des IEA WEO 2014. Alternativ könnten durchschnittliche jährliche Wechselkurse verwendet werden. Das durchschnittliche jährliche Wechselkursverhältnis im Zeitraum vor Dezember 2014 betrug 0,75; dies würde einen etwas niedrigeren IRR ergeben, und insoweit ist die Entscheidung für einen durchschnittlichen Wechselkurs in einem Zeitraum von drei Monaten bei dieser Analyse eher als konservativer Ansatz zu bewerten.
(91) Siehe http://www.worldenergyoutlook.org/publications/weo-2016/.
(92) Zum Großhandelsstrompreis siehe Zahlen in Tabelle 6.13 auf Seite 267 des IEA WEO 2016.
(93) Auch in diesem Fall beträgt das maßgebliche durchschnittliche jährliche Wechselkursverhältnis 0,89; somit ist die Entscheidung der Kommission für die Annahme eines Wechselkurses über einen Zeitraum von drei Monaten bei dieser Analyse als konservativerer Ansatz zu bewerten.
(94) Kurve D wird als vertrauliche Information/Geschäftsgeheimnis betrachtet.
(95) Ähnliche Korrekturen nach unten wurden auch bei den von National Grid (UK) erstellten Prognosen der Strompreise zwischen 2014 und 2015 vorgenommen (siehe z. B. Seite 46 der Veröffentlichung „UK Future Energy Scenarios“ (2014) von National Grid: http://www2.nationalgrid.com/UK/Industry-information/Future-of-Energy/FES/Documents-archive/ und Seite 36 der „UK Future Energy Scenarios“ (2015) von National Grid: http://www2.nationalgrid.com/UK/Industry-information/Future-of-Energy/FES/Documents-archive/, nach denen ein durchschnittlicher Rückgang der Strompreise um 12 % im Prognosezeitraum 2016-2035 erwartet wird. In den Daten des BMWi wurden keine entsprechenden Vergleiche angestellt.
(96) In ihrer quantitativen Analyse übernimmt die Kommission die Annahmen Ungarns bezüglich eines Anstiegs der Strompreise bis 2040 auf ein anschließend anhaltend hohes Niveau. Dies ist ein konservativer Ansatz. Alternativ könnten Preisprognose-Szenarien unter expliziterer Berücksichtigung des umfangreichen Ausbaus erneuerbarer Energiequellen und der Auswirkungen auf die Großhandelsstrompreise entwickelt werden, bei denen Preise auf dem derzeit niedrigen Niveau der Normalfall wären und Spitzenpreise nur bei witterungsbedingter Verknappung zu erzielen wären. Dieses Szenario würde in der Zukunft zu Preisen führen, die eher im Bereich der gegenwärtigen Preise liegen würden; für diesen Fall ergäbe sich eine niedrigere Kapitalrendite als in den folgenden Abschnitten dargestellt.
(97) Zu einer Definition des Begriffs „New-Policies-Szenario“ siehe Erwägungsgrund (128).
(98) Siehe Erwägungsgrund 128 und Fußnote 51: Im Current-Policies-Szenario werden nur politische Maßnahmen berücksichtigt, die erst wenige Monate vor der Drucklegung der Veröffentlichung angenommen wurden. Im 450-Szenario wird ein Weg beschrieben, mit dem das angestrebte Zwei-Grad-Klimaziel durch Technologien erreicht werden kann, die kurz vor der Marktreife stehen. Im Low-Oil-Price-Szenario werden die Auswirkungen von (infolge niedriger Ölpreise) anhaltend niedrigen Preisen auf das Energiesystem untersucht.
(99) Da keine hochwertigen relevanten Daten verfügbar waren, hat die Kommission von einer derartigen umfassenden quantitativen Analyse abgesehen. Allerdings ist der Abbildung zu entnehmen, dass die Preiskurve für das Low-Oil-Price-Szenario zu einem erheblich geringeren IRR führen würde als die Preiskurve für das New-Policies-Szenario.
(100) Siehe Abschnitt 2.3.
(*7) Die Auslastung wird als Geschäftsgeheimnis betrachtet, und die tatsächlichen Werte wurden durch eine größere Spanne ersetzt.
(101) Siehe S. 25 des WNISR 2015.
(102) Siehe S. 350 des IEA WEO 2014.
(103) Siehe http://www.world-nuclear-news.org/NN-Flamanville-EPR-timetable-and-costs-revised-0309154.html und http://www.theecologist.org/News/news_analysis/2859924/finland_cancels_olkiluoto_4_nuclear_reactor_is_the_epr_finished.html.
(104) Siehe S. 66 des WNISR 2015.
(105) Siehe Abschnitt 6.3 der Umweltverträglichkeitsprüfung: http://www.mvmpaks2.hu/hu/Dokumentumtarolo/Simplified%20public%20summary.pdf-
(*8) Die Zahlen des Finanzmodells werden als Geschäftsgeheimnis betrachtet und wurden durch größere Spannen ersetzt.
(106) Die Kosten von BDBA können leicht mehr als 100 Mrd. EUR betragen und auf viele Hunderte oder gar Tausende von Mrd. EUR ansteigen (siehe S. 20-24 der Veröffentlichung „The true costs of nuclear power“ der Wiener Umwelt Anwaltshaft und Össterreichisce Ökologie Institut: http://wua-wien.at/images/stories/publikationen/true-costs-nucelar-power.pdf). Wenn alle 25 Jahre ein BDBA eintritt (1986 Tschernobyl und 2011 Fukushima) und weltweit nahezu 400 Kernreaktoren betrieben werden, liegt die Wahrscheinlichkeit eines BDBA in einem der beiden Reaktorblöcke von Paks II in den ersten 25 Jahren ihrer Laufzeit bei 2 × (1/400) = 0,5 %. Die Kosten der Versicherung eines derartigen Schadens sind in der Regel erheblich höher als der voraussichtliche Umfang des mit einem derartigen Ereignis verbundenen Schadens und liegen in diesem Fall bei 0,5 % × 100 Mrd. EUR = 500 Mio. EUR (bei konservativerer Schätzung des durch ein tatsächliches BDBA verursachten Schadens).
(107) In der Felshmann-Studie wird eine solche grundlegende Überholung für Paks I beschrieben. Die ungarische Regierung schließt die Notwendigkeit ähnlicher Überholungsmaßnahmen für Paks II aus, ohne dies allerdings zu begründen.
(108) Die Kommission hat keine detaillierte quantitative Analyse der Wirkung solcher Abweichungen vorgenommen, weil keine hochwertigen relevanten Daten verfügbar sind. Stattdessen wurden einige der Angaben in Erwägungsgrund 239 für die der Ermittlung des IRR zugrunde liegende Sensitivitätsanalyse herangezogen (siehe Erwägungsgründe 245 und 246).
(109) Siehe S. 33 des WNISR 2015.
(110) Siehe S. 58-60 des WNISR 2015.
(111) Auch im IEA WEO 2014 wird festgestellt, dass es aufgrund der mangelnden Erfahrung und fehlender Lerneffekte bei neuartigen Konstruktionen zu erheblich längeren Bauzeiten und deutlich höheren Kosten kommen kann als bei ausgereifteren Konstruktionen (siehe S. 366).
(112) Zu den Verzögerungen beim Kraftwerk Olkiluoto-3 siehe http://www.world-nuclear-news.org/C-Olkiluoto-EPR-supplier-revises-compensation-claim-1002164.html; bezüglich der Abweichungen von den von Ungarn im Geschäftsplan (und im Finanzmodell) für Paks II vorgelegten Zahlen siehe http://www.world-nuclear-news.org/NN-Flamanville-EPR-timetable-and-costs-revised-0309154.html.
(113) Siehe S. 64 des WNISR 2015.
(114) Siehe ht tp://www.world-nuclear.org/information-library/country-profiles/countries-o-s/russia-nuclear-power.aspx
(115) Siehe S. 63 des WNISR 2015 sowie Presseartikel http://www.osw.waw.pl/en/publikacje/analyses/2013-06-12/russia-freezes-construction-nuclear-power-plant-kaliningrad und http://www.bsrrw.org/nuclear-plants/kaliningrad/.
(116) Ungarn rechnet sogar selbst mit Verzögerungen (siehe Erwägungsgrund 99).
(117) Dies ist eine robustere Sensitivitätsanalyse als die Sensitivitätsanalysen im ungarischen Finanzmodell (siehe Erwägungsgrund 177), bei dem nur die Wirkungen auf die WACC und den IRR und Änderungen ausschließlich einer einzigen Variable untersucht werden. Mit der Monte-Carlo-Analyse hingegen werden die Auswirkungen von Änderungen der Werte mehrerer Variablen geprüft.
(118) Diese Abweichungen wurden den Normalverteilungen mit dem Mittelwert gleich den Basiswerten des Finanzmodells und mit einer Standardabweichung gleich den Abweichungen in der Sensitivitätsanalyse des Finanzmodells entnommen; 95 % der aus diesen Normalverteilungen entnommenen Werte liegen im Bereich des Doppelten der angenommenen Standardabweichung der Verteilung. Die gewählten Paare für die mittlere Standardabweichung waren: i) Inflation ([0-2] % *; 0,25 %), ii) Wechselkursverhältnis (HUF/EUR) [300-310] *; 10 %), iii) Preisempfindlichkeit (jede einzelne Kurve; 2,5 EUR/MWh) und iv) Laufzeit des Kraftwerks (60; 5). Für die verschiedenen regelmäßigen Kostenpositionen i) operative Kosten, ii) Kosten der Brennelemente, iii) Kapitalkosten der Instandhaltung und iv) Kosten der Stilllegung und der Entsorgung von Abfällen wurde eine Standardabweichung von 10 % vom jeweiligen periodischen Wert angenommen.
* |
Die Zahlen des Finanzmodells werden als Geschäftsgeheimnis betrachtet und wurden durch größere Spannen ersetzt. |
(**) Der Basiswert und die Kapazitätsauslastung werden als Geschäftsgeheimnis betrachtet und wurden durch größere Spannen ersetzt.
(119) Da der Basiswert für die Ausfallquoten gering ist [5-10] *** %, können Abweichungen nach oben (d. h. höhere Ausfallquoten) größer ausfallen als Abweichungen nach unten (d. h. kleinere Ausfallquoten). Es wurde eine Dreiecksverteilung mit Endpunkten bei 5 % und 12 % (entsprechend den Auslastungen von 88 % und 95 %) und einer mittleren Spitze bei [5-10] *** % (dem Basiswert) gewählt.
*** |
In dieser Fußnote wird der Basiswert als Geschäftsgeheimnis betrachtet und durch eine größere Spanne ersetzt. |
(120) Bei den Berechnungen mit den einzelnen Variablen wurde keine Korrelation angenommen.
(121) Für beide Jahre liegen die von der Kommission geschätzten IRR-Werte unter den von Ungarn angegebenen Werten, hauptsächlich wegen der niedrigeren Preisprognosen und aufgrund der allgemeiner gehaltenen Sensitivitätsanalyse (siehe Erwägungsgrund 246).
(122) Außerdem wären diese Verzögerungen wahrscheinlich mit Kostenüberschreitungen verbunden. Kostenüberschreitungen wären ungeachtet der Vereinbarung eines Festpreises und der schlüsselfertigen Lieferung nach Maßgabe des EPC-Vertrags aus zwei Gründen denkbar: i) Der Festpreis gilt nur für die Kosten des Lieferanten, nicht aber für die Eigentümerkosten, und ii) wenn der Lieferant die Verantwortung für Kostensteigerungen bestreitet, erhöhen die Kosten eines möglichen Rechtsstreits letztlich auch die Kosten des Vorhabens.
(123) Die Angaben in EUR/MWh wurden mit dem durchschnittlichen monatlichen Wechselkursverhältnis von 0,9 (EUR zu USD) für August 2015 (den Monat der Veröffentlichung der OECD/IEA/NEA-Studie) anhand der Angaben in USD/MWh in der Studie ermittelt.
(*9) Die Auslastung wird als Geschäftsgeheimnis betrachtet, und die tatsächlichen Werte wurden durch eine größere Spanne ersetzt.
(124) Diese Anpassung der LCOE-Werte beruhen auf einer Multiplikation der einzelnen Nenner der LCOE-Formel LCOE =(Sumt(Costst × (1 + r) – t))/(Sumt(MWht × (1 + r) – t)) (siehe Fußnote 32) mit 93/85.
(125) Die Preisprognose von 73 EUR/MWh wurde durch Multiplikation des Stromgroßhandelspreises von 81 EUR/MWh für das Jahr 2040 in Abbildung 8.11 auf S. 327 des IEA WEO 2015 mit einem durchschnittlichen monatlichen Wechselkursverhältnis von 0,9 (EUR zu USD) für September bis November 2015 (dem Zeitraum der Veröffentlichung des IEA WEO 2015) berechnet. Ähnlich wurde die Preisprognose von 68 EUR/MWh durch Multiplikation des Stromgroßhandelspreises von 75 EUR/MWh für das Jahr 2040 in Abbildung 6.13 auf S. 267 des IEA WEO 2016 mit dem durchschnittlichen monatlichen Wechselkursverhältnis von 0,9 (EUR zu USD) für September bis November 2016 (den Zeitraum der Veröffentlichung des IEA WEO 2016) ermittelt.
(126) Es muss auch berücksichtigt werden, dass die WACC-Werte in der angegebenen Spanne sehr wahrscheinlich nicht gleichmäßig verteilt sind. Sie dürften sich vielmehr etwa um den Mittelwert der Spanne konzentrieren, d. h. wahrscheinlich eher in der Nähe des Mittelwerts der Spanne und weniger wahrscheinlich im Bereich der Endpunkte der Spanne; insoweit wäre festzustellen, dass die Überschneidung zwischen den IRR-Werten und den WACC-Werten sogar noch geringer ist als aufgrund der Werte in der letzten Zeile in Tabelle 13 anzunehmen.
(127) Diese Überschneidung wurde jedoch nur zu statistischen Zwecken berechnet. Ein marktwirtschaftlich handelnder Kapitalgeber würde in der Regel die mittleren Werte (oder Bereiche) der WACC- und der IRR-Spannen vergleichen. Die Überschneidung der beiden Bereiche deckt nämlich den etwas extremen Fall ab, dass ein sehr hoher IRR bei einem sehr niedrigen WACC-Wert gegeben ist. Da bei beiden Maßnahmen dieselben Marktbedingungen bestehen und beide dasselbe Vorhaben (d. h. Paks II) betreffen, sind tendenziell gemeinsame Entwicklungen zu erwarten (d. h. ein hoher IRR-Wert innerhalb der IRR-Spanne fällt sehr wahrscheinlich mit einem hohen WACC-Wert in der WACC-Spanne zusammen); insoweit ist ein niedriger WACC-Wert bei einem hohen IRR-Wert wenig wahrscheinlich.
(128) Diese Schätzungen des Kapitalwerts sind als konservativ anzusehen, da die Auswirkungen bestimmter Arten von Verzögerungen (siehe Erwägungsgründe 99, 246 und 0) und die in den Erwägungsgründen 239 und 258 genannten Faktoren, die zu erheblichen Kostensteigerungen und Einnahmeeinbußen führen könnten, nicht berücksichtigt wurden; insoweit werden die endgültigen Verluste eher noch erheblich unterschätzt. Jegliche Abweichungen von diesen Faktoren würden die Nettoverluste des Vorhabens weiter erhöhen.
(129) Urteil des Gerichts vom 3. Dezember 2014, Castelnou Energía/Europäische Kommission, T-57/11, ECLI:EU:T:2014:1021, Rn. 181-184.
(130) Siehe Absatz 8 des Gesetzes LXXXVI. von 2007 über das Stromgesetz.
(131) Protokoll Nr. 2 des Vertrags von Lissabon.
(132) Siehe Entscheidung 2005/407/EG der Kommission vom 22. September 2004 über die staatliche Beihilfe des Vereinigten Königreichs zugunsten von British Energy plc (ABl. L 142 vom 6.6.2005, S. 26) und Beschluss (EU) 2015/658 der Kommission vom 8. Oktober 2014 über die vom Vereinigten Königreich geplante staatliche Beihilfe SA.34947 (2013/C) (ex 2013/N) zugunsten des Kernkraftwerks Hinkley Point C (ABl. L 109 vom 28.4.2015, S. 44).
(133) A magyar villamosenergia-rendszer közép- és hosszú távú forrásoldali kapacitásfejlesztése (Mittel- und langfristige Entwicklung der Erzeugungskapazität im ungarischen Stromnetz): https://www.mavir.hu/documents/10258/15461/Forr%C3%A1selemz%C3%A9s_2016.pdf/462e9f51-cd6b-45be-b673-6f6afea6f84a (Mavir, 2016).
(134) Das Mankala-Modell ist ein im finnischen Stromsektor allgemein verwendetes Geschäftsmodell, bei dem ein Unternehmen mit beschränkter Haftung zum Vorteil seiner Anteilseigner wie eine Genossenschaft behandelt wird, die keine Gewinne erwirtschaftet, siehe http://www.ben.ee/public/Tuumakonverentsi%20ettekanded%202009/Peter%20S.%20Treialt%20-%20Mankala%20principles.pdf, Zugriff am 26. Oktober 2015.
(135) Zur Tschechischen Republik siehe http://www.world-nuclear.org/info/country-profiles/countries-a-f/czech-republic/, Zugriff am 26. Oktober 2015, zu Litauen siehe http://www.world-nuclear.org/info/Country-Profiles/Countries-G-N/Lithuania /, Zugriff am 26. Oktober 2015, und zu Bulgarien siehe http://www.world-nuclear.org/info/Country-Profiles/Countries-A-F/Bulgaria/, Zugriff am 21. Juni 2016.
(136) Zu Rumänien siehe http://economie.hotnews.ro/stiri-companii-20436128-nuclearelectrica-solicita-actionarilor-aprobarea-memorandumului-intelegere-care-semna-companie-chineza-pentru-construirea-unitatilor-3-4-cernavoda.htm, Zugriff am 21. Juni 2016.
(137) Studie vom 2. November 2015, noch nicht veröffentlicht, S. 35.
(138) Studie vom 2. November 2015, noch nicht veröffentlicht, S. 35.
(139) SA.34947 (2013/C) (ex 2013/N) — Vereinigtes Königreich — Beihilfe zugunsten des Kernkraftwerks Hinkley Point C.
(140) Studie vom 2. November 2015, noch nicht veröffentlicht, S. 37.
(141) Studie vom 2. November 2015, noch nicht veröffentlicht, S. 38.
(142) Studie vom 2. November 2015, noch nicht veröffentlicht, S. 39.
(143) Studie vom 2. November 2015, noch nicht veröffentlicht, S. 60.
(144) Moody’s Investor Service, Nuclear Generation’s Effect on Credit Quality: https://www.oecd-nea.org/ndd/workshops/wpne/presentations/docs/2_2_LUND_OECD_Sept%2019_Lund_Moodys_Nuclear_Generations_effect_on_Credit_Quality.pdf, Zugriff am 13. Juli 2016.
(145) Siehe Erwägungsgrund 20.
(146) http://ec.europa.eu/clima/policies/strategies/2020/index_de.htm.
(147) Richtlinie 2009/28/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2009 zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen und zur Änderung und anschließenden Aufhebung der Richtlinien 2001/77/EG und 2003/30/EG (ABl. L 140 vom 5.6.2009, S. 16).
(148) http://ec.europa.eu/clima/policies/strategies/2030/index_de.htm.
(149) Als variable Kosten eines Kraftwerks werden die Kosten bezeichnet, die typischerweise in den Endpreis einer Einheit des erzeugten Stroms einfließen.
(150) Mitteilung an die Kommission im Rahmen der Sache SA.47331 (2017/X) nach der Allgemeinen Gruppenfreistellungsverordnung (Verordnung (EU) Nr. 651/2014 der Kommission vom 17. Juni 2014 zur Feststellung der Vereinbarkeit bestimmter Gruppen von Beihilfen mit dem Binnenmarkt in Anwendung der Artikel 107 und 108 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (ABl. L 187 vom 26.6.2014, S. 1)).
(151) Konsolidierte Mitteilung der Kommission zu Zuständigkeitsfragen gemäß der Verordnung (EG) Nr. 139/2004 des Rates über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen (ABl. C 95 vom 16.4.2008, S. 1).
1.12.2017 |
DE |
Amtsblatt der Europäischen Union |
L 317/119 |
DELEGIERTER BESCHLUSS (EU) 2017/2113 DER KOMMISSION
vom 11. September 2017
zur Änderung des Anhangs V der Richtlinie 2005/36/EG des Europäischen Parlaments und des Rates hinsichtlich von Ausbildungsnachweisen und den Titeln von Ausbildungsgängen
(Bekannt gegeben unter Aktenzeichen C(2017) 6054)
(Text von Bedeutung für den EWR)
DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION —
gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,
gestützt auf die Richtlinie 2005/36/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. September 2005 über die Anerkennung von Berufsqualifikationen (1), insbesondere auf Artikel 21a Absatz 4,
in Erwägung nachstehender Gründe:
(1) |
Anhang V der Richtlinie 2005/36/EG enthält Listen der Ausbildungsnachweise für Ärzte, Krankenschwestern und Krankenpfleger für allgemeine Pflege, Zahnärzte, Tierärzte, Hebammen, Apotheker und Architekten. |
(2) |
Mit dem Delegierten Beschluss (EU) 2016/790 (2) wurde Anhang V der Richtlinie 2005/36/EG im Anschluss an Meldungen der Mitgliedstaaten über Änderungen ihrer Rechts- und Verwaltungsvorschriften bezüglich der Ausstellung der betreffenden Ausbildungsnachweise aktualisiert. Seit dem Erlass dieses Beschlusses haben mehrere Mitgliedstaaten der Kommission weitere derartige Änderungen gemeldet. Die Kommission ist der Ansicht, dass die geänderten Vorschriften die Bedingungen in Titel III Kapitel III der Richtlinie erfüllen. Anhang V der Richtlinie sollte daher aktualisiert werden. |
(3) |
Aus Gründen der Klarheit und der Rechtssicherheit sollten alle maßgeblichen Nummern des Anhangs V der Richtlinie 2005/36/EG über die Ausbildungsnachweise und die Titel von Ausbildungsgängen neu gefasst werden. |
(4) |
Die Richtlinie 2005/36/EG sollte daher entsprechend geändert werden — |
HAT FOLGENDEN BESCHLUSS ERLASSEN:
Artikel 1
Anhang V der Richtlinie 2005/36/EG wird gemäß dem Anhang des vorliegenden Beschlusses geändert.
Artikel 2
Dieser Beschluss ist an die Mitgliedstaaten gerichtet.
Brüssel, den 11. September 2017
Für die Kommission
Elżbieta BIEŃKOWSKA
Mitglied der Kommission
(1) ABl. L 255 vom 30.9.2005, S. 22.
(2) Delegierter Beschluss (EU) 2016/790 der Kommission vom 13. Januar 2016 zur Änderung des Anhangs V der Richtlinie 2005/36/EG des Europäischen Parlaments und des Rates hinsichtlich von Ausbildungsnachweisen und den Titeln von Ausbildungsgängen (ABl. L 134 vom 24.5.2016, S. 135).
ANHANG
Anhang V der Richtlinie 2005/36/EG wird wie folgt geändert:
1. |
Die Nummern 5.1.1 bis 5.1.4 erhalten folgende Fassung: „5.1.1. Ausbildungsnachweise für die ärztliche Grundausbildung
5.1.2. Ausbildungsnachweise für den Facharzt
5.1.3. Bezeichnungen der fachärztlichen Weiterbildungen
5.1.4. Ausbildungsnachweise für den Allgemeinmediziner
|
2. |
Nummer 5.2.2 erhält folgende Fassung: „5.2.2. Ausbildungsnachweise für die Krankenschwestern und Krankenpfleger, die für die allgemeine Pflege verantwortlich sind
|
3. |
Die Nummern 5.3.2 und 5.3.3 erhalten folgende Fassung: „5.3.2. Ausbildungsnachweise des Zahnarztes (Grundausbildung)
5.3.3. Ausbildungsnachweise der Fachzahnärzte
|
4. |
Nummer 5.4.2 erhält folgende Fassung: „5.4.2. Ausbildungsnachweise für den Tierarzt
|
5. |
Nummer 5.5.2 erhält folgende Fassung: „5.5.2. Ausbildungsnachweise für die Hebamme
|
6. |
Nummer 5.6.2 erhält folgende Fassung: „5.6.2. Ausbildungsnachweise für den Apotheker
|
7. |
Nummer 5.7.1 erhält folgende Fassung: „5.7.1. Nach Artikel 46 anerkannte Ausbildungsnachweise für den Architekten
|
(1) Bis 2012.
(2) Seit 2013.
(3) Bis zum 1. Oktober 2017 sollte dem Ausbildungsnachweis zusätzlich eine Bescheinigung über die Ableistung eines Postgraduierten-Praktikums (‚staż podyplomowy‘) beigefügt werden.
(4) Seit 2011.
(5) SeitJanuar 2013.
(6) Seit Juni 2015.
(7) Seit Februar 2015.
(8) Seit 1991/1992.
(9) Seit Juni 2015.
(10) Seit Juli 2011.
(11) Seit Juni 2015.
(12) Seit Mai 2006.
(13) Seit Juni 2015.
(14) Seit 3. November 2015.
(15) Seit September 2008.
(16) Seit Mai 2015.
(17) Seit 2006.
(18) Seit 2012.
(19) Seit Juni 2015.
(20) Seit Juni 2015.
(21) Zeitpunkt der Aufhebung im Sinne des Artikels 27 Absatz 3: 30. Dezember 1994.
(22) Bis 2012.
(23) Zeitpunkt der Aufhebung im Sinne des Artikels 27 Absatz 3: 4. April 2000.
(24) Seit Mai 2006.
(25) Seit Juni 2015.
(26) Zeitpunkt der Aufhebung im Sinne des Artikels 27 Absatz 3: 3. Juni 2015.
(27) Zeitpunkt der Aufhebung im Sinne des Artikels 27 Absatz 3: 30. Dezember 1994.
(28) Seit Mai 2015.
(29) Zeitpunkt der Aufhebung im Sinne des Artikels 27 Absatz 3: 1. Januar 1983.
(30) Seit Juni 2015.
(31) Zeitpunkt der Aufhebung im Sinne des Artikels 27 Absatz 3: 14. Juni 2017.
(32) Zeitpunkt der Aufhebung im Sinne des Artikels 27 Absatz 3: 1. Januar 1983.
(33) Bis 14. September 2010.
(34) Seit Oktober 2009.
(35) Seit Juni 2015.
(36) Seit Oktober 2009.
(37) Seit Oktober 2009.
(38) Seit Februar 2015.
(39) Seit September 2008.
(40) 1. August 1987, ausgenommen die Personen, die ihre Weiterbildung vor diesem Zeitpunkt begonnen haben.
(41) 31. Dezember 1971.
(42) 31. Oktober 1999.
(43) Für nach dem 5. März 1982 begonnene Weiterbildungen werden keine Nachweise ausgestellt.
(44) 9. Juli 1984.
(45) 31. März 2004.
(46) 1. Februar 1984.
(47) 3. Dezember 1971.
(48) 31. Oktober 1993.
(49) Für nach dem 5. März 1982 begonnene Weiterbildungen werden keine Nachweise ausgestellt.
(50) 8. Juli 1984.
(51) 31. März 2004.
(52) 1. Januar 1991.
(53) Seit Juni 2015.
(54) Seit Oktober 2009.
(55) Seit Mai 2015.
(56) Seit Juni 2015.
(57) Seit Februar 2015.
(58) Zeitpunkt der Aufhebung im Sinne des Artikels 27 Absatz 3: 8. Dezember 2016.
(59) Seit Juni 2015.
(60) Seit Februar 2015.
(61) Seit September 2008.
(62) Seit Juli 2017.
(63) Zeitpunkt der Aufhebung im Sinne des Artikels 27 Absatz 3: 12. August 1996.
(64) Seit September 2008.
(65) 30. September 2007.
(66) 28. Februar 2013.
(67) Zeitpunkt der Aufhebung im Sinne des Artikels 27 Absatz 3: 31. Dezember 1994.
(68) Seit Juni 2015.
(69) Zeitpunkt der Aufhebung im Sinne des Artikels 27 Absatz 3: 3. Juni 2015.
(70) Zeitpunkt der Aufhebung im Sinne des Artikels 27 Absatz 3: 1. Januar 1983.
(71) Seit 17. Februar 2006.
(72) Zeitpunkt der Aufhebung im Sinne des Artikels 27 Absatz 3: 3. Juni 2015.
(73) Seit 21. November 2003.
(74) Die Weiterbildung zum Facharzt für Zahn-, Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie, die zur Ausstellung eines entsprechenden Nachweises führt, setzt voraus, dass die ärztliche Grundausbildung (Artikel 24) sowie die zahnärztliche Grundausbildung (Artikel 34) abgeschlossen und als gültig anerkannt worden sind.
(75) Seit 2006.
(76) Seit 10. Juli 2014.
(77) Seit 2009.
(78) Seit Januar 2013.“
(79) Dieser Ausbildungsnachweis berechtigt den Inhaber zur automatischen Anerkennung, sofern er für Mitgliedstaatsangehörige ausgestellt wird, die diese Qualifikation in Irland erworben haben.
(80) Diese Angabe zum Ausbildungsnachweis wurde einbezogen, damit in Irland ausgebildete Graduierte mit Sicherheit das Recht auf automatische Anerkennung erhalten, ohne sich in Irland tatsächlich registrieren lassen zu müssen, da eine derartige Registrierung nicht Teil des Qualifizierungsverfahrens ist.
(81) Diese Angabe zum Ausbildungsnachweis ersetzt frühere Einträge für das Vereinigte Königreich, damit im Vereinigten Königreich ausgebildete Graduierte mit Sicherheit das Recht auf automatische Anerkennung erhalten, ohne sich tatsächlich registrieren lassen zu müssen, da eine derartige Registrierung nicht Teil des Qualifizierungsverfahrens ist.
(82) Gültig bis 2001.
(83) Seit 2001/2002.“
(84) Bis 2012.
(85) Seit 2013.
(86) Bis zum 1. Oktober 2016 sollte dem Ausbildungsnachweis zusätzlich eine Bescheinigung über die Ableistung eines Postgraduierten-Praktikums (‚staż podyplomowy‘) beigefügt werden.
(87) Seit 1. Oktober 2011.
(88) Seit 1. September 2017.
(89) Gültig bis 22. November 2006.
(90) Seit 23. November 2006.
(91) Gültig bis 10. April 2008.
(92) Seit 11. April 2008.
(93) Seit 10. Januar 2011.
(94) Seit 1. Oktober 2011.
(95) Seit 1. Oktober 2012.“
(96) Dieser Ausbildungsnachweis berechtigt den Inhaber zur automatischen Anerkennung, sofern er für Mitgliedstaatsangehörige ausgestellt wird, die diese Qualifikation in Irland erworben haben.
(97) Diese Angabe zum Ausbildungsnachweis wurde einbezogen, damit in Irland ausgebildete Graduierte mit Sicherheit das Recht auf automatische Anerkennung erhalten, ohne sich in Irland tatsächlich registrieren lassen zu müssen, da eine derartige Registrierung nicht Teil des Qualifizierungsverfahrens ist.
(98) Diese Angabe zum Ausbildungsnachweis wurde aufgenommen, damit im Vereinigten Königreich ausgebildete Graduierte mit Sicherheit das Recht auf automatische Anerkennung erhalten, ohne sich tatsächlich registrieren lassen zu müssen, da eine derartige Registrierung nicht Teil des Qualifizierungsverfahrens ist.
(99) Gültig bis 2001.
(100) Seit 2001/2002.“
(101) Dieser Ausbildungsnachweis berechtigt den Inhaber zur automatischen Anerkennung, sofern er für Mitgliedstaatsangehörige ausgestellt wird, die diese Qualifikation in Irland erworben haben.
(102) Diese Angabe zum Ausbildungsnachweis wurde einbezogen, damit in Irland ausgebildete Graduierte mit Sicherheit das Recht auf automatische Anerkennung erhalten, ohne sich in Irland tatsächlich registrieren lassen zu müssen. In solchen Fällen dient die zusätzliche Bescheinigung als Zeugnis für die Erfüllung aller Anforderungen für die Qualifikation.
(103) Dieser Ausbildungsnachweis berechtigt den Inhaber zur automatischen Anerkennung, sofern er für Mitgliedstaatsangehörige ausgestellt wird, die diese Qualifikation in Vereinigten Königreich erworben haben.
(104) Diese Angabe zum Ausbildungsnachweis wurde aufgenommen, damit im Vereinigten Königreich ausgebildete Graduierte mit Sicherheit das Recht auf automatische Anerkennung erhalten, ohne sich tatsächlich registrieren lassen zu müssen. In solchen Fällen dient die zusätzliche Bescheinigung als Zeugnis für die Erfüllung aller Anforderungen für die Qualifikation.
(105) Seit 10. Januar 2011.“
(106) Die beiden Bezeichnungen ‚Università degli studi di (Name der Stadt)‘ und ‚Università di (Name der Stadt)‘ sind gleichbedeutend und bezeichnen dieselbe Universität.
(107) Seit Oktober 2016 Bezeichnung geändert in ‚Università degli Studi della Campania ‚Luigi Vanvitelli‘‘.“